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Kasuistiken
Internist
https://doi.org/10.1007/s00108-021-01090-1
Angenommen: 11. Juni 2021
© Der/die Autor(en) 2021
Redaktion
H. Haller, Hannover (Schriftleitung)
B. Salzberger, Regensburg
C.C. Sieber, Nürnberg
Rätselhafte B-Symptomatik bei
einem 61-Jährigen unter
Therapie einer rheumatoiden
Arthritis
R. Wüstenberg1,4 ·M.Christner
3·S.Schmiedel
2· A. Tariparast4· D. Wichmann4·
M. Lennartz5·H.Klose
1·S.Kluge
4
1II. Medizinische Klinik und Poliklinik, Abteilu ng für Pneumologie, Universitätskl inikum Hamburg-
Eppendorf, Hamburg, Deutschland
2I. Medizinische Klinik und Polik linik, Sektion Infektiologie, Universit ätsklinikum Hamburg-Eppendorf,
Hamburg, Deutschland
3Institut für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene, Universitätsklinikum Hamburg-
Eppendorf, Hamburg, Deutschland
4Klinik für Intensivmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
5Institut für Pathologie,Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
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Zusammenfassung
Ein Patient mit rheumatoider Arthritis sowie B-Symptomatik, Polyneuropathie und
einschmelzenden Lungenveränderungen unter Immunsuppression entwickelte nach
zunächst subakutem Verlauf rasch progrediente zentrale neurologische Symptome und
ein letales Multiorganversagen. Als ursächlich erwies sich eine disseminierte Infektion
mit Histoplasma capsulatum unter Beteiligung des zentralen Nervensystems.
Die Erstinfektion hatte sich fünf Jahre zuvor bei einem Karibikurlaub ereignet. Die
Kombination aus Reiseaktivität und Immunsuppression erfordert die Berücksichtigung
sonst in Deutschland sehr seltener infektiologischer Diagnosen.
Schlüsselwörter
Histoplasmose · Granulome · Immunsuppression · Bronchoalveoläre Lavageflüssig-
keit/Lymphozytose · Lungenkavernen
Aufgrund der globalen Reiseaktivität
müssenimEinzelfallauchhierzulande
seltene Infektionskrankheiten unter im-
munmodulatorischer Therapie berück-
sichtigt werden.
Anamnese
Bei einem 61-jährigen, männlichen Patien-
ten wurde im Februar 2014 eine seropo-
sitive rheumatoide Arthritis (RA) diagnos-
tiziert. Die Behandlung erfolgte zunächst
mit Methotrexat (MTX) bis maximal 25mg
s.c. wöchentlich und später als Kombinati-
on mit Leflunomid bis maximal 2 0 mg/Tag
(.Tab. 1).
Ab Mitte 2018 beklagte der Patient
Gewichtsverlust, Erschöpfungszustände,
Schüttelfrost, Nachtschweiß, Arthralgien
und Parästhesien der Füße (.Ta b. 2).
Bei trockenem Husten wurde die MTX-
Therapie wegen des Verdachts auf eine
medikamentös-toxische Nebenwirkung
beendet. Computertomographisch zeig-
ten sich im Oktober 2018 multiple pulmo-
nale Einschmelzungen mit Verdacht auf
Abszess. In der bronchoalveolären Lava-
ge (BAL) wurden Staphylococcus aureus
und Serratia marcescens nachgewiesen
und nach Resistogramm mit Moxifloxacin
400 mg/Tag über 6 Wochen behandelt. Die
weiteren Kulturen (anaerob, Sprosspilze
[Hefen], Schimmelpilze und Tuberkulose)
ergaben keinen zusätzlichen Erkenntnis-
gewinn.
