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Agrarpolitische Rahmenbedingungen

Authors:
  • Projektbüro mareg (markt+region)

Abstract

Dieses Kapitel zeigt auf, dass eine institutionelle Pfadabhängigkeit der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union zu einer historisch verfestigten Sonderstellung des Agrarsektors geführt hat. In der Folge dominieren einkommenspolitische Ziele die Agrarpolitik. Natur- und Umweltschutzanliegen bleiben randständig und müssen vorwiegend mit ordnungsrechtlichen Mitteln durchgesetzt werden. Dabei bestehen Regelungs- und Implementationsdefizite, oft infolge von Ausnahmeregelungen für die Landwirtschaft. Handlungsdruck könnte sich jedoch aus drei neueren Entwicklungen des Rechtsrahmens ergeben: der Einbeziehung der bislang separaten Agrarmarktordnungen in die allgemeinen Regelungen des EU-Binnenmarkts, den haftungsrechtlichen Folgen der Verbraucherschutzstandards entlang der Wertschöpfungsketten sowie aus transnationalen privatrechtlichen Standards. Anregungen für eine Weiterentwicklung der Governance-Ansätze geben neue Konzepte wie Resilienz und adaptives Management sowie verhaltenswissenschaftliche Ansätze.
Ein neuer
Gesellschaftsvertrag
für eine nachhaltige
Landwirtschaft
Wege zu einer integrativen Politik für den Agrarsektor
Peter H. Feindt, Christine Krämer, Andrea Früh-Müller,
Alois Heißenhuber, Claudia Pahl-Wostl, Kai P. Purnhagen,
Fabian Thomas, Caroline van Bers, Volkmar Wolters
Ein neuer Gesellschaftsvertrag für eine nachhaltige
Landwirtschaft
PeterH.Feindt • ChristineKrämer
AndreaFrüh-Müller • AloisHeißenhuber
ClaudiaPahl- Wostl • KaiP.Purnhagen
FabianThomas • CarolinevanBers
VolkmarWolters
Ein neuer Gesellschaftsvertrag
für eine nachhaltige
Landwirtschaft
Wege zu einer integrativen Politik für den
Agrarsektor
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ISBN 978-3-662-58655-6 ISBN 978-3-662-58656-3 (eBook)
https://doi.org/10.1007/978-3-662-58656-3
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PeterH.Feindt
Fachgebiet Agrar- und Ernährungspolitik
Humboldt-Universität zu Berlin
Berlin, Deutschland
AndreaFrüh-Müller
Forschungsgruppe Agrar- und
Regionalentwicklung Triesdorf (ART)
Weidenbach, Deutschland
ClaudiaPahl-Wostl
Institut für Umweltsystemforschung
Universität Osnabrück
Osnabrück, Deutschland
FabianThomas
Institut für Umweltsystemforschung
Universität Osnabrück
Osnabrück, Deutschland
VolkmarWolters
AG Tierökologie
Justus-Liebig-Universität Gießen
Gießen, Deutschland
ChristineKrämer
Projektbüro Markt und Region (mareg)
Ippesheim, Deutschland
AloisHeißenhuber
Lehrstuhl für Produktions- und
Ressourcenökonomie
Technische Universität München
Freising, Deutschland
KaiP.Purnhagen
Law and Governance Group
Wageningen University
Wageningen, Niederlande
CarolinevanBers
Institut für Umweltsystemforschung
Universität Osnabrück
Osnabrück, Deutschland
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V
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.1 Ausgangspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.2 Das ZA-NExUS-Projekt: Ziele und Projektverbund . . . . . . . . . . . . . 4
1.3 Konzeptioneller Ansatz und Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
1.4 Überblick über das Buch und Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Kapitel 2 Policy-Paper: „Ein zukunftsfähiger Gesellschaftsvertrag mit
der Landwirtschaft: Plädoyer für eine neue Agrarpolitik“ . . . . . 13
2.1 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2.2 Die aktuellen Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
2.3 Unser Vorschlag für einen zukunftsfähigen Gesellschaftsvertrag . . . 15
2.4 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Kapitel 3 Kurzdarstellung der Ausgangssituation: Umwelteffekte der
Landwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
3.1 Zustand der Naturressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
3.1.1 Wirkungen der Landwirtschaft auf die Ressource Boden . . . 24
3.1.2 Wirkungen der Landwirtschaft auf die biologische Vielfalt . . . 26
3.1.3 Wirkungen der Landwirtschaft auf das Klima . . . . . . . . . . . 29
3.1.4 Wirkungen der Landwirtschaft auf das Landschaftsbild . . . . 31
3.1.5 Wirkungen der Landwirtschaft auf die Ressource Luft . . . . . 32
3.1.6 Wirkungen der Landwirtschaft auf die Ressource Wasser . . . 34
3.1.7 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
3.2 Landwirtschaftliche Wirkfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
3.2.1 Stofiche Einträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
3.2.1.1 Stickstoffverbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
3.2.1.2 Phosphat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
3.2.1.3 Panzenschutzmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
3.2.1.4 Schwermetalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
3.2.1.5 Kupfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
3.2.1.6 Arzneimittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
VI
3.2.2 Flächennutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
3.2.2.1 Grünlandverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
3.2.2.2 Beseitigung, Zersplitterung, Verkleinerung von
Lebensräumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
3.2.2.3 Aufgabe traditioneller, extensiver Nutzungsformen
bzw. der Nutzung von Standorten mit speziellen
Standortbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
3.2.2.4 Landwirtschaftliche Nutzung von
Moorstandorten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
3.2.2.5 Fruchtfolgegestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
3.2.2.6 Bodenbearbeitung und mechanische
Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
3.2.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
3.3 Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
Kapitel 4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
4.1 Die politische Logik der GAP: Zwischen Einkommenspolitik
und Umweltintegration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
4.2 Die politische Logik des rechtlichen Rahmens . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
4.2.1 Der Rahmen des Umweltordnungsrechts. . . . . . . . . . . . . . . . 65
4.2.1.1 Der agrarrechtliche Kernbereich . . . . . . . . . . . . . . 67
4.2.1.2 Das Rahmenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
4.2.2 Die Veränderung des europarechtlichen Rahmens . . . . . . . . 69
4.2.2.1 Einbeziehung der GAP in das allgemeine
Beihilfen- und Wettbewerbsrecht und das
„soziale“ Binnenmarktrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
4.2.2.2 Verbraucherschutzorientierung durch die
Orientierung an der Regulierung der
Wertschöpfungskette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
4.2.3 Die politische Logik von Ko-Regulierung und
privatrechtlichem Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
4.3 Neuere Ansätze zur Integration von Umweltanliegen in den
Governance-Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
4.3.1 Systemische Konzepte: Resilienz,
Ökosystemdienstleistungen,
Wasser-Energie-Nahrung-Nexus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
4.3.2 Vom theoretischen Konzept zur praktischen Umsetzung? . . . 79
4.3.3 Verhaltenswissenschaftliche Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
4.3.3.1 Allgemeine verhaltenswissenschaftliche Befunde
und mögliche Anwendungen zum Umweltverhalten
von Landwirten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
4.3.3.2 Faktoren und Beeinussung umweltbezogener
Entscheidungen von Landwirten . . . . . . . . . . . . . . 85
Inhaltsverzeichnis
VII
4.3.4 Design von Agrar- und Umweltpolitik aus der Perspektive
der Zahlungen für Umweltleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
4.3.4.1 Das Konzept der Zahlungen für
Umweltleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
4.3.4.2 Zahlungen für Umweltleistungen in der GAP . . . . 91
4.3.4.3 Gestaltungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
4.3.5 Partizipatorische Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
4.3.6 Instrumente auf der Konsumentenebene . . . . . . . . . . . . . . . . 101
4.4 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
Kapitel 5 SWOT-Analyse der derzeitigen Agrarpolitik aus Sicht des
Natur- und Umweltschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
5.1 Vorgehen bei der SWOT-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
5.2 Stärken der derzeitigen europäischen Agrarpolitik . . . . . . . . . . . . . . 110
5.3 Schwächen der derzeitigen europäischen Agrarpolitik . . . . . . . . . . . 111
5.4 Chancen aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes . . . . . . . . . . . . . 114
5.5 Risiken der derzeitigen Agrarpolitik aus Sicht des Natur- und
Umweltschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
5.6 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
5.6.1 Kernpunkte der SWOT-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
5.6.2 Fazit: Fünf Hypothesen zur Agrarpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . 119
Kapitel 6 Ein zeitgemäßes Leitbild für eine nachhaltige Agrarpolitik . . . . 123
6.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
6.1.1 Funktionen eines Leitbilds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
6.1.2 Gegenstand des Leitbilds: Das Was und das Wie . . . . . . . . . 124
6.1.3 Einbettung in das agrarpolitische Leitbild der
Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
6.2 Leitbild für eine multifunktionale, natur- und umweltverträgliche
Landwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
6.3 Leitlinien einer zukunftsfähigen Agrarpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
6.4 Dilemmata und Zielkonikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
6.5 Qualitative und quantitative Zielwerte und Soll-Ist- Vergleich mit
dem derzeitigen Zustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
6.6 Prioritäre Problemlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
6.7 Abgleich der derzeitigen Agrarpolitik mit den agrarpolitischen
Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
6.8 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
Kapitel 7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes in
eine zukunftsfähige Agrarpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
7.1 Baustein 1: Ordnungsrecht und gesetzliche Mindeststandards . . . . . 162
7.2 Baustein 2: Budget . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
7.2.1 Institutioneller Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
7.2.2 Systematische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
Inhaltsverzeichnis
VIII
7.2.3 Politische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
7.2.4 Dilemma aus Sicht der Naturschutz- und Umweltpolitik . . . 174
7.2.5 Handlungsalternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
7.3 Baustein 3: Erste Säule der GAP – Flächenbezogene
Direktzahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
7.3.1 Bewertung des derzeitigen Systems der Direktzahlungen . . . 177
7.3.2 Vorschläge zur Neustrukturierung der Ersten Säule . . . . . . . 182
7.3.3 Element 1: Gesetzlicher Mindeststandard zur
Aufrechterhaltung der natürlichen Produktivität
der Standorte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
7.3.4 Element 2: Prämien zur Aufrechterhaltung der
Landbewirtschaftung in Gebietskulissen zum
Erhalt der Landschaftsvielfalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
7.3.5 Element 3: Honorierung der landschaftlichen Vielfalt . . . . . 185
7.3.6 Exkurs: Ansätze zur Honorierung der landschaftlichen
Vielfalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
7.3.7 Exkurs: Praktikabilität einer GIS-gestützten Honorierung
von Landschaftsvielfalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
7.3.8 Element 4: Honorierung besonderer Leistungen im
landwirtschaftlichen Natur- und Umweltmanagement . . . . . 192
7.3.9 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
7.4 Baustein 4: Regional und standörtlich ausgerichtete AUKM . . . . . . 197
7.4.1 Ziele von Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen . . . . . 197
7.4.2 Bewertung der gegenwärtigen Ausgestaltung der
Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . 198
7.4.3 Ziele und Struktur zukünftiger regionaler und
standörtlicher AUKM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
7.4.3.1 Element 1: Betriebsübergreifende, langfristige
Ansätze auf der Landschaftsebene zur Steigerung
der Landschaftsvielfalt und zum Schutz der
natürlichen Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
7.4.3.2 Element 2: Zielgerichtete Maßnahmen des
Arten- und Biotopschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
7.4.3.3 Element 3: Förderung von lokalen oder
regionalen Organisationsstrukturen zur
gezielten Programmierung und Koordination
von AUKM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202
7.4.4 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
7.5 Baustein 5: Nicht-staatliche Standards und Ko-Regulierung . . . . . . 204
7.6 Baustein 6: Monitoring- und Sanktionssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . 207
7.6.1 Aufgaben, Zielkonikte und Problemlagen von
Monitoring- und Sanktionssystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207
7.6.2 Baustein 6.1: Investition in das Indikatorensystem . . . . . . . . 208
7.6.3 Baustein 6.2: Digitale Informationssysteme und
Fernerkundung zur automatischen Erhebung . . . . . . . . . . . . 209
Inhaltsverzeichnis
IX
7.6.4 Baustein 6.3: Monitoring stoficher Einträge –
Plausibilitätsprüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
7.6.5 Weitere Bausteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
7.6.6 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
7.7 Baustein 7: Unterstützende Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213
7.7.1 Ausbildung und Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213
7.7.2 Verbraucherorientierte Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215
7.7.2.1 Steuern und Regulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216
7.7.2.2 Produktkennzeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216
7.7.2.3 Bewusstseinsbildung und Verbindung zwischen
Konsumenten und Erzeugern . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
7.7.3 Investitionshilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
7.8 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219
Kapitel 8 Skizzierung und Bewertung umweltpolitischer Strategien für
eine zukünftige Agrar- und Umweltpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223
8.1 Einführung und Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223
8.1.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223
8.1.2 Überblick: Strategische Entwicklungsrichtungen für eine
zukünftige Agrar- und Umweltpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223
8.1.3 Gemeinsamkeiten aller Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224
8.2 Option 1 – Weiterentwicklung des Greenings der Ersten Säule . . . . 226
8.2.1 Zugrundeliegende Idee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226
8.2.2 Einbettung in die agrarpolitische Diskussion . . . . . . . . . . . . 228
8.2.3 Instrumentelle Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229
8.2.4 Diskussion und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231
8.3 Option 2 – Stärkung der Zweiten Säule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233
8.3.1 Zugrundeliegende Idee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233
8.3.2 Einbettung in die agrarpolitische Diskussion . . . . . . . . . . . . 233
8.3.3 Grundlegende Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
8.3.4 Instrumentelle Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236
8.3.5 Diskussion und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
8.4 Option 3 – Integriertes Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242
8.4.1 Zugrundeliegende Idee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242
8.4.2 Einbettung in die agrarpolitische Diskussion . . . . . . . . . . . . 243
8.4.3 Grundlegende Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
8.4.4 Instrumentelle Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
8.4.5 Diskussion und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246
8.5 Exkurs: Umstellung der Regulierungslogik auf
„prinzipienbasierte Regulation“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248
8.5.1 Einleitung – Ein prinzipienbasierter „Neuer Ansatz“
für die GAP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248
8.5.2 Ausgangspunkt: Der „Neue Ansatz“ im
EU-Produktsicherheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250
8.5.2.1 Der „Neue Ansatz“ als Alternative . . . . . . . . . . . . . 251
Inhaltsverzeichnis
X
8.5.2.2 Haftungsregeln als Sicherheitsnetz . . . . . . . . . . . . 253
8.5.3 Übertragbarkeit aufgrund ähnlicher Voraussetzungen . . . . . 254
8.5.4 Vorschlag der Übertragung des prinzipienbasierten
„Neuen Ansatzes“ auf die GAP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254
8.5.4.1 Rechtlich verbindliche Rahmenverordnung . . . . . . 255
8.5.4.2 Gesetzliche Minimalvorgaben und freiwilliges
Baukastensystem unterschiedlicher Standards . . . . 255
8.5.4.3 Mögliche Verknüpfung mit dem System der
Agrarzahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256
8.5.5 Kompetenzgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
8.5.6 Schlussfolgerung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
8.6 Bewertung der Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261
8.6.1 Machbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
8.6.2 Effektivität und Efzienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263
8.6.3 Akteurskoalitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
8.7 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265
Kapitel 9 Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
9.1 Verwirklichung des inter- und transdisziplinären Anspruchs . . . . . . 267
9.2 Zusammenfassung der Aufgaben und Ergebnisse des
ZA-NExUS-Projekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268
9.3 Reexion und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274
Anhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295
Inhaltsverzeichnis
XI
Autorenverzeichnis
Prof. Dr. PeterH.Feindt Fachgebiet Agrar- und Ernährungspolitik, Humboldt-Uni-
versität zu Berlin, Berlin, Deutschland
Dr. Christine Krämer Projektbüro Markt und Region (mareg), Ippesheim,
Deutschland
Dr. Andrea Früh-Müller Forschungsgruppe Agrar- und Regionalentwicklung
Triesdorf (ART), Weidenbach, Deutschland
Prof. Dr. Dr. h.c. AloisHeißenhuber Lehrstuhl für Produktions- und Ressourcen-
ökonomie, Technische Universität München, Freising, Deutschland
Prof. Dr. Claudia Pahl-Wostl Institut für Umweltsystemforschung, Universität
Osnabrück, Osnabrück, Deutschland
Dr. KaiP.Purnhagen Universität Wageningen, Wageningen, Niederlande
Fabian Thomas, M.Sc. Universität Osnabrück, Institut für Umweltsystemfor-
schung, Osnabrück, Deutschland
Caroline van Bers, M.Sc. Universität Osnabrück, Institut für Umweltsystemfor-
schung, Osnabrück, Deutschland
Prof. Dr. Volkmar Wolters AG Tierökologie, Justus-Liebig-Universität Gießen,
Gießen, Deutschland
XIII
Abkürzungsverzeichnis
ABl Amtsblatt der Europäischen Union
AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen
Art. Artikel
AUKM Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUK-Maßnahmen)
BfN Bundesamt für Naturschutz
BIP Bruttoinlandsprodukt
BIT Behavioral Insights Team
BMEL Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
BMELV Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
BMU Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
BMUB Bundesministerium für Umwelt, Bau und Reaktorsicherheit
BNatSchG Bundesnaturschutzgesetz (Gesetz über Naturschutz und
Landschaftspege)
BSE Bovine Spongiforme Encephalopathie
BVL Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
CBD Convention on Biological Diversity
CC Cross Compliance
CE-Signatur Communauté Européenne, Comunidad Europea, Comunidade
Europeia und Comunità Europea
CO2 Kohlendioxid
CSR Corporate Social Responsibility (soziale
Unternehmensverantwortung)
DG Agri Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung
DLG Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft
DLR Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
DüV Düngeverordnung
DVL Deutscher Verband für Landschaftspege
DZ Direktzahlung(en)
EAST Easy, Attractive, Social, and Timely
XIV
EFSA European Food Safety Authority (Europäische Behörde für
Lebensmittelsicherheit)
EEA European Environment Agency (Europäische Umweltagentur)
EEG Erneuerbare-Energien-Gesetz
EG Europäische Gemeinschaft
ELER Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des
ländlichen Raums
ESAWADI Utilising the Ecosystem Services Approach for Water Framework
Directive Implementation
EU Europäische Union
EuGH Europäischer Gerichtshof
EU-VO Verordnung der Europäischen Union
EUV Vertrag über die Europäische Union
EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
FAO Food and Agricultural Organization of the United Nations
FFH Flora-Fauna-Habitat
FH Fachhochschule
GAB Grundanforderungen an die Betriebsführung
GAP Gemeinsame Agrarpolitik
GATT General Agreement on Tariffs and Trade (Allgemeines Zoll- und
Handelsabkommen)
GBP Britische Pfund (£)
gfP gute fachliche Praxis
GIS Geographische Informationssysteme
GLÖZ Standards für die Erhaltung der Flächen in gutem
landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand
GMO Gemeinsame Marktordnung
GV Großvieheinheit
GVO gentechnisch veränderter Organismus
ha Hektar
HIT Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere
HNV High-Nature-Value Farmland (bezeichnet Landwirtschaftsächen
mit hohem Naturwert)
ICT Information and Communication Technology
InVeKoS Integriertes Verwaltungs- und Kontrollsystem
IT Informationstechnologie
i.V.m. in Verbindung mit
KBU Kommission Bodenschutz beim Umweltbundesamt
LE Landschaftselemente
LEADER Liaison entre actions de développement de l'économie rurale
(Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen
Wirtschaft)
LF landwirtschaftlich genutzte Fläche
LPIS Land Parcel Identication System
Mio. Million(en)
Abkürzungsverzeichnis
XV
Mrd. Milliarde(n)
N Stickstoff
NEC national emission ceilings (nationale Emissionshöchstmengen)
NMVOC Non-Methane Volatile Organic Compounds (üchtige
Nichtmethankohlenwasserstoffe)
o.Ä. oder Ähnliches
ÖSL Ökosystemleistungen
ÖVF ökologische Vorrangäche
P Phosphor
P2O5 Diphosphorpentoxid
PAG Projektbegleitende Arbeitsgruppe
PES Payments for Environmental Service
PSM Panzenschutzmittel
REACH Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of
Chemicals (Registrierung, Bewertung, Zulassung und
Beschränkung chemischer Stoffe)
RL Richtlinie
Rn. Randnummer
Rs. Rechtssache
SHARP Self-evaluation and Holistic Assessment of climate Resilience of
farmers and Pastoralists
Slg. Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts
Erster Instanz
sog. sogenannt
SWOT Strengths (Stärken), Weaknesses (Schwächen), Opportunities
(Chancen) und Threats (Bedrohungen)
t Tonne(n)
TÜV Technischer Überwachungsverein
UN United Nations
UNCBD United Nations Convention on Biological Diversity
UNESCO United Nations Educational, Scientic and Cultural Organization
UTZ Programm und Label für nachhaltigen Anbau von Kaffee, Kakao
und Tee (utz = „gut“ in der Sprache der Maya)
v.a. vor allem
VDLUFA Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und
Forschungsanstalten
vgl. vergleiche
WBA Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik beim BMEL
WEF Water-Energy-Food
WEFWI World Economic Forum Water Initiative
WRRL Wasserrahmenrichtlinie
WTO World Trade Organization
z.B. zum Beispiel
Abkürzungsverzeichnis
XVII
Abbildungsverzeichnis
Abb. 2.1 Architektur einer neuen Agrarpolitik.
(Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Abb. 7.1 Artenreichtum von Ackerwildkräutern in Abhängigkeit von
der Landschaftsstruktur. (Quelle: Eigene Darstellung nach
Tscharntke etal. 2005) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
Abb. 7.2 Honorierung von Landschaftsvielfalt in Abhängigkeit von der
Schlaggröße. (Quelle: Eigene Darstellung nach
Engelhardt (2004)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
Abb. 7.3 Beispiel für honorierungswürdige Schlagformen, dargestellt am
Schlagumfang in Abhängigkeit von der Schlaggröße.
(Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
Abb. 7.4 Honorierung der Landschaftsvielfalt in Abhängigkeit von der
Länge der Grenzlinien eines Schlages zu Landschaftselementen.
(Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
Abb. 7.5 Anteil Saumbiotope, Testregion 1. (Quelle: Orthophoto:
geoservices.bayern.de; Lizenz: creativecommons.org/licenses/
by/3.0/deed.de (Analyse und Visualisierung: Thomas Machl
(vgl. Machl 2016)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191
Abb. 7.6 Anteil Saumbiotope, Testregion 2. (Quelle: Orthophoto:
geoservices.bayern.de; Lizenz: creativecommons.org/licenses/
by/3.0/deed.de (Analyse und Visualisierung: Thomas Machl
(vgl. Machl 2016)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191
Abb. 7.7 Anteil Saumbiotope, Testregion 3. (Quelle: Orthophoto:
geoservices.bayern.de; Lizenz: creativecommons.org/licenses/
by/3.0/deed.de (Analyse und Visualisierung: Thomas Machl
(vgl. Machl 2016)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192
XVIII
Abb. 8.1 Option 1– Weiterentwicklung des Greenings der Ersten Säule.
(Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227
Abb. 8.2 Option 2– Eine starke Zweite Säule. (Quelle: Eigene
Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234
Abb. 8.3 Option 3– Integriertes Modell. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . 242
Abb. 8.4 Mögliche Struktur einer prinzipienbasierten Regulierung für den
Agrarsektor. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257
Abbildungsverzeichnis
XIX
Tabellenverzeichnis
Tab. 2.1 Eine neue Architektur für die Agrarpolitik– Überblick.
(Diese Überblickstabelle war nicht Teil des im Januar 2017
vorgestellten Policy-Papers) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Tab. 3.1 Zielsetzungen und Zielerreichung für die Ressource Boden . . . . . . . 26
Tab. 3.2 Zielsetzungen und Zielerreichung bezüglich der Ressource
Biologische Vielfalt. (Zur Erläuterung der Zielwerte
vergleiche Anhang) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Tab. 3.3 Zielsetzungen und Zielerreichung bezüglich der Ressource Luft . . . 33
Tab. 3.4 Zielsetzungen und Zielerreichung bezüglich der Ressource
Wasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Tab. 3.5 Zielsetzungen und Zielerreichung bezüglich der Naturressourcen . . . 38
Tab. 3.6 Zielsetzung und Zielerreichung bezüglich der Stickstoff-Einträge . . . 43
Tab. 3.7 Zielsetzung und Zielerreichung bezüglich der Phosphor-Einträge . . . 44
Tab. 3.8 Zielsetzung und Zielerreichung bezüglich des
Antibiotika-Einsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Tab. 3.9 Zielsetzung und Zielerreichung bezüglich des Erhalts von
Grünland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
Tab. 3.10 Zielsetzung und Zielerreichung bezüglich der Beseitigung,
Zersplitterung und Verkleinerung von Lebensräumen . . . . . . . . . . . 50
Tab. 3.11 Zielsetzung und Zielerreichung bezüglich der Aufgabe
traditioneller und extensiver Nutzungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Tab. 3.12 Zielsetzung und Zielerreichung bezüglich der landwirtschaftlichen
Moornutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
Tab. 3.13 Zielsetzung und Zielerreichung bezüglich der
Fruchtfolgegestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
Tab. 4.1 Die zwei Säulen des Umweltordnungsrechts in der EU . . . . . . . . . . 67
Tab. 4.2 Die zwei Säulen des Rahmenrechts in der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
Tab. 5.1 SWOT-Analyse der derzeitigen GAP aus Sicht des Natur- und
Umweltschutzes– Kernpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
XX
Tab. 6.1 Leitbildindikatoren, Zielwerte und Ist-Zustand . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
Tab. 6.2 Abgleich der derzeitigen Agrarpolitik mit den agrarpolitischen
Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
Tab. 7.1 Vorschriften für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung . . . . . . . . . 163
Tab. 7.2 Bewertung von Umwelt- und Agrarrecht anhand ausgewählter
Indikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
Tab. 7.3 EU-Ausgaben aus dem Haushaltstitel 2 (Nachhaltiges Wachstum:
Natürliche Ressourcen) an deutsche Empfänger im Jahr 2015 . . . . . 170
Tab. 7.4 Mehrjähriger Finanzrahmen der EU 2014–2020, Haushaltstitel 2
(Nachhaltiges Wachstum: Natürliche Ressourcen) . . . . . . . . . . . . . . 171
Tab. 7.5 Anteil landwirtschaftlicher Betriebe, die keine Direktzahlungen
beziehen. (Quelle: Eigene Darstellnug, nach BMELV (2013a);
BMEL (2014a, 2015d)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
Tab. 7.6 Steigerung der betrieblichen Kosten für die Einhaltung der
EU-Auagen im Bereich Umwelt, Tierwohl und
Verbraucherschutz (%) nach Betriebstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
Tab. 7.7 Einkommensstabilisierende Wirkung der Direktzahlungen in
Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
Tab. 7.8 „Baukasten“ zur Honorierung von Basisleistungen im
landwirtschaftlichen Natur- und Umweltmanagement . . . . . . . . . . . 194
Tab. 7.9 Überblick über die möglichen Elemente einer reformierten
Ersten Säule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
Tab. 7.10 Monitoring-Elemente und ihr Beitrag zur Problemlösung . . . . . . . . 214
Tab. 7.11 Zuordnung der Instrumenten-Bausteine zu den prioritären
Problembereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
Tab. 8.1 Überblick über die Elemente der strategischen Option 1
(Weiterentwicklung des Greenings der Ersten Säule) . . . . . . . . . . . . 229
Tab. 8.2 Abgrenzung der strategischen Option 2 (Starke Zweite Säule)
von Option 1. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
Tab. A.1 Auswahl von zielführenden, beispielhaften Management-
Maßnahmen auf unterschiedlichen räumlichen Skalen mit
Wirkungen, Trade-offs und Einschränkungen zum Schutz der
Umweltressourcen, der biologischen Vielfalt und der
Ökosystemleistungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
Tabellenverzeichnis
1© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en) 2019
P. H. Feindt et al., Ein neuer Gesellschaftsvertrag für eine nachhaltige
Landwirtschaft, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58656-3_1
Kapitel 1
Einleitung
1.1 Ausgangspunkte
Die Sicherung der Ernährungssicherheit und der ökologischen Lebensgrundlagen
einer wachsenden Weltbevölkerung ist eine der zentralen gesellschaftlichen und
politischen Aufgaben des 21. Jahrhunderts. Dies ist beispielsweise durch die Sustai-
nable Development Goals und die Agenda 2030 der Vereinten Nationen weltweit
anerkannt. Die landwirtschaftliche Produktion gerät dadurch in ein Spannungsfeld.
Zum einen ist sie auf funktionierende ökologische Grundlagen wie ertragreiche Bö-
den, sauberes Wasser, biologische Schädlingsregulierung oder Bestäuberleistungen
angewiesen. Zugleich ist es unvermeidlich, dass landwirtschaftliche Produktion
Umweltressourcen nutzt und verbraucht sowie in die ökologischen Kreisläufe ein-
greift. Wegen dieser wechselseitigen Abhängigkeit von agrarischer Erzeugung und
intakten Naturressourcen sind ächendeckend umweltverträgliche Formen der
Landwirtschaft auf Dauer unverzichtbar.
Global steigt der Druck, für eine wachsende Weltbevölkerung ausreichend Nah-
rungsmittel, Rohstoffe und Energie zu erzeugen (FAO 2008). Daher ist zu erwarten,
dass zunehmende Knappheit, vermittelt über steigende Preise, zu einer intensiveren
Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen und zu einer übermäßigen Nutzung der
Umwelt- und Naturressourcen führt.
In Deutschland und Europa stellt sich die Situation jedoch komplizierter dar. Auf
der einen Seite nden sich hoch produktive Regionen, in denen unter intensivem
Einsatz von Maschinen, Mineraldünger und chemischem Panzenschutz sehr hohe
Erträge erzielt werden. Auf der anderen Seite droht in weniger produktiven Regio-
nen die großächige Aufgabe der Landwirtschaft (EEA– European Environment
Agency 2010). Beide Entwicklungen haben bedenkliche Folgen für Umwelt und
Natur. In den Intensivregionen kommt es zu einem weitgehenden Verlust von natur-
nahen Habitaten und biologischer Vielfalt, zu übermäßigen Einträgen von Stickstoff,
2
Phosphor und Schadstoffen in Böden und Gewässer sowie zu hohen Emissionen
von Feinstoffen und Klimagasen (siehe Kap.3). In den weniger produktiven Regio-
nen gehen dagegen durch die Nutzungsaufgabe offene Landschaften verloren und
mit ihnen verschwinden mannigfaltige Habitate für viele Tier- und Panzenarten.
Landschaftsvielfalt und biologische Vielfalt sind also sowohl durch die Intensivie-
rung als auch durch die großächige Aufgabe der Landbewirtschaftung bedroht
(Tscharntke etal. 2005; Kleijn etal. 2009). Die Entwicklung der Agrarlandschaften
stellt daher seit den 1980er-Jahren einen Schwerpunkt der Umwelt- und Natur-
schutzpolitik in Europa dar (SRU 1985; Heißenhuber etal. 2015).
Die sehr unterschiedlichen ökologischen Systeme, in denen in Europa Landwirt-
schaft betrieben wird, sind ökonomisch durch den gemeinsamen Binnenmarkt der EU
eng miteinander verknüpft. Mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaften
1957 wurde die Einrichtung eines gemeinsames Markts für Agrarerzeugnisse sowie
einer Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) vereinbart. Unter dem Eindruck der Nah-
rungsmittelknappheit nach dem Zweiten Weltkrieg war die Landwirtschaftspolitik der
Gründungsstaaten der EG vorranging darauf ausgerichtet, stabile Rahmenbedingun-
gen für landwirtschaftliche Betriebe herzustellen und deren Produktivität und Ein-
kommen zu erhöhen; dieses Paradigma wurde in den Gründungsverträgen der EG und
damit in der GAP fest verankert (Tracy 1989). Seit Mitte der 1980er- Jahr wurde zu-
nehmend deutlich, dass die modernen, produktionssteigernden Formen der Landbe-
wirtschaftung oft negative Auswirkungen auf Landschaftsvielfalt, Gewässerqualität,
biologische Vielfalt, Bodenfruchtbarkeit und natürliche Regulationsmechanismen
haben. Unter dem Leitbegriff „Multifunktionalität“ verbreitete sich die Auffassung,
dass auf den landwirtschaftlichen Flächen nicht nur marktgängige Erzeugnisse produ-
ziert werden, sondern auch öffentliche Güter (Lowe etal. 2010). Letztere wurden
lange Zeit als unvermeidliche Kuppelprodukte der landwirtschaftlichen Produktion
angesehen– bei zunehmender Intensivierung wurde aus dem Kopplungs- aber ten-
denziell ein Konkurrenzverhältnis. Das Ungleichgewicht zwischen entlohnten markt-
gängigen Erzeugnissen und nicht entlohnten öffentlichen Gütern führt dann zu einem
Marktversagen, weil sich aus der einzelwirtschaftlichen Sicht der Betriebe und Kon-
sumenten eigene Investitionen in öffentliche Güter, deren Nutzen breit verteilt ist oder
erst langfristig anfällt, nicht lohnen. Diese ökonomische Analyse der ökologischen
Konsequenzen der Landwirtschaft trug zu der Auffassung bei, dass umweltpolitische
Anliegen nur durch eine Integration in die Agrarpolitik verwirklicht werden könnten
(Lowe und Baldock 2000). Die GAP-Reform von 1992 führte Agrarumweltpro-
gramme ein, mit denen seither Landwirte für die Bereitstellung öffentlicher Umwelt-
güter bzw. für besonders umweltfreundliche Praktiken honoriert werden.
Seit 1992 besteht auch ein Spannungsverhältnis innerhalb der GAP.Auf der einen
Seite dient die Unterstützung der öffentlichen Leistungen der Landwirtschaft als Legi-
timation für die erheblichen Zahlungen der EU-Agrarpolitik. Auf der anderen Seite
dient der größte Teil dieser Zahlungen nach wie vor dazu, die Einkommen der land-
wirtschaftlichen Betriebe zu erhöhen (Daugbjerg und Swinbank 2016). Das Erbe einer
an den Interessen des Agrarsektors und an der Erhöhung der landwirtschaftlichen Pro-
duktion ausgerichteten Zielsetzung lebt in der Agrarpolitik der EU nicht nur fort, son-
dern stellt nach wie vor deren Kern dar (Daugbjerg und Swinbank 2016). Der Verweis
1 Einleitung
3
auf die besonderen Umweltleistungen der Landwirtschaft dient vorwiegend dazu, den
Liberalisierungsdruck abzuwehren, dem sich Wirtschaftssektoren und öffentliche Po-
litiken allgemein ausgesetzt sehen (Daugbjerg und Feindt 2017).
Die Integration von Umweltanliegen in die Agrarpolitik war offensichtlich wenig
erfolgreich. Der Zustand der Umwelt- und Naturressourcen in den Agrarlandschaften
hat sich seit den 1980er-Jahren größtenteils weiter verschlechtert (EEA– European
Environment Agency 2010; Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina
etal. 2018; Wissenschaftlicher Beirat für Biodiversität und Genetische Ressourcen
beim BMELV 2018). Die Kritik an der unzureichenden Berücksichtigung von Um-
weltbelangen in der Agrarpolitik erfolgt dabei im Wesentlichen entlang von vier Li-
nien: (i) unzureichende oder fehlende ordnungsrechtliche Mindeststandards (zum
Beispiel zur Reinhaltung von Gewässern oder zur Emission von Feinstoffen), (ii)
mangelhafte Umsetzung des bestehenden Ordnungsrechts (was beispielsweise zu er-
höhten Nitratwerten im Grundwasser oder zu Feinstoffbelastungen oberhalb der Ziel-
werte führt), (iii)unzureichende Finanzierung von Maßnahmen des Natur- und Um-
weltschutzes sowie (iv) negative Umweltauswirkungen anderer agrarpolitischer
Maßnahmen. Letzteres gilt etwa, wenn die ächenbezogenen Direktzahlungen zu ei-
ner Erhöhung der Preise für landwirtschaftliche Flächen und andere Produktionsin-
puts führen und davon Anreize ausgehen, die Böden noch intensiver zu bewirtschaf-
ten. Institutionell ist dabei nicht nur die Agrarpolitik im engeren Sinne angesprochen.
Wichtige Teile des ordnungsrechtlichen Rahmens, wie etwa die Vogelschutz- oder die
Wasserrahmenrichtlinie oder diverse Kennzeichnungsregeln, entstammen dem Um-
welt- und Verbraucherschutzrecht und sind im allgemeinen Binnenmarktrecht der
EU verankert.
Abgesehen von ordnungsrechtlichen Initiativen ist die agrarpolitische Reform-
diskussion zeitlich von den siebenjährigen Haushaltszyklen der Europäischen
Union geprägt. Die innerhalb der GAP möglichen Maßnahmen und der Rahmen für
deren nanzielle Ausstattung werden jeweils für sieben Jahre festgelegt. Aufgrund
der überragenden Bedeutung der GAP für die Umweltsituation in Agrarlandschaf-
ten konzentriert sich die umweltpolitische Kritik an der GAP häug auf eine Kritik
an der Verteilung des Budgets zwischen den ächenbezogenen Direktzahlungen in
der sogenannten ersten Säule der GAP und den Natur-, Umwelt- und Klimaschutz-
maßnahmen, die Teil der zweiten Säule sind. Unter dem Leitsatz „öffentliches Geld
für öffentliche Güter“ werden die stärker ergebnis- und leistungsorientierten Maß-
nahmen der zweiten Säule den vorwiegend auf Einkommenstransfer dienenden Di-
rektzahlungen in der ersten Säule gegenübergestellt.
Das hier vorliegende Buch verfolgt einen anderen Ansatz. Ausgehend von einer
Besorgnis erregenden, teilweise sogar dramatischen Bestandsaufnahme der Um-
weltwirkungen der Landwirtschaft in Deutschland und Europa wird zunächst die
Frage gestellt, warum die GAP und das Ordnungsrecht die Herausforderungen des
Natur-, Umwelt- und Klimaschutz nur langsam und unzureichend aufgreifen und
selbst die politisch vereinbarten und gesetzlich festgelegten Ziele nicht in angemes-
sener Weise umsetzen. Daraus wird eine Stärken-Schwächen-Analyse des bestehen-
den Steuerungsrahmens abgeleitet, die Schwächen sowohl auf der Ebene der Ziele
wie der Instrumente und ihrer Umsetzung aufzeigt. Als Beitrag zur Problemlösung
1.1 Ausgangspunkte
4
wird ein Leitbild für eine nachhaltige Agrarpolitik entwickelt, die konsequent die
Anforderungen des Natur-, Umwelt- und Klimaschutzes berücksichtigt. Mit dieser
Zielorientierung werden Ansätze diskutiert, die agrarpolitischen und ordnungs-
rechtlichen Instrumente zu verbessern. Auf dieser Basis werden drei Optionen für
eine Weiterentwicklung der GAP formuliert und zum Entwurf einer neuen Archi-
tektur für die Gemeinsame Agrarpolitik verdichtet.
Das Konzept eines Gesellschaftsvertrags für den Agrarsektor soll dabei einen
Ansatzpunkt bieten um zu klären, was die Gesellschaft und die Landwirtschaft von-
einander erwarten können. Der Begriff wurde vom Projektkoordinator im Laufe der
Arbeiten eingeführt, um über ein angemessenes Verhältnis zwischen den Produkti-
onsleistungen, den öffentlichen Leistungen und den Bedürfnissen der Landwirt-
schaft zu reektieren. Die Grundidee ist, dass die Gesellschaft möglichst präzise
formuliert, welche Leistungen sie von der Landwirtschaft erhalten möchte. Neben
gesunden und preiswerten Nahrungsmitteln und Rohstoffen gehören hierzu die ver-
schiedenen öffentlichen Leistungen wie biodiversitätsfreundliche Landschaften, Er-
halt des agrarkulturellen Erbes und Tierwohl. Im Gegenzug ist zu klären, unter wel-
chen Bedingungen die Landwirtschaft diese Leistungen erbringen kann – wie
müssen Märkte, Ordnungsrecht sowie gesellschaftliche und nanzielle Unterstüt-
zung zusammenspielen? Eine solch umfassende Betrachtung soll eine realistische
Perspektive für eine integrative Agrarpolitik eröffnen und letztlich die Entwicklung
hin zu einem ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltigen Agrarsektor ermög-
lichen. Während die Natur-, Umwelt- und Klimawirkungen der Landwirtschaft also
der Ausgangspunkt der hier vorgelegten Arbeiten sind, stellt das Konzept eines Ge-
sellschaftsvertrags für die Landwirtschaft den Versuch dar, die Antwort auf die öko-
logischen Fragen des Agrarsektors in eine umfassendere Antwort auf die vielfälti-
gen, komplexen und dringenden Herausforderungen der deutschen und europäischen
Landwirtschaft im 21. Jahrhundert einzubetten.
1.2 Das ZA-NExUS-Projekt: Ziele und Projektverbund
Das hier vorgelegte Buch stellt die Ergebnisse des Projekts „Zukunftsfähige Agrar-
politik– Natur erhalten, Umwelt schützen (ZA-NExUS)“ vor. ZA-NExUS wurde
von November 2015 bis März 2017 durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) in
Kooperation mit dem Umweltbundesamt (UBA) mit Mitteln des Bundesministeri-
ums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) gefördert. Ziel
war es, wissenschaftlich basierte Optionen für die künftige Ausgestaltung der Ag-
rarpolitik aus der Perspektive des Natur- und Umweltschutzes zu formulieren und
in die öffentliche und politische Diskussion einzubringen.
Zu diesem Zweck wurden
mittels eines systematischen Literaturberichts die für den Natur- und Umwelt-
schutz relevanten systemischen Entwicklungen im Zusammenhang mit der
landwirtschaftlichen Entwicklung aufbereitet und der Beitrag der bisherigen
1 Einleitung
5
Agrarpolitik zur Ver- oder Entschärfung von Problemlagen sowie zur Ermuti-
gung oder Behinderung positiver Ansätze und Entwicklungen aufgezeigt (siehe
Kap.3 und 4);
Stärken und Schwächen der gegenwärtigen Agrarpolitik aus Sicht des Natur- und
Umweltschutzes in Form einer SWOT-Analyse herausgearbeitet (siehe Kap.5);
ein Leitbild für eine multifunktionale, natur- und umweltverträgliche Landwirt-
schaft entwickelt, das eine politisch hinreichend breite Akteurskonstellation an-
sprechen kann, sowie Differenzen zwischen dem Leitbild und der gegenwärtigen
Agrarpolitik herausgearbeitet (Kap.6);
politische Optionen („Bausteine“) für das künftige Policy Design entwickelt und
deren Vor- und Nachteile abgeschätzt (siehe Kap.7);
alternative agrarpolitische Strategieoptionen entwickelt und bewertet (siehe
Kap.8) sowie
die Ergebnisse mittels eines Policy-Papers (Kap.2) und eines Pressegesprächs
mit der damaligen Bundesumweltministerin Barbara Hendricks in die öffentli-
che und politische Diskussion eingebracht.
Gegenstand des Projekts waren im Kern die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der
Europäischen Union (EU) sowie das deutsche und europäische Ordnungsrecht. Da-
rüber hinaus wurde versucht, auch weitere relevante nationale und europäische In-
strumente und Regulierungen, die den Agrarsektor betreffen, einzubeziehen. Die
Handlungsempfehlungen sollen einen innovativen konzeptionellen Beitrag für die
Transformation zu einer nachhaltigen und natur- und umweltverträglichen Agrar-
politik leisten.
Es wurde insbesondere angestrebt, Bausteine und Optionen zu erarbeiten, die
neue, breitere Koalitionen ermöglichen, um die von der Landwirtschaft verursach-
ten Natur- und Umweltschutzprobleme zu vermindern. Dazu sollten die zu erarbei-
tenden Optionen eine Vielzahl einussreicher Akteure berücksichtigen (aus dem
Bereich der Politik, Vertreter der Branche, relevante gesellschaftliche Gruppen),
möglichst viele Brücken bauen und breite Expertise einbeziehen.
Im Vergleich zu früheren Arbeiten zur Agrarpolitik hat ZA-NExUS versucht, bei der
Analyse und der Strategieentwicklung auch neuere integrative, systemische Ansätze
wie Ökosystemdienstleistungen, Resilienz, Nexus-Ansätze und Adaptive Manage-
ment/Adaptive Governance sowie verhaltenswissenschaftliche Ansätze (Behavioural
Governance) mit einzubeziehen. Dies hat das Projekt gelegentlich in ein Spannungs-
verhältnis zum aktuellen Stand der agrarpolitischen Diskussion gebracht, in der diese
Konzeptionen noch nicht durchgehend etabliert sind. Etwas zugespitzt könnte man von
einem allgemeinen Dilemma zwischen politischer Anschlussfähigkeit der Projekter-
gebnisse und der Innovationshöhe der im Projekt verfolgten Ansätze sprechen.
Das ZA-NExUS-Projekt wurde in einem Verbund von vier Partnern bearbeitet:
Wageningen University (Strategic Communication und Law), Justus-Liebig-
Universität Gießen (Professur für Tierökologie), Technische Universität München-
Weihenstephan (Lehrstuhl für Produktions- und Ressourcenökonomie) sowie
Universität Osnabrück (Institut für Umweltsystemforschung). Die Projektkoordina-
tion lag bei der Wageningen University. Die verschiedenen Teile in Kap.3 und4,
1.2 Das ZA-NExUS-Projekt: Ziele und Projektverbund
6
welche eine Synthese der vorliegenden Literatur darstellen, wurden arbeitsteilig
nach fachlicher Nähe, jedoch in enger Abstimmung erstellt. Die anderen Kapitel
entstanden in intensiver Kooperation aller Autorinnen und Autoren.
1.3 Konzeptioneller Ansatz und Vorgehensweise
Dieses Buch verfolgt einen inter- und transdisziplinären Ansatz, der durch eine pra-
xisbezogene Problemorientierung integriert wird. Die Praxisorientierung wird
gleich im folgenden Kap.2 sichtbar. Dieses enthält das Policy-Paper, welches das
politisch-praktische Zielprodukt des ZA-NExUS-Projekts war und in einer Presse-
konferenz mit der damaligen Bundesumweltministerin Barbara Hendricks einer
breiten Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Das Policy-Paper baut auf den Ergebnissen
auf, die in den nachfolgenden Kapiteln dargestellt sind.
Die wissenschaftlichen Bestandsaufnahmen der Kap.3 und 4 sind vorwiegend
interdisziplinär ausgerichtet, indem sie den Kenntnisstand verschiedener Diszipli-
nen zusammenführen. Die Synthese zu einer SWOT-Analyse der GAP (Kap.5), die
Entwicklung eines Leitbilds (Kap.6) sowie die Ausarbeitung und Bewertung von
agrarpolitischen „Bausteinen“ und Strategien (Kap.7 und 8) folgen vorwiegend
einer transdisziplinären Logik, welche neben den wissenschaftlichen Befunden die
Problemwahrnehmungen im agrarpolitischen Handlungskontext einbezieht. Die in-
ter- und transdiziplinäre Sichtweise wurde in allen Phasen des Projekts durch eine
Projektbegleitende Arbeitsgruppe gestärkt. Dieser gehörten Vertreter des BfN, des
UBA und des BMUB sowie fünf wissenschaftliche Peer Reviewer mit Expertise in
Agrarökonomie, Agrarwissenschaften, Agrarlandschafts- und Agrarsystemfor-
schung sowie Agrarumweltwissenschaften an.
Die Bestandsaufnahme der Wirkungen der Landwirtschaft auf Natur- und Um-
weltgüter in Kap.3 erfolgte aus ökologischer und umweltwissenschaftlicher Sicht.
In Kap.4 werden die agrarpolitischen Rahmenbedingungen zum einen im Hinblick
auf die institutionelle und ideelle Entwicklungslogik der GAP analysiert, wobei An-
sätze des historischen Institutionalismus erkenntnisleitend waren (Abschn. 4.1).
Zum anderen werden aus juristischer und rechtspolitischer Sicht neuere Verände-
rungen des europapolitischen Rahmens dargestellt (Abschn.4.2). Weiterhin werden
neuere Ansätze zur Integration von Umweltanliegen in den Governance-Rahmen
eingeführt (Abschn.4.3), die in der Agrarpolitik derzeit eher in Nischen implemen-
tiert werden, aber ein erhebliches Potenzial für einen stärker systemischen und inte-
grativen Ansatz besitzen.
Auswahl und Auswertung der Literatur erfolgten nach den Regeln einer systema-
tischen Literaturanalyse. Zunächst wurden für jeden Teilbereich von den jeweiligen
Bearbeitern Suchbegriffe vorgeschlagen. Diese wurden im Projektteam diskutiert
und gegebenenfalls revidiert. Mit Hilfe der Suchbegriffe wurde dann in einschlägi-
gen Literaturdatenbanken (Web of Science, Scopus, Datenbanken der Universitäts-
bibliotheken) eine erste Abfrage durchgeführt. Diese ergab zumeist sehr hohe Tref-
ferzahlen. Die Suche wurde dann mit Hilfe zusätzlicher Schlagworte verfeinert.
1 Einleitung
7
Anschließend wurde eine manuelle Auswahl der Beiträge nach Relevanz für die
Leitfragen des Projekts vorgenommen.
Zunächst war vorgesehen, die Literatur anhand der folgenden fünf Oberdimen-
sionen aufzubereiten:
1. behandelte landwirtschaftliche Aktivitäten;
2. Aussagen zu Umweltauswirkungen in den verschiedenen Problemdimensionen;
3. Aussagen zur ökonomischen Vorteilhaftigkeit landwirtschaftlicher Aktivitäten,
Betriebsformen usw.;
4. Aussagen zu Governance, Policy Design und Anreizmechanismen;
5. konzeptionelle Integrationsansätze und deren Anwendung.
Diese Gliederung wurde wegen unterschiedlicher Schwerpunkte in der Literatur zu
den einzelnen Teilbereichen nicht strikt eingehalten, diente aber der erkenntnislei-
tenden Orientierung.
Weiterhin war zunächst geplant gewesen, die Veröffentlichungen getrennt nach
sechs Publikationstypen auszuwerten:
1. wissenschaftliche Fachzeitschriften mit Peer Review;
2. Buchbeträge und Fachzeitschriften ohne Peer Review;
3. Projektberichte;
4. Gutachten von wissenschaftlichen Sachverständigenräten;
5. Arbeitspapiere, zum Beispiel aus der Ressortforschung;
6. Policy-Papers von NGOs, Interessengruppen und politischen Institutionen.
Aufgrund der hohen Trefferzahlen allein bei wissenschaftlichen Fachzeitschriften
beschränkt sich die hier vorgestellte Analyse nun weitgehend auf wissenschaftliche
Publikationen, und dabei vorwiegend auf solche mit Peer Review. Projektberichte
und Gutachten von wissenschaftlichen Sachverständigenräten wurden v.a. dort be-
rücksichtigt, wo sie einen guten und zuverlässigen Überblick zu einzelnen Problem-
bereichen geben. Arbeitspapiere und Policy-Papiere von NGOs, Interessengruppen
und politischen Institutionen wurden angesichts der Materialfülle und der be-
schränkten Projektlaufzeit in der Regel nicht berücksichtigt. Entsprechend dem
Fortgang der Projektarbeiten sind Publikationen berücksichtigt, die bis zum Früh-
jahr 2016 erschienen sind.
Zur Strukturierung der Darstellung wurden zu Beginn des Projekts von den je-
weils federführenden Bearbeitern erkenntnisleitende Hypothesen zu den verschie-
denen Teilbereichen der Bestandsaufnahme formuliert. Die Hypothesen wurden im
Projektteam und auf der ersten Sitzung der Projektbegleitenden Arbeitsgruppe im
November 2015 diskutiert und anschließend teilweise modiziert. Sie betrafen das
Verhältnis von agrarpolitischem und ordnungsrechtlichem Rahmen, Umfang und
Formen der Landbewirtschaftung sowie Auswirkungen auf Ziele des Natur- und
Umweltschutzes. Eine kondensierte Version einiger dieser Hypothesen ist in
Abschn.5.6.2 enthalten.
Die auf die Literaturauswertung folgende SWOT-Analyse (Kap.5) diente als
heuristischer Ansatz zur Erarbeitung einer Synthese der Problembeschreibun-
gen. Sie fasst die Stärken, Schwächen, Chancen und Gefährdungen der gegen-
1.3 Konzeptioneller Ansatz und Vorgehensweise
8
wärtigen Agrarpolitik aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes zusammen. Das
methodische Vorgehen entsprach dabei einem iterativen interdisziplinären Dia-
log. Die vorliegende SWOT-Analyse ist das Ergebnis intensiver Diskussionen im
Projektteam mit dem Ziel einer verdichteten Beschreibung der vorrangigen Pro-
blemlagen aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes. Auf Basis von schriftlichen
Entwürfen wurde auf einem gemeinsamen Workshop des gesamten Projektteams
im April 2016 eine erste Fassung erstellt. Diese wurde auf Grundlage der Rück-
meldungen der Peer Reviewer und der Projektbegleitenden Arbeitsgruppe über-
arbeitet.
Bei der Formulierung eines Leitbilds für eine zukunftsfähige Agrarpolitik (Kap.6)
wurde zunächst eine Liste mit Leitprinzipien aus bestehenden, demokratisch legiti-
mierten und international vereinbarten Rechtsnormen erstellt. Dadurch sollte sicher-
gestellt werden, dass das Leitbild im bestehenden gesellschaftlichen und internationa-
len Normkonsens verankert ist. Anschließend wurden die Problemlagen aus Sicht des
Natur- und Umweltschutzes priorisiert, um später prüfen zu können, inwiefern das
vorgeschlagene Leitbild auch die wirklich relevanten Entwicklungen adressiert. Das
hier nun vorgelegte Leitbild ist das Ergebnis intensiver Diskussionen im Projektteam.
Dabei wurde insbesondere versucht, den Kern des Leitbilds auf eine kleine Anzahl
greifbarer Leitlinien zu verdichten, die gewissermaßen als Kompass dienen können.
Spezische qualitative und quantitative Zielwerte wurden aus der umweltwissen-
schaftlichen Diskussion abgeleitet. Der Soll- Ist- Vergleich erfolgte durch Abgleich der
Zielwerte mit der tatsächlichen Situation, die in der Literaturanalyse dargestellt ist.
Die im Projekt entwickelten strategischen Politik-Optionen sind ebenfalls das Er-
gebnis eines iterativen Deliberationsprozesses zwischen den Projektpartnern unter
Einbeziehung der Rückmeldungen der Peer Reviewer und der Projektbegleitenden
Arbeitsgruppe. Die Diskussionen basierten dabei auf den Ergebnissen des Literatur-
berichts sowie auf einer Bewertung laufender agrarpolitischer Debatten. In die Be-
wertung gingen auch die Erkenntnisse aus Hintergrundgesprächen mit agrarpoliti-
schen Akteuren ein. Zunächst wurden von den Projektpartnern drei „agrarpolitische
Optionen“ formuliert und im Projektteam sowie auf der zweiten Sitzung der Projekt-
begleitenden Arbeitsgruppe im Februar 2016in Bonn zur Diskussion gestellt. Diese
drei Optionen fokussierten auf ein weiteres „Greening“ der Ersten Säule der Gemein-
samen Agrarpolitik (Option 1), einen Ausbau der Zweiten Säule (Option 2) bzw. eine
Anhebung der gesetzlichen Mindeststandards in Kombination mit zunehmend an-
spruchsvolleren privaten Standards (ursprüngliche Option 3). Diese Optionen wurden
auf einem Workshop des Projektteams im April 2016in Osnabrück intensiv diskutiert
und anschließend in drei Richtungen weiterentwickelt: Zum einen wurden die unter-
schiedlichen politischen Handlungslogiken geschärft, zum zweiten wurde eine neue
Option 3 mit einer neuen, integrierten Systematik entwickelt, und zum dritten wurden
die jeweiligen Entwicklungsmöglichkeiten im Zeitablauf verdeutlicht. Weiterhin
wurde eine vierte Option hinzugefügt, die eine Umstellung des Verhältnisses zwi-
schen den landwirtschaftlichen Betrieben und den staatlichen Stellen auf eine „prinzi-
pienbasierte Regulierung“ vorsieht (siehe dazu jetzt Purnhagen und Feindt 2017).
Diese vier Optionen wurden im Ersten Zwischenbericht dargestellt und intensiv auf
der dritten Sitzung der Projektbegleitenden Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Peer
1 Einleitung
9
Reviewer im April 2016in Bonn diskutiert. Dabei wurde die Option einer radikalen
Umstellung der umweltpolitischen Regulation des Agrarsektors auf eine „prinzipien-
basierte Regulation“ als interessant, aber nicht hinreichend anschlussfähig an die ak-
tuelle agrarpolitische Diskussion eingeschätzt. Die weitere Ausarbeitung von strategi-
schen Handlungsalternativen konzentrierte sich daher auf die drei in Kap. 8
dargestellten Optionen: Weiterentwicklung des Greenings in der Ersten Säule der
GAP, Stärkung der Zweiten Säule der GAP sowie ein neues „Integriertes Modell“ der
Agrarförderung. Weiterhin kam das Projektteam in Reaktion auf das Feedback zu
dem Schluss, dass die agrarpolitischen Optionen besser auf zwei Ebenen dargestellt
werden sollten:
zum einen auf der Instrumentenebene alternativer Ansätze für die Weiterent-
wicklung der einzelnen Elemente der Agrarpolitik, die wir im Folgenden als
„Bausteine“ bezeichnen;
zum anderen auf der Ebene strategischer Entwicklungsrichtungen, die sich in
ihren politischen Handlungslogiken unterscheiden und verschiedene Gewichtun-
gen und Ausprägungen der einzelnen „Bausteine“ beinhalten. Diese strategi-
schen Entwicklungsrichtungen bezeichnen wir als „agrarpolitische Optionen“.
Die „Bausteine“ wurden im Wesentlichen auf Basis einer Auswertung der wissen-
schaftlichen Literatur formuliert und dann im Hinblick auf die jeweiligen Stärken
und Schwächen sowie mögliche Ansätze der Weiterentwicklung bewertet (siehe
Kap.7). Die weitere Diskussion der strategischen agrarpolitischen Optionen folgte
in einem iterativen Prozess im Projektteam, der auf zwei ganztägigen Team-
Workshops im Mai und Juli 2016, jeweils in Frankfurt, kulminierte. Auf dem Work-
shop im Mai wurde die Diskussion zur Ausrichtung der strategischen Optionen
weitgehend abgeschlossen. Der Workshop im Juli diente vor allem der Diskussion
der Voraussetzungen und Implikationen dieser Optionen. Im Ergebnis stellen die
Optionen eine konzeptionelle Konguration des agrarpolitischen Strategieraums
dar, die nach Kriterien der politisch-praktischen Plausibilität und der Nützlichkeit
für die Konzeption von Politik, zu beurteilen sind. Bei der Darstellung der Voraus-
setzungen und Implikationen der Optionen handelt es sich nicht um Szenarien oder
Prognosen, sondern um eine qualitative Abschätzung auf Basis des Hintergrund-
wissens der Mitglieder des Projektteams. Diese Abschätzungen haben den Charak-
ter von Hypothesen, die durch präzisere, aber auch wesentlich aufwändigere Ver-
fahren, wie etwa Szenario-Analysen oder Modellrechnungen, und ggf. durch
empirische Analysen zu validieren wären.
Die Optionen stellen verschiedene strategische Entwicklungslinien für die künf-
tige Agrarpolitik aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes dar, welche zum einen
unterschiedliche Grade von Kontinuität mit der bisherigen Agrarpolitik repräsentie-
ren und zum anderen jeweils verschiedene Aspekte der derzeitigen agrarpolitischen
Architektur in den Mittelpunkt stellen. Die Optionen haben unterschiedliche Vor-
und Nachteile, die letztendlich Gegenstand einer politischen und gesellschaftlichen
Bewertung sein müssen. Das Projektteam hat den Auftraggebern daher statt der im
Projektantrag vorgesehenen einen Option mehrere Optionen angeboten, um eine
umfassendere Bewertung des strategischen Optionenraums zu ermöglichen.
1.3 Konzeptioneller Ansatz und Vorgehensweise
10
Die in einer ersten Fassung des Projektberichts enthaltenen Optionen wurden auf
einer Sitzung der Projektbegleitenden Arbeitsgruppe Anfang September 2016in
Bonn sowie auf einem Workshop mit den Peer Reviewern Mitte September 2016in
Hannover diskutiert. Seitens der Auftraggeber wurde Option 3 als die interessan-
teste Grundlage für das Policy-Paper ausgewählt.
Eine erste Fassung des Policy-Papers wurde auf der folgenden Sitzung der Pro-
jektbegleitenden Arbeitsgruppe Anfang Oktober 2016 in Bonn diskutiert. Dabei
wurde beschlossen, die vorgelegte, mehr als 10 Seiten lange Fassung zu einem
Hintergrundpapier zu machen, das ein möglichst kurzes Policy-Paper ankieren
könnte. Weiterhin wurde der Vorschlag konkretisiert, die Ergebnisse des Projekts
im Vorfeld der Grünen Woche im Rahmen eines großen Agrarkongresses in Berlin
zu präsentieren.
Zwei Fassungen des ca. fünfseitigen Policy-Papers wurden auf zwei Sitzungen
der Projektbegleitenden Arbeitsgruppe Anfang November und Anfang Dezember
2016in Bonn diskutiert. Parallel dazu gaben drei der Peer Reviewer Rückmeldung
zur Langfassung des Politik-Papiers.
Die endgültige Version des Policy-Papers (Kap.2 dieses Berichts) wurde am 9.
Januar 2017 den Auftraggebern übermittelt. Das Papier wurde am 17. Januar 2017in
Berlin im Rahmen eines Pressegesprächs mit der Bundesumweltministerin Dr. Bar-
bara Hendricks der breiteren Öffentlichkeit vorgestellt und anschließend im Rah-
men des vom BMUB veranstalteten Kongresses „Landwirtschaft mit Zukunft“ in
Berlin der Fachöffentlichkeit zur Diskussion gestellt. Eine vom Projektteam ins
Englische übertragene Version des Papiers wurde im Februar 2017 auf Research
Gate eingestellt und ist dort frei zugänglich (Feindt etal. 2017). Das Papier sowie
der Kongress fanden bundesweit ein breites und positives Medienecho.
1.4 Überblick über das Buch und Danksagung
Das hier vorgelegte Buch stellt eine redaktionell überarbeitete Fassung des Pro-
jektberichts dar, der im April 2017 den Auftraggebern vorgelegt wurde. Kap.2
enthält das Hauptergebnis des Projekts: das im Januar 2017 vorgestellte Policy-Paper.
Die weiteren Kapitel enthalten die wissenschaftlichen Arbeiten, auf denen das
Policy- Paper aufbaut. Die Darstellung beginnt mit einer Übersicht über die ge-
genwärtige Ausgangssituation bezüglich der Umweltauswirkungen der Landwirt-
schaft (Kap.3). Es folgt eine Analyse der Logik der derzeitigen agrarpolitischen
Rahmenbedingungen (Kap.4). Beide Teile basieren auf einer umfassenden Lite-
raturanalyse. Die Darstellung der Ausgangslage bündeln wir in einer SWOT-Ana-
lyse der derzeitigen Agrarpolitik aus der Perspektive des Natur- und Umwelt-
schutzes (Kap. 5). Anschließend stellen wir Grundlinien eines zeitgemäßen
Leitbilds für die Agrarpolitik vor, welches neben der Produktionsfunktion der
Landwirtschaft auch die Natur- und Umweltauswirkungen effektiv in den Blick
nimmt (Kap.6). Darauf aufbauend präsentieren wir Möglichkeiten zur Weiter-
entwicklung der verschiedenen Elemente der Agrarpolitik, die wir als „Bausteine“
1 Einleitung
11
einer zukunftsfähigen Agrar- Umweltpolitik verstehen (Kap.7). Es folgt die Ent-
wicklung und Bewertung von alternativen politischen Optionen zur besseren Inte-
gration des Natur- und Umweltschutzes in die zukünftige Agrarpolitik (Kap.8).
Eine Schlussbetrachtung rundet die Darstellung ab (Kap.9). Zwei Anhänge ent-
halten ergänzende Informationen, deren Ausführlichkeit den Gang der Argumen-
tation im Haupttext nicht unnötig unterbrechen soll.
Die Autorinnen und Autoren bedanken sich für die konstruktive und offene Zu-
sammenarbeit mit den Auftraggebern, die hervorragenden Rückmeldungen der Peer
Reviewer sowie die wichtigen Beiträge und kritischen Kommentare der Teilnehme-
rinnen und Teilnehmer an den Projektworkshops. Ebenfalls danken wir Kerstin Oer-
tel und Dr. Astrid Häger für die unermüdliche Unterstützung bei der Überarbeitung
und Fertigstellung des Manuskripts. All dies hat wesentlich zur Qualität des vor-
liegenden Buches beigetragen. Die Verantwortung für alle verbliebenen Fehler liegt
selbstverständlich bei den Autorinnen und Autoren.
Open Access Dieses Kapitel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 Internatio-
nal Lizenz (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de) veröffentlicht, welche die Nut-
zung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und For-
mat erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen,
einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen
wurden.
Die in diesem Kapitel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der
genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes er-
gibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht
und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben
aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers
einzuholen.
1.4 Überblick über das Buch und Danksagung
13© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en) 2019
P. H. Feindt et al., Ein neuer Gesellschaftsvertrag für eine nachhaltige
Landwirtschaft, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58656-3_2
Kapitel 2
Policy-Paper: „Ein zukunftsfähiger
Gesellschaftsvertrag mit der
Landwirtschaft: Plädoyer für eine neue
Agrarpolitik“
Das nun folgende Policy-Paper stellt das wichtigste Ergebnis des ZA-NEXUS-
Projekts dar, dessen Ziel es war, wissenschaftlich basierte Optionen für die künftige
Ausgestaltung der Agrarpolitik aus der Perspektive des Natur- und Umweltschutzes
zu formulieren und in die öffentliche und politische Diskussion einzubringen. Das
Policy-Papier wurde im Herbst 2016in enger Abstimmung zwischen den Projekt-
nehmern und Projektgebern auf Basis eines längeren Reexionspapiers erstellt. Die
Verantwortung für die Inhalte sowie eventuelle Unzulänglichkeiten liegt selbstver-
ständlich allein bei den Autorinnen und Autoren.
Das Policy-Paper wurde am 17. Januar 2017 vom Projektkoordinator in einer Pres-
sekonferenz mit Bundesministerin Dr. Barbara Hendricks sowie auf dem BMU-Kon-
gress „Landwirtschaft mit Zukunft“ in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt.1
2.1 Zusammenfassung
Was können Landwirtschaft, Politik und Gesellschaft voneinander erwarten? Zur
Beantwortung dieser Frage plädieren wir für eine neue Agrarpolitik auf der Basis
eines zukunftsfähigen Gesellschaftsvertrags mit der Landwirtschaft. Dieser Ver-
trag sieht vor, dass weiterhin erhebliche öffentliche Mittel für den Agrarsektor auf-
gewendet werden. Diese Gelder sollen aber in Zukunft die Landwirtinnen und Land-
wirte unterstützen, die qualitativ hochwertige Lebensmittel herstellen und zugleich
Gemeinwohlleistungen erbringen, die vom Markt nicht honoriert werden. Dazu
1 Zitierweise des Policy-Papers: Peter H.Feindt, Christine Krämer, Andrea Früh-Müller, Volkmar
Wolters, Claudia Pahl-Wostl, Alois Heißenhuber, Caroline van Bers, Fabian Thomas, Kai Purnha-
gen: Ein zukunftsfähiger Gesellschaftsvertrag mit der Landwirtschaft: Plädoyer für eine neue Ag-
rarpolitik. Policy-Paper des Forschungs- und Entwicklungs-Verbundvorhabens „ZA-NExUS: Zu-
kunftsfähige Agrarpolitik – Natur erhalten, Umwelt sichern“, gefördert vom Bundesamt für
Naturschutz und dem Umweltbundesamt, FKZ 35158 80 400, Bonn/Berlin, Januar 2017.
14
gehören etwa Beiträge zum Natur-, Umwelt- und Klimaschutz, die Bewirtschaftung
besonders vielfältiger Landschaften oder die Erhaltung der Landschaftsvielfalt durch
Bewirtschaftung unter schwierigen natürlichen Bedingungen. Eine neue Architek-
tur der Agrarpolitik soll es den Landwirtinnen und Landwirten ermöglichen, mit
nachhaltig erzeugten Produkten und mit ihren Leistungen für das Gemeinwohl trotz
starker internationaler Konkurrenz ein angemessenes Einkommen zu erzielen. Ef-
ziente und exible Instrumente wie Prämien für Landschaftsvielfalt und für
Basismaßnahmen im Agrarumwelt- und Klimaschutz verringern den Bürokratie-
aufwand für Landwirtschaft und Verwaltung. Darauf aufbauende regionale Agrar-
umwelt- und Klimaschutzprogramme sowie ein neues Kooperationsprogramm
Natur und Landwirtschaft sichern wichtige Ökosystemleistungen und fördern die
Vernetzung und Partizipation. Daneben sichert ein effektives Ordnungsrecht die
Einhaltung von erweiterten Mindeststandards. Ein Innovationsprogramm, Verbrau-
cherkommunikation, praxisorientierte Forschung und Beratung helfen bei der Ent-
wicklung von Mehrwertmärkten für umweltfreundliche Produkte. Denn zu einem
zukunftsfähigen Gesellschaftsvertrag gehört auch, dass kompetente Verbraucherin-
nen und Verbraucher die Gemeinwohlleistungen der Landwirtschaft kennen, wert-
schätzen und dafür angemessene Preise bezahlen.
2.2 Die aktuellen Probleme
Die Landwirtschaft in Deutschland bendet sich im Umbruch. Liberalisierung
und Marktöffnung, neue Technologien sowie die steigende Nachfrage einer wach-
senden Weltbevölkerung eröffnen enorme Entwicklungsmöglichkeiten. Gleichzei-
tig wachsen die Herausforderungen. Landwirtinnen und Landwirte sehen sich an-
gesichts steigender Konkurrenz zu immer neuem betrieblichem Wachstum mit
hohen Investitionsrisiken gezwungen. Weiterhin hat Deutschland schon heute
Schwierigkeiten, europäische Vorgaben für den Natur- und Umweltschutz im Ag-
rarbereich einzuhalten. Die Belastung des Grundwassers mit Nitrat ist in vielen
landwirtschaftlich geprägten Regionen zu hoch. Gleichzeitig steigen die gesell-
schaftlichen Ansprüche an Transparenz, Tierwohl, Umweltschutz und Erhalt der
biologischen Vielfalt. Hinzu kommen die Auswirkungen des internationalen Agrar-
handels auf Entwicklungs- und Schwellenländer mit oft problematischen Folgen für
Landnutzung, Umwelt, Ernährungssicherheit und kleinbäuerliche Strukturen.
So verändert sich die Rolle der bäuerlichen Betriebe für die ländliche Entwick-
lung– als Einkommensquelle, soziales Rückgrat und Landschaftsgestalter.
Angesichts der Problemlagen braucht die Agrarpolitik in Deutschland und
Europa einen neuen Ansatz, der sowohl Arbeitsplätze in der Landwirtschaft sichert,
als auch die ökologische Basis der Agrarproduktion erhält und die Erwartungen der
Verbraucherinnen und Verbraucher an eine nachhaltige und gesunde Landwirtschaft
erfüllt. Mit ihren alljährlichen Milliardenausgaben ist die aktuelle Förderpolitik
jedoch vorwiegend als sektorale Einkommenspolitik angelegt– mit oft negativen
Folgen für Umwelt- und Naturschutz. Ein wesentlicher Teil der Mittel verbleibt
2 Policy-Paper: „Ein zukunftsfähiger Gesellschaftsvertrag mit der Landwirtschaft: …
15
dabei gar nicht bei den Landwirtinnen und Landwirten, sondern ießt über stei-
gende Land- und Pachtpreise an außerlandwirtschaftliche Grundbesitzer. Nur ein
kleiner Teil der staatlichen Agrarzahlungen dient der Vergütung von Gemeinwohl-
leistungen. Den negativen Auswirkungen der gängigen Produktionsverfahren auf
Boden, Wasser, Klima, Landschaftsbild, Luft und biologische Vielfalt wird damit
nicht hinreichend entgegengewirkt. Es fehlen konsequente Strategien, um die Ge-
meinwohlleistungen der Landwirtschaft unter den Bedingungen offener Märkte und
des schnellen technologischen und gesellschaftlichen Wandels zu sichern.
Daher brauchen wir in Deutschland dringend eine zukunftsweisende Verständi-
gung darüber, was die Gesellschaft von der Landwirtschaft erwartet und welche Un-
terstützung die Landwirtinnen und Landwirte im Gegenzug dafür erwarten dürfen.
2.3 Unser Vorschlag für einen zukunftsfähigen
Gesellschaftsvertrag
Das vorliegende Papier soll die Diskussion um einen zukunftsfähigen Gesell-
schaftsvertrag mit der Landwirtschaft in Deutschland und Europa anstoßen. Aus-
gangspunkt sind zwei Prämissen. Erstens benötigen wir eine Landwirtschaft, die
marktfähige Produkte erzeugt und die Menschen mit vielfältigen und hochwerti-
gen Lebensmitteln versorgt. Zweitens erwartet die Gesellschaft Gemeinwohlleis-
tungen, für die es oft keinen Markt gibt. So soll die Landwirtschaft insbesondere
die Attraktivität und damit die Vitalität ländlicher Räume durch vielfältig struk-
turierte Landschaften erhöhen;
Lebensräume für zahlreiche Arten bereitstellen und damit die biologische Viel-
falt fördern bzw. den dramatischen Artenschwund verringern;
Ökosystemleistungen erhalten (z. B. die Bestäubung der Blütenpanzen durch
Insekten oder die Grundwasserneubildung in offenen Landschaften);
zum Klimaschutz beitragen (etwa durch eine standortgerechte Bodennutzung);
Stoffeinträge in Boden, Luft und Wasser durch umweltfreundliche Produktions-
verfahren stärker reduzieren als gesetzlich mindestens vorgeschrieben;
besondere Leistungen im Tierwohl erbringen.
All dies können die Landwirtinnen und Landwirte jedoch nur leisten, wenn sie da-
mit ein angemessenes Einkommen erzielen– generiert entweder durch Verbrau-
chernachfrage oder durch öffentliche Mittel. Wenn die Gesellschaft eine ächen-
deckende, multifunktionale, natur- und umweltverträgliche Landwirtschaft wünscht,
muss sie auch für die entsprechenden Rahmenbedingungen sorgen. Deshalb muss
sich die Agrarpolitik dringend neu orientieren. Drei Grundsätze sind zentral:
die Sicherung der ökologischen Lebens- und Produktionsgrundlagen;
die konsequente Ausrichtung der Vergabe öffentlicher Mittel an der Bereitstel-
lung von öffentlichen Gütern, die vom Markt nicht honoriert werden;
die Garantie eines fairen Wettbewerbs durch wirksame soziale und ökologische
Standards für alle Produzenten (inklusive Importware).
2.3 Unser Vorschlag für einen zukunftsfähigen Gesellschaftsvertrag
16
Außerdem sollte die Agrarpolitik den Einsatz öffentlicher Mittel besser mit Trends
wie Verbrauchersensibilisierung, Digitalisierung und Vernetzung, gesellschaftlicher
Partizipation, integrierten Wertschöpfungsketten oder transnationalen privaten
Standards verknüpfen.
Um dieses Ziel zu erreichen, schlagen wir eine neue Architektur der Agrarpoli-
tik vor (siehe Abb.2.1, Tab.2.1). Sie kann durch gleitende Umschichtung der der-
zeitigen Mittel ab 2020 schrittweise bis zum Jahr 2027 eingeführt werden.
Im Kern besteht die neue Architektur aus fünf Elementen:
A.Mehr Umwelt- und Klimaschutz in allen Betrieben: Mit voll von der EU -
nanzierten Basismaßnahmen Agrarumwelt- und Klimaschutz sollen umwelt-
und klimafreundliche Bewirtschaftungsformen unbürokratisch honoriert werden.
Die Landwirte und Landwirtinnen können dabei die für sie passenden Maßnahmen
aus einer Liste auswählen. Dies wird durch eine betriebliche Beratung unterstützt.
Alle Maßnahmen haben unabhängig von den standortspezischen Gegebenheiten
einen Nutzen für Natur- und Umweltschutz und sind relativ leicht in die Produktion
Kooperative Umsetzung
Ordnungsrechtliche Mindeststandards
Prämien
zur
Erhaltung von
Landschafts-
vielfalt Kooperations-
programm
Natur &
Landwirtschaft
Agrarumwelt-
und
Klimaschutz-
programme
Innovations-
initiativen
nachhaltigkeits-
basierte
Mehrwertmärkte
Basis-
maßnahmen
Agrarumwelt-
und Klima-
schutz
Investitionen in digitale
Infrastruktur
Praxisnahe und gemeinwohlorientierte
Forschung
Abb. 2.1 Architektur einer neuen Agrarpolitik. (Quelle: Eigene Darstellung)
2 Policy-Paper: „Ein zukunftsfähiger Gesellschaftsvertrag mit der Landwirtschaft: …
17
zu integrieren. Sie umfassen z.B. vielgliedrige Fruchtfolgen, Bereitstellung von
Habitaten, Landschaftselementen oder Gewässerrandstreifen, Verminderung von
Düngung, Panzenschutzmitteln sowie Bewirtschaftungsmaßnahmen (Striegeln,
Pügen, Walzen, Schleppen etc.), (mehrjährige) Brache, Raufutterprämie und nach-
haltige Verfahren der Tierhaltung (Weidegang, Begrenzung des Tierbesatzes). Jede
Maßnahme erhält eine pauschale Wertigkeit (Punkte), die sich am typischen Auf-
wand orientiert. Um die Umsetzung auch an ertragsstarken Standorten attraktiv zu
machen, werden dort zusätzlich Punkte vergeben (z.B. gemessen an der Boden-
güte). Da von der Teilnahme aller landwirtschaftlichen Betriebe ausgegangen wird,
steht pro Hektar Agraräche ein einheitlicher Finanzbetrag zur Verfügung. Um
diese Mittel zu bekommen, muss ein Betrieb im Durchschnitt der bewirtschafteten
Fläche eine Mindestpunktzahl erreichen. Dies ist auch Voraussetzung für die Aus-
zahlung der Prämie zur Förderung der Landschaftsvielfalt (siehe Element B). Über
die Mindestpunktzahl hinaus können die Betriebe weitere Maßnahmen aus der Liste
wählen, die dann gesondert honoriert werden.
B. Zusätzliche Prämien für den Erhalt der Landschaftsvielfalt: Auch diese
Prämien werden voll aus EU-Mitteln nanziert und gelten EU-weit. Sie dienen der
Sicherung der bestehenden, reich strukturierten Landschaften und damit dem Erhalt
der biologischen Vielfalt. Ihre Vergabe ist unbürokratisch, weil sie automatisiert be-
rechnet und gewährt werden. Ihre Auszahlung ist an die Erbringung von Basismaß-
nahmen Agrarumwelt- und Klimaschutz geknüpft. Es gibt zwei Prämientypen:
Eine Landschaftserhaltungsprämie wird für relativ strukturreiche Standorte
unabhängig von Gebietskulissen und Betriebsgrößen gewährt. Sie belohnt z.B.
kleinstrukturierte Landschaften, Randstreifen entlang von Strukturelementen
oder Flächen mit Landschaftselementen, wie z.B.Streuobstwiesen. Die Prämi-
enhöhe wird ächenbezogen auf der Basis von Fernerkundungsdaten berechnet.
Sie ist nach Dichte und ökologischer Wertigkeit der Strukturelemente gestaffelt.
Eine Bewirtschaftungsprämie wird an auf der Schlagebene denierten Stand-
orten gewährt, an denen aufgrund erschwerter Bewirtschaftungsbedingungen
eine Landbewirtschaftung typischerweise nicht kostendeckend ist. Die Prämien-
höhe ist gestaffelt nach dem Grad der Erschwernis an dem jeweiligen Standort.
Der Erschwernisgrad hängt z. B. von Hangneigung, Bodenqualität oder der
Länge der Vegetationsperiode ab. Diese Prämie ist nur in Gebietskulissen erhält-
lich, in denen eine großächige Nutzungsaufgabe abgewendet werden muss, um
die Aufrechterhaltung einer vielgestaltigen Landschaft zu gewährleisten.
C. Anreize für Agrarumwelt- und Klimaschutz: Agrarumwelt- und Klima-
schutzprogramme honorieren gezielte betriebliche Maßnahmen des Natur- und Um-
weltschutzes (z.B. spezieller Artenschutz, Management von Schutzgebieten, Wieder-
vernässung von Mooren oder Aufbau von Biotopverbünden). Der Erfolg solcher
Maßnahmen erfordert in der Regel eine regionale Ausgestaltung der Programme unter
natur- oder umweltfachlicher Leitung, welche die standörtlichen Gegebenheiten um-
fassend berücksichtigt. Ihr Beitrag zu EU-weiten Politikzielen begründet eine Ko-
nanzierung durch EU und Mitgliedstaaten. Zur Erhöhung der Attraktivität sollten die
2.3 Unser Vorschlag für einen zukunftsfähigen Gesellschaftsvertrag
18
Transaktionskosten bei der Prämienhöhe berücksichtigt sowie eine Anreizkompo-
nente im Einklang mit dem WTO-Recht vorgesehen werden. Dadurch besteht ein -
nanzieller Anreiz zur Teilnahme über die Erstattung des Ertragsausfalls hinaus.
D.Mehr Geld für innovative Kooperationen. Mit einem Kooperationsprogramm
Natur und Landwirtschaft werden regionale Kooperationen gefördert, die ein inte-
griertes Landschafts- und Ressourcenmanagement entwickeln und umsetzen. Das sind
insbesondere überbetriebliche Maßnahmen zum Management von Wasser, Boden,
Luft und Klima sowie zum Arten- und Biotopschutz. Dazu gehören auch nicht-produk-
tionsorientierte Investitionen („grüne und blaue Infrastruktur“). Im Gegensatz zu den
vorgegebenen Agrarumwelt- und Klimaschutzprogrammen (siehe Element A) sind
lernorientierte Ansätze und innovative Kooperationsformen erwünscht. Deshalb soll-
ten 80% der Mittel dieses Programms für die eigentliche Durchführung der Maßnah-
men und bis zu 20% für deren Planung, Monitoring sowie die Akteursvernetzung zur
Verfügung stehen. Die Mittel werden in einem Wettbewerbsverfahren vergeben– so
wie derzeit im LEADER-Programm der EU.Dabei können alle Beteiligten (Landwirt-
schaft, Forstwirtschaft, Fischerei, Naturschutzorganisationen, Kommunen usw.) für
kooperative Leistungen im Umwelt- und Naturschutz honoriert werden. Das Koopera-
tionsprogramm sollte EU-weit eingeführt und von EU und Mitgliedstaaten konan-
ziert werden. In einem ersten Schritt kann auf nationaler Ebene ein Bundesprogramm
für Modell- und Demonstrationsvorhaben aufgelegt werden.
E. Mehr Geld für nachhaltige Märkte. Wer eine nachhaltige Landwirtschaft
will, der braucht auch Marktteilnehmer, die nachhaltig handeln. Eine Innovations-
initiative für nachhaltigkeitsbasierte Mehrwertmärkte könnte national umge-
setzt und als Bundesprogramm oder im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Ver-
besserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) nanziert werden.
Die Initiative umfasst drei Bereiche:
a) Stärkung der Verbraucherkompetenz zum Beispiel durch Maßnahmen zur
Förderung eines gesunden und nachhaltigen Ernährungsverhaltens. Die Maß-
nahmen reichen von der Ausgestaltung des Entscheidungsumfelds über klassi-
sche Kommunikationskampagnen durch Bund, Länder oder gesellschaftliche
Gruppen bis zur Erstellung von Lehrmaterialien für allgemeinbildende Schulen.
b) Förderung nachhaltigkeitsbasierter Wertschöpfungsketten, vor allem regio-
naler Vermarktungsstrukturen, die den Umweltschutz besonders berücksichti-
gen. Dazu zählt aber auch die Nutzung digitaler Technologien für die Vernet-
zung und Transparenz des gesamten Produktionssystems. Neue Konzepte der
Finanzierung und der Beziehungen zwischen Produktion, Verteilung und Kon-
sum (wie etwa bei der Solidarischen Landwirtschaft) gehören ebenfalls hierher.
c) Einführung eines europaweit einheitlichen Kennzeichnungssystems für die
Naturschutz- und Umweltleistungen der Landwirtschaft. Dies macht u.a. die
Teilnahme an den Maßnahmen A und C für die Konsumenten nachvollziehbar.
