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Rezension: Alexandra Gerstner: Neuer Adel.
Aristokratische Elitekonzeptionen zwischen
Jahrhundertwende und Nationalsozialismus. WBG 2008, 540
Seiten
Volkmar Weiss
Eine reife Leistung
Reviewed in Germany on 3 October 2008
Während in der Abenddämmerung der Demokratie die Schaffung oder gar Züchtung
eines Neuen Adels völlig aus dem Blickfeld jeglicher Politik geraten ist, so war das in
den ersten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts ein ernst zu nehmendes Thema, das
in den Rassezuchtplänen der SS seinen Höhepunkt (siehe den Beitrag "Adel unterm
Totenkopf. Die Idee eines Neuadels in den Gesellschaftsvorstellungen der SS" von
Eckart Conze in Adel und Moderne , S. 151-176) und zugleich Abschluß und Abschied
aus der Geschichte fand (mit einem Nachhall heute nur noch in den "Starwars" und
ähnlicher Literatur). Leider endet das Buch zuvor, und das Buch "Neuadel aus Blut und
Boden" von Darré (erschienen 1930) und seine Auswirkungen werden nicht mehr
reflektiert, da sie nicht Gegenstand der dem Buch zugrunde liegenden Dissertation
waren. Sehr schade.
Aber davon abgesehen: Der nationalliberale Politiker und Unternehmer Walter
Rathenau, der völkische Genealoge Bernhard Koerner, der sozialistische Publizist Kurt
Hiller, der unter Hitler 1934 erschossene Schriftsteller Edgar J. Jung (Verfasser von
"Die Herrschaft der Minderwertigen") und der Begründer der Paneuropa-Union Richard
Graf von Coudenhove-Kalergi werden in ihren Biographien und ihrem Wirken sehr
ausführlich und sehr kenntnisreich analysiert und gewürdigt. Alle fünf strebten sie nach
einem Neuen Adel, wenn auch aus verschiedenen Gründen und mit unterschiedlichen
Zielen. Es ging gleichermaßen um Geistesadel als auch um biologischen Adel, wobei
der Begriff Adel stets synonym mit Elite verstanden wurde.
Wenn es etwas zu kritisieren gibt an dem Buch, dann an seinem Umfang und damit
auch an seinem Preis. Die fünf genannten Persönlichkeiten werden zuerst in ihrem
"Intellektuellen Profil" abgehandelt, dann nochmals als Fallstudien. Ging das wirklich
nicht straffer zu fassen?