Die Leflunomidtherapie musste nach
4-monatiger Pause bei zunehmender Ak-
tivität der RA mit beidseitigen Knie schmer-
Der Internist 1
Kasuistiken
Tab. 1 Therapieverlaufder rheumatoiden Arthritis (Erstdiagnose 2/2014), Rheumafaktor posi-
tiv, Antikörper gegen zyk lische citrullinier te Peptide positiv
Methotrexat 2/2014–9/2018 (trockener Husten)
Leflunomid 5/2015–10/2018und 2–5/2019 (Polyneuropathie)
Tof aci ti nib 1 0 mg/ Tag 6–7/2019 (verschlechterter Allgemeinzustand)
Prednisolo n 50 mg/Tag Ab 7/2019
Tab. 2 Anamnese (Zeitverlauf)
Zeit Maßnahmen und Befunde
Erstdiagnose rheumatoide Arthritis, Rheumafaktor positiv, zyklische citrullinierte
Peptide positiv
Therapie mit Methotrexat (maximal 25mg wöchentlich) seit 2/2014
2/2014
Therapie mit Leunomid (maximal 20 mg/Tag)seit 5/2015
Fatigue, Schüttelfrost, Nachtschweiß, Arthralgien, trockener Husten8–9/2018
Methotrexat abgesetzt ( Therapiezeitraum 2/2014 bis 9/2018)
Einschmelzende Kavernen beidseits pulmonal. Histologisch: granulomatöse Entzün-
dung
8 Wochen Moxifloxacin bei Verdacht auf abszedierende Pneumonie (Staphylococcus
aureus, Serratia marcescens)
Trockener Husten persistiert
10/2018
Leunomid abgesetzt (Therapiezeitraum 5/2015 bis 10/2018)
1/2019 Thorax-CT: rückläufige pulmonale Herde
2/2019 Wiederbeginn Leunomid
Thorax-CT: einschmelzendepulmonale Herde
Progredienz der Lunge nveränderungen, Progress de r rheumatoiden Arthriti s
4/2019
Transbronchiale Kryobiopsie: epitheloidzellige Granulome passend zu nekrotisieren-
den Rheumaknoten
5/2019 Leunomid abgesetzt (Therapiezeitraum 5/2015–10/2018 sowie 2–5/2019)
Beginn Tofacitinib 10mg/Tag6/2019
Gewichtsverlust insgesamt 32kg, Fatigue, Durstgefühl, Nykturie, trockener Husten
Zusätzlich Schüttelfrost, Nachtschweiß, Fieber
Tofacitinib abgesetzt (Therapiezeitraum 6–7/2019)
Zusätzlich bulbäre Symptomati k, Halluzinationen, Mundsoor, Gedächtnislücken,
Visusverschlechterung, Hörverlust
7/2019
Beginn Prednisolon 50 mg/Tag
Ab
8/2019
Appetitlosigkeit, Gleichgewi chtsstörungen, Zephalgien, Rücken-/Nackenschmerzen,
Einschränkung Feinmotorik, Verwirrtheit, Desorientiertheit
Stationäre Aufnahme:cMRT (.Abb. 3) ohne Hinweis auf entzündlichen Prozess
Bronchoskopie: chronische Bronchitis, Kultur unauffällig
8/2019
Zentrumsverlegung zur weiteren Diagnostik und Therapie
cMRT kraniale Magnetresonanztomographie, CT Computertomographie
zen wieder aufgenommen werden. Die
Lungenveränderungen waren erst regre-
dient (.Abb. 1), nun aber radiologisch
wieder zunehmend (.Abb. 2).
Aufgrund der Regredienz unter An-
tibiotikatherapie bei gleichzeitig nicht
kontrollierter Rheumaaktivität wurde eine
rheumatische Genese angezweifelt. Die
Computertomographie (CT) des Thorax
im April 2019 zeigte nunmehr einschmel-
zende Herde, zu deren pathogenetischer
Einordnung vor Wiederaufnahme der
Immunsuppression eine transbronchiale
Kryobiopsie erfolgte. Diese ergab epithe-
loidzellige Granulome, die differenzialdia-
gnostisch nach direkter Mikroskopie sowie
Hämatoxylin-Eosin-Färbung, Elastika-van-
Gieson-Spezialfärbung, Grocott-Färbung,
Ziehl-Neelsen-Färbung und Periodic-acid-
Schiff-Reaktion als pulmonale Beteiligung
der RA gewertet wurden. Die BAL zeigte
ein mäßig granulozytäres und lymphozy-
täres Zellbild. Kulturell wurde kein Keim
nachgewiesen. Ein interdisziplinäres Inter-
stitial-lung-disease(ILD)-Board favorisierte
nun nekrotisierende Rheumaknoten. Da
keine infektiöse Ursache nachgewiesen
werden konnte, wurde eine Intensivierung
der Immunsuppression empfohlen.