2 Policy-Paper: „Ein zukunftsfähiger Gesellschaftsvertrag mit der Landwirtschaft: …
19
Möglich ist auch die Verknüpfung mit gesamtbetrieblichen Zertizierungssys-
temen für Nachhaltigkeitsleistungen, sofern diese anspruchsvoll ausgestaltet
und staatlich akkreditiert sind. Die Kennzeichnung hoher Nachhaltigkeits- und
Tierwohlstandards sollte in transnationalen privatrechtlichen Systemen wie
GlobalGAP verankert und damit auch für Importprodukte verbindlich werden.
Die fünf Kernelemente der neuen Agrarpolitik werden durch Investitionen in die
folgenden Rahmenbedingungen ankiert:
1. Investitionen in die digitale Infrastruktur im ländlichen Raum sind die Vo-
raussetzung für Vernetzung, neue Geschäftsmodelle und die interaktive Nutzung
digitaler Daten.
2. Eine praxisnahe und gemeinwohlorientierte, staatlich nanzierte Forschung
und ein verbesserter Wissenstransfer, Beratungs-, Aus- und Fortbildungsange-
bote sowie betriebliche Investitions- und Innovationsförderung unterstützen die
schnelle Entwicklung und Verbreitung neuer nachhaltigkeitsorientierter Praktiken.
Neben allen Fördermaßnahmen sichern ordnungsrechtliche Mindeststandards
die Durchsetzung des Verursacherprinzips (Nitratrichtlinie/Düngeverordnung, Ver-
ordnungen zur Tierkennzeichnung usw.). Ihre konsequente Anwendung verhindert,
dass Umweltkosten auf Dritte oder die Allgemeinheit abgewälzt werden. Zusätzlich
zu den bestehenden Grundanforderungen an die Betriebsführung sollten künftig
auch der Erosionsschutz, der Humuserhalt und das Dauergrünlandumwandlungs-
verbot in das Ordnungsrecht aufgenommen werden.
Eine kooperative Umsetzung in enger Abstimmung zwischen der Agrar- und
der Umwelt- und Naturschutzpolitik füllt den Gesellschaftsvertrag mit Leben.
Gemäß der jeweiligen Sachnähe sollte die Federführung für Programmteile mit
überwiegend umwelt- und naturschutzfachlicher Zielsetzung bei der Umwelt- und
Naturschutzpolitik bzw. -verwaltung liegen. Bei Teilen mit vorwiegend agrarwirt-
schaftlichen und einkommenspolitischen Zielen sollten Agrarpolitik und -verwal-
tung federführend sein. Die umwelt- und naturschutzfachlichen Programmteile
sollten es nach Umfang und Ausgestaltung insbesondere ermöglichen, die Ziele der
Natura 2000-Richtlinien umzusetzen. Sektorenübergreifende Auswirkungen und
Folgen für Natur- und Umweltschutz müssen bei der Ausgestaltung der Politik kon-
sequent berücksichtigt werden. Flexible, ergebnisorientierte Planungs- und Imple-
mentierungsprozesse erleichtern Kooperations- und Lernprozesse zwischen den
Akteuren und erhöhen die Adaptivität. Auf der Basis des wissenschaftlichen Er-
kenntnisfortschritts und der praktischen Erfahrungen der Landwirtschaft sollten alle
Maßnahmen regelmäßig hinsichtlich der Notwendigkeit zur Anpassung an die
durch den globalen Wandel veränderten Bedingungen geprüft werden.
Die hier vorgeschlagene neue Agrarpolitik nimmt die wechselseitigen Erwartun-
gen von Gesellschaft und Agrarsektor auf. Als Ausdruck eines zukunftsfähigen Ge-
sellschaftsvertrags mit der Landwirtschaft sollte sie es ermöglichen, den enormen
ökonomischen, ökologischen und sozialen Herausforderungen im ländlichen Raum
wirksam zu begegnen.
2.3 Unser Vorschlag für einen zukunftsfähigen Gesellschaftsvertrag
20
2.4 Anhang (Tab.2.1)
Tab. 2.1 Eine neue Architektur für die Agrarpolitik– Überblick. (Diese Überblickstabelle war
nicht Teil des im Januar 2017 vorgestellten Policy-Papers)
Element Mechanismus Finanzierung
anstrebte
Wirkungsziele
Basismaß-
nahmen
Agrarum-
welt- und
Klimaschutz
Punktebasierte Honorierung
von Maßnahmen mit
standortunabhängigem
Mehrwert für Naturschutz und
Umwelt; Auswahl aus
Maßnahmenliste; Mindest-
punktzahl für Prämienerhalt
Voll EU-nanziert Mehr Umwelt- und
Klimaschutz in allen
Betrieben
Landschafts-
erhaltungs-
prämie
Flächenbezogen Prämie auf
Basis von Fernerkundungs-
und InVeKoS-Daten, nach
Dichte und ökologischer
Wertigkeit der Strukturele-
mente gestaffelt
Voll EU-nanziert Sicherung der
bestehenden, reich
strukturierten
Landschaften und
damit den Erhalt der
biologischen Vielfalt
Bewirtschaf-
tungsprämie
Auf der Schlagebene
denierte Prämie an Standor-
ten, an denen aufgrund
erschwerter Bewirtschaftungs-
bedingungen eine Landbewirt-
schaftung typischerweise nicht
kostendeckend ist. Prämien-
höhe gestaffelt nach dem Grad
der Erschwernis am jeweiligen
Standort.
Voll EU-nanziert Aufrechterhaltung
einer vielgestaltigen
Landschaft in
denierten Gebietsku-
lissen
Agrarum-
welt- und
Klimaschutz-
programme
Honorierung freiwilliger
betrieblicher Maßnahmen des
Natur- und Umweltschutzes
Konanzierung von
EU und Mitglied-
staaten
Gezielte Verbesserung
des Natur-, Umwelt-
und Klimaschutz
Koopera-
tionspro-
gramm Natur
und
Landwirt-
schaft
Förderung regionaler
Kooperationen, die ein
integriertes Landschafts- und
Ressourcenmanagement
entwickeln und umsetzen;
Vergabe im Wettbewerbsver-
fahren
Zunächst national,
etwa als Bundespro-
gramm für Modell-
und Demonstra-
tionsvorhaben;
später ggf.
Konanzierung von
EU und Mitglied-
staaten
Entwicklung und
Implementierung eines
integrierten Land-
schafts- und Ressour-
cenmanagement auf
regionaler Ebene;
Förderung von
Vernetzung, Lernpro-
zessen und Kooperation
zwischen den Akteuren
Innovations-
initiative für
nachhaltig-
keitsbasierte
Mehrwert-
märkte
U.a. Kommunikationskampa-
gnen für Verbraucher,
Förderung nachhaltigkeitsba-
sierter Wertschöpfungsketten;
Einführung eines europaweit
einheitlichen Kennzeichnungs-
systems
National: Bundes-
programm oder im
Rahmen der
Gemeinschaftsauf-
gabe „Verbesserung
der Agrarstruktur
und des Küsten-
schutzes“ (GAK)
Verbesserung der
Rahmenbedingungen
für nachhaltigkeitsba-
sierte Geschäftsmo-
delle
(Fortsetzung)
2 Policy-Paper: „Ein zukunftsfähiger Gesellschaftsvertrag mit der Landwirtschaft: …
21
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einzuholen.
Ordnungs-
rechtliche
Mindeststan-
dards
Operationalisierung unklarer
Rechtsbegriffe, verbindliche
Zielwerte, effektive Kontrol-
len, wirksame Sanktionierung
bei Übertretung
Im Rahmen der
üblichen Finanzie-
rung der Adminis-
tration von Bund
und Ländern
Konsequente Durchset-
zung des Verursacher-
prinzips, Behebung von
Implementationsdezi-
ten
Flankierende
Maßnahmen
Investitionen in die digitale
Infrastruktur
GAK Erleichterung des
Monitoring; Verringe-
rung des administrati-
ven Aufwands
Flankierende
Maßnahmen
praxisnahe und gemeinwohl-
orientierte, staatlich nan-
zierte Forschung und ein
verbesserter Wissenstransfer;
Beratungs-, Aus- und
Fortbildungsangebote sowie
betriebliche Investitions- und
Innovationsförderung
Bund, Länder, GAK Verbesserter Wissens-
transfer
Kooperative
Umsetzung in
enger
Abstimmung
zwischen der
Agrar-, der
Umwelt- und
Naturschutz-
politik
Federführung nach Sachnähe;
ergebnisorientierte Planungs-
und Implementierungspro-
zesse;
Im Rahmen der
üblichen Finanzie-
rung der Adminis-
tration von Bund
und Ländern
Verbesserte Kooperati-
ons- und Lernprozesse
zwischen den
Akteuren; erhöhte
Adaptivität
Tab. 2.1 (Fortsetzung)
2.4 Anhang (Tab. 2.1)
23© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en) 2019
P. H. Feindt et al., Ein neuer Gesellschaftsvertrag für eine nachhaltige
Landwirtschaft, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58656-3_3
Kapitel 3
Kurzdarstellung der Ausgangssituation:
Umwelteffekte der Landwirtschaft
Landwirtschaftliche Produktion ist unweigerlich mit Eingriffen in die Natur und
damit in unsere Umwelt verbunden. Je nach Art der menschlichen Aktivitäten
können diese Eingriffe zu vielfältigen oder zu monotonen Landschaften führen
und die Umweltqualität verbessern oder verschlechtern. In den vergangenen
Jahrzehnten sind in vielen Regionen Deutschlands (wie auch andernorts) besorg-
niserregende Veränderungen zu beobachten. Der Zustand der Naturressourcen
entwickelt sich auf großer Fläche negativ: Verlust an biologischer Vielfalt, Be-
lastungen von Boden, Wasser und Luft sowie Veränderung des Klimas und Ho-
mogenisierung der Landschaft. Dabei bestehen oft enge Wechselbeziehungen
zwischen dem Zustand der Naturressourcen und der landwirtschaftlichen Pro-
duktivität.
Der folgende Abschnitt gibt einen knappen Überblick über den aktuellen1
Zustand der natürlichen Ressourcen, die Ausprägung der landwirtschaftlichen
Wirkfaktoren, über das Erreichen politischer Ziele und die genannten Wechsel-
wirkungen. Die Darstellung fokussiert überwiegend auf die nationale Ebene.
Auf Wirkungen, die in Drittländern entstehen, z.B. durch indirekte Landnut-
zungsänderungen, wird nicht näher eingegangen. Zudem ist eine erschöpfende
Darstellung der Umweltwirkungen der Landwirtschaft in diesem Kontext nicht
beabsichtigt. Dafür sei auf weitergehende Fachliteratur verwiesen (siehe Litera-
turverzeichnis).
1 Da dieser Abschnitt die Grundlage für die späteren Überlegungen des ZA-NExUS-Konsortiums
bildete, endet die Literaturaufarbeitung Mitte 2016. Auf die Berücksichtigung neuerer Publikationen
wurde verzichtet, um die Bezugspunkte der nachfolgenden Kapitel nicht zu verschieben.
24
3.1 Zustand der Naturressourcen
3.1.1 Wirkungen der Landwirtschaft auf die Ressource Boden
Der Standortfaktor „Boden“ ist eine entscheidende Grundlage der landwirtschaftli-
chen Produktion. Böden erbringen darüber hinaus bedeutende ökosystemare Leis-
tungen wie Filter-, Puffer- und Stoffumwandlungsfunktionen. Diese Leistungen
sind auch im Bundes-Bodenschutzgesetz als schützenswert aufgeführt.2 Alle wer-
den von der Landwirtschaft durch Stoffeinträge und mechanische Bearbeitung so-
wie durch die Verursachung von Erosion und Humusab- bzw. -aufbau beeinusst.
Stoffeinträge durch die Landwirtschaft sind die Folge der Stickstoff- und Phos-
phordüngung, der Anwendung von Panzenschutzmitteln sowie der Ausbringung
von Schwermetallen und der Anwendung von Tierarzneimitteln, deren Rückstände
im organischen Dünger enthalten sind (Umweltbundesamt 2014a, S.29). Die Be-
lastungsgrenzen der Böden werden durch sogenannte Critical Loads festgelegt. Be-
reits im Jahre 2010 wurden die Grenzwerte für Blei, Quecksilber, Eutrophierung
(auf 54% der empndlichen Ökosysteme) und Versauerung (auf 18% der empnd-
lichen Ökosysteme) überschritten. Beim Cadmium gab es dagegen kaum Über-
schreitungen (Umweltbundesamt 2013a). Als politisches Ziel wurde formuliert,
dass bis 2020 die Critical Loads für Eutrophierung und Versauerung nicht mehr
überschritten werden sollen (Umweltbundesamt 2015b, c).
Bodenschadverdichtungen entstehen durch mechanische Belastungen und
durch das Überschreiten der natürlichen Traglast des Bodens. Von Schadverdich-
tungen wird gesprochen, wenn der Fluss von Luft, Wasser und Nährstoffen im Po-
rensystem so stark behindert ist, dass negative Wirkungen auf die Bodenfunktionen
auftreten (Sommer und Hutchings 2001; Lebert 2004). Solche Verdichtungen kön-
nen in der Folge auch zu vermehrtem Oberächenabuss, verstärkter Erosion, er-
höhter Denitrikation und damit zu Stickstoff-Verlusten führen. In Deutschland ist
die Produktivität auf 50% der Ackerächen durch Bodenverdichtung beeinträchtigt
(Umweltbundesamt 2010a).
Steigende Nutzungs- und Überrollhäugkeit belastet den Boden und damit die
unterirdischen Nahrungsnetze (Thiele-Bruhn etal. 2012). Durch regelmäßiges Pü-
gen wird beispielsweise das Hyphensystem von Pilzen geschädigt. Dies kann lang-
fristig die Nahrungsnetze zugunsten von Bakterien verschieben, deren Dominanz
zu schnellen Umsätzen und geringer Speicherkapazität führt (Thiele-Bruhn etal.
2012; Nielsen etal. 2015). Solche Veränderungen haben erhebliche Auswirkungen
auf wichtige ökologische Funktionen wie die Nährstoffversorgung der Panzen, die
Unterdrückung von Schädlingen und Pathogenen oder die Resilienz gegenüber Stö-
rungen und Extremereignissen (Nielsen etal. 2015). Eine große Zahl von Untersu-
chungen weist auf einen positiven Zusammenhang zwischen der Vielfalt der Le-
bensgemeinschaften im Boden und wichtigen Bodenprozessen, wie der Zersetzung
2 Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten
(BBodSchG), Stand 2017, §2, Abs.2.
3 Kurzdarstellung der Ausgangssituation: Umwelteffekte der Landwirtschaft
25
von organischem Material, der Bodenbildung oder den Nährstoffkreisläufen, hin
(van Capelle etal. 2012; Nielsen etal. 2015).
Erosion bezeichnet die Verlagerung von Bodenmaterial durch Wind oder
Wasser. Dadurch wird der ertragreiche Oberboden abgetragen und die Boden-
funktionen werden beeinträchtigt. Das Erosionsgeschehen nimmt mit dem Ver-
lust an Grünland (Osterburg etal. 2009; Bundesamt für Naturschutz 2014), der
Beseitigung von Hecken, Terrassen und weiteren Landschaftselementen, dem
Anbau von Hackfrüchten, der Schlaggröße und -neigung sowie der Art der Bo-
denbearbeitung zu. So zeigt beispielsweise eine Untersuchung aus Brandenburg,
dass die vorhandenen Landschaftselemente den Anteil stark durch Winderosion
gefährdeter Flächen von ca. 41% auf 18% reduzieren können (Funk etal. 2013).
Die Erosionsrate auf landwirtschaftlichen Flächen ist um ein bis zwei Größen-
ordnungen höher als die natürliche Neubildung des Bodens (Montgomery 2007).
In Europa beträgt die jährliche Bodenneubildung ca. 0,5t/ha (Alexandrovskiy
2007; KBU 2008; Sauer etal. 2008). Allein die mittlere Jahresrate der Wasser-
erosion in Europa übersteigt mit einem Wert von 2t/ha bereits die Rate der Bo-
denneubildung (EEA– European Environment Agency 1999). In Deutschland
liegt der jährliche Bodenabtrag auf 14% der Flächen im Mittel bei mehr als 3 t/ha.
Diese Flächen sind stark erosionsgefährdet. Auf weiteren 36% der Flächen ist
die Bodenfurchtbarkeit langfristig durch Erosion gefährdet (Umweltbundesamt
2011a). Die Ablagerungen der Bodenteilchen an Hangsohlen oder in Gewässern
verursacht darüber hinaus weitere Schäden– z.B. durch die Eutrophierung sen-
sibler Ökosysteme aber auch durch die Verfrachtung von Panzenschutzmitteln
(Clay etal. 2001).
Humus ist der Überbegriff für die organischen Bodenbestandteile. Er beeinusst
die Bodenfunktionen in vielfältiger Weise– z.B. die Speicherung von Nährstoffen
und Wasser, die Stabilisierung des Bodengefüges sowie die Steuerung des Luft- und
Wasserhaushalts. Darüber hinaus bindet der Humus große Mengen an Kohlenstoff
im Boden, dessen Mineralisierung zu Treibhausgasen andernfalls zum Klimawan-
del beitragen würde (siehe auch Abschn.3.1.3). Global ist die Kohlenstoffspeicher-
kapazität des Bodens drei- bis viermal höher als die der Vegetationsdecke (Jering
etal. 2013). Da der Humusgehalt durch Faktoren wie Temperatur, Niederschlag,
Bodenart, pH-Wert und die Bewirtschaftung beeinusst wird, kann die jeweilige
Humusanreicherung nur im Vergleich mit den standorttypischen Gehalten bewertet
werden. Letztere schwanken zwischen <1% und >30%, wobei die Humusvorräte
unter Wald und Grünland generell höher sind als auf Äckern (Düwel etal. 2007).
Das Bodenschutzgesetz fordert den Erhalt standorttypischer Humusgehalte durch
eine ausreichende Zufuhr an organischer Substanz oder durch die Reduzierung der
Bearbeitungsintensität (BBodschG Stand 2017, §17, Abs.2, Ziff.7). In Bayern
wurde dennoch bei Acker- und Grünlandböden für den Zeitraum zwischen 1986
und 2007 eine Abnahme der mittleren organischen Kohlenstoffgehalte um etwa 3%
festgestellt (LfL– Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft 2010). Bundesweit
liegen entsprechende Daten bisher nicht vor.
Tab.3.1 gibt einen Überblick über die wichtigsten umweltpolitischen Zielsetzungen
und die jeweilige Zielerreichung in Bezug auf den Boden.
3.1 Zustand der Naturressourcen
26
3.1.2 Wirkungen der Landwirtschaft auf die biologische Vielfalt
Die biologische Vielfalt (oder Biodiversität) umfasst sowohl den Reichtum an Arten
und Lebensräumen als auch die genetische Variabilität wildlebender sowie domes-
tizierter Tier- und Panzenarten (BMUB 2007). Diese Vielfalt erbringt eine große
Zahl an ökosystemaren Leistungen, die für den Menschen grundlegend sind
(z.B.Erhalt der Bodenfruchtbarkeit, Bestäubung durch Insekten oder biologische
Schädlingsbekämpfung; TEEB DE 2012; Soliveres etal. 2016). Die landwirtschaft-
liche Produktion kann die biologische Vielfalt und deren Ökosystemleistungen so-
wohl positiv als auch negativ beeinussen (Tscharntke etal. 2005). Dabei wird die
Biodiversitätsänderung in der Agrarlandschaft im Wesentlichen durch zwei Ent-
wicklungen beeinusst: Intensivierung und übermäßige Extensivierung bzw. Auf-
gabe der landwirtschaftlichen Flächennutzung.
Von Intensivierung wird im Allgemeinen gesprochen, wenn der Einsatz der Pro-
duktionsfaktoren zunimmt. Dazu zählen z.B. vermehrter Eintrag von Dünge- und
Tab. 3.1 Zielsetzungen und Zielerreichung für die Ressource Boden
Zielsetzungen Zielerreichung
Immissionsbelastungen
Critical Loads für Blei, Quecksilber,
Cadmium, Eutrophierung, Versauerung;
keine Überschreitung der Critical Loads für
Eutrophierung und Versauerung bis 2020
Critical Loads für Blei, Quecksilber,
Eutrophierung und Versauerung
überschritten; kaum Überschreitungen
bei Cadmium
Grenzwerte für die Belastung von Klär-
schlamm und die Ausbringung von
Klärschlamm (Klärschlammverordnung,
Bioabfallverordnung)
Abnahme der Klärschlammmenge 1998
und 2009, Rückgang der Schwermetall-
gehalte, aber weiterhin der Nährstoffträ-
ger mit höchsten Schadstoffbelastungen
Tierarzneimittel– keine Zielsetzung Unklar, da kein Zielwert deniert
Uran in Phosphatdüngern– keine Zielsetzung Unklar, da kein Zielwert deniert
Bodenschadverdichtungen und mechanische Belastung
Allgemeine Formulierung im Bodenschutz-
gesetz
Kein Zielwert deniert
Erosion
Bewirtschaftung entsprechend der Einteilung
nach dem Grad der Wasser- und Windero-
sionsgefährdung (GLÖZ)
Keine entsprechende Bewirtschaftung
Allgemeine Formulierung im Bodenschutz-
gesetz
Unklar, da kein Zielwert deniert
Wissenschaft: 0,5t/ha und Jahr (Alexan-
drovskiy 2007; KBU 2008; Sauer etal. 2008)
Nein: 2t/ha und Jahr durch Wassererosion
Humuserhalt/-aufbau
Allgemeine Formulierung im Bodenschutz-
gesetz
Unklar, da kein Zielwert deniert
Verbot des Abbrennens von Stoppelfeldern,
Dauergrünlanderhalt, Anbaudiversizierung,
Zwischenfruchtanbau
Nein: vielfach Humusabbau zu
beobachten, Angaben zu Verstößen
3 Kurzdarstellung der Ausgangssituation: Umwelteffekte der Landwirtschaft
27
Panzenschutzmitteln, Einengung von Fruchtfolgen, steigender Einsatz von schwe-
ren Maschinen oder die Vergrößerung der Schläge durch die Beseitigung von natür-
lichen und halbnatürlichen Strukturelementen. Diese Zunahme bewirkt eine Verein-
heitlichung der Standortbedingungen. Der damit verbundene Verlust von geeigneten
Habitaten und die Fragmentierung der Lebensräume gehören zu den wesentlichen
Treibern des weltweiten Rückgangs der biologischen Vielfalt (Benton etal. 2003;
Petit etal. 2011; Leuschner etal. 2014; Richner etal. 2015; Tsiafouli etal. 2015). Als
Folge der seit Mitte des letzten Jahrhunderts wachsenden Schlaggröße (siehe auch
Abschn.3.2.2.2) hat sich beispielsweise der mittlere Flächenanteil der Ackerrand-
streifen halbiert (Leuschner etal. 2014). Dies führte zu einer starken Abnahme der
Diversität von Ackerwildkräutern (Petit etal. 2011). Entsprechend nahmen z.B. die
regionalen Artenpools der Ackerbegleitora in Mittel- und Norddeutschland durch-
schnittlich um 23 % ab (Meyer et al. 2015b) und etwa ein Drittel der typischen
Ackerwildkräuter Deutschlands sind gefährdet (Bundesamt für Naturschutz 2015a).
In Thüringen wurden 86% der Arten (Blütenpanzen, Laufkäfer, Brutvögel, Tag-
falter, Säugetiere, Amphibien, Kriechtiere) in naturnahen Randstrukturen nachge-
wiesen, in Ackerschlägen waren es dagegen nur 14% (Hoffmann und Kretschmer
2001). Die biologische Vielfalt der Ackerschläge wird auch dadurch negativ beein-
usst, dass mit der Flächenvergrößerung und durch einheitliche Gewannbewirtschaf-
tung in der Regel die Vielfalt angebauter Kulturen in der Landschaft abnimmt (Mohn
etal. 2003; Rodríguez und Wiegand 2009). Die fortschreitende Verarmung der Pan-
zenwelt in der Agrarlandschaft verändert die Nahrungsnetze mit direkten und indi-
rekten Auswirkungen auf Wildtiere. Als Beispiel sei die Verringerung des Nahrungs-
angebots (z. B. an Blüten, Samen) für Honig- und Wildbienen, Schmetterlinge,
andere Gliederfüßer und Wirbeltiere (z.B.Vögel) genannt. Dies beeinträchtigt u.a.
deren Fortpanzungserfolg und führt zu einem Rückgang der Bestände (Biesmeijer
etal. 2006; Potts etal. 2010; Hadley und Betts 2012; Shackelford etal. 2013; van
Swaay etal. 2013; Jahn etal. 2014). In intensiv genutzten Landschaften sind zudem
geeignete Nisthabitate (z.B. in Totholz, Heckenstrukturen) nur begrenzt verfügbar
und häug weit von Nahrungshabitaten entfernt (Hadley und Betts 2012). Die Di-
versität der Panzen und damit die Vielfalt des Blütenangebotes wird auch durch
einseitige Fruchtfolgeglieder reduziert (Kluser und Peduzzi 2007; Hadley und Betts
2012) oder ist zeitlich durch Massentrachten wie bei Raps stark begrenzt (Nicholls
und Altieri 2013). Durch frühe Erntetermine (z.B. bei Ganzpanzensilage) und enge
Bestände verlieren bodenbrütende Vogelarten die Nistmöglichkeit (Hart etal. 2006).
Die Eintönigkeit homogener und großächiger Bestände wirkt sich darüber hinaus
auch aus Sicht des Menschen negativ auf das Landschaftsbild aus (siehe hierzu
Abschn.3.1.4).
Der Einsatz von Panzenschutzmitteln hat erhebliche Auswirkungen auf die
biologische Vielfalt, denn viele Organismen werden dadurch entweder direkt
(durch toxische Einwirkung) oder indirekt (durch Reduktion von Nahrung und De-
ckung) beeinusst (Frische etal. 2016). So vergiften Herbizide beispielsweise ent-
sprechend ihres Wirkbereichs auch Nicht-Zielpanzen. Zudem begünstigt deren
einseitige Anwendung die Selektion von herbizidresistenten Unkrautpopulationen.
So sind in Deutschland unter anderem Resistenzen bei Acker-Fuchsschwanzgras
3.1 Zustand der Naturressourcen
28
(Alopecurus myosuroides) und dem Gemeinen Windhalm (Apera spica-venti) re-
gional bereits so stark ausgeprägt, dass erhebliche Bekämpfungsprobleme auftre-
ten (Petit etal. 2011; JKI 2015). Insektizide können für viele Insekten (Honig- und
Wildbienen, Schmetterlinge etc.), andere Gliederfüßer (Spinnen, Asseln etc.) und
Wirbeltiere (Amphibien) ähnlich toxisch sein wie für die Schadinsekten. Bei Am-
phibien haben Panzenschutzmittel Auswirkungen auf alle Entwicklungsstadien,
führen zu Verhaltens-, Geschlechts- und Wachstumsänderungen und erhöhen die
Sterberate (Schmidt 2007). Deshalb gilt der Einsatz von Panzenschutzmitteln
auch als eine wesentliche Ursache für den Rückgang der biologischen Vielfalt in
Agrarlandschaften (Schmidt 2007; Simon etal. 2010; Petit etal. 2011; Jahn etal.
2014; Nielsen etal. 2015). Eine negative Rückwirkung auf die Landwirtschaft ist,
dass der Verlust an natürlichen Feinden zu einer Verringerung der biologischen
Kontrolle von Schädlingen und Krankheitserregern führt (Simon etal. 2010; Niel-
sen etal. 2015).
Verstärkte Nährstoffzufuhr wird in zahlreichen Studien als wichtiger Grund für
den Verlust der Panzenvielfalt auf landwirtschaftlichen Flächen genannt (Kleijn
etal. 2009; Spiertz 2010; Gaujour etal. 2012; Krause etal. 2014; Meyer etal. 2015b).
Der erhöhte Einsatz von Düngemitteln führt zu einem starken Rückgang von jenen
Gruppen der Ackerbegleitora, die an nährstoffarme Bedingungen angepasst sind,
während Generalisten gefördert werden (Meyer etal. 2014). Durch Oberächenab-
uss, Versickerung oder über die Luft können Nährstoffe auch in Gewässer gelangen
und diese eutrophieren. Dies steigert unter anderem die Biomasseproduktion aquati-
scher Panzen und Algen mit der negativen Folge, dass die Zersetzung der absinken-
den toten organischen Substanz eine Sauerstoffzehrung bewirkt. Dies kann beispiels-
weise in Amphibienlaichgewässern zum Absterben der Eier und zum Erstickungstod
der Larven oder der im Wasser überwinternden geschlechtsreifen Tiere führen (Ba-
ker etal. 2013). Insgesamt hat die Intensivierung der Landwirtschaft zu drastischen
Bestandseinbrüchen bei Amphibien und Reptilien beigetragen. Durch die starke Bin-
dung dieser Tiergruppen an selten gewordene Habitate wie störungsfreie Zonen an
Gewässern oder an Felsen und Trockenhängen sind über 60% der heimischen Am-
phibien- und Reptilienarten gefährdet (Haupt etal. 2009).
Neben der Intensivierung ist die Nutzungsaufgabe in Gebieten mit ungünstigen
Produktionsbedingungen, eine wesentliche Ursache für den Verlust an biologischer
Vielfalt. Dieser Prozess ist durch die Abnahme des Einsatzes der Produktionsfakto-
ren gekennzeichnet und ndet in Deutschland insbesondere in Mittelgebirgslagen
statt. Landnutzungsformen, wie z. B. die Bewirtschaftung von Streuobstwiesen
oder die Aufrechterhaltung extensiver Beweidungssysteme, werden unrentabel und
in Folge unterliegen die aufgegebenen Flächen Sukzessionsprozessen, durch die
häug wichtige Offenlandlebensräume für viele Arten verlorengehen (Bundesamt
für Naturschutz 2014). Von der Nutzungsaufgabe sind besonders artenreiche
extensive Mager- und Trockenrasen sowie Heiden, Hutewälder und Streuobstwie-
sen betroffen, die nur durch angepasste Landbewirtschaftung erhalten werden kön-
nen (Bundesamt für Naturschutz 2014; Lomba etal. 2014). Das ist fatal, denn ein
bedeutender Teil der europäischen Flora und Fauna hängt von solchen Nutzungs-
formen ab (Kleijn etal. 2009).
3 Kurzdarstellung der Ausgangssituation: Umwelteffekte der Landwirtschaft
29
Um dem dramatischen Verlust der weltweiten Biodiversität zu begegnen, wurde
im Jahre 1992 das UN-Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention
on Biological Diversity, CBD) verabschiedet, das Deutschland 1993 ratiziert und
in der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt aufgegriffen hat (BMUB
2007). Das Ziel, den Biodiversitätsverlust bis 2010 zu stoppen, wurde allerdings
nicht erreicht. Der Zustand der biologischen Vielfalt soll durch bundesweite
Monitoring- Programme erfasst und bewertet werden (BMUB 2015a). Eine Reihe
von Indikatoren zum Erhalt der biologischen Vielfalt weist auf eine zum Teil deut-
lich negative Entwicklung hin (vgl. Tab.3.2; siehe auch die Erläuterungen zu den
Indikatoren für biologische Vielfalt im Anhang).
3.1.3 Wirkungen der Landwirtschaft auf das Klima
Die vom Menschen verursachten Änderungen des Klimas beruhen in erster Linie auf
der Freisetzung von Treibhausgasen. Hierzu zählen vorwiegend Kohlendioxid
(CO2), Methan (CH4), Lachgas (N2O) und halogenierte Kohlenwasserstoffe, die je-
weils ein unterschiedliches Treibhauspotenzial und eine unterschiedliche Verweil-
dauer in der Atmosphäre haben (IPCC 1996). So sind z.B. Methan und Lachgas
Tab. 3.2 Zielsetzungen und Zielerreichung bezüglich der Ressource Biologische Vielfalt.
(Zur Erläuterung der Zielwerte vergleiche Anhang)
Zielsetzungen Zielerreichung
Artenvielfalt und Landschaftsqualität: Index
(Maßzahl in %) über die bundesweiten
Bestandsgrößen von 59 repräsentativen
Vogelarten in sechs Hauptlebensraum- und
Landschaftstypen: 100% im Jahr 2015
Artenvielfalt und Landschaftsqualität:
63% (Stand: 2011), signikanter Trend
weg vom Zielwert (BMUB 2015a),
Teilindikator Agrarland 56%
(BMUB 2015a)
Gefährdete-Arten-Index: (Maßzahl in %)
Indikator bilanziert das Ausmaß der bundeswei-
ten Gefährdung ausgewählter Artengruppen,
Zielwert 15% im Jahr 2020
Gefährdete Arten: 23% Stand 2013
(BMUB 2015a)
Erhaltungszustand der FFH-Arten: Index
(Maßzahl in %) über die Bewertung des
Erhaltungszustandes der Arten der Anhänge II,
IV und V der FFH-Richtlinie in den biogeogra-
phischen Regionen in Deutschland, Zielwert
80% im Jahr 2020
Erhaltungszustand der FFH-Arten:
46% Stand 2013 (BMUB 2015a)
FFH-Lebensräume: Index (Maßzahl in %) über
die Bewertung des Erhaltungszustandes der
Lebensraumtypen des Anhangs I in den
biogeographischen Regionen in Deutschland,
Zielwert 80% im Jahr 2020
FFH-Lebensräume: 46% (Stand
2007–2012), insbesondere Erhal-
tungszustand landwirtschaftlich
geprägter Lebensraumtypen als
ungünstig bewertet (BMUB 2015a)
Anteil gefährdeter heimischer Nutztierrassen:
Prozentualer Anteil gefährdeter einheimischer
Nutztierrassen, Ziel: Ausmaß der Gefährdung
soll verringert werden
Anteil gefährdeter heimischer
Nutztierrassen: 2013 etwas mehr als
70% (BMUB 2015a)
3.1 Zustand der Naturressourcen
30
wesentlich klimawirksamer als Kohlendioxid. Die Konzentration der Treibhausgase
in der Atmosphäre nimmt seit Beginn der Industrialisierung beständig zu (IPCC
2014). Bis 2012 stiegen die globalen Land- und Ozean-Oberächentemperaturen im
Mittel um 0,85°C an (IPCC 2014), wobei die Klimaänderungen regional sehr unter-
schiedlich ausfallen (Umweltbundesamt 2014b). Die Landwirtschaft ist sowohl Ver-
ursacherin der Freisetzung von Treibhausgasen als auch Betroffene des Klimawan-
dels. Sie kann aber auch durch den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen oder
durch Bewirtschaftungsformen, welche die Speicherung von Kohlenstoff in Böden
und Vegetation fördern, einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. In Deutschland war
die Landwirtschaft nach den Verursachergruppen „Energie“ und „Industrieprozesse“
lange die drittgrößte Quelle von Treibhausgasen. Gemäß einem Bericht aus dem
Jahre 2014 hatte sie zu diesem Zeitpunkt allerdings die „Industrieprozesse“ bereits
überholt (Umweltbundesamt 2014b). Grund ist, dass die Reduzierung der Emissio-
nen in der Landwirtschaft geringer war als bei den anderen Quellgruppen.
Treibhausgase entstehen zum einen im vorgelagerten Bereich der Landwirt-
schaft, zum anderen bei der Tierhaltung durch die Fermentation während der
Verdauung, bei der Nutzung landwirtschaftlicher Böden und durch die Dünge-
wirtschaft (Umweltbundesamt 2014b). Im vorgelagerten Bereich der Landwirt-
schaft werden Treibhausgase erzeugt, die einem Äquivalent von etwa 45,3 Mio. t
CO2 entsprechen (Heißenhuber etal. 2015). Diese werden jedoch in der Klima-
berichterstattung nicht dem Sektor Landwirtschaft zugeordnet. Im Magendarm-
trakt von Wiederkäuern entsteht durch mikrobielle Gärung in erheblichen Men-
gen Methan. Durch die Nutzung landwirtschaftlicher Böden entsteht vor allem
Lachgas, wobei die Bewirtschaftung von Mooren die größte Treibhausgas-Ein-
zelquelle im Sektor Landwirtschaft ist (Drösler etal. 2011). Emissionen der Dün-
gewirtschaft sind die Folge der Lagerung und Ausbringung organischer Dünger.
Dabei werden vor allem die Treibhausgase Methan und Lachgas freigesetzt. Die
Quellgruppen Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft werden
bisher nicht dem Sektor Landwirtschaft zugerechnet, obgleich die Abnahme der
weltweiten Waldächen und der Verlust an Grünland in Deutschland wesentlich
durch die Flächennachfrage der Landwirtschaft bedingt werden. Die Freisetzung
von Treibhausgasen durch landwirtschaftliche Nutzung wird durch eine Vielzahl
von Faktoren beeinusst, die auch innerhalb eines Produktionsverfahrens sehr
unterschiedlich gestaltet werden können. Dies betrifft z.B. die Tierhaltung. In der
Milchviehhaltung sinken die Treibhausgas-Emissionen pro erzeugter Produktein-
heit, wenn hohe Milchmengen pro Tier erzielt werden, da die Anzahl der gehalte-
nen Tiere pro Produktionseinheit zurückgeht. Dieser Zusammenhang gilt jedoch
nur bis zu einer Milchleistung von ca. 11.000kg Milch/Jahr (Flachowsky und
Lebzien 2005) und unter der Voraussetzung, dass ausreichend Kälber für die
Fleischproduktion vorhanden sind und nicht durch die Haltung von Mutterkühen
produziert werden müssen (Zehetmeier etal. 2012).3 Eine umfassendere Darstellung
3 Allerdings sind Mutterkühe in der Lage, extensive Weidestandorte zu nutzen und stehen damit
zum einen nicht in Nahrungskonkurrenz mit dem Menschen und können zum anderen Leistungen
für die Biodiversität auf diesen Standorten erbringen (Heißenhuber etal. 2015, S.163).
3 Kurzdarstellung der Ausgangssituation: Umwelteffekte der Landwirtschaft
31
der Einüsse unterschiedlicher Produktionsmerkmale der Landwirtschaft auf die
Entstehung von Treibhausgasen ndet sich bei Schuler et al. (2015).
Die Bundesregierung hat sich im „Klimaschutzplan 2050“ (BMUB 2016) das
Ziel gesetzt, bis zur Mitte des Jahrhunderts den Ausstoß von Treibhausgasen um 80
bis 95% gegenüber 1990 zu reduzieren. Der Klimaschutzplan von 2016 legt erst-
mals auch Treibhausgasminderungsziele für die Landwirtschaft fest. Bisher exis-
tierten Vorgaben für das Management organischer Dünger (max. Einsatz von orga-
nischem Dünger 170kgN/ha, zeitnahe Einarbeitung), für den Erhalt von Grünland
und für den Schutz von Mooren (siehe Abschn.3.2.2), die ebenfalls Auswirkungen
auf den Klimaschutz haben.
3.1.4 Wirkungen der Landwirtschaft auf das Landschaftsbild
Im Bundesnaturschutzgesetz wird Landschaft neben der Natur als Schutzgut ge-
nannt. Sie ist „so zu schützen, dass […] Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der
Erholungswert von Natur und Landschaft auf Dauer gesichert sind“ (BNatschG
2009, §1, Abs.1). Das ‚Landschaftsbild‘ wird nicht explizit genannt, sondern durch
die Merkmale Vielfalt, Eigenart und Schönheit umschrieben. Insbesondere Schön-
heit kann jedoch nur subjektiv bewertet werden (Trepl 2012). Da sie aber gewöhn-
lich das Ergebnis von „Vielfalt und Eigenart des Naturraums“ ist (Ratzbor 2011),
werden Landschaften im Allgemeinen umso positiver bewertet, „je mehr (visuell)
deutlich unterscheidbare Elemente“ bzw. für die Landschaft typische Strukturen
vorhanden sind (Nohl 1993). Abwechslungsreiche Landschaften mit einem ausge-
wogenen Verhältnis von Wald und Offenland steigern die Erholungs- und Erlebnis-
qualität (Bundesamt für Naturschutz 2014). Dabei wird dem Grünland meist ein
besonders hoher ästhetischer Wert zugeordnet und dessen Bedeutung als Erho-
lungsraum betont (Osterburg etal. 2009).
Die Landwirtschaft hat über Jahrhunderte dazu beigetragen, dass in Europa und
Deutschland vielfältige Landschaften entstanden, die durch einen Wechsel an Forst-,
Grünland-, Acker- und Dauerkulturächen, durch das Vorkommen von natürlichen
und halbnatürlichen Habitaten sowie durch standorttypische Ausprägungen der Nut-
zungsformen (z. B. Fruchtfolgen, extensiven Weideächen) gekennzeichnet sind.
Zunehmende Intensivierung auf der einen und vermehrte Nutzungsaufgabe auf der
anderen Seite gefährden mittlerweile viele prägende Elemente des Landschaftsbil-
des. Das ist auch deswegen besonders kritisch, weil ein enger Zusammenhang zwi-
schen dem Erhalt des Landschaftsbildes und dem Schutz der biologischen Vielfalt
besteht, denn viele Strukturen und Elemente haben auch einen positiven Einuss auf
die Verfügbarkeit von Habitaten.
Die Ziele für den Erhalt der Vielfalt, Eigenheit und Schönheit der Land-
schaft sind meist qualitativ formuliert. So sieht die Nationale Biodiversitätsstrate-
gie vor, „regionaltypische[n] Bewirtschaftungsformen“, die zur Erhaltung und
Entwicklung von Kulturlandschaften und ihren Elementen beitragen, zu fördern
und das Landschaftsbild vor Beeinträchtigungen zu schützen (BMUB 2007, S.41).
3.1 Zustand der Naturressourcen
32
Messbare Ziele in Bezug auf das Landschaftsbild wurden jedoch nicht etabliert.
Folgende Indikatoren können dennoch für die Beschreibung und teilweise Quanti-
zierung des Einusses der Landwirtschaft auf das Landschaftsbild herangezogen
werden:
Erhalt traditioneller, naturverträglicher Nutzungsformen (als Ziel in der Biodi-
versitätsstrategie formuliert) (Deimer 2005):
Traditionelle Nutzungsformen, z.B.Streuobstwiesen, extensives Grünland
High-Nature-Value: Anteil von Flächen mit hohem Naturschutzwert an der
Landwirtschaftsäche, Zielwert 19% im Jahr 2015
Erhalt und Pege der Kulturlandschaft (Deimer 2005), abwechslungsreiche
Landschaft (Bundesamt für Naturschutz 2014):
Erhalt von Grünland
Aufrechterhaltung der Bewirtschaftung auf Grenzertragsstandorten
Vermeidung von Sukzession als Ausdehnung der Waldäche
Vielfältige Fruchtfolgen (Heißenhuber etal. 2004; Deimer 2005; Heißenhuber
etal. 2015)
Prägung durch kleinräumige, natürliche und naturnahe Biotope (Deimer 2005):
High-Nature-Value: s.o.
Erhalt von Landschaftselementen (Heißenhuber etal. 2004)
Vielfalt
Schlaggröße
Vielfältige Fruchtfolge
Ökologische Vorrangäche
Die genannten Indikatoren werden in Abschn.6.5 ausführlicher dargestellt.
3.1.5 Wirkungen der Landwirtschaft auf die Ressource Luft
Die Luftqualität wird durch die Konzentration einzelner Gase und durch Aerosole
beeinusst. Zu den wichtigsten Luftschadstoffen zählen Ammoniak, Benzol, Blei,
Feinstaub, Kohlenmonoxid, Ozon, Schwefeldioxide und Stickoxide (Umweltbun-
desamt 2016). Luftschadstoffe können Menschen, Panzen und Tiere sowohl direkt
negativ beeinussen, als auch die abiotischen Schutzgüter z.B. über die Ablagerung
von Schwermetallen nachteilig verändern. Sie wirken durch Änderungen der Zu-
sammensetzung des Gasgemisches, durch feste Bestandteile in der Luft und durch
Geruchsbelästigungen.
Luftschadstoffe entstehen in der Landwirtschaft– wie bereits erwähnt– durch
Tierhaltung, Düngung, Ausbringung von Panzenschutzmitteln und Bodenbear-
beitung. Dabei trägt die intensive Tierhaltung zunehmend zur Entstehung von
3 Kurzdarstellung der Ausgangssituation: Umwelteffekte der Landwirtschaft
33
Ammoniak (Schießl etal. 2015), Feinstaub und Geruchsbelästigungen bei (Um-
weltbundesamt 2011a). Die Landwirtschaft ist jedoch nicht nur Erzeugerin von
Luftschadstoffen, sie ist auch von deren schädigenden Wirkungen negativ betrof-
fen. Als Beispiel seien die Effekte von Schwefel- und Stickoxiden sowie von
Ammoniak genannt. Schwefel- und Stickoxide wirken versauernd (Baumgarten
2006) und beeinträchtigen so die Bodenfunktionen. Sie können sich durch indi-
rekte Düngewirkungen jedoch auch positiv auf das Panzenwachstum auswirken.
Stickoxide tragen darüber hinaus zur bodennahen Ozonbildung bei. Sie werden
aus landwirtschaftlichen Böden freigesetzt (etwa 17% der Stickoxidbelastungen
der Luft), wobei bei gedüngten Böden höhere Freisetzungsraten gemessen wer-
den. Auch Ammoniak wirkt versauernd und eutrophierend. Es beeinusst so
ebenfalls Bodenfunktionen, Biodiversität sowie Wasserqualität und trägt zur Ent-
stehung von Treibhausgasen bei. Außerdem bildet Ammoniak durch die Reaktion
mit anderen Gasen gesundheitsschädlichem Feinstaub in der Atmosphäre. Ammo-
niak kann beim Menschen neben Reizungen der Augen und Schleimhäute auch
Asthma, Husten und Atemnot hervorrufen. Zusätzlich kann es Schäden an Pan-
zen verursachen (LfU– Bayrisches Landesamt für Umwelt 2004).
Die NEC-Richtlinie (Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen) der
EU sieht eine Senkung des gemittelten Ausstoßes von Schwefeldioxid, Ammo-
niak, NMVOC und Stickstoffoxiden bis 2010 gegenüber 1999 um 70% vor. Dies
entspricht z.B. einer Begrenzung der Ammoniak-Emissionen auf max. 550kt/
Jahr bis 2010 (NEC-RL). Dieser Wert konnte nicht erreicht werden. Nach dem
fortgeschriebenen Multikomponenten-Protokoll sind die Ammoniak-Emissionen
bis 2020 gegenüber 2005 um 5% zu senken und die Stickstoffoxid-Emissionen
um 39%. Ein Vorschlag der EU-Kommission zur Fortentwicklung der NEC-Richt-
linie sieht eine weitere Reduzierung der Ammoniak-Emissionen um 39% bis
2030 im Vergleich zu 2005 vor. Tab.3.3 fasst bezüglich der Luft die Ziele und
deren Erreichung zusammen.
Tab. 3.3 Zielsetzungen und Zielerreichung bezüglich der Ressource Luft
Zielsetzung Zielerreichung
NEC-Richtlinie: Grenzwerte für die
Emissionen von Schwefeldioxid,
Ammoniak, NMVOC und Stickstoff-
oxiden
Nein: Grenzwerte von drei der vier geregelten
Luftschadstoffe werden nicht eingehalten
Ammoniak: Begrenzung der
Ammoniak- Emissionen auf max.
550kt/Jahr bis 2010 (NEC-RL)
Nein: 2013: 671kt Ammoniak-Emissionen
(Umweltbundesamt 2013b)
keine Reduktion seit 1994
Ammoniak: Senkung des gemittelten
Ausstoßes von Schwefeldioxid,
Ammoniak, NMVOC und Stickstoff-
oxiden bis 2010 gegenüber 1999 um
70% (Umweltbundesamt 2015a. S.60)
Nein: bis 2013 sanken die gemittelten
Emissionen von Schwefeldioxid, Ammoniak,
NMVOC und Stickstoffoxiden (Umweltbun-
desamt 2015a. S.60) um 42,5%; 2015:
1186kt Stickoxid-Emissionen (Umweltbun-
desamt 2016)
3.1 Zustand der Naturressourcen
34
3.1.6 Wirkungen der Landwirtschaft auf die Ressource Wasser
Der Gewässerschutz wird auf europäischer Ebene u.a. durch die Wasserrahmen-
richtlinie (WRRL), die Grundwasserrichtlinie, die Nitratrichtlinie und die Meeres-
strategie-Rahmenrichtlinie geregelt. Die Wasserrahmenrichtlinie sieht vor, bis
2015 für alle Gewässer einen guten Zustand zu erreichen. Die Meeresstrategie-
Rahmenrichtlinie zielt darauf, bis 2020 die Meeresgewässer in einen guten Um-
weltzustand zu versetzen bzw. diesen zu erhalten. Auf nationaler Ebene werden die
Wasserrahmenrichtlinie und die Meeresstrategie- Rahmenrichtlinie durch das Was-
serhaushaltsgesetz umgesetzt. Die Grundwasserverordnung dient der Umsetzung
der Grundwasserrichtlinie in nationales Recht und die Düngeverordnung der Um-
setzung der Nitratrichtlinie. Die Richtlinien und Verordnungen zielen auf eine Ver-
besserung– oder mindestens auf die Vermeidung einer Verschlechterung– der Was-
serqualität im Grundwasser, in Flüssen, Seen und Meeren.
Die Landwirtschaft beeinusst das Wasser durch Entnahmen für die Bewässe-
rung zum einen quantitativ, zum anderen qualitativ durch den Eintrag von
Schwemm- und Schadstoffen. Auch Landnutzungsänderungen (z.B. die Umwand-
lung von Wald und Grünland in Acker) haben einen Einuss auf den Wasserhaus-
halt. Dadurch verändern sich Grundwasserneubildung und Retentionsraum (Oster-
burg etal. 2009; Bundesamt für Naturschutz 2014), gleichzeitig wird die Belastung
von Grund4- und Oberächenwasser5 durch zunehmende Einträge erhöht. Darüber
hinaus können Bodenverdichtungen durch den Einsatz schwerer Maschinen die
Erosion erhöhen, die Versickerungsrate verringern und den Oberächenabuss ver-
stärken. Und schließlich kann ein durch Bodenbearbeitung bedingter Humusabbau
das Wasserhaltevermögen reduzieren.
Die heimische Landwirtschaft hat durch den Eintrag von schädlichen Stoffen oder
über Depositionen einen direkten Einuss auf die Qualität der Oberächengewässer
und des Grundwassers. Dabei wird das Grundwasser meist durch diffuse Einträge
belastet. Dazu gehören z.B.Nitratauswaschungen. Aber auch Schadstoffe wie Pan-
zenschutzmittel, Schwermetalle (z.B.Uran) und Arzneimittel sind im Grundwasser
zu nden (Abschn.3.2.1). Oberächengewässer werden hingegen auch durch punktu-
elle Einträge belastet. Hinsichtlich des Schutzes und des Erhalts eines guten chemi-
schen Zustandes des Wassers gibt es Grenzwerte für Nitrat und Panzenschutzmittel.6
4 Nur bei 7% der Grundwassermessstellen im Umfeld von Grünland wurden hohe Nitratbelastun-
gen nachgewiesen (Umweltbundesamt 2010c, S.19), Messstellen im Einzugsbereich von Acker-
nutzung zeigen signikant höhere Nitratbelastungen des Grundwassers (Umweltbundesamt 2010b,
S.13).
5 Höhere Erosionsraten auf Acker- als auf Grünlandächen.
6 Richtlinie 91/676/EWG des Rates vom 12. Dezember 1991 zum Schutz der Gewässer vor Ver-
unreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen; Richtlinie 2000/60/EG des Europä-
ischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für
Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik; Richtlinie 2006/118/EG des Euro-
päischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Schutz des Grundwassers vor
Verschmutzung und Verschlechterung.
3 Kurzdarstellung der Ausgangssituation: Umwelteffekte der Landwirtschaft
35
Diese werden jedoch in einigen Regionen– bei Nitrat insbesondere in Landstrichen
mit hoher Viehdichte– nicht eingehalten. Die EU- Kommission hat im April 2016
wegen Nicht-Einhaltung der Nitratrichtlinie Klage vor dem europäischen Gerichtshof
gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht.7
Obwohl die Landwirtschaft weltweit die größte Nutzerin von Wasser ist, spielt
sie in Europa und Deutschland bei der Wasserentnahme quantitativ nur eine geringe
Rolle (Umweltbundesamt 2011b). Durch den Import von Lebens- und Futtermitteln
kann Deutschland jedoch in den Erzeugerländern zu einer (zum Teil übermäßigen)
Nutzung von Wasser beitragen (Heißenhuber und Krämer 2013). Eine Übersicht
über wasserbezogene Zielsetzungen und die Zielerreichung ndet sich in Tab.3.4.
7 Europäische Kommission: Nitratbelastung in Gewässern: EU-Kommission verklagt Deutschland,
abrufbar unter: https://ec.europa.eu/germany/news/nitratbelastung-gew%C3%A4ssern-eu-kom-
mission-verklagt-deutschland_de. Zugegriffen am 18.05.2017.
Tab. 3.4 Zielsetzungen und Zielerreichung bezüglich der Ressource Wasser
Zielsetzung Zielerreichung
Guter ökologischer Zustand der
Oberächengewässer (WRRL): geringe
anthropogene Abweichungen, d.h.
geringe Abweichungen von den Werten,
die sich normalerweise bei Abwesenheit
störender Einüsse einstellen würden
Sehr guter und guter Zustand bei ca. 14% der
Fließgewässer und 39% der Seen (Umwelt-
bundesamt 2010c)
Guter chemischer Zustand der
Oberächengewässer (WRRL)
Fließgewässer: guter chemischer Zustand bei
88% der Wasserkörper 2010 erreicht; bei
Anwendung der Umweltqualitätsnormricht-
linie ab 2018 werden voraussichtlich 100%
der Wasserkörper das Ziel „guter chemischer
Zustand“ verfehlen
Seen: guter chemischer Zustand bei 92% der
Wasserkörper 2010 erreicht; einzelne Über-
schreitungen der Grenzwerte bei Schwermetal-
len, Panzenschutzmitteln und Polyzyklischen
Aromatischen Kohlenwasserstoffen; bei
Anwendung der Umweltqualitätsnormrichtlinie
ab 2018 werden voraussichtlich 100% der
Wasserkörper das Ziel „guter chemischer
Zustand“ verfehlen (Umweltbundesamt 2010c)
Guter mengenmäßiger Zustand des
Grundwassers (WRRL)
Kaum Wassermengenprobleme, 2010 wiesen
nur 4% der Grundwasserkörper keinen guten
mengenmäßigen Zustand auf (Umweltbundes-
amt 2010c)
Guter chemischer Zustand des
Grundwassers (WRRL)– siehe
Stickstoff und Panzenschutzmittel
37% der Grundwasserkörper in einem
schlechten chemischen Zustand (2010); 27%
der Grundwasserkörper übersteigen die
Qualitätsnorm für Nitrat, 4% der Grundwasser-
körper übersteigen die Qualitätsnorm für
Panzenschutzmittel (Umweltbundesamt 2010c)
(Fortsetzung)
3.1 Zustand der Naturressourcen
36
Tab. 3.4 (Fortsetzung)
Zielsetzung Zielerreichung
Gesamt-Umweltzustand der deutschen
Meeresgewässer gemäß Meeresstrate-
gierahmenrichtlinie
Der zusammenfassende Umweltzustand für
Nord- und Ostsee wird 2012 mit „nicht gut“
bewertet, dabei spielt die Landwirtschaft
insbesondere beim Kriterium „Anreicherung
mit Nährstoffen und organischem Material“
eine entscheidende Rolle, welches ebenfalls
mit „nicht gut“ bewertet wird (Umweltbundes-
amt 2010c)
Stickstoff: max. 50mg N/l Trinkwasser
(Nitratrichtlinie)
2010: zu hohe Nitratkonzentrationen bei
14% der Messstellen, starke regionale
Unterschiede
Zunahme der Nitratkonzentrationen an 40%
der Messstellen zwischen 2004/2006 und
2008/2010
Klage der Europäischen Kommission gegen
Deutschland wegen Nicht-Einhaltung der
Nitratrichtlinie
• Phosphor Abnahme der Konzentrationen an den
Messstellen
Panzenschutzmittel: 0,1μg/ l
Trinkwasser für einzelne Stoffe;
0,5μg/l für mehrere Stoffe
Vereinzelte Überschreitungen bei 13
Pestiziden (2008–2010), bei 24 Pestiziden
keine Überschreitungen (Umweltbundesamt
2012a)
Überschreitungen an 4,7% der Messstellen
(2006–2008) (Umweltbundesamt 2010c)
• Schwermetalle:
Kein Zielwert für Belastung der
Gewässer deniert
Grenzwerte für die Belastung des
Klärschlamms mit Schwermetallen
und anderen Stoffen
Grenzwerte für die Ausbringung
von Klärschlamm
Uran: in oberächennahen Grundwässern unter
Acker 2-fach höhere Konzentration als unter
Wald (<10μg Uran/l) (Utermann etal. 2009);
keine denierten Ziele
Arzneimittel: kein Zielwert deniert Rückstände nahezu ganzjährig und ächende-
ckend in Fließgewässern zu nden
150 Wirkstoffe in Umwelt (meist Gewässern)
• Antibiotika-Monitoring:
ab bestimmter Bestandsgröße Meldungen
von Angaben zum Antibiotikaeinsatz
Betriebe, die mehr Arzneimittel anwenden
als Vergleichsbetriebe, müssen Maßnah-
men ergreifen, um diesen Einsatz zu
reduzieren
Arzneimittel dürfen nur zur Behandlung
kranker Tiere eingesetzt werden
Antibiotika dürfen nur von einem Tierarzt
oder einer Apotheke auf Verschreibung
abgegeben werden; nachgewiesen in
Konzentrationen von 0,1 bis 1μg/l
(Umweltbundesamt 2014a)
3 Kurzdarstellung der Ausgangssituation: Umwelteffekte der Landwirtschaft
37
3.1.7 Zusammenfassung
Ein guter Zustand der schützenswerten Naturressourcen wurde bisher viel-
fach nicht erreicht. Auch die in verschiedenen Gesetzen, Richtlinien und Strate-
gien denierten Zielwerte werden häug verfehlt. Der Anteil der Landwirtschaft
an der negativen Beeinussung der Ressourcen ist dabei oft groß und hat in der
Vergangenheit weiter zugenommen, während in vielen anderen Bereichen größere
Erfolge bei der Reduzierung von Belastungen erreicht werden konnten (Heißenhu-
ber etal. 2015).
Festzuhalten ist, dass sich bestimmte landwirtschaftliche Wirkfaktoren gleich-
zeitig auf mehrere Ressourcen auswirken, wobei diese Faktoren im Wesentlichen
zwei Mechanismen zugeordnet werden können: stofiche Einträge und Flächen-
nutzung (siehe Tab.3.5 für eine Übersicht).8
3.2 Landwirtschaftliche Wirkfaktoren
In diesem Abschnitt wird der in Abschn.3.1 behandelte Zustand der Naturressourcen
den beiden landwirtschaftlich Wirkfaktoren „Stofiche Einträge“ und „Flächen-
nutzung“ zugeordnet. Der Fokus liegt auf der Beeinussung des Bodens, der biolo-
gischen Vielfalt, des Klimas, des Landschaftsbilds, der Luft und des Wassers. Weiter-
hin werden die für diese Naturressourcen denierten Zielsetzungen behandelt.
3.2.1 Stofiche Einträge
Stofiche Einträge gelangen zum einen direkt durch den Einsatz landwirtschaftlicher
Produktionsmittel in die Umwelt, zum anderen können sie auch die indirekte Folge
bestimmter Formen der landwirtschaftlichen Flächennutzung sein (z.B.Stickstoff-
freisetzung bei Grünlandumwandlung). Hier fokussieren wir auf die Einträge von
Stickstoff, Phosphat, Panzenschutzmitteln, Kupfer und Arzneimitteln. Zusätzlich
8 Nicht aufgeführt sind dabei Wirkfaktoren, die insbesondere der Tierhaltung zuzuordnen sind.
Dies betrifft bspw. den Viehbesatz pro Hektar, die Formen der Düngerwirtschaft, technische Ver-
fahren der Tierhaltung (z.B.Stalltechnik), die Art der eingesetzten Futtermittel und deren Erzeu-
gung sowie die mit der Tierhaltung verbundenen extensiven Nutzungsverfahren. Dabei wird der
Viehbesatz implizit dem Punkt „stofiche Einträge von Stickstoff und Phosphor“ zugerechnet, die
Erzeugung von Futter erscheint auch unter dem Punkt „Fruchtfolgegestaltung“ und extensive Tier-
haltungsverfahren unter dem Punkte „Aufgabe traditioneller, extensiver Nutzungsformen“. Nicht
weiter eingegangen wird jedoch auf die Verfahren der Düngewirtschaft (Festmist, Gülle, Jauche),
wobei diese über die Entstehung von Treibhausgasen oder die Zufuhr von organischer Substanz in
den Boden durchaus Wirkungen auf die genannten Ressourcen haben kann. Auch technische As-
pekte des Stallbaus nden keine Berücksichtigung, diese können jedoch auf die Luftqualität und
die Emission von Treibhausgasen wirken.
3.2 Landwirtschaftliche Wirkfaktoren
38
Tab. 3.5 Zielsetzungen und Zielerreichung bezüglich der Naturressourcen
Natur-res-
source Bereich Zielsetzung Zielerreichung Status
Boden Belastungen
durch
stofiche
Einträge
Critical Loads für Blei, Quecksilber, Cadmium,
Eutrophierung, Versauerung: keine
Überschreitung der Critical Loads für
Eutrophierung und Versauerung bis 2020
Critical Loads für Blei, Quecksilber, Eutrophierung
und Versauerung überschritten;
Ziel nicht erreicht
Kaum Überschreitungen der Critical Loads bei
Cadmium
Auf dem richtigen
Weg
Grenzwerte für die Belastung von Klärschlamm
und die Ausbringung von Klärschlamm
(Klärschlammverordnung, Bioabfallverordnung)
Ja: Abnahme der Klärschlammmenge 1998 und
2009, Rückgang der Schwermetallgehalte, aber
weiterhin der Nährstoffträger mit höchsten
Schadstoffbelastungen
Auf dem richtigen
Weg
Boden(schad)
verdichtung
und
mechanische
Belastung
Allgemeine Formulierung im Bodenschutzgesetz Kein Zielwert deniert Kein Zielwert
vorhanden
Erosion Bewirtschaftung entsprechend der Einteilung
nach dem Grad der Wasser- und
Erosionsgefährdung (GLÖZ)
Keine entsprechende Bewirtschaftung Kein Zielwert
vorhanden
Allgemeine Formulierung im Bodenschutzgesetz Kein Zielwert deniert Kein Zielwert
vorhanden
Wissenschaft: 0,5t/ha und Jahr Nein: 2t/ha und Jahr durch Wassererosion Ziel nicht erreicht
Humuserhalt/-
aufbau
Allg. Formulierung im Bodenschutzgesetz Kein Zielwert deniert Kein Zielwert
vorhanden
Verbot des Abbrennens von Stoppelfeldern,
Dauergrünlanderhalt, Anbaudiversizierung,
Zwischenfruchtanbau
Nein: vielfach Humusabbau zu beobachten;
Angaben zu Verstößen
Ziel nicht erreicht
3 Kurzdarstellung der Ausgangssituation: Umwelteffekte der Landwirtschaft
39
Biologi-
sche
Vielfalt
Artenvielfalt
und Land-
schaftsqualität
Index (Maßzahl in %) über die bundesweiten
Bestandsgrößen von 59 repräsentativen
Vogelarten in sechs Hauptlebensraum- und
Landschaftstypen: 100% im Jahr 2015
63% Stand 2011, signikanter Trend weg vom
Zielwert (BMUB 2015a)
Ziel nicht erreicht
Teilindikator Agrarland 56% (BMUB 2015a) Ziel nicht erreicht
Gefährdete-
Arten-Index
Indikator (Maßzahl in %) bilanziert das Ausmaß
der bundesweiten Gefährdung ausgewählter
Artengruppen, Zielwert 15% im Jahr 2020
23% Stand 2013 (BMUB 2015a) Ziel nicht erreicht
Erhaltungszu-
stand der
FFH-Arten
Index (Maßzahl in %) über die Bewertung des
Erhaltungszustandes der Arten der Anhänge II,
IV und V der FFH-Richtlinie in den
biogeographischen Regionen in Deutschland,
Zielwert 80% im Jahr 2020
46% Stand 2013 (BMUB 2015a) Ziel nicht erreicht
FFH-Lebens-
räume
Index (Maßzahl in %) über die Bewertung des
Erhaltungszustandes der Lebensraumtypen des
Anhangs I in den biogeographischen Regionen in
Deutschland, Zielwert 80% im Jahr 2020
FFH-Lebensräume: 46% (Stand 2007–2012),
insbesondere Erhaltungszustand landwirtschaftlich
geprägter Lebensraumtypen als ungünstig bewertet
(BMUB 2015a)
Ziel nicht erreicht
Anteil
gefährdeter
heimischer
Nutztierrassen
Prozentualer Anteil gefährdeter einheimischer
Nutztierrassen, Ziel Ausmaß der Gefährdung soll
verringert werden
2013 etwas mehr als 70% (BMUB 2015a) Ziel nicht erreicht
(Fortsetzung)
3.2 Landwirtschaftliche Wirkfaktoren
40 3 Kurzdarstellung der Ausgangssituation: Umwelteffekte der Landwirtschaft
Klima Treibhausgase Senkung der Treibhausgase aus der
Landwirtschaft um 31–34% bis 2030
Senkung der Treibhausgasemissionen aus dem
Sektor Landwirtschaft 2014 um 18% gegenüber
1990 (Klimaschutzplan 2016, S.63)
Kein Zielwert
vorhanden
Land-
schafts-
bild
Landschafts-
bild
Erhalt der Vielfalt, Eigenheit und Schönheit der
Landschaft
Keine messbaren Zielsetzungen Kein Zielwert
vorhanden
Luft Schadstoffe NEC-Richtlinie: Grenzwerte für die Emissionen
von Schwefeldioxid, Ammoniak, NMVOC und
Stickstoffoxide
Nein: Grenzwerte von drei der vier geregelten
Luftschadstoffe werden nicht eingehalten
Ziel nicht erreicht
Begrenzung der Ammoniak-Emissionen auf max.
550kt/Jahr bis 2010 (NEC-RL),
Nein: 2013– 671kt Ammoniak-Emissionen
(Umweltbundesamt 2013b), keine Reduktion seit
1994
Ziel nicht erreicht
Senkung des gemittelten Ausstoßes von
Schwefeldioxid, Ammoniak, NMVOC und
Stickstoffoxide bis 2010 gegenüber 1999 um
70% (Umweltbundesamt 2015a, S.60)
Nein: bis 2013 sanken die gemittelten Emissionen
von Schwefeldioxid, Ammoniak, NMVOC und
Stickstoffoxide (Umweltbundesamt 2015a, S.60)
um 42,5%; 2015: 1186kt Stickoxid-Emissionen
(Umweltbundesamt 2016)
Ziel nicht erreicht
Tab. 3.5 (Fortsetzung)
Natur-res-
source Bereich Zielsetzung Zielerreichung Status
41
Wasser Stickstoff Stickstoff: max. 50mg N/l Trinkwasser
(Nitratrichtlinie)
2010: zu hohe Nitratkonzentrationen bei 14% der
Messstellen, starke regionale Unterschiede
Ziel nicht erreicht
Zunahme der Nitratkonzentrationen an 40% der
Messstellen zwischen 2004/2006 und 2008/2010
Ziel nicht erreicht
Klage der Europäischen Kommission gegen Deutschland
wegen Nicht-Einhaltung der Nitratrichtlinie
Ziel nicht erreicht
Phosphor Phosphor Abnahme der Konzentrationen an den Messstellen auf dem richtigen Weg
Panzen-
schutzmittel
Panzenschutzmittel: 0,1mg/ l Trinkwasser für
einzelne Stoffe, 0,5mg/l für mehrere Stoffe
Vereinzelte Überschreitungen bei 13 Pestiziden
(2008–2010), bei 24 Pestiziden keine
Überschreitungen (Umweltbundesamt 2012a)
Auf dem richtigen
Weg
Überschreitungen an 4,7% der Messstellen
(2006–2008) (Umweltbundesamt 2010c)
Ziel nicht erreicht
Schwer-
metalle
Kein Zielwert für Belastung der Gewässer deniert Kein Zielwert deniert Kein Zielwert vorhanden
Grenzwerte für die Belastung des Klärschlamms mit
Schwermetallen und anderen Stoffen
Unklar
Grenzwerte für die Ausbringung von Klärschlamm Unklar
Uran Uran: in oberächennahen Grundwässern unter
Acker 2-fach höhere Konzentration als unter Wald
(<10mg Uran/l) (Utermann etal. 2009)
Keine denierten Ziele Kein Zielwert
vorhanden
Arzneimittel Rückstände nahezu ganzjährig und
ächendeckend in Fließgewässern zu nden; 150
Wirkstoffe in Umwelt (meist Gewässern)
Kein Zielwert deniert Kein Zielwert
vorhanden
Antibiotika-Monitoring: Ab bestimmter Bestandsgröße Meldungen von
Angaben zum Antibiotikaeinsatz
Unklar
Betriebe, die mehr Arzneimittel anwenden als
Vergleichsbetriebe, müssen Maßnahmen
ergreifen, um diesen Einsatz zu reduzieren
Unklar
Arzneimittel dürfen nur zur Behandlung kranker
Tiere eingesetzt werden
unklar
Antibiotika dürfen nur von einem Tierarzt oder einer
Apotheke auf Verschreibung abgegeben werden
Nachgewiesen in Konzentrationen von 0,1 bis
1μg/l (Umweltbundesamt 2014a)
unklar
3.2 Landwirtschaftliche Wirkfaktoren
42
werden Schwermetalle betrachtet, die nicht gezielt ausgebracht werden, sondern die
als „Verunreinigungen“ (z.B. von Dünge- und Panzenschutzmitteln) in die Umwelt
gelangen. Über die reinen Mengen hinaus spielen Ausbringungs- und Einarbeitungs-
zeitpunkte, die Art der Ausbringungstechnik, die Gestaltung von Fruchtfolgen, die
Einhaltung von Bearbeitungsabständen zu Gewässern und die Durchführung von hu-
musaufbauenden Maßnahmen eine wichtige Rolle (Heißenhuber und Krämer 2013).
3.2.1.1 Stickstoffverbindungen
Stickstoffverbindungen aus der Landwirtschaft werden durch mineralische und or-
ganische Düngemittel eingetragen, können aber auch durch den Umbruch von
Grünland und den Abbau von Humus freigesetzt werden. Bei organischen Dünge-
mitteln hat darüber hinaus die Art der Lagerung, Ausbringung und Einarbeitung
einen Einuss auf die Entstehung von Stickstoffverbindungen. Die deutsche Nach-
haltigkeits- und die deutsche Biodiversitätsstrategie (BMUB 2007; Statistisches
Bundesamt 2014) formulierten für die jährliche Stickstoffbilanz einen Zielwert von
80kg N/ha, der bis 2010 erreicht werden sollte, was jedoch nicht gelang (siehe
Tab.3.6). Allerdings gibt es starke regionale Unterschiede. In der jüngsten Vergan-
genheit haben– neben der Tierhaltung– die Förderung der nachwachsenden Roh-
stoffe durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz, der Güllebonus und die fehlende
Berücksichtigung der Gärreste in der Düngebilanz zu erhöhten Werten in der Stick-
stoffbilanz geführt (Taube 2016). Die Ausbringung von Stickstoff durch Düngung
ist in der Düngeverordnung geregelt. Sie schreibt beispielsweise für jeden Landwirt,
der mehr als 10ha bewirtschaftet, die Erstellung einer Nährstoffbilanz (Feld-Stall)
vor und beschränkt die Ausbringung von organischen Düngemitteln auf max.
170kgN/ha und Jahr. Entsprechend der regionalen Verteilung der genutzten Groß-
vieheinheiten ist das Aufkommen an tierischem Wirtschaftsdünger– vor allem mit
hohen Konzentrationen von über 170kgN/ha– in Gebieten mit intensiver Tierhal-
tung besonders hoch (z.B.Westniedersachsen, nördliches Nordrhein-Westfalen).
Weitere Konzentrationsgebiete liegen im Allgäu und im Alpenvorland (BLAG
2012). Der Stickstoffüberschuss nach Flächenbilanz darf einen gesetzlichen
Höchstwert nicht überschreiten. Dieser Wert konnte seit 2007 schrittweise von 90
auf 60kg/ha gesenkt werden (Umweltbundesamt 2015a, S.85).9
Auch Ammoniak-Emissionen entstehen vorwiegend im Zusammenhang mit der
Tierhaltung, bei der Lagerung und Ausbringung organischer Dünger und aus land-
wirtschaftlich genutzten Böden (Flessa etal. 2012). Das Ausmaß der Freisetzung
durch die Tierhaltung variiert mit Tierkategorie, Stalltyp, Einstreu und Art der Wirt-
schaftsdünger sowie Tierleistung und -ernährung. Etwa 95% des Luftschadstoffes
Ammoniak werden von der Landwirtschaft freigesetzt.
9 In dem UBA-Bericht wird ausgeführt, dass Werte der Flächenbilanz um etwa 30kg/ha geringer
sind als Werte der Gesamt- oder Hoftorbilanz, weil sie nicht den gasförmigen Stickstoff enthalten,
der aus den Ställen sowie bei der Lagerung von Gülle und Mist entweicht.
3 Kurzdarstellung der Ausgangssituation: Umwelteffekte der Landwirtschaft
43
In Europa verursacht der übermäßige Eintrag reaktiver Stickstoffverbindungen in
die Umwelt externe Kosten von 70–320Mrd.Euro (entsprechend 0,5–3% des euro-
päischen Bruttoinlandproduktes). Dagegen beträgt der durch den Stickstoffeinsatz
erhöhte Wert der produzierten Agrarprodukte lediglich 45–180Mrd. Euro (Sutton
etal. 2011). Zur Minderung der Stickstoffproblematik sieht die Naturschutzoffensive
2020 des Bundesumweltministerium daher die Erarbeitung einer umfassenden Stick-
stoffstrategie vor (BMUB 2015b).
3.2.1.2 Phosphat
Phosphat wird mit der organischen oder mineralischen Düngung ausgebracht. Da-
bei schreibt die Düngeverordnung einen maximalen betrieblichen Nährstoffüber-
schuss pro Hektar von 20kg im Mittel der letzten 6 Jahre vor (Tab.3.7). Bei Dün-
gungen von mehr als 30kg/ha und Jahr (mineralisch und/oder organisch) muss für
jeden Schlag ab der Größe von 1ha eine repräsentative Bodenuntersuchung vorlie-
gen, die am Tag der Ausbringung nicht älter als 6Jahre sein darf. Die Zielsetzungen
für den Eintrag von Phosphor konnten in den letzten Jahren erreicht werden. Den-
noch sieht die Novellierung der Düngeverordnung eine Senkung des maximalen
Bilanzwertes von 20 auf 10kg/ha und Jahr vor. Die Folge der neuen Regelung wird
aber wahrscheinlich sein, dass zum Beispiel die landwirtschaftlichen Betriebe
Schleswig-Holsteins in ca. 66 % der Landkreise einem Anpassungsdruck hin-
sichtlich der zu reduzierenden Phosphorbilanzen ausgesetzt sind (Taube etal. 2015).
Tab. 3.6 Zielsetzung und Zielerreichung bezüglich der Stickstoff-Einträge
Zielsetzung für die Landwirtschaft Zielerreichung
Stickstoffbilanz: 80kg N/ha und Jahr bis
2010 (Umweltbundesamt 2015a, S.84)
Nein: Stickstoffbilanz 2012: 98kg N/ha und
Jahr (Umweltbundesamt 2015a, S.84)
Organische Düngung: 170kg N/ha und
Jahr, bisher nur organischer Dünger aus
tierischer Herkunft berücksichtigt,
zukünftig sollen alle organischen Dünger
berücksichtigt werden
Nordrhein-Westfalen: mit Ausnahme eines
Landkreises wird der Grenzwert von 170kg
N/ha und Jahr organischer Dünger aus
tierischer Herkunft in allen Landkreisen
eingehalten (Landwirtschaftskammer
Nordrhein-Westfalen 2014).
Niedersachsen: mit Ausnahme eines Landkrei-
ses wird der Grenzwert von 170kg N/ha und
Jahr organischer Dünger aus tierischer
Herkunft in allen Landkreisen eingehalten
(Landwirtschaftskammer Niedersachsen 2016)
Nährstoffbilanz (Feld-Stall): 60kg N/ha
(über drei Jahre gemittelt) (Umweltbun-
desamt 2015a, S.85), in der Novellie-
rung der DüV wird die Anwendung der
Hoftorbilanz gefordert, um die „Nähr-
stoffsituation und Nährstoffefzienz des
Gesamtbetriebes valide ab(zu)bilden“
(Taube etal. 2015)
Nein: Flächenbilanzüberschüsse 2010: 68kg
N/ha (BMU und BMELV 2012, S.43)
Schleswig-Holstein: je nach Modell 51 bis
80kg N/ha und Jahr (Taube etal. 2015)
3.2 Landwirtschaftliche Wirkfaktoren
44
Der Verband deutscher landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstal-
ten befürwortet zur Reduktion der Austräge über Erosion und Sickerwasser sowie
der dadurch verursachten negativen Umweltwirkungen eine Senkung der Richt-
werte der Gehaltsklassen für Phosphor (VDLUFA 2015).
Phosphatdünger können Verunreinigungen mit Uran enthalten. Dieses reichert
sich ebenfalls im Boden an. So gelangen jährlich 0,1 bis 0,7kg Uran/ha auf Acker
und Grünland (KBU 2012). Auf Ackerächen wurde eine mittlere Anreicherung
von 0,15mg Uran/kg Trockensubstanz des Bodens nachgewiesen (Dienemann und
Utermann 2012).
3.2.1.3 Panzenschutzmittel
Seit 2005 hat der Absatz von Panzenschutzmitteln (PSM) leicht zugenommen (BVL
2015). Dabei entspricht der Absatz jedoch nicht unbedingt der ausgebrachten Menge,
da Mittel bei günstigen Preisen auch auf Vorrat gekauft werden (Umweltbundesamt
2011a). Im Jahr 2014 wurden in Deutschland 106.155t PSM bzw. 34.515t PSM-Wirk-
stoffe (ohne inerte Gase) verkauft (BVL 2015). Daraus lässt sich ein durchschnittli-
cher Einsatz von 8,8kg PSM bzw. 2,8kg PSM-Wirkstoffen auf jedem Hektar Anbau-
äche errechnen (Frische etal. 2016). Bei der Diskussion um die Beschränkung der
eingesetzten Mittel muss bedacht werden, dass die Mengenreduktion bei einer Ver-
besserung der Wirksamkeit nicht unbedingt die negativen Folgen für die Umwelt ver-
mindert (Gay etal. 2004). So erlaubt die Höhe des Mitteleinsatzes keine Aussagen
über die Umweltwirkungen, solange die Ökotoxizität der Mittel nicht berücksichtigt
wird.
Unbeabsichtigte Wirkungen auf Natur und Umwelt werden durch Abdrift,
Erosion, Verdunstung, Austrag über Dränagen sowie übermäßigen und unsach-
gemäßen Panzenschutzmitteleinsatz verursacht. So gelangen etwa ein Pro-
mille (30t) der Aufwandmenge über Abschwemmung, Abdrift, Drainagen und
Hofabläufe in Oberächengewässer Deutschlands (Gay etal. 2004). Bei der Ab-
drift sind Werte der Frühjahrsspritzung von deutlich über 10% in Obstkulturen
Tab. 3.7 Zielsetzung und Zielerreichung bezüglich der Phosphor-Einträge
Zielsetzung für die Landwirtschaft Zielerreichung
Phosphatbilanz: 20kg P2O5/; in der Novellie-
rung der DüV wird ein Bilanzwert von max.
10kg P/ha und Jahr ab dem Jahr 2023 gefordert
sowie eine Absenkung der maximalen Phosphat-
zufuhr auf hoch und sehr hoch versorgten Böden
auf die Höhe der Abfuhr im Dreijahresmittel =
Saldo von 0kg P2O5/ha (BMELV 2015)
Phosphor-Hoftorbilanz seit
1980er-Jahren rückläug,
Flächenbilanz: 1,4kg P/ha LF
(Lütke-Entrup und Schneider 2003)
Hoftorbilanz 2009: 8kg P/ha*a
(Umweltbundesamt 2010b)
Abnahme der Konzentrationen an den
Messstellen
Schleswig-Holstein: Flächenbilanz-
werte zwischen -2 und +26kg P2O5/
ha*a (Taube etal. 2015)
3 Kurzdarstellung der Ausgangssituation: Umwelteffekte der Landwirtschaft
45
und unter 1% in Getreide- und Gemüsekulturen möglich (LfU – Bayrisches
Landesamt für Umwelt 2008). In benachbarten Flächen konnten bis zu 10% der
in den behandelten Kulturpanzen nachgewiesenen Konzentration enthalten
sein (LfU– Bayrisches Landesamt für Umwelt 2008). Die Naturschutzoffensive
2020 formuliert daher das Ziel einer angemessenen Berücksichtigung der Aus-
wirkungen auf die biologische Vielfalt bei der Zulassung von Panzenschutz-
mitteln (BMUB 2015b).
Die Anwendung von Panzenschutzmitteln wird in der EU-Verordnung 2009/128/
EG geregelt und in Deutschland im Panzenschutzgesetz sowie in nationalen Ver-
ordnungen umgesetzt. Das Ordnungsrecht fordert die Vorlage eines Sachkundenach-
weises, der ab 2015 Voraussetzung für den Kauf von Panzenschutzmitteln ist, und
den Einsatz entsprechend geprüfter Geräte für die Ausbringung (z.B. abdriftarme
Düsen). Darüber hinaus müssen Anwendungsgebiete und -bestimmungen des jewei-
ligen Panzenschutzmittels und– im Rahmen der Auagenbindung der EU (Cross
Compliance)– die Vorgaben zur guten fachlichen Praxis eingehalten werden. Über
die Anwendungen muss Buch geführt werden.
3.2.1.4 Schwermetalle
Schwermetalle können in landwirtschaftlichen Produktionsmitteln wie Futterzusät-
zen, Dünge- und Panzenschutzmitteln und besonders Klärschlämmen enthalten
sein. Der Einsatz von Klärschlamm und die darin enthaltenen Schwermetalle sind
mittlerweile in einer eigenen Verordnung geregelt (Klärschlammverordnung). Etwa
30% des anfallenden Klärschlamms werden in der Landwirtschaft für die Düngung
von 2,1% der landwirtschaftlichen Nutzäche eingesetzt (BMU 2012). Allerdings
hat die zu entsorgende Klärschlammmenge durch das Verfahren der Schlammfau-
lung (anaerobe Behandlung) zwischen 1998 und 2009 kontinuierlich abgenommen
(Umweltbundesamt 2012b). Obgleich auch die Schwermetallgehalte rückläug
sind, ist Klärschlamm weiterhin der Nährstoffträger mit der höchsten Schadstoff-
belastung. Bodenvorsorgewerte für die Belastung mit Schwermetallen sind in der
Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung deniert. Schwermetalle werden
im Boden fest gebunden und sind nur wenig auswaschungsgefährdet. In landwirt-
schaftlichen Böden kann es jedoch zu Anreicherungen kommen, die über Erosion
und Drainageabuss verfrachtet werden können (Fuchs etal. 2010). Diese Pfade
sind mittlerweile für 20 bis 40% der Schwermetalleinträge in Oberächengewässer
verantwortlich (Umweltbundesamt 2011a).
3.2.1.5 Kupfer
Kupfer wird in der Landwirtschaft als Düngemittel (gezielt oder als Nebenbestand-
teil) und für den Schutz der Panzen gegen Pilzkrankheiten eingesetzt. Dabei kann es
zu Anreicherungen im Boden mit negativen Auswirkungen auf die Bodenorganismen
3.2 Landwirtschaftliche Wirkfaktoren
46
kommen. Die EU-Kommission nahm Kupfer im Jahre 2009in den Anhang I der
Richtlinie über das Inverkehrbringen von Panzenschutzmitteln (91/414/EWG) auf.
Damit war die Auage verbunden, dass die Mitgliedsländer bis Ende 2016 Maßnah-
men zur Reduzierung der Anwendung ergreifen. In Deutschland kamen Behörden
und Verbände zu der Übereinkunft, sich um die Verringerung der jährliche Kupfer-
menge bei der Anwendung kupferhaltiger Panzenschutzmittel auf 3kg/ha (bei Hop-
fen 4kg/ha) zu bemühen. Im ökologischen Landbau existieren Grenzwerte für
den Einsatz von Klärschlämmen und kupferbasierten Panzenschutzmitteln. Weitere
Grenzwerte existieren nicht.
