Hintergrund und Ziele: Unverträglichkeitsreaktionen gegen Nahrungsmittel sind häufig und umfassen alle nahrungsabhängigen Beschwerden. Dabei werden immunologisch bedingte Nahrungsmittelallergien von nicht immunologisch bedingten Nahrungsmittelintoleranzen differenziert. Kohlenhydratverwertungsstörungen wie die Laktose-, Fruktose- und Sorbitmalabsorption zählen zu den häufigsten nicht immunologischen Unverträglichkeiten von Nahrungsmitteln, während die Histaminintoleranz mit einer Prävalenz von etwa 1 bis 3 % der Gesamtbevölkerung deutlich seltener ist. Diese basiert auf einer Abbaustörung von überwiegend exogen aufgenommenem Histamin (histaminreiche Lebensmittel, u.a. Fleisch, Käse und Alkohol). Als Pathomechanismus wird eine verminderte Aktivität des intestinalen Enzyms Diaminoxidase (DAO) vermutet, welche Histamin abbaut. Die Symptomatik der Histaminintoleranz ist sehr vielfältig und kann sich an fast allen Organsystemen manifestieren. Die Beschwerden umfassen gastrointestinale (Bauchschmerzen, Diarrhoe, Meteorismus), kutane (Urtikaria, Pruritus, Flush), respiratorische (Asthmaanfälle, Rhinorrhoe) sowie kardiale (Hypotonie, Arrhythmien) Symptome und Kopfschmerzen. Der Nachweis dieser Erkrankung ist aufgrund der eingeschränkten labortechnischen Möglichkeiten erschwert. Die aktuelle S1-Leitlinie der DGAKI, der GPA, des AeDA und der SGAI empfiehlt bei Verdacht auf Unverträglichkeit gegenüber oral aufgenommenem Histamin eine orale Provokation mit Histamindihydrochlorid in aufsteigender Dosierung zur Festlegung einer individuellen Toleranzdosis durchzuführen. Laborchemisch kann eine erniedrigte DAO-Aktivität auf eine Histaminintoleranz hinweisen. Aufgrund der noch etwas niedrigen Sensitivität wurde der Test wiederholt kontrovers diskutiert. In der vorliegenden Studie sollten daher Tagesprofile der DAO und des Histamins erstellt werden, um dieses Diagnostikum innerhalb von Patientengruppen mit Verdacht auf Histaminintoleranz, Nahrungsmittelallergikern und Gesunden zu vergleichen. Methoden: In dieser prospektiven Kohortenstudie wurden 65 Patientin eingeschlossen und drei Gruppen zugeordnet. Eine Woche vor und während der Untersuchungen nahmen alle Probanden normale Mischkost zu sich. Neben einer Ernährungsanalyse wurde eine detaillierte Anamnese inklusive eines Fragebogens zu den vorliegenden Beschwerden erhoben. Allen Teilnehmern wurden Blutproben entnommen und zur Abklärung einer IgE- induzierten Allergie auf Gesamt-IgE und spezifische IgE gegen Nahrungsmittelallergene untersucht. Probanden mit positiven spezifischen IgE wurden als Nahrungsmittelallergiker eingestuft. Probanden mit Beschwerden, aber mit negativen spezifischen IgE und niedrigen Gesamt-IgE, wurden der Gruppe mit Verdacht auf Histaminintoleranz zugeordnet. Gesunde Kontrollprobanden zeigten keine nahrungsabhängigen Beschwerden und unauffällige Blutparameter. Anschließend wurden bei allen Probanden wiederholt Blutentnahmen über einen Zeitraum von 24 Stunden durchgeführt, um die Schwankungen der DAO-Aktivität im Serum (gemessen mit REA) und des Histaminspiegels im Plasma (gemessen mit ELISA) zu erfassen und somit ein Tagesprofil dieser beiden Parameter zu erstellen. Ergebnisse und Beobachtungen: Insgesamt wurden 64 Probanden in die Studie eingeschlossen, davon 10 Gesunde. 21 Patienten wurden aufgrund deutlich erhöhter Gesamt-IgE sowie positiver spezifischer IgE gegen Nussmischung, Weizen- und Roggenmehl, Sellerie, Tomate, Sojabohne und Milcheiweiß als Nahrungsmittelallergiker kategorisiert. Bei 33 Patienten wurde eine Histaminintoleranz vermutet. Tatsächlich lag bei 24 % (8 von 33) dieser Patienten eine Abbaustörung des exogen aufgenommenen Histamins vor, charakterisiert durch erhöhte Histaminspiegel und eine signifikant erniedrigte DAO-Aktivität im Tagesverlauf. Trotz typischer klinischer Symptome wiesen die restlichen 25 Probanden mit Verdacht auf Histaminintoleranz normale Histaminspiegel und DAO-Aktivitäten auf, die daher im weiteren Verlauf als „Patienten mit Nahrungsmittelhypersensitivität“ bezeichnet wurden. Bei diesen Probanden zeigten sich im Rahmen der Untersuchungen eher Nahrungsmittelintoleranzen gegen Fruktose, Laktose und Sorbit. Ebenso zeigte sich in dieser Gruppe häufiger ein Diarrhö-dominante Reizdarmsyndrom-Kategorisierung. Die klinische Symptomatik der Patienten mit Histaminabbaustörung, Nahrungsmittelhypersensitivität und Nahrungsmittelallergien reichte von typischen gastrointestinalen Beschwerden (Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Diarrhoe), kutanen Reaktionen (Pruritus, Urtikaria), respiratorischen Beschwerden (nasale Obstruktion, Rhinorrhoe, Asthmaanfälle) bis zu Kopfschmerzen und unterschied sich nicht wesentlich zwischen den Gruppen. Auch die Analyse sowohl der Tageszufuhr an Makronährstoffen, des Alkohol- und Nikotinkonsums sowie weiterer Parameter im Blut ergab keine signifikanten Unterschiede. Schlussfolgerungen: Bei einem relevanten Anteil der Patienten mit Verdacht auf Histaminintoleranz geht eine verminderte DAO-Aktivität mit erhöhten Histaminspiegeln im Blut einher und weist somit auf das Vorliegen einer Histaminintoleranz hin. Allein anhand der klinischen Symptomatik kann die Histaminintoleranz nicht von anderen Nahrungsmittelintoleranzen und Nahrungsmittelallergien differenziert werden. Dies wird zusätzlich durch die fehlende Korrelation zwischen subjektiven Beschwerden und den im Blut gemessenen Histaminparametern erschwert. Weitere Untersuchungen sind essentiell, um das Nachweisverfahren der Histaminintoleranz zu verbessern. Hierbei sollte möglicherweise die wiederholte Bestimmung des Histaminspiegels im Plasma und der DAO-Aktivität im Serum berücksichtig werden.