BeiArthralgien der Knie und vermuteter
Polyneuropathie unter Leflunomid wurde
die Therapie ab Juni 2019 auf Tofaciti-
nib 10mg/Tag umgestellt. In der Folge
verschlechterte sich der körperliche Zu-
stand des Patienten mit Fatigue, Polyurie,
trockenem Husten, Nachtschweiß, Fieber
und diabetischer Stoffwechsellage. Auch
hier wurde eine medikamentös-toxische
Genese diskutiert. Doch nach Umstellung
von Tofacitinib auf Prednisolon 50 mg/Tag
ab Mitte Juli 2019 persistierte das klini-
sche Bild. Zusätzlich traten bulbäre Sym-
ptome, Verwirrtheit, Verschlechterung von
Visus und Hörvermögen sowie Rücken-
und Nackenschmerzen auf. Eine erweiter-
te neurologische Abklärung inklusive Elek-
troneuro- bzw. Elektromyographie, Auto-
antikörpern und Immunglobulinspiegeln
deutete auf eine akute gemischte Poly-
neuropathie.
In einer kranialen Magnetresonanzto-
mographie fanden sich keine Hinweise auf
zerebrale Läsionen (.Abb. 3).
Unter kalkulierter Therapie mit Ceftri-
axon erfolgte im August 2019 die Ver-
legung in unser Zentrum bei unklarem
entzündlichem und fraglich infektiösem
Prozess unter Immunsuppression mit seit
über einem Jahr bestehendem Beschwer-
debild.
Körperliche Untersuchung
Es präsentierte sich ein somnolenter
Patient, nur zur Person orientiert, dysar-
thrisch und paraplegisch mit Inkontinenz.
Die Sensibilität war seitengleich erhal-
ten, Patella-/Achillessehnenreflexe waren
ausgefallen. Pyramidenbahnzeichen la-
gen nicht vor. Der Patient hatte rechts
thorakale Schmerzen. Er bekam 4 l/min
O2über eine Nasenbrille. Ansonsten wa-
ren der kardiopulmonale Befund sowie
Haut- und Schleimhäute unauffällig. Die
Körpertemperatur betrug maximal 39,4 °C.
2Der Internist
Abb. 1 8Computertomographiedes Thorax im Januar 2019 mit teilsoliden
VeränderungenimlinkenOberlappenundNoduli/Rundherdenimrechten
Oberlappen. (Mit freundl. Genehm igung,© Institut für Radiologie und Nu-
klearmedizin Bremerhaven, IRNB,alle Rechte vorbehalten)
Abb. 2 8Computertomographiedes Thorax im April 2019 mit nun ein-
schmelzenden Läsionen beiderOberlappen. (Mit freundl. Genehmigung,
© Institut für Radiologie und Nuklearmedizin Bremerhaven, IRNB,alle Rech-
te vorbehalten)
Abb. 3 8Kraniale Magnetresonanztomographie im August 2019 (T2-Se-
quenz): kein Hinweisauf zerebrale Läsionen. (Mit freundl. Genehmigung,
© Institut für Radiologie und Nuklearmedizin Bremerhaven, IRNB,alle Rech-
te vorbehalten)
Abb. 4 8Computertomographiedes ThoraximSeptember2019 mit kaver-
nösenundretikulogranulomatösenVeränderungen.(Mitfreundl.Genehmi-
gung,©Prof.G.Adam,UKE,Hamburg,alleRechtevorbehalten)
Der Internist 3
Kasuistiken
Abb. 5 8Computertomographiedes Thorax im September 2019: Media-
stinum und rechter Hilus. (Mit freundl. Genehmigung, © Prof. G. Adam, UKE,
Hamburg, alle Rechte vorbehalten)
Abb. 6 8Histoplasmose der Lunge mit int razellulären Kryptokokken (Hefe-
form; schwarzer Pfeil). Grocott-Färbung, Vergr. 40:1. (Mit freundl. Genehmi -
gung,©Prof.G.Sauter,UKE,Hamburg,alleRechtevorbehalten)
Diagnostik
Magnetresonanztomographie
Die Kontrastmittelaufnahme der Cauda
equina ohne Beteiligung der kranialen Ab-
schnitte passte zu einer Polyradikulitis oder
einem Guillain-Barré-Syndrom.