3.2.1.6 Arzneimittel
Insbesondere Antibiotika, die in der Tierhaltung (aber auch in der Humanmedi-
zin) angewendet werden, gelangen mit den Abwässern von Kläranlagen (Human-
arzneimittelwirkstoffe) und organischen Düngern (Tierarzneimittelwirkstoffe) in
die Umwelt (Umweltbundesamt 2014a). Mittlerweile werden Arzneimittelrück-
stände nahezu ächendeckend und ganzjährig in Fließgewässern sowie Boden-
und Grundwasserproben gefunden (Umweltbundesamt 2014a). Dabei ist seit
2006 der Einsatz von Antibiotika als Wachstumsbeschleuniger für die Tiermast in
der EU verboten. Antibiotika dürfen nur zur Behandlung erkrankter Tiere und
nicht zur prophylaktischen Behandlung verwendet werden (Tab.3.8). Darüber hi-
naus dürfen Antibiotika nur von einem Tierarzt oder einer Apotheke auf Ver-
schreibung abgeben werden. Die ersten Daten zum Antibiotikaeinsatz in der Tier-
haltung wurden 2011 erhoben. Damals wurden ca. 1700t Antibiotika abgegeben.
2014 lag der Absatz bei 1232t. Seit 2014 ist das Antibiotika-Minimierungskon-
zept in Kraft, welches die Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes in der Tierhal-
tung und die Erhebung entsprechender Daten vorsieht. Hierfür wurde ein Anti-
biotika-Monitoring eingeführt. Ab bestimmten Bestandsgrößen sind entsprechende
Meldungen über den Antibiotikaeinsatz zu machen.
Tab. 3.8 Zielsetzung und Zielerreichung bezüglich des Antibiotika-Einsatzes
Zielsetzung für die Landwirtschaft Zielerreichung
Einsatz von Tierarzneimitteln: keine
quantitativen Zielwerte
• Antibiotika-Monitoring:
- Betriebe, die mehr Arzneimittel
anwenden als Vergleichsbetriebe,
müssen Maßnahmen ergreifen, um
diesen Einsatz zu reduzieren
- Arzneimittel dürfen nur zur Behand-
lung kranker Tiere eingesetzt
werden
- Antibiotika dürfen nur von einem
Tierarzt oder einer Apotheke auf
Verschreibung abgegeben werden
2014 wurden in der Tiermedizin 214t (ca. 15%)
weniger Antibiotika abgegeben als im Vorjahr;
das sind rund 468t (ca. 27%) weniger gegenüber
der ersten Erfassung 2011 (BMEL 2015c)
98% der antibiotischen Wirkstoffe werden für
die Behandlung von Schweinen und Geügel
eingesetzt (SRU 2007)
3 Kurzdarstellung der Ausgangssituation: Umwelteffekte der Landwirtschaft
47
3.2.2 Flächennutzung
Der heutige Reichtum Mitteleuropas an Arten und Lebensräumen ist ganz wesent-
lich das Ergebnis der Schaffung von Offenlandschaften durch Ackerbau und Tier-
haltung. Änderungen der Flächennutzung können jedoch zu einer Verringerung von
geeigneten Habitaten führen und andere schädliche Wirkungen auf die natürliche
Umwelt haben. Im Folgenden werden kurz die Formen der Flächennutzung darge-
stellt, deren Entwicklung in der jüngeren Vergangenheit mit negativen Folgen für
die Naturressourcen verbunden war.
3.2.2.1 Grünlandverlust
Artenreiches Grünland gehört aus Sicht des Naturschutzes zu den bedeutendsten
Lebensräumen Deutschlands (NABU 2012) und trägt entscheidend zur ästheti-
schen Qualität von Landschaften bei (siehe Abschn.3.1.4). Mehr als die Hälfte des
vorhandenen Grünlands werden als besonders wichtig für den Naturhaushalt
(Klima-, Boden-, Gewässer-, Biodiversitätsschutz) angesehen (Röder etal. 2015).
Regional kann aber der Grünlandanteil mit einem besonders hohen Naturwert auch
deutlich geringer sein. Aufgrund der zunehmenden Nutzung auch in FFH-Gebieten
(NABU 2012) ist ein Verlust der Lebensraumqualität des Grünlands zu beobach-
ten. Die Intensivierung erfolgt durch häugere und frühere Schnitte sowie durch
höhere Düngegaben. Der Anteil des intensiv genutzten Grünlands lag im Jahre
2000 bei 75% (Dierschke etal. 2002) und nimmt weiter zu (Bundesamt für Natur-
schutz 2014).
In der Vergangenheit war die Dauergrünlandäche in Deutschland rückläug
(Nitsch, Osterburg etal. 2009; Umweltbundesamt 2011a; BMEL 2015g). An eini-
gen Gunststandorten lässt sich inzwischen allerdings eine leichte Zunahme der
Dauergrünlandächen feststellen (DAFA 2015; Statistisches Bundesamt 2016).
Dennoch ging bundesweit der Anteil des Dauergrünlands zwischen 2003 und
2012 um ca. 5% zurück (Bundesamt für Naturschutz 2014). Dies liegt sowohl am
Umbruch von ackerfähigem Grünland als auch an Nutzungsaufgabe und Wieder-
bewaldung. Bei der räumlichen Verteilung von Grünlandverlusten gibt es starke
regionale Unterschiede. Besonders hohe Verluste sind in Schleswig-Holstein, der
Westhälfte Niedersachsens und im Süden Bayerns zu verzeichnen (Bundesamt für
Naturschutz 2014; Schmidt etal. 2014). Die regionalen Unterschiede sind offen-
bar auch durch den Ausbau der Bioenergieerzeugung zu erklären (Bundesamt für
Naturschutz 2014). So werden etwa 50% der umgebrochenen Grünlandächen
für den Anbau von Mais genutzt (Nitsch etal. 2010), dessen Erzeugung wegen der
durch das EEG garantierten hohen Einspeisevergütung wirtschaftlich vorteilhaft
war (Osterburg etal. 2009; Bundesamt für Naturschutz 2014).
Erhalt und Schutz von Grünland sind in mehreren Gesetzen und Richtlinien
geregelt. So sind vor allem artenreiche Grünlandbestände, die eine herausragende
Bedeutung als Biotope haben, durch §30 des Bundesnaturschutzgesetzes geschützt.
3.2 Landwirtschaftliche Wirkfaktoren
48
Einen besonderen Schutzstatus genießen ebenfalls Grünländer auf erosionsgefährde-
ten Hängen, in Überschwemmungsgebieten, auf Standorten mit hohem Grundwas-
serstand und auf Moorstandorten (§5 des Bundesnaturschutzgesetzes). Ergänzend
zu den gesetzlichen Regelungen sieht zum Beispiel die Biodiversitätsstrategie den
Schutz von hochwertigem Grünland ebenfalls vor. Darüber hinaus ermöglichen die
FFH-Richtlinie und die Vogelschutzrichtlinie den strengen Schutz der genannten
Grünlandstandorte. Ein strenges Umwandlungsverbot gilt jedoch nur in FFH-Ge-
bieten. Der Erhalt von Dauergrünland ist in den Greening-Auagen der Ersten
Säule festgeschrieben. Demnach darf der Grünlandanteil in den einzelnen Bundes-
ländern nur um maximal 5% gegenüber 2012 abnehmen. Es besteht eine Genehmi-
gungspicht für die Umwandlung von Grünland und die Erlaubnis darf nur erteilt
werden, wenn an anderer Stelle wieder Grünland angelegt wird. Allerdings wurde
die maximal erlaubte Grünlandumwandlung in einigen Bundesländern schon wäh-
rend der vorherigen Förderperiode erreicht (Bundesamt für Naturschutz 2014). Eine
Antrags- und Genehmigungspicht für Grünlandumwandlung bzw. ein grundsätz-
liches Grünland-Erhaltungsgebot ist in sechs Bundesländern und zwei Stadtstaaten
erlassen (Bundesamt für Naturschutz 2014). Grünland von Ökobetrieben und Be-
trieben, die keine Direktzahlungen beziehen, unterliegt ab 2017 nicht mehr dem
Umbruchverbot (Bundesamt für Naturschutz 2014). Es lässt sich somit zusammen-
fassen, dass es „trotz (…) ordnungsrechtlichen Vorgaben (…) selbst in gesetzlich
geschützten Gebieten zu einem Grünlandverlust (kommt), da zum Teil die entspre-
chenden rechtssicheren Kulissen, also amtlich ausgewiesene Naturräume, fehlen“
(Röder etal. 2015). In der Naturschutzoffensive 2020 wird daher u.a. eine Grün-
land-Initiative mit der Extensivierung intensiv genutzter Moore gefordert (BMUB
2015b) (Tab.3.9).
3.2.2.2 Beseitigung, Zersplitterung, Verkleinerung von Lebensräumen
In den letzten Jahrzehnten führten Intensivierung und Mechanisierung der Land-
wirtschaft zu einer Vergrößerung der Bewirtschaftungseinheiten durch die Zu-
sammenlegung von einzelnen kleinen Schlägen. Dies dezimierte charakteristische
Ökosysteme der landwirtschaftlichen Nutzächen und die damit verbundene
strukturelle Vielfalt (Plieninger und Bieling 2013; Haber 2014; Leuschner etal. 2014).
Natürliche und halb-natürliche Habitate (z.B.Hecken, Feldraine, Saumstrei-
fen) wurden beseitigt und in die Acker- oder Grünlandnutzung überführt. Durch
Tab. 3.9 Zielsetzung und Zielerreichung bezüglich des Erhalts von Grünland
Zielsetzung für die
Landwirtschaft Zielerreichung
Cross Compli-
ance: Grünland-
erhalt
Grünland-Verlust: von 2003 bis 2012 ca. 5% Verlust des Dauergrün-
landanteils (Bundesamt für Naturschutz 2014), Grünland bedeckt
noch 30% der landw. Nutzäche (Nitsch etal. 2009) bzw.
4,6Mio.ha (BMEL 2012)
3 Kurzdarstellung der Ausgangssituation: Umwelteffekte der Landwirtschaft
49
den Eintrag von Nährstoffen und Panzenschutzmitteln wird darüber hinaus die
Qualität der halb-natürlichen Habitate beeinträchtigt. Hier konzentrieren wir
uns insbesondere auf Flächennutzungsänderungen, die Größe von Nutzungsein-
heiten und die Zersplitterung von Lebensräumen (siehe Abschn.3.2.1 für stoff-
liche Einträge). Kriterien sind die Bereitstellung ökologischer Vorrangächen,
der Anteil und die Entwicklung von Cross-Compliance-relevanten Landschafts-
elementen und HNV- Flächen, die Schlaggrößen sowie die Landschaftszerschnei-
dung.
Seit der Agrarreform 2013/14 sind Landwirte, die mehr als 15ha bewirtschaf-
ten, im Rahmen der Greening-Auagen dazu verpichtet, 5% der Ackeräche als
ökologische Vorrangäche (ÖVF) bereitzustellen, sofern sie die Greening-Prä-
mie beziehen. Allerdings ist auch eine Nutzung der Flächen für den Anbau von
Kurzumtriebsplantagen, Leguminosen und Zwischenfrüchten möglich. Auf sol-
chen Flächen ist teilweise sogar der Einsatz von Panzenschutz- und Düngemit-
teln erlaubt. Im Jahre 2015 wurden 57 % der in diesem Rahmen beantragten
Flächen als produzierende ÖVF beantragt (BMEL 2015f.). Dabei erfolgte die Be-
reitstellung der Flächen meist nach ökonomischen und nicht nach ökologischen10
Kriterien. Wichtige Gesichtspunkte waren z. B. der räumliche Zusammenhang
(Plieninger etal. 2012; Heinrich etal. 2013) oder das entsprechende Management
der Flächen (Matzdorf 2011; Oppermann etal. 2012). Der ökologische Mehrwert,
den diese Flächen erbringen, ist folglich gering (Oppermann etal. 2012; NABU
2013; Isermeyer etal. 2014). Er dürfte sich in erster Linie auf den Schutz vor
Erosion und Nitratauswaschungen sowie auf den Humusaufbau beschränken.
Auch die Effekte auf die Flächenkonkurrenz (Heißenhuber etal. 2015) und den
Pachtmarkt werden als unerheblich erachtet, da kaum zusätzliche Flächen ausge-
wiesen werden. Vor allem in strukturreichen und von Grünland geprägten Land-
schaften mit extensiver Bewirtschaftung gibt es ausreichend Flächen, die als ÖVF
gemeldet werden können (Isermeyer etal. 2014).
Für Landschaftselemente, die innerhalb der landwirtschaftlichen Fläche liegen
oder an diese angrenzen und eine maximale Größe nicht überschreiten, werden seit
der Reform von 2003 Direktzahlungen gewährt. Der Anteil dieser Elemente an der
landwirtschaftlichen Fläche wurde 2009 mit 0,3 bis 0,4% angegeben, wobei sie
meist Cross Compliance relevant sind, d.h. sie unterliegen einem Beseitigungsver-
bot (Nitsch etal. 2009). Wegen fehlender Daten sind Angaben zur Entwicklung des
Anteils und Bestandes an Landschaftselementen für die Zeit vor 2005 nicht mög-
lich; es ist jedoch davon auszugehen, dass es zur Beseitigung von Landschaftsele-
menten vor deren Registrierung kam (Nitsch etal. 2009).
High-Nature-Value (HNV) Farmland bezeichnet Landwirtschaftsächen mit
hohem Naturwert (Oppermann etal. 2013). Als solche gelten extensiv genutzte,
artenreiche Grünland-, Acker-, Streuobst- und Weinbergächen sowie Brachen
10 In der Schweiz erfolgt eine zusätzliche Honorierung in Abhängigkeit der Qualität und Lage öko-
logischer Ausgleichsächen (Birrer etal. 2010).
3.2 Landwirtschaftliche Wirkfaktoren
50
und Landschaftselemente, wie z.B.Hecken, Raine, Feldgehölze und Kleingewäs-
ser (BMUB 2015a). Im Jahr 2013 betrug der Anteil der HNV-Flächen mit äußerst
hohem Naturwert 2,2%, mit sehr hohem Naturwert 4,3% und mit mäßig hohem
Naturwert 5,3% der landwirtschaftlichen Nutzäche. Im Vergleich zu dem vorher-
gehenden Berichtsjahr 2009 bedeutet dies eine Verschlechterung des Gesamtindi-
katorwerts von 13,1% auf 11,8%. Somit hatte sich dieser Indikator noch weiter
von dem bis 2015 zu erreichenden Zielwert von 19% Anteil entfernt. Es zeigten
sich allerdings große Unterschiede in der räumlichen Verteilung (Oppermann etal.
2013). Einige Mittelgebirgsregionen und Regionen des Nordostdeutschen Tief-
lands hatten HNV-Anteile von über 15%, während viele Regionen nicht einmal
den vom BNatSchG geforderten Mindestanteil von 10% erreichten (Oppermann
etal. 2013).
In Deutschland sind nur noch 23,2% der Landesäche als unzerschnittene ver-
kehrsarme Räume zu bewerten (BMUB 2015a). Die Nationale Biodiversitätsstrate-
gie sieht jedoch einen Wert von 25,4% als Zielwert vor, ohne einen Zeitpunkt für
die Erreichung dieses Ziels zu nennen. Der Grad der Zerschneidung wirkt sich
negativ auf die biologische Vielfalt und das Landschaftsbild aus, beeinträchtigt aber
auch durch Bodenversiegelung Boden und Wasser. Die Landwirtschaft trägt im
Rahmen von Flurbereinigungsverfahren durch Wegebau zur Landschaftszerschnei-
dung bei (BMELV 2013b) (Tab.3.10).
Tab. 3.10 Zielsetzung und Zielerreichung bezüglich der Beseitigung, Zersplitterung und Verklei-
nerung von Lebensräumen
Zielsetzung Zielerreichung
Bereitstellung von 5% ökologi-
scher Vorrangäche; ökologische
Wertigkeit abhängig von Art und
Nutzung der Flächen
Ja: jedoch wenige positive Effekte auf die
Ressourcen des Naturschutzes
Erhalt von Landschaftselementen Keine Zielwerte über Anteil, Fläche und ökologi-
sche Qualität deniert
Landschaftselemente auf 0,3 bis 0,4% der
landwirtschaftlichen Fläche, meist Cross
Compliance- relevante Landschaftselemente
(Nitsch etal. 2009)
Keine Aussage zum Erhalt aufgrund fehlender
Daten
High-Nature-Value: Anteil von
Flächen mit hohem Naturschutz-
wert an der Landwirtschaftsäche,
Zielwert: 19% (2015)
High-Nature-Value: 11,8% (2013), davon 2,2%
mit äußerst hohem und 4,3% der Flächen mit
hohem Naturschutzwert; HNV zu einem Drittel LE,
zu zwei Dritteln artenreiches Grünland, Äcker,
Brachen und Weinberge (Bundesamt für Natur-
schutz 2014)
• Schlaggröße Kein Zielwert deniert
Zunahme der Schlaggröße in der Vergangenheit
Zerschneidung: 25,4% Flächenan-
teil der unzerschnittenen verkehrs-
armen Räume mit einer Flächen-
größe von mindestens 100km2
Nein: erreichter Wert ist 23,2% (2010).
3 Kurzdarstellung der Ausgangssituation: Umwelteffekte der Landwirtschaft
51
3.2.2.3 Aufgabe traditioneller, extensiver Nutzungsformen bzw. der
Nutzung von Standorten mit speziellen Standortbedingungen
Viele Arten sind besonders an extensive Nutzungsformen und nährstoffarme Stand-
orte angepasst (Abschn.3.1.2). Mit der Aufgabe dieser Nutzungsformen und Stand-
orte gehen auch die Lebensräume für diese Arten verloren. Streuobstächen wie
auch Hutewälder und viele FFH-Lebensraumtypen sind auf extensive Nutzung und
Beweidung angewiesen (Bundesamt für Naturschutz 2014). Die Entwicklung des
Flächenumfangs von Streuobstächen und extensiv genutzter Grünlandstandorte
(Beweidung, Heunutzung) kann also Hinweise auf die Aufgabe traditioneller, ex-
tensiver Nutzungsformen geben. Gleiches gilt für den Umfang der Waldäche, da
brachfallende Flächen mit der Zeit verwalden. Streuobstächen erstreckten sich
1950 auf rund 1,5Mio.ha, während 1990 nur noch 300.000ha registriert wurden
(BUND ohne Datum). So nahmen etwa die Streuobstächen Nordrhein-Westfalens
in den letzten vier Jahrzehnten um 74% ab (Umweltbundesamt 2011a). Die deut-
sche Waldäche wuchs dagegen in den vergangenen Jahren um 1Mio.ha.
Ungünstige Standortbedingungen, wie z.B.Hangneigung und achgründige Bö-
den, bedingen häug eine unrentable Produktion, da der Ertrag gering, aber z.B.
der arbeitswirtschaftliche Aufwand hoch ist. Solche Gebiete werden als Grenzer-
tragsstandorte bezeichnet. Die Aufrechterhaltung der Bewirtschaftung ist in diesen
„landwirtschaftlichen Rückzugsgebieten“ nicht gesichert (Heißenhuber etal. 2004).
Allerdings hat die hohe Flächennachfrage in der jüngsten Vergangenheit auch dazu
geführt, dass die Bedeutung des Brachfallens abgenommen hat (Bundesamt für Na-
turschutz 2014). Statistische Daten über Grenzertragsstandorte liegen leider nicht
vor. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass es sich um ca. 4,87 Mio. ha handelt
(Landwirtschaftskammern 2010). Für die Aktivierung von Zahlungsansprüchen der
Direktzahlungen wird die Durchführung einer Mindesttätigkeit auf solchen Flächen
verlangt: sie müssen mindestens einmal pro Jahr gemäht werden und das Mähgut
muss abgefahren oder gehäckselt auf der Fläche verteilt werden (Tab.3.11).
Tab. 3.11 Zielsetzung und Zielerreichung bezüglich der Aufgabe traditioneller und extensiver
Nutzungsformen
Zielsetzungen Zielerreichung
Traditionelle Nutzungsfor-
men, z.B.Streuobstwie-
sen, extensives Grünland
Nein: Verlust an Streuobstwiesen (Umweltbundesamt
2011a), Anteil intensiven Grünlands 75% (2000) nimmt zu
(Dierschke etal. 2002; Bundesamt für Naturschutz 2014)
Aufrechterhaltung der
Bewirtschaftung auf
Grenzertragsstandorten
Nein: Aufrechterhaltung der Landwirtschaft in „landwirt-
schaftlichen Rückzugsgebieten“ nicht gesichert (Heißenhu-
ber etal. 2004), aber durch gestiegene Flächennachfrage ist
die Aufgabe der Nutzung nicht mehr so von Bedeutung
(Bundesamt für Naturschutz 2014) bzw. die Nachfrage nach
Agrarprodukten und Gewährung von Direktzahlung hat auch
wieder zur Inkulturnahme von Grenzertragsstandorten
geführt (Lefebvre etal. 2012), Umfang der Grenzertrags-
standorte ca. 4,87Mio.ha (Landwirtschaftskammern 2010)
Vermeidung von
Sukzession
Nein: Ausdehnung der Waldäche (2011: 11,1Mio.ha,
Zunahme um 1Mio.ha in den letzten 40 Jahren)
3.2 Landwirtschaftliche Wirkfaktoren
52
3.2.2.4 Landwirtschaftliche Nutzung von Moorstandorten
Moorstandorte können einen wesentlichen Beitrag zum Schutz von Biodiversi-
tät, Landschaft, Wasser und insbesondere Klima leisten. In Deutschland sind
rund 4% der Landesäche mit Mooren bedeckt (Bundesamt für Naturschutz
2016c). Etwa 90% der Mooräche werden derzeit land- oder forstwirtschaftlich
genutzt– davon 50% als Grünland, 25–30% als Acker und 13% als Forst. Etwa
8 % der landwirtschaftlichen Nutzäche benden sich auf Mooren (Drösler
etal. 2011). Nur ca. ein Zwölftel der Moorächen werden als naturnah einge-
stuft (Schäfer 2009). Intakte, Torf akkumulierende Hochmoore sind in der Bun-
desrepublik auf 1 % ihrer ehemaligen Ausdehnung zurückgedrängt worden
(Ellenberg und Leuschner 2009; Joosten 2012). Für die landwirtschaftliche
Nutzung wird der Grundwasserspiegel durch Drainierung abgesenkt. In der
Folge wird der in den Böden gespeicherte organische Kohlenstoff durch den
Kontakt mit Sauerstoff mineralisiert. Hierdurch werden zum einen Treibhaus-
gase freigesetzt (siehe auch Abschn.3.1.3), zum anderen wird der Moorkörper
abgebaut und vermindert. Die landwirtschaftliche Moornutzung ist als die
größte einzelne Quelle von Treibhausgasen im Sektor Landwirtschaft anzuse-
hen (Wegener etal. 2006; Drösler et al. 2011; Joosten etal. 2016). Durch die
Absenkung des Grundwassers verlieren darüber hinaus viele auf Feuchtächen
angewiesene Arten– wie z.B. die dort brütenden Vogelarten Kiebitz und Ufer-
schnepfe– ihren Lebensraum (Bundesamt für Naturschutz 2014). Auch der re-
gionale Wasserhaushalt wird beeinusst. Durch den Eintrag von Drainageüs-
sigkeiten in die Gewässer können weitere Belastungen entstehen (Fuchs etal.
2010, S.13f.). Zudem kommt es auch auf Moorstandorten zu weiteren Grün-
landumwandlungen, durch welche die negativen Wirkungen der Moornutzung
noch verstärkt werden. Zwischen 2005 und 2007 wurden 6000ha Grünland auf
Moorstandorten umgebrochen (Nitsch etal. 2010).
Ein Ziel der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt war es, bis 2010
natürlich wachsende Hochmoore zu sichern und eine natürliche Entwicklung zu
ermöglichen (BMUB 2007). Darüber hinaus sollten alle Bundesländer bis zu die-
sem Jahr Moorentwicklungskonzepte erstellen und bis 2015 umsetzen. Besonders
in den moorreichen Bundesländern wurden solche Konzepte bereits erstellt (Bun-
desamt für Naturschutz 2016b), über die Zielerreichung gibt es jedoch noch keine
bundesweiten Angaben (Tab.3.12).
Tab. 3.12 Zielsetzung und Zielerreichung bezüglich der landwirtschaftlichen Moornutzung
Zielsetzung Zielerreichung
Schutz und natürliche Entwicklung der Moore:
bestehende, natürlich wachsende Hochmoore bis 2010
sichern, Erarbeitung von Moorentwicklungskonzepten
(BMUB 2007)
Schutz der Moore: keine
Angaben zur Zielerreichung
3 Kurzdarstellung der Ausgangssituation: Umwelteffekte der Landwirtschaft
53
3.2.2.5 Fruchtfolgegestaltung
Gezielte und vielfältige Fruchtfolgen können eine Reihe von positiven Wirkungen
auf die Ressourcen des Naturschutzes haben. Beispielsweise kann die Gefahr der
Nährstoffauswaschung durch die Integration gut deckender Panzenbestände in
die Fruchtfolge und durch den Anbau von Zwischen- und Untersaaten reduziert
werden (SRU 1985; Nitsch etal. 2008). Mittlerweile beschränkt sich die Frucht-
folge allerdings nur noch auf wenige Arten. So werden auf 85% der landwirt-
schaftlichen Nutzäche gerade mal neun Fruchtglieder angebaut und auch das
Sortenspektrum wird immer geringer; die „Generosion“ ist im Getreideanbau
besonders hoch (Wissenschaftlicher Beirat für Biodiversität und Genetische Res-
sourcen beim BMELV 2007). Auch ist eine zunehmende regionale Spezialisie-
rung zu beobachten, wobei Weizen in Ackerbauregionen und Mais überwiegend in
Viehhaltungsregionen angebaut wird (Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik
beim BMEL 2015). Die regionale Spezialisierung ermöglicht kurzfristig zwar eine
Senkung der Produktionskosten, lässt mittelfristig aber negative Effekte erwarten
(Fruchtfolge-Krankheiten, Resistenzproblematik, erhöhter Einsatz von Panzen-
schutzmitteln; (Schmidt et al. 2003; Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik
beim BMEL 2015). Der Anbau von Hackfrüchten verstärkt beispielsweise den Hu-
musabbau (mit allen negativen Folgen; (KBU 2008) und erhöht auch die Gefahr
der Bodenverdichtung (SRU 1985). Letzteres hängt auch mit den ungünstigen Bo-
denbedingungen zusammen, die an den späten Ernteterminen häug als Folge von
Niederschlägen herrschen. Zudem steigt die Erosionsgefahr aufgrund von jahres-
zeitlich später und unvollständiger Bodenbedeckung. Zu Problemen kommt es,
wenn der Boden seine Filter- und Pufferfunktionen nicht ausreichend erfüllen
kann. So nahm die Anbauäche für die Hackfrucht Mais zwischen 2001 und 2011
um 80% zu (Heißenhuber etal. 2015). In einigen Regionen beträgt der Anteil der
Maisäche bereits mehr als 50% (Deutsches Maiskomitee e.V. 2016). Ein Großteil
des Maises wird– gefördert durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz11– für die
Erzeugung von Biogas verwendet. Mittlerweile dienen ca. 12 % der landwirt-
schaftlichen Nutzäche Deutschlands dem Anbau von Energiepanzen. Im Jahr
2000 betrug der Anteil lediglich 2,5% (Bundesamt für Naturschutz 2014). Der
Nationale Biomasseaktionsplan der Bundesregierung sieht einen Korridor von 2,5
bis 4,0Mio.ha (20–30% der Ackeräche) für den Anbau von nachwachsenden
Rohstoffen vor. Neben der Einengung der Fruchtfolgen ist im Zusammenhang mit
nachwachsenden Rohstoffen auch zu berücksichtigen, dass wegen der ökonomi-
schen Vorteilhaftigkeit des Anbaus und der damit verbundenen Möglichkeit, hö-
here Pachten zu zahlen, insbesondere extensivere Verfahren der Flächennutzung an
11 Das EEG hat durch feste Einspeisevergütungen über einen Zeitraum von 20 Jahren dazu geführt,
dass Landwirte nicht mehr auf den volatilen Märkten für Agrarprodukte agieren mussten, sondern
mit festen Einnahmen über einen langen Zeitraum planen konnten.
3.2 Landwirtschaftliche Wirkfaktoren
54
Konkurrenzfähigkeit verloren haben (Bundesamt für Naturschutz 2014). In der
Naturschutzoffensive 2020 wurde daher formuliert, dass es zu keinen weiteren Flä-
chenausweitungen für den Anbau von Biomasse für die Energie-Erzeugung kom-
men soll, wenn die Anbaugrenze von 2,5Mio.ha erreicht ist.
Die mit den betrieblichen Direktzahlungen verknüpften Greening-Auagen
sehen seit 2014 vor, dass Betriebe Maßnahmen der Anbaudiversizierung um-
setzen. Ausgenommen sind Betriebe mit weniger als 10ha Ackeräche. Betriebe
zwischen 10 und 30ha müssen mindestens zwei Kulturen anbauen, wobei die
Hauptkultur auf maximal 75% der Fläche angebaut werden darf. Werden mehr
als 30ha Ackeräche bewirtschaftet, müssen mindesten drei Kulturen angebaut
werden, und der Anteil der Hauptkultur muss auf maximal 75% und der der
beiden Hauptkulturen auf maximal 95% der Ackeräche beschränkt sein. Die
Maßnahmen bringen jedoch nur geringe Vorteile für den Schutz der Ressourcen
des Naturschutzes. So wurde prognostiziert, dass nur 38% der Betriebe Anpas-
sungen vornehmen müssten und die Maisäche um 4,7 % reduziert werden
müsste (Forstner etal. 2012). Große homogene Bewirtschaftungseinheiten sind
weiterhin möglich, da auch der Anbau verschiedener Getreidesorten die Auage
erfüllt (Plieninger etal. 2012) (Tab.3.13).
3.2.2.6 Bodenbearbeitung und mechanische Belastungen
Die landwirtschaftliche Flächenbewirtschaftung umfasst eine Reihe von Arbeits-
gängen mit unterschiedlichen Maschinen. Der Maschineneinsatz macht die Bewirt-
schaftung einiger Standorte überhaupt erst möglich bzw. erleichtert die Arbeiten
und reduziert die Arbeitszeiten sowie die Kosten. Die Arbeitsgänge und die Ver-
wendung von Maschinen beeinussen immer die Naturressourcen. Doch insbeson-
dere die wendende Bodenbearbeitung und die Zunahme der Maschinengewichte
haben zunehmend negative Wirkungen. So führt die wendende Bodenbearbeitung
zu einem verstärkten Abbau von Humus (vgl. Abschn.3.1.1). Hohe Maschinen-
gewichte können insbesondere bei häugem Befahren und bei ungünstigen
Witterungsbedingungen zu Bodenschadverdichtungen führen (Heißenhuber etal.
2015). All dies verursacht Schäden am Bodengefüge mit negativen Folgen für die
Wasser- und Luftführung in den Bodenporen sowie für die Bodenlebewesen (siehe
Abschn.3.1.1). Auch die Bodenscherung, bei der das Bodengefüge seitlich ver-
schoben wird, verändert die Porenführung (Heißenhuber etal. 2015). Allerdings
haben größere und damit meist schwerere Maschinen in der Regel eine höhere
Schlagkraft und ermöglichen so eine Reduzierung der Überfahrten. Zudem ist eine
Tab. 3.13 Zielsetzung und Zielerreichung bezüglich der Fruchtfolgegestaltung
Zielsetzung Zielerreichung
Anbaudiversizierung im Rahmen des
Greenings
Einzelbetriebliche Vorgaben, keine auf die
Landschaft bezogenen Zielwerte
Keine Daten vorhanden (z.B. über
Verstöße gegen die Auage)
3 Kurzdarstellung der Ausgangssituation: Umwelteffekte der Landwirtschaft
55
Reduzierung der negativen Wirkungen erhöhter Maschinengewichte durch ange-
passte Reifeninnendrücke, die Reduzierung von Schlupf und die Anlage von Frucht-
folgen, die die Notwendigkeit der Befahrung zu ungünstigen Zeitpunkten reduzie-
ren, möglich.
Heutzutage wird der überwiegende Anteil der Ackerächen gepügt (Statisti-
sches Bundesamt 2011). Dadurch kann es zum Abbau von Humus und zu verstärk-
ter Erosion kommen (siehe Abschn.3.1.1). Durch Vertiefungen der Pugfurche in
der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts konnte aber auch der durchwurzelte Boden-
horizont vergrößert und damit mehr Humus angereichert werden (Taube 2016). Al-
lerdings haben auch nicht-wendende Verfahren negative Wirkungen, da dabei
z.B. bedingt durch Direktsaatverfahren– häug mehr Herbizide eingesetzt werden
(van Capelle etal. 2012; Lal 2013). Vorgaben zum Einsatz der wendenden Boden-
bearbeitung sowie zu Maschinengewichten bestehen nicht.
3.2.3 Zusammenfassung
Die Landwirtschaft wirkt in vielfältiger Art und Weise auf die Naturressourcen ein.
Dies kann deren Zustand negativ aber auch positiv beeinussen. Negativ wirken
sowohl die Intensivierung der Flächennutzung als auch der Rückzug der land-
wirtschaftlichen Produktion aus Grenzertragsstandorten. Die zunehmende
räumliche Konzentration der Tierhaltung verursacht in diesen Regionen beson-
ders hohe Belastungen durch stofiche Einträge. Bei der Bewertung der Wirkungen
von Flächennutzungen muss insbesondere zwischen intensiv genutzten Regionen
und Grenzertragsstandorten unterschieden werden. Zielsetzungen für den Schutz
der Naturressourcen werden überwiegend nicht eingehalten bzw. Aussagen über
die Zielerreichung können wegen der mangelnden Datenlage nicht getroffen wer-
den. Zudem sind einige Zielsetzungen nicht ausreichend operationalisiert oder nicht
ambitioniert genug, um die intendierten Ziele zu erreichen. Für wichtige Teilberei-
che gibt es bislang keine Zielwerte.
3.3 Schlussfolgerungen
Dieser Überblick dient nicht der erschöpfenden Behandlung der Wechselwirkungen
zwischen Landwirtschaft und Naturressourcen, sondern er soll vor allem den dies-
bezüglichen Sachstand als Ausgangspunkt für die Entwicklung einer zukunftsfähi-
gen Agrarpolitik umreißen. Trotz aller Kürze wird deutlich, dass die Politik in Geset-
zen und Strategien eine ganze Reihe von Zielwerten und Vorgaben für den Zustand
der Ressourcen und für die Belastungen durch die Landwirtschaft formuliert hat.
Diese werden allerdings vielfach nicht erreicht. Das liegt zum einen an der fehlen-
den Operationalisierung, d.h. es existieren keine Vorgaben für die Art der Landbe-
wirtschaftung, mit der die gesetzten Ziele erreicht werden sollen (Regelungsdezit).
3.3 Schlussfolgerungen
56
Zum andern sind die Kontroll- und Sanktionsmechanismen oft unzureichend
(Vollzugsdezit).
Einige Vorgaben für die Landbewirtschaftung sind nicht ambitioniert genug,
um die mit ihrer Umsetzung intendierten Zustände der Naturressourcen zu errei-
chen. Als Beispiel sei die Bereitstellung ökologischer Vorrangächen genannt. Da
diese Flächen in erster Linie unter ökonomischen und nicht unter ökologischen Ge-
sichtspunkten ausgewählt werden, sind allenfalls geringe positive Effekte auf die
biologische Vielfalt zu erwarten. Die Gestaltung der Anreizmechanismen führt au-
ßerdem dazu, dass die Betriebe nicht hinreichend motiviert werden, Schutzmaß-
nahmen über die geforderten Auagen hinaus umzusetzen.
Das folgende Kapitel wendet sich daher den agrarpolitische Rahmenbedingun-
gen zu. Es untersucht die politische Logik der Entwicklung der Gemeinsamen Ag-
rarpolitik der Europäischen Union sowie des bestehenden rechtlichen Rahmens.
Dem werden neuere Governance-Ansätze gegenübergestellt, die zu einer besseren
Integration der Belange des Natur- und Umweltschutzes in die Agrarpolitik und die
landwirtschaftliche Praxis beitragen könnten.
Open Access Dieses Kapitel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 Internatio-
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3 Kurzdarstellung der Ausgangssituation: Umwelteffekte der Landwirtschaft
57© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en) 2019
P. H. Feindt et al., Ein neuer Gesellschaftsvertrag für eine nachhaltige
Landwirtschaft, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58656-3_4
Kapitel 4
Agrarpolitische Rahmenbedingungen
Das vorangegangene Kap.3 hat dargestellt, dass viele Natur- und Umweltressour-
cen in keinem guten Zustand sind und sich oft weiter negativ entwickeln. Weiterhin
wurde dargestellt, wie die vorherrschenden Methoden der Landbewirtschaftung we-
sentlich zu den beschriebenen Problemlagen beitragen. Diese Zustandsbeschrei-
bung lässt einen deutlichen politischen Handlungsbedarf zum Schutz der Naturres-
sourcen erkennen. Dieser wird derzeit offenbar unzureichend erfüllt. Aus Sicht des
Natur- und Umweltschutzes ist daher ein Politikversagen zu diagnostizieren. In
diesem Kapitel werden daher die agrarpolitischen Rahmenbedingungen analysiert.
Dabei wird die Entwicklungslogik der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU
und des ordnungsrechtlichen Rahmens in den Mittelpunkt gestellt, um die Ursachen
des Politikversagens zu erkennen. Anschließend werden neue, innovative Ansätze
für eine bessere Integration von Belangen des Natur- und Umweltschutzes in die
landwirtschaftliche Praxis und in die Agrarpolitik vorgestellt. Insgesamt ist es das
Ziel dieses Kapitels, mögliche Ansatzpunkte für Reformen zur Verbesserung des
Natur- und Umweltschutzes zu identizieren.
4.1 Die politische Logik der GAP: Zwischen
Einkommenspolitik und Umweltintegration
Die politikwissenschaftliche Diskussion der Agrarpolitik kreist um drei Grundfra-
gen: Warum konnte sich die Agrarpolitik als relativ autonomes und abgeschottetes
Politikfeld außerhalb der allgemeinen Wirtschaftspolitik etablieren und stabilisie-
ren? Wie verändert sich die Agrarpolitik unter dem Einuss zunehmender Wechsel-
wirkungen mit anderen Politikbereichen, insbesondere Naturschutz-, Umwelt- und
Handelspolitik? Wie können Wandel und Stabilität der Agrarpolitik erklärt werden?
58
Wesentliche Arbeiten zur Agrarpolitik sind aus dem Ansatz des historischen In-
stitutionalismus entstanden, der die Bedeutung von Policy-Ideen und Policy-Para-
digmen betont. Hier wurde herausgearbeitet, dass die Gemeinsame Agrarpolitik
(GAP) der Europäischen Union ihre historischen Wurzeln in den Preisstützungs-
maßnahmen hat, die seit Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland und anderen
westlichen Ländern zum Schutz der Produzenten in einigen landwirtschaftlichen
Teilsektoren ergriffen wurden und mit der besonderen nationalen Bedeutung der
landwirtschaftlichen Produktion sowie den Besonderheiten agrarischer Märkte be-
gründet wurden (Tracy 1989).
Als in den 1950er-Jahren die Verhandlungen über die Bildung der Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft aufgenommen wurden, bestand einerseits Einigkeit darü-
ber, dass die Märkte für agrarische Produkte Teil des gemeinsamen Marktes sein
sollten (Knudsen 2009; Fietz 2012). Andererseits hatten alle sechs Gründungsmit-
glieder komplizierte Systeme zur Einkommensstützung der landwirtschaftlichen
Bevölkerung etabliert, die als Äquivalent der sozialstaatlichen Sicherungssysteme
für den landwirtschaftlichen Sektor fungierten und daher treffend als „landwirt-
schaftlicher Wohlfahrtsstaat“ („agricultural welfare state“) bezeichnet worden
sind (Sheingate 2003). Im Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsge-
meinschaft (EWG-Vertrag, weitgehend bekannt als Teil der Römischen Verträge)
wurde daher in Art. 34 (jetzt Art. 40 AEUV) die Etablierung eines Gemeinsamen
Markts für landwirtschaftliche Produkte und in Art. 32 (jetzt Art. 38 AEUV) die
Errichtung einer Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) festgeschrieben, welche im
Nachgang weitgehend von den Regeln des sonstigen gemeinsamen Markts abge-
koppelt wurde (Oppermann etal. 2011: §24, Rn.11). Aus dem historischen Kontext
wird dabei deutlich, dass mit der GAP im Wesentlichen eine Einkommenspolitik
für die landwirtschaftliche Bevölkerung gemeint ist (Knudsen 2009). Dement-
sprechend wird auch in Art.39 Abs.1 des AEUV die Erhöhung des Einkommens
für die „landwirtschaftliche Bevölkerung“ als eines der fünf Ziele der GAP festge-
schrieben.1 In Deutschland ist zudem im Landwirtschaftsgesetz ein Einkommens-
ziel für die landwirtschaftliche Bevölkerung festgeschrieben, wenn auch mit unbe-
stimmten Rechtsbegriffen.
Das Policy Design, mit dem die Gemeinsame Agrarpolitik die im EWG-Ver-
trag von 1957 festgeschriebenen Ziele verfolgt, hat sich grundlegend verändert.
Im Zuge der Etablierung der GAP wurden in den 1960er-Jahren sektoral unter-
schiedliche Systeme zur Sicherung eines relativ hohen Preisniveaus etabliert, die
von Marktinterventionen zur Preisstützung bis Mengenregulierung durch Quoten
reichen. Investitionsförderungsprogramme zur „Modernisierung“ der Landwirt-
schaft wurden unter dem Einuss des höchst kontrovers aufgenommenen Mans-
holt-Plans erst 1972 in die Gemeinsame Agrarpolitik eingefügt (Grant 1997;
Knudsen 2009). Die Kombination von Produktionsanreizen durch Marktstüt-
zung und Effizienzsteigerung durch ‚Modernisierung‘ führte seit den späten
1 Entgegen einem häug vorgebrachten Argument hat der EuGH in der Rs.71/74, Frubo, Slg. 1975,
563, Rn.25/26 das Einkommensziel gegenüber den anderen Zielen der GAP jedoch nicht rechtlich
priorisiert (Purnhagen und Schebesta 2017).
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
59
1970er-Jahren zu chronischer Überproduktion, Preisverfall, Kritik im Rahmen der
Welthandelsordnung sowie wiederholten Haushaltskrisen in der Europäischen
Gemeinschaft (Grant 1997). Zugleich wurde massive Kritik an den negativen Um-
weltauswirkungen der GAP laut (SRU 1985), auf die seit 1989 mit der Einführung
von freiwilligen Agrarumweltprogrammen reagiert wurde (Buller etal. 2000). Die
sogenannte MacSharry-Reform von 1992 brachte einen radikalen Umbau der In-
strumente der GAP mit der Einführung einer teilweise von der Produktion ent-
koppelten, ächenbezogenen Direktzahlung, die als Kompensation für erhebliche
Senkungen der Garantiepreise begründet wurde. Durch diese Reform sollte die
Einkommensstützung für die Landwirtschaft in Einklang mit den WTO-Regeln
gebracht werden, die dann 1994 vereinbart wurden. Die Direktzahlungen waren
verpichtend an die Auage gebunden, dass 15% der Flächen aus der Produktion
genommen werden.
Mit der 1999 beschlossenen Agenda 2000 wurden die Programme zur Unter-
stützung von Modernisierungsinvestitionen, Agrarumweltmaßnahmen und regio-
naler ländlicher Entwicklung (u.a. LEADER) zu einer ländlichen Entwicklungs-
politik, der jetzigen „Zweiten Säule“ zusammengefasst. Die sogenannte
Fischler-Reform von 2003 brachte die weitgehende Entkopplung der Direktzah-
lungen von der Produktion und deren verpichtende Verknüpfung mit der Ein-
haltung einer Reihe von ordnungsrechtlichen Auagen (Cross Compliance, in der
Agenda 2000 eine wenig populäre Option für die Mitgliedstaaten). Die jüngste
GAP-Reform von 2013 verknüpft die Zahlung von 30% der Direktzahlungen mit
Auagen zur Bereitstellung von 5% der betrieblichen Fläche als ökologische Vor-
rangäche, zur Fruchtfolgegestaltung und dem Dauergrünlanderhalt (sog. Gree-
ning der Ersten Säule).
Das Ausmaß, in dem sich die vielfach als dysfunktional kritisierte GAP verän-
dert hat, ist umstritten und abhängig von der konzeptionellen Rahmung der Dia-
gnose. Einerseits zeigt die historisch-institutionelle Analyse der langfristigen Ent-
wicklung der GAP eine hohe Pfadabhängigkeit auf der Ebene der Policy-Ideen
und Politik-Instrumente (Kay 2003; Greer 2005). Andererseits kommt es in größe-
ren Abständen zu erheblichem Politikwandel in der Form der Einführung neuer
Politik-Instrumente– insbesondere die Agrarumweltprogramme, die Einheitliche
Betriebsprämie, die Cross-Compliance- und die Greening-Verpichtungen– deren
Ausgestaltung und Begründung in späteren Reformen dann oft erheblich variiert
werden.
Die Diskussion zum Wandel der Agrarpolitik hat sich in der Diagnose eines
kumulativen Paradigmenwechsels, der über eine Abfolge von kleineren Re-
formschritten zu einem grundlegenden Wandel der Agrarpolitik führte, verdichtet
(Coleman etal. 1997). Gegen diesen Befund gibt es zwei Einwände, einerseits
gegen die Diagnose einer Verschiebung der ideellen Grundlagen der GAP, ande-
rerseits gegen die Diagnose einer substanziellen Veränderung der politischen Lo-
gik der GAP.
Bezüglich des ersten Einwands sehen andere Autoren weniger eine Verschiebung
des Politik-Paradigmas der GAP als eine Konkurrenz zwischen vier divergieren-
den Paradigmen bzw. Leitbildern (Josling 2002; Moyer und Josling 2002):
4.1 Die politische Logik der GAP: Zwischen Einkommenspolitik und Umweltintegration
60
Agrarexzeptionalismus basiert auf der Annahme, dass die Landwirtschaft zu
wesentlichen öffentlichen Politikzielen beiträgt, dass freie Marktmechanismen
aber nicht der beste Weg sind, eine efziente und produktive Landwirtschaft si-
cherzustellen (Coleman et al. 1997; Grant 1997; Skogstad 1998). Dieses
Paradigma hat eine produktivistische Orientierung und geht davon aus, dass
die Landwirtschaft staatliche Unterstützung braucht.
Das marktliberale Paradigma geht davon aus, dass die Landwirtschaft mit an-
deren Sektoren und Ländern auf dem Markt um knappe Ressourcen konkurrie-
ren kann und daher weder Außenprotektion noch sektorale Sonderregelungen
benötigt. Übergangsregelungen – etwa zeitlich begrenzte Direktzahlungen
können aus sozialen oder politischen Erwägungen Härten bei der Marktliberali-
sierung abfedern.
Das Paradigma einer multifunktionellen Landwirtschaft geht davon aus,
dass die Landwirte sowohl marktfähige Produkte wie auch öffentliche Güter
(Landschaften, Ökosystemleistungen) als Koppelprodukte erzeugen. Da für letz-
tere freie Marktmechanismen nicht funktionieren, sind staatliche Marktinterven-
tionen und Entgeltmechanismen notwendig. Das Multifunktionalitätsparadigma
teilt mit dem Paradigma der staatsgestützten Landwirtschaft die exzeptionalisti-
sche Annahme, dass Landwirtschaft besondere Bedingungen aufweist, diese
werden jedoch vor allem im Bereich der Allokationsprobleme für öffentliche
Güter gesehen und weniger in den Einkommensproblemen der Landwirtschaft.
Auch wird die produktivistische Orientierung nicht geteilt.
Das Paradigma einer globalisierten Landwirtschaft lässt sich als Weiterent-
wicklung des marktliberalen Paradigmas unter Bedingungen global integrierter
Wertschöpfungsketten verstehen. Angesichts der Proliferation von staatlichen
und privaten Standards steht hier die regulative Harmonisierung von Sozial- und
Umweltstandards im Vordergrund (Josling 2002). Dabei können innerhalb des
Paradigmas unterschiedliche Akzente gesetzt werden, beispielsweise wenn ent-
weder die Aufrechterhaltung und Verbreitung hoher Standards oder der Ruf nach
evidenzbasieren Regeln und Maßnahmen im Vordergrund steht. Der Streit um
den Stellenwert des Vorsorgeprinzips etwa bei der Regulierung von Nahrungs-
mitteln mit gentechnisch veränderten Bestandteilen ist hier ein gutes Beispiel.
Eine umfassende Befragung von agrarpolitischen Akteuren in Deutschland hat die
Präsenz aller vier Paradigmen aufgezeigt, deren Elemente jedoch von den Akteuren
oft kombiniert werden (Feindt 2008). Im Ergebnis besteht im Politikfeld einerseits
keine ideelle Homogenität oder Hegemonie mehr, sondern die agrarpolitischen Ak-
teure bewegen sich in einem vielfältigen Diskursfeld, in dem je nach Situation un-
terschiedliche Aspekte in den Vordergrund gestellt werden können. In eine ähnliche
Richtung weisen die Befunde von Alons und Zwaan (2015). Sie zeigen in einer Ana-
lyse der agrarpolitischen Diskurse in Brüssel sowie in Deutschland, Frankreich und
Großbritannien, dass die sehr vielfältigen Begründungen für die GAP von den Regie-
rungsvertretern strategisch genutzt werden, um einerseits in gemeinsamen Ver-
handlungen zu einer Übereinstimmung zu kommen (koordinative Funktion des Dis-
kurses), und andererseits die GAP den jeweiligen heimischen Adressaten zu
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
61
vermitteln (kommunikative Funktion des Diskurses). Diese Studien zeigen, dass es
vielfältig überlappende Diskurse zur europäischen Agrarpolitik gibt, die sich jeweils
zu Recht auf bestimmte Aspekte des ideellen Rahmens der GAP beziehen können
und dabei andere Aspekte strategisch ausblenden.
Weitere Studien zeigen, dass insbesondere die Europäische Kommission neue
Diskurse durchaus aufnimmt, um Reformen der GAP bzw. die Fortsetzung der er-
heblichen Zahlungen zu begründen, ohne dass dies den Kern der Politik wesentlich
berührt. Garzon (2006) zeichnet nach, wie das Konzept der Multifunktionalität in
den 1990er-Jahren zunächst adoptiert wurde, um im Rahmen der GATT/WTO-
Verhandlungen die Stützungszahlungen für das „europäische Modell der Landwirt-
schaft“ zu verteidigen. Nachdem die Direktzahlungen durch die Fischler-Reform
von der Produktion entkoppelt und damit in die Green Box der nur gering produk-
tionsverzerrenden Maßnahmen verschoben worden waren, verschwand das Multi-
funktionalitätskonzept jedoch schnell aus dem Zentrum der Argumentation. Candel
etal. (2014) zeigen, dass unter dem Einuss der Nahrungsmittelpreiskrise ab 2008
die Kommission der Ernährungssicherheit einen prominenten Stellenwert in der Be-
gründung der GAP zuwies, ohne dass dies jedoch zu wesentlichen politischen Ini-
tiativen geführt habe– abgesehen von einem Fonds mit einer Milliarde Euro sowie
einem neuen Mechanismus zur Überprüfung von Politik auf ihre Konsistenz mit
dem Ziel der Ernährungssicherheit. Candel etal. (2014) zeigen weiterhin, dass
das Thema der Ernährungssicherheit in alle verschiedenen agrarpolitischen Para-
digmen eingebaut wurde. Im Ergebnis bestehen bei oberächlichem Konsens sehr
unterschiedliche Annahmen über die Ursachen und Problemlösungen– etwa ob
eine massive Produktionssteigerung oder eine langfristige Sicherung der Biodiver-
sität Priorität haben soll. Insgesamt ergibt sich damit das Bild einer Diskursdiversi-
zierung mit oft marginalem Einuss auf den Policy-Kern der GAP.
Der zweite Einwand gegen die These eines kumulativen Paradigmenwechsels
stellt in Frage, ob die ideelle Verschiebung beziehungsweise Pluralisierung der
Agrar politik die GAP in der Substanz verändert hat. Auf der einen Seite hat infolge
von AUKM, Cross Compliance und Greening durchaus eine Integration von Um-
weltbelangen in die GAP stattgefunden, diese ist jedoch nicht allein und nicht vor-
rangig umweltpolitischen Motiven zu verdanken (Feindt 2010). Daugbjerg und
Swinbank (2016) argumentieren, dass die Reformschritte der GAP seit 1992 einen
Fall von Policy-Layering darstellen, bei dem um einen stabilen Policy-Kern Zusatz-
aspekte angelagert werden, um den Kern gegenüber veränderten Herausforderungen
im Zeitablauf zu verteidigen und zu legitimieren. Den „harten Kern“ der GAP stellt
demnach die Einkommenspolitik für den landwirtschaftlichen Sektor dar. Der redis-
tributive Charakter der GAP war angesichts der komplizierten Marktmechanismen
jedoch wenig sichtbar. Die schrittweise Umstellung der Einkommensstützung von
Marktintervention hin zu steuernanzierten Direktzahlungen seit 1992 hat die Sicht-
barkeit der Einkommenstransfers und damit den Legitimationsbedarf erhöht. Die
Addition von Cross Compliance und Modulation sowie später dem Greening dient
dazu, gegenüber der Öffentlichkeit und auch gegenüber anderen Politikfeldern, die
um knappe Mittel konkurrieren, einen öffentlichen Nutzen der erheblichen öffentli-
chen Zahlungen darzustellen und die Politik damit argumentativ zu verteidigen
4.1 Die politische Logik der GAP: Zwischen Einkommenspolitik und Umweltintegration
62
(vgl. Majone 1989). Die Anforderungen an die Landwirte sind jedoch jeweils so
ausgestaltet, dass sie– abgesehen von Dokumentationspichten– relativ geringe
zusätzliche Erbringungskosten erfahren und damit die Einkommenskomponente der
Direktzahlungen möglichst weitgehend unangetastet bleibt. Daugbjerg und Swin-
bank (2016) kommen daher zu dem Ergebnis, dass von einem Paradigmenwechsel
in der GAP nicht die Rede sein könne, da es sich im Kern seit Jahrzehnten um Ein-
kommenspolitik für den Sektor handele.
Diese Argumentation bestärkt den Befund einer ausgeprägten Pfadabhängig-
keit der Gemeinsamen Agrarpolitik. Diese wird durch verschiedene Faktoren er-
klärt. Zunächst ging die Europäisierung der Agrarpolitik mit einer starken institu-
tionellen Abschottung der GAP einher, die bis zur jüngsten institutionellen
Reform der EU im Wesentlichen zwischen der Generaldirektion Landwirtschaft
(DG Agri) der EU-Kommission und dem Rat der Agrarminister bestimmt und auch
von den europarechtlichen Rahmenbedingungen materiell entsprechend ankiert
wurde (siehe auch Oppermann etal. 2011: §24, Rn.11; Purnhagen und Schebesta
2017). Von der institutionellen Reform der EU, welche die GAP in den Bereich der
Mitentscheidung des Parlaments verschoben hat, wurde vielfach eine stärkere Öff-
nung der Beratungen für nicht-agrarische Interessen erwartet. Tatsächlich hat diese
institutionelle Reform jedoch eher zu einer Stärkung der agrarischen Interessen
über den federführenden Agrarausschuss des EU-Parlaments geführt (Greer und
Hind 2012).
Stärker politökonomisch angeregte Untersuchungen zeigen, dass die bestehende
Agrarpolitik von den Gruppen, die von ihr in erheblichem Maße protieren, mit
großem Aufwand verteidigt wird. Die agrarpolitischen Netzwerke, die sich in den
Mitgliedstaaten sowie erst in der EWG, dann in der EG und schließlich in der EU
etablierten und sich wechselseitig mit den institutionellen Strukturen stabilisieren,
gelten als eng geknüpft und relativ geschlossen (Jordan et al. 1994; Daugbjerg
1997, 1999). Seit Mitte der 1990er-Jahre wird zwar vielfach ein Verlust des exklu-
siv agrarischen Charakters der agrarpolitischen Netzwerke beobachtet, was auch als
ein Erklärungsfaktor für die Verschiebung der agrarpolitischen Paradigmen vorge-
schlagen wird (Coleman etal. 1997). Den Interessenorganisationen der Agrarwirt-
schaft wurde aber selbst zu Zeiten der Fischler-Reform und unter dem Eindruck der
BSE- Krise das höchste Einusspotenzial zugeschrieben, wie eine eigene Befra-
gung 2003 unter agrarpolitischen Akteuren in Deutschland und in Brüssel ergab
(Feindt 2008).
Größere Reformen werden jedoch dadurch erschwert, dass bei den Verhandlun-
gen über den Finanzrahmen der GAP eine Verteilungslogik dominiert, in der die
Mitgliedstaaten vor allem auf ihre Nettozahlerposition achten. Dies wirkt insge-
samt ebenfalls strukturerhaltend, da neue Instrumente oder Veränderungen des Fi-
nanzierungsschlüssels entweder nicht verteilungsneutral sind oder die Verteilungs-
konsequenzen schwer abzusehen sind (Ackrill 2005; Ackrill und Kay 2006). Dieser
Mechanismus steht insbesondere einer Verschiebung von Mitteln aus der zu 100%
EU-nanzierten Ersten Säule in die lediglich ko-nanzierte Zweite Säule entgegen,
solange nicht besondere Vereinbarungen für eine solche „Modulation“ getroffen
werden.
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
63
Insgesamt ist die GAP also so konstruiert, dass starke wirtschaftliche und ge-
sellschaftliche Gruppen sowie wichtige Kräfte in den Parlamenten und Regierungen
der Mitgliedsländer der EU ein erhebliches Interesse an ihrer Fortführung haben–
ein selbstverstärkender Effekt, der auch als positives Policy-Feedback bezeichnet
wird (Pierson 1993; Daugbjerg 2003).
Größere Reformen der GAP kommen nur unter erheblichem Druck aus ande-
ren Politikbereichen, insbesondere der Handels- und Finanzpolitik zustande
(Ackrill etal. 2008). Der Reform von 1992 ging der Abbruch der Verhandlungen
über die Gründung einer Welthandelsorganisation 1990in Brüssel voraus. Ohne
eine grundlegende Reform der GAP hätte daher ein Scheitern der Uruguay-Runde
gedroht (Swinbank 1993, 1999; Swinbank und Tanner 1996). Daneben stand die
MacSharry- Reform im Kontext des neuen mittelfristigen Finanzrahmens (1993–
1999), der das Wachstum der Agrarausgaben begrenzte, sowie der bevorstehenden
Norderweiterung der EU von 1995. Bei der Diskussion um die Agenda 2000 im Jahr
1999 fehlte ein solch starker Problemdruck und es blieb bei kleineren Reformen.
Bei der Fischler- Reform von 2003 wirkte hingegen eine Kombination von handels-
politischem Druck (Doha-Runde des GATT), umwelt- und verbraucherpolitischem
Druck im Nachgang der BSE-Krise (Purnhagen 2013a, S.24–42), und nanzpoliti-
schem Druck im Vorfeld der EU-Osterweiterung um zehn neue Mitglieder mit zum
Teil bedeutenden Agrarsektoren und erheblichen Strukturproblemen (Daugbjerg
und Swinbank 2007).
Dennoch bleibt erklärungsbedürftig, warum die GAP 2015 sich im Hinblick auf
die Instrumente und die Begründung erheblich von der GAP 1990 unterscheidet.
Neuere Arbeiten zur Agrarpolitik nehmen verstärkt eine Prozessperspektive auf
den Wandel der GAP ein. Daugbjerg (2009) zeigt, dass bei einer Betrachtung über
mehrere GAP-Reformrunden sichtbar wird, wie „reaktive Sequenzen“– zeitlich
geordnete Ketten kausal miteinander verknüpfter Ereignisse (Mahoney 2000,
S. 526) – substanziellen Politikwandel über Zeit erklären können. Anders als
selbst-verstärkende Sequenzen, die eine einmal etablierte Politik oder Institution
über lange Zeiträume stabilisieren, sind reaktive Sequenzen durch interaktive und
oft transformative Prozesse gekennzeichnet: „Whereas self-reinforcing sequences
are characterized by processes of reproduction that reinforce early events, reactive
sequences are marked by backlash processes that transform and perhaps reverse
early events. In a reactive sequence, early events trigger subsequent development
not by reproducing a given pattern, but by setting in motion a chain of tightly linked
reactions and counterreactions“ (Daugbjerg 2009, S.398). Die von MacSharry vor-
geschlagenen Direktzahlungen wurden von den Bauernverbänden zunächst scharf
abgelehnt, wurden bei den Empfängern dann aber wegen der einkommensstabilisie-
renden Wirkung durchaus populär. Die Überwachung der Stilllegungsverpichtun-
gen erforderte jedoch den Aufbau einer neuen und komplexen Bürokratie. Kommis-
sar Fischler reagierte darauf mit dem Vorschlag einer vollständig entkoppelten
Direktzahlung für Kleinlandwirte, die 2001 eingeführt wurde und offenbar als Test-
ballon für die Akzeptanz einer von der Produktion entkoppelten Zahlung diente.
Anfang 2002 schlug Fischler dann für die osteuropäischen Beitrittsländer einen
„vereinfachten Ansatz“ vor, nämlich eine rein ächenbezogene, produktionsentkoppelte
4.1 Die politische Logik der GAP: Zwischen Einkommenspolitik und Umweltintegration
64
Flatrate. Nachdem dieser Ansatz für ein Drittel der Farmer in der künftigen erwei-
terten EU akzeptiert war, el es den widerstrebenden Agrarministern schwer,
Fischlers Vorschlag zurückzuweisen, das Prinzip im Midterm-Review auf die
gesamte EU auszudehnen (wobei Mitgliedstaaten die Möglichkeit erhielten, weiter-
hin einen Teil der Direktzahlungen an die Produktion zu koppeln und zwischen ei-
ner betriebsindividuell historischen und einer regionalen Flächenprämie zu wählen).
Im Hinblick auf die Verhandlungsprozesse und die Ergebnisse ist die Sequenz
der Verhandlungen über den Finanzrahmen und die Politikgestaltung der
GAP von erheblicher Bedeutung. Bei der Einrichtung der Marktpolitiken in den
1960er-Jahren war davon ausgegangen worden, dass sich die Marktinterventionen
und Exportsubventionen durch die Einnahmen aus den Importabgaben nanzieren
lassen würden, die GAP sich also selbst tragen würde. Der GAP wurde daher kein
nanzieller Rahmen vorgegeben. Im Ergebnis kam es wiederholt zu massiven Bud-
getkrisen und einer kontinuierlichen Ausweitung der Finanzmittel für die GAP.Dies
ändert sich erst 1988 mit dem ersten mittelfristigen Finanzrahmen, eine Konse-
quenz der Verabschiedung der Einheitlichen Europäischen Akte von 1987. Hatten
sich bis dahin die Agrarminister (oder bei deren Uneinigkeit die Staats- und Regie-
rungschefs) auf agrarpolitische Maßnahmen geeinigt, für die dann eine Finanzie-
rung gefunden werden musste, hat sich seitdem die Reihenfolge der Verhandlungen
geändert: Zunächst wird ein nanzieller Rahmen festgelegt, innerhalb dessen sich
die GAP zu bewegen hat. Die Einigung über den Finanzrahmen kann dabei mit der
Festlegung von politischen Grundlinien einhergehen. So wurde etwa im Vorfeld der
GAP-Reform 2013in der Einigung über den Mehrjährigen Finanzplan festgeschrie-
ben, dass es ein Greening der Ersten Säule geben soll (Swinnen 2015).
Vor dem Hintergrund der erheblichen Pfadabhängigkeit der Agrarpolitik ist es
nicht überraschend, dass für den Agrarsektor wesentliche Reformen außerhalb
der GAP stattnden. Hier sind drei Entwicklungslinien zu nennen:
1. Entwicklung eines ordnungsrechtlichen Rahmens, der die naturschutz-, um-
weltschutz- und verbraucherrechtlich relevanten Auswirkungen landwirtschaft-
licher Tätigkeiten reguliert;
2. Bemühungen, die GAP stärker dem allgemeinen Rahmen der Binnenmarktre-
gulierung zu unterwerfen;
3. Eine Reihe von weiteren neue Politiken, die erhebliche Auswirkungen auf den
Agrarsektor haben, ohne dass dies das vorrangige Interventionsziel ist, wie etwa
das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) mit der Förderung der Biomasse (Del-
zeit etal. 2012; Herbes etal. 2014). Der Einuss von anderen Politikfeldern auf
die Agrarpolitik wird etwa als Policy-Spillover oder Policy-Stretching diskutiert
(Feindt und Flynn 2009).
Hinzu kommt die wachsende Bedeutung von staatlichen und nicht-staatlichen
Standards. Erklärungsansätze verweisen insbesondere auf den Einuss der Globa-
lisierung auf die veränderten Regulationsformen im Agrarbereich (Higgins und
Lawrence 2005). Aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes sowie von Akteuren,
die an regionalen Produkten interessiert sind, wird dabei ein Dilemma deutlich.
Standards etwa für den ökologischen Landbau schaffen zwar einerseits Vertrauen in
die gekennzeichneten Produkte und unterstützen damit die Etablierung „grüner“
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
65
Märkte, andererseits führen sie aber auch zu einer Standardisierung von Produkten
und Prozessen, die nicht immer im Einklang mit den Akteuren im „grünen“ Teil-
sektor steht (Boström und Klintman 2006, 2009).
Insgesamt ergibt sich aus der Forschung das Bild, dass sich die Agrarpolitik in ei-
nem langfristigen Wandlungsprozess bendet, der als kumulativer Paradigmenwechsel
beschrieben werden kann und bei dem die folgenden Elemente von Bedeutung sind:
Veränderung des institutionellen Rahmens durch internationale Einbettung
(GATT etc.), Mitentscheidungsverfahren für die GAP, ordnungsrechtlicher Rah-
men;
Einführung neuer Politik-Instrumente, z. B. Cross Compliance und Greening,
neue Umwelt- und Verbraucherschutzstandards und -labels;
zunehmende Wechselwirkungen mit anderen Politikfeldern, insbesondere Han-
dels-, Umwelt- und Energiepolitik;
Veränderung der agrarpolitischen Netzwerke;
wachsende Bedeutung von Ideen- und Paradigmenstreit in der Agrarpolitik.
Zugleich bestehen erhebliche Barrieren für eine bessere Berücksichtigung des Na-
tur- und Umweltschutzes:
die fortbestehende Dominanz des Verständnisses der GAP als Einkommenspoli-
tik für den Sektor;
die Dominanz der Verteilungslogik zwischen den Mitgliedstaaten, die größeren
Reformen mit unklaren Verteilungswirkungen entgegen steht;
die institutionelle Verankerung der GAP bei der DG Agri und den Agrarministe-
rien, die Ziele jenseits der Einkommenslogik, wie Verbraucherschutz, Natur-
schutz- und Umweltanliegen, eher als Zusatzaspekte denn als Kern der Agrar-
politik verstehen;
das Fehlen von externem Handlungsdruck, der sich für naturschutz- und umwelt-
politische Ziele nutzen lässt (die mögliche Ausnahme bildet hier eine nanzpoli-
tische Drohkulisse in Verbindung mit Zweifeln an der Effektivität und Efzienz
der in der GAP eingesetzten Mittel);
der mit zielgenauen Maßnahmen oft verbundene Bürokratieaufwand, der solche
Maßnahmen unpopulär macht.
Im nächsten Abschnitt stellen wir dar, welche Handlungsspielräume und Hand-
lungsansätze sich aus Veränderungen des rechtlichen Rahmens ergeben können.
4.2 Die politische Logik des rechtlichen Rahmens
4.2.1 Der Rahmen des Umweltordnungsrechts
Ausgehend von der Annahme, dass landwirtschaftliche Tätigkeiten in den seltensten
Fällen ausschließlich nur Kernbereiche der Landwirtschaft tangieren, sondern
gleichzeitig häug Tätigkeiten auf anderen Politikfeldern wie dem Umwelt- oder
Verbraucherschutz darstellen, sehen sich landwirtschaftliche Tätigkeiten zunehmend
4.2 Die politische Logik des rechtlichen Rahmens
66
Regelungen aus diesen Bereichen ausgesetzt. Diese sollen im Folgenden als „Um-
weltordnungsrecht“ bezeichnet werden. Das Umweltordnungsrecht kann in zwei
Bereiche aufgeteilt werden: Zum einen enthält das Ordnungsrecht einen agrarrecht-
lichen „Kernbereich“, der direkt die Agrarwirtschaft regelt und oft nur mittelbar zum
Schutz von Ökosystemen beiträgt (Möckel 2016). Hierher gehören das Panzen-
schutzrecht,2 das Recht zum ökologischen Landbau,3 das Agrarbeihilfenrecht,4 so-
wie das Recht zur Bioenergie.5 Zum anderen gibt es Regelungen, die originär aus
anderen Bereichen des Binnenmarktes stammen (wie beispielsweise direkt aus dem
Umwelt-, klassischen Binnenmarkt- oder Verbraucherrecht) und landwirtschaftliche
Tätigkeit „von den Rändern“ ankieren. Hierzu gehören Regelungen zum Klima-
wandel, zur Biotechnologie (insbesondere die Regelungen zu den genetisch verän-
derten Organismen, siehe als Übersicht Purnhagen und Wesseler 2016), zum Schutz
der Waldressourcen,6 zu Forschung und Innovation, zur Lebensmittelsicherheit,7
2 Verordnung (EG) Nr.1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober
2009 über das Inverkehrbringen von Panzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien
79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates, ABl. L 309 vom 24.11.2009, S.1–50.
3 Verordnung (EG) Nr.834/2007 des Rates vom 28. Juni 2007 über die ökologische/biologische
Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und zur Aufhe-
bung der Verordnung (EWG) Nr.2092/91, ABl. L 189 vom 20.07.2007, S.1–23 sowie Verordnung
(EG) Nr. 2003/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über
Düngemittel, ABl. L 304 vom 21.11.2013, S.1–194.
4 „Cross Compliance“ und „Greening“: Verordnung (EU) Nr.1306/2013 des Europäischen Parla-
ments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das
Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG)
Nr.352/78, (EG) Nr.165/94, (EG) Nr.2799/98, (EG) Nr.814/2000, (EG) Nr.1290/2005 und (EG)
Nr.485/2008 des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S.549–607; Verordnung (EU) Nr.1307/2013
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direkt-
zahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Ge-
meinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr.637/2008 des Rates und der
Verordnung (EG) Nr.73/2009 des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S.608–670; Verordnung
(EU) Nr.702/2014 der Kommission vom 25. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit be-
stimmter Arten von Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten mit dem Bin-
nenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäi-
schen Union, ABl. L 193 vom 01.07.2014, S. 1–193; Verordnung (EU) Nr. 1408/2013 der
Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags
über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen im Agrarsektor, ABl.
352,vom 24.12.2013, S.9–17.
5 Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur För-
derung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden
Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG, ABl. L140 vom 05.06.2009, S.16–62;
Richtlinie 2009/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur
Änderung der Richtlinie 98/70/EG im Hinblick auf die Spezikationen für Otto-, Diesel- und Gas-
ölkraftstoffe und die Einführung eines Systems zur Überwachung und Verringerung der Treibhaus-
gasemissionen sowie zur Änderung der Richtlinie 1999/32/EG des Rates im Hinblick auf die Spe-
zikationen für von Binnenschiffen gebrauchte Kraftstoffe und zur Aufhebung der Richtlinie
93/12/EWG, ABl. L 140 vom 05-06-2009, S.88–113.
6 Eine neue EU-Waldstrategie: für Wälder und den forstbasierten Sektor, COM(2013) 659 nal/2.
7 Siehe insbesondere die Lebensmittelbasisverordnung: Verordnung (EG) Nr.178/2002 des Eu-
ropäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
67
zur Tiergesundheit und zum Tierschutz8 sowie dem Panzenschutz9 und der Biodi-
versität (Tab.4.1).10
Im Folgenden soll zunächst der agrarrechtliche Kernbereich dargestellt werden,
bevor auf das Rahmenrecht eingegangen wird.
4.2.1.1 Der agrarrechtliche Kernbereich
Der agrarrechtliche Kernbereich folgt in seiner Regulierungslogik der europäischen
Agrarpolitik, wie sie in den Art.38–44 AEUV festgeschrieben wurde (zum Inhalt
dieser Agrarpolitik und ihrer Ausrichtung auf die Einkommenssicherung für Land-
wirte siehe Abschn.4.1). Das heißt vor allem, dass selbst wenn diese Regelungen
umweltrechtlichen Charakter haben, diese Regelungen stets auch im Lichte der Ver-
wirklichung der in Art.38–44 AEUV festgelegten Ziele zu erfolgen hat.
Das Panzenschutzrecht soll in erster Linie der Verbreitung von Schadorganis-
men vorbeugen. Demnach sind nicht-chemischen Methoden wie geeigneten Frucht-
folgen, Kultivierungsverfahren, die Verwendung resistenter Sorten, ausgewogener
Düngung und Bewässerung sowie der Förderung wichtiger Nutzorganismen stets
der Vorzug vor dem Verwenden von Pestiziden zu geben. Ein Pestizideinsatz ist erst
ab der Überschreitung eines wissenschaftlich begründeten Schwellenwertes mög-
lich. Darüber hinaus werden strenge formelle Anforderungen an die Verwendung
von Pestiziden wie etwa Aufzeichnung und Meldung der verwendeten Menge, der
behandelten Fläche und Kulturpanzen gestellt. Die Regelungen zum ökologi-
schen Landbau sollen einen europaweiten Mindeststandard für aus ökologischem
Landbau erzeugte Produkte sicherstellen. Dabei müssen im Herstellungsverfahren
für solche Produkte insbesondere hohe Anforderungen an den Schutz der Fruchtbarkeit
Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen
Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicher-
heit, ABl. L 31 vom 01.02.2002, S.1–24.
8 Siehe insbesondere die Webseite http://ec.europa.eu/food/animals_en.
9 Siehe insbesondere die Webseite http://ec.europa.eu/food/plant_en.
10 Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume
sowie der wildlebenden Tiere und Panzen, ABl. L 206 vom 22.07.1992, S.7–50.
Tab. 4.1 Die zwei Säulen des Umweltordnungsrechts in der EU
Agrarrechtlicher Kernbereich Rahmenrecht
• Agrarbeihilfenrecht
• Düngemittelrecht
Panzenschutzrecht (agrarrechtliche
Bestimmungen)
Regelungen zu Tiergesundheit und zum
Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere
Recht zum ökologischen Landbau
Recht zur Bioenergie
• Wettbewerbsrecht
Regelungen zur Lebensmittelsicherheit
Forschungs- und Innovationsrecht
• Biotechnologierecht
Naturschutz- und Biodiversitätsrecht
• Wasserrecht
Panzenschutzrecht (umweltrechtliche
Bestimmungen)
Regelungen zum Klimawandel
4.2 Die politische Logik des rechtlichen Rahmens
68
der Böden und der Verringerung der Stoffausträge beachtet werden. Insbesondere
wird in diesem Zusammenhang die Verwendung chemisch-synthetischer Produkti-
onsmittel reguliert. Das Agrarbeihilferecht, vor allem als Cross Compliance oder
Greening bekannt, enthält Mindestanforderungen für Landwirte, um Direktzahlun-
gen zu erhalten. Ähnlich den ordnungsrechtlichen Regeln zur guten fachlichen Pra-
xis beinhalten die Cross-Compliance- und Greening-Anforderungen Mindestanfor-
derungen für Landwirte. Diese Mindestanforderungen im Rahmen der Cross
Compliance wiederum verweisen vor allem auf das später darzustellende Rahmen-
recht. Die Greening-Anforderungen und die Maßnahmen aus der ersten Säule statu-
ieren betriebsbezogene Pichten zum Erhalt der Dauergrünlandächen, der Bereit-
stellung ökologischer Vorrangächen sowie zur Vielfalt des Anbaus von Kulturen
auf Ackerächen. Die Überprüfung dieser Vorgaben ist für mindestens 5 % der
Empfänger verbindlich. Die Regulierung der Bioenergie soll sicherstellen, dass
der Anbau und der Import von Biomasse, aus der Energie gewonnen wird, nach-
haltig erfolgen. Insgesamt soll die Nutzung von Bioenergie eine positive Treibhaus-
gasbilanz aufweisen und die biologische Vielfalt nicht gefährden.
Die Umsetzung oder Ausgestaltung dieser Regelungen in nationales Recht ist
angesichts der Ausgestaltung der meisten dieser Rechtsakte als Verordnungen
mit Maximalharmonisierungscharakter in den meisten Fällen nicht notwendig.
Soweit und sofern nur Mindeststandards europarechtlich vorgegeben sind, kann
der Gesetzgeber jedoch darüber hinausgehen. Hier kann nicht in Gänze auf das
umfangreiche deutsche Ordnungsrecht eingegangen werden. Da es in vielen Be-
reichen das EU-Recht widerspiegelt, ist dies auch nicht unbedingt angezeigt.
Für eine umfangreichere Untersuchung wird insoweit auf Möckel etal. (2014)
verwiesen.
4.2.1.2 Das Rahmenrecht
Das Rahmenrecht entspringt einer anderen Regulierungslogik, die jeweils in Bezug
auf die entsprechenden Politiken zu verstehen ist. Gemein haben diese, dass sie
damit in erster Linie nicht der Verwirklichung der in Art.38–44 AEUV festgelegten
Agrarpolitik dienen, sondern hauptsächlich an ihrem jeweiligen verfolgten Ziel zu
messen sind. Da sie dennoch Auswirkungen auf die Agrarwirtschaft haben können,
sind Art.38–44 AEUV jedoch zumindest zu berücksichtigen, vor allem bei den di-
versen zu treffenden normativen Entscheidungen im Rahmen des Verhältnismäßig-
keitsgrundsatzes. Gemäß dem zugrundeliegenden regulatorischen Ziel können die
Regelungen grob eingeteilt werden in solche, die das klassische Binnenmarktziel
verwirklichen, und solche, die dem Schutz der Umwelt dienen (Tab.4.2).
Das Wettbewerbsrecht sowie das Forschungs- und Innovationsrecht beziehen
sich auf alle Sektoren und nden entsprechend auch auf den Agrarbereich Anwen-
dung. Sektorspezischer ist das Lebensmittelsicherheitsrecht, das jedoch seiner
Genese nach im Wesentlichen als Verbraucherrecht entstanden ist. Als solches ist
das Lebensmittelsicherheitsrecht dem Binnenmarktziel des Art. 114 AEUV ver-
pichtet, der seinerseits auf wirtschaftliche Binnenmarktintegration zugeschnitten
ist. Das Lebensmittelsicherheitsrecht bezweckt, innerhalb der gesamten Lieferkette
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
69
sicherzustellen, dass keine unsicheren Lebensmittel auf den Markt gelangen. Da
auch die Lebensmittelproduktion unter das Lebensmittelrecht fällt, sind auch Pri-
märproduzenten wie Landwirte daran gebunden und können damit, wenn sie unsi-
chere Lebensmittel herstellen, im Rahmen des Lebensmittelrechts dafür haftbar ge-
macht werden. Die Haftung ist als solche relativ weit, da als „nicht sicher“ nicht nur
gesundheitsschädliche Lebensmittel gelten, sondern auch solche, die für den Ver-
zehr für den Menschen ungeeignet sind. Gleichzeitig wird die Haftung teilweise
durch ein verschuldensunabhängiges Haftungsrecht ankiert. Das Recht der Bio-
technologie statuiert u.a. eine grundsätzliche Koexistenz von genetisch veränder-
ten und genetisch nicht veränderten Organismen. Hierfür ist zum einen eine Zulas-
sungspicht für alle genetisch veränderten Organismen vorgesehen, die für den
Verzehr gedacht sind oder in die Umwelt verbracht werden sollen. Daneben statu-
iert das Europarecht auch die Notwendigkeit der verschuldensunabhängigen Haf-
tung für eine Vermengung von genetisch veränderten und nicht genetisch veränder-
ten Organismen.
Zum umweltrechtlichen Rahmen gehören das Naturschutz- und Biodiversitäts-
recht, das Wasserrecht, Regelungen zum Klimawandel sowie die umweltrechtlichen
Bestimmungen im Panzenschutzrecht und im Biotechnologierecht. Diese Rege-
lungen betreffen zwar nicht ausschließlich die Landwirtschaft, haben aber zum Teil
wichtige Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Praxis.
4.2.2 Die Veränderung des europarechtlichen Rahmens
Die deutsche Agrarpolitik ist eingebettet in einen rechtlichen Rahmen, der sich
mittlerweile nahezu ausschließlich am EU-Recht orientiert. Die Rolle, die das EU-
Recht der Agrarpolitik beimisst, hat sich auch mit der fortschreitenden europä-
ischen Integration verändert. Dies ist im Wesentlichen auf zwei voneinander unab-
hängige Entwicklungen zurückzuführen, die sich mittlerweile immer mehr
annähern: Zum einen reagiert das Recht auf Entwicklungen, die die veränderte poli-
tische Rolle der GAP von einem System zur Einkommenssicherung von Land-
wirten hin zu einem wettbewerbsorientierten Wirtschaftszweig reektieren
(hierzu Abschn.4.2.2.1). Zum anderen hat der „From farm to table“-Ansatz dazu
geführt, dass sich landwirtschaftliche Produktionszweige immer mehr an der
Vermeidung von Haftungsrisiken orientieren müssen, die aus verbraucherschützen-
den Normen resultieren (hierzu Abschn.4.2.2.2).
Tab. 4.2 Die zwei Säulen des Rahmenrechts in der EU
Klassisches Binnenmarktrecht Umweltrecht
Biotechnologierecht (binnenmarktrechtliche
Bestimmungen)
Forschungs- und Innovationsrecht
Regelungen zur Lebensmittelsicherheit
Wettbewerbsrecht
Naturschutz- und Biodiversitätsrecht
• Wasserrecht
Panzenschutzrecht (umweltrechtliche
Bestimmungen)
Biotechnologierecht (umweltrechtliche
Bestimmungen)
Regelungen zum Klimawandel
4.2 Die politische Logik des rechtlichen Rahmens
70
4.2.2.1 Einbeziehung der GAP indas allgemeine Beihilfen- und
Wettbewerbsrecht und das „soziale“ Binnenmarktrecht
Die GAP wurde im Jahr 2007 durch die Einführung der Gemeinsamen Organisa-
tion der Agrarmärkte (Verordnung (EG) Nr.1234/2007)11 ergänzt. Damit reagierte
die EU auf den mit der Lissabon-Strategie eingeschlagenen Konsolidierungskurs,
der auch zum Ziel hat, die EU durch Wettbewerbsorientierung der EU-Politiken
international wettbewerbsfähiger zu machen. EU-rechtlich heißt dies, dass die GAP,
welche primärrechtlich in der Vergangenheit faktisch weitgehend von den üblichen
Wettbewerbsregeln abgekoppelt war, nunmehr vermehrt den allgemeinen Re-
geln unterstellt werden kann. Das heißt nicht nur, dass die allgemein gültigen Re-
geln des Wettbewerbsrechts wie die Grundfreiheiten (insbesondere die Freiheit
des Warenverkehrs nach Art.34 AEUV)– wie bei anderen Produktionszweigen
auch– regulär Anwendung nden könnten. Mit der Implementierung dieser allge-
meinen unionsrechtlichen Wettbewerbsregeln nden auch deren Ausnahmen, d.h.
der Umweltschutz, der Verbraucherschutz und der Gesundheitsschutz, eine eben-
solche Anwendung in der GAP.Dieser „Mehr-Wettbewerb-Ansatz“ hat im Wesent-
lichen drei Folgen: Er gibt Unternehmen und Mitgliedstaaten mehr Spielraum bei
der Preisbildung von landwirtschaftlichen Produkten, er unterwirft mitgliedstaatli-
che und private Maßnahmen der Kontrolle des Wettbewerbsrechts und der Grund-
freiheiten und führt schließlich das „soziale“ Binnenmarktrecht (insbesondere
Umwelt- und Verbraucherschutz) auch in die GAP ein. Der Beginn eines sol-
chen Schwenks zu einem „Mehr-Wettbewerb-Ansatz“ wurde zuletzt durch das
EuGH- Urteil zur Preisbindung bei schottischem Whisky bestätigt.
