Feuchtwiesen und deren Kennarten sind heute stark im Rückgang begriffen. In Luxemburg gehören dazu auch typische Vertreter der Pfeifengraswiesen wie Oenanthe peucedanifolia, Scorzonera humilis, Stachys officinalis, Succisa pratensis und Serratula tinctoria. Um solche gefährdeten Arten gezielt zu fördern, werden sie seit 2012 durch das Naturschutzsyndikat SICONA vermehrt und In situ ausgebracht. Ziel dieser Untersuchung war es, den langfristigen Erfolg solcher Wiederansiedlungsmaßnahmen zu beurteilen. Dabei wurde überprüft, zu welchem Erfolg die Maßnahmen bei den fünf Zielarten nach vier bis neun Jahren geführt haben. Folgende drei Fragestellungen wurden bearbeitet: (1) Wie erfolgreich verlief die Wiederansiedlung, (2) wie unterschieden sich vegetative und generative Merkmale – als Kenngrößen der Vitalität und Fitness – zwischen wiederangesiedelten und bestehenden Populationen und (3) welchen Einfluss hatten die Standortbedingungen auf den Etablierungserfolg? Dazu wurden auf jeweils sechs Ansiedlungsflächen pro Art die Überlebens-, Reproduktions- und Etablierungsraten bestimmt. Der Vergleich von Vitalität und Fitness auf den Ansiedlungs- und Bestandsflächen erfolgte durch den Vergleich phänometrischer und reproduktionsbiologischer Merkmale. Zur standörtlichen Charakterisierung dienten die aus Vegetationsaufnahmen ermittelten Zeigerwerte. Bei drei Zielarten – Stachys officinalis, Succisa pratensis und Oenanthe peucedanifolia – wurde festgestellt, dass sich die neu etablierten Populationen erfolgreich angesiedelt hatten und selbst verjüngten. Etablierungsraten zwischen 327 und 763 % bestätigen eine erfolgreiche Wiederansiedlung. Bei Serratula tinctoria überlebte ein Viertel der gepflanzten Individuen; es kam aber kaum zur Verjüngung. Bei diesen vier Zielarten und in 60 % aller 30 Wiederansiedlungsplots kam es zu einer Zunahme der Populationsgröße. Weniger erfolgreich verlief die Wiederansiedlung von Scorzonera humilis, die mit durchschnittlich 7,5 % die niedrigste Etablierungsrate aufwies. Während die Vitalität bei den wiederangesiedelten Populationen oft schon ein ähnlich hohes Niveau erreichte wie bei den Bestandspopulationen, lag die reproduktive Fitness meist deutlich niedriger. Der Vergleich der Zeigerwerte verdeutlichte, dass die Lebensbedingungen für die Zielarten auf vielen der Ansiedlungsflächen gut mit denen der Bestandsflächen übereinstimmten. Auf einigen Ansiedlungsflächen wiesen die Zeigerwerte allerdings auf eine höhere Basen- und Stickstoffversorgung und eine größere Trockenheit als auf den Bestandsflächen hin. Die weniger gute Entwicklung der Zielarten auf solchen Ansiedlungsflächen belegt die große Bedeutung passender Standortbedingungen für den Renaturierungserfolg. Die Nachzucht und Auspflanzung hat sich also als gut geeignete Methode erwiesen, um die rückläufigen Vorkommen von Kennarten der Pfeifengraswiesen zu stärken und es bestehen gute Chancen, dass die meisten Zielarten auch langfristig auf den Ansiedlungsflächen vorkommen werden. Dennoch verlief die Wiederansiedlung nicht bei allen Zielarten erfolgreich. Serratula tinctoria gelangte kaum zur Reproduktion und bei Scorzonera humilis waren sowohl die Überlebens- als auch die Reproduktionsraten sehr niedrig. Als Ursachen hierfür werden artspezifische Faktoren wie mangelnder genetischer Austausch oder Überalterung der Spenderpopulationen diskutiert. Zudem wird die Wiederansiedlung auch durch praxisrelevante Faktoren wie der Mangel an für stenöke Arten geeigneter Standorte und die fehlende Möglichkeit zur Wiedervernässung eingeschränkt. Die Studie belegt auch die Bedeutung langjähriger Erfolgskontrollen bei In situ-Erhaltungsmaßnahmen, die in der Renaturierungspraxis bislang kaum verbreitet sind.
Abstract
Today, wet meadows and their typical flora are in sharp decline. In Luxembourg, these include characteristic species of Molinion meadows such as Oenanthe peucedanifolia, Scorzonera humilis, Stachys officinalis, Succisa pratensis and Serratula tinctoria. To support such species, the nature conservation syndicate SICONA has practiced propagation and in situ plantation since 2012. The aim of this study was to assess the long-term success of such reintroduction measures. We examined the establishment of the five target species four to nine years after reintroduction. Three questions were addressed: (1) how successful was the reintroduction, (2) how did vegetative and generative traits - as key indicators of vitality and fitness - differ between newly established and extant populations, and (3) what influence did site conditions have on establishment success? For this purpose, survival, reproduction, and establishment rates were determined on six reintroduction plots per species. Vitality and fitness in newly established (introduction sites) and sites with natural populations (reference sites) were compared using phenometric and reproductive traits. Ellenberg indicator values determined from vegetation surveys were applied to characterize site conditions. For three target species, Stachys officinalis, Succisa pratensis, and Oenanthe peucedanifolia, the newly planted populations showed successful establishment and reproduction, underlined by establishment rates between 327 and 763%. In Serratula tinctoria, one quarter of planted individuals survived, while little regeneration occurred. For these four target species and in 60% of all 30 re-introduction plots population size increased. Only for Scorzonera humilis establishment was less successful, averaging 7.5%. Whilst, for all five species, most of the newly planted individuals reached a vitality similar to that of extant populations, their reproductive fitness usually ranged lower. Comparison of Ellenberg indicator values illustrated that habitat conditions for the target species at most of the restoration sites well matched with conditions at the reference sites. In some introduction sites, indicator values suggest higher base and nitrogen supply and a lower water availability than on the long existing sites. Weaker development of the target species in such sites proves the great importance of suitable site conditions for restoration success. Nursery propagation and on-site plantation were demonstrably a well-suited method to strengthen declining populations of threatened Molinion meadow species and it seems likely that newly established populations can remain viable in the long term. Nevertheless, not all target species showed successful establishment. Serratula tinctoria barely managed to reproduce and for Scorzonera humilis both survival and reproduction rates were very low. Species-specific factors such as insufficient genetic exchange or over-aging of donor populations are discussed as potential causes. In addition, reintroduction can also be constrained by practice-related factors such as the shortage of sites suitable for stenoecious species and the lack of suitable sites for re-wetting. This study also demonstrates the importance of monitoring the long-term success of in situ conservation measures, which has received insufficient attention in restoration practice so far.