Computertomographie des Thorax
In der Computertomographie zeigten sich
ubiquitär kavernisierende Läsionen mit
Bronchusanschluss und Einschmelzungen,
retikulogranulomatöse Veränderungen
und eine progrediente Lymphadenopa-
thie (.Abb. 4und 5).
Laboruntersuchung
Folgende Laborwerte wurden erhoben:
Transaminasenerhöhung, Thrombopenie,
Leukozyten 4,8 Mrd./l (Referenzbereich
3,8–11,0 Mrd./l), Neutrophile 3,88Mrd./l
(Ref.1,50–7,70 Mrd./l)bzw.80,6 % (keinRe-
ferenzbereich) , Lymphozyten 0,6 2 Mrd./l
(Ref. 1,1–3,4 M rd./l) bzw. 12,8 % (kein Re-
ferenzbereich) im Differenzialblutbild,
C-reaktive s Protein 79 mg/l ( Ref. < 5 mg/l),
Prokalzitonin 0,88 μg/l (Ref. <0,5 μg/l).
Therapie und Verlauf (.Tab. 3)
DieLiquorpunktionergab eine Leukozy to-
se mit 1110/3 Zellen und eine erniedrigte
Glukose<200mg/l(Ref. 320–820mg/l).Bei
Verdacht auf Meningitis unter Immunsup-
pression wurde die antiinfektive Therapie
auf Vancomycin, Meropenem, Ciprofloxa-
cin und Aciclovir umgestellt sowie eine
empirische antimykotische Therapie mit
Caspofungin eingeleitet. Die BAL zeigte
einen Lymphozytenanteil von 71 %.
Innerhalb von 36 h kam es zum septi-
schen Multiorganversagen. Im Liquor wur-
den Sprosspilze nachgewiesen, die Thera-
pie auf l iposomales Amphotericin B 5 mg/
kgKG pro Tag i.v. umgestellt. Bei zunächst
negativer Pilzkultur, aber hohem β-D-Glu-
kan im Serum wurde erstmalig eine en-
demische Systemmykose vermutet. Mit-
tels 18S-rRNA-Polymerase-Kettenreaktion
(PCR) wurde letztlich Histoplasma-cap-
sulatum-DNA im Liquor nachgewiesen.
Durch Anzucht des Erregers aus Liquor,
BAL-Flüssigkeit und Blut, Nachweis von Hi-
stoplasma-DNAinLiquorund BAL-Flüssig-
keit sowie Histoplasma-Antigen im Urin
wurde eine disseminierte Histoplasmose
gesichert. Die Reiseanamnese ergab eine
wahrscheinliche Erstinfektion bei einem
Aufenthalt auf Curaçao 5 Jahre zuvor.
Trotz intensivmedizinischer Therapie
verstarb der Patient im septischen Schock
mit Multiorganversagen. Die Obduktion
bestätigte den disseminierten Befall un-
ter anderem von Lunge (.Abb. 6)und
zentralem Nervensystem.