Die Agrarmärkte waren von Beginn an ein wesentlicher Bestandteil des gemein-
samen Marktes. Zwar wurden sie stets formell auch als Teil des Binnenmarktes ge-
sehen, so dass die Wettbewerbsregeln, vor allem die Grundfreiheiten und das Bei-
hilfenrecht, prinzipiell volle Anwendung auch im Bereich der Agrarwirtschaft
nden und fanden (Oppermann etal. 2011: §24, Rn.1). Allerdings ist die histori-
sche Bedeutung des Agrarsektors für die EU von solch fundamentaler Bedeutung,
dass die GAP gem. Art.38 Abs.2 AEUV speziellere Regeln für die Grundfreiheiten
aufstellen kann, die sodann den allgemeinen Regeln der Grundfreiheiten vorgehen.
Während im Zentrum der Grundfreiheiten die Verwirklichung der Freihandelstheo-
rie und die damit verbundenen positiven Effekte für Verbraucherinnen und Verbrau-
cher stehen (Purnhagen 2013b), entwickelte sich die GAP unter dem Schirm der
Spezialregelung des Art.38 Abs.2 AEUV in der Praxis des EuGH und der Kommis-
sion– entgegen dem allgemeinen Grundsatz, dass spezielle Regelungen eng auszu-
legen sind– zu einem Sonderregime, welches besondere Schutzwirkungen für land-
wirtschaftliche Produkte beinhaltete (Oppermann et al. 2011: § 24, Rn. 11).
Zentrales Regelungsziel dieses Sonderregimes war zum einen die Steigerung der
Produktivität und zum anderen die Gewährleistung einer angemessenen Lebenshaltung
11 Aktuell gültig ist die Verordnung (EU) Nr.1308/2013 des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche
Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr.922/72, (EWG) Nr.234/79, (EG)
Nr.1037/2001 und (EG) Nr.1234/2007, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S.671–854.
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
71
für Landwirte,12 welches sich heute noch in Art.39 Abs.1 lit. a) und b) AEUV nie-
derschlägt (Bittner 2012: Art.39, Rn.6). Faktisch hat sich dies dahingehend ent-
wickelt, dass traditionell die Einkommenssicherung der Landwirte als wesentliches
Ziel der GAP angesehen wurde.13 Gemäß Art.39 AEUV verfolgt die GAP aller-
dings noch eine Reihe weiterer Ziele, welchen, je nach den Umständen und Bedürf-
nissen der Zeit, mehr oder weniger Gewicht beigemessen wird (Bittner 2012:
Art.39, Rn.7). Diese unterschiedlichen Gewichtungen nden allerdings innerhalb
der GAP statt, eine Neuausrichtung der GAP im Verhältnis zu den Grundfrei-
heiten, und damit die Auslegung von Art.38 Abs.2 AEUV, wurde bislang nicht
thematisiert.
Um diese Ziele zu erreichen, folgte die GAP dem Prinzip der Markteinheit
und der Marktordnung. Das Prinzip der Markteinheit galt auf Produktions- und
Großhandelsebene, auf der unilateral die Preise im Binnenmarkt abgesprochen
wurden.14 Das Prinzip der Marktordnung galt auf Verbraucher- und Einzelhandels-
ebene, auf der Preise für landwirtschaftliche Produkte prinzipiell frei, das heißt nur
eingerahmt durch mitgliedstaatliche Regelungen, geformt wurden.15 Dieses System
hatte und hat noch immer erhebliche Auswirkungen auf den globalen Handel (Tre-
bilcock 2015, S.110–111): Zum einen hat es dazu geführt, dass billigere Anbieter
aus dem EU-Ausland, die die abgesprochenen Preise unterbieten würden, durch
Einfuhrzölle und -tarife auf das höhere Binnenpreisniveau gebracht werden muss-
ten (Marktabschottung); und zum anderen mussten die Produktionsüberschüsse,
die durch die hohen Garantiepreise ermutigt, aber von Verbrauchern nicht nachge-
fragt wurden, durch subventionierte Exporte abgesetzt oder durch Intervention vom
Markt genommen und vernichtet wurden. Durch die Exportsubventionierung hat
die EU-Agrarpolitik dazu beigetragen, dass vielerorts der lokale Handel und die
lokale Produktion in Drittländern verdrängt wurden (Trebilcock 2015, S.110–111).
Innerhalb der GAP haben mittlerweile beide Prinzipien, die Markteinheit und
auch die Marktordnung, an Bedeutung verloren. Unilaterale Preisabsprachen
bilden nach vielen Reformen der GAP mittlerweile nicht mehr eine Grundbasis der
GAP.16 Dies unterstellt allerdings Agrarprodukte nicht unbedingt den Mechanismen
des Marktes, es schafft vielmehr auch mehr Spielraum für Mitgliedstaaten, Preise
und preisbildende Faktoren auch auf Produktions- und Großhandelsebene zu be-
stimmen.17 Damit verlieren die Sonderbestimmungen der GAP hinsichtlich des
Prinzips der Markteinheit immer mehr an Bedeutung. In der Konsequenz nähern
sich damit landwirtschaftliche Produkte herkömmlichen Waren an, die, wie alle an-
deren Unionswaren auch, unter die Warenverkehrsfreiheit fallen.18
12 EuGH, Rs.71/74, Frubo, Slg. 1975, 563, Rn.25/26 „Hauptziele“, in der englischen Fassung aber
nur: „the rst two objectives“; in der italienischen Fassung auch nur „le due nalita principali“.
13 Generalanwalt Bot, EuGH C-333/14, Scotch Whisky Association, at 31.
14 Generalanwalt Bot, EuGH C-333/14, Scotch Whisky Association, Rn.30.
15 GA Bot, EuGH C-333/14, Scotch Whisky Association, 30.
16 GA Bot, EuGH C-333/14, Scotch Whisky Association, 32.
17 GA Bot, EuGH C-333/14, Scotch Whisky Association, 33ff.
18 GA Bot, EuGH C-333/14, Scotch Whisky Association, 37.
4.2 Die politische Logik des rechtlichen Rahmens
72
Das Prinzip der Marktordnung wird durch vermehrte Direktzahlungen an
Landwirte verändert (Oppermann etal. 2011: §24, Rn.24). Grund hierfür ist ein
Verständnis, dass der Binnenmarkt nicht nur auf Efzienzgewinne zugeschnitten
sein, sondern auch „sozialen“ Zielen wie dem Umwelt- und Verbraucherschutz
dienen soll. Im Recht ndet dies vor allem Ausdruck in Querschnittsklauseln
wie dem Art.11 AEUV, dem zufolge „die Erfordernisse des Umweltschutzes (…)
bei der Festlegung und Durchführung der Unionspolitiken und -maßnahmen ins-
besondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden“
müssen. Ähnliches gilt für den Verbraucherschutz,19 die Regionalpolitik,20 die Zu-
sammenarbeit mit Drittländern21 und im Bereich der Landwirtschaft auch für den
Tierschutz.22 Damit muss sich nunmehr die GAP auch an diesen Zielen orientie-
ren, auch wenn diese nicht ausdrücklich in Art.39 AEUV erwähnt sind. Dies hat
Auswirkungen auf das rechtliche Verständnis der Rolle des Landwirts bzw. der
Landwirtin, die ihr Einkommen nun nicht mehr nur durch möglichst efziente
Produktion landwirtschaftlicher Güter zu garantierten Preisen erzielen sollen,
sondern von den zuständigen Behörden auch mit Aufgaben der Landschaftspege
beauftragt werden können.23
Beide Entwicklungen machen deutlich, dass sich der Markt, der von der GAP
umfasst ist, von einer sektorspezischen Markteinheit mit eigenen ausschließen-
den Regeln zu einem regulären Teil des Binnenmarktes entwickelt. „Waren“ sind
ebenfalls den Querschnittsklauseln, insbesondere der Art.11 und 12 AEUV, unter-
worfen. Im Rahmen der Prüfung der Rechtfertigung und Verhältnismäßigkeit einer
in die Warenverkehrsfreiheit eingreifenden Maßnahme kommen diese Rechtsgüter
(und noch viele mehr!) ohnehin zum Tragen. Wenn Mitgliedstaaten im Rahmen der
GAP nunmehr auch auf allen Ebenen preisbildende Faktoren bestimmen können, so
hat dies zwei Konsequenzen: Erstens haben Mitgliedstaaten nunmehr einen deut-
lich weiteren Spielraum, im Rahmen der GAP eigene Maßnahmen zu ergreifen,
die GAP-fremden Zielen wie beispielsweise der Gesundheit der Verbraucherinnen
und Verbraucher dienen (so können Mitgliedstaaten beispielsweise trotz anderslau-
tender Formulierung in der Gemeinsamen Marktordnung (GMO) Mindestpreisre-
gelungen für Alkohol bestimmen, um den Alkoholkonsum zugunsten der Gesund-
heit der Bevölkerung einzuschränken). Zum anderen haben diese Eingriffe allerdings
auch das Potenzial, den Binnenmarkt zu behindern, was wiederum die Grundfrei-
heiten betreffen würde.24 Damit müssen sich preisbildende Eingriffe der Mitglied-
staaten in den Agrarsektor, wie beispielsweise die Einführung eines Mindestpreises
19 Art.12 AEUV.
20 Art.174ff. AEUV.
21 Art.208ff. AEUV.
22 Art.13 AEUV.
23 §3 (4) i.V.m. §1(1) BNatSchG.
24 So auch zu Recht GA Bot, EuGH C-333/14, Scotch Whisky Association, 45ff.
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
73
für Alkohol, nunmehr auch an den allgemeinen Grundsätzen der Marktfreiheiten,
vor allem am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, messen lassen.25
In diesem Sinne hat Generalanwalt Bot seine Schlussanträge zum Urteil Scotch
Whisky Association26 jüngst zu einer Generalanalyse der GAP anhand der GMO
Wein genutzt, um deren Reformbedarf im Hinblick auf ihr Verhältnis zum allge-
meinen Binnenmarktrecht zu unterstreichen: In ausdrücklicher Abgrenzung zur
Rechtsprechung des EuGH in den 1980er-Jahren, die die GMO Wein als „abschlie-
ßende Regelung“ angesehen hat, habe sich die GMO „(i)n den letzten 20 Jahren
(…) tiefgreifend verändert. Ursprünglich von der Idee ausgehend, dass die Einkom-
men der betreffenden Landwirte mit einer Preis- und Interventionsregelung ge-
währleistet werden sollten, wurde die GMO für Wein vielfältigen Änderungen un-
terzogen, die, wie die Kommission betont, allmählich dazu geführt haben, dass die
klassischen Interventionssysteme zugunsten einer Liberalisierung des Weinmarkts,
bei dem die Preise frei nach Angebot und Nachfrage bestimmt werden, aufgegeben
wurden.“27 Daraus ließe sich insbesondere ableiten, dass die Sonderstellung der
GAP in Art.39 AEUV nicht in der Weise zu verstehen sei, dass sie nicht „Ausdruck
des Grundsatzes des freien Warenverkehrs unter den Bedingungen eines wirksamen
Wettbewerbs sei.“28 Infolgedessen prüft der Generalanwalt folgerichtig die entspre-
chende, unter die GMO fallende Maßnahme direkt anhand der Warenverkehrsfrei-
heit des Art. 34 AEUV.29 Der EuGH ist dieser Sicht im Ergebnis gefolgt und hat
auch den Prüfungsmaßstab der unter die GAP fallenden Maßnahmen dem der
Grundfreiheiten angepasst. Damit hat der EuGH im Ergebnis der GAP den Sonder-
status entzogen und sie dem allgemeinen Binnenmarktrecht angepasst (Purnhagen
und Schebesta 2017).
Damit wird die Sonderstellung, welche die GAP im Rahmen der Verträge im
Hinblick auf die Grundfreiheiten hat, in Frage gestellt. Vor diesem Hintergrund
könnte auch Art.38 Abs.2 AEUV neu zu verstehen sein. Zwar bleiben die Vor-
schriften der GAP lex specialis im Verhältnis zu den Grundfreiheiten; die Maß-
nahmen der Mitgliedstaaten, die innerhalb der von der GAP erfassten Märkte
erlassen worden sind, sind nunmehr jedoch auch direkt an den Grundfreiheiten
zu überprüfen. Das heißt im Umkehrschluss auch, dass den Mitgliedstaaten
nunmehr auch im Rahmen der GAP vermehrt umweltpolitisch motivierte
Ziele im Anwendungsbereich der GAP ermöglicht werden, sofern diese sich
an den Grundfreiheiten messen lassen können. Mitgliedstaaten können daher
eigene Akzente in der Umweltpolitik, auch im besonderen Rahmen der Vor-
schriften der GAP, setzen, sofern sie dafür gute und gerichtsfeste Gründe vor-
bringen können.
25 EuGH C-333/14, Scotch Whisky Association, Purnhagen EuZW 2016, im Druck.
26 C-333/14, The Scotch Whisky Association ECLI:EU:C:2015:845.
27 AG Bot, C-333/14, The Scotch Whisky Association ECLI:EU:C:2015:845, Rn.31.
28 AG Bot, C-333/14, The Scotch Whisky Association ECLI:EU:C:2015:845, Rn.37.
29 AG Bot, C-333/14, The Scotch Whisky Association ECLI:EU:C:2015:845, Rn.47ff.
4.2 Die politische Logik des rechtlichen Rahmens
74
4.2.2.2 Verbraucherschutzorientierung durch die Orientierung ander
Regulierung der Wertschöpfungskette
Der rechtliche Rahmen der Agrarpolitik hat sich nicht nur „aus sich heraus“ verän-
dert, sondern musste mit den veränderten Rahmenbedingungen im sonstigen Bin-
nenmarktrecht, insbesondere im Lebensmittel- und Umweltrecht, kompatibel ge-
halten werden. Je mehr sich die GAP der Ratio dieser Bereiche annähert (siehe
oben), desto weniger entstehen Reibungen zwischen diesen Bereichen.
Das übrige Binnenmarktrecht ist in der Vergangenheit zum einen maßgeblich
durch die verbraucherschutzorientierte Auslegung des Art.114 AEUV geprägt
worden. Das Lebensmittelrecht hat mit der Schaffung eines einheitlichen Regulie-
rungsrahmens durch die Lebensmittelbasisverordnung und immer speziellere Regu-
lierungswerke, welche verbraucherschützenden Charakter haben, einen zunehmend
engmaschigeren Teppich der Regulierung des Lebensmittelsektors auf EU-Ebene
geschaffen. Zwar dienen diese Regeln dem Verbraucherschutz, Regelungsgegen-
stand ist jedoch nach dem „vom Bauernhof zur Gabel“-Ansatz die gesamte Wert-
schöpfungskette. Damit muss sich gerade auch die Landwirtschaft an diese verbrau-
cherschutzorientierte Regulierung halten, um das Haftungsrisiko zu vermeiden.
Zum anderen ist das übrige Binnenmarktrecht durch die Gesetzgebung zum Um-
weltrecht geprägt. Zwar besteht ein eigenes Kompetenzregime zur Umweltgesetz-
gebung in der Union, faktisch sind in der Vergangenheit die meisten Umwelt-
schutzregeln jedoch als Binnenmarktrecht ergangen. Diese Gesetzgebung ist
geprägt von vielen übergeordneten Zielen wie dem Kampf gegen den Klimawandel
und die Bereitstellung und Erhaltung der Naturressourcen.
4.2.3 Die politische Logik von Ko-Regulierung und
privatrechtlichem Rahmen
Neben dem klassischen, nationalstaatsgebundenen Recht gewinnt das Regulie-
rungsregime der privaten Regulierung immer mehr an Bedeutung (Purnhagen
2015). Private Regulierung beschreibt ein Rechtsregime, welches durch Standard-
setzung, Auditing und Rechtsdurchsetzung gekennzeichnet ist. In kompletten
Systemen der privaten Regulierung sind alle drei Bereiche einem privaten Regime
untergeordnet, das heißt sie sind, zumindest dem Anspruch nach, dem staatlichen
Einuss entzogen.
Im Agrarsektor nimmt die Bedeutung solcher privater Regulierung zu. Die ex-
portorientierte Landwirtschaft der ersten Welt und der aufstrebenden zweiten und
dritten Welt, die durch immer bessere Spezialisierung und technologische
Fortschritte auf den Weltmarkt drängen, sind maßgeblich abhängig von globalen
Wertschöpfungsketten. Private Regulierung schafft in einem solchen Umfeld ide-
alerweise eine weltweit einheitliche Standardisierung für Produkte und senkt so
die Transaktionskosten für Produzenten, Verarbeiter und Vermarkter. Davon pro-
tieren im Allgemeinen auch die Verbraucherinnen und Verbraucher durch niedrigere
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
75
Verbraucherpreise. Produkte und Arbeitsbedingungen können aber auch sicherer
werden, wenn Standardisierung höhere Standards eines Endverbraucherlandes (in
der Regel in der ersten Welt) auch auf das Produktionsland (dann meist in weniger
entwickelten Gebieten) anwenden kann. Diese Vorteile kommen allerdings nicht
ohne mögliche Nachteile: Mehr Standardisierung kann auch dazu führen, dass die
Vielfalt der Produkte eingeschränkt wird und damit die Verbraucherinnen und Ver-
braucher weniger Wahlmöglichkeiten haben. Standards können ferner ausschlie-
ßend wirken: Kann ein Produzent die von einem Standard geforderten Leistungen
nicht erbringen, hat keinen Zugang zu einem Zertizierungssystem oder kann die
mit der Einhaltung verbundenen Kosten nicht aufbringen, so wird sein Produkt fak-
tisch vom Markt ausgeschlossen. Schließlich besteht die Gefahr, dass private Stan-
dardisierungsanbieter ein Monopol auf diese Standards entwickeln. Damit würden
dann einige wenige nicht-staatliche Organisationen weltweit den Marktzugang kon-
trollieren, was wiederum wettbewerbsrechtlich und demokratie-theoretisch proble-
matisch ist.
Im Agrarsektor hat sich eine Vielzahl solcher Standards entwickelt. In Bezug auf
die Lebensmittelsicherheit ist der deutsche Standard GLOBALG.A.P. (früher
EURO GAP) führend. Bei der Produktion nachhaltiger Güter sind vor allem nieder-
ländische Unternehmen wie UTZ und Max Havelaar tonangebend, während der
Markt für Arbeitsbedingungen vor allem von FairTrade dominiert wird. Daneben
besteht eine Vielzahl privater und sektorspezischer Standards, die jeweils ein an-
deres Ziel verfolgen und oft von einzelnen Supermarktketten ins Leben gerufen
wurden. Als Antwort auf die Durchdringung der Märkte durch solche Standards
sind Produzenten in der Landwirtschaft in erster Line um die Einhaltung von deren
Anforderungen und entsprechende Zertizierung bemüht. Dadurch, dass diese
Standards häug auf (supra-)nationalem Recht aufgebaut sind, spielt das
(supra-)nationale Recht in der Wahrnehmung der Produzenten kaum eine Rolle.
Vielmehr setzt der private Standard den Maßstab, da dieser auch weitere Märkte
über diejenigen eröffnet, den das (supra-)nationale Recht umfasst.
Diese privatrechtlichen Standards haben daher ein wesentlich größeres Regulie-
rungspotenzial als das nationale Recht. Gelingt es dem Gesetzgeber, den privaten
Standard als Regulierungsinstrument zu begreifen und somit von einer Selbst-
Regulierung zu einer Ko-Regulierung zu kommen, hat dies ein deutlich größeres
Regulierungspotenzial. Reguliert man den Standard (idealerweise in Abstimmung
mit dem Standardisierer), reguliert man zeitgleich auch den grenzüberschreitenden
Warenverkehr und verhindert damit Verdrängungs- und Leakage-Effekte. Für eine
an Zielen des Natur- und Umweltschutzes orientierte Agrarpolitik kann die Ko-
Regulierung durch privatrechtliche Standards daher ein interessanter Ansatz sein.
Ansatzpunkt der Regulierung kann sowohl der Standard selbst als auch die Stan-
dardisierungsorganisation sein. Regulierungspotenzial besteht dabei sowohl in der
klassischen Rechtssetzung als auch in koordinierenden Elementen der Regulierung.
In der klassischen Rechtssetzung kann zum Beispiel im Recht der Allgemeinen Ge-
schäftsbedingungen (AGB) angesetzt werden, da solche Standards häug durch
AGB in den Vertrag einbezogen werden. Werden Verträge am Ende der Kette (in
Deutschland) durch AGB reguliert, so kann der Standardsetzer gezwungen sein, das
4.2 Die politische Logik des rechtlichen Rahmens
76
Regelwerk vom Anfang der Kette (Herstellungsort) zu ändern. Wären beispiels-
weise nur nachhaltige Standards einbeziehungsfähig in den Vertrag, müssten die
Herstellungsbedingungen in den Ländern, in denen das entsprechende Produkt her-
gestellt wird, angepasst werden. Aber auch andere Mechanismen können solche
Standardsetzung beeinussen, etwa die Aufsicht und Kontrolle von Standardisie-
rungsorganisationen, die Haftung von Standardisierungsorganisationen oder die
Beteiligung an Beschlussgremien.
4.3 Neuere Ansätze zur Integration von Umweltanliegen
inden Governance-Rahmen
4.3.1 Systemische Konzepte: Resilienz,
Ökosystemdienstleistungen, Wasser-Energie-
Nahrung-Nexus
Die traditionelle Land- und Forstwirtschaft hatte einen ganzheitlichen Ansatz. Der
moderne Begriff der ökologischen Nachhaltigkeit, eines haushälterischen Umgangs
mit den Ressourcen der Natur, wurde in den Forstwissenschaften geprägt (von Car-
lowitz im 17. Jahrhundert). Im 20. Jahrhundert fand jedoch der Wandel hin zu einer
intensiveren Landbewirtschaftung statt. Das Ziel einer Maximierung des Gewinns
wurde nun zunehmend durch die Strategie einer Spezialisierung der landwirtschaft-
lichen Betriebe und Regionen verfolgt. In Europa wurde dieser Trend durch die
europäische Agrarpolitik stark gefördert. Seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert er-
halten eher ganzheitliche Ansätze wieder mehr Beachtung. Das Konzept der Multi-
funktionalität ist seit 1992 fest in der GAP verankert. Die Bestandsaufnahme zum
Zustand der Umweltressourcen in Kap.3 hat jedoch gezeigt, dass von einer effekti-
ven Integration von Belangen des Natur- und Umweltschutzes in die landwirtschaft-
liche Praxis im Allgemeinen noch nicht die Rede sein kann. Die im Folgenden vor-
gestellten innovativen Ansätze und Instrumente der Umweltpolitik setzen daher auf
verschiedenen Ebenen an: systemische Leitprinzipien, neue Ansätze des skalen-
übergreifenden Umweltmanagements, innovative Instrumente der Verhaltenssteue-
rung hin zu mehr nachhaltigen landwirtschaftlichen Praktiken, eine verstärkte Ein-
bindung von Interessengruppen in den Umsetzungsprozess und Aufklärung der
Verbraucherinnen und Verbraucher als Grundlage für verantwortungsbewusste
Kaufentscheidungen. Diesen Ansätzen liegt ein erweitertes Verständnis von Gover-
nance zugrunde, das berücksichtigt, dass staatliches Handeln, marktwirtschaftliche
Instrumente und kooperative Ansätze gezielt verknüpft werden müssen.
Im Folgenden wird zuerst das Potenzial systemischer Konzepte diskutiert, ei-
nen Paradigmenwechsel zu unterstützen, um die Wahrnehmung von unauöslichen
Zielkonikten zwischen ökologischen, ökonomischen und sozialen Zielen zu über-
winden und um Synergien, die sich durch gleichzeitige Verfolgung von verschiede-
nen Zielen ergeben, aufzuzeigen. Dabei werden die folgenden Konzepte diskutiert:
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
77
Resilienz; Wasser-Energie-Nahrung-Nexus (englisch Water-Energy-Food Nexus,
kurz WEF) und Ökosystemdienstleistungen als ein Ansatz, die beiden ersten Kon-
zepte zu operationalisieren.
Das Konzept der Resilienz hat seinen Ursprung in der Ökologie (Holling 1974;
Folke 2006). Es drückt die Fähigkeit von ökologischen Systemen aus, Störungen zu
absorbieren und gleichzeitig seine Funktionen zu erhalten. In der Systemdynamik
spricht man davon, dass ein System nach einer Störung zum ursprünglichen Zu-
stand zurückkehrt, dem sogenannten „Attraktor“. Das Zurückkehren zum ursprüng-
lichen Systemzustand kann als statisches Konzept, welches keine Fähigkeiten zur
Anpassung und Veränderung besitzt, wahrgenommen werden. Jedoch beinhaltet
Resilienz immer auch die Fähigkeit eines Systems zur Selbstorganisation und zur
Veränderung nach Schocks und Störungen. Eine oft zitierte Denition stammt von
Walker etal. (2004, S.4) : „the capacity of a system to absorb disturbance and re-
organize while undergoing change so as to still retain essentially the same function,
structure, identity, and feedbacks“. Der Resilienz-Ansatz wurde von Folke etal.
(2010) so interpretiert, dass er sowohl die Fähigkeit eines Systems zur Regeneration
wie zur Transformation umfasst.30 Dabei erhalten auch die Wechselwirkungen von
Transformationsprozessen auf verschiedenen Ebenen eines Systems bzw. in ver-
knüpften Systemen („nested systems“) zunehmende Aufmerksamkeit. Die
Resilienz- Perspektive lenkt dabei den Blick auf die Fähigkeit sozial-ökologischer
Systeme, welche auf großer Skalenebene in Zeit und Raum weder nachhaltig noch
resilient sind, zu transformativem Wandel. Neuere Arbeiten haben das Konzept bei-
spielsweise auf biobasierte Produktionssysteme angewandt (Ge etal. 2016).
Der Nexus-Ansatz zielt auf eine integrative Betrachtung der systemischen Zu-
sammenhänge zwischen der Versorgung mit Wasser, Energie und Nahrungsmitteln.
Daraus ergibt sich die Anforderung einer ganzheitlichen Betrachtung der institutio-
nell zumeist stark separierten Politikfelder Wasser, Energie und Nahrung (Benson
etal. 2015). Der Nexus-Ansatz nimmt die Interaktionen zwischen den verschiedenen
30 „Der Resilienz-Ansatz beachtet die Dynamiken und Entwicklungen von komplexen sozial-öko-
logischen Systemen. Hierbei sind drei Aspekte von zentraler Bedeutung: Resilienz, Anpassungs-
fähigkeit und die Fähigkeit zur Transformation. Diese Aspekte stehen über Skalen hinweg in Ver-
bindung. In diesem Kontext ist Resilienz die Fähigkeit von sozial-ökologischen Systemen, sich
kontinuierlich verändern und anpassen zu können, während sie sich innerhalb von kritischen Sys-
temschwellen bewegen. Die Anpassungsfähigkeit ist ein Teil der Resilienz. Sie steht für die Fähig-
keit, sich an verändernde äußere Einüsse und innere Prozesse anzupassen und somit eine
Entwicklung entlang des Bestehenden (Stabilitätsbereich) ermöglicht. Die Fähigkeit zur Trans-
formation ist die Möglichkeit, Systemschwellen hin zu neuen Entwicklungspfaden zu überschrei-
ten. Transformationen auf kleiner Skalenebene ermöglichen Resilienz auf größerer Skalenebene.
Die Fähigkeit zur Transformation auf kleiner Skalenebene wiederum fußt auf der Resilienz auf
mehreren Ebenen, wobei Krisen als Gelegenheitsfenster für Innovation und Erneuerung genutzt
und Wissens- und Erfahrungsquellen neu kombiniert werden, um sozial-ökologische Transforma-
tionen zu navigieren. Die Gesellschaft muss ernsthaft über Wege nachdenken, die Resilienz von
kleineren, besser kontrollierbaren sozial-ökologischen Systemen zu erhöhen, die zur Resilienz des
Erdsystems beitragen, und Optionen für eine kontrollierte Transformation von sozial-ökologischen
Systemen ausloten, welche die Resilienz des Erdsystems bedrohen“ (Folke etal. 2010, S.1, eigene
Übersetzung).
4.3 Neuere Ansätze zur Integration von Umweltanliegen inden Governance-Rahmen
78
Politikfeldern in den Blick, anstatt diese getrennt voneinander zu betrachten. Der
Ansatz kommt aus dem Bereich der Wasserwirtschaft, wo erkannt wurde, dass Was-
serprobleme nicht ohne die konzeptionelle und praktische Integration der anderen
Bereichen gelöst werden können, insbesondere weil die Wasserkreisläufe auch als
Verbindung zwischen den anderen Bereichen fungieren (z. B. Nitratbelastung
siehe Beispiel unten).
Der Water-Energy-Food(WEF)-Nexus-Ansatz wurde im Jahr 2008 von Unter-
nehmen beim Weltwirtschaftsforum in Davos beworben, bei dem Wasser zu einem
Thema von weltweiter Relevanz wurde. Anschließende Berichte verbreiteten den
WEF-Ansatz weiter (WEFWI 2011). Das Weltwirtschaftsforum hob die Gefahren,
aber auch die Möglichkeiten für Unternehmen hervor. Marktmechanismen und die
„grüne Ökonomie“ werden als effektive und efziente Lösungsansätze angesehen,
auf Ressourcenknappheit zu reagieren. Die deutsche Regierung hat im Vorfeld zum
Nachhaltigkeitsgipfel Rio+20 im Jahr 2012 für die Einführung des Nexus-Konzepts
geworben, indem sie im Jahr 2011in Bonn eine Konferenz zum WEF-Nexus orga-
nisierte. Der Diskurs griff wiederum ein weiter gefasstes Konzept auf, welches Aus-
wirkungen auf die Politik und die soziale, ökonomische und ökologische Nachhal-
tigkeit hervorhebt (BMU 2011; Hoff 2011). Allerdings wurde bezweifelt, ob der
WEF-Nexus Ansatz bei der Überwindung von vorherrschenden Governance-
Problemen (etwa fehlender Koordination, ineffektiver Umsetzung) hilft. Allouche
etal. (2015) bemängeln, dass dem Ansatz der Bezug zu der jeweiligen Marktlogik
innerhalb der Sub-Nexus fehle. Er unterschätze die Schwierigkeit der Integration
und ignoriere die tatsächlichen Prozesse der Politikgestaltung sowie die damit ver-
bundene strategische Rolle von Wissen und Konzepten. Tatsächlich basiert der An-
satz des WEF-Nexus auf einer primär wissenschaftlich und fachspezisch motivier-
ten Grundidee, welche eine integrierte Herangehensweise fordert. Um sein
transformatives Potenzial zu entwickeln, müsste der Nexus-Ansatz Machtkonstella-
tionen und Aspekte der politischen Ökonomie und deren Veränderung auf verschie-
denen räumlichen und zeitlichen Ebenen mehr berücksichtigen.
Eine gute Illustration von misslungener Koordination im WEF-Nexus sind die
Entwicklungen in Nordwestdeutschland, wo über Jahrzehnte eine starke Intensivie-
rung der Landwirtschaft, insbesondere der Tierproduktion, stattgefunden hat. Eine
Zunahme des Nutztierbestandes, ermöglicht durch den Import von Futtermitteln (zu-
meist Soja aus Südamerika), und die damit verbundene erhöhte Gülleausbringung
führten zu starken Nitratbelastungen der Binnengewässer. Politische Versuche, die
Tierdichte und die Nitratbelastung zu reduzieren (z.B.Obergrenzen für Viehbestand
pro Landeinheit oder Düngemittelmärkte) führten noch nicht zu umweltpolitisch be-
friedigenden Ergebnissen. Die Situation wurde seit ca. 2005 durch den Aufschwung
beim Anbau von Energiepanzen verschärft, der wesentlich durch die Förderinstru-
mente des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) angetrieben wurde. Zu den Folgen
gehören eine weiter erhöhte Grundwasserbelastung und stark gestiegene Pachtpreise
für landwirtschaftliche Flächen. Bereits existierende Probleme wurden durch die
fehlende politische Integration verschlimmert und führen sogar zum Verstoß gegen
bestehende rechtliche Grenzwerte, so dass die EU im Jahr 2016 ein Vertragsverlet-
zungsverfahren gegen Deutschland eröffnete, da die Nitratgrenzwerte der EU-Was-
serrahmenrichtlinie in mehreren Regionen überschritten wurden.
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
79
Um den Nexus-Ansatz für eine verbesserte Koordination fruchtbar zu machen,
ist eine Operationalisierung der Zielgrößen notwendig. Hierbei könnte das Konzept
der Ökosystemleistungen (ÖSL) eine entscheidende Rolle übernehmen, die sich
denieren lassen als „the conditions and processes through which natural ecosys-
tems, and the species that make them up, sustain and full human life“ (Daily 1997).
Seit der Veröffentlichung des Millennium Ecosystem Assessment im Jahr 2005 stei-
gen die Veröffentlichungen zu ÖSL exponenziell an. Das Konzept ndet auch zu-
nehmend Resonanz auf der politischen Agenda oder in wirtschaftlichen Entschei-
dungsprozessen (Fisher etal. 2009) bis hin zum Finanzsektor (Gómez-Baggethun
etal. 2010). Das Konzept der ÖSL kann u.a. helfen, intersektorale Trade-offs bei
politischen Entscheidungen und im Ressourcenmanagement besser zu verstehen
(Knüppe und Pahl-Wostl 2013).
Die neuen integrativen Ansätze problematisieren strikt sektorale Politiken und
Praktiken, die durch sektorbasierte institutionelle Arrangements auf Dauer gestellt
sind, welche es sektorexternen Akteuren schwer machen, ihre Sichtweisen und Inte-
ressen zur Geltung zu bringen (Primmer und Furman 2012). Die neuen integrativen
Ansätze sind verbunden mit Überlegungen zur Kombination verschiedener Gover-
nance-Formen: Märkte, Regulierung, bürokratische Hierarchien und Netzwerke.
Regulation etwa ist für das Setzen von Rahmenbedingungen wichtig, die etwa als
Zielzustand und Verhandlungsbasis fungieren. Netzwerke unterstützen Lern- und
Beratungsprozesse, welche zum Lösen von komplexen Problemen unter Ungewiss-
heit notwendig sind. Das EU-Projekt ESAWADI hat beispielsweise das Potenzial des
ÖSL-Ansatzes untersucht, komplexe Zielkonikte bei der Umsetzung der Wasser-
rahmenrichtlinie zu identizieren und zu verhandeln (ESAWADI 2013). Die gewon-
nenen Erkenntnisse unterstreichen, dass ein umfassender ÖSL-Ansatz das Potenzial
hat, Verhandlungsformen und Kooperationen zu verbessern, welche die Komplexität
von Ökosystemleistungen und deren Funktion für die Gesellschaft abbilden.
4.3.2 Vom theoretischen Konzept zur praktischen Umsetzung?
Das Resilienz-Konzept ndet zunehmend Eingang in den politischen Diskurs, ins-
besondere im Zusammenhang mit der Anpassung an den Klimawandel, aber auch in
der Beschreibung der Zielrichtung nationaler und internationaler Umweltpolitik.
Beispiele dafür sind die Biodiversitäts-Konvention UNCBD oder die australische
Strategie zum Schutz der Biodiversität (Newton 2016). Allerdings kann die noch
nicht endgültig geklärte Interpretation des Resilienz-Konzeptes in der praktischen
Anwendung zu Bewertungsschwierigkeiten führen (Newton 2016). Ähnlich wie das
Nachhaltigkeitskonzept lässt auch das Resilienz-Konzept große Interpretations-
spielräume zu, beispielsweise darüber, welcher Systemzustand als schützenswert
und welche Fluktuationen im Systemzustand als tolerabel angesehen werden.
Biggs etal. (2012) identizieren sieben politikrelevante Grundsätze, um die Re-
silienz von ÖSL zu verbessern: (1) Erhalt von Diversität und Redundanz, (2) Steu-
erung der Konnektivität, (3) Management von langsamen Variablen und Feed-
backs, (4) Unterstützung des Verständnisses von sozial-ökologischen Systemen als
4.3 Neuere Ansätze zur Integration von Umweltanliegen inden Governance-Rahmen
80
komplexe, adaptive Systeme, (5) Förderung von Lernen und Experimentieren,
(6) Unterstützung von Partizipation, und (7) Förderung von polyzentrischen
Governance- Systemen. Obwohl diese Grundsätze einen eher allgemeinen Cha-
rakter haben, können sie eine Orientierung bieten und Spannungen zwischen
vorherrschenden politischen Praktiken und Management-Ansätzen und den An-
forderungen zur Verbesserung der Resilienz identizieren.
Schipper und Langston (2015) haben ein ausführliches Review von Frame-
works zur Bewertung der Resilienz von Systemen durchgeführt, welche den
Schwerpunkt auf den Entwicklungskontext setzten. Demnach mangelt es nicht an
Vorschlägen zu operativen Messgrößen. Von größerer Bedeutung ist jedoch, un-
abhängig vom Kontext, die Beantwortung der Frage, für welche betroffenen Per-
sonengruppen und für welche Zwecke das Konzept angewendet wird. Dahinter
steht die Frage, welche Interessen und Werte durch die Resilienz eines Systems
geschützt werden.
Im landwirtschaftlichen Kontext könnten dabei insbesondere die folgenden drei
Bereiche von Interesse sein:
1. Die durch die Landwirtschaft beeinusste Resilienz von Ökosystemen: Resili-
enz kann zum Leitmotiv und zum funktionalen Instrument werden, um die
Widerstands- und Regenerationsfähigkeit von Ökosystemen zu erfassen. Das
Konzept fördert einen integrativeren Ansatz zur Gestaltung von resilienten Land-
schaften mit einem Netzwerk von „grüner Infrastruktur“. So wurden beispiels-
weise bereits Methoden zur Identikation und zur Kartierung von „grünen Infra-
strukturelementen“ auf Landschaftsebene entwickelt. Sie basieren auf den
Konzepten der ökologischen Vernetzung, der Multifunktionalität von Ökosyste-
men und der Nutzenmaximierung sowohl für den Menschen als auch für den
Naturschutz sowie der Erhöhung der ökologischen und sozialen Resilienz
(Liquete etal. 2015).
2. An den Klimawandel angepasste – also resiliente – Produktionssysteme: Der
Klimawandel hat das Interesse an Resilienz und adaptivem Ressourcenmanage-
ment gestärkt. Manche Resilienz-Strategien, wie die Anbaudiversizierung bei
Kulturpanzen, sind zudem sowohl vorteilhaft für die Umwelt als auch für
Biodiversität- Aspekte (Lin 2011). Ein gemeinsam von der FAO und der OECD
organisierter Workshop über die Bildung von Resilienz im Agrarsektor und ge-
gen den Klimawandel (Meybeck etal. 2012) kam u.a. zu dem Ergebnis, dass das
Resilienz-Konzept eine systemische Perspektive unterstützt und die integrierte
Betrachtung von verschiedenen Bereichen– biophysikalische, ökonomische, so-
ziale und institutionelle– und von verschiedenen zeitlichen und räumlichen Ska-
len erleichtert. Große Bedeutung wurde der Identikation und dem Monitoring
von potenziellen Risiken und Schwachstellen beigemessen, vor allem im Hin-
blick auf die Vermeidung kumulativer und langfristiger Folgen. Es wurden ver-
schiedene Maßnahmen als notwendig angesehen, um die Resilienz von Land-
wirten, aber auch von ganzen Produktionssystemen zu verbessern. Verstärkte
Beachtung sollten dabei die Interaktionen zwischen Bereichen und Skalenebe-
nen erhalten, um die Ausbreitung von Schocks zu vermeiden.
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
81
3. Resilienz der Ernährungssicherheit: Der Großteil der Literatur beschäftigt sich
mit dem Thema Ernährungssicherung in Bezug auf Entwicklungsländer. Resi-
lienz und Ernährungssicherheit sind in der Entwicklungszusammenarbeit zu
Leitprinzipien geworden. In Bezug auf den Klimawandel ist das Thema auch
für Europa von Bedeutung. Die Resilienz des Nahrungsmittelsystems als Gan-
zes (Produktion, Transport und Konsum) hat bisher wenig Aufmerksamkeit be-
kommen.
Das Resilienz-Konzept kann dazu dienen, den Beitrag einzelner Politikmaßnahmen
auf die Robustheit und Anpassungsfähigkeit von landwirtschaftlichen Produktions-
systemen zu bewerten bzw. entsprechende Ansätze im praktischenen Kontext zu
entwickeln, wie die folgenden beiden Beispiele illustrieren:
Resilienz durch standortgerechte Fruchtfolgen: Vielfältige Fruchtfolgen und die
Nutzung von regionaltypischen Kulturpanzensorten und Nutztierrassen erhal-
ten die Bodenfruchtbarkeit und stärken damit die Resilienz von landwirtschaft-
lichen Produktionssystemen. Durch angepasstes Management und vielfältige
Nutzungen werden die ökosystemaren Dienstleistungen agrarisch genutzter Flä-
chen und der umgebenden Landschaft gesichert und tragen zu einer resilienten,
multifunktionalen Landnutzung bei.
Partizipative Verfahren zur Planung und Umsetzung von Natur- und Umwelt-
schutzmaßnahmen können etabliert werden, um alle von den ökosystemaren
Leistungen betroffenen gesellschaftlichen Gruppen einzubinden (z.B.Wasser-
wirtschaft, Tourismus, Naturschutz- und Umweltverbände, Spezialitätenerzeu-
ger, Forstwirtschaft). Kooperative erarbeitete Pläne zu regional angepassten Nut-
zungsformen sowie Natur- und Umweltschutzmaßnahmen auf Agrarächen
erhöhen die Landschaftskomplexität und die Konnektivität von wertvollen Habi-
taten, lassen eine differenzierte Vielfalt der Landschaften zu und minimieren die
negativen Auswirkungen der Landwirtschaft. Durch eine auf regionale Bedürf-
nisse abgestimmte Projektierung können ächendeckend und Betriebstypen
übergreifende Ansätze für eine sachgerechte (ggf. kleinräumige) Umsetzung der
Maßnahmen verfolgt werden. Landwirtinnen und Landwirte können so maßgeb-
lich zum Erhalt der biologischen Vielfalt und einem funktional orientierten Bio-
topverbundsystem beitragen.
Ansätze zur Operationalisierung des Wasser-Energie-Nahrung-Nexus fokussie-
ren oft auf den Bereich der Sicherheit. Dies kann dazu führen, dass lediglich die
jeweiligen sektoral üblichen Denitionen von Wasser-, Energie- und Nahrungssi-
cherheit reproduziert werden, ohne sich um ein integriertes, sektorübergreifendes
Konzept von Sicherheit im Rahmen des WEF-Nexus zu bemühen. Interessant ist
daher die weit verbreitete Denition von Wassersicherheit von Grey und Sadoff
(2007, S.545): „the availability of an acceptable quantity and quality of water for
health, livelihoods, ecosystems and production, coupled with an acceptable level of
water-related risks to people, environments and economies.“ Diese weitgefasste und
auf die Reduzierung von Risiken bezogene Denition verknüpft ein Verständnis der
Rolle von Wasser als Ursprung verschiedener Leistungen mit einer risikobezogenen
4.3 Neuere Ansätze zur Integration von Umweltanliegen inden Governance-Rahmen
82
Betrachtung. Welche Risiken als tolerierbar gelten, muss dabei in einem transparenten
und inklusiven Prozess geklärt werden, der dem Nexus-Ansatz zufolge sektorüber-
greifend angelegt sein muss.
Eine Serie von internationalen Workshops des Programms Future Earth zur The-
matik „Sustainability for Water, Energy, and Food through Integrated Water Infor-
mation and Improved Governance“ hat die Möglichkeiten von neuen Datenquellen
aus Erdbeobachtungssystemen für ein besseres Verständnis der komplexen Zusam-
menhänge im WEF-Nexus und für eine bessere interdisziplinäre Zusammenarbeit
aufgezeigt. „Good Governance“ ist dabei eine grundlegende Voraussetzung, um das
Potenzial von neuen Datenquellen für ein nachhaltiges Management im Rahmen
des WEF-Nexus zu ermöglichen.
Sowohl im Resilienz- wie im Nexus-Ansatz haben Investitionen in eine sekto-
renübergreifende grüne Infrastruktur einen hohen Stellenwert (Ozment et al.
2015). Das Konzept der ökologischen oder grünen Infrastruktur hat in den letzten
Jahren sowohl in der Forschungsliteratur als auch in Politikdokumenten seit ca.
2009 großes und rapide wachsendes Interesse gefunden, wie eine Abfrage in der
Literaturdatenbank Scopus ergab. Die Planung der Entwicklung einer grünen Infra-
struktur auf Landschaftsebene ermöglicht sektorenübergreifende Synergien. In der
Praxis stoßen eine integrierte Landschaftsplanung und Investitionen in grüne
Infrastruktur auf Hemmnisse infolge einer sektoralen Fragmentierung der Entschei-
dungs- und Regulierungsstrukturen.
Das Konzept der Ökosystemleistungen kann systemische Ansätze der Land-
schaftsanalyse und -planung und damit ein stärker integriertes Management von
multifunktionalen Landschaften unterstützen. Eine Vielzahl von Governance-
Instrumenten wurde unter dem konzeptionellen Dach der „Zahlungen für Ökosys-
temleistungen“ („Payments for Ecosystem Services“) entwickelt. Viele dieser An-
sätze sind bisher jedoch auf einzelne Arten oder Leistungen fokussiert und
betrachten nicht das ganze System. Hier besteht Bedarf zur Entwicklung stärker
systemischer Konzepte.
Als Fazit ist festzuhalten, dass der Resilienz- und der WEF-Nexus-Ansatz
interessante Konzepte sind, um systemische Wechselwirkungen zu erkennen
und zu bewerten und dadurch ein integriertes Management von Naturressour-
cen auf der Landschaftsebene zu unterstützen. Auch in der agrarpolitischen
Diskussion werden diese Konzepte aufgenommen. Beispielsweise fördert die
Europäische Kommission im Rahmen des Forschungsprogramms Horizon 2020
Verbundprojekte zu den Themen Resilienz und integriertes Ressourcenma-
nagement. Allerdings sind diese Konzepte noch nicht im Zentrum der agrar-
politischen Debatte angekommen– nicht zuletzt dadurch bedingt, dass Opera-
tionalisierung und praktische Bedeutung noch in der Diskussion sind. In dem
Maße, wie mit der Aufnahme dieser Konzepte ein Paradigmenwechsel in der
Agrarpolitik verbunden wäre, ist jedoch mit Widerständen zu rechnen (vgl.
McMichael 2011).
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
83
4.3.3 Verhaltenswissenschaftliche Ansätze
Im Zuge der Veränderungen des agrarpolitischen und europarechtlichen Rahmens
(siehe Abschn.4.1 und 4.2) wird auch die Landwirtschaft zum Adressaten neuer
Regulierungsstrategien. Weltweit, in der EU und in Deutschland gewinnt die Auf-
fassung an Boden, dass politische Ziele „von oben herab“, also durch staatliche
Ge- und Verbote für individuelles Verhalten, oftmals nicht effektiv und efzient
durchgesetzt werden können. Vielmehr ist es wichtig, das Verhalten der einzelnen
Akteure in einer Art und Weise zu beeinussen, dass sich entsprechende gesamt-
wohlfördernde Maßnahmen durchsetzen lassen. Als vielversprechend wird hierbei
der „Nudging“-Ansatz gesehen (Thaler und Sunstein 2008), der auf verhaltenswis-
senschaftlichen Erkenntnissen aufbaut, um eine erwünschte Verhaltensänderung zu
erzielen. Versteht man, so die Annahme, wann Menschen wie auf welche Verände-
rungen im Entscheidungskontext reagieren, so kann man sich dies auch bei der
Verhaltenslenkung durch Regulierung zunutze machen. Der Nudging-Ansatz geht
davon aus, dass sich jeder Mensch in einer solchen Entscheidungsstruktur bewegt.
Verhaltensbasierte Regulierung macht sich das Wissen um diese Entscheidungs-
struktur zunutze und greift bewusst in diese Strukturen ein; sie schafft eine inten-
diert gestaltete „Architektur der Wahl“.
4.3.3.1 Allgemeine verhaltenswissenschaftliche Befunde und mögliche
Anwendungen zum Umweltverhalten von Landwirten
Neuere Arbeiten aus den Bereichen der Sozialpsychologie und der Verhaltensöko-
nomie zeigen auf, dass neben wirtschaftlichen Anreizen weitere Faktoren die Teil-
nahme von Landwirten an freiwilligen Umweltmaßnahmen beeinussen (Wilson
und Hart 2000; Lütz und Bastian 2002; Shogren und Taylor 2008). Bei der Gestal-
tung von Politik-Instrumenten zum Umweltschutz in der Landwirtschaft sollten da-
her auch kognitive Prozesse (z.B.Entscheidungsheuristiken), unterschiedliche Prä-
ferenzen (z. B. pro-sozial, pro-umwelt) und Annahmen der regulierten Akteure
(z.B. über das Verhalten anderer Landwirte) mit einbezogen werden, die zur Ent-
scheidungsndung beitragen können (de Snoo etal. 2013). Im Folgenden sollen
beispielhaft einige der für diese Studie relevanten Befunde skizziert und deren Im-
plikationen für eine zukunftsfähige Agrarpolitik diskutiert werden (basierend auf
Colen etal. 2015):
Als Verlustaversion (Loss Aversion) wird die Tendenz von Menschen bezeich-
net, einen Verlust stärker zu gewichten als einen nominell gleich großen Gewinn
(Kahneman 2003). Bei Landwirten ist beispielsweise denkbar, dass sie die mög-
lichen Ertragsverluste infolge einer Agrarumweltmaßnahme stärker negativ emp-
nden als deren monetäre Kompensation und deshalb nicht an entsprechenden
4.3 Neuere Ansätze zur Integration von Umweltanliegen inden Governance-Rahmen
84
Maßnahmen teilnehmen. Auch die Greening-Auagen der GAP können Angst vor
einem Verlust auslösen, da die Landwirte fürchten müssen, einen Teil ‚ihrer‘ (oft
als legitimer Besitzstand wahrgenommenen) Direktzahlungen einzubüßen, wenn
sie– und sei es versehentlich und geringfügig– gegen die Auagen verstoßen. In
diesem Sinne liefert das Konzept Verlustaversion ein Argument dafür, dass mone-
täre Strafen efzienter sein könnten als monetäre Vergütungen, insbesondere,
wenn letztere noch unter einem Kontrollvorbehalt stehen. Empirische Belege für
diese These wurden u.a. bei Maßnahmen zur Förderung der Tiergesundheit ge-
funden (Valeeva etal. 2007; Hogeveen etal. 2011).
Unter Kontrollaversion (Control Aversion) wird die negative Verhaltensreaktion
von Menschen auf exogene Zwänge und Einschränkungen ihrer Selbstbestimmtheit
verstanden (Frey und Stutzer 2006). Besonders in Kontexten, in denen bereits eine
soziale Norm etabliert ist, können Vorschriften unter Umständen pro-soziale bzw.
umweltfreundliche Verhaltensweisen reduzieren (Frey und Stutzer 2006). Im land-
wirtschaftlichen Kontext kann also beispielsweise die Verschärfung von Auagen
(z. B. Greening) oder die Erhöhung der Frequenz von Monitoring-Programmen
nachteilige, der Regelungsintention gegenläuge Effekte haben und insgesamt zu
weniger umweltfreundlichen Verhaltensweisen führen. D’Adda (2011) demons-
triert diesen Effekt in einer experimentellen Studie zu einem Wiederaufforstungs-
projekt in Bolivien.
Verlust-und Kontrollaversion können also unterschiedliche Reaktionsrichtungen
bewirken und je nach relativer Ausprägung die Performanz von Politik- Instrumenten
positiv wie negativ beeinussen. Als vermittelnder Faktor hat sich in einer Vielzahl
an Studien das sogenannte Framing erwiesen (Levin etal. 1998). Der Begriff be-
zieht sich in diesem Zusammenhang auf die wörtliche Beschreibung und den
Kontext, in dem zum Beispiel ein Politik-Instrument präsentiert wird. Menschen
beurteilen Entscheidungen oder Gegebenheiten stark in Abhängigkeit von dem
Frame, in dem diese präsentiert werden, zum Beispiel ob eher die positiven oder die
negativen Aspekte und Konsequenzen einer Entscheidung betont werden (Levin
etal. 1998). Im Kontext von Verlustaversion hat sich etwa gezeigt, dass es in Bezug
auf Agrarumweltmaßnahmen vorteilhafter ist, deren gesellschaftlichen Nutzen zu
betonen, als zum Beispiel lediglich darauf zu verweisen, in welcher Höhe entste-
hende Kosten entschädigt werden (Grolleau etal. 2015).
Als Status-Quo-Bias wird die Tendenz von menschlichen Individuen bezeich-
net, lieber bei bekannten und etablierten Praktiken zu bleiben als neue Dinge auszu-
probieren (Thaler und Sunstein 2008). Dieser Effekt wurde auch bei Landwirten
beobachtet (Espinosa-Goded etal. 2010). Er ist relevant, wenn Agrarumweltmaß-
nahmen die Verwendung neuer Techniken erfordern oder sogar darauf abzielen,
neue Techniken einzuführen. Freiwillige Vereinbarungen mögen hier den gesetzli-
chen Standards als Instrument unterlegen sein (siehe auch die Erläuterungen zur
Verlustaversion). Allerdings zeigt sich, dass durch die geschickte Gestaltung der
Standardoption (des „Defaults“, z.B. bei Vertragsabschluss) das Entscheidungsver-
halten beeinusst werden kann (Choi etal. 2003). Auch der Aufbau von Vertrauen,
Bildungs- und Trainingsmaßnahmen sowie Gelegenheit zur Partizipation können
die Akzeptanz neuer Praktiken fördern (Luz 2000). Kooperative Ansätze, bei denen
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
85
die Landwirte und Landwirtinnen in Gruppen organisiert sind, sind in dieser Hin-
sicht ebenfalls förderlich, da sie durch den Kontakt mit anderen Landnutzern lernen
können, dass sich die Einführung von Innovationen auch lohnen kann (Prager 2015).
Auch die verinnerlichten Werte und Normen haben einen Einuss auf das Ent-
scheidungsverhalten der Landwirtinnen und Landwirte. Viele von ihnen haben eine
produktivistische Ethik internalisiert und besitzen ein Selbstbild, das ihre Fähigkei-
ten und ihr Wissen in den Vordergrund stellt (Lütz und Bastian 2002; Burton etal.
2008; Emery 2014). Maßnahmen, die diese Ethik in Frage stellen oder die nicht
explizit die Fähigkeiten der Landwirtinnen und Landwirte ansprechen, können da-
her auf geringere Akzeptanz stoßen als Maßnahmen, die eher in Einklang mit diesen
Werten präsentiert werden (Burton etal. 2008). Eine ergebnisorientierte Honorie-
rung kann geeignet sein, Landwirtinnen oder Landwirte darin zu bestärken, dass es
ihr Wissen und ihr Können sind, die benötigt werden, um die Umwelt zu schonen
(Burton und Schwarz 2013). In diesem Sinne könnte etwa versucht werden, das
„Produzieren“ von Trinkwasser und Biodiversität mit der produktivistischen Ethik
vieler Landwirtinnen und Landwirte zu verkoppeln (Burton und Schwarz 2013).
Ein letzter Aspekt, der hier betont werden soll, ist die Tatsache, dass sich die Prä-
ferenzen von Landwirten mit der Zeit verändern können (Bocquého etal. 2013).
Entscheidungen, die Landwirte zu einem gegebenen Zeitpunkt treffen, mögen daher
in Konikt zu ihren Präferenzen zu einem späteren Zeitpunkt stehen. Ein typisches
Beispiel im Kontext von Agrarumweltmaßnahmen ist der Fall, in dem die unmittel-
baren Kosten einer Maßnahme im Vergleich zu dem langfristigen (monetären) Nut-
zen zu stark bewertet werden und aus diesem Grunde die Maßnahme nicht ausgeführt
wird, auch wenn es aus der langfristigen Perspektive mehr Sinn machen würde. Wenn
Akteure Probleme haben, in Aktivitäten zu investieren, die erst in der mittelfristigen
oder fernen Zukunft einen Nutzen abwerfen, können beispielsweise veränderte Zah-
lungsschemata (Vorschüsse oder häugere Auszahlungen) Abhilfe schaffen.
4.3.3.2 Faktoren und Beeinussung umweltbezogener Entscheidungen
von Landwirten
Welches sind die wichtigsten Antriebskräfte für umweltbezogene Entscheidungen
von Landwirten? Diese können sowohl psychologische Determinanten wie auch
wahrgenommene praktische Hilfen und Barrieren beinhalten.
In der Literatur nden sich viele Studien, die unterschiedliche theoretische Mo-
delle benutzen und sich auf verschiedene Zielverhaltensweisen beziehen, z.B. be-
züglich Heckenmanagement, Pestizidausbringung, oder generell bei der Teilnahme
an AUKM.Das am häugsten verwendete theoretische Modell war die Theorie des
geplanten Verhaltens (Theory of Planned Behaviour) von Ajzen (1991).
Gailhard und Bojnec (2015) berichten über eine Studie zur Beziehung zwischen
Betriebsgröße und Teilnahme an AUKM in Slowenien. Sie nden, dass sich die Be-
weggründe für die Teilnahme von großen und kleinen Betrieben unterscheiden. Bei-
spielsweise steigt bei großen Betrieben die Wahrscheinlichkeit der Teilnahme mit
dem Waldanteil, bei kleinen Betrieben gibt es hingegen keine solche Beziehung.
4.3 Neuere Ansätze zur Integration von Umweltanliegen inden Governance-Rahmen
86
Mit stärkerem Fokus auf psychologische Antriebskräfte nden Beedell und Reh-
man (1999), dass Landwirte, die starke positive Überzeugungen über den Nutzen
von Naturschutz haben und die sozialen Druck im Hinblick auf Naturschutz er-
fahren, mit höherer Wahrscheinlichkeit auch stärker naturschutzorientiert sind. Eine
spätere Studie, in der hohes Umweltbewusstsein und ein größerer Einuss von Na-
turschutzbezugsgruppen die auffälligsten Treiber für Naturschutzanstrengungen
waren, bestätigte die früheren Ergebnisse (Beedell und Rehman 2000).
Wilson und Hart (2000) berichten über die Ergebnisse eines internationalen For-
schungsprojekts zur Teilnahme an AUKM.Allgemeine Teilnahmemuster umfassen
die Bedeutung der nanziellen Anreize und die „Passgenauigkeit“ der Maßnahme
sowie den Einuss von Faktoren wie Betriebsgröße, Pachtanteil, und Betriebstyp.
Die Befunde weisen auf eine wachsende Bedeutung Naturschutz-orientierter Mo-
tivationen für die Beteiligung an AUKM in allen Teilen Europas hin. Die Autoren
schlagen als „neue Hypothese“ vor, dass die nanziellen Motive für die Teilnahmen
nicht ausschließen, dass umweltbezogene Motive gleichermaßen wichtig sind.
Lokhorst etal. (2011) berichten über eine Studie zu den sozialpsychologischen
Grundlagen der Naturschutzpraktiken von Landwirten in den Niederlanden. Sie
unterscheiden zwischen staatlich unterstütztem und nicht unterstütztem Natur-
schutz und nden, dass staatlich unterstützter Naturschutz allein durch die Einstel-
lungen der Landwirte motiviert ist, während nicht unterstützter Naturschutz auch
durch sozialen Druck und die Selbst-Identität der Landwirte angetrieben ist: das
Ausmaß, in dem Landwirte den Naturschutz als Teil ihrer eigenen Identität
wahrnehmen.
Lokhorst etal. (2014) verfolgen diese Befunde in einer Fragebogenstudie weiter,
um die psychologischen Determinanten für privaten Naturschutz zu analysieren.
Die Ergebnisse bestätigen die zentrale Rolle der Selbst-Identität und zeigen, dass
die Verbindung mit der Natur, die Landwirte erleben, ein wichtiger Antrieb für
ihre Naturschutzanstrengungen ist.
Wie die Organisation von AUKM in den Niederlanden die Entscheidungsndung
von Landwirten beeinusst, haben van van Dijk etal. (2015) untersucht. In den
Niederlanden werden einige AUKM kollektiv von großen regionalen Gruppen von
Landwirten durchgeführt, sogenannten Umweltkooperativen. Die Autoren neh-
men an, dass diese Kooperativen die Absicht von Landwirten zur Teilnahme erhö-
hen, indem sie die Antragstellung erleichtern, aber auch, indem sie Gruppendruck
aufbauen. Die Ergebnisse belegen, dass die Absicht der Landwirte, am Grabenma-
nagement teilzunehmen, mit der Einstellung der Landwirten und ihrer wahrgenom-
menen persönlichen Fähigkeit zur Teilnahme assoziiert ist. Hingegen korreliert die
Bereitschaft, an Programmen zum Schutz von Weidevögeln teilzunehmen, mit so-
zialem Druck, Selbst-Identität und der Vermittlung durch die Umweltkooperative.
Pedersen etal. (2012) gehen von der Idee aus, dass Landwirte verschiedene Ziele
verfolgen und selbst bereit sein könnten, auf Gewinn zu verzichten, um andere Ziele
zu erreichen. In ihrer Studie zum Pestizideinsatz bei dänischen Landwirten ließen
sie explizit ökonomische und nicht-ökonomische Rationalitäten gegeneinander an-
treten und fanden, dass einige Landwirte v.a. ökonomisch motiviert waren, während
andere sich darauf konzentrierten, den Ertrag zu steigern. Bemerkenswerterweise
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
87
sprachen Landwirte, die sich auf Ertragssteigerung konzentrierten, weniger auf
ökonomische Politik-Instrumente an. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass es
wichtig ist, eine große Bandbreite an Politik-Instrumenten anzubieten, um die
unterschiedlichen Denkweisen verschiedener Landwirte anzusprechen.
Van Herzele etal. (2013) verfolgen einen anderen Ansatz. Basierend auf einem
Fragebogen und Interviews mit belgischen Landwirten unterscheiden sie sechs
Modi oder Stile der Teilnahme an AUKM: opportunistisch, kalkulatorisch, kom-
pensatorisch, optimierend, katalytisch und engagiert. Die Autoren kommen zu dem
Schluss, dass Geld zwar ein wichtiges Motiv für die Teilnahme ist, dass die mone-
tären Aspekte aber verschiedene Rollen spielen, je nach den Abwägungen des ein-
zelnen Landwirts und der Bedeutung, die er/sie anderen Überlegungen beimisst.
McCracken etal. (2015) fokussieren auf die Frage, wie soziale Faktoren sich zur
Qualität der Naturschutzpraktiken bei einer Gruppe von britischen Farmern verhal-
ten. Im Ergebnis fanden sie, dass insbesondere frühere Erfahrungen die Qualität der
bereitgestellten Habitate beeinussen. Sie verweisen auf die Bedeutung, landwirt-
schaftlichen Naturschutz als Lernprozess für Landwirte zu begreifen.
Welche Schlussfolgerungen können aus diesem kurzen Literaturbericht gezo-
gen werden? Politische Entscheidungsträger neigen dazu, Landwirte als Gewinn-
maximierer zu betrachten, die nur auf nanzielle Anreize reagieren. Dies ist aber
eine vereinfachte Sichtweise. Wenn nanzieller Ausgleich notwendig ist, beruht die
Motivation von Landwirten auf mehr als monetären Überlegungen. Aus der Litera-
tur ergeben sich Belege für Antriebskräfte wie Selbst-Identität, sozialer Druck
und Naturverbundenheit. Daher stellt sich die Frage, wie solche alternativen An-
triebskräfte durch politische Instrumente angesprochen werden können.
Wie können die umweltbezogenen Entscheidungen von Landwirten beeinusst
werden? Hier diskutieren wir Forschungsansätze zu Interventionen, die darauf ab-
zielen, das Umweltmanagement von Landwirten zu verändern, und geben einen
Überblick über erfolgreiche Ansätze zur Verhaltensbeeinussung.
Empirische Arbeiten zu der Frage, wie das Natur- und Umweltschutzverhalten
von Landwirten verändert werden kann, sind schwer zu nden. Die Studie von Lok-
horst etal. (2010) berichtet über das Design und den Test einer Intervention, welche
die Mechanismen Feedback und Selbstverpichtung kombiniert. Feedback be-
deutet, den Teilnehmern Informationen über ihr gegenwärtiges Verhalten zu geben.
Wird diese Information mit dem Verhalten von anderen verglichen, kann dies sozi-
ale Normen in Bezug auf das fragliche Verhalten aktivieren. Wenn Teilnehmer eine
Selbstverpichtung eingehen, dann geben sie ein Versprechen oder eine formale
Verpichtung ab, ein bestimmtes Verhalten zu verändern. Wissenschaftliche Studien
zeigen, dass Teilnehmer ihre Selbstverpichtungen eher einhalten (für eine Me-
ta-Analyse siehe Lokhorst etal. 2013). Selbstverpichtungen sind daher ein vielver-
sprechendes Instrument, um Verhaltensänderungen zu bewirken. In der Studie von
Lokhorst etal. (2010) war insbesondere die Kombination von Feedback und Selbst-
verpichtung effektiv. Landwirte, die beiden Interventionen ausgesetzt waren, be-
richteten eine stärkere Naturschutzabsicht, verbrachten mehr Zeit mit Naturschutz
und erhöhten die Fläche mit natürlichen Habitaten. Diese Ergebnisse waren ausge-
prägter für nicht-staatlich unterstützten als für staatlich unterstützten Naturschutz.
4.3 Neuere Ansätze zur Integration von Umweltanliegen inden Governance-Rahmen
88
Nach unserem Wissen ist die Arbeit von Lokhorst etal. (2010) die einzige Stu-
die, die den Effekt von nicht-monetären Anreizen experimentell testet. Dies ist
überraschend, da wiederholt nach Interventionen gerufen wurde, die nicht allein auf
monetären Zuweisungen basieren (Burton und Wilson 2006; Burton und Paragaha-
wewa 2011; de Snoo etal. 2013). Wie könnte ein solcher alternativer Ansatz zur
Verhaltensbeeinussung aussehen?
Wie oben gezeigt, behandelt das gegenwärtige System von Zuwendungen Land-
wirte als Individuen, die vorwiegend von nanziellen Anreizen angetrieben sind.
Ein erster Schritt wäre es demgegenüber, die nicht-nanziellen (psychologischen)
Motive zu beachten. Hier wäre etwa daran zu denken, die Selbst-Identität von
Landwirten als naturorientierte Landschaftsschützer zu adressieren. „Labeling“
bezeichnet den Prozess, bei dem ein bestimmter Teil der Identität hervorgehoben
wird, indem diese Identität mit einem bestimmten Verhalten einer Person in Zusam-
menhang gebracht wird (Cialdini etal. 1998). In ihrer Kommunikation mit Land-
wirten könnten staatliche Stellen versuchen, Landwirte konsistent als Naturschüt-
zer anzusprechen (zu „labeln“) und um auf diese Weise deren Selbst-Identität zu
beeinussen.
Eine andere Erfolg versprechende Möglichkeit könnte der Versuch sein, Land-
wirte eher als Gruppe und nicht als Individuen zu adressieren. Regionale, sozial
eingebettete Organisationen, wie die Umweltkooperativen in den Niederlanden,
sind auch für andere Länder als Brückenbauer und Moderator für kollektive AUKM
vorgeschlagen worden (Franks und Mc Gloin 2007; Burton und Paragahawewa
2011; Mills 2012). Solche lokalen Organisationen könnten bei ihren Mitgliedern ein
Gefühl des sozialen Drucks wachrufen, etwas für den Naturschutz zu tun, ihnen
aber auch das Gefühl vermitteln, dass sie bei ihren Naturschutzanstrengungen un-
terstützt werden (van Dijk etal. 2015).
Die Anwendung verhaltenswissenschaftlicher Einsichten hat sich in den letzten
Jahren über verschiedene Politikbereiche hinweg verbreitet (Dolan etal. 2012). Zu-
nehmend im Zusammenhang mit dem „Nudging“-Konzept diskutiert, unterstreicht
die Anwendung solcher Einsichten, dass bei vielen politischen Herausforderungen
unserer Zeit die Notwendigkeit der Veränderung von Verhaltensmustern zentral ist
(für den deutschen Kontext siehe Purnhagen und Reisch 2016). In Großbritannien
hat das beim Büro des Premierministers angesiedelte Behavioural Insights Team
(BIT) einen Rahmen zur Verhaltensbeeinussung entwickelt, der aus vier grundle-
genden Prinzipien besteht, die sowohl zur Entwicklung neuer Politiken wie zur kri-
tischen Bewertung bestehender Politiken verwendet werden können. Um ein Ver-
halten zu beeinussen, muss dieses 1) einfach, 2) attraktiv, 3) sozial und 4) zeitlich
angepasst sein (EAST-Formel: Easy, Attractive, Social, and Timely; Behavioural
Insights Team 2014).
Es leicht zu machen, verweist auf die Einfachheit oder Schwierigkeit, mit der
Bürger das gewünschte Verhalten annehmen können. Der Wechsel von Opt-in zu
Opt-out, das Design von Verfahren, die den bürokratischen Aufwand begrenzen, und
vereinfachte Botschaften sind Beispiele für die Anwendung des EAST- Prinzips. Im
Hinblick auf Naturschutz in der Landwirtschaft kann dies bedeuten, die bestehenden
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
89
AUKM kritisch daraufhin zu bewerten, ob sie für Landwirtinnen und Landwirte zu-
gänglich sind, und Wege zur Teilnahme aus Sicht der Landwirtinnen und Landwirte
zu untersuchen.
Verhalten attraktiv zu machen bedeutet, die Aufmerksamkeit der Zielgruppe zu
erlangen und sicherzustellen, dass die Anreize, die angeboten werden, für diese
einen positiven Wert haben. Für den Naturschutz kann dies etwa bedeuten, Bot-
schaften zu personalisieren und mediale Kanäle zu nutzen, die für die landwirt-
schaftliche Gemeinschaft relevant sind. Man könnte auch die gegenwärtigen An-
reizsysteme überdenken, um zu sehen, ob diese für Landwirtinnen und Landwirte
attraktiver gestaltet werden können. Einige Autoren haben beispielsweise vorge-
schlagen, dass eine ergebnisorientierte Zahlung stärkere Resonanz mit dem Gefühl
der Landwirte haben könnte, den Naturschutz aktiv gestalten zu können (de Snoo
etal. 2013).
Verhalten sozial zu machen, bedeutet anzuerkennen, dass menschliches Verhal-
ten üblicherweise in gesellschaftlichen Zusammenhängen stattndet und dass das
Verhalten anderer einen großen Einuss ausübt. Um ein erwünschtes Verhalten zu
ermutigen, kann man eine positive deskriptive Norm aktivieren, die darauf verweist,
dass andere sich auch auf die erwünschte Weise verhalten; man kann bestehende
Netzwerke und Gemeinschaften von gleichgesinnten Bürgern nutzen; und man
kann versuchen, die Leute dazu zu bringen, dass sie Selbstverpichtungen gegen-
über ihren eigenen sozialen Bezugsgruppen abgeben, ihr Verhalten zu ändern. Be-
sonders die beiden letzteren Vorschläge stimmen mit den oben genannten Studien
überein, insbesondere mit denen zu Umweltkooperativen und zur Selbstverpich-
tung zum Naturschutz (Lokhorst etal. 2010).
Zeitlich angepasst schließlich bezieht sich auf die zeitliche Ausgestaltung von
Politiken. Dies bedeutet anzuerkennen, dass Menschen je nach Zeitpunkt unter-
schiedlich auf Aufforderungen reagieren. Dem EAST-Konzept zufolge sind Politi-
ken dann am effektivsten, wenn sie die Menschen dann zu erreichen suchen, wenn
diese am empfänglichsten sind, wenn sie die unmittelbaren Kosten und Vorteile
abwägen und wenn die angebotenen Maßnahmen den Menschen helfen, ihre Hand-
lungen in Bezug auf künftige Ereignisse zu planen. Im Fall des Natur- und Umwelt-
schutzes müssen wir wissen, wann Landwirtinnen und Landwirte ihre Schlüsselent-
scheidungen treffen– zum Beispiel in einer bestimmten Jahreszeit– um sie dann zu
erreichen, wenn es am sinnvollsten ist. Auch könnte es lohnender sein, kurzfristige
und sehr spezische Ziele zu setzen als Generalpläne zu entwerfen, die sich über
lange Zeiträume erstrecken.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass die gegenwärtigen AUKM in dem Sinne kon-
zeptionell begrenzt sind, als sie Landwirte tendenziell lediglich als Individuen (und
nicht als Mitglieder gesellschaftlicher Netzwerke) sehen, die vor allem durch Aus-
sicht auf nanziellen Gewinn motiviert sind und weniger durch eine Verbundenheit
mit der Natur. Bestehende Politiken und Programme könnten effektiver ausgestaltet
werden, wenn sie verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse darüber berücksichti-
gen, a) welche Antriebe Landwirtinnen und Landwirte bei naturschutzbezogenen
Entscheidungen motivieren und b) wie verhaltensorientierte Politiken generell effek-
tiver gestaltet werden können.
4.3 Neuere Ansätze zur Integration von Umweltanliegen inden Governance-Rahmen
90
4.3.4 Design von Agrar- und Umweltpolitik aus der Perspektive
der Zahlungen für Umweltleistungen
4.3.4.1 Das Konzept der Zahlungen für Umweltleistungen
Der Begriff „Zahlungen für Umweltleistungen“ (Payments for Environmental Ser-
vices, PES) beschreibt ein positives Anreizinstrument, welches dazu verwendet
werden kann, die Attraktivität umweltfreundlicher Praktiken (bspw. in der Land-
oder Forstwirtschaft) zu erhöhen und somit zum Schutz von Umweltleistungen bei-
zutragen. Im Kern geht es um die Schaffung eines Marktes oder marktähnlicher
Zustände: Bereitsteller von Umweltgütern (bspw. Landnutzer) können freiwillig an
PES teilnehmen und erhalten von den Käufern eine Prämie entweder (i) für die di-
rekte Bereitstellung der Leistung oder (ii) für das Ausführen einer Aktivität, die di-
rekt mit der Bereitstellung der Leistung verknüpft ist (Engel 2015). Das Konzept ist
besonders in Situationen geeignet, in denen der generierte gesellschaftliche Nutzen
die privaten Kosten der Bereitstellung übersteigt (Pannell 2008). Es sind sowohl
Konstellationen mit privatwirtschaftlichen (Coasean PES) als auch staatlichen Käu-
fern denkbar (Pigouvian PES) (Engel etal. 2008). Ein bekanntes Beispiel für Coa-
sean PES ist der Fall des französischen Trinkwasserherstellers Vittel (Perrot-Maître
2006). Dieser konnte sich nach intensiven Verhandlungen mit ansässigen Landwir-
ten auf einen Preis für die gewässerschonende Bewirtschaftung der Ländereien im
Umfeld von Trinkwassergewinnungsgebieten einigen. Staatlich nanzierte PES n-
den sich in vielen Industrienationen zur Abmilderung der negativen Auswirkungen
intensiver Landwirtschaft auf die Umwelt. Dabei wird versucht, neben dem Aus-
gleich der entgangenen Gewinne, die sich aus der Anwendung umweltschonenderer
Praktiken ergeben, einen positiven Anreiz für deren Einführung zu schaffen. Für die
Bestimmung der Höhe des Anreizes gibt es unterschiedliche Ansätze: Aus Sicht der
Kostenefzienz erscheint es vorteilhaft, nur die Kosten der Aktivität selbst (bzw. der
Bereitstellung der Umweltleistung) zu vergüten. Diese bestehen zum einen aus den
Transaktionskosten, die sich zum Beispiel aus der Informationsbeschaffung und
Antragstellung ergeben, und zum anderen aus den Opportunitätskosten, die durch
den Wechsel der Landnutzung entstehen. Es ist jedoch auch möglich, durch die
Zahlung einer zusätzlichen Prämienkomponente den Gewinn und damit auch den
Anreiz der Landnutzer zur Teilnahme an PES zu erhöhen.
Weiterhin wird als wichtiges Designmerkmal mit Bezug zum Erfolg von PES-
Instrumenten deren Konditionalität angesehen (Engel 2015). Dies bedeutet, dass
die Zahlung nur erfolgen sollte, wenn die Umweltleistung bzw. die dafür notwen-
dige Maßnahme auch erbracht wird. Dies erfordert eine klare Denition des ange-
strebten Umweltziels bzw. der durchzuführenden Maßnahme sowie die Überwa-
chung des Ergebnisses. In diesem Zusammenhang bezeichnet man als Additionalität
den generierten Mehrwert eines Programms im Gegensatz zum Zustand bei dessen
Nicht-Einführung (Engel 2015). Gerade im Bereich der Landwirtschaft ist es häug
schwierig, diesen Mehrwert genau zu erfassen. Dies liegt sowohl am komplexen Ge-
füge der Agrarökosysteme und am Vorhandensein paralleler, teilweise gegenläuger
Anreizstrukturen als auch an der diffusen Natur vieler negativer Umwelteffekte und
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
91
den damit verbundenen Problemen bei deren Monitoring. Auch müssen zur Bewer-
tung der ökologischen Efzienz eines PES-Programms sogenannte Leakage-Ef-
fekte (Engel 2015) mit einbezogen werden. Hierbei tritt eine zeitlich oder räumlich
verschobene Intensivierung schädlicher Aktivitäten als (Spät-)Folge auf. Beispiels-
weise ist es möglich, dass Landnutzer nur mit solchen Flächen an einem Umwelt-
programm teilnehmen, die eine geringere Produktivität aufweisen, während sie
gleichzeitig die Landbewirtschaftung an anderer Stelle intensivieren. Auch ist die
zeitlich verschobene Ausnutzung eventueller positiver Folgen eines Programmes auf
die Bodenfruchtbarkeit denkbar, indem nach Ablauf des Vertrages vormals einge-
schriebene Landächen wieder intensiv bewirtschaftet werden.
Ob PES in der Landwirtschaft von Erfolg gekrönt sind, hängt nicht nur von der
Ausgestaltung des Instruments selbst ab. Auch das Zusammenspiel mit anderen In-
strumenten muss betrachtet werden (Segerson 2013). Ist beispielsweise das Ord-
nungsrecht bezüglich der Umweltvorgaben bereits relativ strikt, engt dies den Spiel-
raum zur freiwilligen Vergütung darüber hinausgehender Leistungen ein. Umgekehrt
muss das Ordnungsrecht aber auch eine Ausgangsbasis etablieren, auf deren Grund-
lage die freiwilligen Vereinbarungen operieren. Ohne eine solche Grundlage können
PES keine anspruchsvollen Umweltziele anpeilen und Vergütungen müssten bereits
für sehr geringe Leistungen vergeben werden. In Deutschland deckt das Ordnungs-
recht hauptsächlich den abiotischen Ressourcenschutz ab, während aktives Umwelt-
management häug Bestandteil von freiwilligen Vereinbarungen wie PES ist.
Basierend auf dieser Einführung soll das folgende Kapitel zunächst die Rolle von
PES in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union (EU) aufzei-
gen. Im Anschluss daran werden innovative Ansätze vorgestellt, die sich dazu eignen
können, die in der SWOT-Analyse (Kap.5) dargelegten Probleme der entsprechen-
den Programme zu mindern und deren Effektivität und Akzeptanz zu steigern.
4.3.4.2 Zahlungen für Umweltleistungen inder GAP
Bereits seit 1992 ist es für die Mitgliedstaaten der EU verpichtend, im Rahmen der
Zweiten Säule der GAP sogenannte Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM)
anzubieten. Damit werden umweltschonende landwirtschaftliche Praktiken be-
zeichnet (wie etwa Schutz- oder Blühstreifen, pestizidfreies Wirtschaften etc.), die
einzelne Landwirte auf ihren Ländereien ausführen und damit zum Schutz der Um-
welt beitragen können. Diese Maßnahmen lassen sich als eine Variante von PES
verstehen (Sattler und Matzdorf 2013), bei denen der Staat (in seiner Funktion als
Stellvertreter für die Gesellschaft) als einziger Käufer sowie als Preisgeber auftritt
(Pigouvian PES). Mit Blick auf das Gesamtbudget der EU für AUKM handelt es
sich damit um eines der größten PES-Programme dieser Art weltweit. Die genaue
Ausgestaltung des angebotenen Maßnahmenkataloges obliegt dabei den Mitglied-
staaten. Die EU muss jeden dieser nationalen Kataloge einzeln billigen. In Deutsch-
land werden die entsprechenden Maßnahmen-Portfolios auf Länderebene konzi-
piert. Dabei überwiegen derzeit konkrete Managementanweisungen, die einen
geringen bis moderaten Aufwand erfordern und ächendeckend angeboten werden
4.3 Neuere Ansätze zur Integration von Umweltanliegen inden Governance-Rahmen
92
(in der Regel 5-Jahres-Verträge). Solchen „hellgrünen“ AUKM lassen sich „dunkel-
grüne“ gegenüberstellen, bei denen ein wesentlich höherer Aufwand betrieben wer-
den muss und die teilweise nur in abgegrenzten Zielkulissen angeboten werden.
Seltener lassen sich ergebnisorientierte AUKM nden, bei denen nicht bereits bei
Ausführung einer Managementanweisung, sondern erst bei Erreichen eines zuvor
denierten Ergebnisses vergütet wird. Einige Bundesländer wie etwa Niedersach-
sen bieten beispielsweise eine Zahlung für das Vorkommen bestimmter Zielarten
auf Grünlandstandorten an. Obwohl das EU-Rahmenrecht auch eine gruppenorien-
tierte Vergütung ermöglicht (siehe unten), wird derzeit von dieser Option in
Deutschland kein Gebrauch gemacht. Bezüglich der Höhe der Zahlungen sind die
EU-Regularien relativ strikt. AUKM werden in ihrer jetzigen Form nach WTO-
Recht als „Green Box“-Zahlungen eingestuft, die lediglich für die Produktion
nicht-warenförmiger Gemeingüter gewährt werden dürfen (Wynne-Jones 2013).
Um diesen Status zu erhalten, wurde unter anderem eine vormals bestehende An-
reizkomponente abgeschafft, sodass derzeit nur die durch die Teilnahme am
AUKM-Programm entstehenden Kosten ersetzt werden (Hampicke 2013). Als
gesetzlicher Sockel für AUKM fungieren die Cross-Compliance- und Greening-
Regelungen. Das bedeutet, dass eine Maßnahme über die in den Cross-Compliance-
und Greening-Richtlinien gemachten Vorgaben hinausgehen muss, um überhaupt
als vergütungswürdig eingestuft zu werden (einige AUKM können hingegen zur
Erfüllung der ÖVF-Vorgaben herangezogen werden, allerdings werden dann Gree-
ning-Prämie und AUKM-Vergütung miteinander verrechnet). Die Einhaltung der
Vorgaben wird durch ein Monitoring-Programm durchgesetzt, in dessen Rahmen
jährlich 5% aller teilnehmenden Betriebe kontrolliert werden müssen.
An dieser Stelle soll angemerkt sein, dass es neben den AUKM in der EU noch
weitere Möglichkeiten für PES gibt. Innerhalb der Zweiten Säule ndet sich eine
Vielzahl weiterer Programme, die als PES kategorisiert werden können. Ein Bei-
spiel stellen die freiwilligen Vereinbarungen zum Gewässerschutz dar. Diesen Maß-
nahmenkatalog können unter anderem Wasserverbände nutzen, um mit Landwirten
Verträge über gewässerschonende Praktiken abzuschließen.
Den AUKM-Programmen in der EU werden von wissenschaftlicher Seite einige
Schwächen im Design vorgehalten, welche deren ökologische Effektivität sowie
ökonomische Efzienz mindern. In der Literatur ndet sich eine Vielzahl von An-
sätzen, die unter bestimmten Bedingungen dazu geeignet sein könnten, diese Pro-
bleme zu adressieren (Wätzold und Schwerdtner 2005; Engel 2015). Einige davon
werden im nachfolgenden Abschnitt vorgestellt.
4.3.4.3 Gestaltungsansätze
Ein zentrales Problem vieler AUKM-Programme ist ein Mangel an Zielgenauigkeit
(Armsworth etal. 2012). Um diese Programme leichter administrierbar und kon-
trollierbar zu machen, wurden die Maßnahmen vielfach standardisiert. Durch diese
„Vereinfachung“ ihres Designs geht ein Großteil des möglichen positiven Nutzens
für die Biodiversität verloren (Armsworth etal. 2012). Daraus lässt sich ableiten,
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
93
dass (a) mit den verfügbaren nanziellen Mitteln mehr im Sinne der Umwelt zu er-
reichen wäre und (b) ein Spielraum besteht, komplexere Designs mit höheren Trans-
aktionskosten zu implementieren und dennoch den Natur- und Umweltnutzen zu
erhöhen. Der Ansatz des „Targeting“ versucht, durch eine zielgenauere Verteilung
der verfügbaren nanziellen Mittel die Kostenefzienz bzw. den ökologischen Nut-
zen der AUKM zu maximieren (Segerson 2013). Die Hintergrundannahme ist da-
bei, dass durch die heterogenen Bedingungen der Ökosysteme und ihrer Bewirt-
schafter bestimmte Gebiete bzw. Landwirte besser geeignet sein können, eine
Leistung zu produzieren, als andere (Khanna und Ando 2009). Dabei können prin-
zipiell folgende Varianten zum Einsatz kommen (Hanley etal. 2012; Engel 2015):
Nutzen-Targeting: die Konzentration der Mittel in Gebieten oder bei Landwir-
ten, die am ehesten einen ökologischen Effekt produzieren können (hoher erwar-
teter Nutzen);
Kosten-Targeting: die Konzentration der Mittel in Gebieten oder bei Landwirten,
die möglichst kostengünstig eine Leistung bereitstellen können (geringe erwar-
tete Kosten);
Kosten-Nutzen-Targeting: die Konzentration der Mittel in Gebieten oder bei
Landwirten, die ein möglichst günstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis bei der Be-
reitstellung einer Leistung aufweisen (gesellschaftlich erwünschte Balance der
Kosten und des Nutzens).
Im Agrarumweltprogramm in Deutschland ist bereits ein gewisser Grad an Targe-
ting realisiert, da einige Maßnahmen ausschließlich in speziellen Zielkulissen an-
geboten werden. Das betrifft zum Beispiel solche zum Schutz von Gewässern oder
bestimmten Zielarten (z.B.Ortolan, Feldhamster, Rotmilan). Eine konsequentere
Verfolgung dieses Ansatzes könnte geeignet sein, weitere Efzienzsteigerungen zu
realisieren (Schuler und Sattler 2010; Meyer etal. 2015a). Konkret könnte eine
Programmierung der Maßnahmen auf regionaler oder lokaler Ebene helfen, geziel-
ter Umweltleistungen bereitzustellen und Mitnahmeeffekte zu verringern. Auch ist
es möglich, einen Kosten-Nutzen-Index als Basis für eine Programmierung aufzu-
stellen, um eine sinnvollere Verteilung der Fördermittel zu gewährleisten (Wün-
scher und Engel 2012). Dieser Index könnte zum Beispiel regionsspezisch auf-
zeigen, welche Ökosystemleistungen oder Ziele (z. B. Artenschutz) an welchen
Orten kostengünstig realisierbar sind. Eine Studie zum PES-Programm in Costa
Rica konnte den erwarteten Nutzen eines solchen Index exemplarisch aufzeigen
(Wünscher etal. 2006, 2008). Weiterhin ist durch eine Kombination mit Remote-
Sensing- Daten und GIS-basierter Software ein weiterer Efzienzgewinn zu erwar-
ten (van Haaren und Bathke 2008; Arponen etal. 2013), da dies sowohl die Pro-
grammierung als auch die Antragstellung erleichtern könnte. Sollen multiple Ziele
verfolgt werden oder unterliegen die Kosten und der Nutzen einer Maßnahme star-
ken zeitlichen Schwankungen, können weniger zielgerichtete Instrumente wir-
kungsvoller sein (Segerson 2013; Uthes und Matzdorf 2013). Targeting eignet sich
besonders dann, wenn begrenzte nanzielle Mittel möglichst efzient verteilt wer-
den sollen und es eine große Varianz in den Kosten und/oder dem Nutzen einer
Maßnahme gibt (Engel 2015).
4.3 Neuere Ansätze zur Integration von Umweltanliegen inden Governance-Rahmen
94
Ein weiteres Konzept zur Steigerung der Kostenefzienz ist die Zahlungsdiffe-
renzierung (Engel 2015). Hier wird versucht, den Landbewirtschaftern einen Be-
trag auszuzahlen, der ihren tatsächlichen Bereitstellungskosten entspricht oder ge-
ringfügig darüber liegt. Durch eine Differenzierung der Zahlungen wäre der Staat in
der Lage, Landbewirtschaftern mit hohen Kosten entsprechend höhere Zahlungen
zu gewähren, sollte deren ökologischer Beitrag dies rechtfertigen. Damit kann unter
Umständen eine höhere Akzeptanz von Maßnahmen in Intensivgebieten erreicht
werden, da hier die Opportunitätskosten meist weit über den derzeitigen Zahlungen
liegen. Eine aktuelle Metaanalyse zur Wirksamkeit von PES-Programmen kommt
zu dem Schluss, dass eine Zahlungsdifferenzierung eng mit der ökologischen Effek-
tivität der Programme korreliert ist (Ezzine-de-Blas etal. 2016). Ein Problem bei
der Umsetzung stellt jedoch die Tatsache dar, dass der Staat meist nicht genau be-
stimmen kann, wie hoch die Bereitstellungskosten einzelner Landwirte sind (Hanley
etal. 2012). Sind diese Kosten stark durch lokal korrelierte Faktoren wie etwa die
Bodenqualität beeinusst, kann das Problem evtl. durch eine regionale oder lokale
Differenzierung umgangen werden. Besteht diese Möglichkeit nicht, muss der Staat
versuchen, einen Mechanismus zu etablieren, der die Bereitstellungskosten einzel-
ner Landwirte offenlegt.
Ein Ansatz, der diese Anforderung erfüllen kann, ist der Gebrauch von Auktio-
nen, mit denen die AUKM ähnlich einer Ausschreibung vergeben werden. Grund-
sätzlich gibt es unterschiedliche Varianten des Auktionsdesigns, die im Kontext des
Umweltschutzes interessant sein können (Freese etal. 2011). Der Staat kann zum
Beispiel denierte Maßnahmen oder Umweltleistungen ausschreiben und die Land-
wirte kompetitiv um deren Ausführung bzw. Bereitstellung bieten lassen (Latacz-
Lohmann und Van der Hamsvoort 1997). Durch den Bieterprozess verringern die
Landwirte ihre Gebote sukzessive auf ein Niveau, das nahe dem ihrer Bereitstel-
lungskosten liegt (Hanley etal. 2012). Damit wird die Kostenefzienz gegenüber
einer regionalen Durchschnittszahlung deutlich erhöht. Im Falle eines limitierten
Gesamtbudgets für die Erreichung spezischer Umweltziele kann der Staat ent-
scheiden, welche Bieter den Zuschlag bekommen, und dadurch ein Kosten- Targeting
realisieren. Ein häug als positives Beispiel angeführter Fall ist das Conservation
Reserve Program in den USA, das 1985 zum Zwecke des Erosionsschutzes ins Le-
ben gerufen wurde und einen Kosten-Nutzen-Index zur Bewertung der Gebote nutzt
(Claassen etal. 2008). In Deutschland gab es bisher nur einige Pilotprojekte. In der
Region Northeim in Niedersachsen wurde der Auktionsansatz mit einer quasi-
experimentellen Evaluierung verbunden (Ulber etal. 2011). Zwar konnte eine hohe
Additionalität nachgewiesen werden, allerdings blieben die erwarteten Kostensen-
kungseffekte der Maßnahmen aus. Im Gegenteil, die Landwirte boten teilweise weit
über ihren Opportunitätskosten und die Partizipation blieb insgesamt gering (Ulber
etal. 2011). Ähnliche Erfahrungen wurden bei einem Projekt in der Region Fuhr-
berg gemacht, bei dem die Landwirte ihre geringe Partizipationsbereitschaft mit der
Angst begründen, das Verfahren könnte die etablierten sozialen Strukturen in ihrer
Gemeinschaft zerstören (van Haaren und Bathke 2008). Eine genügend große An-
zahl an Teilnehmern ist bei Auktionen allerdings zwingend notwendig, um einen
ausreichenden Wettbewerb zu gewährleisten (Uthes und Matzdorf 2013; Hanley
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
95
und White 2014). Experimentelle Studien zeigen weiterhin, dass Auktionsteilneh-
mer bei wiederholten Auktionen lernen und sich daher im zeitlichen Verlauf durch
strategisches Bieten die Kostenefzienz wieder verringert (Schilizzi und Latacz-
Lohmann 2007). Ebenso zeigen die Modellvorhaben, dass Auktionsschemata mit
hohen Transaktionskosten für beide Seiten verbunden sind (Glebe 2008; Ulber etal.
2011). Auch ist unklar, ob und inwieweit ein Auktionsdesign derzeit mit europä-
ischem Recht vereinbar ist. Sicher ist, dass es eines umfangreichen Anerkennungs-
prozesses seitens der EU bedürfte (Freese etal. 2011).
Die ökologische Effektivität der Programme kann weiterhin auch durch das ein-
seitige Vertrauen in die maßnahmenorientierte Honorierung verringert werden. Hier
besteht das Risiko, dass die Landbewirtschafter die Managementanweisungen (a)
falsch oder nur oberächlich bzw. (b) überhaupt nicht durchführen. Je nach
Monitoring- Häugkeit und Sanktionshöhe mag es für die Landbewirtschafter sogar
wirtschaftlich opportun sein, sich so zu verhalten (Becker 1974). Der Staat muss
durch intensives Monitoring feststellen, ob die Landnutzerinnen und Landnutzer
sich an die Anweisungen halten. Beim Ansatz der ergebnisorientierten Honorie-
rung erhalten die Landbewirtschafter ihre Prämie nur, wenn sie ein vorher festge-
legtes Niveau einer bestimmten Leistung erbringen. Auf diese Weise ist es für die
Bereitsteller nicht nur weniger opportun zu schummeln, auch steht es ihnen frei, die
anzuwendenden Managementpraktiken selbst zu wählen. So können private Infor-
mationen der Landwirte, beispielsweise darüber, wann, wie und wo ihr Land am
besten zu pegen ist, genutzt werden. Diese Informationen sind sonst für den Staat
nicht nutzbar, obwohl ihre Nutzung durch die Landbewirtschafter häug mit einer
Steigerung der ökologischen Effektivität einhergeht (Hanley etal. 2012). Ebenso
könnte es sich als vorteilhaft herausstellen, dass die Landwirte stärker intrinsisch
motiviert sind, wenn sie ergebnisorientiert arbeiten, da sie unter Umständen einen
Imagegewinn damit verbinden, Lernprozesse und Innovationen unterstützt werden
und an die Produzenten-Ethik der Landnutzer appelliert wird (van Haaren und
Bathke 2008; Matzdorf und Lorenz 2010; Schleyer und Plieninger 2011). Anderer-
seits bedeutet diese Form der Vergütung auch ein erhöhtes Risiko. Verfehlt der
Landwirt oder die Landwirtin trotz Anstrengungen das gesteckte Ziel, bekommen
sie im äußersten Fall keine Prämie ausgezahlt und tragen die Kosten allein (Schleyer
und Plieninger 2011). Als Lösungen werden neben Risikoprämien auch kombi-
nierte Zahlschemata diskutiert, welche das Risiko zwischen Staat und Landbewirt-
schaftern aufteilen (Holm-Müller etal. 2006; Loisel und Elyakime 2006; Derissen
und Quaas 2013; Hanley und White 2014). Weiterhin ist es möglich, eine schritt-
weise oder kontinuierliche Auszahlung einzuführen, bei der beispielsweise die An-
zahl an vorkommenden Zielarten aus einer Liste vergütet wird. Der Ansatz der er-
gebnisorientierten Honorierung eignet sich vor allem dann, wenn die Ergebnisse
kostengünstiger überwacht werden können als die Ausführung einer Maßnahme
selbst. Der Erfolg des Instrumentes hängt maßgeblich vom Vorhandensein eines
messbaren und praktikablen Indikators ab (Zabel und Roe 2009; Freese etal. 2011).
Weder darf der Indikator einen zu hohen Grad an Ambivalenz zulassen, noch sollte
er zu schwierig zu erfassen sein, da häug die Landwirte selbst an der Monito-
ring-Prozedur beteiligt sind (Burton und Schwarz 2013). Auch sollten weder der
4.3 Neuere Ansätze zur Integration von Umweltanliegen inden Governance-Rahmen
96
Indikator selbst (z.B. im Falle einer Ziel-Art) noch seine Messung zu sehr mit ge-
wöhnlichen landwirtschaftlichen Praktiken und Abläufen in Konikt stehen (Burton
und Schwarz 2013). In mehreren Pilotprojekten (van Haaren und Bathke 2008) wie
auch in Befragungen mit Landwirten (Matzdorf und Lorenz 2010) konnte gezeigt
werden, dass diese Art der Vergütung auf wesentlich mehr Akzeptanz stößt als bei-
spielsweise die Auktionsverfahren. In mehreren Bundesländern wird daher bereits
heute eine ergebnisorientierte Honorierung eingesetzt. Es handelt sich überwiegend
um Programme zur Steigerung der Biodiversität in Graslandschaften, die als Indi-
kator eine Liste mit Ziel-Arten nutzt. Doch auch eine Nutzung im Bereich des Nähr-
stoffmanagements ist erprobt (Runge und Osterburg 2007). Für bestimmte Leistun-
gen bleibt es jedoch kostenefzienter, mit Managementvorgaben zu arbeiten, vor
allem dann, wenn diese sich gut überwachen lassen (Moxey und White 2014).
Ein weiteres Argument in der Debatte um AUKM ist die Beobachtung, dass die
geringe ökologische Effektivität mit der Tatsache zusammenhängen könnte, dass
einzelne Landwirte einzelne Maßnahmen ergreifen und somit nur fragmentierte
Wirkungen erzielt werden können (Concepción etal. 2008; Smits et al. 2008).
Aus dieser Sicht mangelt es an einer Steuerung und Abstimmung der Aktivitäten
unter den Landwirten. Aus diesem Grunde gibt es Überlegungen, die AUKM mit
kooperativen Ansätzen zu verbinden. Die Idee dahinter ist einfach: statt wie bis-
her mit einzelnen Landwirten Verträge über AUKM zu schließen, sollen die Ver-
einbarungen mit Gruppen oder Zusammenschlüssen von Landnutzern abgeschlos-
sen werden. Die Liste der möglichen Vorteile ist groß (Hodge und Adams 2013;
Prager 2015):
Ökologische Effekte: Verringerung der Habitat-Fragmentierung, Aufrechterhal-
tung eines Biotopverbundes, Erhöhung der Biodiversität, bessere Handhabung
invasiver Arten und insgesamt erhöhte ökologische Effektivität der Programme.
Ökonomische Effekte: Reduktion der Transaktionskosten für den Staat, z.B.
durch verringerten Aufwand für Monitoring und Sanktionen (durch Selbst-
Monitoring innerhalb einer Gruppe), efziente Kosten- und Aufgabenverteilung
in der Gruppe und dadurch insgesamt eine verbesserte Kostenefzienz der Pro-
gramme.
Soziale Effekte: Schnellere Kompromissndung bei gegensätzlichen Interessen,
Informationsaustausch und gegenseitige Hilfe in der Gruppe, exible Lösungs-
ndung durch Aufbau technischer Expertise und erhöhter sozialer Interaktion,
erhöhte Selbstwirksamkeit.
Möglichkeiten zur Kombination mit Auktionen und ergebnisorientierter Hono-
rierung.
Auf der anderen Seite wird argumentiert, zu viele Variablen würden den Erfolg ko-
operativer Ansätze beeinussen, so dass die Landwirtinnen und Landwirte keinen
Anreiz sähen, sich diesem Risiko auszusetzen. Es mangele an Vertrauen und Zeit,
die Gruppen aufzubauen, die Absprachen innerhalb der Gruppe erhöhten die Trans-
aktionskosten einzelner Landwirtinnen und Landwirte und letztlich würden Land-
wirte lieber vermeiden, Teile ihres Einkommens von anderen abhängig zu machen
(Emery und Franks 2012; Uthes und Matzdorf 2013; Prager 2015). Auch gibt es
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
97
verschiedene Möglichkeiten, die Zahlungen zu arrangieren (Engel 2015): Entweder
die Zahlung geht direkt an einzelne Landwirte oder an die Gruppe als Ganzes, wel-
che die Verteilung dann selbst übernimmt. Evidenz über die Wirksamkeit konnte
bisher in verschiedenen Pilotprojekten mit unterschiedlichem Erfolg gesammelt
werden (Prager 2015). Eine großskalige Implementierung des Ansatzes ndet der-
zeit in den Niederlanden statt. Als besonders förderlich erweist sich in diesem Zu-
sammenhang, dass es hier bereits langjährige Erfahrungen mit Umweltkooperativen
in der Landwirtschaft gibt (van Dijk etal. 2015). Seit 2016 werden die AUKM
ausschließlich über 40 regionale Umweltkooperativen abgewickelt, welche die
Funktion als Vertragsnehmer gegenüber dem Staat übernehmen. Aus Sicht des Staa-
tes wird damit die Anzahl der Anträge um ein Vielfaches reduziert. Innerhalb der
jeweiligen Kooperative kann dann die Verteilung der Aufgaben und Mittel autonom
abgestimmt werden.
Eine weitere und eng mit den kooperativen Ansätzen verwandte Möglichkeit zur
Erzielung von Effekten auf der Landschaftsebene stellt der sogenannte Agglomera-
tionsbonus dar (Parkhurst etal. 2002). Adressat dieses Anreizinstruments kann so-
wohl eine Gruppe als auch eine einzelne Person sein. Je nach Design erhalten bei-
spielsweise Landwirtinnen oder Landwirte, die sich entschließen, mit einer Parzelle
teilzunehmen, einen Bonus ausgezahlt, sollte diese an eine ebenfalls eingeschrie-
bene Parzelle eines Nachbarn angrenzen. In Laborexperimenten konnte die Wirk-
samkeit dieses Anreizes zum Herstellen verschiedener Landschaftsstrukturen be-
reits bewiesen werden (Parkhurst etal. 2002; Parkhurst und Shogren 2007). Die
Teilnehmer benötigten allerdings einige Zeit, um den Mechanismus zu erlernen und
geeignete Kommunikationsstrukturen aufzubauen, so dass in jedem Falle Transak-
tionskosten anfallen (Banerjee etal. 2015). Durch die Unterschiede in den Bereit-
stellungskosten einzelner Landwirte könnten auch Ausgleichszahlungen der Land-
wirte untereinander die Performanz des Instrumentes verbessern (Wätzold und
Drechsler 2014). Weiterhin bestätigen auch verhaltensökonomische Studien dessen
Nutzen. So kann ein solcher Bonus die Erwartungen der Landwirte über die Teil-
nahme ihrer Nachbarn verändern und sich daher wie eine soziale Norm auswirken
(Kuhfuss etal. 2015). Anwendung in der Praxis ndet der Agglomerationsbonus
unter anderem in den USA (Conservation Reserve Enhancement Program) und der
Schweiz (Hanley etal. 2012).
Ein letzter Designaspekt, der in der Literatur diskutiert wird, sind die soge-
nannten gesamtbetrieblichen Verpichtungen. Dabei wird argumentiert, dass
nur dann, wenn die Managementpraktiken eines ganzen Betriebes umgestellt wür-
den, langfristige ökologische Wirkungen zu erwarten seien und ein tatsächlicher
Paradigmenwechsel in der Landwirtschaft greifbar würde (Emery und Franks
2012; Meyer etal. 2015a). Fraglich ist dabei jedoch, wie ein solcher „Ganz-oder-
gar- nicht“-Ansatz, bei dem quasi direkt auf eine umweltschonende Bewirtschaf-
tung auf allen Ländereien eines Betriebes umgestellt werden muss, bei einer
Mehrheit der Landwirtinnen und Landwirte auf Akzeptanz stoßen kann. Derzeit
gibt es in Deutschland in vielen Bundesländern die Maßnahme „Ökologischer
Landbau“, die allerdings immer Teil eines größeren Portfolios mit anderen Maß-
nahmen ist.
4.3 Neuere Ansätze zur Integration von Umweltanliegen inden Governance-Rahmen
98
4.3.5 Partizipatorische Ansätze
In dieser Literaturübersicht soll das Potenzial partizipatorischer Ansätze zur Mobi-
lisierung und Vernetzung unterschiedlicher Akteure dargelegt werden. Vernetzte
Akteure können helfen, agrarische Systeme durch einen stetigen Lernprozess nach-
haltig und adaptiv zu managen. Eine Schlüsselrolle spielt dabei vor allem der Zu-
gang zum vielfältigen Wissen der beteiligten Akteure. Dieses Wissen kann helfen,
Probleme und Lösungen im Bereich der Governance natürlicher Ressourcen zu
identizieren (Pahl-Wostl 2015). Hinzu kommt, dass die Beteiligung von Interes-
senvertretern an der Entscheidungsndung die Legitimität der getroffenen Entschei-
dungen erhöht (OECD 2002).
Partizipationsmöglichkeiten für die breite Öffentlichkeit oder lokale Interessen-
vertreter werden mittlerweile regelmäßig zur Unterstützung von (Raum-)Planung,
Politikgestaltung und Entscheidungsndung angeboten. Sie gelten als Schlüssel-
element im Management natürlicher Ressourcen. Der Ansatz gibt sowohl staatli-
chen als auch nicht-staatlichen Akteuren die Möglichkeit, gemeinsam Lösungen
zu nden, die insbesondere auch lokale und regionale Interessen wahren. Im Pro-
zess der kooperativen Entscheidungsndung gewinnen die Teilnehmer ein gemein-
sames Verständnis der Problemlagen und möglicher Lösungen und können so die
Vor- und Nachteile alternativer Politikoptionen und Maßnahmen realisieren (Ba-
surto und Ostrom 2009). Durch die Erhöhung der Akzeptanz alternativer Politik-
optionen, insbesondere solcher mit einem starken Nachhaltigkeitsbezug, können
partizipative Ansätze nachweislich zu einer erfolgreicheren Politikgestaltung bei-
tragen. Die Implementierung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)
unter Beteiligung der Landwirtschaftskammern ist ein gut dokumentiertes Bei-
spiel hierfür. Es handelt sich jedoch um eines von bisher nur sehr wenigen im Be-
reich der Agrarpolitik.
Die Dokumentation von Anwendung und Effektivität partizipatorischer Ansätze
im Bereich der Landwirtschaft und der Agrarpolitik im deutschen und europäischen
Kontext ist limitiert. Aus diesem Grunde deckt dieser Literaturüberblick auch weitere
Bereiche des Managements natürlicher Ressourcen ab, in denen die Anwendung par-
tizipatorischer Instrumente systematischer untersucht wurde. Dazu zählen beispiels-
weise die Sektoren des Forst- und des Wassermanagements. Mit großem Aufwand
wurde hier unter anderem die Effektivität partizipatorischer Ansätze bei der Imple-
mentierung nachhaltiger Praktiken mit Bezug zur WRRL empirisch untersucht.
Die erfolgreiche Implementation von Maßnahmen zur nachhaltigen Landnut-
zung hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Nach (Penker 2002) werden neben
qualiziertem Personal und dem Willen aller beteiligten Interessengruppen, auch
eine angemessene Kombination von Maßnahmen sowie eine kontinuierliche und
adaptive Planung benötigt. Durch die Kooperation mit Naturschutzorganisationen
sind staatliche Behörden in der Lage, wertvolles lokales Wissen zu sichern und von
einem positiveren Ansehen in der Region zu protieren. Die Beteiligung von loka-
len Interessengruppen und eine dezentrale Entwicklung von Strategien erhöhen die
Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Maßnahmenimplementation.
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
99
Die sozialen Aspekte eines Projektes können als Bestimmungsfaktoren der lo-
kalen Akzeptanz und Machbarkeit angesehen werden. Um die Akzeptanz innerhalb
der Interessengruppen zu erhöhen, ist es insbesondere wichtig, die Sprache der Ex-
perten in die Sprache der lokalen Öffentlichkeit und der lokalen Entscheidungsträ-
ger zu „übersetzen“. Runde Tische und andere Kommunikationsformen erhöhen
das gegenseitige Verständnis und damit auch die Akzeptanz (Luz 2000). Eine
OECD-Studie aus dem Jahre 2001 evaluierte 4 verschiedene Initiativen im Bereich
des Haushaltskonsums in den Niederlanden, Dänemark, den USA und Australien,
um den Einuss von partizipativen Entscheidungsverfahren auf Verhalten und Um-
weltbewusstsein zu demonstrieren (Geyer-Allély und Zacarias-Farah 2001). Die
Fallstudien heben den Wert partizipativer Verfahren für eine Erhöhung des
Umweltbewusstseins und des Verständnisses der Umweltpolitik, die Einussnahme
auf neue Politiken sowie eine Veränderung des Konsumentenverhaltens hervor.
Im Bereich der Landwirtschaft ist die Partizipation in der Form von Produzen-
tengruppen vor allem im Bereich kleiner Betriebe vorzunden, z.B., um so die
Wünsche der Konsumenten besser erfüllen oder strukturelle Probleme frühzeitig
erkennen und adressieren zu können (AIOTI WG06 2016). Kollaborationen zwi-
schen den verschiedenen Akteuren der Wertschöpfungskette (beispielsweise Land-
wirtschaftsverbände, Konsumentenverbände oder kleine und mittlere Unterneh-
men) erhöhen Nahrungsmittelsicherheit und Nachvollziehbarkeit (AIOTI WG06
2016). Der Multiakteursansatz wird für ein großskaliges EU-Pilotprojekt im Be-
reich der intelligenten Landwirtschaft und der Nahrungsmittelsicherheit genutzt.
Federführend ist hier die „Alliance for the Internet of Things Innovation“ der Euro-
päischen Kommission. Sie testet neue Technologien im Agrar- und Nahrungsmittel-
sektor (AIOTI WG06 2016).
Partizipation wird weiterhin auch als essenzieller Bestandteil bei der Entwick-
lung von Visionen angesehen. Die Evaluierung eines partizipativen Verfahrens mit
multiplen Akteuren in Flandern hebt einige essentielle Faktoren für die erfolgreiche
Entwicklung gemeinsamer Visionen hervor. Das ämische Policy Research Centre
for Sustainable Agriculture entwickelte einen Multiakteursdialog zur Entwicklung
einer Vision für die Landwirtschaft in Flandern. Nevens etal. (2008) identizieren
mehrere Schlüsselelemente eines solches Prozesses, die dazu beitragen können,
Menschen zu mobilisieren und die entwickelte Vision zu verankern: „Entdeckung
von zentralen Werten, Angabe einer präzisen Mission, Aufstellung leitender Grund-
prinzipien und das Arbeiten mit lebendigen Beschreibungen der ins Auge gefassten
zukünftigen Systeme.“
Juerges und Newig (2015) untersuchten Interessengruppen in Deutschland, die
Entscheidungsprozesse im Bereich des Waldmanagements beeinussen. Das mehr-
stuge Governance-System in Deutschland (im Besonderen Bund und Länder) und
die europäische Ebene haben erheblichen Einuss auf die Effektivität dieser Grup-
pen. Die Komplexität des Governance-Systems verlangt von den ökologischen wie
ökonomischen Interessengruppen eine hohe Anpassungsfähigkeit, da das System
selbst nicht statisch ist und ständigen Veränderungen unterworfen ist. Die Ergeb-
nisse der Studie legen nahe, dass Interessengruppen diese Herausforderung wahr-
nehmen und lernen, ihre Strategien entsprechend anzupassen.
4.3 Neuere Ansätze zur Integration von Umweltanliegen inden Governance-Rahmen
100
Innerhalb des Wassersektors wird vor allem durch die Wasserrahmenrichtlinie
(Richtlinie 2000/60/EG) deutlich, welche Vorteile, aber auch welche Herausforde-
rungen durch partizipative Prozesse im Bereich des Ressourcenmanagements ent-
stehen. Die Richtlinie verlangt von den Mitgliedstaaten, die interessierte Öffent-
lichkeit und Interessensgruppen aktiv in den Entscheidungsprozessen zu beteiligen.
Artikel 14, Absatz 1 der Richtlinie besagt: „Die Mitgliedsstaaten fördern die aktive
Beteiligung aller interessierten Stellen an der Umsetzung dieser Richtlinie, ins-
besondere an der Aufstellung, Überprüfung und Aktualisierung der Bewirtschaf-
tungspläne […]“. Damit konnte die Wasserrahmenrichtlinie dazu beitragen, ein
partizipatives Mehrebenen-Governance-System zu schaffen und große, von den
Interessengruppen getriebene EU-Forschungsprojekte umzusetzen (u.a. Harmo-
niCA, HarmoniCOP, NeWater, SPI-Water). Ferner führte sie zur Publikation ver-
schiedener Leitlinien und Handbücher (Ridder etal. 2005; van Bers et al. 2011)
sowie empirischer Studien, die versuchen, die Effektivität der partizipativen Pro-
zesse in der EU zu evaluieren und zu verbessern (van Ast und Boot 2003; Newig
etal. 2005; Huitema etal. 2009). Nach Newig und Koontz (2014) führt die Anord-
nung von partizipativen Planungsprozessen bei der Umsetzung von großen Politik-
initiativen wie etwa der EU-Wasserrahmenrichtlinie und der EU-Hochwasserrisi-
korichtlinie zu einem zukunftsorientierten und stärker durch die Gesellschaft
unterstützen Politikprozess. Die Wasserrahmenrichtlinie war dabei im Wesentli-
chen erfolgreich bei der Einbringung organisierter Interessen und weniger bei de-
nen der breiten Öffentlichkeit. Im Gegensatz dazu partizipierten bei der Umsetzung
der Hochwasserrisikorichtlinie wesentlich mehr Mitglieder der Öffentlichkeit,
möglicherweise da hier das öffentliche Interesse stärker direkt betroffen war
(Newig etal. 2014).
Die derzeitige Entwicklung deutet an, dass im Konsens verfasste Lösungen, par-
tizipative Planungsansätze und Modelle für ein individuelles Marktmanagement
immer wichtiger werden (Luz 2000; Penker 2002). Weiterhin führt die Umsetzung
von Umweltschutzzielen auf der lokalen Ebene zu einer verstärkten Bedeutung lo-
kaler Nichtregierungsorganisationen (Penker 2002).
Werden in einer Region neue Politik-Instrumente erfolgreich getestet und da-
bei neues Wissen gewonnen, können diese Ergebnisse unter Umständen auch auf
andere Regionen übertragen werden. Beispielsweise können Politikempfehlun-
gen formuliert werden, die darlegen, welche Aktionen in den Bereichen Um-
weltschutz, Raumplanung und ländliche Entwicklung auf den verschiedenen
Ebenen (regional, national, supranational) umgesetzt werden sollten (GREEN-
NET 2010).
Die Ko-Produktion von Wissen ist ein weiterer Ansatz zur Verbesserung der Ein-
ussmöglichkeiten der Öffentlichkeit und auch der Wissenschaft an sich. Das Cor-
nell Lab of Ornithology an der Cornell University entschied sich nach einer Durch-
sicht vieler ähnlicher US-basierter Programme, ein breiteres Spektrum der
Öffentlichkeit einzubeziehen, da diese häug in Programmen für den Umweltschutz
unterrepräsentiert sind (Porticella et al. 2013). Die Ergebnisse sind vielverspre-
chend und haben solche Faktoren identiziert, die zu einer erfolgreichen öffentli-
chen Partizipation in Forschungsprogrammen führen können.
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
101
4.3.6 Instrumente auf der Konsumentenebene
Nur eine integrierte Politik für den Nahrungssektor als Ganzes (von der Produktion
bis zur Konsumption) kann einen signikanten positiven Effekt auf den Agrarbe-
reich haben und zu einer nachhaltigen Entwicklung führen (Reisch 2006). Konsu-
menten spielen eine zentrale Rolle in der Ausrichtung der Landwirtschaft (nach-
haltig bzw. nicht nachhaltig) und des Naturschutzes. AIOTI WG06 (2015, S. 4)
betont: „Die Nachfrage der Konsumenten ist derzeit die stärkste Triebkraft, die dazu
führt, dass die Nahrungsmittelindustrie gesündere und sicherere Produkte herstellt,
die den höchsten Qualitätsanforderungen genügen“. Die Wahl der Nahrung spielt
ebenfalls eine zentrale Rolle für Investitionen der Landwirte in Möglichkeiten zur
Herstellung hochwertiger und nachhaltig angebauter Produkte.
Es gibt zahlreiche Studien zum relativen Einuss verschiedener Maßnahmen,
die versuchen, die Wahl der Nahrungsmittel zu beeinussen, um eine nachhaltigere
Landwirtschaft anzutreiben. Dazu zählen das Produktlabeling, die Direkt- bzw. Lo-
kalvermarktung, verschiedene Informations- und Bildungsangebote sowie die Ein-
beziehung von Schlüsselgruppen mit Relevanz für die menschliche Ernährung. Letz-
teres können sowohl Individuen oder Haushalte sein, aber auch Schulen, Restaurants
und andere Institutionen, in denen Lebensmittel zubereitet und verzehrt werden. Ob-
wohl bekannt ist, dass die Art und Weise des Nahrungsmittelkonsums signikante
Auswirkungen auf die Umwelt haben kann, wurde bis zuletzt der Bewältigung von
Problemen auf der Seite der Nahrungsmittelproduzenten mehr Aufmerksamkeit zu-
teil. In der letzten Dekade war schließlich festzustellen, dass ein stärkerer Fokus
auch auf die Einkaufsgewohnheiten und die Nahrungsmittelzubereitung sowie die
Verzehrsgewohnheiten gelegt wurde. Eine Veränderung dieser Gewohnheiten kann
positive Auswirkungen auf unser Nahrungsmittelsystem generieren.
Der für Nahrungsmittel ausgegebene Anteil des verfügbaren Einkommens eines
typischen deutschen Haushalts hat innerhalb des 20. Jahrhunderts stetig abgenom-
men. Anfang der 1960er-Jahre betrug der Anteil noch ca. ein Drittel des verfügbaren
Einkommens. Heute liegt unter 15% (Statista 2014). Darin spiegelt sich wider, dass
die verfügbaren Einkommen stärker gestiegen sind als die Preise für Nahrungsmit-
tel, weil die Einkommenselastizität der Nachfrage nach Lebensmitteln geringer ist
als nach anderen Konsumgütern. Preisorientierte Verbraucherinnen und Verbrau-
cher wählen bei vergleichbarer Qualität das günstigere Produkt und verlassen sich
in Deutschland und Europa auf die Sicherheit und Umweltfreundlichkeit der auf
den Markt kommenden Erzeugnisse. Die Nachhaltigkeitsimplikationen der Nah-
rungsmittelerzeugung sind– wie bei anderen Produkten in komplexen Wertschöp-
fungsketten auch– für die Endverbraucher häug nicht ohne Weiteres erkennbar.
Gleichzeitig werden große Mengen Nahrungsmittel weggeworfen. Aus einer rein
ökonomischen Perspektive widerspricht dies der Forderung nach günstigem Essen.
Der Wert des Nahrungsmittelabfalls in Deutschland im Bereich der Haushalte wird
auf ca. 935€/Jahr für eine vierköpge Familie geschätzt (Kranert etal. 2012).
Aktuelle Trends im Bereich des Konsums in Deutschland wie auch in anderen
Industrie- und Schwellenländern erfordern eine Steigerung der weltweiten Nahrungs-
mittelproduktion, die bei derzeitigen Produktionsmethoden erhebliche Auswirkungen
4.3 Neuere Ansätze zur Integration von Umweltanliegen inden Governance-Rahmen
102
auf das Klima, die Luft-, Wasser-, und Bodenverschmutzung, die Ressourcenausbeu-
tung, den Habitatwandel und Biodiversitätsverlust haben werden. Die erhöhte Nach-
frage nach Lebensmitteln (und anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Bio-
masse und Bioenergie) führt zu Preiserhöhungen selbst für Grundnahrungsmittel, die
arme Bevölkerungsgruppen in Entwicklungsländern einem erhöhten Risiko von Hun-
ger und Unterernährung aussetzt. Diese Auswirkungen und Trends sind mittlerweile
gut dokumentiert (Rockström etal. 2009b; Hertwich etal. 2010; FAO etal. 2014;
Rockström etal. 2015).
Bestimmungsfaktoren des Nahrungsmittelkonsums: Obwohl sich zuneh-
mend ein Bewusstsein über die Risiken und Auswirkungen des nicht-nachhaltigen
Konsums herausbildet, wandelt sich die tatsächliche Nachfrage nur langsam. Dies
liegt unter anderem an der geringen Aufmerksamkeit für die systemischen Ursachen
und komplexen Wechselwirkungen der Nachhaltigkeitsproblematik. Ein Teil der
Forschung widmet sich derzeit dem politischen und ethischen Konsum, untersucht
die Beweggründe und Auswirkungen konsumorientierter Lebensstile und stellt eine
Verbindung zwischen der Forschung zu sozialen Bewegungen und Studien zu Kon-
sumverhalten her (Wahlen und Laamanen 2015). Die Analysen identizieren die
folgenden Faktoren für nicht-nachhaltigen Konsum: die Zahlungsbereitschaft der
Konsumenten, die Qualität des Nahrungsmittel (Nährwert, Verfügbarkeit, Sicher-
heit, Geschmack, Aussehen), Werbung, Labels und Zertikate, Bequemlichkeit und
kulturelle Akzeptanz (Hughner etal. 2007; Han und Hansen 2012). Dieses Wissen
kann genutzt werden, um Ansätze, die darauf abzielen, das Konsumentenverhalten
zu beeinussen, hinsichtlich ihrer voraussichtlichen Wirksamkeit zu bewerten.
Folgende Faktoren motivieren Konsumenten zu einem nachhaltigeren Konsum:
1. Verbesserte Information über die Nahrung und ihre Herstellung (Produktion,
Verarbeitung und Verteilung) durch innovative Labels und Werbemaßnahmen.
2. Regulatorische Ansätze (z.B.Steuern auf nicht-nachhaltige Lebensmittel) und
freiwillige bottom-up Maßnahmen (z.B. eischfreie Tage in öffentlichen Kanti-
nen)
3. Bildungs- und Weiterbildungsangebote (z.B.Lebensmittellehre und Kochkurse
in Schulen)
4. Verbesserter Zugang zu qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln in Supermärk-
ten, Restaurants und anderen Lebensmittelgeschäften
Produktinformationen und Labels: Der konventionelle Ansatz zur Information
der Konsumenten über die Qualität und die Eigenschaften bezüglich Herstellung
und Verteilung eines Produktes beinhaltet eine Kombination aus Werbung, Verpa-
ckung und Labels. Das digitale Zeitalter eröffnet neuartige Wege für die Konsumen-
ten, sich über ihre Einkäufe zu informieren. Das Internet hat somit eine Optimie-
rung der Wertschöpfungskette ermöglicht. Eine stetig wachsende Innovation der
letzten zwei Jahrzehnte ist E-Commerce. Ein geläuges Beispiel ist das Bestellen
und Bezahlen von Lebensmitteln im Internet mit anschließender Lieferung an die
private Adresse. Als vorteilhaft stellen sich hier insbesondere der reduzierte
CO2-Ausstoß durch eine Verringerung der Nutzung privater PKW sowie die ver-
besserte Verfügbarkeit von Detailinformationen zu den eingekauften Produkten
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
103
heraus (Dannenberg und Franz 2014). Seit Kurzem ermöglichen Anwendungen auf
Mobilgeräten das Einscannen von Barcodes durch die Konsumenten, um dadurch
mehr Informationen über die angebotenen Produkte abrufen zu können. Ein Bei-
spiel ist das sogenannte „OpenLabel“, das den Konsumenten gezielte Informatio-
nen bezüglich der Nachhaltigkeit der gescannten Produkte darbietet (The Guardian
2015). Eine abschließende Bewertung der positiven wie negativen Effekte dieser
Innovationen von wissenschaftlicher Seite steht jedoch noch aus.
Um bewusste Entscheidungen treffen zu können, benötigen Konsumenten pro-
duktbezogene Informationen bezüglich der Inhaltsstoffe sowie der Produktions-
und Verarbeitungsbedingungen der Nahrungsmittel. Informationen zu Inhaltsstof-
fen sind oft kompliziert und schwer verständlich. Die Informationen zu den
Produktions- und Verarbeitungsverfahren sind oft minimal. Verbraucherinnen und
Verbraucher orientieren sich daher oft an Labels. Wissenschaftliche Studien bele-
gen, dass sich Konsumenten ein breit gefächertes Angebot an Labels wünschen,
angefangen bei ökologischen und ethischen Belangen bis hin zu solchen mit Infor-
mationen zum Nährwert (Tansey und Worsley 2014). Dabei ist jedoch zu beachten,
dass die relative Wichtigkeit dieser unterschiedlichen Arten von Labels je nach Na-
tion oder Region sehr unterschiedlich ausfallen kann. Beispielsweise legen Men-
schen in Europa (Spanien, Italien und Frankreich) im Vergleich zu Nordamerika
größeren Wert auf produktionsbezogene Faktoren, wie etwa die Qualität der Böden,
das Klima und die Berücksichtigung traditionellen Wissens, die als Bestimmungs-
faktoren der Nahrungsqualität dienten (Bureau und Marette 2000). Dies spiegelt
sich auch in der EU-Politik in Bezug auf freiwillige Nahrungsmittel-Labels, wie die
Kennzeichnung geschützter regionaler Herkünfte und traditioneller Lebensmittel,
wider (Bureau und Valceschini 2003).
Sofern die ökologische Landwirtschaft mit erhöhten Leistungen im Natur- und
Umweltschutz gleichgesetzt werden kann, dürfen Öko-Labels in Europa und ins-
besondere in Deutschland als erfolgreich in der Ermöglichung umweltfreundlicher
Konsummuster angesehen werden. Für die Kennzeichnung ökologisch hergestellter
Produkte müssen gesetzlich denierte Anforderungen erfüllt werden. Bei der Zerti-
zierung können hohe Gebühren anfallen. Nach dem Forschungsinstitut für biolo-
gischen Landbau (FiBL) und der International Federation of Organic Agriculture
Movements (IFOAM) war der größte Markt im Jahre 2012 für biologisch angebaute
Produkte in Deutschland angesiedelt. Insgesamt wurden hier 7Mrd.€ umgesetzt,
gefolgt von Frankreich mit 4Mrd. € und dem Vereinigten Königreich mit umge-
rechnet 1,95Mrd.€ (Willer und Lernoud 2014). Demnach war Deutschland für ein
Drittel der Nachfrage für ökologisch erzeugte Produkte in der EU verantwortlich. In
Deutschland wurden im Jahr 2014 insgesamt 1.032.941ha biologisch bewirtschaf-
tet (Willer und Lernoud 2014). Dies war jedoch nicht ausreichend, um die Nach-
frage in Deutschland zu decken. Bis heute halten nanzielle, administrative und
aufwandsbezogene Hindernisse viele Landwirte davon ab, auf die biologische
Landwirtschaft umzusteigen. Politikmaßnahmen sollten daher darauf abzielen,
diese Hindernisse zu minimieren. Es muss jedoch auch konstatiert werden, dass aus
Sicht vieler Landwirte der Wechsel zu ökologischer Produktion nicht ihre vorrangi-
gen Probleme adressiert (Kuhnert etal. 2005).
4.3 Neuere Ansätze zur Integration von Umweltanliegen inden Governance-Rahmen
104
Labels im Bereich landwirtschaftlicher Produkte sind ein Teilbereich einer we-
sentlich breiteren gesellschaftlichen Diskussion. Allerdings kann ein engerer Fokus
auf Labels zum Zwecke des Naturschutzes einige innovative Möglichkeiten offen-
legen. Der Wert der regionalen Direktvermarktung landwirtschaftlicher Produkte
zum Zwecke des Umweltschutzes wurde bereits 2006 vom BfN unterstrichen
(Gehrlein und Fick 2007). Ein Treffen zu diesem Thema gipfelte in einer Reihe von
Empfehlungen für Maßnahmen zur Stärkung von Netzwerken und Kooperationen
zwischen Akteuren des Naturschutzes und des regionalen Marketings. Ein weiterer
Ansatz ist das sogenannte „landscape labeling“, das Produktzertizierung mit
Zahlungen für Umweltleistungen verknüpft (Ghazoul etal. 2009, 2011). Die Ver-
gabe eines „Landschaftslabels“ für Produkte, die Ökosystemleistungen sowie von
der Gemeinschaft denierte kulturelle und symbolische Werte bereitstellen, hat das
Potenzial, besser als herkömmliche Labels wahrgenommen zu werden und Land-
wirten den Zugang zu Nischenmärkten zu erleichtern. Der praktischen Implementa-
tion stehen allerdings noch einige Hindernisse im Wege, wie etwa der Bedarf nach
„fairen und transparenten Gemeinschaftsinstitutionen“ und das Risiko der Ausnut-
zung durch „Free-Rider“. Im Rahmen der Europäischen Grünen Woche 2016 gab es
bereits einen Workshop zu diesem Thema. Dieser beschäftigte sich damit, wie
„Landschaftslabels“ die multifunktionelle Landwirtschaft unterstützen können.31
Regulatorische und freiwillige Maßnahmen: Die am weitesten verbreitete re-
gulative Maßnahme zur Lenkung der Entscheidungen von Konsumenten ist die Be-
steuerung von solchen Produkten, die besonders ressourcenintensiv sind oder die
Umwelt verschmutzen. Diese Steuer fungiert dann als Anreiz für einen nachhaltige-
ren Konsum. Als Alternative eignet sich auch die Subventionierung nachhaltiger
Produkte bzw. Nahrungsmittel. Studien in Großbritannien versuchen derzeit, die
Auswirkungen einer solchen Steuer auf die Gesellschaft und die Umwelt zu evalu-
ieren. Zum Beispiel hätte eine Besteuerung von rotem Fleisch das größte Potenzial,
den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen zu reduzieren. Kehlbacher etal. (2016)
beziffern, dass eine Steuer von 2841GBP/tCO2 auf alle in Großbritannien verkauf-
ten Lebensmittel, die durch den Nahrungsmittelsektor verursachten Emissionen um
6,2% senken könnte. Weiterhin könnte eine Steuer auf Lebensmittel mit überdurch-
schnittlich hohen Emissionen zu einer Reduktion von 4,3% führen. Allerdings hätte
dies negative Umverteilungseffekte für Menschen mit geringeren Einkommen.
Regulative Maßnahmen können auch zur Beeinussung von Werbung und
Marketing eingesetzt werden, so dass nachhaltigere Produkte bevorzugt gekauft
werden. Solche Praktiken sind im Bereich der Genussmittel (Alkohol, Tabak) be-
reits weit verbreitet, jedoch gibt es keine verlässlichen Analysen zur Performanz
dieser Instrumente im Lebensmittelbereich (OECD 2016). Ein gutes Beispiel ist die
EU-Verordnung, die für genetisch veränderte Nahrungsmittel eine entsprechende
Kennzeichnung vorschreibt.
Im Bereich der freiwilligen Maßnahmen gibt es innerhalb Europas unzählige
Beispiele für Initiativen zur Veränderung der Konsummuster und zur Erhöhung der
Nachhaltigkeit des Nahrungsmittelsektors. Auf der internationalen Ebene gibt es
31 http://www.greenweek2016.eu/partner-event/the-potential-of-labelling-in-landscape-manage-
ment-1.
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
105
freiwillige Standards wie den „Marine Stewardship Council“ und die „Rainforest
Alliance“. Produzenten und weiterverarbeitende Betriebe in der Nahrungsmittel-
branche können sich für die angebotenen Zertikate qualizieren, um somit besser
für Verbraucherinnen und Verbraucher sichtbar zu sein. Wenn auch etwas weniger
stringent, können lokale Initiativen Leitlinien für die Verwendung nachhaltiger
Produkte etwa für Restaurants herausgeben oder eischlose Tage in Mensen und
Cafeterien begleiten.
Die Beschaffung von nachhaltig produzierten Lebensmitteln im öffentlichen
Sektor ist ein weiteres Feld, das in Deutschland derzeit große Aufmerksamkeit ge-
nießt und das Potenzial hat, Bewusstsein und Verhalten der Konsumenten positiv zu
beeinussen. Eine nachhaltige und sozial verantwortliche öffentliche Beschaffung
erlangt in Europa stetig eine größere Bedeutung und ist häug sogar von den Regie-
rungen vorgeschrieben. Beispielsweise müssen in Deutschland Organisationen auf
der Länderebene sowohl bei der Wahl der Energieversorgung als auch beim Kauf
von holzbasierten Produkten explizit Nachhaltigkeitsaspekte mit einbeziehen
(Kahlenborn etal. 2011). Ein ähnliches Modell wäre auch für die Beschaffung von
Nahrung und Catering denkbar. Fünf EU-Länder haben bereits ein solches Ziel for-
muliert (Kahlenborn etal. 2011).
Nichtregierungsorganisationen haben ebenfalls eine große Bedeutung in der
öffentlichen Information zu Themen wie nachhaltiges Essen und Landwirtschaft.
Prominente Organisationen sind hier z.B. der BUND, NABU und Greenpeace. Die
Rolle von lokalen Organisationen oder Einrichtungen darf nicht unterschätzt wer-
den. Projekte wie Gemeinschaftsgärten unterstützen die Vernetzung und Mobilisie-
rung und können dazu beitragen, das Interesse und das Bewusstsein für nachhaltige
Ernährung zu verstärken.
Eine weitere freiwillige Maßnahme stellt die Gründung lokaler „Ernährungs-
räte“ dar (Pothukuchi und Kaufman 1999; Morgan 2015). Diese Institutionen sol-
len u.a. Produzenten und Konsumenten vernetzen und damit ländliche Regionen
besser an urbane Zentren koppeln. Die Räte sind oft gemeinsame Initiativen von
lokalen Verwaltungen und gesellschaftlichen Gruppen, um mehr Nachhaltigkeit im
Nahrungsmittelsektor durch Forschung, Bildung, Lobbyarbeit und gesellschaftliche
Entwicklung zu fördern. Die ersten Ernährungsräte sind in den 1980er-Jahren in
den USA entstanden. Mittlerweile nden sich immer mehr dieser Räte auch in euro-
päischen Städten. Im Jahr 2016 wurden entsprechende Institutionen z.B. in Berlin
und Köln eingerichtet. Diese Räte sind oft Zusammenschlüsse von lokalen Regie-
rungen (z.B.Stadt Köln) und lokalen Gruppen oder Organisationen, um ein nach-
haltiges Ernährungssystem durch Forschung, Erziehung, Lobby-Arbeit, Servicean-
gebote in Bezug auf Essen und Kommunalentwicklung zu fördern. Der Rat in Berlin
fungiert unter dem Motto: „Ernährungsrat in Berlin für eine zukunftsfähige Ernäh-
rungs- und Landwirtschaftspolitik in der Region“.
Aus- und Weiterbildung: Schulen und Universitäten haben ein großes Poten-
zial, den Nahrungsmittelkonsum der zukünftigen Generationen zu beeinussen.
Allein in Deutschland gibt es zahlreiche Initiativen an Bildungsinstitutionen. Dis-
kutiert werden u.a. die Wiedereinführung von Hauswirtschafts- und Ernährungs-
lehre in die Lehrpläne an Schulen sowie Angebote von Kochkursen für Erwachsene
4.3 Neuere Ansätze zur Integration von Umweltanliegen inden Governance-Rahmen
106
(Dyen und Sirieix 2016). Dazu zählt beispielsweise das Lehren von Konzept und
Praxis der nachhaltigen Lebensmittelbeschaffung und die Zubereitung in Kochkur-
sen von Berufskollegs und Berufsfachschulen (z.B. am Berufskolleg Tecklenburger
Land in Ibbenbühren). Obwohl Hauswirtschaftslehre nicht verpichtend ist, wird es
wieder in als ein wichtiger Teil der Lehre in Sekundarschulen wahrgenommen.
Ebenfalls in dieser Kategorie anzusiedeln sind Kurse zu Ernährungs- und Hauswirt-
schaftslehre an Hochschulen (z.B. das Masterprogramm „Nachhaltige Dienstleis-
tungs- und Ernährungswirtschaft“ an der FH Münster). Ein anderes Beispiel ist das
Programm „CookUOS“ der Universität Osnabrück, welches unter dem Dach des
UNESCO-Weltaktionsprogramms „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ steht. Es
vermittelt einer breiten Öffentlichkeit aus Lehrkräften, Eltern und Studierenden
Wissen über den Beitrag des Kochens zur Nachhaltigkeit. Durch offene Kochvor-
führungen und Seminare bilden sich Teilnehmer zu nachhaltiger Ernährung und
nachhaltigem Essen.
Zugang zu nachhaltig produzierten Nahrungsmitteln: Die große Mehrheit
der Konsumenten erwirbt Nahrungsmittel in Supermärkten. In Deutschland haben
insbesondere die so genannten Discounter einen großen Marktanteil. 32% des Um-
satzes im Lebensmitteleinzelhandels fallen in ihre Kategorie, während beispiels-
weise in Frankreich diese Form der Supermärkte nur einen Anteil von 6,6% am
Markt hat (Tackett 2014). Dies verstärkt die Herausforderungen in Bezug auf das
Konsumverhalten der Menschen in Deutschland. Es muss jedoch konstatiert wer-
den, dass einige Discounter mittlerweile einzelne Produktlinien eingeführt haben,
die regionale, biologische oder fair gehandelte Waren enthalten. Die Marktführer
der Branche nach Verkäufen in 2013 waren Edeka (50 Mrd.€), Rewe (36 Mrd.€)
und Lidl (34 Mrd.€) (Tackett 2014). Die großen Einzelhandelsketten haben daher
einen erheblichen Einuss auf die ökologische Qualität der Produkte, die ihren
Kundinnen und Kunden angeboten werden.
Der Gegenpol zu Supermärkten sind Wochenmärkte, lokale Hoäden oder
regionale Lieferdienste für landwirtschaftliche Produkte. Diese Formen der Di-
rektvermarktung zwischen Landwirt und Konsument haben in Deutschland eine
lange Tradition. In Europa wird diese Entwicklung maßgeblich von der Nachfrage
nach hochwertigen Nahrungsmitteln getrieben (Renting etal. 2003). Die Märkte
eröffnen für viele Landwirte die Gelegenheit, ihr Einkommen unter Umgehung der
herkömmlichen Vermarktungsketten und -wege zu erhöhen. Diese Art der Vermark-
tung kann auch für Landwirte attraktiv sein, die vor den hohen Kosten und dem
administrativen Aufwand einer Zertizierung als Ökobetrieb zurückschrecken. Wo-
chenmärkte verbessern nicht nur die Verfügbarkeit lokal und regional produzierter
Nahrungsmittel, sondern stärken auch die Bindung zwischen Landwirten und Kon-
sumenten sowie zwischen ländlichen und urbanen Gebieten. Sie führen weiterhin
zu einer Erhöhung des Bewusstseins in der breiten Bevölkerung, da die Konsumen-
ten in die Lage versetzt werden, mehr über die Bedingungen zu lernen, unter denen
ihre Nahrungsmittel hergestellt wurden.
Ein stärkere Verbindung und mehr Kontakt zwischen Konsumenten und
Erzeugern kann ein wichtiges Element einer umfassend ansetzenden Strategie zur
Verbesserung der Naturschutz- und Umweltleistungen der Landwirtschaft sein,
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
107
denn positive Einstellungen zu Natur- und Umweltschutz sind weit verbreitet. Sol-
che umweltfreundlichen gesellschaftlichen Normen können durch Interaktion akti-
viert und verstärkt werden. Dies wiederum kann einerseits zu einer erhöhten Zah-
lungsbereitschaft für Produkte mit erhöhter Natur- und Umweltschutzleistung
beitragen, zum anderen aber auch nicht-monetäre Motive für den Natur- und Um-
weltschutz stärken.
4.4 Fazit
Die hier vorgestellte Analyse der agrarpolitischen Rahmenbedingungen zeigt, dass
sich die GAP historisch als Einkommenspolitik für den Agrarsektor etabliert hat.
Auch wenn Anliegen des Natur- und Umweltschutzes in die GAP Einzug gehalten
haben, besteht nach wie vor eine durch institutionelle Pfadabhängigkeit verstetigte
Dominanz der Einkommenslogik gegenüber den anderen Zielen der GAP. Aller-
dings ist parallel zur GAP ein ordnungsrechtlicher Rahmen entstanden, der den An-
liegen des Natur- und Umweltschutzes zur Geltung verhelfen soll. Bei der Durch-
setzung des Natur- und Umweltschutzes bestehen jedoch Regelungs- und
Implementationsdezite, die zumindest teilweise auf eine Sonderbehandlung des
Agrarsektors hindeuten. Die in der einkommenspolitischen Ausrichtung der GAP
institutionalisierte Sonderbehandlung der Agrarwirtschaft im Vergleich zu anderen
Wirtschaftssektoren– der landwirtschaftliche Exzeptionalismus (Skogstad 1998;
Daugbjerg und Feindt 2017)– kommt damit auch im Ordnungsrecht zum Ausdruck.
Die Einbeziehung der Agrarmarktordnungen in die allgemeinen Regelungen des
Binnenmarkts eröffnen jedoch die Perspektive, dass im Agrarsektor in Zukunft die
von den Europäischen Verträgen geforderten hohen Standards im Umwelt- und
Verbraucherschutz verstärkt und konsequenter zur Geltung gebracht werden. Wei-
terhin könnte sich aus den möglichen haftungsrechtlichen Implikationen der zu-
nehmend anspruchsvolleren Verbraucherschutzstandards innerhalb von Wert-
schöpfungsketten zunehmender Handlungsdruck ergeben. Angesichts offener
Märkte für Agrarerzeugnisse kommt auch den transnationalen privatrechtlichen
Standards erhöhte Bedeutung zu, weil sich deren Anforderungen auch auf die Im-
portware erstrecken. Neben den neueren rechtlichen Entwicklungen stehen neue
konzeptionelle Ansätze, aus denen sich innovative Perspektiven für eine bessere
Integration des Natur- und Umweltschutzes in die Landwirtschaft ergeben. Konzepte
wie Resilienz, Ökosystemleistungen und Wasser-Energie-Nahrungs- Nexus er-
öffnen die Perspektive eines integrierten Ressourcenmanagements in agrarischen
Produktionssystemen und auf Landschaftsebene. Allerdings sind diese Ansätze noch
nicht durchweg politiktauglich operationalisiert. Demgegenüber sind verhaltens-
wissenschaftliche Ansätze zur Ausgestaltung des Regelungsrahmens hinreichend
ausgearbeitet, um Hinweise auf konkrete Verbesserungen des agrarpolitischen In-
strumentariums zu ermöglichen. Dabei sollten insbesondere nicht- monetäre Verhal-
tensmotive verstärkt berücksichtigt werden, um zu einer effektiveren und efziente-
ren Politikgestaltung zu gelangen. Schließlich weisen partizipatorische Ansätze, wie
4.4 Fazit
108
neuere Initiativen zur besseren Integration von landwirtschaftlicher Produktion ei-
nerseits und Verbraucherverhalten und Ernährungsgewohnheiten andererseits, in
Richtung einer gesellschaftlich integrierten Agrar- und Ernährungspolitik.
Im weiteren Verlauf des Projekts konnten nicht alle diese Perspektiven gleicher-
maßen verfolgt werden. Die Aufgabenstellung des Projekts erforderte eine Konzen-
tration auf das agrarpolitische Instrumentarium im engeren Sinne. Bei der Entwick-
lung von Politik-Optionen hat das Projektteam jedoch Wert darauf gelegt, dass diese
mehr Spielräume für eine Weiterentwicklung von stärker integrativen, kooperativen
und lernorientierten Ansätzen bieten. Bevor wir zur Entwicklung von alternativen
politischen Handlungsoptionen kommen, diskutieren wir im folgenden Kapitel zu-
nächst die Stärken und Schwächen der derzeitigen Agrarpolitik. Diese SWOT-
Analyse bildet die methodische Brücke zwischen der wissenschaftlich basierten
Analyse und der Entwicklung und Bewertung politischer Gestaltungsoptionen.
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einzuholen.
4 Agrarpolitische Rahmenbedingungen
109© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en) 2019
P. H. Feindt et al., Ein neuer Gesellschaftsvertrag für eine nachhaltige
Landwirtschaft, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58656-3_5
Kapitel 5
SWOT-Analyse der derzeitigen
Agrarpolitik aus Sicht des Natur- und
Umweltschutzes
5.1 Vorgehen bei der SWOT-Analyse
SWOT-Analysen sind ein etabliertes und weit verbreitetes Instrument der Strategie-
entwicklung. Sie ermöglichen eine systematische und verdichtete Bestandsauf-
nahme und Diskussion derjenigen Aspekte einer Politik, Institution oder Organisa-
tion, die besonderer Beachtung bedürfen. Stärken und Schwächen beziehen sich
dabei auf interne Aspekte, Chancen und Risiken auf den Kontext der analysierten
Einheit. SWOT-Analysen sollen dabei helfen, bei der Formulierung von Entwick-
lungsstrategien bestehende Stärken zu nutzen, Schwächen abzubauen oder zu kom-
pensieren, Chancen zu nutzen und Risiken zu begegnen.
Im Projekt ZA-NExUS dient die SWOT-Analyse als Brücke zwischen der Be-
standsaufnahme der Probleme auf Basis der bestehenden Literatur und der Entwick-
lung von neuen Handlungsansätzen. Zur Erstellung der SWOT-Analyse haben die
Projektpartner in einem ersten Schritt auf Basis ihrer jeweiligen Literaturauswer-
tungen die Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken der derzeitigen Agrarpolitik
aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes zusammengefasst. Auf dieser Grundlage
erstellte der Projektkoordinator eine Synthese, die auf dem Projektworkshop am 12.
April 2016 diskutiert und in der Folge weiterentwickelt wurde.
Generell ist anzumerken, dass einige der Aussagen in der SWOT-Analyse aus
Sicht des Natur- und Umweltschutzes ambivalent sein können. So stellen beispiels-
weise die generell hohe Stabilität des politischen und nanziellen Rahmens sowie
die hohe Legitimationswahrnehmung unter Landwirten einerseits eine Stärke der
derzeitigen Agrarpolitik dar. Aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes ist dies je-
doch nur insofern positiv, wenn angenommen wird, dass die Agrarpolitik insgesamt
zu einem höheren Niveau des Natur- und Umweltschutzes beiträgt. Wenn aber die
genannten Stabilitätsfaktoren zur Abwehr neuer, legitimer gesellschaftlicher Anlie-
gen oder gar zur Ignorierung neuer Herausforderungen führen, können sie auch
zur Schwäche werden, vor allem, wenn sie die Lernfähigkeit der Akteure oder die
Anpassungsfähigkeit des Systems vermindern.
110
5.2 Stärken der derzeitigen europäischen Agrarpolitik
Aus Sicht der GAP stellt die generelle Stabilität des politischen Rahmens sicher-
lich eine Stärke dar. Die Ziele der GAP sind in den Europäischen Verträgen veran-
kert. Es gibt in Brüssel eine eigene Generaldirektion und in den meisten Mitglied-
staaten ein eigenes Agrarministerium.
Eine zweite wichtige Stärke ist der mittelfristig verlässliche nanzielle Rah-
men. Zudem scheint bei vielen Mitgliedstaaten die Bereitschaft zu bestehen, die
GAP auch über 2020 hinaus mit erheblichen Finanzmitteln auszustatten.
Drittens basiert die GAP auf einem relativ breit aufgestellten ideellen Para-
digma. Die Nutzung von Ideen aus dem produktivistischen, dem neoliberalen und
dem Multifunktionalitätsdiskurs erleichtert zum einen die Konsensbildung. Sie er-
möglicht zum anderen aber auch einen vielfältigen und zielgruppenspezisch diffe-
renzierten Legitimationsdiskurs durch (selektive) positive Darstellung gegenüber
verschiedenen Adressatengruppen.
Viertens sind die Maßnahmen und Programme der GAP WTO-konform, das
heißt, es drohen keine Handelskonikte aufgrund der erheblichen staatlichen Zu-
wendungen an den Agrarsektor.
Aus Sicht der Anhänger des Status quo besteht eine Stärke der GAP darin, dass
verschiedene Mechanismen ein positives, d. h. selbstverstärkendes Policy-
Feedback sicherstellen. Dazu zählen die starke Unterstützung bei den Landwirtin-
nen und Landwirten, die institutionellen Eigeninteressen zahlreicher agrarpolitisch
spezialisierter Administrationen sowie die Stabilisierung der GAP durch die ver-
teilungsorientierten Verhandlungsmechanismen zwischen den Mitgliedstaaten auf
EU-Ebene. Zu dieser Stabilisierung trägt auch die ideologische Verknüpfung mit
dem breit akzeptierten „europäischen Modell der multifunktionalen und bäuerli-
chen Landwirtschaft“ bei. Aus Sicht der Kritiker des Status quo handelt es sich bei
diesen Mechanismen jedoch um ausgeprägte Schwächen der GAP, welche eine An-
passung an neue Herausforderungen verzögern oder sogar unmöglich machen.
Aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes stellt die Integration von Natur- und
Umweltbelangen eine Stärke der GAP dar. Diese Feststellung schließt jedoch nicht
aus, dass andere natur- und umweltpolitische Strategien u.U. erfolgreicher sein
könnten. Die Cross-Compliance-Verpichtungen, also die Verknüpfung der Direkt-
zahlungen mit einem Minimum von Naturschutz- und Umweltanforderungen, bil-
den bei konsequenter Implementation eine ächendeckende Baseline. Es steht eine
breite Instrumentenkiste von den ächendeckenden Instrumenten in der Ersten
Säule bis zur Ermöglichung regional differenzierter Strategien in der Zweiten Säule
zur Verfügung. Nach einzelnen Aussagen von Landwirtinnen und Landwirten tra-
gen die umweltpolitischen Aspekte der GAP auch dazu bei, dass sie sich mehr mit
Umweltfragen beschäftigen. Falls die GAP tatsächlich das Umweltbewusstsein
unter Landwirtinnen und Landwirte verstärkt, wäre dies ebenfalls eine Stärke.
Dass die Erste Säule mit ihren Direktzahlungen einen Stabilisierungseffekt für
die Einkommen landwirtschaftlicher Betriebe hat, ist aus Sicht des Einkommens-
ziels der GAP sowie der betroffenen Empfänger sicherlich eine Stärke. Der Umfang
5 SWOT-Analyse der derzeitigen Agrarpolitik aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes
111
dieses Effekts wird jedoch durch Überwälzungseffekte auf den Pacht- und Boden-
märkten vermindert. Angesichts der Höhe der Greening-Zahlungen besteht eine ge-
ringe „Ausstiegsgefahr“ aus dem System der Direktzahlungen und damit den
Cross-Compliance-Auagen. Über Cross-Compliance- und Greening-Auagen so-
wie mögliche Kürzungen der Direktzahlungen als Sanktion bei Verstößen besteht
die Möglichkeit, auf alle landwirtschaftlichen Flächen Einuss zu nehmen– auch
auf produktionsintensive Flächen, auf denen andere freiwillige Maßnahmen bei
derzeitigem Kompensationsniveau kaum umgesetzt würden und welche jedoch oft
unter starkem ökologischen Druck stehen. Dieser Effekt hängt ab von a) der
Opt-out-Architektur des Greenings (das heißt, die landwirtschaftlichen Betriebe
sind erst einmal ins Greening einbezogen), b) der verbreiteten Wahrnehmung unter
Landwirten, dass man das Greening machen muss, sowie c) dem relativ hohen Zah-
lungsniveau.
Die Agrarumweltmaßnahmen in der Zweiten Säule enthalten eine Reihe von
Maßnahmen für den Umwelt- und Naturschutz (Biodiversität, gefährdete Arten,
Landschaftsheterogenität, Gewässer- und Erosionsschutz). Landwirtschaftliche
Flächen auf ertragsschwachen Böden können durch Agrarumweltmaßnahmen noch
in der Produktion gehalten werden (Schutz vor Brachfallen). Die AUKM leisten
einen Beitrag zum Erhalt der Kulturlandschaft und von traditionellen Bewirtschaf-
tungsweisen sowie zum Erhalt „bäuerlicher“ Strukturen (Erfahrungswissen, Agrar-
kultur, soziale Funktionen im ländlichen Raum). Eine prinzipielle Stärke, die aber
nicht immer eingesetzt wird, ist die Möglichkeit zur leistungsorientierten Vergütung
und für kollektive Maßnahmen. Dass viele „hellgrüne“ Maßnahmen den Einstieg
für Landwirte in dieses Betätigungsfeld erleichtern, kann ebenfalls als Stärke an-
gesehen werden wie die Festschreibung eines Mindestanteils von 30% der Mittel in
den ländlichen Entwicklungsprogrammen für freiwillige Maßnahmen im Bereich
der Umwelt- und Klimaschutzes. Eine weitere Stärke ist auch die Einbettung in Be-
ratungsprogramme, welche die Landwirtinnen und Landwirte bei der Umsetzung
von AUKM unterstützen.
5.3 Schwächen der derzeitigen europäischen Agrarpolitik
Die Gemeinsame Agrarpolitik ist tief geprägt durch die Dominanz der Einkom-
menslogik für die landwirtschaftliche Bevölkerung. Das Einkommensziel ist der
GAP als Kern eingeschrieben. Durch die Umwandlung der Marktkompensation in
eine Flächenprämie ist der redistributive Charakter der GAP sichtbar geworden.
Dies erhöht den Legitimationsbedarf. Es bestehen dringende Fragen hinsichtlich
der Zielgenauigkeit der redistributiven Komponente und der ineffektiven Mittel-
verwendung bei den leistungsbezogenen Komponenten. In beiden Punkten besteht
Evidenz für erhebliche Dezite, aus denen eine „Drohkulisse“ für die Fortsetzung
der bisherigen Politik erwächst.
Die Naturschutz- und Umweltwirkungen der GAP sind nicht befriedigend.
In ihrer derzeitigen Ausgestaltung ist die GAP nicht efzient im Erreichen von
5.3 Schwächen der derzeitigen europäischen Agrarpolitik
112
Naturschutz- und Umweltzielen, auch weil diese im Vergleich zu den einkom-
menspolitischen Zielen keine Priorität erhalten,. u.a. schreiten die Biodiversitäts-
verluste in der Agrarlandschaft fort. Im agrarpolitischen Diskurs werden Maßnah-
men zum Erhalt der Biodiversität vorwiegend als Einschränkung bzw. Last aus
Sicht der Landwirte gesehen, während positive Leistungen der Biodiversität (z.B.
durch Ökosystemleistungen wie Bestäubung und natürliche Schädlingskontrolle)
nur am Rande behandelt und nicht systematisch abgesichert werden. Zudem werden
negative Umweltauswirkungen andernorts ausgelöst und in Kauf genommen, z.B.
durch den Import von Futtermitteln aus Ländern mit niedrigeren Naturschutz-, Um-
welt- und Sozialstandards.
Im Bereich der Normsetzung bestehen erhebliche Schwächen. In einigen Be-
reichen des Agrarumweltrechts bestehen keine Zielwerte bzw. die bestehenden
Zielwerte sind unzureichend, um Verbesserungen im Natur- und Umweltschutz zu
erreichen. Die ordnungsrechtlichen Mindestanforderungen sind zum Teil zu gering,
um Naturressourcen und Umweltgüter überall hinreichend zu schützen.
Schwächen im Bereich der Agrarumweltpolitik sind sicherlich auch die komple-
xen und aufwändigen Entscheidungs- und Programmierungsstrukturen, wel-
che diesen Politikbereich zum Monopol für ausgewiesene Spezialisten machen und
jede Partizipation erschweren. Die anhaltende institutionelle Abschirmung des
Kernbereichs der GAP gegen Umwelt- und Naturschutzakteure und gegen Umwelt-
und Naturschutzpolitiken stellt angesichts der Dringlichkeit des Natur- und Um-
weltschutzes sicherlich eine weitere Schwäche der GAP dar. Der institutionell ver-
ankerte agrarpolitische Exzeptionalismus ist zudem schwer mit dem veränderten
Verständnis des Binnenmarkts im Primärrecht zu vereinbaren.
Im Bereich von Implementation und Monitoring weist die derzeitige Politik
für den Agrarsektor erhebliche Schwächen auf. Es bestehen signikante Imple-
mentationsdezite im Ordnungsrecht. Auagen und Gesetze im Natur- und Um-
weltschutz werden vielerorts nicht eingehalten. Die Datenlage ist lückenhaft und
viele Daten sind für ein Erfolgs-Monitoring schwer zugänglich. Die Implementa-
tionsdezite werden durch die Komplexität der verwaltungstechnischen Ar-
rangements verschlimmert. Die Kontroll- und Sanktionsmechanismen sind
insofern mangelhaft, als hohem Kontrollaufwand in einigen Bereichen Kontroll-
dezite in anderen Bereichen gegenüber stehen. Der Verwaltungsaufwand ist
hoch, v.a. bei der Zweiten Säule, für Cross Compliance und Greening. Eine wei-
tere Schwäche ist die ungleichmäßige Belastung der landwirtschaftlichen Be-
triebstypen durch die Auagen, die indirekt zu einer Verstärkung des Struktur-
wandels beträgt.
Durch das System der Direktzahlungen sind die Kosten der GAP sichtbar ge-
worden. Das trägt zwar zur verbesserten Transparenz der gesellschaftlichen Kosten
wie der sektoralen Umverteilungspolitik bei. Durch die weitgehende Steuernan-
zierung wird die GAP in Zeiten knapper öffentlicher Haushalte aber anfälliger für
nanzpolitische Verteilungskämpfe. Eine Schwäche der GAP besteht in diesem
Umfeld darin, dass die GAP sich schwer tut, den gesellschaftlichen Nutzen der
Agrarausgaben zu belegen.
5 SWOT-Analyse der derzeitigen Agrarpolitik aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes
113
Eine wichtige Schwäche der derzeitigen Agrarpolitik ist ihre begrenzte Lernfä-
higkeit und Partizipation. Die agrarpolitischen Lernprozesse sind langsam und die
GAP weist eine begrenzte Anpassungsfähigkeit durch die starke Orientierung an
etablierten Paradigmen auf. Eine damit zusammenhängende Schwäche ist die vor-
rangige Orientierung an der Erhaltung bestehender Strukturen statt an einer
sozial-ökologischen Transformation der landwirtschaftlichen Systeme, um mehr
Ökosystemleistungen bei zumindest gleich bleibender Produktivität zu ermögli-
chen. Die Bürgerbeteiligung jenseits etablierter Verbände ist gering. Die vorwie-
gend einzelbetrieblich ausgerichteten Maßnahmen enthalten wenige Anreize zum
Handeln auf kollektiver oder landschaftlicher Ebene.
Die Erste Säule der Agrarpolitik mit den Direktzahlungen weist verschiedene
Schwächen auf: eine geringe Leistungsorientierung der Zahlungen; Unklarheit
der Zielsetzung (die Einkommens- und Verteilungsziele werden nicht speziziert);
keine Berücksichtigung der Motivation von Landwirten zur Erbringung von
Umweltleistungen; vielerorts erhebliche Überwälzung der Zahlungen auf Pacht-
preise (je nach Pachtächenanteil und Region); und die Einjährigkeit der Maß-
nahmen im Greening begrenzt die möglichen ökologischen Erfolge.
Auch die Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen in der Zweiten Säule
sind nicht ohne Schwächen: Viele Maßnahmen sind nicht auf der räumlichen Skala
deniert, die für Umwelt- und Biodiversitätsziele relevant ist. Der Erfolg der Agrar-
umweltmaßnahmen ist oft relativ gering. Die länderspezischen Verfahren der Pro-
grammierung in der Zweiten Säule sind komplex und die Umwelt- und Naturschutz-
aspekte sind oft nur einer unter vielen Gesichtspunkten. Innerhalb der Zweiten Säule
besteht eine Mittelkonkurrenz der AUKM mit anderen Programmen. Es fehlt viel-
fach an einer sektorenübergreifenden Planung. Durch die Notwendigkeit der nationa-
len (und sub-nationalen) Konanzierung sind die Programme im Vergleich zu den zu
100% von der EU nanzierten Direktzahlungen bei den agrarpolitischen Akteuren in
den Mitgliedstaaten eher weniger beliebt. Der Erfolg der AUKM hängt ab von der
Bereitschaft der Landwirte teilzunehmen– und damit von uktuierenden Markt-
und Pachtpreisen. Aufgrund ihrer Komplexität ist der Erfolg vieler AUKM zudem
abhängig von unterstützender Beratung und Information. Das Policy-Design der
AUKM weist insofern Schwächen auf, als nur wenige Ansätze andere als nanzielle
Motivationen zur Erbringung von Umweltleistungen ansprechen. Vielerorts werden
die Anreizwirkungen der AUKM zudem durch andere Anreizinstrumente wie etwa die
Biogasförderung unterlaufen. Laut WTO- Recht ist es zudem nicht möglich, bei der
Vergütung von AUKM eine Anreizkomponente vorzusehen (allerdings bestehen bei
der Berechnung der pauschalierten Kosten Spielräume, diese Maßnahmen so zu ver-
güten, dass sie für Landwirtinnen und Landwirte attraktiv sind). Weitere Schwächen
sind der Umstand, dass nur relativ wenige AUKM zielgerichtete „dunkelgrüne“ Maß-
nahmen enthalten, der generell hohe Bürokratieaufwand sowie das erhöhte Kon-
troll- und Anlastungsrisiko bei Teilnahme an AUKM im Vergleich zu einer Nicht-Teil-
nahme. Weitere Schwächen sind die oft zu geringe regionale Ausdifferenzierung,
Mitnahmeeffekte und Überkompensation vor allem bei „hellgrünen“ Maßnahmen
sowie die geringe Reichweite der AUKM in Gebieten mit Intensivlandwirtschaft.
5.3 Schwächen der derzeitigen europäischen Agrarpolitik
114
Generell erscheint es als eine Schwäche der Agrarpolitik, dass sie systemi-
schen Risiken im Vergleich zu den einkommenspolitischen Themen relativ wenig
Aufmerksamkeit widmet, auch wenn es bei vielen Beteiligten durchaus ein Be-
wusstsein dafür gibt. Die neuen Herausforderungen (Klima, Wasser, Biodiver-
sität) werden nur mit marginalen Mitteln angegangen und es geht dringend
benötigte Zeit zur Anpassung und Umsteuerung der landwirtschaftlichen Produk-
tionssysteme verloren. Auch könnte ein weiterer Akzeptanzverlust der Landwirt-
schaft in der Bevölkerung zu abrupten Änderungen der Rahmenbedingungen
führen, beispielweise wenn Zoonose-Risiken aus der Intensivtierhaltung in dicht
besiedelten und international stark vernetzten Regionen als nicht mehr akzeptabel
angesehen werden. Beispiele für solche abrupten Änderungen aus der jüngeren
Vergangenheit sind die deutsche Energiepolitik nach Fukushima oder der Zusam-
menbruch von Märkten und die schnelle Einführung des QS-System nach der
BSE-Krise.
5.4 Chancen aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes
Auch wenn die Ausgestaltung der GAP im Zuge der Cioloș-Reform 2013 aus
Sicht des Natur- und Umweltschutzes enttäuschend war, ergibt sich aus der
grundlegenden Verknüpfung der Legitimation der Direktzahlungen mit den
vorgeblich besonders hohen Standards im Natur-, Umwelt- und Verbrau-
cherschutz sowie im Tierwohl eine Chance. Denn die GAP wird sich an der Er-
reichung dieser Ziele messen lassen müssen. Die Zweifel an der Wirksamkeit und
Sinnhaftigkeit der erheblichen öffentlichen Zahlungen an den Agrarbereich sind
mittlerweile in der breiten Öffentlichkeit angekommen. Dies geht einher mit
einem generellen Paradigmenwechsel hin zum Leitsatz, dass steuernanzierte
Finanzleistungen an Gegenleistungen geknüpft sein sollten (nach dem Grundsatz
„öffentliches Geld für öffentliche Güter“) sowie der Leitlinie „ergebnisorien-
tierter Politik“.
Eine zweite Chance besteht darin, dass die einkommenspolitischen Wirkungen
der Direktzahlungen zunehmend problematisiert werden. Die ungleiche Verteilung
der Direktzahlungen könnte vor dem Hintergrund einer breiteren gesellschaftlichen
Debatte über Ungleichverteilung zum politischen Problem werden. Die Beobach-
tung, dass die Direktzahlungen dazu beitragen, die Bodenmärkte für institutionelle
Finanzinvestoren attraktiv zu machen, wirft Zweifel bei den Steuerzahlern auf, ob
ihr Geld den richtigen Gruppen zugutekommt. Würden die Direktzahlungen poli-
tisch angreifbar, könnte sich eine Möglichkeit eröffnen, die erheblichen Mittel des
Agrarbudgets in Maßnahmen umzuleiten, die der Erbringung öffentlicher Güter
dienen.
Eine dritte Chance besteht darin, die anhebende Diskussion um die Wirk-
samkeit des Greenings in der Ersten Säule dazu zu nutzen, entweder auf eine
5 SWOT-Analyse der derzeitigen Agrarpolitik aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes
115
wesentliche Anhebung der Anforderungen des Greenings zu drängen oder die zur
Verfügung stehenden Mittel für gezieltere und stärker ergebnisorientierte Maß-
nahmen einzusetzen.
Viertens besteht ein wachsendes Verbraucherbewusstsein und in Teilsegmen-
ten eine wachsende Zahlungsbereitschaft für besondere Leistungen im Natur-,
Umwelt- und Verbraucherschutz sowie im Tierwohl. Agrarpolitische Themen füh-
ren zu einer erheblichen Mobilisierung der Öffentlichkeit (zum Beispiel Demons-
trationen „Wir haben es satt“ und „Wir machen Euch satt“).
Fünftens ergeben sich aus der europarechtlichen Integration der GAP ins all-
gemeine Binnenmarkt- und Wettbewerbsrecht neue Ansätze, den Grundsatz
eines hohen Schutzniveaus im Umwelt- und Verbraucherschutz auch in der Agrar-
politik voll zur Geltung zu bringen.
Sechstens eröffnen die rasanten technischen Entwicklungen im Bereich der
Fernerkundung und des Geo-Monitoring neue Möglichkeiten des Monitorings
von Landschaftsstrukturen und Landnutzung inklusive Fruchtfolgen, die mittelfris-
tig für eine ergebnisorientierte Honorierung von Natur- und Umweltleistungen in
diesem Bereich genutzt werden können.
Siebtens ermöglicht die digitale Revolution eine engere Vernetzung und Inter-
aktion zwischen Produzenten und Verbrauchern sowie eine hohe Transparenz ent-
lang der gesamten Wertschöpfungskette, die auch für natur- und umweltschutzrele-
vante Informationen genutzt werden kann.
Achtens können Prozesse einer „guten“ Globalisierung zur globalen Verbrei-
tung hoher Naturschutz-, Umwelt-, Verbraucherschutz- und Tierwohlstan-
dards auch jenseits der EU genutzt werden. Zum einen könnten hochwertige Ex-
portprodukte eine Vorbildwirkung haben, wenn sie denn auf transparente Weise mit
besonders hohen Standards erzeugt werden. Zum anderen kann die Nachfragemacht
europäischer Verbraucherinnen und Verbraucher die Etablierung von hohen Stan-
dards auch jenseits der EU ermöglichen. Eine zentrale Rolle wird dabei transnatio-
nalen Standards wie GlobalGAP zukommen.
Schließlich zeigen Pilotprojekte und Experimente, dass neue ökosystemare und
verhaltenswissenschaftliche Ansätze in erfolgreichen Handlungsstrategien zur
Verbesserung des Naturschutz- und Umweltverhaltens der Landwirtinnen und
Landwirte sowie für ein integriertes Landschafts- und Ressourcenmanagement ge-
nutzt werden können.
5.5 Risiken der derzeitigen Agrarpolitik aus Sicht des Natur-
und Umweltschutzes
Risiken für die Ziele des Natur- und Umweltschutz im Bereich des Agrarsektors
ergeben sich zum einen aus den sich verändernden Rahmenbedingungen, zum
anderen aus politischen Risiken.
5.5 Risiken der derzeitigen Agrarpolitik aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes
116
Das vermutlich unmittelbarste Risiko ergibt sich aus den nanziellen Rahmen-
bedingungen. Die strukturelle Krise der öffentlichen Haushalte in Europa könnte
den Finanzbedarf der GAP delegitimieren, wenn hinreichende Gegenleistungen
nicht erkennbar sind. Der nanzielle Druck würde sich bei einem Wiederaueben
der Finanzmarktkrise oder der Eurokrise verschärfen.
Die Niedrigzinspolitik trägt dazu bei, die Boden- und Pachtpreise nach oben zu
treiben, was wiederum den Ertragsdruck auf die Fläche erhöhen und damit ertrags-
mindernde Maßnahmen zum Natur- und Umweltschutz weniger attraktiv machen
könnte. Umgekehrt kann der Natur- und Umweltschutz kaum von den niedrigen
Zinsen protieren, da in diesem Bereich kreditnanzierte Investitionen nicht von
Bedeutung sind.