Diagnose
–Disseminierte Infektion mit Histo-
plasma capsulatum unter Betei-
ligung von Lunge und zentralem
Nervensystem
Diskussion
Erreger und Epidemiologie der
Histoplasmose
Die Histoplasmose wird durch den dimor-
phen Pilz Histoplasma capsulatum verur-
sacht, der regional endemisch in Nord- bis
Südamerika, der Karibik, Asien, Afrika und
Australien auftritt [6]. Europa gilt bislang
nicht als Endemiegebiet [2].
Ein erhöhtes Infektionsrisiko wird durch
Exposition gegenüber Kot von Vögeln
und Fledermäusen, verrottendem organi-
schem Material und Erdarbeiten beschrie-
ben [2]. Gemessen an der Expositions-
wahrscheinlichkeit in Endemiegebieten
ist die Inzidenz der manifesten Histoplas-
mose niedrig. Immunkompromittierte
Patienten gelten als besonders gefährdet
für disseminierte Infektionen [6]. Infek-
tionen treten oft im Zusammenhang mit
Reiseaktivitäten in Endemiegebiete auf
4Der Internist
Tab. 3 Krankheitsverlauf im Zentrum
Unklare Ausgangskonstellation
– Rheumatoide Arthritis mit pulmonaler Beteiligung
– Unklare Pathogenese k avernös-einschmelzender Lungenherde und feinknotig-interstitielle
Lungenerkrankung mit Tree-in-bud-Muster
– Progrediente diffuse neurologische Symptomatik
– C-reaktives Protein 70 mg/l, Leukozyten 4,6 Mrd./l, Prokalzitonin 0,88 μg/l unter immunsup-
pressiver Therapie
Innerhalb von 36 h Übernahme auf die Intensivstation bei Stupor, Thrombopenie und septi-
schem Krankheitsbild
– Verdacht auf Guillain-B arré-Syndrom
– Kalkulierte antimykotische Therapie mit Caspofungin
– Septischer Schock, hypoxische Insuffizienz, Intubation
Xanthochromer Liquor
– Pleozytose (granulozytär), erhöhtes Eiweiß (3514 mg/l, Ref. 140–500 mg/l),erniedrigte Gluko-
se (<200 mg/l, Ref. 320–820 mg/l)
Mikrobiologische Befunde
– Mikroskopisch Sprosspilze (Hefen?), Kultur zunächst negativ
–Candida-PCR und Cryptococcus-PCR negativ
– β-D-Glukan-Test im Serum hoch positiv (483,5 pg/ml, Ref. < 11pg/ml)
– Wechsel von Caspofungin auf liposomales Amphotericin B (5 mg/kgKG pro Tag i.v.)
– Nachweis von Histoplasma-DNA i n Liquor, BAL
– Kultureller Nachweis von Histoplasma capsulatum aus Liquor, BAL und Blut
– Positives Histoplasma-Antigen im Urin
Hyperakuter Verlauf trotz Maximaltherapie. Patient verstirbt im septischen Schock mit Multi-
organversagen
BAL bronchoalveoläre Lavage, PCR Polymerase-Kettenreaktion
[8]. Reaktivierungen mit einer Latenz von
mehreren Jahren sind möglich.
»Reaktivierungen einer
Histoplasmose sind auch nach
mehrjähriger Latenz möglich
H. capsulatum lebt unter Umweltbedin-
gungen als saprophytischer Schimmelpilz.
Die Mikrokonidien (Sporen) werden mit
Luftströmungen kilometerweit transpor-
tiert, die Inokulation erfolgt inhalativ. Bei
Körpertemperatur wandelt sich die Koni-
die zur Hefeform und provoziert im Körper
eine epitheloidzellig-granulomatöse Ent-
zündung [5,7].
Eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung
wurde nicht beschrieben. In Deutschland
besteht für die Histoplasmose keine Mel-
depflicht, sodass keine genaue Inzidenz
bekannt ist [6].HierzulandeistdieErkran-
kung jedoch eine Rarität.