Das bevorstehende Ausscheiden Großbritanniens aus der EU („Brexit“), Rufe
nach einer europäischen Flüchtlings- und Sicherheitspolitik sowie einer effektiven
Wachstumspolitik mit der Schaffung von Arbeitsplätzen könnten zu einer Ver-
schärfung der Verteilungskämpfe im EU-Haushalt führen. Es besteht die Gefahr,
dass Themen des Natur- und Umweltschutzes angesichts der diversen Krisenszena-
rios an Priorität verlieren.
Veränderungen im Rechtsrahmen führen zu einem schrittweisen Verlust der
Ausnahmeregelungen für den Agrarsektor durch die Integration der GAP ins Bin-
nenmarktrecht, internationale Handelsabkommen (z.B. CETA) sowie die neuere
Rechtsprechung (Whiskey-Urteil des EuGH). Dies könnte den Spielraum für sek-
torspezische Strategien des Natur- und Umweltschutzes, wie beispielsweise die
AUKM, vermindern.
Die digitale Revolution und die Entwicklung von Big-Data-Strategien der Ge-
winnung und Auswertung von personen- und betriebsbezogenen Informationen
könnte nicht nur zu einer Konzentration von Informationsmacht führen, sondern
auch zur Abwertung von kontextuellem und Erfahrungswissen (u.a. von Landwir-
tinnen und Landwirten) sowie Möglichkeiten des Missbrauchs eröffnen (Boyd und
Crawford 2012; Cukier und Mayer-Schoenberger 2013).
Anthropogene Veränderungen der Agrarökosystemen stellen erhebliche Risi-
kofaktoren dar. Dazu gehören
Folgen des Klimawandels, v.a. durch Veränderung der hydrologischen Kreis-
läufe, Witterungsextreme und Schädlingsdruck;
Folgen des Biodiversitätsverlusts;
Folgen der Bodenschäden;
invasive Schädlinge (häug anthropogen, da durch Bewegungen im Waren- oder
Personenverkehr eingeschleppt).
Aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes bestehen außerdem erhebliche politi-
sche Risiken, vor allem im Hinblick auf die Weiterentwicklung der GAP.Die
Agrarpolitik ist anfällig gegenüber einer kurzfristigen Mobilisierung für Ein-
kommensinteressen der Produzenten, wie etwa in der Milch- und Schweine-
preiskrise. In weiten Teilen der EU, insbesondere in Frankreich, Spanien und
5 SWOT-Analyse der derzeitigen Agrarpolitik aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes
117
Teilen Osteuropas, bestehen starke Sympathien für gekoppelte Direktzahlungen
und ähnliche Maßnahmen, die einen Rückfall ins produktivistische Politikpara-
digma bedeuten könnten, wenn sie nicht eng mit Natur- und Umweltanliegen
verknüpft werden. Ein weiteres Risiko ist, dass in der agrarpolitischen Debatte
zu viel Energie auf die sterile Wiederholung alter Argumentationen und Kon-
frontationen und zu wenig auf die Suche nach kreativen Lösungen verwendet
wird. Im Kontext eines insgesamt stärker polarisierten politischen Klimas
könnte es auch zu einer Radikalisierung und zu politischem Protestverhalten von
Landwirtegruppen kommen, die sich existenziell bedroht sehen. Eine mögliche
Zunahme von konfrontativen Aktions- und Protestformen solcher Gruppen, aber
auch beispielsweise von Tierschützern, könnte die Rahmenbedingungen für ei-
nen kooperativen Politikansatz verschlechtern. Und schließlich könnte die digi-
tale Revolution zu einer zunehmenden Orientierung der Menschen an virtuellen
Realitäten mit einer einhergehenden Entfremdung von der natürlichen Umwelt
führen (Zaradic und Pergams 2007).
5.6 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
5.6.1 Kernpunkte der SWOT-Analyse
Die SWOT-Analyse der derzeitigen europäischen Agrarpolitik ergibt ein ambiva-
lentes Bild. Auf der einen Seite (Stärken) verfügt die GAP über einen stabilen
politischen und institutionellen Rahmen mit bisher guter und verlässlicher Fi-
nanzausstattung sowie eine breite Instrumentenkiste, die ein erhebliches Poten-
zial für den Natur- und Umweltschutz hat. Auf der anderen Seite (Schwächen)
wird das natur- und umweltpolitische Potenzial der GAP durch sektorspezische
Mechanismen unterlaufen. Die Dominanz agrarpolitischer Akteure bei der Aus-
gestaltung der GAP führt zur Priorität für die einkommenspolitischen Ziele und
zur systematischen Schwächung der natur- und umweltpolitischen Ansätze. Dies
drückt sich in Regelungs- und Implementationsdeziten, mangelnder Datenlage
und nahezu durchgängiger Überkompensation für Leistungen im Natur- und
Umweltschutz aus. Die Verwaltungsstrukturen sind extrem komplex. Das Ergeb-
nis sind mangelnde Effektivität und Efzienz der Politik. Zudem herrscht viel-
fach ein Status-quo-Denken vor, die Partizipationsmöglichkeiten sind gering und
systemische Risiken und neue Herausforderungen erhalten zu wenig Aufmerk-
samkeit.
Vor diesem Hintergrund ergeben sich Chancen aus der Tatsache, dass der
Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz sowie das Tierwohl als Legitimations-
grundlage für die Agrarzahlungen etabliert sind. Die öffentliche Kritik an der
mangelnden Ergebnisorientierung der GAP sowie verstärkte juristische Anforde-
rungen an ein hohes Schutzniveau im Binnenmarkt treffen auf ein erhebliches
öffentliches Mobilisierungspotenzial für agrarpolitische Themen. Neue technische
5.6 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
118
Entwicklungen und systemische wie verhaltenswissenschaftliche Ansätze er-
möglichen die Entwicklung von neuen Policy-Designs zur systematischen und
ächendeckenden Integration von Natur- und Umweltschutz in die Agrarpolitik.
Zugleich besteht das Risiko, dass sich die nanzpolitischen Verteilungskämpfe
verschärfen, sich das politische Klima insgesamt polarisiert und radikalisiert und
vor diesem Hintergrund ein defensives Status-quo-Denken die Oberhand ge-
winnt. Zugleich könnte sich der rechtliche Spielraum für sektorspezische Stra-
tegien des Natur- und Umweltschutzes verengen, während die anthropogenen
Veränderungen der Agrarökosysteme die Herausforderungen für den Natur- und
Umweltschutz noch verstärken. Tab.5.1 gibt einen Überblick über die Kern-
punkte der SWOT-Analyse.
Tab. 5.1 SWOT-Analyse der derzeitigen GAP aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes– Kernpunkte
Stärken
Stabilität des politischen und institutionel-
len Rahmens
Mittelfristig verlässlicher nanzieller
Rahmen
Breit aufgestelltes ideelles Paradigma
• WTO-konform
Integration von Natur- und Umweltbelan-
gen mit breiter Instrumentenkiste
Cross-Compliance- und Greening-
Auagen wirken in die Fläche
AUKM erlauben zielgerichtete, regionale,
ergebnisorientierte und kollektive
Maßnahmen
Einbettung in Beratungsprogramme
Schwächen
Dominanz der Einkommenslogik
Hoher Legitimationsbedarf für redistribu-
tive Politik
Institutionelle Abschirmung des Kernbe-
reichs der GAP gegen Umwelt- und
Naturschutzakteure
Erste Säule: geringe Leistungsorientierung,
unklare Zielsetzung, Ungleichverteilung,
Überwälzungseffekte
Greening: geringe Wirksamkeit, Überkom-
pensation
Naturschutz- und Umweltordnungsrecht:
Fehlende oder unzureichende Zielwerte und
Mindestanforderungen, Implementations-
dezite, teilweise inefziente Kontroll- und
Sanktionsmechanismen
AUKM: komplexe und aufwändige
Entscheidungs- und Programmierungsstruk-
turen, oft fehlende Ergebnisorientierung,
meist kein sektorenübergreifender Ansatz
für integriertes Landschafts- und Ressour-
cenmanagement, Mittelkonkurrenz in
Zweiter Säule, Kontroll- und Anlastungs-
risiko
Generell: lückenhafte Datenlage, hoher
Verwaltungsaufwand
langsame Lernprozesse, geringe Partizipa-
tionsmöglichkeiten
zu wenig Aufmerksamkeit und Mittel für
systemische Risiken (u.a. Zoonosis,
Antibiotika) und neue Herausforderungen
(Klima, Wasser, Biodiversität)
(Fortsetzung)
5 SWOT-Analyse der derzeitigen Agrarpolitik aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes
119
Chancen
Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz
sowie Tierwohl als Legitimationsgrund-
lage für Agrarzahlungen
Mehr Rufe nach „ergebnisorientierter Politik“
Wachsende Kritik an Direktzahlungen:
ungleiche Verteilung, Wirkung auf
Bodenmärkte, institutionelle Finanzinvesto-
ren– Möglichkeiten der Neustrukturierung
Diskussion um Wirksamkeit des
Greenings und damit Möglichkeit der
Überarbeitung
Wachsendes Verbraucherbewusstsein,
Zahlungsbereitschaft für besondere Leistun-
gen, Mobilisierung der Öffentlichkeit
Europarechtliche Integration der GAP ins
allgemeine Binnenmarkt- und Wettbewerbs-
recht: Grundsatz eines hohen Schutzniveaus
im Umwelt- und Verbraucherschutz
Technische Entwicklungen im Bereich der
Fernerkundung und des Geo- Monitoring
Digitale Revolution: Vernetzung und
Transparenz
Globale Verbreitung hoher Naturschutz-,
Umwelt-, Verbraucherschutz- und
Tierwohlstandards, u.a. durch transnatio-
nale Standards
Neue ökosystemare und verhaltenswissen-
schaftliche Ansätze für integriertes
Landschafts- und Ressourcenmanagement
Risiken
Krise der öffentlichen Haushalte und
Verschärfung der nanzpolitischen
Verteilungskämpfe (v.a. im EU-Haushalt
nach dem Brexit)
Niedrigzinspolitik: erhöhte Bodenpreise
und Ertragsdruck auf die Fläche
Veränderungen im Rechtsrahmen: Verlust
des Spielraums für sektorspezische
Strategien des Natur- und Umweltschutzes
Anthropogene Veränderungen der Agraröko-
systeme: Klimawandel, Biodiversitätsverlust,
Bodenschäden, invasive Schädlinge usw.
Status-quo-Denken und politische
Unterstützung für Rückfall ins produktivis-
tische Paradigma
Insgesamt stärker polarisiertes politisches
Klima mit möglicher Radikalisierung und
mehr konfrontativen Aktions- und
Protestformen von allen Seiten
Zentralisierung von Informationsmacht
durch Big Data und möglicher Missbrauch
Tab. 5.1 (Fortsetzung)
5.6.2 Fazit: Fünf Hypothesen zur Agrarpolitik
Die Schlussfolgerungen, die sich aus der SWOT-Analyse für die künftige Ausge-
staltung einer Agrarpolitik ergeben, welche die Anliegen des Natur- und Umwelt-
schutzes wirkungsvoll integriert, lassen sich zu fünf Hypothesen zusammenfassen.
Hypothese 1: Die Gemeinsame Agrarpolitik ist tief geprägt durch die Dominanz
der Einkommenslogik für die landwirtschaftliche Bevölkerung. Durch die Um-
wandlung der Marktkompensation in eine Flächenprämie ist der redistributive Cha-
rakter der GAP sichtbar geworden. Dies erhöht den Legitimationsbedarf.
Die Architektur und Legitimationslogik der derzeitigen GAP wirft dringende
Fragen nach der Zielgenauigkeit der redistributiven Komponente und der effek-
tiven Mittelverwendung bei den leistungsbezogenen Komponenten auf. In bei-
den Punkten besteht Evidenz für erhebliche Dezite, aus denen eine „Drohku-
lisse“ für die Fortsetzung der bisherigen Politik erwächst.
5.6 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
120
Hypothese 2: Naturschutz- und Umweltaspekte (Cross Compliance, Greening,
AUKM) erhöhen die Legitimation der GAP, indem diese nun nicht als bloße steuer-
nanzierte Transferpolitik (staatliche Zahlungen ohne spezische Gegenleistung)
erscheint. Sie haben in der Architektur der GAP wie in der Mittelausstattung aber
eine untergeordnete Rolle und dienen offenbar dazu, den einkommenspolitischen
Kern der GAP zu legitimieren.
Aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes stellt sich die Frage, inwiefern die
Strategie einer Integration dieser Belange mit der Rationalität einer sektoralen
Einkommenspolitik zu vereinbaren ist. Im Kern stehen sich eine redistributive
Logik und eine Logik des Entgelts öffentlicher Güter gegenüber.
Hypothese 3: Die „multifunktionale“ Begründung der Agrarpolitik, dass sie der
Sicherung öffentlicher Güter und vielfältiger Funktionen der Landwirtschaft dient,
wird nicht hinreichend eingelöst, weil die gesetzlichen Anforderungen oft nicht hin-
reichend anspruchsvoll oder vage formuliert sind und weil erhebliche Implementa-
tionsdezite bestehen.
Aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes müsste die Agrarpolitik konsequent
von der Aufgabe her gedacht werden, die nachhaltige Nutzung natürlicher Res-
sourcen zu sichern. Das wiederum erfordert, dass die landwirtschaftlichen Pro-
duktionssysteme ökologisch, ökonomisch und sozial resistent sind.
Hypothese 4: Eine zukunftsfähige Agrarpolitik muss so instrumentiert sein, dass
sie sowohl die Entscheidungen der Landbewirtschafter effektiv im Sinne des Natur-
und Umweltschutzes beeinusst als auch die Unterstützung der Landbewirtschafter
und der Öffentlichkeit genießt.
Der erste Aspekt zielt auf die Effektivität und Efzienz der Politik ab. Wenn man
wirkliche Verbesserungen im Natur- und Umweltschutz erreichen will, müssen
die Entscheidungen derjenigen, die das Land bewirtschaften, beeinusst werden.
Es geht also um effektive Verhaltensänderungen. Die Politik-Instrumente müssen
daher konsequent von den Adressaten her entwickelt werden. Dabei sind zum ei-
nen Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Instrumenten und Politikberei-
chen, zum anderen wahrscheinliche Ausweichoptionen und Nebenwirkungen zu
beachten. Dies erfordert eine verhaltenswissenschaftlich fundierte Adressaten-
orientierung.
Der zweite Aspekt betrifft die Dauerhaftigkeit der Politik. Dazu muss ein
„Policy- Feedback“ erreicht werden in dem Sinne, dass die Politik hinrei-
chend Unterstützung erfährt und nicht bei nächster Gelegenheit wieder revi-
diert oder abgeschafft wird. Die Politik muss also so angelegt werden, dass
sie eine breite politische Unterstützerkoalition schaffen und zusammenhalten
kann.
Die derzeitige Agrarpolitik erfüllt nur einen Teil der zweiten Bedingung. Viele
Vorschläge aus dem Bereich des Natur- und Umweltschutzes erfüllen nur die
erste und teilweise die zweite Bedingung.
5 SWOT-Analyse der derzeitigen Agrarpolitik aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes
121
Hypothese 5: Bei den bisher erprobten agrarpolitischen Instrumenten besteht ein
Trade-Off zwischen Zielgenauigkeit und Transaktionskosten; daher besteht ein Be-
darf, neue Policy-Instrumente zu entwickeln.
Zielgenaue Maßnahmen im Bereich der Immissionen und Emissionen würden
im Prinzip ein komplexes Monitoring diverser landwirtschaftlicher Praktiken
wie Düngung oder Pestizideinsatz erfordern.
Zielgenaue Maßnahmen im Bereich der Landnutzung erfordern im Prinzip ein
Monitoring der tatsächlichen Flächennutzung.
Die relative Attraktivität von freiwilligen Maßnahmen, bei denen die Landwirte
für bestimmte Praktiken oder ergebnisabhängig honoriert werden, hängt von den
Opportunitätskosten, im Wesentlichen also von den Marktpreisen, sowie den
Transaktionskosten ab.
Neue Instrumente müssen auf eine Verminderung der Transaktionskosten, Zu-
verlässigkeit des Monitorings und effektive Beeinussung des Verhaltens der
Landwirte abstellen. Zwischen diesen Zielen bestehen Trade-Offs.
Die fünf Hypothesen dienen als Leitorientierung für die Entwicklung eines zu-
kunftsfähigen agrarpolitischen Leitbilds sowie von Handlungsansätzen und Optio-
nen für eine Agrarpolitik, welche die Anliegen des Natur- und Umweltschutzes wir-
kungsvoll integriert.
Um die in der SWOT-Analyse identizierten Chancen zu nutzen, erscheinen da-
bei die folgenden generellen Ansätze geeignet:
Nutzung des erheblichen Finanzvolumens für zielgerichtete und erforderliche
Maßnahmen;
Einbindung in die mittelfristige Finanzplanung für eine glaubwürdige mittelfris-
tige Umsteuerung nutzen (z.B. gleitender Ausstieg aus den Direktzahlungen);
Nutzung neuer digitaler Technologien für Monitoring und Verwaltung, Vernet-
zung und Transparenz;
Nutzung vorhandener Implementationsstrukturen für Greening- und Zweite-
Säule- Programme können für Natur- und Umweltschutzmaßnahmen;
Ermöglichung von Märkten für Produkte mit besonderen Prozessqualitäten und
Aktivierung privater Zahlungsbereitschaft (nach dem Vorbild von Bio, geogra-
sche Herkunftsbezeichnung, traditionelles Lebensmittel etc.);
Stärkung des Verbraucherbewusstseins (regionale, umweltfreundliche, natur-
schützende, ethische Lebensmittel und andere Produkte) und entsprechender Zah-
lungsbereitschaft;
Weiterentwicklung des Multifunktionalitätsanspruchs ernst nehmen, z.B. in Rich-
tung In-Wert-Setzung von Ökosystemleistungen;
Formulierung eines Anspruchs Europas auf eine internationale Führungsrolle bei
nachhaltiger Agrarpolitik, um transnationale Standardsysteme zu prägen.
Um den Risiken einer politischen Polarisierung und einer politischen Dynamik der
Angst im Zeichen nanzpolitischer Verteilungskämpfe entgegenzuwirken, erscheint
5.6 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
122
es geboten, die Agrarpolitik transparenter, ergebnisorientierter und partizipations-
orientierter zu gestalten. Zugleich müssen die Globalisierungsprozesse aktiv im
Sinne des Natur-, Umwelt und Verbraucherschutzes gestaltet werden, um auch die
Akzeptanz der Bevölkerung für offene Märkte zu erhalten.
Insgesamt diente die SWOT-Analyse der strategisch orientierten Verdichtung der
Bestandsaufnahme auf Basis der Literaturanalyse in den Kap.3 und 4. Im Folgen-
den werden wir zunächst ein Leitbild für eine zukunftsorientierte Agrarpolitik for-
mulieren (Kap.6). Anschließend diskutieren wir alternative Handlungsoptionen zur
Weiterentwicklung der verschiedenen Elemente und Instrumente der Agrarpolitik
(Kap.7), ehe wir diese zu drei strategischen Optionen für die künftige Agrarpolitik
verdichten (Kap.8).
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5 SWOT-Analyse der derzeitigen Agrarpolitik aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes
123© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en) 2019
P. H. Feindt et al., Ein neuer Gesellschaftsvertrag für eine nachhaltige
Landwirtschaft, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58656-3_6
Kapitel 6
Ein zeitgemäßes Leitbild für eine
nachhaltige Agrarpolitik
6.1 Einleitung
6.1.1 Funktionen eines Leitbilds
Die Integration von Anliegen des Umwelt- und Naturschutzes in die Agrarpolitik
bewegt sich in einem komplexen institutionellen und rechtlichen Rahmen, der das
Verhältnis zwischen den Rechten der Landbesitzer und Landbewirtschafter einer-
seits und andererseits ihren Pichten gegenüber den Interessen der Allgemeinheit,
im Zusammenhang mit dieser Studie insbesondere den Interessen des Natur- und
Umweltschutzes, regelt. In der konkreten Politikgestaltung ist dieser Rahmen je-
doch notwendigerweise unvollständig. Erstens ist oft unklar, welche Werte und
Normen im Koniktfall den Vorrang haben sollen. Zweitens sind viele Rechtsbe-
griffe, z.B. die Gemeinwohlverpichtung des Eigentums nach Artikel14 Absatz2
Grundgesetz, unbestimmt und bedürfen der Konkretisierung im Lichte der jeweili-
gen Pro blemlagen. Drittens geben die bestehenden Normen keine Entwicklungsrich-
tung vor. Und viertens sind Rechtsnormen nicht geeignet und haben auch nicht den
Zweck, gemeinsame Initiativen von staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren zu
motivieren, wo dies beispielsweise im Landschafts- oder Wassermanagement wün-
schenswert wäre.
Vor diesem Hintergrund haben politische Leitbilder mehrere Funktionen. Im
politischen Gestaltungsprozess und gegenüber den gesellschaftlichen Gruppen die-
nen sie als programmatische Orientierungshilfe, die Aufschluss über die angestrebte
Entwicklungsrichtung in einem Politikfeld gibt und an dem die Träger eines Leit-
bilds sich messen lassen müssen. Im administrativen und judikativen Prozess die-
nen Leitbilder als Auslegungshilfe bei der Ausgestaltung von Ermessensspielräu-
men und bei der Entscheidung von Normkonikten.
Im Hinblick auf die Rolle von Leitbildern im Verwaltungshandeln erklärt Wewer
(1998, S.155): „Leitbilder beschreiben in relativ knapper Form den ‚Sinn‘ oder die
‚Philosophie‘ von Organisationen (also deren Selbstverständnis) bzw. ihre ‚Vision‘
124
oder ‚Mission‘ (nämlich die längerfristigen Ziele) … [Sie] beschreiben strategische
Ziele, also einen Soll-Zustand, nicht den Ist-Zustand“. Leitbilder geben demnach
einerseits Orientierung und haben andererseits die Funktion von Selbstverpichtun-
gen, denn die Träger eines Leitbilds müssen sich daran messen lassen, ob sie bei
dessen Verwirklichung erfolgreich sind, also dem Soll-Zustand näher kommen,
oder zumindest geeignete Anstrengungen unternehmen.
6.1.2 Gegenstand des Leitbilds: Das Wasund das Wie
Bei der Entwicklung einer zukunftsfähigen Agrarpolitik, welche die Anliegen des
Natur- und Umweltschutzes integriert, muss ein Leitbild dazu dienen, die ange-
strebte Entwicklungsrichtung in dreierlei Hinsicht zu positionieren: erstens im Hin-
blick auf die Problemlagen (siehe Kap.3), zweitens im Hinblick auf die kontrover-
sen agrarpolitischen Paradigmen (siehe Kap.4) und drittens im Hinblick auf die
Kontroversen im Natur- und Umweltschutz selbst:
Die Problemlagen (siehe Kap. 3) lassen sich dabei zu drei Komplexen zusam-
menfassen: (1) Stoffeinträge in Boden, Wasser und Luft inklusive Klimagase, (2)
Wirkungen der Flächennutzung sowie (3) Implementations-, Partizipations- und
umweltorientierte Innovationsdezite. Das Leitbild sollte klare Vorstellungen
darüber enthalten, wie diese Problemlagen adressiert und welche Zielwerte er-
reicht werden sollen.
In der agrarpolitischen Ausrichtung muss das Leitbild klären, wie man sich posi-
tionieren will zwischen den Leitbildern einer marktorientierten, einer staatsab-
hängigen, einer globalisierten und einer multifunktionalen Landwirtschaft bzw.
zwischen den politischen Paradigmen des einkommensorientierten agrarpoliti-
schen Exzeptionalismus, der Marktliberalisierung, der Marktharmonisierung
und Standardisierung in globalen Wertschöpfungsketten sowie der Multifunktio-
nalität (siehe Kap.4).
Im Naturschutz selbst gilt es insbesondere zu klären, ob eine räumliche Integra-
tion oder Separation von Landwirtschaft und Naturschutz angestrebt wird (Sha-
ring- vs. Sparing-Debatte), welcher relative Stellenwert dem Schutz von bioti-
schen und abiotischen Ressourcen bzw. dem Tierwohl zukommen soll
(z.B.Weidehaltung vs. Rückhalt von Emissionen in geschlossenen Stallsyste-
men), und ob beispielsweise das Konzept der Planetaren Leitplanken (Rock-
ström etal. 2009a, b) in Leitplanken auf kleineren räumlichen und zeitlichen
Skalen übersetzt werden soll.
Um die im ersten und dritten Punkt angesprochenen Fragen zu beantworten, ist es
notwendig, ein Leitbild für die Landwirtschaft zu formulieren: Wie soll eine Land-
wirtschaft in Zukunft aussehen, die den Zielen des Umwelt- und Naturschutzes an-
gemessen Rechnung trägt? Dies ist die Frage nach dem Was. Eine Antwort auf den
zweiten Punkt erfordert hingegen Leitlinien für eine zukunftsfähige Agrarpolitik
6 Ein zeitgemäßes Leitbild für eine nachhaltige Agrarpolitik
125
und betrifft die Frage nach dem Wie. Wir formulieren daher sowohl ein Leitbild für
eine multifunktionale, natur- und umweltverträgliche Landwirtschaft sowie Leitli-
nien für eine zukunftsfähige Agrarpolitik. Bei der Formulierung des Leitbilds wurde
eine systematische Analyse bestehender agrarpolitischer Leitbilder vorgenommen
(vgl. den Überblick im Anhang).
6.1.3 Einbettung indas agrarpolitische Leitbild der
Bundesregierung
Um Verbindlichkeit für die Träger und Adressaten zu erzeugen, werden Leitbilder
üblicherweise in einem mehr oder weniger partizipativen und iterativen Prozess er-
arbeitet. Abgesehen von Rückkopplungen im Rahmen der Projektbegleitenden Ar-
beitsgruppe und seitens der Peer Reviewer war dies im Rahmen des ZA- NExUS-
Projekts weder möglich noch vorgesehen. Das im Folgenden formulierte Leitbild
stellt also einen Diskussionsvorschlag dar, der als Anker für einen Leitbildprozess
dienen kann.
Aus pragmatischen Gründen halten es die Autoren für sinnvoll, dass sich das
Leitbild in das agrarpolitische Leitbild der Bundesregierung (BMEL 2015a, S.8)
einfügt.1 Dieses nimmt im ersten Absatz „attraktive, lebenswerte und vitale ländli-
che Räume“ als Aufhänger und strebt „eine nachhaltige, ökologisch verantwortbare,
ökonomisch leistungsfähige und multifunktional ausgerichtete Land-, Forst-, und
Fischereiwirtschaft“ an. Es hebt „landwirtschaftliche Familienbetriebe und Unter-
nehmen mit bäuerlicher Wirtschaftsweise“ hervor. Der zweite Absatz stellt dann die
Produktions- und Versorgungsfunktion in den Mittelpunkt und bezieht die „Ernäh-
rungswirtschaft“ mit ein. Das Leitbild der Bundesregierung kombiniert also einen
prominenten Raumbezug (erster Halbsatz und dritter Satz) mit Elementen des Mul-
tifunktionalitätsparadigmas (zweiter Halbsatz) und des produzentenorientierten Ex-
zeptionalismus (v. a. im zweiten und dritten Satz). Der globale Bezugsrahmen
kommt durch den Bezug auf die „Welternährung“ zum Ausdruck, die eine Export-
orientierung impliziert.
Das agrarpolitische Leitbild der Bundesregierung bietet durchaus gute Anknüp-
fungspunkte für eine Agrarpolitik, die am Schutz der Natur und der Sicherung von
Umweltressourcen orientiert ist. Allerdings ist das Leitbild der Bundesregierung im
1 Wörtlich heißt es: „(1) Das agrarpolitische Leitbild der Bundesregierung umfasst attraktive, le-
benswerte und vitale ländliche Räume und eine nachhaltige, ökologisch verantwortbare, ökono-
misch leistungsfähige und multifunktional ausgerichtete Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft.
Landwirtschaftliche Familienbetriebe und Unternehmen mit bäuerlicher Wirtschaftsweise entspre-
chen diesem Leitbild in besonderer Weise. Sie sind für eine Entwicklung der ländlichen Regionen
und den gesellschaftlichen Zusammenhalt von großer Bedeutung. (2) Die deutsche Land- und Er-
nährungswirtschaft erzeugt sichere, gesunde und bezahlbare Lebensmittel und leistet ihren Beitrag
zur Sicherung der Welternährung. Sie trägt daneben zur Versorgung mit erneuerbaren Energien
und nachwachsenden Rohstoffen bei.“
6.1 Einleitung
126
Hinblick auf die ökologischen Ziele sehr allgemein gehalten und bietet insbeson-
dere keine Anhaltspunkte dafür, welchen Stellenwert ökologische Ziele im
Koniktfall haben sollen. Auch bietet es keine Hinweise, wie die Ziele erreicht
werden sollen. Ein Leitbild für eine zukunftsfähige Agrarpolitik, die sich am Natur-
und Umweltschutz orientiert, hat daher insbesondere die Aufgabe, diese konzeptio-
nellen Freiräume auszufüllen. Das folgende Leitbild einer multifunktionalen Land-
wirtschaft und die sich anschließenden Leitlinien einer zukunftsfähigen Agrarpolitik
sind ein Vorschlag, wie die Unbestimmtheiten des allgemeinen Leitbilds der Bun-
desregierung aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes so ausgefüllt werden könn-
ten, dass die diagnostizierten ökologischen Problemlagen der derzeitigen Agrarpo-
litik besser adressiert werden können.
6.2 Leitbild für eine multifunktionale, natur- und
umweltverträgliche Landwirtschaft
Das agrarpolitische Leitbild für eine multifunktionale, natur- und umweltverträgli-
che Landwirtschaft umfasst eine ächendeckende Landwirtschaft, welche zu einer
vielfältigen Kulturlandschaft beiträgt, die Tragfähigkeit der ökologischen Systeme
beachtet und die ökosystemaren Dienstleistungen erhält.
Die Landwirtinnen und Landwirte erzeugen marktfähige, qualitativ hochwertige
und gesunde Lebensmittel und andere landwirtschaftliche Produkte auf nachhaltige
und umweltverträgliche Weise. Sie halten die natürlichen Ressourcen in gutem Zu-
stand, bewahren die Leistungsfähigkeit der Ökosysteme und wirtschaften innerhalb
der ökologischen Leitplanken.2 Sie minimieren schädliche Einträge in Boden, Was-
ser und Luft und tragen aktiv zur Erhaltung der genetischen Vielfalt, zum Schutz der
biologischen Vielfalt und zum Klimaschutz bei.
Die Landwirtinnen und Landwirte und ihre Partner in den Wertschöpfungsketten
sind umweltorientiert und innovationsfähig. Sie entwickeln besonders umwelt-
freundliche Methoden der Landbewirtschaftung sowie umweltorientierte Geschäfts-
modelle und genießen die Wertschätzung der Verbraucherinnen und Verbraucher für
ihre Leistungen im Natur- und Umweltschutz. Alle Beteiligten verstehen die Er-
bringung von Gemeinwohlleistungen als integrale Einkommensmöglichkeit für die
deutsche Landwirtschaft.
Als Landschaftsgestalter tragen die Landwirtinnen und Landwirte in Koopera-
tion mit anderen gesellschaftlichen Kräften dazu bei, dass vielfältige und gut struk-
turierte Landschaften Lebensräume für eine große Vielfalt von Tieren und Panzen
bieten und als Teil von attraktiven, lebenswerten und vitalen ländlichen Räumen
wahrgenommen werden.
2 Z.B.Beachtung der Tragfähigkeit und Regenerationsraten ökologischer Systeme oder der Zeit-
räume, die für das Nachwachsen erneuerbarer Ressourcen notwendig sind.
6 Ein zeitgemäßes Leitbild für eine nachhaltige Agrarpolitik
127
6.3 Leitlinien einer zukunftsfähigen Agrarpolitik
Eine zukunftsfähige Agrarpolitik unterstützt die Landwirtschaft bei der Erfüllung
ihrer unterschiedlichen, auf das Gemeinwohl ausgerichteten Aufgaben in effektiver
und efzienter Weise. Dabei stellt die nachhaltige, umweltverträgliche Erzeugung
von marktfähigen, qualitativ hochwertigen und gesunden Lebensmitteln und ande-
ren landwirtschaftlichen Produkten die tragende Säule dar. Die Agrarpolitik stellt
zugleich sicher, dass die Landwirtschaft die natürlichen Ressourcen und die
Leistungsfähigkeit der Ökosysteme bewahrt und innerhalb der ökologischen Leit-
planken wirtschaftet. Sie unterstützt die Vernetzung der Landwirtschaft mit anderen
gesellschaftlichen Akteuren sowie die umweltorientierte Lern- und Innovationsfä-
higkeit des Sektors. Dazu stärkt sie die Entwicklung von besonders umweltorien-
tierten Geschäftsmodellen, die Wertschätzung der Verbraucherinnen und Verbrau-
cher für die Umweltleistungen der Landwirtschaft sowie die Motivation der
Landwirte zu umweltorientiertem Handeln.
Eine zukunftsfähige Agrarpolitik orientiert sich insbesondere an folgenden Leit-
linien:
1. Eine zukunftsfähige Agrarpolitik geht davon aus, dass die langfristige Siche-
rung der Produktion von Lebensmitteln und landwirtschaftlichen Rohstoffen
die Sicherung der ökologischen Voraussetzungen der Produktion wie Biodiver-
sität, Bodenfruchtbarkeit und sauberes Wasser erfordert. Sie stärkt Maßnahmen
zur langfristigen Sicherung der Natur- und Umweltressourcen gegenüber Ten-
denzen zur kurzfristigen, aber nicht nachhaltigen Steigerung der Produktion.
Dabei orientiert sie sich am Verursacher-, Kooperations-, Vorsorge- und Nach-
haltigkeitsprinzip.
2. Eine zukunftsfähige Agrarpolitik unterstützt die Entwicklung von resilienten,
nachhaltigen und ressourcenefzienten landwirtschaftlichen Produktionssyste-
men, die im Einklang mit dem Erhalt intakter und leistungsfähiger ökologi-
scher Systeme und der natürlichen Ressourcen wirtschaften und sich im Zuge
des ökonomischen, ökologischen und sozialen Wandels dynamisch und ohne
abrupte Strukturbrüche entwickeln. Sie sichert und stärkt zu diesem Zweck ins-
besondere die ökologische und ökonomische Anpassungsfähigkeit landwirt-
schaftlicher Produktionssysteme sowie die Lernfähigkeit der beteiligten Perso-
nen und Organisationen.
3. Eine zukunftsfähige Agrarpolitik ist darauf ausgerichtet, dass neben der Pro-
duktion von Lebensmitteln und anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen die
Gemeinwohlleistungen der Landwirtschaft gesichert werden. Insbesondere der
Erhalt und die Pege von ökologisch intakten Landschaften, Habitaten und
Ökosystemleistungen stellen wichtige Leistungen der Landnutzung durch
Landwirte dar.
4. Eine zukunftsfähige Agrarpolitik stellt einen zufriedenstellenden Zustand der
Ressourcen des Natur- und Umweltschutzes sicher. Sie sorgt dafür, dass gesetz-
liche Mindeststandards eindeutige ökologische Leitplanken für die landwirt-
schaftliche Produktion denieren, die sich am Stand der Wissenschaft sowie
6.3 Leitlinien einer zukunftsfähigen Agrarpolitik
128
am Vorsorgeprinzip orientieren und dabei systemische Zusammenhänge und
schädliche kumulative Effekte berücksichtigen. Sie duldet keine Vollzugs- und
Regelungsdezite bei der Durchsetzung gesetzlicher Mindeststandards.
5. Eine zukunftsfähige Agrarpolitik ist vorrangig darauf ausgerichtet, dass die An-
liegen des Natur- und Umweltschutzes in der gesamten Fläche berücksichtigt
werden. Eine räumliche Separierung von Landnutzung und Naturschutz wird
nur dort vorgesehen, wo dies zur Erreichung von Natur- und Umweltschutz-
zielen notwendig ist. Das bedeutet, dass die Landwirtschaft an allen Standorten
so betrieben wird, dass den Anliegen des Natur- und Umweltschutzes in ange-
messener Weise Rechnung getragen wird.
6. Eine zukunftsfähige Agrarpolitik ist darauf ausgerichtet, dass einerseits alle
landwirtschaftlichen Erzeugnisse, die den Markt erreichen, unter Bedingungen
erzeugt werden, die mit der langfristigen Sicherung der Ressourcen des Natur-
und Umweltschutzes vereinbar sind, und dass andererseits eine ächende-
ckende landwirtschaftliche Produktion in Deutschland stattndet, welche die
ökologischen Leitplanken beachtet und möglichst viele positive Umwelt- und
Naturschutzleistungen erbringt.
7. Eine zukunftsfähige Agrarpolitik berücksichtigt, dass die Leistungen des Na-
tur- und Umweltschutzes nicht automatisch als Koppelprodukt der landwirt-
schaftlichen Erzeugnisse entstehen. Sie stellt geeignete Rahmenbedingungen
her, welche den Landnutzern die dauerhafte Erbringung dieser Gemeinwohl-
leistungen ermöglicht. Dazu gehört insbesondere die Sicherung fairer Wettbe-
werbsbedingungen, Transparenz der Umweltleistungen von Produkten und
Produzenten sowie ggf. die Honorierung derjenigen Gemeinwohlleistungen,
die vom Markt nicht angemessen entlohnt werden.
8. Eine zukunftsfähige Agrarpolitik setzt nanzielle Mittel zielgerichtet und effektiv
für die Sicherung der Gemeinwohlleistungen ein. Sie gewährt keinen nanziellen
Ausgleich für die bloße Einhaltung gesetzlicher Mindeststandards, es sei denn zur
Kompensation von daraus entstehenden Wettbewerbsnachteilen auf offenen
Märkten. Sie stellt sicher, dass eventuelle Kompensationen auf wissenschaftlich
nachgewiesenen Mehrkosten beruhen und die Regeln der WTO beachten.
9. Eine zukunftsfähige Agrarpolitik sorgt dafür, dass Natur- und Umweltschutz in
Deutschland nicht auf Kosten Dritter geschieht. Sie vermeidet ökologische
Überwälzungseffekte in Drittländer und stellt sicher, dass Nachhaltigkeitsde-
zite reduziert und nicht bloß ins Ausland verlagert werden.
10. Eine zukunftsfähige Agrarpolitik bezieht die Rolle der Verbraucherinnen und
Verbraucher konsequent ein. Sie trägt dazu bei, dass möglichst viele Verbrau-
cherinnen und Verbraucher die Naturschutz- und Umweltleistungen von land-
wirtschaftlichen Produkten und Produktionsweisen erkennen und kompetent
beurteilen können. Sie erreicht, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher ein
hohes Vertrauen in die landwirtschaftliche Erzeugung haben.
11. Eine zukunftsfähige Agrarpolitik verfolgt einen systemischen Ansatz. Sie sorgt
dafür, dass ökologische Problemlagen der landwirtschaftlichen Produktion auf
den entsprechenden räumlichen und zeitlichen Skalen adressiert und beispiels-
weise standörtliche Gegebenheiten berücksichtigt werden können.
6 Ein zeitgemäßes Leitbild für eine nachhaltige Agrarpolitik
129
12. Eine zukunftsfähige Agrarpolitik sorgt für eine Vernetzung der Akteure, die zur
Sicherung oder Erbringung von ökosystemaren Leistungen zusammenarbeiten
müssen oder dazu beitragen können. Sie unterstützt die Beteiligung der betrof-
fenen gesellschaftlichen Gruppen und eine wertschätzende, ergebnisorientierte
Kommunikation zwischen allen Beteiligten.
13. Eine zukunftsfähige Agrarpolitik sorgt dafür, dass jeglicher administrativer
Aufwand zielführend, notwendig, und verhältnismäßig ist. Sie nutzt neue Tech-
niken der Erfassung und Verarbeitung von umweltrelevanten Daten zur Mini-
mierung der Transaktionskosten für alle Beteiligten.
14. Eine zukunftsfähige Agrarpolitik stärkt die ökonomische, ökologische und so-
ziale Kompetenz und Lernfähigkeit der landwirtschaftlichen Akteure. Sie stellt
sicher, dass die Aus- und Fortbildung sowie die Beratung auf allen Ebenen die
in der Landwirtschaft Tätigen befähigt und ermutigt, die Naturschutz- und Um-
weltaspekte der Landnutzung sowie die ökologischen Zusammenhänge in ihrer
ganzen Bedeutung zu verstehen und angemessen zu bewerten. Sie strebt an,
dass möglichst viele Landnutzer in der Lage sind, einen optimalen Beitrag zu
einem zufriedenstellenden Zustand der Umweltressourcen und zum Aufbau re-
silienter landwirtschaftlicher Produktionssysteme zu leisten.
15. Eine zukunftsfähige Agrarpolitik unterstützt das Erfahrungswissen der Land-
wirte durch eine praxisnahe, gemeinwohlorientierte staatliche Forschung und
entsprechende Beratungs- und Bildungsangebote. Sie setzt darauf, dass Exper-
tisen und neueste Erkenntnisse der Wissenschaft von gesamtgesellschaftlichem
Nutzen zeitnah an allen Lehr- und Weiterbildungsstätten vermittelt werden.
Gleichzeitig fördert sie den Wissenstransfer zwischen der Landwirtschaft und
den Forschungs- und Bildungseinrichtungen.
6.4 Dilemmata und Zielkonikte
Für die Bearbeitung der Problemkomplexe des Natur- und Umweltschutzes in der
Landwirtschaft wird es keine einfachen, linearen Lösungen geben, denn die Pro-
blemlagen sind systemischer Natur. Auf Basis der Bestandsaufnahmen haben wir 13
Dilemmata und Zielkonikte identiziert, für die auch das Leitbild einer zukunfts-
fähigen Agrarpolitik Lösungsansätze enthalten muss:
1. Flächenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittelerzeugung, Biodiversität und
Bioenergie
Aus Sicht des Leitbilds hat die Erreichung der Biodiversitätsziele Vorrang
vor kurzfristig maximierenden Produktionszielen.
2. Zielgenauigkeit von Maßnahmen vs. Verwaltungsvereinfachung
Das Leitbild strebt durch Nutzung neuer Methoden der raumbezogenen Da-
tenerfassung und -verarbeitung eine Reduzierung des Zielkonikts an.
3. Hoher Naturschutz- und Umweltanspruch von Maßnahmen vs. Akzeptanz bei
Landwirten
6.4 Dilemmata und Zielkonikte
130
Das Leitbild strebt an, durch Maßnahmen in der Aus- und Fortbildung sowie
der besseren Vernetzung von Landwirtschaft, Wissenschaft und relevanten Ak-
teuren die umweltorientierte Leistungs- und Innovationsfähigkeit der Land-
wirtschaft zu erhöhen. Zugleich soll die Landwirtschaft dabei unterstützt wer-
den, ihre Leistungen im Umwelt- und Naturschutz durch neue Geschäftsmodelle
in Wert zu setzen. Auf diese Weise soll langfristig der Zielkonikt vermindert
werden.
4. Verbraucherinteresse an hohem Umwelt- und Verbraucherschutz vs. Zahlungs-
bereitschaft der Verbraucherinnen und Verbraucher
Das Leitbild beinhaltet Maßnahmen zur Verbraucherbildung und zur Ent-
wicklung von Geschäftsmodellen, welche die Zahlungsbereitschaft der Ver-
braucherinnen und Verbraucher für Umweltleistungen erhöhen. Dies beinhal-
tet, dass entsprechende Umweltleistungen sichtbar gemacht und mit Produkten
oder Dienstleistungen vertrauenswürdig in Zusammenhang gebracht werden,
etwa durch geeignete Kennzeichnungs- und Informationssysteme.
5. Verstärkung eines beschleunigten Strukturwandels durch hohe Anforderungen
im Natur- und Umweltschutz
Das Leitbild ist neutral gegenüber Betriebsstrukturen. Maßnahmen sollten
so ausgestaltet sein, dass kleine und Nebenerwerbsbetriebe nicht strukturell be-
nachteiligt werden. Allerdings wird auch von Klein- und Nebenerwerbsland-
wirten die entsprechende Sachkunde für eine natur- und umweltverträgliche
Landbewirtschaftung erwartet.
6. Yield gap zwischen Produktionsmethoden mit hohem Input und/oder sehr in-
tensiver Flächennutzung, die zu Emissionsproblemen und Habitatverlusten
führen, einerseits, und naturverträglicheren Produktionsmethoden andererseits
Das Leitbild stellt den langfristigen Erhalt der ökologischen Systeme und
der ökosystemaren Dienstleistungen in den Mittelpunkt. Deren Bewahrung
wird von allen Produktionsmethoden verlangt. Dabei gilt das Vorsorge- und
Vorsichtsprinzip.
7. Konikt zwischen Natur- und Umweltschutz in Europa und Verlagerung von
Produktion an Standorte mit geringeren Natur- und Umweltschutzstandards
(Leakage-Problematik, insbesondere bei Futtermittelimporten)
Das Leitbild sieht vor, dass eventuelle Leakage-Probleme systematisch er-
fasst werden. Dafür sind ggf. geeignete Methoden zu entwickeln und anzuwen-
den. Bei Evidenz entsprechender Problemlagen erfordert das Leitbild, geeig-
nete Gegenmaßnahmen zu treffen, nach Möglichkeit in Kooperation mit den
Handelspartnern. Dabei sollten Anstrengungen zur Verbesserung der Umwelt-
situation bei den Handelspartnern im Vordergrund stehen. Das Leitbild darf
nicht dazu dienen, dass vermeintliche Leakage-Probleme zum Vorwand für
protektionistische Anliegen zu nehmen.
8. Zielkonikte zwischen Naturschutz und Artenschutz in der Feinsteuerung von
Maßnahmen
Das Leitbild geht von einem systemischen Ansatz aus. Mögliche Zielkon-
ikte zwischen Naturschutz und Artenschutz sind aus dieser Perspektive im
jeweiligen Kontext zu bewerten und zu entscheiden.
6 Ein zeitgemäßes Leitbild für eine nachhaltige Agrarpolitik
131
9. Umweltschutz europäischer Prägung vs. Freihandelsregime – Importkonkur-
renz
Das Leitbild beinhaltet, dass die Landwirte in Deutschland faire Wettbe-
werbsbedingungen erwarten können. Die Rahmenbedingungen sind dabei so
auszugestalten, dass die Umweltleistungen aller Wettbewerber transparent sind
und damit vorrangig als positive Komponente und nicht als Kostennachteil in
den Wettbewerb eingehen. Kostennachteile durch gesetzliche Auagen recht-
fertigen aus Sicht des Leitbilds eine Kompensation, sollten aber auf nachweis-
baren, wissenschaftlich fundierten Berechnungen beruhen. Dies dient langfris-
tig auch der WTO-Kompatibilität solcher Zahlungen.
10. Anspruch und Zielgenauigkeit von Programmen vs. Zustimmungsfähigkeit in
der EU
Das Leitbild räumt der Effektivität und Zielgenauigkeit politischer Maßnah-
men und Programme einen hohen Stellenwert ein. Inwiefern das fachlich und
gesellschaftlich Wünschenswerte am Ende in komplexen Verhandlungen durch-
gesetzt werden kann, ist eine politische Frage jenseits des Aussagebereichs des
Leitbilds.
11. Rolle Deutschlands als Nettozahler vs. mehr Ko-Finanzierung (bei der Zweiten
Säule)
Das Leitbild enthält keine Aussagen zur Finanzierung. Angesichts der Er-
fahrungen mit früheren GAP-Reformen wird es aus pragmatischen Gründen
geboten sein, strategische Handlungsoptionen zu entwickeln, die weitgehend
verteilungsneutral sind (siehe Kap.7 und 8).
12. Wunsch nach sektoraler Koordination vs. Wunsch nach Bürokratieabbau
Das Leitbild misst der Koordination und Kooperation zwischen landwirt-
schaftlichen und anderen relevanten Akteuren in einer Region große Bedeutung
zu. Koordination bedeutet aus Sicht des Leitbilds dabei gerade nicht Bürokra-
tie, sondern ergebnisorientierte und innovative Zusammenarbeit. Zur Minimie-
rung des Zeitaufwands und zur positiven und wertschätzenden Gestaltung sol-
cher Prozesse sieht das Leitbild vor, dass Mittel zur problemorientierten
Vernetzung der Akteure bereitgestellt werden.
13. Berücksichtigung systemischer Zusammenhänge und schädlicher kumulativer
Effekte bei der Rechtssetzung und Implementation vs. Anforderung der ein-
deutigen kausalen Zurechnung auf Verursacher
Das Leitbild geht von einer systemischen Perspektive aus, räumt dem im
Grundgesetz verankerten Rechtsstaatsprinzip aber unbedingten Vorrang ein.
Rechtlich relevante kausale Zurechnungen müssen daher belastbar sein. Be-
weislastumkehr kann in gut begründeten Fällen angemessen und geeignet sein,
um Implementationsdeziten bei schädlichen kumulativen Effekten entgegen-
zuwirken.
6.4 Dilemmata und Zielkonikte
132
6.5 Qualitative und quantitative Zielwerte und Soll-Ist-
Vergleich mit dem derzeitigen Zustand
Im Folgenden werden anhand des Leitbildes einer multifunktionalen, natur- und
umweltverträglichen Landwirtschaft Leitindikatoren abgeleitet. Für die Leitindika-
toren und ggf. Unterindikatoren werden Zielwerte beschrieben. Die Beschreibung
der Zielwerte erfolgt dabei qualitativ oder quantitativ. Anschließend werden die
Zielwerte soweit als möglich mit Daten der Ist-Situation verglichen, so dass sich aus
diesem Vergleich der Handlungsbedarf ableiten lässt.
6.6 Prioritäre Problemlagen
Während ein Leitbild eine allgemeine Orientierung für die erwünschte Entwick-
lungsrichtung geben kann, ist es notwendig, diejenigen Problemlagen zu identizie-
ren, bei denen sich der Abstand zwischen dem erwünschten und dem derzeitigen
Zustand besonders gravierend darstellt. In diesem Abschnitt soll daher die Analyse
der Problemlagen verdichtet werden.
Die Übersicht in Tab.6.1 sowie die Problemanalyse in Kap.3 und4 zeigen zwei
größere Problemkomplexe. Wichtige Natur- und Umweltschutzproblemlagen erge-
ben sich zum einen aus den stofichen Einträgen der Landwirtschaft in die Natur-
ressourcen, zum anderen durch die Art und Weise der Flächennutzung. Im Folgen-
den werden diese beiden Bereiche als prioritäre Problemlagen bezeichnet. Des
Weiteren zeigt sich, dass sich Probleme des Natur- und Umweltschutzes daraus er-
geben, dass zum einen Indikatoren und Zielwerte für einige Problembereiche fehlen
(Orientierungs- und Analysedezit, Regelungsdezit). Zum anderen werden beste-
hende Zielwerte nicht erreicht (Vollzugsdezit). Zusammenfassend wird dieser Be-
reich als Implementationsdezit bezeichnet. Doch es bestehen auch Dezite hin-
sichtlich der Beteiligung relevanter Akteursgruppen (Partizipationsdezite) und der
Entwicklung und Implementierung von Innovationen. Es ergeben sich somit drei
Problemkomplexe, auf die eine zukunftsfähige Agrarpolitik vorrangig ausgerichtet
sein sollte, und in denen jeweils vier Aspekte hervorzuheben sind:
Komplex 1: Stoffeinträge in Boden, Wasser und Luft
Verlust von Biodiversität und Habitatqualität durch Stoffeinträge;
Nitratproblematik, Arzneimitteleinträge, Pestizideinträge (Auswirkungen u. a.
auf Wasserqualität);
Antibiotikaresistenz;
Klimaschutz: Treibhausgas-Emissionen.
Komplex 2: Flächennutzung
Biodiversitäts- und Habitatverlust;
Bodenschutz: Erosion, Schadverdichtung;
Treibhausgas-Emissionen durch Landnutzungsänderungen;
Anpassung an den Klimawandel.
6 Ein zeitgemäßes Leitbild für eine nachhaltige Agrarpolitik
133
Tab. 6.1 Leitbildindikatoren, Zielwerte und Ist-Zustand
Aussage des Leitbilds Leitindikator Unterindikatoren Zielwert Ist-Zustand
Multifunktionale
Landwirtschaft
Erbringung marktfähi-
ger und nicht-marktfä-
higer Leistungena
Marktfähige Leistungen:
Produktionswert von
Nahrungsmitteln und
anderen landwirtschaft-
lichen Erzeugnissen
• Nicht-marktfähige
Leistungen
In einer sozial-ökologischen
Markwirtschaft werden keine
Produktionsziele vorgegeben.
Die marktfähigen Leistungen
sollten sich an der Nachfrage
des Marktes orientieren.
Die nicht-marktfähigen
Leistungen werden durch die
weiteren Indikatoren beschrie-
ben.
Siehe Agrarbericht der
Bundesregierung (BMEL
2015a)
Natur- und umweltver-
trägliche Landwirtschaft:
Erhalt von intakten und
leistungsfähigen
Systemen zur Erbrin-
gung von Ökosystem-
leistungen;
Berücksichtigung der
Tragfähigkeit der
Naturressourcen
Erhaltung der
natürlichen Produktivi-
tät der Standorte,
Schutz der Bodenfunk-
tionen
Anteil der ökologisch be-
wirtschafteten Flächen
Flächenanteil der landwirt-
schaftlichen Produktion aus
ökologischem Anbau: 20%
(Bundesregierung 2016, S.245)
Flächenanteil der
landwirtschaftlichen
Produktion aus
ökologischem Anbau
6,2% im Jahr 2014 (Die
Bundesregierung 2016)
Ökologische Vorrangä-
chen
Bereitstellung von x %
wertvollen ökologischen
Vorrangächen auf landwirt-
schaftlichen Flächen
Bei Inanspruchnahme
von Greening-Prämie
verpichtende Bereitstel-
lung von 5% ökologi-
schen Vorrangächen auf
landwirtschaftlichen
Flächen
(Fortsetzung)
6.6 Prioritäre Problemlagen
134
• Fruchtfolgen 100% Fläche mit mindestens
dreigliedriger Fruchtfolge
Hauptkultur mit max. 50%
Flächenanteil
100% Fläche mit humuserhal-
tenden bzw.
- aufbauenden Maßnahmen durch
Gestaltung der Fruchtfolge
Drei Kulturen bei
Betrieben ab 30ha
Ackeräche und max.
Anteil der Hauptkultur
75% im Greening
gefordert; Anforderun-
gen an den Erhalt des
Anteils der organischen
Substanz im Boden in
GLÖZ durch Verbot des
Abbrennens von
Stoppelfeldern, Schutz
des Dauergrünlandes,
Anbaudiversizierung
und Zwischenfruchtan-
bau im Greening (BMEL
2015h)
Kein Zielwert und daher
keine Daten für Humus-
erhalt bzw. -aufbau
• Bodenbearbeitung:
angepasste bzw.
reduzierte Bodenbearbei-
tung und mechanische
Belastungen
100% Fläche: angepasste bzw.
reduzierte Bodenbearbeitung
zur Vermeidung von Boden-
schadverdichtungen
Begrenzung von Maschinenge-
wichten auf x Gewicht/Auage-
äche
Kein Zielwert deniert
Produktivität auf ca. 50%
der Ackerächen
beeinträchtigt (Umwelt-
bundesamt 2010a)
Tab. 6.1 (Fortsetzung)
Aussage des Leitbilds Leitindikator Unterindikatoren Zielwert Ist-Zustand
6 Ein zeitgemäßes Leitbild für eine nachhaltige Agrarpolitik
135
Reduktion von
Erosions- und
Hochwassergefahr
• Erosionsschutz
• Hochwasserretention
Kontinuierliche Rückführung
der Bodenerosion bis 2020
(BMUB 2007)
Erosionsschutz: angepasste
Nutzung auf erosionsgefährde-
ten Flächen zur Reduktion des
Bodenabtrags, z.B. durch
Mulchsaaten, Anlage von
Hecken zum Erosionsschutz,
hangparallele Saat
• Hochwasserretention:
Bereitstellung von Polderä-
chen in x ha (BMUB 2007)
• Hochwasserretention:
Bereitstellung von angepassten
breiten Polderächen entlang
aller hochwassergefährdeten
Fluss- und Bachläufe
Mindestpraktiken der
Bodenbearbeitung zur
Begrenzung der
Bodenerosion in GLÖZ
gefordert; Hanglänge in
Erosionskataster nicht
berücksichtigt
Derzeit durchschnittlich
2 t/ha und Jahr Erosion
durch Wasser (EEA–
European Environment
Agency 1999) in
Deutschland liegt bei 14
% der Flächen die
mittlere jährl. Erosion
bei 3 t/ha (Umweltbun-
desamt 2010a)
• Hochwasserretention:
Nationales Hochwasser-
schutzprogramm;
Sonderrahmenplan
„Maßnahmen des
präventiven Hochwasser-
schutzes“: Schaffung von
Polderächen, Deich-
rückverlegung u.a.
(BMEL 2015b).
Schutz von Grünland Umbruch von Dauer-
grünlandächen
Kein Umbruch von Dauergrün-
landächen
Dauergrünlandverlust um
ca. 5% zwischen 2003
und 2012 (BfN 2014)
(Fortsetzung)
6.6 Prioritäre Problemlagen
136
Schutz von Mooren Umbruch von Moor-
standorten
Schutz und Wiederher-
stellung von intakten
Mooren
Angepasste Nutzung von
Mooren
Kein Umbruch von Dauergrün-
land auf Moorstandorten
Schutz aller intakten Moore bis
2010: 100% (BMUB 2007)
Natürliche Entwicklung auf
allen Hochmooren und
Moorwäldern (BMUB 2007)
Fläche wieder hergestellter
Moore: x ha
Nutzungsextensivierung der
Niedermoore auf 20% der
heute genutzten Niedermoore
bis 2020 (BMUB 2007)
Schutz der Moore: keine
Angaben zur Zielerrei-
chung bekannt
Minimierung schäd-
licher Einträge in
Boden, Wasser und
Luft
Einträge von Stickstoff
und Stickstoffverbindun-
gen (z.B.Ammoniak)
Gesetzliche Zielsetzung
einhalten: Stickstoffüberschuss
max. 80kg/ha und Jahr bis
2010 (Die Bundesregierung
2016)
Nitratwerte im Grundwasser:
50 mg/l
Aktuell kein Zielwert für
Ammoniak für die Landwirt-
schaft
Gesamtbilanz Deutsch-
land 91kg/ha im Jahr
2014 (Bundesregierung
2016)
Zu hohe Nitratkonzentra-
tionen an 14,0% der
Messstellen, starke regio-
nale Unterschiede
(Umweltbundesamt
2015a)
90% der dt. Ammo-
niak-Emissionen entstam-
men der Landwirtschaft
(Umweltbundesamt
2013b)
Tab. 6.1 (Fortsetzung)
Aussage des Leitbilds Leitindikator Unterindikatoren Zielwert Ist-Zustand
6 Ein zeitgemäßes Leitbild für eine nachhaltige Agrarpolitik
137
Einträge von Phosphor Gesetzliche Zielsetzungen
einhalten: ausgeglichene
Bilanz, Reduzierung der
Phosphatkonzentration in
Gewässern (Die Bundesregie-
rung 2016)
Hof-Tor-Bilanz: 8kg P/
ha und Jahr 2009 (BMU
und BMELV 2012)
• Nährstoffbilanzen Ausgeglichene Nährstoffbilan-
zen: Einhaltung und ggf.
Reduktion der gesetzlichen
Zielwerte für Stickstoff und
Phosphor
Erarbeitung von unteren
Grenzwerten für Nährstoffbi-
lanzen
Vielfach Überschreitung
der oberen Grenzwerte,
keine Festlegung von
unteren Grenzwerten
Critical Loads für Blei,
Quecksilber, Cadmium,
Eutrophierung und
Versauerung
Keine Überschreitung der
Critical Loads für Blei,
Quecksilber, Cadmium,
Eutrophierung und Versauerung
bis 2020 (BMUB 2007)
Critical Loads für Blei,
Quecksilber, Eutrophie-
rung und Versauerung
überschritten; kaum
Überschreitungen der
Critical Loads bei
Cadmium (vgl.
Abschn.3.1.1und3.2.1)
(Fortsetzung)
6.6 Prioritäre Problemlagen
138
Reduktion des Einsatzes
von Panzenschutzmit-
teln
Signikante Reduktion des
Eintrags von Panzenschutz-
mitteln in Böden und Gewässer
bis 2015 (BMUB 2007)
Grenzwert im Grundwasser für
einzelne Stoffe 0,1μg, für
mehrere Stoffe 0,5μg
Anwendung nach den
Grundsätzen der guten
fachlichen Praxis
Vereinzelte Überschrei-
tungen bei 13 Pestiziden
(2008 bis 2010)
(Umweltbundesamt
2012c); Überschreitung
an 14 Messstellen (2006
bis 2008) (Umweltbun-
desamt 2010c)
Reduktion des Einsatzes
von Arzneimitteln
Verminderung des Umweltein-
trags von Arzneimitteln,
hormonell wirksamen
Substanzen und anderen
Xenobiotika (BMUB 2007)
x % jährliche Reduktion des
Einsatzes von Arzneimitteln in
der Tierproduktion
• Antibiotika-Monitoring:
2014 wurden in der
Tiermedizin 214 t (ca.
15%) weniger Antibio-
tika abgegeben als im
Vorjahr; das sind rund
468 t (ca. 27%) weniger
gegenüber der ersten
Erfassung 2011 (BMEL
2015c)
98% der antibiotischen
Wirkstoffe werden für
die Behandlung von
Schweinen und Geügel
eingesetzt (SRU 2007)
Tierarzneimittel– keine
Zielsetzung
Tab. 6.1 (Fortsetzung)
Aussage des Leitbilds Leitindikator Unterindikatoren Zielwert Ist-Zustand
6 Ein zeitgemäßes Leitbild für eine nachhaltige Agrarpolitik
139
• Schwermetalle Grenzwert für die Belastung
von Klärschlamm, Dünge- und
Panzenschutzmitteln,
Futterzusätzen
Grenzwert für die
Belastung von Klär-
schlamm und die
Ausbringung von
Klärschlamm
Schutz und Erhalt der
Wasserqualität und
Wasserverfügbarkeit
Anlage von Gewässer-
randstreifen zur
Reduktion von Stoffein-
trägen
Entnahme von Wasser zu
Bewässerungszwecken
aus Basis der Wasser-
nachlieferung
100% der Gewässer mit
Gewässerrandstreifen
Guter ökologischer und
chemischer Zustand der
Gewässer bis 2015 (BMUB
2007)
Wasserentnahme zur Bewässe-
rung entspricht der Wasser-
nachlieferung
Schaffung von Pufferzo-
nen entlang von
Wasserläufen in
Verbindung mit der
Düngeverordnung in
GLÖZ gefordert
Einhaltung von
Genehmigungsverfahren
für die Verwendung von
Wasser zur Bewässerung
in GLÖZ gefordert
Aktiver Beitrag zur
Erhaltung der geneti-
schen Vielfalt und zum
Schutz der biologischen
Vielfalt
Schutz und Erhalt der
der biologischen
Vielfalt
Artenvielfalt und
Landschaftsqualität
Erhöhung der Biodiversität in
Agrarökosystemen bis 2020
(BMUB 2007)
Artenvielfalt und Landschafts-
qualität: Zielwert 100% im
Jahr 2015 (BMUB 2015a)
Artenvielfalt und
Landschaftsqualität:
63% Stand 2011,
signikanter Trend weg
vom Zielwert (BMUB
2015a)
Gefährdete Arten Reduktion der gefährdeten
Arten auf einen Zielwert von
15% im Jahr 2020 (BMUB
2015a)
Gefährdete Arten: 23%
Stand 2013 (BMUB
2015a)
(Fortsetzung)
6.6 Prioritäre Problemlagen
140
FFH-Arten und
FFH-Lebensräume
Erhaltungszustand der
FFH-Arten und FFH-Lebens-
raumtypen: Zielwert 80% im
Jahr 2020 (BMUB 2015a)
Erhaltungszustand der
FFH-Arten: 46% Stand
2013; FFH-Lebens-
räume: 46% (Stand
2007–2012 (BMUB
2015a)
Verringerung des
Ausmaßes der Gefähr-
dung von heimischen
Nutztierrassen,
Panzenarten und
-sorten (BMUB 2015a)
Erhalt der regional angepassten
Hof- und Landsorten sowie der
gefährdeten Nutztierrassen
(BMUB 2007)
Anteil gefährdeter
heimischer Nutztierras-
sen: 2013 etwas mehr als
70% (BMUB 2015a)
• Agrobiodiversitätsstrate-
gie (Wissenschaftlicher
Beirat für Biodiversität
und Genetische
Ressourcen beim
BMELV 2007)
Ausbau der Erhaltung
sowie verstärkter Anbau
und Nutzung regional-
typischer Kulturpan-
zensorten und Nutztier-
rassen (BMUB 2007)
Kein Zielwert bekannt • Agrobiodiversitätsstrate-
gie (Wissenschaftlicher
Beirat für Biodiversität
und Genetische
Ressourcen beim
BMELV 2007)
Tab. 6.1 (Fortsetzung)
Aussage des Leitbilds Leitindikator Unterindikatoren Zielwert Ist-Zustand
6 Ein zeitgemäßes Leitbild für eine nachhaltige Agrarpolitik
141
Genetische Vielfalt
erhalten
Kein weiterer Verlust der
genetischen Vielfalt (BMUB
2007)
Erhalt der genetischen Vielfalt
der genutzten Panzen und
Tiere– Agrobiodiversitätsstra-
tegie (Wissenschaftlicher Beirat
für Biodiversität und Geneti-
sche Ressourcen beim BMELV
2007)
Nicht bekannt
GVO für Agrogentech-
nik
Konsequente Berück-
sichtigung von Biodiver-
sitätsaspekten bei der
Zulassung von GVO für
Agrogentechnik (BMUB
2007)
Kein Zielwert bekannt Nicht bekannt
Aktiver Beitrag zum
Klimaschutz
Emission von
klimaschädlichen
Gasen
• CO2-Emissionen
• Methan-Emissionen
Reduktion um x %/Jahr durch
Efzienzsteigerung in der
Düngung, Grünland- und
Moorschutz, Verbesserungen in
der Tierhaltung, Lagerung und
Ausbringung von Wirtschafts-
düngern u.a.
(Fortsetzung)
6.6 Prioritäre Problemlagen
142
Flächendeckende
Landbewirtschaftung
• Bewirtschaftete
landwirtschaftliche
Fläche
Konversion landwirt-
schaftlicher Flächen in
andere Nutzungen
(Wald, Siedlungs- und
Gewerbeächen,
Infrastruktur, Brache)
Maximal x ha Konversion
landwirtschaftlicher Flächen in
Wald, Siedlungs- und
Gewerbeächen, Infrastruktur,
Brache
Maximal 30 ha/Tag Anstieg der
versiegelten Fläche (Die
Bundesregierung 2016)
Anstieg der Siedlungs-
und Verkehrsäche im
Jahr 2014: 63 ha/Tag
(Die Bundesregierung
2016)
Aufrechterhaltung der
Bewirtschaftung auf
Grenzertragsstandorten
Keine Aufgabe von Landwirt-
schaft auf Grenzertragsstand-
orten
Erhaltung und Vermehrung
extensiv genutzter Lebensräu-
men mit häug hohem
ökologischen Wert (BMUB
2007)
Verlust an Streuobstwie-
sen (Umweltbundesamt
2011a)
Anteil intensives
Grünland nimmt zu (BfN
2014)
Vielfältige und
strukturreiche Land-
schaften
Vielfältige Landschaf-
ten und Lebensräume
Schutz von Landschafts-
elementen
Kein weiterer Verlust von
Landschaftselementen;
Entwicklung eines zusammen-
hängenden Biotopverbundsys-
tems unter standörtlichen
Gegebenheiten
Anteil an naturnahen Land-
schaftselementen mind. 5% bis
2010 (BMUB 2007)
Repräsentatives und funktions-
fähiges System an vernetzten
Biotopen auf 10% der
Landesäche (BMUB 2007)
Anteil von Landschafts-
elementen an der
Landwirtschaftsäche
0,3 bis 0,4% im Jahr
2009 (Nitsch etal. 2009)
Keine Aussage zum
Erhalt aufgrund
fehlender Daten
Tab. 6.1 (Fortsetzung)
Aussage des Leitbilds Leitindikator Unterindikatoren Zielwert Ist-Zustand
6 Ein zeitgemäßes Leitbild für eine nachhaltige Agrarpolitik
143
• Landwirtschaftsächen
mit hohem Naturwert
(HNV)
HNV: Flächendeckende
Erhöhung der Landwirtschafts-
ächen mit hohem Naturwert
(19%); Erhalt und Pege von
Habitaten zum Schutz der
Biodiversität und der Ökosys-
temleistungen (BMUB 2015a)
Bis 2015 Zunahme von
naturschutzfachlich wertvollen
Agrarbiotopen (hochwertiges
Grünland, Streuobstwiesen) um
mindestens 10% gegenüber
2005 (BMUB 2007)
HNV: 11,8% im Jahr
2010 (BMUB 2015a)
Offenhaltung der
Landschaft
Keine weitere Zunahme des
Waldanteils in waldreichen
Regionen
Ausdehnung der Waldä-
che (2011: 11,1Mio.ha,
Zunahme um 1Mio.ha
in den letzten 40 Jahren)
Erhalt und Pege von
Habitaten zum Schutz
der Biodiversität und der
Ökosystemleistungen
Kein weiterer Rückgang von
gefährdeten Lebensraum- und
Biotoptypen (BMUB 2007)
Aufbau eines gut funktionieren-
den Managementsystems für
Großschutzgebiete und Natura
2000-Gebiete (BMUB 2007)
Denition einer naturraumbe-
zogenen Mindestdichte von zur
Vernetzung von Biotopen
erforderlichen linearen und
punktförmigen Elementen bis
2010
72,5% aller vorkom-
menden Biotoptypen
sind gefährdet (BMUB
2007)
(Fortsetzung)
6.6 Prioritäre Problemlagen
144
Erhalt und Pege der
Kulturlandschaften auch
durch traditionelle
Nutzungsformen
Erhaltung und Wiederherstel-
lung gefährdeter halbnatürli-
cher Lebensräume durch
adäquate Bewirtschaftung
(BMUB 2007)
Förderung traditioneller sowie
umwelt- und naturverträglicher
Formen der Land- und
Forstwirtschaft (BMUB 2007)
Verlust an Streuobstwie-
sen (Umweltbundesamt
2011a)
Entwicklung umwelt-
freundlicher Methoden,
Geschäftsmodelle,
Innovationen
Markt- und Flächenan-
teil der Produktion mit
besonderen Umwelt-
leistungen
Genaue Denition der
Produktionsformen, die
hierunter fallen, wäre im
Konsens zu erarbeiten
x % Zuwachs/Jahr bis zum
Erreichen von y % Zielwert
Indikatoren noch nicht
vorhanden
Flächenanteil des
ökologischen Landbaus
20% Flächenanteil (Die
Bundesregierung 2016)
Flächenanteil: 6,2% im
Jahr 2014 (Die Bundes-
regierung 2016)
Praxisnahe und
gemeinwohlorientierte
Beratungs- und
Bildungsangebote für
landwirtschaftliche
Akteure unter
Berücksichtigung von
neuesten Erkenntnissen
der Wissenschaft
Anzahl der angebotenen
Plätze
• Teilnahme
Verstärkte Aufklärung und
Beratung von Landnutzern über
Möglichkeiten, Potenziale und
Ziele der Erhaltung der
biologischen Vielfalt (BMUB
2007)
Förderung von Züchtungsfor-
schung und Züchtungsaktivi-
täten für innovative nachhaltige
Nutzung von Sorten und
Rassen (BMUB 2007)
Nicht bekannt
Tab. 6.1 (Fortsetzung)
Aussage des Leitbilds Leitindikator Unterindikatoren Zielwert Ist-Zustand
6 Ein zeitgemäßes Leitbild für eine nachhaltige Agrarpolitik
145
Ökologische und
ökonomische Anpas-
sungsfähigkeit
Anteil der Betriebe, die
im Laufe von fünf Jahren
ihr Geschäftsmodell
verändern
Anteil der Betriebe, die
im Laufe von fünf Jahren
ihr Geschäftsmodell in
Richtung ökologischer
Innovationen verändern
x %
y %
Nicht bekannt
Maßnahmen: Unterstüt-
zung der landwirtschaft-
lichen Betriebe bei der
Anpassung an neue
Anforderungen und
Herausforderungen
durch Forschung,
Förderung, Information
und durch angemessene
Übergangsfristen (BMEL
2015b)
Vernetzung der Akteure
aus Landwirtschaft,
Natur- und Umwelt-
schutz zur Etablierung
einer wertschätzenden,
ergebnisorientierten
Kommunikation
Anzahl der etablierten
Kooperationen zwischen
Akteuren aus der
Landwirtschaft und
anderen Sektoren mit
dem Ziel der Verbesse-
rung der Natur- und
Umweltschutzleistungen
Anzahl der an solchen
Kooperationen beteilig-
ten landwirtschaftlichen
Betriebe
Anteil der landwirt-
schaftlichen Flächen, die
in solche Kooperationen
eingebunden sind
x % Zuwachs/Jahr
Flächendeckender Aufbau von
Landschaftspegeverbänden
oder vergleichbaren Organisa-
tionen in Deutschland, in denen
Naturschutz, Politik und
Landwirtschaft auf regionaler
Ebene kooperativ im Sinne
einer naturverträglichen
Regionalentwicklung zusam-
men arbeiten (BMUB 2007)
Nicht bekannt
(Fortsetzung)
6.6 Prioritäre Problemlagen
146
Lernfähigkeit der
beteiligten Personen
und Organisationen
Vorhandensein von
partizipativen Entschei-
dungsprozessen, in
denen Ziele und
Effektivität von
Strategien, diese zu
erreichen, evaluiert und
gegebenenfalls revidiert
werden.
Einführung von
Ansätzen des adaptiven
Managements
Wahl von robusten
Handlungsstrategien, die
alternative Optionen
offenlassen
Entwicklung von
resilienten, nachhaltigen
und ressourcenefzien-
ten Produktionssystemen
Etablierung resilienter,
nachhaltiger, ressour-
cenefzienter
Produktionssysteme
Verbreitung entsprechen-
der Labelling-Aktivitäten
Nachfrage entsprechend
gelabelter Produkte
durch den Handel
x % der Betriebe und der
Fläche sind durch entspre-
chende Labels (z.B.SHARP–
FAO; Nachhaltige Landwirt-
schaft– DLG) zertiziert
Im Jahre 2020 stammen 25%
der importierten Naturstoffe
und -produkte aus natur- und
sozialverträglicher Nutzung
(BMUB 2007)
Nicht bekannt
Tab. 6.1 (Fortsetzung)
Aussage des Leitbilds Leitindikator Unterindikatoren Zielwert Ist-Zustand
6 Ein zeitgemäßes Leitbild für eine nachhaltige Agrarpolitik
147
Einführung von
Ansätzen des adaptiven
Risikomanagements, die
die Anpassungsfähigkeit
erhöhen.
Wahl von robusten
Handlungs- und
Produktionsstrategien,
die noch alternative
Optionen offenlassen
x % der Akteure im Landwirt-
schaftsbereich sind mit
Konzepten und Methoden des
adaptiven Risikomanagements
und robusten Handlungsstrate-
gien vertraut
Methoden des adaptiven
Managements und Resilienz-In-
dikatoren werden auf betrieb-
licher und planerischer Ebene
eingesetzt
Grad der Abhängigkeit
von stabilen Randbe-
dingungen (Klima,
Weltmarkt)
Umfang des zu
erwartenden Schadens
bei einem Störungser-
eignis und Kapazität,
diesen aus eigener
Kraft zu kompensieren
(Fortsetzung)
6.6 Prioritäre Problemlagen
148
Wertschätzung bei
Verbraucherinnen und
Verbrauchern
• Verbrauchervertrauen
und -wertschätzung
(Ergebnis repräsentati-
ver Umfragen)
• Verbrauchervertrauen
Wertschätzung der
Verbraucherinnen und
Verbraucher
• Umwelt-Image
x % der Verbraucherinnen und
Verbraucher vertrauen der
deutschen Landwirtschaft
x % der Verbraucherinnen und
Verbraucher vertrauen der
deutschen Ernährungsindustrie.
x % der Verbraucherinnen und
Verbraucher stimmen der
Aussage zu, dass die deutsche
Landwirtschaft hochwertige
Lebensmittel erzeugt
x % der Verbraucherinnen und
Verbraucher stufen die
Umweltleistungen der
deutschen Landwirtschaft als
gut ein
x % der Verbraucherinnen und
Verbraucher stimmen der
Aussage zu, dass die deutsche
Landwirtschaft die Landschaf-
ten gut pegt
Nicht bekannt
Verbraucherinnen und
Verbraucher achten bei
ihrer Kaufentscheidung
auf die Auswirkungen
der Erzeugung auf die
biologische Vielfalt
(BMUB 2007)
• Verbrauchereinstellun-
gen
• Verbraucherverhalten
Im Jahr 2015 zählt für mind.
75% der Bevölkerung die
Erhaltung der biologischen
Vielfalt zu den prioritären
gesellschaftlichen Aufgaben
(BMUB 2007)
Marktanteil von x % von
Produkten mit staatlichen
Umweltzeichen (Die Bundes-
regierung 2016)
Nicht bekannt
Tab. 6.1 (Fortsetzung)
Aussage des Leitbilds Leitindikator Unterindikatoren Zielwert Ist-Zustand
6 Ein zeitgemäßes Leitbild für eine nachhaltige Agrarpolitik
149
Bewusstsein über die
Zusammenhänge
zwischen der Erhaltung
der biologischen
Vielfalt und einer
nachhaltigen regionalen
Entwicklung im
ländlichen Raum
(BMUB 2007)
Umfragewerte (zuverläs-
sige Umfrage-Items
wären zu entwickeln)
(Verbesserung des) Bewusst-
sein(s) über die Zusammen-
hänge zwischen der Erhaltung
der biologischen Vielfalt und
einer nachhaltigen regionalen
Entwicklung im ländlichen
Raum (BMUB 2007)
Nicht bekannt
Öffentliche Kantinen
bieten vermehrt Gerichte
mit Produkten aus
ökologischem Anbau
und/oder regionaler
naturverträglicher
Erzeugung an (BMUB
2007)
X Anzahl der Kantinen, die
Gerichte mit Produkten aus
ökologischem Anbau und/oder
regionaler naturverträglicher
Erzeugung anbieten
X verkaufte Gerichte mit
Produkten aus ökologischem
Anbau und/oder regionaler
naturverträglicher Erzeugung
Nicht bekannt
Großabnehmerinnen und
Großabnehmer
verpichten sich,
Produkte aus ökologi-
schem Anbau oder
regionaler, naturverträg-
licher Erzeugung zu
kaufen
Keine Zielwerte bekannt Nicht bekannt
(Fortsetzung)
6.6 Prioritäre Problemlagen
150
Kenntnisse landwirt-
schaftlicher Produk-
tionsmethoden und
Ernährungsweisen
Umfragewerte (zuverläs-
sige Umfrage-Items
wären zu entwickeln)
Keine Zielwerte bekannt Nicht bekannt
Anzahl der Verbrauche-
rinnen und Verbraucher,
die an Bildungsangebo-
ten zum Thema
Landwirtschaft und
Ernährung teilnehmen
Zahl der Angebote
• Teilnehmerzahl
X Teilnehmer/Jahr
X % Zunahme/Jahr
Nicht bekannt
Attraktive, lebenswerte,
vitale ländliche Räume
Anerkennung der Rolle
der Landwirtschaft zur
Erhaltung der Vitalität
der ländlichen Räume
Anteil der Bevölkerung,
die ihre ländliche Region
attraktiv ndet
Anteil der Bevölkerung,
die ndet, dass ihre
ländliche Region in den
vergangenen fünf Jahren
attraktiver geworden ist
Anteil der Bevölkerung,
die in repräsentativen
Umfragen die Rolle der
Landwirtschaft in ihrer
Region schätzt
X % Nicht bekannt
Tab. 6.1 (Fortsetzung)
Aussage des Leitbilds Leitindikator Unterindikatoren Zielwert Ist-Zustand
6 Ein zeitgemäßes Leitbild für eine nachhaltige Agrarpolitik
151
Bewusstsein in der
Bevölkerung für die
Erhaltung regionaltypi-
scher Kulturlandschaf-
ten mit ihren Kultur-
landschaftselementen
(BMUB 2007)
Anteil der Bevölkerung,
die regionaltypische
Kulturlandschaften
schätzt (Umfrage)
• Zahlungsbereitschaft
(Umfrage)
Keine Zielwerte bekannt Nicht bekannt
Mindestzahl an
landwirtschaftlichen
Betrieben in einer
Region zur Erhaltung
des landwirtschaftli-
chen Erfahrungswis-
sens
Anzahl der landwirt-
schaftlichen Betriebe in
einer Region
Anzahl der in der
Landwirtschaft
Beschäftigten in einer
Region
X Betriebe/Landkreis
X Beschäftigte/Landkreis
Nicht bekannt
Erhalt von ländlicher
Infrastruktur
Grundversorgung mit
Dienstleistungen der
Daseinsvorsorge in
ländlichen Räumen, die
vom demograschen
Wandel besonders
betroffen sind (BMEL
2015b)
Vorhandensein von Dienstleis-
tungen der Daseinsvorsorge in
Bezug auf x Einwohner bzw. x
ha Fläche
• Maßnahmenprogramme:
u.a. Bundesprogramm
„Ländliche Entwick-
lung“, „Land(auf)
Schwung“,„Unser Dorf
hat Zukunft“, „Kerniges
Dorf! Ortsgestaltung
durch Innenentwicklung“
• Aktionsprogramm
„Regionale Daseinsvor-
sorge“ (BMEL 2015b)
aNeben der hier betrachteten Leistungskombination können auch die Arbeitskombination (Erwerbs- und Subsistenzarbeit) und die Einkommenskombination
(Einnahmen aus der Primärproduktion und dem vor- und nachgelagerten Bereich) zur Multifunktionalität gerechnet werden.
6.6 Prioritäre Problemlagen
152
Komplex 3: Implementations-, Partizipations- und Innovationsdezite
Implementationsdezite;
Fehlende operationalisierte Ziele und unklare Rechtsbegriffe;
Unzureichende Kontroll- und Sanktionsmechanismen;
Zu wenige Lernprozesse und zu wenig sektorübergreifende Kooperation.
Der Problemkomplex der Stoffeinträge in Boden, Wasser und Luft legt einen im
Kern regulatorischen Politikansatz auf europäischer Ebene nahe, da die Emissionen
im Zusammenhang mit der Erzeugung von agrarischen Produkten entstehen, die im
EU-Binnenmarkt oder auf internationalen Märkten abgesetzt werden. Die Herstel-
lung gleicher Standards für alle Erzeuger dient daher zugleich dem fairen Wettbe-
werb und der Sicherung eines hohen Schutzniveaus. Ob als Ausgleich für eventuelle
Kostennachteile, die durch die Verwirklichung eines gegenüber Wettbewerbern von
außerhalb der EU möglicherweise höheren Schutzniveaus eintreten, Zahlungen an
die landwirtschaftlichen Erzeuger gerechtfertigt sind, muss geprüft werden. Sowohl
der Anspruch eines höheren Schutzniveaus als auch eventuelle Mehrkosten wären
dabei auf transparente Weise und nach wissenschaftlichen Kriterien nachzuweisen.
Der Problemkomplex Flächennutzung erfordert eher einen räumlich differenzierten,
ächenbezogenen Politikansatz mit einem vielfältigen Instrumentenkasten. Allerdings
können ächendeckende Ge- oder Verbote angemessen und erforderlich sein, um über-
all den Bodenschutz und eine Mindestausstattung an Habitaten sicherzustellen oder um
unerwünschten Landnutzungsänderungen vorzubeugen. Diesen Zielen entsprechende
Auagen zur Flächennutzung, wie etwa ein Mindestanteil von ökologischen Vorrang-
ächen, können die Wettbewerbsfähigkeit von Betrieben gegenüber Wettbewerbern
ohne solche Auagen beeinträchtigen. Daher kann eine ächenbezogene Kompensa-
tion nach Art der Direktzahlungen angemessen sein, wenn ihre Höhe nachgewiesener-
maßen in Relation zu den durch die Auagen entstehenden Kostennachteilen steht.
Der Problemkomplex der Implementations-, Partizipations- und Innovationsdezite
liegt quer zu den ersten beiden Komplexen. Er umfasst die systemischen Dezite in der
Bestimmung der Rechtsbegriffe, der Implementation von natur- und umweltschutzbezo-
genen Rechtsnormen, der unzureichenden Kontroll- und Sanktionsmechanismen sowie
die vielerorts mangelnde Offenheit für neue Ansätze und sektorübergreifende Koopera-
tionen. Diese Dezite werden oft mit dem Paradigma des landwirtschaftlichen Exzep-
tionalismus in Verbindung gebracht, der eine besondere und oft isolierte Rolle der Agrar-
politik zu rechtfertigen sucht (vgl. Abschn.4.1). Demgegenüber zielt das neue Leitbild
auf eine bessere Integration landwirtschaftlicher Erzeugung in gesellschaftliche Koope-
rationen und eine höhere Responsivität gegenüber gesellschaftlichen Anforderungen ab.
6.7 Abgleich der derzeitigen Agrarpolitik mit den
agrarpolitischen Leitlinien
Die folgende Tabelle gibt eine schematische Übersicht, in welchem Maße die der-
zeitige Agrarpolitik den vorgeschlagenen agrarpolitischen Leitlinien entspricht
(Tab.6.2).
6 Ein zeitgemäßes Leitbild für eine nachhaltige Agrarpolitik
153
Tab. 6.2 Abgleich der derzeitigen Agrarpolitik mit den agrarpolitischen Leitlinien
Nr. Leitlinie Ist-Zustand Differenz
1 Eine zukunftsfähige Agrarpolitik geht davon aus, dass
die langfristige Sicherung der Produktion von Lebens-
mitteln und landwirtschaftlichen Rohstoffen die
Sicherung der ökologischen Voraussetzungen der
Produktion wie Biodiversität, Bodenfruchtbarkeit und
sauberes Wasser erfordert. Sie stärkt Maßnahmen zur
langfristigen Sicherung der Natur- und Umweltressour-
cen gegenüber Tendenzen zur kurzfristigen, aber nicht
nachhaltigen Steigerung der Produktion. Dabei orientiert
sie sich am Verursacher-, Kooperations-, Vorsorge-,
Vorsichts- und Nachhaltigkeitsprinzip.
Anhaltende Verluste an Biodiversität
und Habitatqualität; anhaltende
bedenkliche Tendenzen bei der
Bodenfruchtbarkeit; Wasserqualität
nicht überall in befriedigendem
Zustand
Kumulative Auswirkungen der vorherr-
schenden landwirtschaftlichen Praktiken
problematisch;
Dezite bei der Übersetzung des
Verursacher-, Kooperations-, Vorsorge-,
Vorsichts- und Nachhaltigkeitsprinzips
ins Fachrecht und bei dessen Implemen-
tierung
2 Eine zukunftsfähige Agrarpolitik unterstützt die
Entwicklung von resilienten, nachhaltigen und
ressourcenefzienten landwirtschaftlichen Produktions-
systemen, die im Einklang mit dem Erhalt intakter und
leistungsfähiger ökologischer Systeme und der
natürlichen Ressourcen wirtschaften und sich im Zuge
des ökonomischen, ökologischen und sozialen Wandels
dynamisch und ohne abrupte Strukturbrüche entwi-
ckeln. Sie sichert und stärkt zu diesem Zweck
insbesondere die ökologische und ökonomische
Anpassungsfähigkeit landwirtschaftlicher Produktions-
systeme sowie die Lernfähigkeit der beteiligten
Personen und Organisationen.
Viele Betriebe in wichtigen
Teilsektoren (z.B.Milch, Schwein)
ökonomisch anfällig gegenüber
ungünstigen Marktentwicklungen;
Resilienz gegenüber Klimawandel
oft unklar; Nachwuchsprobleme in
Teilbereichen (keine Hofnachfolge);
Verlust an landwirtschaftlichem
Erfahrungswissen durch starken
Strukturwandel
Resilienzorientierung im Gegensatz zur
Orientierung an Produktivitäts- und
Produktionssteigerung noch nicht weit
verbreitet;
Konzepte zur umfassenden Resilienzbe-
wertung für landwirtschaftliche
Produktionssysteme und Betriebe noch
im frühen Forschungs- und Entwick-
lungsstadium
(Fortsetzung)
6.7 Abgleich der derzeitigen Agrarpolitik mit den agrarpolitischen Leitlinien
154
3 Eine zukunftsfähige Agrarpolitik ist darauf ausgerich-
tet, dass neben der Produktion von Lebensmitteln und
anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen die
Gemeinwohlleistungen der Landwirtschaft gesichert
werden. Insbesondere der Erhalt und die Pege von
ökologisch intakten Landschaften, Habitaten und
Ökosystemleistungen stellen wichtige Leistungen der
Landnutzung durch Landwirte dar.
Anhaltender Verlust von ökologisch
wichtigen Landschaftselementen und
Habitaten
Viele Ökosystemleistungen gefährdet
(z.B.Bestäuberproblematik)
Erbringung von Gemeinwohlleistun-
gen oft abhängig von staatlichen
Zuwendungen im Rahmen der
Agrarumweltprogramme
Ordnungsrechtliche und Agrarumwelt-
maßnahmen tragen zur Sicherung von
Gemeinwohlleistungen der Landwirt-
schaft bei, Ergebnis aber insgesamt
derzeit nicht befriedigend.
4 Eine zukunftsfähige Agrarpolitik stellt einen zufrie-
denstellenden Zustand der Ressourcen des Natur- und
Umweltschutzes sicher. Sie sorgt dafür, dass gesetz-
liche Mindeststandards eindeutige ökologische
Leitplanken für die landwirtschaftliche Produktion
denieren, die sich am Stand der Wissenschaft sowie
am Vorsorgeprinzip orientieren und dabei systemische
Zusammenhänge und schädliche kumulative Effekte
berücksichtigen. Sie duldet keine Vollzugs- und
Regelungsdezite bei der Durchsetzung gesetzlicher
Mindeststandards.
Zustand der Ressourcen des
Natur- und Umweltschutzes ist
vielfach nicht zufriedenstellend;
Vollzugs- und Regelungsdezite bei
der Durchsetzung gesetzlicher
Mindeststandards
Standards als Ergebnis politischer
Kompromisse. Daher vielfach unklar, ob
sich Standardsetzung hinreichend am
Vorsorgeprinzip orientiert und systemi-
sche Zusammenhänge und kumulative
Effekte berücksichtigt; Vielzahl
unzureichend operationalisierter
Rechtsbegriffe; Hinweise auf verbreitete
Vollzugs- und Regelungsdezite.
5 Eine zukunftsfähige Agrarpolitik ist vorrangig darauf
ausgerichtet, dass die Anliegen des Umwelt- und
Naturschutzes in der gesamten Fläche berücksichtigt
werden. Eine räumliche Separierung von Landnutzung
und Naturschutz wird nur dort vorgesehen, wo dies zur
Erreichung von Natur- und Umweltschutzzielen
notwendig ist. Das bedeutet, dass die Landwirtschaft
an allen Standorten so betrieben wird, dass den
Anliegen des Natur- und Umweltschutzes in angemes-
sener Weise Rechnung getragen wird.
Zunehmende Intensivierung der
Landbewirtschaftung in hochproduk-
tiven Regionen. Teilrückzug der
Landwirtschaft aus marginalen
Standorten (Stichwort „Verwal-
dung“)
Anreize bzw. nanzielle Kompensation
vielerorts gerade noch ausreichend
Gefahr des Ausstiegs der Landwirte in
hochproduktiven Regionen aus
freiwilligen Maßnahmen; Gefahr der
Aufgabe der Landwirtschaft an
marginalen Standorten
Tab. 6.2 (Fortsetzung)
Nr. Leitlinie Ist-Zustand Differenz
6 Ein zeitgemäßes Leitbild für eine nachhaltige Agrarpolitik
155
6 Eine zukunftsfähige Agrarpolitik ist darauf ausgerich-
tet, dass einerseits alle landwirtschaftlichen Erzeug-
nisse, die den Markt erreichen, unter Bedingungen
erzeugt werden, die mit der langfristigen Sicherung
der Ressourcen des Natur- und Umweltschutzes
vereinbar sind, und dass andererseits eine ächende-
ckende landwirtschaftliche Produktion in Deutschland
stattndet, welche die ökologischen Leitplanken
beachtet und möglichst viele positive Umwelt- und
Naturschutzleistungen erbringt.
Vielfache Nachhaltigkeitsdezite
sowohl in der heimischen Produktion
als auch bei importierten Produkten
Rahmenbedingungen ermöglichen und
begünstigen teilweise Geschäftsmodelle,
die auf nicht-nachhaltiger landwirtschaft-
licher Produktion beruhen.
7 Eine zukunftsfähige Agrarpolitik berücksichtigt, dass
die Leistungen des Natur- und Umweltschutzes nicht
automatisch als Koppelprodukt der landwirtschaftli-
chen Erzeugnisse entstehen. Sie stellt geeignete
Rahmenbedingungen her, welche den Landnutzern die
dauerhafte Erbringung dieser Gemeinwohlleistungen
ermöglicht. Dazu gehört insbesondere die Sicherung
fairer Wettbewerbsbedingungen, Transparenz der
Umweltleistungen von Produkten und Produzenten
sowie ggf. die Honorierung derjenigen Gemeinwohl-
leistungen, die vom Markt nicht angemessen entlohnt
werden.
Importwettbewerber unterliegen oft
nicht den gleichen Anforderungen.
Abgesehen von klar denierten
Labeln und Corporate Social
Responsibility oft geringe Transpa-
renz der Umweltleistungen von
Produkten und Produzenten.
Teilweise Honorierung von
Gemeinwohlleistungen durch
Mehrpreisbereitschaft der Verbrau-
cherinnen und Verbraucher (z.B. für
Bioprodukte) und staatliche
Programme.
Oft unzureichende Sicherung von
Umweltanforderungen auf hohem
Niveau durch regulative Harmonisierung
von Standards, jedoch Herausbildung
von privaten transnationalen Standards
(GlobalGAP). Unzureichende Transpa-
renz der Umweltleistungen von
Produkten und Produzenten. Gemein-
wohlleistungen nur teilweise vom Markt
bzw. aus staatlichen Programmen
honoriert.
(Fortsetzung)
6.7 Abgleich der derzeitigen Agrarpolitik mit den agrarpolitischen Leitlinien
156
8 Eine zukunftsfähige Agrarpolitik setzt nanzielle
Mittel zielgerichtet und effektiv für die Sicherung der
Gemeinwohlleistungen ein. Sie gewährt keinen
nanziellen Ausgleich für die bloße Einhaltung
gesetzlicher Mindeststandards, es sei denn zur
Kompensation von daraus entstehenden Wettbewerbs-
nachteilen auf offenen Märkten. Sie stellt sicher, dass
eventuelle Kompensationen auf wissenschaftlich
nachgewiesenen Mehrkosten beruhen und die Regeln
der WTO beachten.
Erste Säule: Finanzieller Ausgleich
für die bloße Einhaltung gesetzlicher
Mindeststandards.
Kein klarer Zusammenhang
zwischen den Kompensationen und
wissenschaftlich nachgewiesenen
Mehrkosten.
GAP ist WTO-kompatibel.
Geringe Zielgenauigkeit der Zuwendun-
gen. De facto Vorrang einkommenspoliti-
scher Ziele bei der Ausgestaltung der
GAP, insbesondere der Ersten Säule.
9 Eine zukunftsfähige Agrarpolitik sorgt dafür, dass
Natur- und Umweltschutz in Deutschland nicht auf
Kosten Dritter geschieht. Sie vermeidet ökologische
Überwälzungseffekte in Drittländer und stellt sicher,
dass Nachhaltigkeitsdezite reduziert und nicht bloß
ins Ausland verlagert werden.
Zahlreiche Beispiele für negative
internationale Überwälzungseffekte
(z.B.Biomasseerzeugung aus
Palmöl, Futtermittelimporte aus
Lateinamerika). Einige staatliche
und private Initiativen
(EU- Biomasse- VO; Label für
nachhaltiges Palmöl).
Problem ist vielfach erkannt, aber noch
nicht immer systematisch bei der
Politikgestaltung bzw. der Governance
von Wertschöpfungsketten adressiert.
10 Eine zukunftsfähige Agrarpolitik bezieht die Rolle der
Verbraucherinnen und Verbraucher konsequent ein. Sie
trägt dazu bei, dass möglichst viele Verbraucherinnen
und Verbraucher die Naturschutz- und Umweltleistun-
gen von landwirtschaftlichen Produkten und Produk-
tionsweisen erkennen und kompetent beurteilen
können. Sie erreicht, dass die Verbraucherinnen und
Verbraucher ein hohes Vertrauen in die landwirtschaft-
liche Erzeugung haben.
Hohes Interesse und Kompetenz bei
Teilgruppen der Verbraucher. Viele
Verbraucherinnen und Verbraucher
oft unsicher über die Umweltleistun-
gen bei der Erzeugung von
Produkten (Problematik der
Vertrauensgüter). Verbreitet
ambivalente Einstellungen gegen-
über der heutigen Nahrungsmittel-
produktion.
Vielfältige Ansätze zur Erhöhung der
Verbraucherkompetenz, etwa im
Schulunterricht. Vielfältige Transparenz-
und Labelinitiativen führen oft zu
Verbraucherverwirrung. Private
Standards und Labels setzen selektiv an
wenigen gut kommunizierbaren
Elementen an.
Tab. 6.2 (Fortsetzung)
Nr. Leitlinie Ist-Zustand Differenz
6 Ein zeitgemäßes Leitbild für eine nachhaltige Agrarpolitik
157
11 Eine zukunftsfähige Agrarpolitik verfolgt einen
systemischen Ansatz. Sie sorgt dafür, dass ökologische
Problemlagen der landwirtschaftlichen Produktion auf
den entsprechenden räumlichen und zeitlichen Skalen
adressiert und beispielsweise standörtliche Gegeben-
heiten berücksichtigt werden können.
Programmierung der Agrarpolitik
erfolgt räumlich auf der Ebene von
EU, Mitgliedstaaten und in
Deutschland den Bundesländern und
folgt zeitlich dem Siebenjahres-
Rhythmus der mittelfristigen
Finanzplanung der EU.
Fehlende Mechanismen zur Adressierung
von Problemen auf den relevanten
räumlichen (z.B.Wassereinzugsgebiete)
und zeitlichen Skalen.
12 Eine zukunftsfähige Agrarpolitik sorgt für eine
Vernetzung der Akteure, die zur Sicherung oder
Erbringung von ökosystemaren Leistungen zusam-
menarbeiten müssen oder dazu beitragen können. Sie
unterstützt die Beteiligung der betroffenen gesell-
schaftlichen Gruppen und eine wertschätzende,
ergebnisorientierte Kommunikation zwischen allen
Beteiligten.
Gute Beispiele und Pilotprojekte für
Akteursvernetzung und verbesserte
Kommunikation. Zugleich oft
polarisierte öffentliche Kommunika-
tion um z.B. „Agrarfabriken“ und
defensive Kommunikation des
Sektors („der Landwirt wird in die
Ecke gestellt“).
Starke Verbesserungspotenziale zur
regionalen Vernetzung von Akteuren
sowie zu einer verbesserten dialogischen
Kommunikation.
13 Eine zukunftsfähige Agrarpolitik sorgt dafür, dass
jeglicher administrativer Aufwand zielführend,
notwendig, und verhältnismäßig ist. Sie nutzt neue
Techniken der Erfassung und Verarbeitung von
umweltrelevanten Daten zur Minimierung der
Transaktionskosten für alle Beteiligten.
Derzeitiger administrative Aufwand
von vielen Landwirten als Zumutung
empfunden.
Verwaltungs- und Kontrollsysteme derzeit
auf die mehrstugen Rechnungskontroll-
systeme von EU, Bundesregierung und
Landesregierungen ausgerichtet.
Vermutlich hohes Potenzial zur Erhöhung
der Steuerungsrelevanz der Daten und zur
Minimierung der Transaktionskosten,
vorbehaltlich Machbarkeitsstudien.
(Fortsetzung)
6.7 Abgleich der derzeitigen Agrarpolitik mit den agrarpolitischen Leitlinien
158
14 Eine zukunftsfähige Agrarpolitik stärkt die ökonomische,
ökologische und soziale Kompetenz und Lernfähigkeit
der landwirtschaftlichen Akteure. Sie stellt sicher, dass die
Aus- und Fortbildung sowie die Beratung auf allen
Ebenen die in der Landwirtschaft Tätigen befähigt und
ermutigt, die Naturschutz- und Umweltaspekte der
Landnutzung sowie die ökologischen Zusammenhänge in
ihrer ganzen Bedeutung zu verstehen und angemessen zu
bewerten. Sie strebt an, dass möglichst viele Landnutzer
in der Lage sind, einen optimalen Beitrag zu einem zufrie-
denstellenden Zustand der Umweltressourcen und zum
Aufbau widerstandsfähiger landwirtschaftlicher
Produktionssysteme zu leisten.
Ökologischen Zusammenhängen
kommt in der landwirtschaftlichen
Ausbildung auf allen Ebenen von der
Berufsschule bis zur Universität
zumeist kein zentraler Stellenwert
zu. Vielfach als Zusatzgesichts-
punkte betrachtet.
Starke Verbesserungspotenziale für eine
ächendeckende Verankerung ökologi-
scher Zusammenhänge als integraler
Bestandteil des Lernens über landwirt-
schaftliche Produktionsmethoden und
-systeme.
15 Eine zukunftsfähige Agrarpolitik unterstützt das
Erfahrungswissen der Landwirte durch eine praxis-
nahe, gemeinwohlorientierte staatliche Forschung und
entsprechende Beratungs- und Bildungsangebote. Sie
setzt darauf, dass Expertisen und neueste Erkenntnisse
der Wissenschaft von gesamtgesellschaftlichem
Nutzen zeitnah an allen Lehr- und Weiterbildungsstät-
ten vermittelt werden. Gleichzeitig fördert sie den
Wissenstransfer zwischen der Landwirtschaft und den
Forschungs- und Bildungseinrichtungen.
Transfer zwischen Forschung und
landwirtschaftlicher Praxis vielfach
als verbesserungsfähig angesehen.
Verbesserungsmöglichkeiten für den
Transfer zwischen Forschung und
landwirtschaftlicher Praxis könnten
beispielsweise durch eine Benchmar-
king-Studie mit der Schweiz oder dem
hoch integrierten niederländischen
System („Goldenes Dreieck“ von
Agrarwirtschaft, Staat und Wissenspro-
duzenten) präzisiert werden.
Tab. 6.2 (Fortsetzung)
Nr. Leitlinie Ist-Zustand Differenz
6 Ein zeitgemäßes Leitbild für eine nachhaltige Agrarpolitik
159
6.8 Fazit
Nach einem Überblick über die Natur- und Umweltschutzprobleme der Landwirt-
schaft, einer Analyse der Entwicklungslogik der europäischen Agrarpolitik und ei-
ner SWOT-Analyse der derzeitigen Agrarpolitik stellt das in diesem Kapitel vorge-
stellte Leitbild den Versuch dar, einen Gegenentwurf zu formulieren, der geeignet
ist, eine Brücke zwischen der derzeit dominierenden Produktions- und Einkom-
mensorientierung und den Anliegen des Natur- und Umweltschutzes zu schlagen.
Es umfasst zum einen das relativ allgemein gehaltene Leitbild einer multifunktiona-
len, natur- und umweltverträglichen Landwirtschaft (das Was), zum anderen 15
Leitlinien für eine zukunftsfähige Agrarpolitik (das Wie). Das Leitbild wurde mit
konkreten quantitativen und qualitativen Zielen unterfüttert, mit denen der Fort-
schritt beim Was gemessen werden kann. Die Diskussion von zentralen Dilemmata
und Zielkonikten der Agrarpolitik diente dazu, die von dem Leitbild vorgeschla-
gene Positionierung, aber auch die impliziten Opportunitätskosten seiner Verwirkli-
chung zu verdeutlichen. Ein qualitativer Soll-Ist-Vergleich zwischen den 15 Leitli-
nien für eine zukunftsfähige Agrarpolitik und der derzeitigen Agrarpolitik schließlich
dient dazu, die Aufgaben zu verdeutlichen. Die beiden folgenden Kapitel stellen
nun die Handlungsoptionen einer zukunftsfähigen Agrarpolitik dar, die am Leitbild
einer multifunktionalen, natur- und umweltverträglichen Landwirtschaft orientiert
ist. Das nächste Kap.7 diskutiert zunächst die instrumentellen „Bausteine“, bevor
Kap.8 dann alternative strategische Optionen formuliert.
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nal Lizenz (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de) veröffentlicht, welche die Nut-
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6.8 Fazit
161© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en) 2019
P. H. Feindt et al., Ein neuer Gesellschaftsvertrag für eine nachhaltige
Landwirtschaft, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58656-3_7
Kapitel 7
Bausteine zur Integration des Natur- und
Umweltschutzes ineine zukunftsfähige
Agrarpolitik
In diesem Kapitel werden zunächst Gestaltungsmöglichkeiten für die verschiede-
nen agrarpolitischen Instrumente diskutiert. Dabei soll vor dem Hintergrund der
SWOT-Analyse diskutiert werden, welche Veränderungen im agrarpolitischen In-
strumentenkasten dazu beitragen könnten, dem Leitbild einer multifunktionalen,
natur- und umweltverträglichen Landwirtschaft näher zu kommen. Es soll also er-
örtert werden, wie die verschiedenen agrarpolitischen Komponenten besser natur-
und umweltschutzfachlich ausgerichtet und ausgestaltet werden können.
Wir diskutieren zunächst die Rolle und Entwicklungsmöglichkeiten des Ord-
nungsrechts und der gesetzlichen Mindeststandards für die landwirtschaftliche Pra-
xis (Abschn.7.1). Es folgt eine Erörterung möglicher Varianten zur Entwicklung
des Budgets der Agrarpolitik (Abschn.7.2) sowie der beiden Hauptelemente, mit
denen Zahlungen und Anforderungen an die landwirtschaftlichen Betriebe ver-
knüpft werden können– die Direktzahlungen (Abschn.7.3) sowie die regional und
standörtlich ausgerichteten Zahlungen, die derzeit in der Zweiten Säule verankert
sind (Abschn. 7.4). Es folgen Überlegungen zu nicht-staatlichen Standards und
Ko-Regulierung (Abschn. 7.5), zu den Monitoring- und Sanktionssystemen
(Abschn.7.6) sowie zu unterstützenden Elementen wie Beratung und verbraucher-
orientierte Maßnahmen (Abschn.7.7). Ein kurzes Fazit schließt das Kapitel ab. Die
Darstellung wird ergänzt durch einen Überblick über eine Auswahl von zielführen-
den, beispielhaften Management-Maßnahmen zum Schutz der Umweltressourcen,
der biologischen Vielfalt und der Ökosystemleistungen, der sich im Anhang ndet.
162
7.1 Baustein 1: Ordnungsrecht und gesetzliche
Mindeststandards
Der gesetzliche Mindeststandard legt fest, welche Rahmenbedingungen und Auf-
lagen von den Landwirten einzuhalten und welche Maßnahmen ggf. ergriffen wer-
den müssen. Diese Standards sind damit überall und jederzeit die Grundlage der
Bewirtschaftung und für jeden Landwirt verbindlich (BMEL 2014b). Die gesetzli-
chen Mindeststandards werden durch das Ordnungs- und Fachrecht in Gesetzen
und Verordnungen festgelegt, mit denen zumeist Richtlinien der EU in nationales
Recht umgesetzt werden. Zum Ordnungsrecht gehören Ge- und Verbote, Anzeige-
pichten, Genehmigungsvorbehalte, Kontroll-, Untersuchungs- und Anordnungs-
befugnisse der Behörden (Möckel 2013). Es „zeichnet sich durch seinen direkten
Zugriff auf das zu steuernde Verhalten als ausgesprochen ökologisch treffsicher
aus“ (Rothstein und Schröder 2016).
Der gesetzliche Mindeststandard legt insbesondere die Abgrenzung zwischen
Verursacher- und Gemeinlastprinzip fest. Die Kosten der Maßnahmen und Auf-
lagen, die im Rahmen des gesetzlichen Mindeststandards umzusetzen sind, sind von
den Verursachern, also den Landwirtinnen und Landwirten, zu tragen. Dem gegen-
über steht das Gemeinlastprinzip. Die Kosten von Maßnahmen, die über den gesetz-
lichen Mindeststandard hinausgehen, werden demnach von der Allgemeinheit über-
nommen.
Dem gesetzlichen Mindeststandard liegt außerdem das Vorsorgeprinzip zu-
grunde. Nach dem Vorsorgeprinzip soll die Entstehung von Schäden vermieden
werden. Auf Grundlage der Kenntnisse der Umweltwirkungen, der Weiterentwick-
lung der guten fachlichen Praxis und dem allgemeinen Stand der Technik sowie den
gesellschaftlichen Erwartungen werden die gesetzlichen Mindeststandards immer
wieder angepasst, wie dies auch Anfang 2017 im Zusammenhang mit der Novellie-
rung der Düngeverordnung geschehen ist. Möckel etal. (2014, S533) empfehlen
eine „Dynamisierung der Anforderungen der guten fachlichen Praxis am besten
durch eine regelmäßige (z.B. alle fünf Jahre) und wissenschaftlich fundierte Über-
prüfung der Standards“.
Die Denition des gesetzlichen Mindeststandards für die Landbewirtschaf-
tung erscheint nicht immer ganz eindeutig. So können die in Tab.7.1 aufgeführ-
ten Ansätze für die Abgrenzung des gesetzlichen Mindeststandards herangezogen
werden.
Nach Maßgabe des Verursacherprinzips sind in der heutigen Ausgestaltung die
Einhaltung des Stands der Technik und die gute fachliche Praxis als gesetzlicher
Mindeststandard anzusehen, bei dem das Verursacherprinzip greift (Schröter-
Schlaack etal. 2016). Allerdings ist eine Durchsetzung eines neuen Stands der
Technik teils mit langen Übergangsfristen verbunden, begründet u.a. mit der lan-
gen Abschreibungs- und Nutzungsdauer landwirtschaftlicher Maschinen und Stall-
anlagen. Eine rasche Anhebung des einzusetzenden Stands der Technik ist auf den
Betrieben teils mit hohen Kosten verbunden und wird i.d.R. mit Investitionsförder-
programmen bzw. langen Übergangsfristen abgemildert.
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
163
Tab. 7.1 Vorschriften für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung
Rechtsnorm Deniert Regelungsebene Operationalisierung Verbindlichkeit Kontrolle Sanktionen
1 Stand der
Technik
Einsatz der besten
verfügbaren
Technik
EU, Bund • Teilweise,
z.B.Stalltechnik
• Teilweise,
z.B.Stall-
technik
Im Rahmen
der
Genehmi-
gung
Nicht per se
2 gfP– Gute
fachliche
Praxis
Handlungsrahmen
in verschiedenen
Gesetzen
beschrieben:
Bodenschutzgesetz,
Naturschutzgesetz,
Panzenschutzge-
setz
allgemein
anerkannte Regeln
der Technik
• Bund,
Bundesländer
(z.B.Natur-
schutzgesetz)
• Nein
(z.B. standortan-
gepasste Bewirt-
schaftung,
Bodenstruktur
erhalten und
verbessern,
Förderung
natürlicher
Mechanismen zur
Bekämpfung von
Schadorganismen)
• Gegenüber
jedem
Landwirt
• Kaum • (Geringes)
Bußgeld
„i.d.R. behördl.
Anordnungsbe-
fugnisse mit
Möglichkeit des
Verwaltungs-
zwangs
• teilweise
Ordnungswidrig-
keit“ (Möckel
2013)
3 GAB– Grund-
anforderungen
an die
Betriebsfüh-
rung
Richtlinien der EU:
z.B.Nitratricht-
linie innerhalb von
Cross Compliance
EU, Bund
(Umsetzung
auf Ebene der
Mitgliedstaa-
ten)
• Teilweise
(z.B. max.
organische
Düngung,
Abstände zu
Gewässern)
• Nur
gegenüber
DZ-
Empfängern
• Cross
Compliance
%-Kürzung DZ
(Fortsetzung)
7.1 Baustein 1: Ordnungsrecht und gesetzliche Mindeststandards
164
Rechtsnorm Deniert Regelungsebene Operationalisierung Verbindlichkeit Kontrolle Sanktionen
4 GLÖZ– Er-
haltung von
Flächen in
gutem
landwirt-
schaftlichen
und ökologi-
schen Zustand
Innerhalb von
Cross Compliance
EU, Bund
(Umsetzung
auf Ebene der
Mitgliedstaa-
ten)
• Ja • Gegenüber
jedem
Landwirt
• Cross
Compliance
%-Kürzung DZ
5• Greening • Greening-Auagen EU, Bund
(Umsetzung
auf Ebene der
Mitgliedstaa-
ten),
Bundesländer
( z.B.Schutz
von
Dauergrün-
land)
Ja • Nur
gegenüber
Empfängern
von
Greening-
Prämien
• Greening,
Cross
Compliance
%-Kürzung DZ
Tab. 7.1 (Fortsetzung)
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
165
Tab. 7.2 Bewertung von Umwelt- und Agrarrecht anhand ausgewählter Indikatoren
Rechtsbereich Relevanz für die Landwirtschaft Konkrete verbindliche Anforderungen Praktischer Vollzug
• Bodenschutz-Recht Grundsätze zur gfP • Kaum Gering, da keine Anordnungsbefugnis
• Naturschutz-Recht Grundsätze zur gfP
• Landschaftsplanung
Gesetzlich geschützte Biotope
• Eingriffsregelung
Verbote zum Artenschutz
Kaum im BNatSchG
Stärker in Schutzgebieten und
geschützten Biotopen
Gering bzgl. gfP, Landschaftsplanung,
Eingriffsregelung Artenschutz
Besser bei Schutzgebieten, geschütz-
ten Biotopen
• Wasser-Recht • Gewässerrandstreifen
• Überschwemmungsgebiete
• Maßnahmenprogramme
Nur bzgl. Grünlandumbruch,
immissionsbezogene Umweltquali-
tätsnormen, die aber nur Behörden
verpichten
Gering, da viele Freistellungen
zugunsten der Landwirtschaft
• Immissions-Schutz-
Recht
Technische Anlagen: Ställe, Lager,
Biogasanlagen, Maschinen
Kaum, lediglich einige Anforderun-
gen in der untergesetzlichen
Technischen Anleitung Luft
Hoch bei genehmigungspichtigen
Anlagen
• Düngemittel-Recht Typisierung von Düngemitteln
Anforderungen an die Anwendung
• Teilweise Mäßig (Anteil der festgestellten
Verstöße betrug 2008 bis zu 18% der
kontrollierten Betriebe)
• Panzenschutz-Recht Zulassung von PSM
Anforderung an den Panzenschutz
und den PSM-Einsatz (z.B.
integrierter Panzenschutz)
Ja bei PSM-Zulassung und
ächenbezogenen PSM-Verboten
Kaum bei
Panzenschutzanforderungen
• Fraglich
• Ökolandbau-Recht Nur für zertizierte Betriebe Teilweise (z.B.Tierbesatzgrenzen) Gut wegen Zertizierungs- und
Kontrollsystem
• Direktzahlungs-Recht Cross-Compliance-Anforderungen
mit GLÖZ und Greening-Standards
• Teilweise Vermutlich etwas höher als bei gfP, da
Mindestkontrolldichte 1% der
Betriebe und Subventionskürzungen
bei Verstößen
Quelle: Eigene Darstellung, gekürzt nach Möckel (2013)
7.1 Baustein 1: Ordnungsrecht und gesetzliche Mindeststandards
166
Auch die Einhaltung der GAB kann als verbindlicher Mindeststandard angese-
hen werden, da auch Betriebe, die keine Direktzahlungen erhalten, diese Auagen
einzuhalten haben. Es wird des Weiteren die Ansicht vertreten, dass auch die
GLÖZ-Standards in das Ordnungsrecht integriert werden sollten, „um eine Har-
monisierung auf einem insgesamt höhere(m) Umweltschutzniveau zu erreichen und
die Anforderungen als verpichtende Mindeststandards dauerhaft abzusichern, […]
da es sich bei den Cross-Compliance-Anforderungen um Mindestanforderungen im
Sinne der guten fachlichen Praxis und nicht um zu honorierende darüber hinausge-
hende ökologische Leistungen der Landwirte handelt“ (Möckel etal. 2014).
Ausgehend von den dargestellten Überlegungen wird im Folgenden der gesetz-
liche Mindeststandard als die Einhaltung des Stands der Technik, der guten fachli-
chen Praxis und der GAB angesehen. Die Durchsetzung der GLÖZ- und Gree-
ning-Auagen ist in Verbindung mit der Gewährung von Direktzahlungen zu sehen.
Denition des gesetzlichen Mindeststandards
Stand der Technik, gfP, GAB: gesetzlicher Mindeststandard (für alle Betriebe verbindlich)
GLÖZ, Greening- Auagen: bisher kein gesetzlicher Mindeststandard (Ausstiegsoption
gegen Verlust von bis zu 125% der Greening-Zahlungen)
Die folgende Tab.7.2 zeigt, welchen Einuss verschiedene Rechtssetzungen auf die
Landwirtschaft haben, welche verbindlichen Anforderungen bestehen und wie der
praktische Vollzug gestaltet ist.
Betrachtet man Tab.7.1 und 7.2 zusammen, so zeigt sich, dass sowohl der ge-
setzliche Mindeststandard als auch das Agrar-Beihilferecht sowohl mit einem Re-
gelungsdezit wie mit einem Vollzugsdezit zu kämpfen haben. So fehlt eine ent-
sprechende Operationalisierung der guten fachlichen Praxis fast vollständig. Die
Durchsetzung der GAB beruht in erster Linie auf Cross Compliance-Prüfungen und
bei Verstößen drohen prozentuale Kürzungen der Direktzahlungen. So konnte mit
der Einführung von Cross Compliance, d.h. einer Kopplung der Einhaltung der
gesetzlichen Mindeststandards an den Erhalt von Direktzahlungen, die Durchset-
zung des gesetzlichen Mindeststandards verbessert werden.
Die Behebung der Regelungsdezite muss an der Operationalisierung der Be-
grifichkeiten ansetzen. Hierfür ist die Festlegung geeigneter Indikatoren, Mess-
und Grenzwerte notwendig. Grenzwerte können festgelegt werden als Ober- oder
Untergrenzen, gesetzliche Unterlassungspichten (Verbote) oder gesetzliche Hand-
lungspichten (Möckel 2013). Dabei ist jedoch insbesondere die Möglichkeit der
praktikablen Feststellung der Mess- und Grenzwerte zu berücksichtigen. Mess- und
Grenzwerte oder Verhaltensregeln, die nicht oder nur unter großem Aufwand fest-
gestellt werden können, eignen sich nicht zur Durchsetzung der entsprechenden
Rechtsnormen (z.B. längere Zeiträume für die Einarbeitung organischer Dünger).
Des Weiteren sollten die Grenzwerte so festgelegt werden, dass ihre Einhaltung zu
einer Verbesserung der Umwelt- und Naturschutzwirkungen der Landwirtschaft
beiträgt. „Das gegenwärtige Anforderungsniveau der guten fachlichen Praxis [ist
jedoch] unzureichend, um durch die Landwirtschaft verursachte Umweltschäden
vollkommen abzuwenden“ (Möckel etal. 2014). Auch durch die Umsetzung der
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
167
GAB-, GLÖZ- und Greening-Auagen ist nur ein geringer positiver Effekt auf die
Ressourcen des Naturschutzes festzustellen bzw. zu erwarten (Europäische Kom-
mission 2016).
Zur Operationalisierung der guten fachlichen Praxis werden beispielsweise die
Ausweisung von Schadschwellen für den integrierten Panzenschutz, Grenzwerte
zur Beschränkung der Bewirtschaftungsintensität (z.B. verbindliche Obergrenzen
für Stickstoffüberschüsse und den Viehbesatz pro Hektar) sowie weiterführende
Untersuchungs- und Dokumentationspichten hinsichtlich Stickstoff und Humus-
gehalt (Möckel etal. 2014) empfohlen. Da jedoch die Art und Weise der landwirt-
schaftlichen Bewirtschaftung im Zusammenhang mit standörtlichen Faktoren un-
terschiedliche Wirkungen in Bezug auf den Natur- und Umweltschutz entfalten
kann, wäre die
„Konkretisierung und Spezizierung der Anforderungen der gfP besonders zielführend
[…], wenn sie auf der Grundlage von Gebietskulissen erfolgen würde. Für die Abgrenzung
von Gebietskulissen müssten bundesweit einheitliche und auf wissenschaftlichen Erkennt-
nissen beruhende Kriterien entwickelt werden, die sowohl die großen agrarstrukturellen als
auch naturräumliche bzw. standörtliche Unterschiede berücksichtigen.“ (Möckel et al.
2014, S.540)
Vollzugsdezite sind zum einen durch unbestimmte Rechtsbegriffe und einen Man-
gel an kontrollierbaren Indikatoren bedingt, zum anderen durch geringe Kontroll-
frequenzen und Sanktionshöhen. Mit mangelnder Durchsetzung durch ungeeig-
nete Kontroll- und Sanktionsmechanismen sinkt jedoch ceteris paribus die
Bereitschaft der Landwirte, sich normgerecht zu verhalten (Rothstein und Schröder
2016). Die Durchsetzung des gesetzlichen Mindeststandards ist dabei unabhängig
von der Gewährung von Direktzahlungen zu sehen. Die Kopplung der Einhaltung
des gesetzlichen Mindeststandards an die Gewährung von Direktzahlungen birgt
bisher den Vorteil, dass– neben der Operationalisierung von Auagen– ein einheit-
liches Kontroll- und Sanktionssystem in allen Mitgliedstaaten der EU etabliert
wurde. Dessen Weiterführung wäre grundsätzlich jedoch auch unabhängig von der
Gewährung von Direktzahlungen möglich.
Eine Verminderung des Vollzugsdezits könnte erreicht werden durch:
höhere Kontrollfrequenzen und Sanktionen, wobei die Höhe der Kontrollfre-
quenzen und Sanktionen in einem umgekehrten Verhältnis zu einander stehen;
Beweislastumkehr, so dass beispielsweise der Landwirt oder die Landwirtin die
Einhaltung der Stickstoffbilanzgrenzwerte nachweisen muss, etwa durch Erhebung
der Stickstoffgehalte im organischen Dünger oder Wiegeprotokolle der Erträge;
Plausibilitätskontrollen, z.B. durch den zwischenbetrieblichen Vergleich von
Nährstoffbilanzen in einer Region oder den Abgleich von Daten aus anderen
Datenbanken;
Einbindung externer Kontrolleinrichtungen, wie z. B. im ökologischen
Landbau;
Ziehung von Rückstellmustern, z.B. um Stickstoffgehalte in organischen Dün-
gern zu belegen;
Nutzung von GIS-Daten und Vernetzung digitaler Datensysteme.
7.1 Baustein 1: Ordnungsrecht und gesetzliche Mindeststandards
168
Für die Zukunft ist vorstellbar, anhand digitaler Daten und elektronischer Datenver-
arbeitung den bürokratischen Aufwand für landwirtschaftliche Unternehmen und
Verwaltung zu reduzieren. So könnten bisher in verschiedenen Datenbanken er-
hobene und gespeicherte Daten zur Durchführung von Kontrollen zusammenge-
führt (z.B. HIT und INVEKOS) und mit Daten der Selbstkontrolle (z.B.Acker-
schlagbilanzen, Daten des Precision Farming) kombiniert werden. Die gewonnen
Daten könnten damit insgesamt als Kontroll-, aber auch als Monitoring- und
Beratungstool für die landwirtschaftlichen Betriebe eingesetzt werden, z.B. durch
Vergleich des eigenen Betriebes mit anderen Betrieben aus der Region zu Zwecken
des (anonymen) Bench-Marking. Dabei sind jedoch Datenschutzerwägungen zu be-
rücksichtigen.
Es ist auch möglich, den Erhalt von Direktzahlungen an den Nachweis der Ein-
haltung von Auagen zu koppeln. Allerdings müssten die einzuhaltenden Auagen
dann über den gesetzlichen Mindeststandard hinausgehen (z.B. ökologischer Land-
bau), um eine Honorierung der bloßen Einhaltung der Gesetze zu vermeiden. Aller-
dings wird durchaus argumentiert, dass bereits die Einhaltung des gesetzlichen
Mindeststandards mit einem nanziellen Ausgleich verbunden sein sollte, weil eu-
ropäische Landwirtinnen und Landwirte gegenüber dem Weltmarkt höhere Na-
tur- und Umweltschutzauagen erfüllten, was z.B. im Ackerbau zu Kostennach-
teilen von ca. 50 €/ha führt (Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik beim
BMELV 2010). Andere Quellen schätzen den Kostennachteil gegenüber der Kon-
kurrenz außerhalb der EU eher auf ca. 20€/ha (Plankl etal. 2010). Es wird jedoch
auch vorgebracht, dass die Umweltleistungen der europäischen Landwirtschaft
nicht notwendigerweise höher seien und Länder z.B. in Südamerika durch den Er-
halt des Regenwaldes möglicherweise höhere Umweltleistungen erbringen.
Zu diskutieren sind des Weiteren die Wechselwirkungen, die im Zusammen-
hang mit der Durchsetzung eines effektiven gesetzlichen Mindeststandards entste-
hen könnten. Dies betrifft zum einen die oben erwähnten Wirkungen auf den Struk-
turwandel, die insbesondere mit der Durchsetzung von investiven Maßnahmen
verbunden sein können. Hier besteht die Möglichkeit, z.B. durch Investitionsförde-
rung gegenzusteuern (Möckel etal. 2014). Es werden jedoch auch Innovationen
induziert, die dazu beitragen, die Grenzwerte möglichst effektiv und efzient einzu-
halten (Rothstein und Schröder 2016; Taube 2016). Mit der Durchsetzung eines ef-
fektiven gesetzlichen Mindeststandards können jedoch auch Wirkungen auf die
Verbraucherpreise verbunden sein. Durch den gesetzlichen Mindeststandard wer-
den zumindest teilweise externe Kosten der Produktion internalisiert. Dies erhöht
die Erzeugungskosten, was je nach Preiselastizität mehr oder weniger an die Ab-
nehmer „durchgereicht“ werden kann. Sind höhere Erzeugerkosten durch EU-
Standards am Markt nicht durchsetzbar, könnte der Marktanteil europäischer Pro-
dukte zurückgehen. Die Größe dieses Effekts hängt u.a. von der Preiselastizität der
Nachfrage ab.
In diesem Kontext können Labelling-Initiativen dazu dienen, Produkte mit hö-
herer Umweltleistung sichtbar zu machen und den Substitutionseffekt durch Pro-
dukte, die aufgrund niedrigerer Standards preiswerter sind, zu vermindern. Eine
Beschränkung des Marktzugangs von Produkten aufgrund ihrer Prozessqualität
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
169
ist hingegen im allgemeinen nicht WTO-konform, es sei denn, dies ist zur Ab-
wendung von Gefahren für die Gesundheit von Menschen, Tieren oder Panzen
notwendig.
Die teilweise oder vollständige Substitution von inländischen Produkten durch
Importe aus dem außereuropäischen Ausland infolge kostenintensiver Vorschriften
kann mit einem Export negativer Umweltfolgen in die Erzeugerländer einhergehen.
Es käme dann zu einer bloßen räumlichen Verschiebung negativer Natur- und Um-
weltwirkungen der Produktion (Leakage-Effekt). Angesichts der oben genannten
Kosten der europäischen Standards, denen weit höhere Direktzahlungen gegenüber
stehen, ist derzeit nicht davon auszugehen, dass die Mindeststandards von GAB und
GLÖZ zu einer massiven Verlagerung von Produktion ins außereuropäische Aus-
land beitragen.
Insgesamt sind also fünf Aspekte zu beachten, um den gesetzlichen Mindeststan-
dard effektiv und efzient durchzusetzen:
1. Praktikable Operationalisierung bisher unzureichend operationalisierter Begriff-
lichkeiten, wie z.B. gfP (ggf. differenziert nach Gebietskulissen);
2. Weiterführung des ächendeckenden europäischen Kontroll- und Sanktionssys-
tems, unabhängig vom Fortbestehen einer Verknüpfung mit den Direktzahlun-
gen (Cross Compliance);
3. Angemessene Kontrolldichte und Sanktionen mit spürbarer Anreizwirkung;
4. Adressatenorientierte Kommunikation auf Basis verhaltenswissenschaftlicher
Ansätze;
5. Regelmäßige Nachjustierung der Standards nach dem Stand der Technik und
neuen Erkenntnissen von Wissenschaft und Forschung.
7.2 Baustein 2: Budget
Das Projekt ZA-NExUS beschäftigt sich nicht vorrangig mit nanziellen Fragen der
Agrarpolitik. Allerdings spielen bei der weiteren Integration des Natur- und Um-
weltschutzes in der Agrarpolitik die zur Verfügung stehenden nanziellen Mittel
eine wesentliche Rolle. Neben dem Volumen geht es dabei auch um die Frage, wel-
che Maßnahmen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik vollständig von der
EU nanziert werden und welche eine Ko-Finanzierung seitens der Mitgliedstaaten
(aus nationalen, regionalen oder öffentlichen Haushalten oder seitens privater Geld-
geber) erfordern. Die hier vorgestellten Überlegungen beschränken sich auf die
Ausgabenseite des Budgets und klammern die Einnahmenseite– abgesehen von der
Frage der Ko-Finanzierung– aus.
Hinsichtlich der Bedeutung des nanziellen Volumens lassen sich unter der heu-
tigen Situation zwei Problemkreise für den Natur- und Umweltschutz unterscheiden:
zum einen die Mittel, die für Programme und gezielte Maßnahmen des Natur-
und Umweltschutzes zur Verfügung stehen (inklusive der damit verbundenen
Verwaltungskosten);
7.2 Baustein 2: Budget
170
zum anderen die Mittel für ächenbezogene Direktzahlungen, deren Höhe mit
darüber entscheidet, ob Betriebe in marginalen Lagen die landwirtschaftliche
Produktion aufrechterhalten und ob Betriebe in hoch produktiven Lagen sich
weiterhin Cross-Compliance-Auagen unterwerfen, die über die gesetzlich ver-
bindlichen Minimalstandards hinausgehen.
Der derzeitige Finanzrahmen für die deutsche und europäische Agrarpolitik ist er-
heblich. Im Jahre 2015 ossen gut 6 Mrd.€ aus dem EU-Haushaltstitel 2 (Nach-
haltiges Wachstum: Natürliche Ressourcen) nach Deutschland (siehe Tab.7.3).
Die Obergrenze für Direktzahlungen lag bei etwas mehr als 5,1 Mrd. €. 113Mio.
standen für Exporterstattungen zur Verfügung. Diese beiden Posten werden zu
100% aus dem EU-Haushalt beglichen. 723Mio.€ standen für Programme der
ländlichen Entwicklung bereit, zu denen auch die Agrarumweltprogramme gehö-
ren. Diese Mittel konnten nur in Anspruch genommen werden, insofern es eine
entsprechende Ko-Finanzierung gab. Weitere jeweils knapp 35Mio.€ ossen aus
Mitteln der Gemeinsamen Fischereipolitik sowie für das Umwelt- und Klimaakti-
onsprogramm Life.
Der Mehrjährige Finanzrahmen 2014–2020 sieht europaweit relativ konstante
Ausgaben von jährlich ca. 44,5Mrd.€ für die Direktzahlungen und marktbezoge-
nen Ausgaben sowie ca. 13,6 Mrd. € für die ländliche Entwicklungspolitik vor
(Tab.7.4).
Tab. 7.3 EU-Ausgaben aus dem Haushaltstitel 2 (Nachhaltiges Wachstum: Natürliche Ressourcen)
an deutsche Empfänger im Jahr 2015
Titel Bezeichnung
Betrag in
Mio.€
2 SUSTAINABLE GROWTH: NATURAL RESOURCES 6041,0
Davon
2.0.1 European Agricultural Guarantee Fund (EAGF)– Market related
expenditure and direct payments
5247,9
Direct Aid 5135,3
Export refunds 112,7
2.0.2 European Agricultural Fund for Rural Development (EAFRD) 723,3
2.0.3 European Maritime and Fisheries Fund (EMFF), Regional Fisheries
Management Organisations (RFMOs) and Sustainable Fisheries
Agreements (SFAs)
34,8
2.0.31 European Maritime and Fisheries Fund (EMFF) 34,7
2.0.32 Regional Fisheries Management Organisations (RFMOs) and
Sustainable Fisheries Agreements (SFAs)
0,1
2.0.4 Programme for the Environment and Climate Action (Life) 34,5
2.0.DAG Decentralised agencies 0,3
2.0.OTH Other actions and programmes 0,0
2.0.PPA Pilot projects and preparatory actions 0,1
2.0.SPEC Actions nanced under the prerogatives of the Commission and specic
competences conferred to the Commission
0,0
Quelle: Eigene Darstellung, nach European Commission (2016)
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
171
7.2.1 Institutioneller Rahmen
Die Budget-Frage geht dabei weit über den Bereich der Agrarpolitik hinaus. Der Um-
fang des Agrarbudgets wird im Rahmen der Verhandlungen über den Mehrjährigen
Finanzrahmen der EU vom Rat der EU auf Vorschlag der Kommission festgelegt.
Laut Artikel310 des Vertrags von Lissabon über die Arbeitsweise der Europäischen
Union (AEUV) muss die EU einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Laut Arti-
kel312 AEUV legt die EU einen mehrjährigen Finanzrahmen über einen Zeitraum
von mindestens fünf Jahren fest. Dieser wird in einer Verordnung geregelt, deren
Verabschiedung Einstimmigkeit im Rat und eine Mehrheit der Mitglieder des Euro-
päischen Parlaments erfordert. Der Finanzrahmen legt jährliche Obergrenzen für die
Haupttätigkeitsbereiche der Union fest. Daneben enthält der Finanzrahmen „auch
alle sonstigen für den reibungslosen Ablauf des jährlichen Haushaltsverfahrens
Tab. 7.4 Mehrjähriger Finanzrahmen der EU 2014–2020, Haushaltstitel 2 (Nachhaltiges
Wachstum: Natürliche Ressourcen)
Titel 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020
2014–
2020
Nachhaltiges
Wachstum:
natürliche
Ressourcen
59.303 59.599 59.909 60.191 60.267 60.344 60.421 420.034
Davon
Europäischer
Garantiefonds für
die Landwirt-
schaft (EGFL)–
marktbezogene
Ausgaben und
Direktzahlungen
44.130 44.368 44.628 44.863 44.889 44.916 44.941 312.735
Europäischer
Landwirtschafts-
fonds für die
Entwicklung des
ländlichen
Raums (ELER)
13.652 13.652 13.653 13.653 13.654 13.654 13.655 95.577
Europäischer
Meeres- und
Fischereifonds
(EMFF)
1017 1035 1049 1058 1069 1078 1095 7404
Umwelt- und
Klimapolitik
(Life)
404 435 462 493 523 555 581 3456
Agenturen 52 53 54 55 56 57 58 387
Spielraum 47 54 61 67 74 81 89 473
Mittel für Verpichtungen in Mio.€ in laufenden Preisen.
Quelle: Eigene Darstellung, nach European Commission (2016)
7.2 Baustein 2: Budget
172
sachdienlichen Bestimmungen“. Im Finanzrahmen werden daher in der Regel bereits
wesentliche Grundlinien der GAP mittelfristig bestimmt, deren Details dann in den
agrarpolitischen Verhandlungen ausgefüllt werden, bei denen DG Agri, die Fachmi-
nisterien der Mitgliedstaaten und der Agrarausschuss des Europäischen Parlaments
maßgeblich sind (Matthews 2015) (siehe auch Abschn.4.1).
Die Einussfaktoren auf den Budgetrahmen der GAP liegen daher wesentlich
jenseits der Agrarpolitik. Bei der Erstellung der strategischen Optionen haben wir
daher kein bestimmtes nanzielles Szenario zugrunde gelegt. Bei den Erwartungen
über das künftige nanzielle Volumen und die nanziellen Arrangements in der
GAP nach 2020 sind zum einen systematische, zum anderen politische Überlegun-
gen einzubeziehen.
7.2.2 Systematische Aspekte
Aus systematischer Sicht haben öffentliche Haushalte drei Funktionen: makroöko-
nomische Stabilisierung, allokative sowie distributive Funktionen. Angesichts des
Volumens von lediglich ca. 1% des BIP der Mitgliedstaaten kommt dem EU- Haushalt
keine wesentliche Stabilisierungsfunktion zu. Bei den allokativen Funktionen ist der
EU-Haushalt entsprechend der Lissabon-Strategie vor allem auf die Stärkung des
Wachstumspotenzials in den Mitgliedstaaten und vor allem in benachteiligten Regio-
nen ausgerichtet, etwa durch Infrastrukturausgaben. Bei den Struktur- und Kohäsi-
onsfonds spielen verteilungspolitische Aspekte zwar eine Rolle, im Vordergrund steht
aber das Ziel, Wachstumshemmnisse in benachteiligten Regionen zu vermindern so-
wie die grenzübergreifenden Kooperation zu fördern (Bos 2010, S.91).
In einer Kommunikation zur Entwicklung des EU-Haushalts hat die Europäische
Kommission fünf Prinzipien für den EU-Haushalt formuliert. Dieser soll der Reali-
sierung der Schlüsselprioritäten dienen, Skaleneffekte ermöglichen, ergebnisorien-
tiert sein, Stabilität für alle durch Solidarität mit den schwächeren Mitgliedern
schaffen sowie den Prinzipien der Autonomie, Transparenz und Fairness entspre-
chen (European Commission 2010). Nach der Einführung der produktionsentkop-
pelten Direktzahlungen gab es daher Stimmen, die sich dafür aussprachen, die Poli-
tik zur Einkommensstützung zu dezentralisieren, da interpersonale Verteilungspolitik
in die Kompetenz der Mitgliedstaaten fällt (Bos 2010, S.93). Eine vorrangig ein-
kommenspolitische Begründung der Direktzahlungen könnte daher deren Vollnan-
zierung in Frage stellen. Da entkoppelte Direktzahlungen zudem weder Skalenef-
fekte noch Externalitäten mit sich bringen, entfallen weitere Argumente für eine
Zentralisierung dieser Zahlungen (Grethe 2008).
Hinzu kommt die Überlegung, dass Maßnahmen mit Ko-Finanzierung in der Regel
zu größerem Kostenbewusstsein bei den Mitgliedstaaten führen und damit zu einer stär-
ker ergebnisorientierten und besser vorbereiteten Implementation. Beide Effekte sind
geeignet, die Effektivität und Efzienz von Maßnahmen zu erhöhen. Andererseits
könnte die Gefahr bestehen, dass bei knappen öffentlichen Haushalten keine hinreichen-
den Mittel bereitgestellt werden bzw. „Naturschutz nach Kassenlage“ betrieben wird.
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
173
Insgesamt sind aus systematischer Sicht also sowohl die Vollnanzierung von
Maßnahmen durch die EU wie auch die zentrale Finanzierung von vorwiegend ein-
kommenspolitischen Maßnahmen kritisch zu beurteilen.
7.2.3 Politische Aspekte
Im Hinblick auf die politischen Prozesse der Budgetverhandlungen ist zu berück-
sichtigen, dass die Mitgliedstaaten die von ihnen bereitgestellten Beiträge an die EU
als ihr eigenes Geld ansehen, von dem sie einen angemessenen Rückuss erwarten,
auch wenn es sich rechtlich und technisch um Eigenmittel der EU handelt (Bos
2010, S.89). Bei den Finanzverhandlungen spielt daher die buchhalterische Netto-
zahlerposition eine zentrale Rolle.
Diese Betrachtungsweise kann eine Reform der Instrumente der Agrarpolitik er-
schweren, wenn dadurch Unsicherheiten über die Verteilungswirkungen entstehen
oder wenn einzelne Mitgliedstaaten eine Verschlechterung ihrer Nettozahlerposi-
tion hinnehmen müssten, die nicht an anderer Stelle (wenn auch nicht notwendiger-
weise für die gleichen Empfänger) kompensiert wird. Im Ergebnis begünstigt die
Nettozahlerperspektive eine starke Status-quo-Orientierung und Pfadabhängigkeit
der GAP (Ackrill 2005).
Dabei ist zu beachten, dass die GAP Umverteilungswirkungen zwischen den
Mitgliedstaaten erzeugt, die zumindest in den 1990er-Jahren zwischen 20% und
+60% des Produktionswerts des Agrarsektors streuten (Zanias 2002). Durch die
teilweise Angleichung der Direktzahlungen zwischen 2014 und 2020 wurden ex-
plizit Umverteilungswirkungen im Vergleich zum Status quo zwischen den Mit-
gliedstaaten angestrebt, in diesem Fall im Sinne des Kohäsionsziels von den reiche-
ren EU-15 zu den ärmeren neuen Mitgliedstaaten in Osteuropa (vgl. European
Commission 2011b, S.60). Studien mit größerer räumlicher Differenzierung nden
regionale Umverteilungseffekte der GAP zugunsten ländlicher Regionen, die auch
unterhalb der Ebene der Bundesländer stark variieren können (Elsholz 2009). Eine
Renationalisierung der GAP könnte demnach zu einer Verminderung dieser Umver-
teilungseffekte führen (Elsholz 2009). Weil die Agrarzahlungen letztlich steuer-
nanziert sind, „ndet eine Einkommensumverteilung von urbanen und wohlhaben-
den Regionen zu ländlichen und ärmeren Regionen statt“ und die GAP trägt zum
Kohäsionsziel der EU bei (Hansen 2009, S.180f.)
Aufgrund der Verteilungseffekte haben Mitgliedstaaten und Regionen, die netto
von der GAP im Allgemeinen und insbesondere von den Direktzahlungen protieren,
ein Interesse an deren Fortführung zu relativ unveränderten Bedingungen. Da die
Verabschiedung des Mehrjährigen Finanzrahmens Einstimmigkeit im Rat erfordert,
sind die Nettoempfänger der GAP in einer relativ starken Position. Dies trägt we-
sentlich zur Erklärung des Entwicklungspfads der europäischen Agrarpolitik seit
der MacSharry-Reform von 1992 bei: Zunächst wurde vereinbart, dass das
GAP-Budget geringer steigen sollte als das BIP und damit auch als der Haushalt der
EU insgesamt (Bos 2010). Für die Finanzperiode 2014–2020 bleiben die Ausgaben
7.2 Baustein 2: Budget
174
der GAP nun ungefähr konstant, was auf eine weitere Verminderung des relativen
Anteils der GAP sowohl am BIP wie am Budget der EU hinausläuft und auf diese
Weise gewisse Freiräume für andere Aufgaben der EU schafft.
Eine weitere Frage ist, ob in den nächsten Jahren überhaupt mit einer politischen
Initiative zu rechnen ist, die auf eine grundlegende Reform der GAP abzielt. Die
relativ weitgehenden GAP-Reformen von 1992 und 2003 wurden jeweils von einem
Agrarkommissar mit einer konzeptionell gut unterfütterten Reform-Agenda und
unter starkem äußerem Druck vorangetrieben (vgl. Abschn.4.1). Bei unseren Hin-
tergrundgesprächen ergab sich der Eindruck, dass derzeit eher nicht mit einer grö-
ßeren Reforminitiative für die GAP zum Zeitpunkt 2020 gerechnet wird. Dabei
spielt eine Rolle, dass die reguläre Amtszeit der derzeitigen Kommission 2019 en-
det und es als wenig opportun angesehen werden könnte, der Nachfolgekommission
die Implementation einer radikalen Reform, die sie nicht selbst angestoßen hat, zu
hinterlassen. Als wahrscheinliche Szenarien gelten daher entweder eine relativ
kleine Reform für die GAP 2021–2027 oder eine Verlängerung der derzeitigen GAP
um ein bis zwei Jahre mit der Gelegenheit für eine umfassendere Reform für die
Zeit ab 2022.
Vor diesem Hintergrund erscheint die folgende Annahme hinsichtlich des
GAP-Budgets 2021–2027 plausibel, die von einer Fortsetzung des bisherigen Poli-
tikpfads ausgeht:
Der für die GAP zur Verfügung stehende Anteil am EU-Haushalte bleibt kon-
stant. Unter Berücksichtigung der durch den Brexit bedingten Verminderung des
Haushaltsvolumens um derzeit geschätzte 10Mrd.€/Jahr würden die verbleiben-
den 27 Mitgliedstaaten ca. 4Mrd. €/Jahr weniger als bisher für die GAP zur
Verfügung stellen.
Verschiebungen zwischen den Anteilen mit Voll- und Ko-Finanzierung sind
möglich, wenn die Umverteilungseffekte relativ gering bleiben und als be-
herrschbar angesehen werden.
Diese Annahmen liegen der Formulierung der strategischen Optionen in Kap. 8
zugrunde.
7.2.4 Dilemma aus Sicht der Naturschutz- und Umweltpolitik
Aus Sicht des Naturschutz- und Umweltschutzes ergibt sich aus der nanzpoliti-
schen Konstruktion der GAP ein Dilemma. Einerseits könnten die umweltbezoge-
nen Maßnahmen in der Zweiten Säule bei anspruchsvoller Ausgestaltung deutlich
effektiver und efzienter zur Erreichung von Umweltzielen sein als die relativ all-
gemeinen und wenig anspruchsvollen Instrumente in der Ersten Säule. Andererseits
werden die Direktzahlungen der Ersten Säule bisher voll aus dem EU-Haushalt -
nanziert, während die Maßnahmen der Zweiten Säule derzeit eine nationale Ko-
Finanzierung erfordern, die gerade in ärmeren Regionen eine Herausforderung dar-
stellen kann. Daher besteht von Seiten der Mitgliedstaaten und Regionen, die
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
175
Nettoempfänger der Ersten Säule sind, Widerstand gegen eine Umschichtung von
Mitteln der Ersten in die Zweite Säule. Dieser Widerstand war in der letzten Re-
formdiskussion wirkmächtig. Nachdem der Anteil der Zweiten Säule zuvor in meh-
reren Reformschritten jeweils erhöht wurde, stagnierte er in der Reform von 2013
nicht nur, sondern war sogar leicht rückläug (Anania und Pupo D’Andrea 2015).
Ein mögliches Argument könnte dabei gewesen sein, dass durch die Einführung des
Greenings in der Ersten Säule die Zweite Säule entlastet wurde und damit für wei-
tergehende Maßnahmen genutzt werden sollte.
Die Teilnehmer in den Hintergrundgesprächen waren eher skeptisch, ob es zu
größeren Veränderungen der Aufteilung der Mittel zwischen Vollnanzierung und
Ko-Finanzierung kommen wird. Die Erhöhung des Anteils mit erforderlicher Ko-
Finanzierung würde– bei insgesamt gleichbleibendem GAP-Budget– erfordern,
dass die Mitgliedstaaten insgesamt noch mehr Geld für die Agrarpolitik aufwenden
würden, da mehr Finanzmittel zur Ko-Finanzierung aufgebracht werden müssten.
Dies ist angesichts der Fülle anderer Aufgaben sowie der schrumpfenden ländlichen
Bevölkerung aus polit-ökonomischer Perspektive eher unwahrscheinlich.
Mehr Erfolg verspricht daher der im Rahmen der 2013-Reform verfolgte Ansatz,
den Mitgliedstaaten die Option einer freiwilligen Teilmodulation von der Ersten in
die Zweite Säule bei Beibehaltung der Vollnanzierung zu eröffnen. Die Mitglied-
staaten gewinnen dadurch mehr Spielraum für eine von nanziellen Erwägungen
unabhängige Auswahl der geeignetsten Instrumente. Bis August 2017 haben die
Mitgliedstaaten die Möglichkeit, die Modulation weiter auf bis zu 15% zu erhöhen.
Eine andere Möglichkeit wäre es, die bisherige Verknüpfung zwischen Vollnan-
zierung mit Direktzahlungen/Cross Compliance einerseits und Ko-Finanzierung
mit freiwilligen/regionsspezischen Maßnahmen andererseits zu lockern oder sogar
ganz aufzuheben.
7.2.5 Handlungsalternativen
Vor dem Hintergrund der Überlegungen ergeben sich fünf alternative Ansätze, die
sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern auch kombiniert werden können:
(1) Verlagerung von Mitteln aus der GAP in z.B. einen „Naturschutzfonds“:
Diesem Ansatz liegt die Erfahrung zugrunde, dass nach Festlegung des Mehr-
jährigen Finanzrahmens 2014–2020 die Ausgestaltung der darin vorgesehenen
sachlichen Rahmenrichtlinien von agrarischen Interessen dominiert wurde. Eine
teilweise Verlagerung von Mitteln aus der GAP in einen „Naturschutzfonds“
würde sicherstellen, dass bei deren Vergabe die Anliegen des Natur- und Um-
weltschutzes Priorität erhalten. Der Nachteil dieser Strategie ist ihr redistributi-
ver Charakter, der regelmäßig zu einem hohen Koniktniveau führt. Dies kann
einerseits Mobilisierungseffekte für den Natur- und Umweltschutz haben, ande-
rerseits wäre aber auch mit einer Mobilisierung derjenigen Kräfte zu rechnen,
die befürchten, dass man ihnen „ihr“ Budget „wegnehmen“ will. Angesichts der
7.2 Baustein 2: Budget
176
Interessenlagen und Kräfteverhältnisse wäre hier vermutlich ein hoher politi-
scher Krafteinsatz bei ungewissen Erfolgsaussichten erforderlich. Daneben ist
zu berücksichtigen, dass auch ein bei der DG Umwelt angesiedeltes Budget für
Programme des Agrarumweltschutzes den Regeln des EU-Rechts unterliegt. Zu-
dem könnte die Koordination mit anderen Maßnahmen der Agrarpolitik schwie-
riger sein, und es könnten parallele Verwaltungsabläufe entstehen.
(2) Verschiebung von Mitteln von der Ersten in die Zweite Säule: Dies erschien
über 20 Jahre als der evolutionäre Entwicklungspfad der GAP.Seit 2013 stagniert
dieser Reformpfad jedoch. Ein erstes Hindernis dieser Strategie sind die Vertei-
lungseffekte zuungunsten von Vetospielern, denen jedoch grundsätzlich durch
Kompensations- und Paketlösungen begegnet werden kann. Ein zweites wichti-
ges Problem ist, dass bei Beibehaltung der (sub-)nationalen Ko- Finanzierung zu
derzeitigen Sätzen insgesamt noch mehr Mittel für die Agrarpolitik aufgewendet
werden müssten. Dem könnte dadurch begegnet werden, dass die nationalen
Ko-Finanzierungssätze so vermindert werden, dass das nanzielle Gesamtvolu-
men (Aufwendungen der EU plus Mitgliedstaaten) ungefähr konstant bleibt. Bei
diesem Ansatz ist weiterhin zu beachten, dass es nicht nur eine Kritik an der ober-
ächlichen Legitimierung der Ersten Säule durch wenig wirksame Cross-Com-
pliance-Regelungen gibt, sondern auch eine Kritik an mangelnder Wirksamkeit
der Maßnahmen der Zweiten Säule (siehe Abschn.7.4.2).
(3) Stärkung der Agrarumweltprogramme innerhalb der ländlichen Entwick-
lungspolitik: Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass innerhalb der Zweiten
Säule eine Mittelkonkurrenz zwischen Agrarumweltprogrammen, ländlicher
Entwicklung und betrieblichen Investitionsprogrammen besteht (Hart et al.
2016). Die Naturschutz- und Umweltkomponente könnte dadurch gestärkt wer-
den, dass hier höhere nanzielle Mindest- und Höchstanteile innerhalb der
ländlichen Entwicklungsprogramme verankert werden. Auf der nationalen und
regionalen Ebene wäre dann sicherzustellen, dass die vorhandenen nanziellen
Räume für Naturschutz- und Umweltmaßnahmen möglichst weitgehend aus-
geschöpft werden.
(4) Dominante Direktzahlungen akzeptieren und umwelteffektiver machen:
Geht man davon aus, dass die Nutznießer starker direktnanzierter Direktzahlungen
eine nicht zu überwindende Vetoposition im Rat einnehmen, dann bestehen fol-
gende Möglichkeiten:
stärkere Verknüpfung der Direktzahlungen mit Naturschutz- und Umwelt-
leistungen durch Weiterentwicklung des Greenings und Neugestaltung der
Instrumente (siehe Abschn.7.3);
fortlaufende Erhöhung des Anteils, den die Mitgliedstaaten von der Ersten in
die Zweite Säule modulieren können, ggf. unter Beibehaltung der Vollnan-
zierung; dadurch Erhöhung der nationalen Spielräume für zielgenauere und
anspruchsvollere Maßnahmen nach Art der Zweiten Säule.
(5) Erschließen und Aktivieren neuer Finanzquellen: Eine andere Variante ist
die Erschließung neuer Finanzierungsquellen für Maßnahmen des Natur- und
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
177
Umweltschutzes. Hier könnte etwa ein Agrarumwelt-Investitionsfonds von
Interesse sein, der Umweltinvestitionen ko-nanziert oder– nach dem Vorbild
der Unterstützung von Energiesparmaßnahmen durch die Kreditanstalt für Wie-
deraufbau – mit vorteilhaften Krediten ermöglicht. Hier wäre auch darüber
nachzudenken, ob aus Marktaktivitäten weitere Zahlungen aktiviert werden
können, etwa durch die Einführung eines Umweltcents auf bestimmte Güter
durch Einzelhändler mit Marktmacht, aus dem dann Pilotprojekte oder andere
Maßnahmen gefördert oder ko-nanziert werden können.
7.3 Baustein 3: Erste Säule der GAP– Flächenbezogene
Direktzahlungen
7.3.1 Bewertung des derzeitigen Systems der Direktzahlungen
Die Erste Säule der GAP beinhaltet die Gewährung von Direktzahlungen, die seit
der Reform 2003 unabhängig von der Art und Höhe der Produktion (etwa Anzahl
gehaltener Tiere, angebaute Kulturen) als Flächenprämie gezahlt werden. In
Deutschland wurden die Direktzahlungen vollständig von der Produktion entkop-
pelt und spätestens ab 2019 werden in ganz Deutschland für Acker- und Grünland
einheitliche Flächenprämien ausbezahlt. Seit 2015 gliedern sich die Direktzahlun-
gen in die Basisprämie, die Greening-Prämie, die Umverteilungsprämie und die
Junglandwirteprämie. Dabei sind die Basis- und die Greening-Prämie an die Ein-
haltung der Cross-Compliance-Verpichtungen (GAB, GLÖZ) und der Gree-
ning-Auagen (Anbaudiversizierung, Erhalt von Dauergrünland, Bereitstellung
ökologischer Vorrangächen) gebunden. Mit der Umverteilungsprämie werden die
ersten Hektare eines Betriebes zusätzlich gefördert, hierdurch sollen kleinere Be-
triebe verstärkt begünstigt werden. Ebenso werden mit der Junglandwirteprämie
Berufseinsteiger stärker gefördert. Das BMEL deniert als Ziele der Gewährung
der Direktzahlungen (BMEL 2015e):
Erstens sollten damit die vielfältigen gesellschaftlichen Leistungen der Land-
wirtschaft honoriert und gesichert werden.
Zweitens seien die staatlichen Förderungen ein Ausgleich dafür, dass Landwirte
in Europa gerade in den Bereichen Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz deut-
lich höhere Standards einhalten müssten als viele ihrer Kollegen in anderen Tei-
len der Welt.
Drittens trügen die Direktzahlungen zur Einkommenssicherung und Einkom-
mensstabilisierung der Landwirte bei, indem sie die Auswirkungen der zum Teil
extremen Preisschwankungen bei Agrarprodukten abfedern.
Die Direktzahlungen der Ersten Säule sind seit der Reform von 2003 an die Ein-
haltung von Natur- und Umweltschutzauagen gebunden (Cross Compliance). Da-
mit werden die Aspekte der Einkommenssicherung und Versorgungssicherheit als
7.3 Baustein 3: Erste Säule der GAP– Flächenbezogene Direktzahlungen
178
Ziele der GAP systematisch mit der Kontrolle der Einhaltung von Mindeststandards
verknüpft. Die Zahlungen erscheinen daher als Honorierung landwirtschaftlicher
Leistungen. An Grenzertragsstandorten unterstützen die Direktzahlungen zudem
die Aufrechterhaltung einer ächendeckenden Bewirtschaftung, denn sie werden
schon bei Offenhaltung der Flächen durch einmaliges Mähen oder Mulchen pro
Jahr gewährt. Auf diese Weise wurde mit der Reform von 2003 eine argumentative
Engführung von Erster und Zweiter Säule eingeleitet, denn bis dahin wurden Natur-
und Umweltleistungen ausschließlich in der Zweiten Säule honoriert.
Allerdings wird vielfach Kritik an diesem System geäußert. So gehen die
Cross-Compliance-Auagen nur geringfügig über den gesetzlichen Mindeststan-
dard hinaus– nämlich in Form der GLÖZ- und seit 2015 der Greening-Auagen.
Die positiven Effekte für den Natur- und Umweltschutz sind dabei vermutlich ge-
ring (Hart etal. 2016).
Da die Landwirte nicht dazu verpichtet sind, Cross Compliance und Greening
einzuhalten (mit Ausnahme der GAB), steht ihnen die Möglichkeit offen, auf die
Greening- und die Basisprämie zu verzichten, um damit die Einhaltung der GLÖZ-
und Greening-Auagen zu umgehen. Zwar ist die Einhaltung der Greening-
Auagen Voraussetzung für den Erhalt der Basisprämie, bei Verstößen werden je-
doch max. 125% der Greening-Prämie gekürzt. In Deutschland entspricht das
ca. 100 €/ha. Bisher erhalten die meisten Betriebe in Deutschland jedoch Direkt-
zahlungen (siehe Tab.7.5) und müssen damit die Cross-Compliance-Auagen ein-
halten. Aussagen zur Einhaltung der Greening-Auagen bzw. zum Umfang von
Verstößen gegen die Greening-Auagen sind noch nicht bekannt.
Wie Tab.7.5 zeigt, nehmen konstant mehr als 90% der Betriebe in Deutsch-
land die Direktzahlungen in Anspruch. Insgesamt wurden in Deutschland nur für
ca. 49.000ha landwirtschaftlicher Fläche keine Direktzahlungen bezogen, wobei es
sich vorwiegend um Sonderkulturächen handelte (Krämer 2017, S. 40). Diese
hohe Teilnahmebereitschaft lässt sich damit erklären, dass die Höhe der Direktzah-
lungen die Kosten, die durch die Einhaltung der Bedingungen für die Gewährung
von Direktzahlungen anfallen, typischerweise bei weitem übersteigt. Berechnungen
zeigen, dass die durch die Auagen verursachten Mehrkosten im Ackerbau gegen-
über dem Weltmarkt bei nur ca. 20€/ha (Plankl etal. 2010) bis 50€/ha liegen (Wis-
senschaftlicher Beirat für Agrarpolitik beim BMELV 2010).
Auch bezüglich der Einhaltung der Greening-Auagen ist davon auszugehen,
dass die durch die Einhaltung der Auagen verursachten Kosten durch die Gree-
ning-Prämie mehr als kompensiert werden. Im Vorfeld wurden die Kosten der Ein-
Tab. 7.5 Anteil
landwirtschaftlicher Betriebe,
die keine Direktzahlungen
beziehen. (Quelle: Eigene
Darstellnug, nach BMELV
(2013a); BMEL (2014a,
2015d))
Wirtschaftsjahr
Anteil der Betriebe
ohne
Direktzahlungen (%)
2014/15 6,8
2013/14 6,4
2012/13 7,2
2011/12 6,7
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
179
haltung der Greening-Auagen im EU-Durchschnitt auf ca. 35€/ha geschätzt (Eu-
ropean Commission 2011a). Seitens der Landwirtschaftsverbände stand dabei vor
allem die Auage, 5% ökologische Vorrangächen bereit zu stellen, stark in der
Kritik. Nimmt man nun an, dass die Direktzahlung ab 2019in Deutschland 281€/
ha betragen, dann beträgt die Höhe der Greening-Prämie 84,30€/ha (30% der Di-
rektzahlungen). Nimmt man weiterhin an, dass die beiden anderen Greening-
Auagen– die Verpichtung zum Grünlanderhalt und die Fruchtfolgegestaltung–
ohne Verursachung wesentlicher Kosten eingehalten werden können, dann ergibt
sich so für die Bereitstellung von 1ha ökologischer Vorrangäche ein „Pachtpreis“
von 1686€/ha.1 Selbst in aktuellen Gunstlagen ist ein Pachtpreis in dieser Höhe
„konkurrenzfähig“. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Bereitstellung
ökologischer Vorrangächen einen vollkommenen Nutzungsverzicht gar nicht vor-
sieht. Es können ökologische Vorrangächen gemeldet werden, welche die Bereit-
stellungskosten der ökologischen Vorrangäche weiter senken. So ist z.B. der An-
bau von Eiweißpanzen möglich. Auch wenn durch die Auagen des Grünlanderhalts
und der Einhaltung der Fruchtfolgeauagen in einigen Betrieben Kosten entstehen
können, ist davon auszugehen, dass diese durch die Greening-Prämie kompensiert
werden. So wird festgestellt, dass auch unter Berücksichtigung der Kosten des
Greenings, die mit 10 bis 100 €/ha berechnet werden, die Einhaltung der Gree-
ning-Auagen aus betrieblicher Sicht langfristig meist sinnvoll ist (de Witte und
Latacz-Lohmann 2014). Die Folgenabschätzung der Europäischen Kommission be-
zifferte die zu erwartenden Kosten aller Greening-Auagen auf etwas mehr als
30€/ha im EU-Durchschnitt und für Deutschland auf durchschnittlich ca. 50€/ha
(European Commission 2011a).
Es lässt sich somit festhalten, dass die Cross-Compliance- und Greening-
Auagen zwar nicht garantieren, dass von allen Betrieben in allen Regionen die
entsprechenden Auagen eingehalten werden, da ein „Ausstieg“ aus dem System
der Direktzahlungen möglich ist. Aktuell ndet ein solcher Ausstieg aber nur in sehr
geringem Umfang statt, da die gewährten Prämien die entstehenden Kosten bei Wei-
tem übersteigen. Darüber hinaus liegen die Direktzahlungen deutlich über dem
Wert, der für einen Ausgleich für höhere Auagen gegenüber dem Weltmarkt ge-
rechtfertigt wäre.
Wenn die Direktzahlungen tatsächlich vorrangig dem Zweck dienen sollen, einen
Ausgleich für die aus den Cross-Compliance- und Greening-Verpichtungen ent-
stehenden Mehrkosten zu gewähren, dann müssten die erheblichen Unterschiede
zwischen den verschiedenen Betriebstypen deutlich stärker berücksichtigt werden
(siehe Tab.7.6). Dies betrifft z.B. tierhaltende Betriebe, die im Vergleich zu Acker-
baubetrieben mehr Auagen einhalten müssen und dadurch zum einen höhere Kos-
ten haben (Bürokratie, Produktion, Investitionen), aber auch ein höheres Anlas-
tungsrisiko aufweisen (gegen die Tierkennzeichnungsverordnung wird am häugsten
1 Die Summe von 1686€/ha ergibt sich, wenn man die Greening-Prämie von 84,30€/ha mit der
Anzahl der Hektare multipliziert, für welche die Greening-Prämie gezahlt wird. Diese ist 20mal
so groß wir die ökologischen Vorrangächen, die bereitgestellt werden müssen, um die Gree-
ning-Auagen zu erfüllen.
7.3 Baustein 3: Erste Säule der GAP– Flächenbezogene Direktzahlungen
180
verstoßen). In der EU kommt es aufgrund der Auagen im Bereich des Umwelt-,
Tier- und Verbraucherschutzes zu Steigerungen der Produktionskosten bei Schweine
und Geügel haltenden Betrieben von rund 5–10%, bei Milchvieh, Rinder und
Schafe haltenden Betrieben um 2–3% und bei viehlosen Betrieben um 1–3,5 %
(Menghi etal. 2014).
Des Weiteren ist anzuführen, dass Betriebe, die z.B. in der Vergangenheit Land-
schaftselemente erhalten und/oder Grünland nicht umgebrochen haben, nun von den
entsprechenden Auagen und Anlastungsrisiken betroffen sind. Dies steht im Ge-
gensatz zur Situation von Betrieben, die sich in der Vergangenheit weniger natur-
und umweltschutzorientiert verhalten haben. Umgekehrt erfordert die Bereitstellung
ökologischer Vorrangächen oder die Einhaltung der Fruchtfolgeauagen von Be-
trieben, die dies bereits in der Vergangenheit geleistet haben, wenige Veränderungen,
während diese Auagen für andere Betriebe mit Kosten verbunden sein könnten.
Durch die Modulation bis 2014 und die Umverteilungsprämie, welche kleinere
Betriebe pro Hektar besser stellen, erhalten die Direktzahlungen eine strukturpoliti-
sche Komponente. Allerdings ist diese kaum geeignet, den Strukturwandel aufzu-
halten, der hin zu weniger Betrieben führt, die sich aber stärker spezialisieren. Wei-
terhin kommt es zu einer räumlichen Konzentration ähnlich spezialisierter Betriebe
in einzelnen Regionen (z.B. die Veredelungsbetriebe im Raum Vechta- Cloppenburg).
Die regionale Spezialisierung kann wiederum Umweltprobleme mit sich bringen
(z.B. hoher Anfall organischer Dünger). Mit der abnehmenden Zahl an Landwirten
könnte darüber hinaus Erfahrungswissen verloren gehen. In Deutschland führt die
stärkere Förderung der ersten Hektare zu einer Umverteilung der Zahlungen zwi-
schen den Bundesländern, wobei die neuen Bundesländer 85Mio.€ verlieren, wäh-
rend Baden-Württemberg und Bayern 48Mio.€ gewinnen (Balmann und Sahrba-
cher 2014). Es wird erwartet, dass die Prämie geringe Effekte hinsichtlich der
Entlastung kleinerer Betriebe bewirkt, aber einen hohen administrativen Aufwand
verursacht (Forstner etal. 2012).
Das Hauptziel der Direktzahlungen ist die Einkommenssicherung für Landwir-
tinnen und Landwirte. Die Direktzahlungen machen zwar ca. die Hälfte des betrieb-
lichen Einkommens aus, jedoch nur ca. 10 % der betrieblichen Erträge (siehe
Tab.7.7). Die Abhängigkeit der Betriebe von den Direktzahlungen wird häug mit
Tab. 7.6 Steigerung der
betrieblichen Kosten für die
Einhaltung der EU-Auagen
im Bereich Umwelt, Tierwohl
und Verbraucherschutz (%)
nach Betriebstypen
Deutschland EU
Milchbetriebe 1,1–1,5 0,7–2,9
Rindermastbetriebe 0,5–3,0
Schafmastbetriebe 0,4–3,2
Schweinemastbetriebe 8,8 2,9–8,8
Geügelmastbetriebe 1,4–2,2 1,4–5,6
Ackerbaubetriebe
(Weizen)
1,4–2,2 2,1–3,4
Apfelproduktion 0,9–3,0 0,9–3,0
Weinbaubetriebe 0,1–4,1
Quelle: Eigene Darstellung, nach Menghi etal. (2014)
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
181
dem hohen Anteil der Direktzahlungen am landwirtschaftlichen Einkommen
begründet. Die absolute Höhe der gewährten Direktzahlungen als Anteil des land-
wirtschaftlichen Einkommens auszuweisen und damit die Abhängigkeit der Land-
wirtschaft von den Direktzahlungen zu begründen, erscheint allerdings nur ge-
rechtfertigt, wenn die Gewährung der Direktzahlungen keine Kosten sowie
„Überwälzungseffekte“ beim landwirtschaftlichen Betrieb hervorruft. Dies ist je-
doch nicht der Fall. Zum einen entstehen Kosten der Bürokratie und Umsetzung der
Cross–Compliance- und Greening-Auagen, zum anderen werden die Direktzah-
lungen zumindest zum Teil und in Abhängigkeit von der regionalen Bodennach-
frage auf den Pachtpreis überwälzt (Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik beim
BMELV 2010). Eine Ausweisung der Anteile der Direktzahlungen an den betrieb-
lichen Erträgen könnte somit besser geeignet sein, die Abhängigkeit landwirtschaft-
licher Betriebe von den Direktzahlungen darzustellen. Ein Anteil der Direktzahlun-
gen an den betrieblichen Erträgen von ca. 10% scheint mit einer Übergangsfrist
durchaus kompensierbar zu sein.