Krankheitsverlauf – Einfluss einer
Immunsuppression
Der Verlauf variiert von asymptomatischen
bis subklinischen Formen, unter anderem
mit Panzytopenie, Hepatosplenomega-
lie, erhöhten Transaminasen, kutanen,
oropharyngealen oder gastrointestinalen
Läsionen bis hin zu akuten Verläufen mit
zusätzlich Fieber, Abgeschlagenheit und
Gewichtsverlust. In Endemiegebieten sind
Human-immunodeficiency-virus(HIV)-In-
fektionen mit einer erhöhten Histoplas-
moseinzidenz assoziiert. Die Erkrankung
gilt als Stadium C, das ein „acquired immu-
nodeficiency syndrome“ (AIDS) definiert.
Während bei Immungesunden die In-
fektion meist asymptomatisch oder selbst-
limitierend verläuft, kommt es bei Immun-
supprimierten zu schweren disseminier-
ten, oft tödlichen Verläufen.
MTX, Leflunomid [3] und Tofacitinib
inhibieren die T-Zell-vermittelte Immuni-
tät und unter anderem die Signalwege
über Interleukin-6 und Interferon-γ (IFN-
γ). Für die granulomatöse Abwehrreaktion
des Körpers sind vor allem IFN-γ und Tu-
mor-Nekrose-Faktor-α notwendig [5]. Die
Kombination von Tofacitinib und Gluko-
kortikoiden gilt als R isikofaktor für schwere
systemische Infektionen [4].
Diagnostik
Die pulmonale Histoplasmose kann radio-
logisch mit retikulogranulomatösen Ver-
änderungen, kavernisierenden Läsionen,
Kalzifizierungen und einer Lymphadeno-
pathie die Abgrenzung von einer Lungen-
tuberkulose, Sarkoidose, dem pulmonalen
Befall einer rheumatologischen Grunder-
krankung oder medikamentös-toxischen
Veränderungen erschweren [9]. Die BAL
kann ein lymphozytäres Zellbild zeigen.
Disseminierte Infektionen können alle
Organsysteme betreffen. Hervorzuheben
ist das zentrale Nervensystem, unter an-
derem mit Verwirrtheit, Dysarthrie, Menin -
gitis oder Polyradikulitis. Die hyperakute
Verlaufsform kann zum fulminanten Mul-
tiorganversagen führen [9].
Der kulturelle Nachweis gilt als Gold-
standard, die Wachstumszeit beträgt
2–6 Wochen. Die Antikörperbildung be-
nötigt 4–8 Wochen und ist auch danach
nicht zuverlässig nachweisbar. Der Nach-
weis von Histoplasma-Antigen im Urin
mittels Enzymimmunoassay (EIA; nur in
Speziallaboren) gilt bei schweren dissemi-
nierten Infektionen als ausreichend zuver-
lässig [1]. Spezifische real-time quantative
PCR (qPCR)-Tests können bei Verdacht
die Diagnose einer Histoplasmose bestä-
tigen. PCR-Suchtests wie die 18S-rRNA-
PCR sind in kommerziell erhältlichen Pri-
mer-Zusammenstellungen wenig sensitiv.
Gegebenenfalls kann der mikroskopische
Nachweis von Hefen im Organbiopsat
(histologische Untersuchung) die Dia-
gnose ermöglichen oder ein β-D-Glukan-
Test die Nutzung einer PCR-Diagnostik
rechtfertigen.
Die Sensitivität der mikrobiologischen
Diagnostik einer Histoplasmose wird durch
Nutzung unterschiedlicher Verfahren und
Untersuchungsmaterialien(beispielsweise
Urin, Serum, Gewebe, BAL-Flüssigkeit, Li-
quor) erhöht. Bei positivem Urin-Antigen-
EIA kann dieser zur Verlaufsbeurteilung
herangezogen werden [6].
Der Internist 5
Therapie
Zur Therapie der Histoplasmose wird Itra-
conazol empfohlen, In- vitro-Daten und kli-
nische Fallserien deuten auf eine Wirksam-
keit von Posaconazol, Voriconazol und Isa-
vuconazol hin. Nicht empfohlen werden
Fluconazol und Echinocandine [6].
Bei schwerer Erkrankung wird für die
Initialtherapie Amphotericin B für 1–2 Wo-
chen empfohlen, gefolgt von Itraconazol
für mindestens 6 Wochen, gegebenenfalls
auch lebenslang, abhängig von der zu-
grunde liegenden Krankheitskonstellation
[6].
Resümee
Zusammenfassend ist die Histoplasmose
außerhalb von Endemiegebieten noch
eine Ausnahmeerscheinung. Sie muss
jedoch vor dem Hintergrund der Reiseak-
tivität, langer Latenzzeiten zwischen Ex-
position und Erkrankung, der Ausdehnung
endemischer Areale sowie der Verbreitung
immunmodulierender Medikationen bei
unklaren Krankheitskonstellationen mit
granulomatöser Entzündung berücksich-
tigt werden.
Fazi t für die Praxis
4Unter Immunmodulation müssen auch
in Deutschland seltene Infektionskrank-
heiten differenzialdiagnostisch bedacht
werden.
4Reaktivierungen endemischer Infektio-
nen sind auch mit mehrjähriger Latenz
möglich.
4Spätestens bei Auftreten zentralnervöser
Symptome sollte eine Liquorpunktion er-
wogen werden.
4Der Antigennachweis im Urin wird über
das Referenzzentrum des Robert Koch-
Instituts angeboten.
4Als seltene Erkrankung sollte eine Histo-
plasmose in spezialisierten infektiologi-
schen Zentren behandelt werden.
Korrespondenzadresse
Dr. R. Wüstenberg
II. Medizinische Klinik und Poliklinik, Abteilung
für Pneumologie, Universitätsklinikum
Hamburg-Eppendorf
Martinistr. 52, 20246Hamburg, Deutschland
r.wuestenberg@gmx.de
Abstract
Puzzling B symptoms in a 61-year-old patient under treatment for
rheumatoid arthritis
A patient with rheumatoid arthritis and immunosuppression developed symptoms of
wasting, neuropathy and lung cavitations eventually leading to central nervous system
symptoms and fatal multi-organ failure. Disseminated infection with Histoplasma
capsulatum proved to be the underlying cause. The primary infection had apparently
been acquired 4 years earlier on a holiday to the Caribbean. Rare infectious diseases
should be considered in patients under immunosuppression and travel activities to
specific endemic areas.
Keywords
Histoplasmosis · Granuloma · Immunosuppressi on · Bronchoalveolar lavage fluid/lymphocy tosis ·
Lung caverns
Funding . Open Access funding enabled and organi-
zed by Projekt DEAL.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt. D. Wich mann g ibt fol gend e In-
teressenkonflikte an: Vortrags- und Beratertätigkeit:
Advanz (früher Correvio), AMEOS,Eumedica, EUSA,
Gilead, Kite, Lilly, MSD, Novartis, Pfizer und Shionogi.
S. Kluge gibt folgende Interessenkonfliktean: For-
schungsunterstützung: Ambu, DaiichiSankyo, ETView
Ltd,Fisher & Paykel, Pfizer,Xenios; Vortragstätigkeit:
AstraZeneca, Bard, Baxter, Biotest, CytoSorbents,
Daiichi Sankyo,Fresenius Medical Care,Gilead, Mit-
subishi TanabePharma, MSD, Pfizer, Philips, Zoll;
Beratertätigkeit:Bayer,Fresenius,Gilead,MSD,Pfizer.
R. Wüstenberg,M. Christner, S. Schmiedel,A. Taripa-
rast, M. Lennartz und H. Klose geben an, dass kein
Interessenkonfliktbesteht.
Für diesen Beitrag wurdenvon den Autoren keine
StudienanMenschenoderTierendurchgeführt.Für
die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort ange-
gebenen ethischen Richtlinien. FürBildmaterial oder
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