Des Weiteren wird häug angemahnt, dass einkommens- und verteilungspoliti-
sche Fragestellungen nach dem Subsidiaritätsprinzip eher auf der Ebene der Mit-
gliedstaaten zu regeln sind (Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik beim
BMELV 2010; Forstner etal. 2012). Auch ist der sektorbezogene Zuschnitt der Di-
rektzahlungen nicht geeignet, verteilungspolitische Ziele zu verfolgen, denn ein
niedriges landwirtschaftliches Einkommen kann beispielsweise einem Haushalt mit
hohem Einkommen aus anderen Quellen zuießen, so dass keine verteilungspoli-
tisch relevante Bedürftigkeit gegeben ist.
Schließlich wird argumentiert, dass die Fortführung der Direktzahlungen not-
wendig ist, in Grenzertragsregionen, wie etwa den Mittelgebirgen, die Aufrechter-
haltung der Landwirtschaft zu ermöglichen. Tatsächlich wären zu diesem Zweck
stärker räumlich fokussierte und zielgerichtete Maßnahmen efzienter, wie sie
heute z. B. durch die Ausgleichszulage in der Zweiten Säule angeboten werden
(Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik beim BMELV 2010).
Auch werden die Direktzahlungen zum Teil an den vor- und nachgelagerten Be-
reich „durchgereicht“. Im Ergebnis ist „die Einkommenstransferefzienz der meisten
Unterstützungsmaßnahmen […] <1“ (Moreddu 2011). Eine Studie aus dem Jahr 2008
zeigt, dass in Deutschland 30–60% der Direktzahlungen an die Landeigentümer wei-
tergegeben werden (Swinnen etal. 2008). Bei hohen Pachtanteilen– in Deutschland
im Durchschnitt ca. 60%– verbleiben damit große Teile der Direktzahlungen nicht
bei den aktiven Landwirten, sondern subventionieren den Grundbesitz (Forstner etal.
Tab. 7.7 Einkommensstabilisierende Wirkung der Direktzahlungen in Deutschland
Anteil der Direktzahlungen am
landwirtschaftlichen Einkommen (%)
Anteil der Direktzahlungen an den
betrieblichen Erträgen (%)
2014/15 55,8 11,2
2013/14 44,4 10,4
2012/13 45,3 10,8
2011/12 54,0 12,3
Quelle: Eigene Darstellung, nach BMELV (2013a), BMEL (2014a, 2015d)
7.3 Baustein 3: Erste Säule der GAP– Flächenbezogene Direktzahlungen
182
2012). Es wird davon ausgegangen, dass bei sinkenden Direktzahlungen unter
ansonsten unveränderten Rahmenbedingungen auch die Pachtpreise sinken würden
(Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik beim BMELV 2010).
Zusammenfassend lässt sich demnach festhalten, dass die Direktzahlungen die
mit ihnen verbundenen Zielsetzungen nicht oder nur sehr inefzient erfüllen.
Durch die Cross-Compliance- und Greening-Auagen werden nur geringe positive
Effekte auf den Natur- und Umweltschutz erzielt, während eine Einhaltung der
Auagen in allen Regionen und Betrieben aufgrund der Möglichkeit zum „Aus-
stieg“ nicht garantiert werden kann. Die Greening-Prämie übersteigt die mit den
Greening- Auagen verbundenen Kosten für die allermeisten Betriebe bei Weitem.
Auch die Basisprämie wäre als Ausgleich für die betrieblichen Kosten höherer
Auagen gegenüber dem Weltmarkt viel zu hoch angesetzt. Damit wird deutlich,
dass die Direktzahlungen vor allem einkommenspolitischen Zielen dienen. Auf-
grund des sektoralen Zuschnitts und der fehlenden Bindung an Bedürftigkeitskri-
terien stellen die Direktzahlungen aber kein effektives und efzientes Instrument
der Einkommenspolitik dar. Hinzu kommt, dass– je nach den Verhältnissen auf
den regionalen Bodenmärkten – ein erheblicher Teil der Direktzahlungen auf
Pacht- und Landpreise überwälzt wird, so dass die Einkommenseffekte zum Teil
bei Grundbesitzern anfallen, die weder landwirtschaftlich tätig noch im ländlichen
Raum ansässig sind.
7.3.2 Vorschläge zur Neustrukturierung der Ersten Säule
Insbesondere in Hinblick auf die mangelnde Erreichung der Ziele des Natur- und
Umweltschutzes werden aktuell folgende Vorschläge zur weiteren Entwicklung der
Ersten Säule der GAP diskutiert (vgl. dazu das Projekt des Instituts für Agraröko-
logie (Oppermann etal. 2016)und Biodiversität (ifab) sowie die Vorschläge des In-
stitute for European Environmental (Hart etal. 2016):
Weitere Begrünung der Ersten Säule;
Ausbau der Zweiten Säule;
Umbau des Systems der GAP in ein integriertes System zur Honorierung öffent-
licher Leistungen.
Eine Weiterentwicklung des Greenings der Ersten Säule wird in Abschn.8.2 ein-
gehender dargestellt, eine Stärkung der Zweiten Säule durch Umschichtung von
Geldern aus der Ersten Säule in Abschn.8.3. An dieser Stelle wird im Folgenden auf
einen Umbau des Systems der GAP eingegangen. Dabei entwickeln die folgenden
Überlegungen zum Umbau der Ersten Säule in ein Instrument zur Honorierung öf-
fentlicher Leistungen der Landwirtschaft den eingeschlagenen Weg der Gewährung
von Zahlungen für die Einhaltung von Umwelt- und Naturschutzauagen weiter
und orientieren sich strikt am Prinzip „öffentliche Gelder für öffentliche Leistun-
gen“. Als öffentliche Leistungen wird dabei im Rahmen der neuen Ersten Säule der
Ausgleich von wirtschaftlichen Nachteilen und Maßnahmen verstanden, die auf Be-
triebsebene im Rahmen eines „Baukastensystems“ umgesetzt werden.
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
183
Es werden verschiedene Politik-Elemente formuliert, welche die adressierten Pro-
blemlagen jeweils gezielt ansprechen. Damit sollen die Umweltwirkungen der Land-
wirtschaft verbessert werden, indem gezielt die Einhaltung anspruchsvollerer Aua-
gen honoriert wird. Die Höhe der betrieblichen Prämien würde sich dann nach den
tatsächlich erbrachten öffentlichen Leistungen richten. Dies würde auch die Motiva-
tion der Landwirte erhöhen, öffentliche Leistungen zu erbringen. Da eine einheitli-
che Honorierung in Form einer Flächenzahlung nicht mehr gewährt würde, ist davon
auszugehen, dass Prämien nur noch in geringerem Maße auf die Pacht- und Boden-
preise überwälzt würden. Eine Einkommensverbesserung der Landwirtschaft würde
dadurch erreicht, dass neben der Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse die Er-
bringung von öffentlichen Leistungen als Einkommensquelle an Bedeutung gewinnt.
Die nachfolgenden vorgestellten Elemente des Systems grenzen sich gegenüber
einer neu strukturierten Zweiten Säule (siehe Abschn.7.4) dadurch ab, dass
sie auf EU-Ebene oder Ebene der Mitgliedstaaten programmiert und nanziert
werden;
die Maßnahmen weitgehend unabhängig von regionalen und standörtlichen Bedin-
gungen einen positiven Mehrwert für den Natur- und Umweltschutz erwarten lassen.
Nachfolgend wird die den Elementen zugrundeliegende Idee skizziert, Ausführungen
zur detaillierten Ausgestaltung der Elemente werden an dieser Stelle nicht gemacht.
7.3.3 Element 1: Gesetzlicher Mindeststandard zur
Aufrechterhaltung der natürlichen Produktivität der
Standorte
Bisher sind in Cross Compliance verschiedene Auagen zusammengefasst. Die GAB
sind dabei als Ordnungsrecht anzusehen, dessen Einhaltung prinzipiell nicht entlohnt
werden sollte. Die GLÖZ- und Greening-Auagen können aufgrund der „Ausstiegsmög-
lichkeit“ als freiwillige Maßnahmen angesehen werden. Dabei sind Teile der GLÖZ- und
Greening-Auagen jedoch landbautechnisch zur dauerhaften Aufrechterhaltung der Pro-
duktivität der Standorte notwendig und sollten damit einerseits im langfristigen Eigen-
interesse der Bewirtschafter liegen, andererseits aber nicht der Freiwilligkeit überlassen
bleiben. Daher könnte es geboten sein, weitere verpichtende Auagen zu denieren, die
weitgehend den heutigen GLÖZ- und Greening-Auagen entsprechen, um auch lang-
fristig und für zukünftige Generationen die Produktivität der Standorte zu sichern. Diese
Auagen wären von allen Landwirten einzuhalten. Zu diesen Auagen zur Aufrechter-
haltung der natürlichen Produktivität könnten insbesondere zählen:
Erhalt von Dauergrünland;
Maßnahmen des Erosionsschutzes entsprechend dem Erosionskataster (zur Ein-
ordnung im Erosionskataster ist zusätzlich die Hanglänge zur berücksichtigen),
z.B.Erosionsschutzstreifen, Winterbegrünung;
Maßnahmen des Humuserhalts;
Bereitstellung wertvoller ökologischer Vorrangächen;
7.3 Baustein 3: Erste Säule der GAP– Flächenbezogene Direktzahlungen
184
Anspruchsvollere mehrgliedrige Fruchtfolge auf der Fläche (Flächenanteil der
Hauptfrucht max. 50%);2
Erhalt von Landschaftselementen.
7.3.4 Element 2: Prämien zur Aufrechterhaltung der
Landbewirtschaftung inGebietskulissen zum Erhalt der
Landschaftsvielfalt
Direktzahlungen können aus Sicht des Umwelt- und Naturschutzes wichtig sein,
um die Landbewirtschaftung an Standorten aufrecht zu erhalten, wo dies für eine
vielfältige Landschaft und die damit verbundenen Vorteile für den Erhalt der Bio-
diversität und der Ökosystemleistungen notwendig ist. Um diese Ziele zu erreichen,
ist es jedoch effektiver und efzienter, die entsprechenden Zahlungen auf die be-
troffenen Standorte zu konzentrieren.
Um die landwirtschaftliche Erzeugung auch auf Grenzertragsstandorten aufrecht
zu erhalten, wo dies zur Erhaltung einer Landschaftsvielfalt wünschenswert ist,
könnte daher– in Weiterentwicklung der heutigen Ausgleichszulage– eine Prämie
gewährt werden, deren Höhe sich daran orientiert, welche Standortnachteile aus-
geglichen werden müssen, um die Bewirtschaftung attraktiv zu machen. Zu den
möglichen Kriterien für die Bestimmung der Prämienhöhe gehören die Vegetations-
dauer (ausgedrückt in Höhe über NN oder langjährige Mittel der Länge der Vegeta-
tionsperiode), die Hangneigung, die Bodenpunkte u.a. Grundsätzlich sollten Prä-
mien für Grenzertragsstandorte so bemessen werden, dass sie die tatsächlichen
Opportunitätskosten der Bewirtschaftung widerspiegeln (Hart etal. 2016). Da die
Benachteiligung anhand relativ einfacher Indikatoren gut abgebildet werden kann,
könnten zukünftig die Kriterien für die Höhe einer solchen Prämie auf Ebene der
EU einheitlich festgelegt werden. Allerdings sollte die Zahlung einer solchen Prä-
mie auf zielorientierte Gebietskulissen beschränkt sein. Zudem sollte die Prämie
auf der Ebene von Standorten (Schlagebene) und nicht von relativ großächigen
Regionen deniert werden, um Mitnahmeeffekte zu minimieren.
Eine Finanzierung im Rahmen der Ersten Säule wäre anzuraten. Schon heute
besteht die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, benachteiligte Standorte durch die
Erste Säule zu fördern,3 die jedoch von Deutschland nicht genutzt wird (Isermeyer
etal. 2014).
Ergebnisse aus der Schweiz zeigen, dass Betriebe mit einem hohen Anteil von „Er-
schwernisächen“ aufgrund des hohen Arbeitsaufwandes häug in ihrem betrieblichen
2 Ein minimaler Flächenanteil von 10% und ein maximaler Flächenanteil von 50% sind für jede
der drei Feldfrüchte aus Sicht der Agrobiodiversität angemessen. Die Früchte müssen sich auf je-
der Fläche mit den mindestens bzw. höchsten vorgegebenen Anteilen abwechseln (Wissenschaft-
licher Beirat für Biodiversität und Genetische Ressourcen beim BMELV 2011).
3 Deutschland macht hiervon keinen Gebrauch. Möglich wären max. 5% der nationalen Obergrenze
für die Direktzahlungen. Jedoch ist die diesbezügliche Förderung über die Erste Säule bei der Be-
messung der Ausgleichszulage in der Zweiten Säule zu berücksichtigen (Isermeyer etal. 2014).
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
185
Wachstum beschränkt sind (Bosshard und Häusler 2012), so dass diese Prämienkom-
ponente auch der Förderung kleinerer (Familien-)Betriebe dient. Gleiches kann auch
für die folgende Prämienkomponente gelten.
7.3.5 Element 3: Honorierung der landschaftlichen Vielfalt
Zu einer reformierten Ersten Säule könnte auch eine Honorierung der landschaftlichen
Vielfalt gehören. Da das Vorhandensein von Strukturelementen in der Landschaft sowie
kleine Schlag- bzw. Gewanngrößen im Allgemeinen mit einem erhöhten Wert für die
Biodiversität einher gehen, aber häug mit einem höheren Arbeitsaufwand und Ertrags-
verlusten auf den angrenzenden Flächen verbunden sind, könnte eine Prämie eingeführt
werden, welche landschaftliche Vielfalt belohnt. Hierbei könnten an Landschaftsele-
mente angrenzende Flächen, die Gewanngröße unter Berücksichtigung der integrierten
Schläge, lineare Landschaftselemente,4 Puffer-, Rand- und Blühstreifen (z.B. entlang
von Bächen, Wassergräben und Feldwegen), Steine und Felsen (die z.B. in Steilwiesen
vorkommen) in oder angrenzend an die Fläche honoriert werden, aber auch Flächen,
die durch extensive, häug traditionelle Nutzungsverfahren (z. B. Streuobstwiesen,
Terrassen) gekennzeichnet sind. Neben dem Vorhandensein landschaftlicher Strukturen
könnte auch die beeinusste landwirtschaftliche Nutzäche, z.B.Randstreifen entlang
von Hecken, in die Prämienberechnung einbezogen werden. Dabei ist es unabhängig,
in wessen Besitz das beeinussende Landschaftselement ist. Im Rahmen einer solchen
Prämie würde das Vorhandensein von Strukturen der landschaftlichen Vielfalt geför-
dert. Deren Anlage, Pege und ggf. Bewirtschaftung würde weiterhin im Rahmen der
Zweiten Säule gefördert (ähnlich dem heutigen Verfahren zum Erhalt und zur Pege
von Landschaftselementen). Da Strukturen der landschaftlichen Vielfalt als überwie-
gend ungenutzte Elemente unabhängig von sonstigen standörtlichen, lokalen und regio-
nalen Bedingungen meist einen positiven Einuss auf die Schutzgüter, insbesondere
Biodiversität und Landschaftsbild, haben, aber beispielsweise im Allgemeinen auch
dem Erosions- und Hochwasserschutz dienen (Hampicke 2009; Batáry etal. 2011;
Kremen und Miles 2012; Scheper etal. 2013; Vogel und Inauen 2013), könnte eine
Förderung im Rahmen der Ersten Säule systematisch gerechtfertigt sein.
7.3.6 Exkurs: Ansätze zur Honorierung der landschaftlichen
Vielfalt
Landwirte pegen und erhalten die landschaftliche Vielfalt der Kulturlandschaft. Da-
mit erbringen sie eine gesellschaftlich gewünschte, nicht marktgängige Leistung so-
wohl aus Sicht des Naturschutzes als auch durch die Schaffung von Erholungsräumen
4 ÖVF– lineare und/oder dauerhafte Landschaftselemente sollten anrechenbar sein (Wissenschaft-
licher Beirat für Biodiversität und Genetische Ressourcen beim BMELV 2011).
7.3 Baustein 3: Erste Säule der GAP– Flächenbezogene Direktzahlungen
186
(Plankl etal. 2010). Eine gezielte Honorierung dieser Leistung ist sinnvoll und soll
im Weiteren kurz skizziert werden.
Der Wert landschaftlicher Vielfalt
Der Erhalt der biologischen Vielfalt ist im Sinne des Naturschutzes wie auch des
Schutzes der Stabilität von Agrarökosystemen und den mit ihnen verbundenen Öko-
systemleistungen (z.B.Bestäubung, biologische Schädlingsbekämpfung) notwendig.
Landschaftliche Vielfalt fördert den Artenreichtum in der Agrarlandschaft (Du-
elli und Obrist 2003; Tscharntke etal. 2005). Dies trifft vor allem für generalistische
(euryöke) Arten zu (Jedicke 1994).
Die hohe Diversität in komplexen Kulturlandschaften resultiert dabei in einer
großen Anzahl an Arten, die Saumbiotope an den zahlreichen Grenzlinien besie-
deln, und Arten die im Laufe ihrer Entwicklung zwischen verschiedenen Habitaten
wechseln (Jedicke 1994). Zum Schutz spezialisierter (stenöker) Arten werden zu-
sätzlich zu diesem Netz kleinächiger Strukturelemente in der Agrarlandschaft
großächige hochwertige natürliche und semi-natürliche Landschaftsstrukturen be-
nötigt (Jedicke 1994).
Herausforderungen für die Landwirtschaft
Die Bewirtschaftung von Agrarächen in vielfältigen Landschaften mit einer hohen
Anzahl an Grenzlinien (aufgrund kleiner Schlaggrößen und/oder einer hohen An-
zahl angrenzender wie auch in den Schlägen enthaltener Landschaftselemente) be-
deutet für die Landwirte einen erhöhten Bewirtschaftungsaufwand. Diese für den
Landwirt nachteilige, aber aus gesellschaftlicher Sicht positive Mehrleistung sollte
für die Landwirte honoriert werden (Abb.7.1).
Indikatoren für landwirtschaftlich erbrachte Leistungen zur Förderung
landschaftlicher Vielfalt
Folgende Parameter sind für eine Bewertung der von den Landwirten im Rahmen
ihrer landwirtschaftlichen Tätigkeit erbrachten Mehrleistung sinnvoll und sollten
bei einer Honorierung berücksichtigt werden:
Schlaggröße
Einschränkungen durch die Schlagform;
Einschränkungen durch identische Kulturen auf benachbarten Schlägen.
Abb. 7.1 Artenreichtum
von Ackerwildkräutern in
Abhängigkeit von der
Landschaftsstruktur.
(Quelle: Eigene
Darstellung nach
Tscharntke etal. 2005)
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
187
Grenzlinien zu Landschaftselementen (innerhalb des Schlags und angrenzend an
den Schlag)
Größe und Wertigkeit der Landschaftselemente.
Schlaggröße: Ein Mosaik kleiner Schläge weist deutlich mehr Grenzlinien mit
Saumbiotopen auf als wenige große Schläge. Als ökologisch sinnvoll werden von
den meisten Autoren maximale Schlaggrößen im Bereich von 5 bis 12ha, in Re-
gionen mit großächigen naturbetonten Zwischenächen von 20 bis 25ha genannt
(Haber 1998; Bosch und Partner GmbH 2000; Christen etal. 2009; Ring 2013).
Aus landwirtschaftlicher Sicht steigt der relative Arbeitsaufwand pro ha mit ab-
nehmender Schlaggröße im Bereich von ca. 5 bis 1ha besonders stark an (Engel-
hardt 2004).
Abb.7.2 skizziert eine mögliche Honorierung in Abhängigkeit von der Schlaggröße.
Einschränkung durch die Schlagform: Die Schlagform in Abhängigkeit von
der Schlaggröße deniert die Abstände von Saumbiotopen bzw. von Landschafts-
elementen (soweit diese vorhanden sind). Geringe Abstände von Saumbiotop zu
Saumbiotop bzw. zu Landschaftselement sind aus ökologischer Sicht wünschens-
wert. Randstrukturen haben auf einer Distanz von 20m einen deutlichen Effekt in
benachbarte Agrarächen hinein und die Angaben zu Maximalabständen zwischen
zwei Saumbiotopen bzw. Landschaftselementen liegen zwischen 50 und 250 m
(Kaule 1991; Bosch und Partner GmbH 2000; Nentwig 2000). Diese Forderung be-
einusst die Honorierungswürdigkeit vor allem von größeren Schlägen. Ein 20ha
großer Schlag hat in Form eines Quadrates mit einem Rand-zu-Rand-Abstand von
447m und trägt damit über seine Schlagform nicht positiv zum ökologischen Wert
der Landschaft bei. Geht man von einem wünschenswerten Mindestabstand von
z.B. 100m zwischen 2 gegenüberliegenden Schlaggrenzen aus, so kann für die ver-
schiedenen Schlaggrößen (unter der vereinfachenden Annahme, dass jeder Schlag
sehr hoher ökologischer Nutzen
bei deutlichem Mehraufwand in
der Bewirtschaftung
hoher
ökologischer
Nutzen
ökologisch sinnvoll in
Kombination mit großflächigen
naturnahen Zwischenflächen
Schlaggräße (ha)
Abb. 7.2 Honorierung von Landschaftsvielfalt in Abhängigkeit von der Schlaggröße. (Quelle:
Eigene Darstellung nach Engelhardt 2004)
7.3 Baustein 3: Erste Säule der GAP– Flächenbezogene Direktzahlungen
188
als Rechteck betrachtet wird) der minimale Umfang berechnet werden, bei dem der
wünschenswerte Mindestabstand zwischen 2 gegenüberliegenden Schlaggrenzen
noch eingehalten wird. Nur Schläge mit diesem oder einem höheren Schlagumfang
sind demnach für ihre geringe Schlaggröße honorierungswürdig (Abb.7.3). Bei
Schlägen unter 1ha ist diese Bedingung für alle Schlagformen erfüllt. Schläge mit
einer Dreiecksform oder andere Vielecke werden bei dieser Methode geringfügig
benachteiligt, da bei diesen Schlagformen in Teilen der Schläge die Bedingungen
des Mindestabstandes erfüllt sind, ohne dass dafür automatisch eine Honorierung
erfolgt.
Einschränkung durch gleiche Kulturen auf angrenzenden Schlägen: Bei an-
grenzenden Schlägen mit gleicher Kultur kann eine geringe Schlaggröße keine po-
sitive Wertung erhalten, da keine Grenzlinie mit Saumbiotopen zwischen den bei-
den Schlägen zu erwarten ist. In einem kooperativen Ansatz können Landwirte mit
ihren Bewirtschaftungsnachbarn Absprachen in der Anbauplanung treffen. Dies ist
eine wichtige Voraussetzung, um langfristig eine vielfältige Fruchtfolge in der
Agrarlandschaft zu sichern. Sind keine Absprachen möglich, bietet sich hier die
Möglichkeit zur gezielten Anlage von Randstreifen. Unabhängig von der Schlag-
größe sind daher nur Schläge honorierungswürdig, die keine (nur in geringem Um-
fang) angrenzenden Schläge mit identischer Ackerkultur aufweisen.
Grenzlinien zu Landschaftselementen: Landschaftselemente spielen als po-
tenziell hochwertige Habitatinseln bzw. als Trittsteinhabitate eine entscheidende
Rolle beim Artenschutz in der Agrarlandschaft (Jedicke 1994; Haber 1998). Die
Bewirtschaftung entlang der Grenzlinien zu Landschaftselementen sind aus land-
wirtschaftlicher Sicht teilweise mit einem deutlichen Mehraufwand verbunden
(u.a. kein Befahren möglich, schlechte Wendemöglichkeiten). Neben den an die
Schläge angrenzenden Landschaftselementen fallen dabei auch die in den Schlägen
6000
honorierungswürdiger
Bereich
5000
4000
3000
2000
1000
51015202530
Schlagumfang
(m)
Schlaggröße (ha)
Abb. 7.3 Beispiel für honorierungswürdige Schlagformen, dargestellt am Schlagumfang in Ab-
hängigkeit von der Schlaggröße. (Quelle: Eigene Darstellung)
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
189
enthaltenen Landschaftselemente ins Gewicht, denen eine besondere Bedeutung als
Trittsteinbiotope, besonders in größeren Schlägen zukommt (Bosch und Partner
GmbH 2000). Abb.7.4 skizziert eine mögliche Honorierung der Bewirtschaftung
entlang von Grenzlinien zu Landschaftselementen.
Größe und Wertigkeit der Landschaftselemente: Je nach Größe und Wertig-
keit der Landschaftselemente steigt auch ihr ökologischer Nutzen. Der Anreiz zum
Erhalt besonders hochwertiger Landschaftselemente sollte daher auch höher ange-
setzt sein als bei weniger wertigen Landschaftselementen. Der High-Nature-Value
(HNV) Indikator zur Bewertung der Umweltsituation in der Agrarlandschaft bietet
ein System, Landschaftselemente in drei Wertigkeitsstufen einzuordnen (Bundes-
amt für Naturschutz 2016a). Diese Wertigkeit kann in die Honorierung der Bewirt-
schaftung entlang von Grenzlinien zu Landschaftselementen über die Einführung
eines Faktors X berücksichtigt werden, z.B.:
Honorierung = Grenzlinienbezogene Honorierung * X
7.3.7 Exkurs: Praktikabilität einer GIS-gestützten
Honorierung von Landschaftsvielfalt
Die Vielgestaltigkeit der Landschaft und damit die entsprechende Prämie könnten
anhand von GIS-Daten berechnet werden. Eine solche Berechnung wurde im Rah-
men eines Werkvertrags von Herrn Dr. Machl, Weihenstephan, beispielhaft für
drei bayerische Regionen durchgeführt. Die Regionen sind folgendermaßen cha-
rakterisiert:
Honorierung
Länge der Grenzlinien zu Landschaftselementen
im Schlag enthaltene
Landschaftselemente
an den Schlag
angrenzende
Landschaftselemente
Abb. 7.4 Honorierung der Landschaftsvielfalt in Abhängigkeit von der Länge der Grenzlinien
eines Schlages zu Landschaftselementen. (Quelle: Eigene Darstellung)
7.3 Baustein 3: Erste Säule der GAP– Flächenbezogene Direktzahlungen
190
Testregion 1: Kleinstrukturierte Region mit zahlreichen Landschaftselementen
und umgebenden Wäldern;
Testregion 2: Region mit großen landwirtschaftlichen Parzellen und wenigen
Landschaftselementen und Wäldern;
Testregion 3: Strukturreiche Grünlandregion mit eher unförmigen Parzellen.
Für die Analyse wurde der Datensatz „Tatsächliche Nutzung“ verwendet, der detail-
lierte Angaben zu verschiedenen Nutzungen der Erdoberäche (Hecken, Gewässer,
Wälder, Landwirtschaft etc.) enthält. Für die Berechnung der Kennzahlen wurde
folgendermaßen vorgegangen: Zunächst wurden den Flächen der Klasse „Landwirt-
schaft“ die angrenzenden Nachbarn zugeordnet. Als angrenzend galten dabei so-
wohl die unmittelbar benachbarten Flächen als auch Flächen in einer Distanz von
bis zu 3m. Ausgehend von der Grenzlinie des betreffenden Polygons wurde dann
ein 20m Puffer nach innen erzeugt und die dadurch entstandenen Polygone nach
Typ der angrenzenden Fläche aggregiert. Als mögliche Säume für Saumächen ka-
men dabei folgende Typen in Frage: „Stehendes Gewässer“, „Fließgewässer“,
„Wald“, „Gehölz“, „Moor“ und „Unland bzw. vegetationslose Fläche“. „Unland
bzw. vegetationslose Fläche“ gilt dabei erst ab einer Mindestbreite von 3 m als
„wirklicher“ Nachbar bzw. als „Kandidat“ für ein Saumbiotop. Für jede einzelne
Parzelle wurde die Summe der potenziellen Saumbiotopäche sowohl in absoluter
wie auch in relativer Fläche (bezogen auf die Gesamtäche) angegeben. Die Summe
über die verschiedenen Kategorien konnte dabei die Gesamtäche einer Parzelle
übersteigen. Das konnte z.B. dann der Fall sein, wenn eine sehr kleine landwirt-
schaftliche Parzelle von einem Entwässerungsgraben umgeben ist und sich zwi-
schen der Parzelle und dem Graben ein Gehölzstreifen bendet. In diesem Fall ist
die betreffende Parzelle einerseits sowohl vollständig ein Saumbiotop zu Gewässer
als auch ein Saumbiotop zu Gehölz. Die folgenden Abbildungen zeigen den Anteil
der Saumbiotope in den Testregionen (Abb.7.5,7.6 und7.7).
Die drei Abbildungen zeigen jeweils einen gleich großen Ausschnitt der Agrar-
landschaft. Die strukturellen Unterschiede lassen sich in den Abbildungen deutlich
erkennen.
Der genutzte Datensatz „Tatsächliche Nutzung“ erlaubt jedoch nicht (immer),
einzelne Feldstücke oder Schläge zu identizieren, da angrenzende Flächen gleicher
Nutzung zu einem Polygon zusammengefasst werden. Es liegen allerdings bereits
seitens der Mitgliedstaaten der EU bzw. auf Ebene der Bundesländer schärfere Flä-
cheninformationen vor. Auch sind im genutzten Datensatz die Strukturelemente
nicht vollständig erfasst. Dies ist besonders deutlich in der Abb.8.1 zu Testgebiet 3
ersichtlich. Auch hier liegen den Behörden jedoch wahrscheinlich deutlich bessere
Daten bereits vor. Nicht berücksichtigt wurden in der beispielhaften Berechnung
der Daten für die drei Testgebiete jene Landschaftselemente, die innerhalb der be-
wirtschafteten Flächen liegen.
Anhand der dargestellten Beispiele der Testregionen zeigt sich, dass bereits Da-
ten vorliegen, mit denen der Strukturreichtum von Regionen und die Zuordnung zu
einzelnen landwirtschaftlichen Parzellen erfolgen kann. Mit einer zu entwickelnden
Formel könnten die genannten Strukturen und beeinussten landwirtschaftlich
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
191
Abb. 7.5 Anteil Saumbiotope, Testregion 1. (Quelle: Orthophoto: geoservices.bayern.de; Lizenz:
creativecommons.org/licenses/by/3.0/deed.de), (Analyse und Visualisierung: Thomas Machl (vgl.
Machl 2016))
Abb. 7.6 Anteil Saumbiotope, Testregion 2. (Quelle: Orthophoto: geoservices.bayern.de; Lizenz:
creativecommons.org/licenses/by/3.0/deed.de), (Analyse und Visualisierung: Thomas Machl (vgl.
Machl 2016))
7.3 Baustein 3: Erste Säule der GAP– Flächenbezogene Direktzahlungen
192
genutzten Flächen berücksichtigt werden und eine individuelle ächenbezogene
Berechnung der Prämienhöhe erfolgen. Die Zuweisung der Prämien erfolgt auto-
matisch mit Antragsstellung für die entsprechenden Flächen. Für Landschaftsele-
mente in der Agrarlandschaft besteht ein Beseitigungsverbot (siehe Element 1). Mit
zunehmend präziseren Datensätzen werden zukünftig weitere Aspekte sowie auch
die ökologische Wertigkeit der Landschaftsstrukturen honoriert werden können.
Mit präziseren Datensätzen könnten zukünftig weitere Aspekte sowie auch die öko-
logische Wertigkeit von Landschaftsstrukturen bei der Berechnung der Prämien-
höhe berücksichtigt werden.5
7.3.8 Element 4: Honorierung besonderer Leistungen im
landwirtschaftlichen Natur- und Umweltmanagement
Als viertes Element einer neuen Prämienstruktur könnte ein Punkte- bzw. „Baukas-
tensystem“ zur ökologischen Leistungserbringung auf Ebene der landwirtschaftli-
chen Betriebe (oder Kooperationen) eingeführt werden. Dort könnten Maßnahmen
5 „Nachvollziehbare und mit quantitativen Daten hinterlegte Erfassung von Grünlandlebensräumen
als Grundlage für effektives Monitoring und angepasstes Management“, nicht nur zur Kontrolle,
sondern auch für die Beratung und ergebnisorientierte Anpassung bisheriger Managementprakti-
ken (NABU 2012).
Abb. 7.7 Anteil Saumbiotope, Testregion 3. (Quelle: Orthophoto: geoservices.bayern.de; Lizenz:
creativecommons.org/licenses/by/3.0/deed.de), (Analyse und Visualisierung: Thomas Machl (vgl.
Machl 2016))
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
193
honoriert werden, die in allen Regionen, auf jedem Standort und in jedem Betrieb
positive Umwelt- und Naturschutzeffekte erwarten lassen. Die in Tab.7.8 aufge-
führten Maßnahmen lassen positive Effekte auf die Bereitstellung von Ökosystem-
leistungen und die Umweltressourcen unabhängig von der räumlichen Allokation
erwarten und könnten daher ächendeckend gefördert werden. Ziele der aufgeliste-
ten Maßnahmen sind dabei die Verminderung negativer Einträge aus der Landwirt-
schaft, eine erhöhte Diversität der Feldfrüchte, die Gewährleistung einer natürlichen
Nährstoffversorgung, der Schutz natürlicher Prozesse des Bodens sowie die Förde-
rung und Extensivierung der Grünlandnutzung. Ansätze in dieser Richtung wurden
auch vom DVL (Neumann 2016) und der Land Use Policy Group (Hart etal. 2016)
vorgeschlagen.
Die Liste in Tab.7.8 stellt eine Auswahl an möglichen Maßnahmen dar, erhebt
jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ebenso können an dieser Stelle nicht
die Zielwerte für die einzelnen Maßnahmen diskutiert werden. Innerhalb des An-
satzes besteht die Möglichkeit, verschiedene Untergruppen an Maßnahmen zu bil-
den, z.B. entsprechend der verschiedenen Schutzgüter.
Basierend auf einer solchen Liste könnten die Landwirtinnen und Landwirte
selbst aus dem „Baukasten“ auswählen, welche Maßnahmen sie erbringen wollen.
Es werden demnach nicht alle Maßnahmen von allen Landwirten in allen Regionen
erwartet, sondern eine sinnvolle Auswahl. Die Leistungen (Maßnahmen auf Be-
triebsebene) werden in eine Punktzahl umgerechnet, die Honorierung ergibt sich
aus der Formel Punkte*Punktwert (€)*ha. Ähnliche Ansätze werden beispielsweise
bereits in der Schweiz (Birrer etal. 2014, 2015) und in Niederösterreich (Ökopunk-
temodell: Umsetzung der Zweiten Säule in Niederösterreich) umgesetzt und inner-
halb von Pilotprojekten in Nord- und Ost-Deutschland erprobt (Neumann und Dier-
king 2014; Gottwald und Stein-Bachinger 2015). Während im Ökopunktemodell
Niederösterreichs eine Mindestpunktzahl zu erreichen ist, sind im Schweizer An-
satz Maßnahmen aus verschiedenen Untergruppen zu wählen, so dass ein Nutzen
für verschiedene Naturgüter erbracht wird. Um eine Entlastung beim Verwaltungs-
aufwand zu erreichen, könnte das System anstelle einer jährlichen eine mehrjährige
Antragstellung vorsehen. Des Weiteren sollten die Maßnahmen in der Liste eine
relativ einfache Dokumentation und Kontrolle ermöglichen. Das bedeutet, dass sie
im Allgemeinen anhand von GIS-gestützten Fernerkundungsdaten, der Nutzung der
InVeKoS- und HIT-Datenbank sowie amtlichen Dokumente und Zertikaten nach-
gewiesen werden können.
7.3.9 Diskussion
Die folgende Tab.7.9 gibt einen Überblick über das hier skizzierte mögliche neue
Prämiensystem.
Systematik und Verhältnis zur Zwei-Säulen-Struktur: Das hier dargestellte Sys-
tem folgt dem Grundsatz „Öffentliches Geld für öffentliche Güter“. Alle Zahlungen
7.3 Baustein 3: Erste Säule der GAP– Flächenbezogene Direktzahlungen
194
sind nachweisbar an die Erbringung von öffentlichen Leistungen geknüpft. Ein solches
System kombiniert Elemente aus dem Ordnungsrecht (Element 1a), der Ersten Säule
(Element 1b) sowie Instrumente, die dem ähneln, was derzeit in der Zweiten Säule an-
geboten wird (Elemente 2, 3 und 4). Der Ansatz löst sich daher von der derzeitigen
Zwei-Säulen-Struktur. Die Verwirklichung eines solches Ansatzes wäre wahrscheinlich
auch im Rahmen der Zwei-Säulen-Struktur möglich, würde dann aber vermutlich eine
bessere Ausstattung der Zweiten Säule erfordern (siehe dazu auch Abschn.7.2 und7.4).
Programmierung: Bei der Frage einer EU-weiten oder nationalen Programmie-
rung wäre eine durchgehende EU-weite Programmierung aller vier Elemente
vorstellbar. Dies ist jedoch nicht zwingend und unterscheidet sich zwischen den
Elementen:
Element 1 betrifft den Rechtsrahmen des Binnenmarkts sowie eine Basiskom-
pensation. Die Ausgestaltung sollte daher EU-einheitlich geregelt sein.
Bei Element 2 ist es sinnvoll, die Bestimmung der Gebietskulissen, der prämien-
berechtigten Schläge und der notwendigen Prämienhöhe den Mitgliedstaaten
Tab. 7.8 „Baukasten“ zur Honorierung von Basisleistungen im landwirtschaftlichen Natur- und
Umweltmanagement
Maßnahmen auf Schlagebene:
• Zwischenfruchtanbau;
• Gemenge/Polykulturen/Mischkulturen;
Verzicht auf chemisch-synthetischen Dünger, Panzenschutzmittel bzw. Wachstumsregula-
toren;
Verzicht oder Einschränkung von Managementmaßnahmen (Striegeln, Pügen, Walzen,
Schleppen etc.);
Anbau alter Nutzpanzenarten;
Brache (auf Acker mit Selbstbegrünung).
Maßnahmen auf Betriebsebene:
Fruchtfolge ab 4 Fruchtfolgeglieder;
Bereitstellung wertvoller ökologischer Vorrangäche;
GV-Besatz (<2,0GV/ha) (Kooperationen auf Regionsebene evtl. ermöglichen)a, bei einem
Mindestviehbesatz von 0,3GV/ha;
Einsatz von Festmist, Kompost und Gründüngung Dauergrünland/Ackergras/Kleegras pro
Raufutter-GV (Ziel: hoher Grundfutteranteil)b;
Umsetzung von Tierschutzmaßnahmen (z.B.Tierbesatz/Stalläche);
Erhaltung der genetischen Vielfalt (z.B. seltene Nutztierrassen);
Amtl. Nachweise der Teilnahme an hochwertigen Fortbildungsmaßnahmen (z.B.Tier-
schutz, Biodiversitätsschutz);
Amtl. Nachweis erhöhter Stickstoffnutzungsefzienz (Ertrag/Düngung);
Amtl. Nachweis eines geringen Arzneimitteleinsatz;
Amtl. Nachweis reduzierter Ammoniak-Emissionen (z.B. entsprechende Stall- und
Ausbringtechnik);
Amtl. Nachweis entsprechender Betreuungs-Indices pro Tier (und Fläche);
Whole-Farm-Ansätze (z.B. ökologischer Landbau), Nachweis von Zertikaten (z.B. nach-
haltige Landwirtschaft (Bereich Ökologie) der DLG usw.).
aDie Flächenintensität der Tierhaltung sollte bereits innerhalb des Greenings berücksichtigt wer-
den (Wissenschaftlicher Beirat für Biodiversität und Genetische Ressourcen beim BMELV 2011)
bGraslandbasierte Milch- und Fleischproduktion ist in der Schweiz als Maßnahme deniert
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
195
Tab. 7.9 Überblick über die möglichen Elemente einer reformierten Ersten Säule
Element Erläuterung Ziel Politische Programmierung
1a. Ordnungsrechtliche
Mindeststandards
Ergänzung um Auagen zur
Aufrechterhaltung der Produktivität der
Standorte
Durchsetzung von
Minimalstandards natur- und
umweltverträglicher
Landbewirtschaftung;
langfristige Sicherung der
Produktivität der Standorte
EU-weite Rechtssetzung
1b. Basisprämie für die
Einhaltung der
Mindeststandards
Auf die landwirtschaftliche Fläche
bezogene pauschale Prämie entsprechend
des wissenschaftlichen Nachweises der
typischen Mehrkosten in der EU
Kompensation nachgewiesener
Mehrkosten gegenüber
Mitbewerbern außerhalb der EU
EU-weite Programmierung und
Finanzierung
2. Prämie zur Aufrechterhaltung
der Landbewirtschaftung in
Gebietskulissen
Auf der Schlagebene denierte Prämie an
Standorten, an denen aufgrund erschwerter
Bewirtschaftungsbedingungen eine
Landbewirtschaftung typischerweise nicht
kostendeckend ist; Prämienhöhe gestaffelt
nach dem Grad der Erschwernis am
jeweiligen Standort
Aufrechterhaltung einer
vielgestaltigen Landschaft in
denierten Gebietskulissen
EU-weite Rahmenprogrammierung
mit nationaler Programmierung und
Notizierung der Gebietskulissen und
schlagbezogenen Prämienhöhen
3. Prämie für landschaftliche
Vielfalt
Flächenbezogen Prämie auf Basis von
Fernerkundungs- und InVeKoS-Daten, nach
Dichte und ökologischer Wertigkeit der
Strukturelemente gestaffelt; automatische
Berechnung auf Schlagebene
Sicherung der bestehenden, reich
strukturierten Landschaften und
damit dem Erhalt der
biologischen Vielfalt
EU-weite Programmierung
(alternativ: nationale Programmierung
mit Notizierung)
4. „Baukasten“ zur Honorierung
von Leistungen im
landwirtschaftlichen
Natur- und
Umweltmanagement
Maßnahmen mit standortunabhängigem
Mehrwert für Naturschutz und Umwelt;
Auswahl aus Maßnahmenliste;
Mindestpunktzahl für Prämienerhalt
Mehr Umwelt- und Klimaschutz
in allen Betrieben
EU-weite Programmierung
7.3 Baustein 3: Erste Säule der GAP– Flächenbezogene Direktzahlungen
196
(bzw. in Deutschland den Bundesländern) im Rahmen klarer Rahmenvorgaben
zu überlassen. Die Programmierung sollte dann bei der EU-Kommission noti-
ziert und von dieser genehmigt werden.
Bei Element 3 könnte die Programmierung sowohl auf der EU- wie der nationa-
len Ebene erfolgen. Die wesentlichen Variablen sind dabei die Bestimmung des
Bewertungsalgorithmus und des monetären Multiplikators. Letzterer könnte va-
riabel gestaltet werden, so dass ein vorgegebenes Budget eingehalten wird. Bei
Programmierung auf nationaler Ebene wäre wiederum ein Notizierungsver-
fahren bei der EU-Kommission vorzusehen. Eine nationale Programmierung
wäre möglicherweise weniger komplex, würde aber nicht die Notwendigkeit
einer wissenschaftlich basierten Bestimmung der EU-weiten Rahmenregelung
aufheben.
Bei Element 4 sieht das Modell eine EU-weite Programmierung vor. Es handelt
sich hier in gewisser Weise um ein weiterentwickeltes Greening.
Finanzierung: Die Finanzierung der Elemente 1 und 4 wäre im Anschluss an die
bisherige Finanzierungssystematik in der GAP zu 100% bei der EU anzusiedeln
(Kompensation für EU-weite gehobene Standards und weiterentwickeltes Gree-
ning). Bei den Elementen 2 und 3 wäre zu argumentieren, in welchem Verhältnis
hier der europäische und der nationale Nutzen stehen. In der verteilungspolitischen
Diskussion zwischen den Mitgliedstaaten würde sicherlich eine Rolle spielen, dass
der Anteil der Flächen, die unter die Anforderungen des Elements 2 (Prämie zur
Aufrechterhaltung der Landbewirtschaftung in Gebietskulissen) fallen, zwischen
den Mitgliedstaaten stark variieren dürfte. In ähnlicher Weise werden sich die An-
teile der landschaftlichen Flächen, die eher hohe oder eher niedrige Zahlungen aus
einer Prämie für landschaftliche Vielfalt (Element 3) erwarten könnten, zwischen
den Mitgliedstaaten unterscheiden. Ob die mit den Elementen 2 und 3 gewollte Um-
verteilung hin zu Flächen mit relativ hohem Wert für die landschaftliche Vielfalt
eher auf europäischer oder nationaler Ebene organisiert werden sollte, würde einer
weiteren Diskussion bedürfen. Generell hätte eine Vollnanzierung aus EU-Mitteln
den Vorteil, dass Natur- und Umweltschutz nicht „nach Kassenlage“ der einzelnen
Mitgliedstaaten und Regionen erfolgen würde.
Mögliche Ergänzungen: Das in diesem Abschnitt vorgestellte System würde
eine betriebsgrößenabhängige Förderungskomponente zunächst nicht vorse-
hen. Eine höhere Förderung kleiner Betriebe könnte jedoch aufgrund der geringe-
ren Möglichkeit, Skaleneffekte zu realisieren, gerechtfertigt sein. So wird in „der
EU-VO 1307/2013 […] die größenabhängige Ausgestaltung der Direktzahlungen
mit Effektivitäts- und Verteilungsaspekten vor dem Hintergrund des Ziels der Ein-
kommensstützung begründet“ (Isermeyer etal. 2014). In dem hier vorgeschlage-
nen System könnte eine strukturpolitische Komponente– ähnlich wie in der der-
zeitigen Basisprämie– mit dem Element 1 verknüpft werden. Allerdings ist dabei
zu bedenken, dass ein kleiner Betrieb nicht notwendig mit einer einkommenspoli-
tischen Bedürftigkeit der Betriebsinhaber einhergeht. Auf die begrenzte Eignung
sektorspezischer Instrumente, wie den Direktzahlungen als einkommenspoliti-
sches Instrument, ist an anderer Stelle hingewiesen worden (Wissenschaftlicher
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
197
Beirat für Agrarpolitik beim BMELV 2010) mit der Schlussfolgerung, dass, um
abrupte Übergänge zu vermeiden, Maßnahmen zur Einkommenssicherung „nur
noch in Form zeitlich begrenzter, sozial begründeter Maßnahmen Bestandteil ei-
ner zukünftigen Agrarpolitik sein“ sollten (Bosshard etal. 2010). Alternative An-
sätze zur Verfolgung einkommenspolitischer Ziele im Agrarbereich werden dis-
kutiert. Anders als die Direktzahlungen setzen etwa Überlegungen zu einem
„Sicherheitsnetz“ am Problem der Preisschwankungen an. Dieses Konzept ndet
in naturschutz- und umweltpolitischen Konzeptionen durchaus Widerhall (Hart
etal. 2016). Ähnliche Überlegungen zu Preis-Ausgleichszahlungen wurden vom
Kasseler Institut für ländliche Entwicklung e.V. vorgelegt (Thomas etal. 2016).
Eine offene Frage ist dabei, ob nicht im Endeffekt wieder ein Mindestpreis für
Erzeuger eingeführt würde, der produktionsstimulierend wirken und damit auch
negative Auswirkungen auf die Ziele des Natur- und Umweltschutzes haben
könnte.
Das in diesem Abschnitt vorgestellte System dient dem Zweck, ein EU-weites
System von Mindeststandards und Mindestleistungen für den Natur-, Umwelt- und
Verbraucherschutz sowie das Tierwohl zu etablieren und den landwirtschaftlichen
Betrieben die daraus entstehenden Mehrkosten zu kompensieren. Die Verwirkli-
chung eines solchen Ansatzes würde dem Prinzip einer ergebnisorientierten Politik
entsprechen. De facto würden durch die Einführung eines solchen Systems die
Gemeinwohlleistungen der Landwirtschaft zu einer neuen Einkommensquelle ne-
ben der Produktion führen. Die Höhe der entsprechenden Zahlungen sollte dabei
auf transparenten Berechnungen beruhen und einen efzienten Mitteleinsatz unter
Vermeidung von systematischen Überkompensationen und Mitnahmeeffekten er-
möglichen.
Ein solches EU-weites System würde weiterhin der Flankierung durch regionale
und standörtliche Programme zum Agrarumwelt- und Klimaschutz bedürfen. Die-
ses diskutieren wir im nächsten Abschnitt.
7.4 Baustein 4: Regional und standörtlich ausgerichtete
AUKM
7.4.1 Ziele von Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen
Dieser Abschnitt befasst sich mit den leistungsbezogenen Zahlungen der GAP im
Agrarumwelt- und Klimaschutz, die derzeit im Bereich der Zweiten Säule angesie-
delt sind. Gemäß dem Leitsatz „öffentliches Geld für öffentliche Güter“ sind solche
Zahlungen spätestens seit 1992 Teil der GAP und richten sich vor allem an einzelne
Landwirte, die auf vertraglicher Basis und gegen Entgelt ökologische Leistungen
auf ihren bewirtschafteten Flächen erbringen.
Die Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen (AUKM) der GAP sind derzeit in
die Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums integriert, in denen mindestens
7.4 Baustein 4: Regional und standörtlich ausgerichtete AUKM
198
30% der Finanzmittel für umwelt- und klimabezogene Maßnahmen6 angesetzt wer-
den müssen. Derzeit sehen die auf der Ebene der Mitgliedstaaten oder auf regionaler
Ebene (in Deutschland: Bundesland) aufgestellten Maßnahmenkataloge sehr divers
aus, sodass eine große Anzahl verschiedener Ziele verfolgt wird:7
Erhaltung oder Verbesserung der Umweltsituation;
Klimaschutz durch Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen;
Erhalt und Steigerung der biologischen Vielfalt;
Pege und Erhalt der Kulturlandschaft;
Schutz der natürlichen Ressourcen, der Gewässer und des Bodens;
Erhalt und Steigerung der genetischen Diversität.
7.4.2 Bewertung der gegenwärtigen Ausgestaltung der
Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen
Empirische Studien zur Wirksamkeit der AUKM in der EU können trotz des relativ
hohen Finanzeinsatzes für diesen Politikbereich kein eindeutiges Bild liefern. Be-
züglich der ökologischen Effektivität wurde eine Debatte im Jahre 2001 mit einem
Artikel in Nature ausgelöste (Kleijn etal. 2001). Dieser bescheinigte durch eine qua-
si-experimentelle Analyse, dass die untersuchten AUKM nicht in der Lage waren, die
Biodiversität in der beabsichtigten Art und Weise zu schützen. Seither hat sich eine
Vielzahl weiterer Studien mit diesem Sachverhalt beschäftigt und kommt zu ge-
mischten Ergebnissen: Einige Studien können einen positiven Effekt feststellen
(Kleijn und Sutherland 2003; Knop etal. 2006; Batáry etal. 2011, 2015), andere
nicht unmittelbar (Berendse etal. 2004; Kleijn etal. 2006; Wilson etal. 2007). Uthes
und Matzdorf (2013) listen mehrere Beispiele von Programmen auf, die entgegen-
gesetzte Effekte produziert haben. Es zeichnet sich ab, dass die Ergebnisse stark va-
riieren, je nachdem welche und wie viele Arten über welchen Zeitraum und in wel-
cher geograschen Ausdehnung bzw. in welchem Landschaftskontext untersucht
werden (Whittingham 2007; Armsworth etal. 2012). Auch die Frage, ob AUKM in
intensiven oder extensiven Regionen einen größeren Erfolg versprechen, konnte
noch nicht abschließend geklärt werden (Duelli und Obrist 2003; Tscharntke etal.
2005; Batáry etal. 2011). Eine Evaluierung der ökonomischen Efzienz gestaltet
sich noch schwieriger, da die tatsächlichen Kosten der Landwirtschaft für den Staat
6 Umwelt- und klimabezogene Maßnahmen umfassen die folgenden Artikel der ELER-Verord-
nung: Art.17 Umwelt- und klimaschutzbezogene Investitionen; Art. 21 Aufforstung und Agro-
forstsysteme; Art. 28 Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen; Art. 29 Ökologischer Landbau;
Art.30 Zahlungen für Natura 2000 und WRRL; Art.31/32 Zahlungen für benachteiligte Gebiete;
Art.34 Waldumwelt- und -klimamaßnahmen.
7 Verordnung (EU) Nr.1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember
2013 über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschafts-
fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und zur Aufhebung der Verordnung (EG)
Nr.1698/2005, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S.487–548.
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
199
nicht direkt messbar sind. Umfassende empirische Studien lassen sich daher nicht
nden. Marggraf (2003) attestiert den deutschen Agrarumweltprogrammen in einer
Expertenanalyse große Unterschiede in ihrer Kostenefzienz im Vergleich zwischen
den Ländern. Andere, vor allem modellgestützte Evaluationen nden hohe Mitnah-
meeffekte und eine geringe Kostenefzienz (Drechsler etal. 2007; Chabé-Ferret und
Subervie 2010).
Als Ursache werden in der Literatur vier Problemkomplexe ausgemacht, die im
Folgenden kurz skizziert werden:
Problemkomplex 1: Vielen Maßnahmen fehlt ein Bezug zu den eigentlichen
Umweltzielen, so dass die angestrebten Ziele nicht oder nur unzureichend erreicht
werden. Es können hier verschiedene Ursachen ausgemacht werden:
Maßnahmenportfolios werden nicht evidenzbasiert programmiert und es beste-
hen kaum Möglichkeiten zur institutionalisierten Evaluierung der Programme
(Primdahl etal. 2003; Whiteld 2006);
Mangelnde Berücksichtigung der regionalen Charakteristika und von Effekten
der Intensivierung und Extensivierung der Landnutzung;
Wenig gezielte Wahl und Allokation von Einzelmaßnahmen zur Nutzung von
Synergieeffekten (z.B.Schaffung von Nahrungs- und Nisthabitaten mit gleich-
zeitiger Vernetzungs- und Erosionsschutzfunktion);
Mangel an räumlicher und zeitlicher Passgenauigkeit;
Vage Zielsetzungen der maßnahmenorientierten AUKM (Uthes und Matzdorf
2013) und wenig Anreiz, landwirtschaftliche Praktiken langfristig zu ändern
(Matzdorf und Lorenz 2010).
Die angebotenen Maßnahmen sind starr und offerieren den Landwirten eine zu
geringe Flexibilität (Mettepenningen etal. 2009). Es wird kein Anreiz zur Ent-
faltung von Innovationspotenzial gegeben (Hodge 2001).
Problemkomplex 2: Nahezu allen AUKM-Programmen fehlt ein Bezug zu unter-
schiedlichen räumlichen Skalen (sieht auch Abschn.4.3). Es wird überwiegend
die Feldebene angesprochen, selten die Betriebsebene und niemals die Landschafts-
ebene (Concepción etal. 2008).
Problemkomplex 3: Das angewandte Zahlungsschema wird weder der Hetero-
genität der Landnutzer noch den Eigenarten der jeweiligen Landschaften gerecht
(Hanley etal. 2012). Der Kostenersatz beruht auf regionalen Durchschnittswerten
und führt zu Unter- und Überkompensation sowie Mitnahmeeffekten (Arms-
worth etal. 2012). Dies hat zur Folge, dass Intensivregionen nicht hinreichend er-
reicht werden (Pretty etal. 2001; Uthes und Matzdorf 2013). Ferner werden Trans-
aktionskosten bei der Berechnung der Zahlungshöhe nur unzureichend mit
einbezogen (Mettepenningen etal. 2009). Auch werden Verträge teilweise nach dem
Prinzip „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ vergeben (Smits etal. 2008). Bei knappen
Budgets führt dies zu Einbußen bei der Kostenefzienz, da die Verträge nicht auf
Basis einer Kosten-Nutzen-Berechnung vergeben werden (Armsworth etal. 2012).
Problemkomplex 4: Maßnahmenorientierte Honorierung und geringe Monitoring-
Häugkeiten kreieren einen Anreiz zur Nicht-Befolgung von Managementvor-
gaben (Hodge 2001; Hanley etal. 2012). Häug werden nur sehr geringe Strafen
bei Missachtung der Vorgaben angesetzt.
7.4 Baustein 4: Regional und standörtlich ausgerichtete AUKM
200
7.4.3 Ziele und Struktur zukünftiger regionaler und
standörtlicher AUKM
Der im vorigen Abschnitt vorgestellte Vorschlag eines EU-weiten Systems von Zah-
lungen für erhöhte Mindeststandards, vielfältige Landschaften und einem „Baukas-
ten“ von Basismaßnahmen für den Umweltschutz würde EU-weit eine Grundlage für
die Sicherung der von der Landwirtschaft betroffenen Natur- und Umweltgüter eta-
blieren. Darauf aufbauend werden Programme für gezielte Maßnahmen des regions-
und standortspezischen Natur- und Umweltschutzes benötigt. Um die Effektivität
der Maßnahmen bezüglich ihrer Wirkungen auf die Umweltressourcen zu steigern,
wird in der Literatur ein Management auf unterschiedlichen räumlichen und zeitli-
chen Skalen gefordert (van Dijk etal. 2015; Tscharntke etal. 2012; Prager 2015).
Entscheidend dabei ist die Unterscheidung von Maßnahmen, welche die Bereitstel-
lung von Ökosystemleistungen fördern und meist auf lokaler Ebene anzusetzen sind,
und Maßnahmen des Arten- und Biotopschutzes, die oft eher auf Landschaftsebene
ansetzen sollten (Scheper etal. 2013; Ekroos etal. 2014). Darüber hinaus sollte ge-
zielt versucht werden, die überbetriebliche Ebene und die Landschaftsebene zu ad-
ressieren. Zu diesem Zweck werden im Folgenden drei Elemente vorgestellt.
7.4.3.1 Element 1: Betriebsübergreifende, langfristige Ansätze auf der
Landschaftsebene zur Steigerung der Landschaftsvielfalt und
zum Schutz der natürlichen Ressourcen
Das erste Element dient dem Schutz und der Förderung der landschaftlichen Vielfalt
und dem Schutz der natürlichen Ressourcen. Im Mittelpunkt steht die gezielte Aus-
dehnung und Zustandsverbesserung von Strukturen in der Landschaft mit hohem
Naturwert und der damit verbundenen Reduktion der negativen Auswirkungen der
Landwirtschaft auf die Umwelt. In Abgrenzung von der im Abschn. 7.3.5 vorge-
stellten Prämie für Landschaftsvielfalt geht es hier weniger um die Erhaltung und
Belohnung als vielmehr um eine Erhöhung der strukturellen Landschafts- und
Habitatvielfalt.
Im Fokus stehen dabei Flächen, die halbnatürliche Vegetation tragen oder ex-
tensiv genutzt werden und auf Landschaftsebene ein zusammenhängendes Mosaik
von halbnatürlichen oder angepassten Flächen bzw. Kleinstrukturen bilden. Solche
Strukturen dienen Tier- und Panzenarten als Lebensraum und Trittsteinbiotop und
lassen einen positiven Einuss auf die Schutzgüter erwarten (Batáry etal. 2011;
Kremen und Miles 2012; Scheper etal. 2013). Zur gezielten Steigerung von Land-
schaftsheterogenität, -komplexität und -konnektivität unter Berücksichtigung der
regionalen Besonderheiten und entsprechender Maßnahmenimplementierung ist
ein betriebsübergreifendes Management auf der Landschaftsebene notwendig.
Mögliche Maßnahmen sind hierbei die Förderung der Anlage von linearen Land-
schaftselementen in und angrenzend an landwirtschaftliche Flächen (Blüh-, Rand-
und Pufferstreifen, z.B. entlang von Bächen, Hecken und Baumreihen).
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
201
In Kopplung mit einer Prämie für Landschaftsvielfalt, wie sie im Abschn.7.3.5
vorgeschlagen wurde, könnte die Sicherung von Strukturelementen in der Land-
wirtschaft durch eine langfristige Honorierung unterstützt werden. Darüber hi-
naus würde ein solcher Ansatz auch zur Erreichung des im Bundesnaturschutz-
gesetz festgeschriebenen Ziels eines Biotopverbundes von 10 % der Fläche
beitragen.
Die angebotenen Maßnahmen könnten von relativ einfachen, „hellgrünen“
Maßnahmen bis hin zu komplexeren und wesentlich gezielter programmierten
„dunkelgrünen“ Maßnahmen reichen. Dabei wäre abzuwägen, ob eine regionale
Zahlungsdifferenzierung angebracht ist, so dass auch Landwirte in Intensivgebie-
ten einen Anreiz erhalten, in eine vielfältige Landschaftsstruktur zu investieren.
Unter dem Gesichtspunkt der Anreizwirkung könnten sowohl maßnahmen- als
auch ergebnisorientierte Honorierungsansätze geeignet sein. Zusätzlich könnte ein
Agglomerationsbonus eingesetzt werden, um bei Abwesenheit lokaler Koordinati-
onsstrukturen (siehe dazu Element 3in diesem Abschnitt) einen Anreiz zur Koor-
dination zu geben.
7.4.3.2 Element 2: Zielgerichtete Maßnahmen des Arten- und
Biotopschutzes
Eine zweite Komponente könnte dazu dienen, zielgerichtete Maßnahmen des Arten-
und Biotopschutzes zu honorieren, die insbesondere der Umsetzung der europä-
ischen und nationalen Ziele der Biodiversitätserhaltung dienen. Es handelt sich hier
also hauptsächlich um „dunkelgrüne“ AUKM (Maßnahmen zur gezielten Erhaltung
und Förderung der biologischen Vielfalt), die lokal oder regional programmiert wer-
den, da ihre Effektivität je nach Landschaftskontext räumlich und zeitlich sehr stark
variieren kann. Mögliche Maßnahmen können sowohl auf der Feldebene als auch
auf Landschaftsebene angesiedelt sein:
Feldebene: Förderung von Nist-, Ruhe- und Nahrungshabitaten (z.B.Blühstrei-
fen), gezielte Erhaltungsmaßnahmen wertvoller Flächen (z.B. extensiver Acker-
bau, artenreiches Grünland, Streuobst);
Landschaftsebene: Maßnahmen zur Förderung des Biotopverbunds für Zielarten
auf Landschaftsebene entsprechend Biotopvernetzungsplan (z. B. angepasste
Nutzung für Wiesenbrüter, Feldhamster etc.).
Dieses Element beinhaltet ein explizites Nutzen-Targeting, da die Maßnahmen nur
dort angeboten werden, wo ein positiver Nutzen sehr wahrscheinlich ist. Da „dun-
kelgrüne“ Maßnahmen häug sehr arbeitsintensiv sind und die damit verbundenen
Kosten je nach Standort stark variieren können, kann eine Zahlungsdifferenzie-
rung angezeigt sein, um eine effektive Allokation der nanziellen Mittel zu ge-
währleisten. Dazu können entweder regional angepasste Zahlungshöhen oder Auk-
tionen dienen. Weiterhin kann bei Vorhandensein geeigneter und praktikabler
Indikatoren eine erfolgsorientierte Honorierung die ökologische Effektivität der
Programme steigern. Um Risiken auf der Seite der Landwirte zu minimieren, kann
7.4 Baustein 4: Regional und standörtlich ausgerichtete AUKM
202
eine maßnahmenbasierte Grundprämie mit einer mittelfristigen Erfolgshonorie-
rung kombiniert werden. Wie auch beim vorherigen Element könnte auch hier eine
regionale Kooperation durch einen Agglomerationsbonus stimuliert oder durch
kooperative Ansätze organisiert werden.
7.4.3.3 Element 3: Förderung von lokalen oder regionalen
Organisationsstrukturen zur gezielten Programmierung und
Koordination von AUKM
Im Zuge der verstärkten Aufmerksamkeit für Ökosystemleistungen, für die Bedeu-
tung der Landschaftsstrukturen für die biologische Vielfalt und für die im Nexus-
Ansatz beschriebenen Wechselwirkungen zwischen den Sektoren Land- und Forst-
wirtschaft, Energie und Wasser kommt einem integrierten Ressourcen- und
Landschaftsmanagement zunehmende Bedeutung zu. Daher sind Mittel erforder-
lich, um Kooperationen zwischen der Landwirtschaft einerseits und den Akteuren
des Natur- und Umweltschutzes andererseits zu stimulieren.
Kooperative Ansätze für ein integriertes regionales Ressourcen- und Land-
schaftsmanagement könnten nicht nur beratend die Programmierung von AUKM
unterstützen, sondern auch eine verbesserte Koordination von Maßnahmen zum Ge-
wässerschutz, Biotopverbund, „grüne“ und „blaue“ Infrastruktur (also ein Netzwerk
natürlicher und naturnaher Flächen) usw. auf der Landschaftsebene ermöglichen. In
solche Kooperationen wären landwirtschaftliche und naturschutzfachliche Sicht-
weisen und Interessen gleichermaßen einzubinden.
Lokale oder regionale Kooperationen könnten einen integrierten Plan zur Verbesse-
rung beim Landschafts- und Ressourcenmanagement entwickeln und implementieren,
indem sie die Expertise (z.B. lokale Artenkenntnis) und das soziale Kapital (z.B.Netz-
werk der Landwirte) unterschiedlicher Akteursgruppen (z. B. Landwirtinnen und
Landwirte, Agrar- und Umweltämter, Landschaftspegeverbände, Umweltverbände,
Forstwirtschaft, Jagdverbände, Wasserverbände) bündeln. Neben der Vernetzung
könnten auch die Bereitstellung und Fortschreibung der notwendigen ökologischen
Daten gefördert werden.
Ein wichtiges Ziel solcher lokalen oder regionalen Kooperationen sollte es sein,
eine übergreifende und längerfristige Wirkungsabschätzung der Maßnahmen für die
Ressourcen Boden, Wasser, Klima, Biodiversität und Landschaftsbild zu mögli-
chen, so dass auch Trade-Offs und Synergien frühzeitig identiziert werden.
In Zusammenarbeit mit solchen lokalen oder regionalen Kooperationen könnten
unter direktem Bezug zu lokalen Umweltzielen auch Maßnahmenprioritäten in den
AUKM entwickelt und lokale Zielregionen und Standorte (z.B. durch die Erstel-
lung eines Biotopvernetzungsplans) priorisiert werden.
Ein weiterer Schritt wäre es, lokale oder regionale Kooperationen mit der Imple-
mentierung der vorgeschlagenen Maßnahmen in den jeweiligen Regionen zu be-
trauen. Ein solches Vorgehen könnte sich an den Erfahrungen mit den Agrarumwelt-
kooperativen in den Niederlanden orientieren (Renting und Ploeg 2001; van Dijk
etal. 2015). Die lokalen oder regionalen Kooperationen müssten dazu mit einem
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
203
geeigneten Organisationsstatus und einem Budget ausgestattet werden. Die Mittel-
vergabe an die Kooperationen könnte in einem Wettbewerbsverfahren erfolgen.
Zur Umsetzung der von ihnen erarbeiteten Pläne könnten die Kooperationen
dann sowohl mit Einzellandwirten als auch mit Gruppen von Landwirten oder mit
anderen Akteuren Maßnahmenverträge schließen, die entweder ein maßnahmen-
oder ein ergebnisorientiertes Entgelt vorsehen könnten. Vertragsdetails, wie etwa
die Laufzeit oder der Zahlungsmodus, können direkt innerhalb der lokalen Organi-
sationsstruktur abgestimmt werden. Auch ist es möglich, die Gruppen von Land-
wirten im Rahmen eines Budgets und einer Zielvorgabe selbst über die Verteilung
der Pichten und Prämien entscheiden zu lassen, was zu einem efzienteren Einsatz
der Ressourcen beitragen könnte. Allerdings sind die Traditionen der Zusammen-
arbeit in Gruppen unter Landwirten in Deutschland weniger ausgeprägt als in den
Niederlanden, so dass möglicherweise erst Zeit und Moderationskapazität in die
Etablierung einer kooperativen Kultur investiert werden müsste.
Ein solcher kooperativer Ansatz könnte eine Reihe von positiven Effekten ermög-
lichen (siehe auch Abschn.4.3). Neben den naturschutzfachlichen Vorteilen einer
stärker integrierten, systemischen Planung könnten die Interaktionsformen mit den
Landwirten verbessert werden, indem diese nicht einer Bürokratie, sondern einem
interaktiven Planungsprozess begegnen. Ein partizipatorischer Prozess der Maßnah-
menprogrammierung und Implementierung schafft Gelegenheit für Lernprozesse,
Vernetzung und Vertrauensbildung. Eine etablierte regionale Organisationsstruktur
könnte eine Schlüsselrolle in der vertrauensvolleren Zusammenarbeit zwischen
Landwirtschaft und Bevölkerung einnehmen (z.B. gegenseitige Wissensvermitt-
lung, Abbau von Stigmatisierung, regionales Bewusstsein, Vermarktungsplattform).
7.4.4 Diskussion
Abschließend soll noch dargestellt werden, wie die drei hier vorgestellten Elemente
die in Abschn.7.4.2 identizierten Problemkomplexe adressieren.
Für Problemkomplex 1, den fehlenden Bezug zu den eigentlichen Umweltzie-
len, wurde eine größere Anzahl an Ursachen ausgemacht. Generell gilt, dass die
hier vorgestellten Handlungsansätze ein starkes Nutzen-Targeting aufweisen. Die
Maßnahmen würden kleinräumig programmiert und nach Möglichkeit in koopera-
tiver Weise geplant und ausgeführt werden. Dadurch könnten lokale und regionale
Charakteristika besser adressiert und eine höhere räumliche und zeitliche Passge-
nauigkeit erreicht werden. Durch die kooperativen Ansätze könnte gezielt fachliche
Expertise aus dem Umweltbereich einbezogen werden, so dass eine evidenzbasierte
Programmierung und die gezielte Nutzung von Synergien ermöglicht werden.
Ein multiskalares Landschaftsmanagement (Problemkomplex 2) wird explizit
durch alle drei beschriebenen Elemente angestrebt. Die Elemente 1 und 2 stellen
Maßnahmen bereit, die über die Feldebene hinausgehen, während Element 3 ver-
sucht, eine entsprechende Kooperationsstruktur zu etablieren. Ein Agglomerations-
bonus kann bei den Elementen 1 und 2 weitere Anreize für betriebsübergreifende
Kooperationen setzen.
7.4 Baustein 4: Regional und standörtlich ausgerichtete AUKM
204
Probleme mit Über- und Unterkompensation sowie den Transaktionskosten
(Problemkomplex 3) werden zunächst einmal durch eine regionale Zahlungsdiffe-
renzierung adressiert. Bei einigen der Maßnahmen können auch Auktionen geeignet
sein, die nanziellen Mittel efzienter zu verteilen. Die Transaktionskosten verrin-
gern sich beispielsweise, wenn Landwirte in der Gruppe Verträge abschließen, die
über einen längeren Zeitraum laufen.
Das Problem der bislang oft unzureichenden Anreize zur Erfüllung der Ma-
nagementvorgaben (Problemkomplex 4) würde auf drei Wegen angegangen:
durch eine verstärkte Nutzung von ergebnisorientierter Honorierung; durch die par-
tizipative Einbindung der Landwirtinnen und Landwirte in die Erarbeitung von lo-
kalen und regionalen Maßnahmenplänen, welche Selbstbindung und einen „sense
of ownership“ generieren; sowie bei Honorierung auf Gruppenebene durch Pro-
zesse der sozialen Kontrolle, weil Verfehlungen einzelner dann auch die anderen
betreffen. Fragen von Monitoring und Sanktionierung werden vertieft in Abschn.7.6
diskutiert.
Kooperative Ansätze wurden in der deutschen Agrarpolitik bisher wenig verfolgt.
Ein Problem kann daher die Etablierung der entsprechenden Organisationsstruktu-
ren darstellen (Prager 2015). Vertrauensbildung zwischen den Landwirtinnen und
Landwirten sowie anderen gesellschaftlichen Gruppen ist dabei wichtig. Der Auf-
wand zur Etablierung kooperativer Strukturen (Sitzungen, Anfahrt, Abstimmungen,
Meinungsverschiedenheiten etc.) erfordert Kompensation der Transaktionskosten
und Unterstützung durch professionelle Moderation. Dabei handelt es sich jedoch
um Investitionen in die Zukunft des ländlichen Raums, da die sektorübergreifende
Vernetzung und Vertrauensbildung positive Wirkungen weit über die unmittelbaren
Fragen des Landschafts- und Ressourcenmanagements hinaus erwarten lässt.
7.5 Baustein 5: Nicht-staatliche Standards und
Ko-Regulierung
Regulierung bezeichnet staatliche Interventionen zur Beeinussung des Verhaltens
von Individuen und Organisationen (Levi-Faur 2009). Eigenregulierung bezeichnet
demgegenüber ein Governance-Arrangement, bei dem diejenigen, von denen die
Befolgung bestimmter Regeln, Normen und Verfahren erwartet wird, diese auch
selbst formulieren und vereinbaren (Führ 2003; Porter und Ronit 2006). In der inter-
nationalen Diskussion sind dafür auch die Begriffe „private Regulierung“ (Vogel
2010) und „private governance“ (Busch 2011) gebräuchlich. Private Regulierung
fungiert dabei oft komplementär zu staatlicher Regulierung und ihre Durchsetzung
vollzieht sich vor dem Hintergrund des staatlich konstituierten regulatorischen Rah-
mens, insbesondere Ordnungs-, Privat- und Haftungsrechts (Ménard und Valce-
schini 2005; Porter und Ronit 2006). Mitunter beziehen sich private auch auf staat-
liche Regelungen. Daher ist der Begriff der Ko-Governance (Tosun etal. 2016) bzw.
der Ko-Regulierung geeignet, das Zusammenspiel von staatlicher und nicht-
staatlicher Regulierung zu bezeichnen.
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
205
Die Diskussion um Eigenregulierung setzt sich im Kern auseinander mit
nicht-staatlichen und in diesem Sinne privaten Regeln in Bezug auf:
1. Standards für die Charakteristika und Inhaltsstoffe von Produkten (Produkt-
standards);
2. Standards für die Verfahren zur Erzeugung oder Verarbeitung von Produkten
(Prozessstandards);
3. die Nachvollziehbarkeit der Herkunft von Produkten bzw. von deren Bestandteilen;
4. die Kennzeichnung von Produkten aufgrund von einem oder mehreren der As-
pekte 1-3.
In der wissenschaftlichen Literatur diskutierte Beispiele sind etwa das Label Filière
Qualité Carrefour der französischen Supermarktkette für Qualitätseisch (Ménard
und Valceschini 2005) oder das britische Kennzeichen Red Tractor. Im internationa-
len Raum haben sich neben den zwischenstaatlichen Regeln der WTO transnatio-
nale Handelsstandard wie GlobalG.A.P. (Botterill und Daugbjerg 2015) oder auch
ethisch ausgerichtete Lebensmittelstandards– z.B.Fairtrade, Marine Stewardship
Council, ECOFAM– etabliert (Daugbjerg und Botterill 2012). Im Sinne des An-
satzes der Corporate Social Responsibility versuchen nicht zuletzt Handelsketten
zunehmend, sich von ethisch problematischen Praktiken zu distanzieren. Dies kann
entweder dazu führen, dass als problematisch empfundene Produkte ausgelistet
werden, wie zum Beispiel Eier aus Käghaltung. Zunehmend versuchen Handels-
ketten aber auch, aktiv eigene Nachhaltigkeitsstandards für ihre Lieferanten zu set-
zen. Ein Beispiel ist die Sieben-Siegel-Kampagne von ALDI, in welcher der Dis-
counter die Bekanntheit ausgewählter Nachhaltigkeitslabel zu erhöhen und sich
kommunikativ mit diesen zu assoziieren sucht (ALDI SÜD 2016).
Bei privater oder Eigenregulierung stellt sich grundsätzlich die Frage der Ver-
bindlichkeit und Durchsetzbarkeit. Hinsichtlich der Verbindlichkeit reicht das
Spektrum von freiwilliger Teilnahme bis zu staatlich unterstützter privater Regu-
lierung.
Die Durchsetzbarkeit privater Standards ist von der Frage der Marktmacht
nicht zu trennen. In diesem Zusammenhang ist der Unterschied zwischen privater
Regulierung von Marktnischen einerseits und ächendeckender privater Regulie-
rung wie GlobalGAP oder dem QS-System zu unterscheiden.
Standards oberhalb der gesetzlich vorgesehenen Mindeststandards können dabei
helfen, Marktnischen im Premiumsektor zu schaffen. Beispiele sind Öko-Labels
oder die Kennzeichnung regionaler Herkunft. Dabei liegt insofern viel Markt-
macht beim Handel, als dieser über die Listung entscheidet und erfolgreiche
Konzepte oft durch Eigen-Labels kopiert, etwa biologische Eigenmarken wie
das „biobio“-Label von Plus.
Die Durchsetzung privater Standards auf breiter Ebene geht in der Regel vom
Handel aus, also der Stufe mit der höchsten Marktkonzentration. Große Super-
marktketten sind damit de facto zu privaten Regulatoren geworden, die einen
starken Einuss auf die Erzeugung, Verarbeitung und Distribution von Nah-
rungsmitteln nehmen (Burch etal. 2013).
7.5 Baustein 5: Nicht-staatliche Standards und Ko- Regulierung
206
Der Markterfolg von privaten Standards hängt wesentlich vom Vertrauen der po-
tenziellen Käufer ab. Handel und Erzeuger kooperieren daher oft mit Nichtregie-
rungsorganisationen, um die Glaubwürdigkeit ihrer Standards und Labels zu erhö-
hen (Busch 2011; Fuchs etal. 2011; Ponte und Cheyns 2013; Botterill und Daugbjerg
2015). Aus Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher besteht oft eine verwir-
rende Label-Vielfalt, welche die Mehrpreisbereitschaft für Produkte mit besonderen
ethischen Merkmalen unterlaufen kann (Zander und Hamm 2010; Janssen und
Hamm 2012). Bei vielen Nachhaltigkeits-Labels ist der tatsächliche Mehrwert unter
Nachhaltigkeitsgesichtspunkten oft fraglich, weshalb „Standards für Standards“ ge-
fordert werden und der Transparenz der Informationen hinter einem Label große
Bedeutung zukommt (Adger und Jordan 2009).
In vielen Bereichen bestehen zunehmend staatliche und private Standards neben-
einander. Im Bereich biologischer Lebensmittel gibt es beispielsweise einerseits die
zwischenstaatlichen Richtlinien des Codex Alimentarius und andererseits die priva-
ten Richtlinien der International Federation of Organic Agriculture Movements
(FOAM). Oft erteilen auch private Organisationen Zertikate auf der Basis von
staatlichen Standards. In der WTO wird daher diskutiert, ob eine staatliche Verant-
wortung für die Qualität solcher Labels besteht und diese ggf. als technisches Han-
delshemmnis gegen WTO-Recht verstoßen (Daugbjerg 2012).
Staatliche Regulierungsstrategien sind wesentlich für die Entwicklung privater
Standards. Zum einen denieren die staatlichen Mindeststandards den Raum, der
zur Prolierung mit höherwertigen Standards zur Verfügung steht (Vogel 2010).
Zum anderen dient Eigenregulierung oft dazu, drohender staatlicher Regulierung
zuvorzukommen, wie etwa bei Selbstverpichtungen zu zucker- und fetthaltigen
Lebensmitteln (Jensen und Ronit 2015).
Während eine optimistische Perspektive erwarten lässt, dass der Prolierungs-
wettbewerb am Markt ein „race to the top“ auslöst, entsteht aus einer pessimisti-
schen Perspektive Skepsis gegenüber dem Anspruchsniveau privater Standards so-
wie den Problemen bei der privaten Durchsetzung und Kontrolle (Vogel 2010;
Jensen und Ronit 2015).
Eine wesentliche Diskussion betrifft auch die Frage, ob Eigenregulierung den
Landwirten und Umweltorganisationen mehr Einuss verschaffen kann oder ob
private Standards zur Individualisierung und Privatisierung der Verantwortung für
öffentliche Aufgaben und öffentliche Güter führen (Ménard und Valceschini 2005;
Fuchs etal. 2011; Botterill und Daugbjerg 2015).
Auf globalisierten Märkten müssen Standards zudem in globalen Normsetzungs-
gremien abgestimmt werden. Der europäische Einuss gilt hier als begrenzt (Young
2014).
Insgesamt ist davon auszugehen, dass auf internationalisierten Märkten transna-
tionale private Standards wie GlobalGAP erheblich an Bedeutung gewinnen, um
die Qualität von Produkten zu harmonisieren und den Akteuren entlang der Wert-
schöpfungskette einklagbare Qualitätserwartungen über gehandelte Ware zu ermög-
lichen. Dabei spielen auch Umwelt- und Nachhaltigkeitsstandards eine zunehmende
Rolle (Havinga etal. 2015). Ob sich daraus eine Triebkraft für eine multifunktio-
nale, natur- und umweltgerecht Landwirtschaft ergibt, ist offen. Allerdings haben
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
207
transnationale Standards den Vorteil, dass sie auch die Importkonkurrenz betreffen
und damit das Problem umgehen, dass staatliche Erzeugerstandards immer nur für
diejenigen Produzenten verbindlich sind, die im territorialen Geltungsbereich der
betreffenden Regeln operieren.
Fazit: Die Entwicklung von Vorschlägen für spezische Labels würde über den
Rahmen dieses Projekts hinausgehen. Im Zuge der Entwicklung von strategischen
Handlungsoptionen ist jedoch festzuhalten, dass Kennzeichnungen ein wichtiger
Baustein für die bessere Verankerung von Natur- und Umweltschutz in den land-
wirtschaftlichen Wertschöpfungsketten sind. Denn sie ermöglichen es nicht nur, die
Naturschutz- und Umweltleistungen besser in Wertschöpfung am Markt umzuset-
zen, sondern sie unterstützen auch die Herausbildung sozialer Normen und erstre-
cken sich potenziell auf importierte Erzeugnisse.
7.6 Baustein 6: Monitoring- und Sanktionssysteme
7.6.1 Aufgaben, Zielkonikte und Problemlagen von
Monitoring- und Sanktionssystemen
Mehrere Elemente des agrarpolitischen Rahmens erfordern ein ächendeckendes
Monitoring-System, um sicherzustellen, dass gesetzliche Regelungen befolgt und
ggf. Sanktionen verhängt werden können:
die Durchsetzung der ordnungsrechtlichen Mindestanforderungen an die land-
wirtschaftliche Betriebsführung;
die Einhaltung der Auagen, an welche die betrieblichen Direktzahlungen ge-
knüpft sind (derzeit in der Ersten Säule der GAP);
die tatsächliche Durchführung vereinbarter freiwilliger Maßnahmen (derzeit in
der Zweiten Säule der GAP).
Bei der Einrichtung von Monitoring- und Sanktionssystemen besteht grundsätzlich
ein Zielkonikt zwischen
dem Interesse an einer ächendeckenden und zuverlässigen Erfassung derjeni-
gen Tatbestände, die für die angestrebte Verhaltensbeeinussung (politische
Steuerung) im weiteren Sinne sowie die Implementation der Rechtsnormen im
engeren Sinne relevant sind;
den direkten und indirekten Kosten von Monitoring- und Sanktionssystemen, die
im Allgemeinen mit dem Detaillierungsgrad, der Neuheit des Systems sowie der
Qualität der Daten (Validität der Indikatoren, Reliabilität der Datenerhebung)
steigen. Dies beinhaltet zum einen die Kosten der Systemadministration, die bei
den Kontrollinstanzen anfallen, andererseits die Transaktions- und Compliance-
Kosten für die Normadressaten und ggf. andere Akteure.
Monitoring- und Sanktionssysteme sind zudem nicht neutral, sondern haben eine
„Performanz“, wie Politik-Instrumente generell (Lascoumes und Le Gales 2007;
7.6 Baustein 6: Monitoring- und Sanktionssysteme
208
Turnhout etal. 2010). Die verschiedenen Akteure interagieren mit diesen Systemen,
z.B. als Antragsteller oder als Administrator, und erleben sich dabei nicht nur in den
durch das Recht zugewiesenen Rollen, sondern auch in den Rollen, die ihnen durch
die Interaktionsformen zugewiesen werden. So berichten Landwirte, dass sie sich
etwa als Bittsteller oder als permanent latent Verdächtiger erleben. Diese Performanz-
Funktion der Monitoring- und Sanktionssysteme kann die Wirksamkeit anderer
Politik- Instrumente unterstützen oder behindern. Beispielsweise können Monito-
ring- und Sanktionssysteme einerseits die Durchsetzung ordnungsrechtlicher Nor-
men unterstützen. Andererseits können sie der Herausbildung von Normen der Ei-
genverantwortung oder dem Leitbild des kreativen Unternehmers widersprechen,
indem sie den Normadressaten Formen der Interaktion aufzwingen, in denen sie
sich als passiv und unterworfen erleben. Wünschenswert wäre, dass bei der Setzung
von Standards und dem ankierenden Monitoring- und Sanktionssystem soziale
Normen der Einhaltung der Standards entstehen und so Verstöße gegen die Stan-
dards von der Gesellschaft nicht akzeptiert würden (im Gegensatz zum heutigen
Umgang etwa mit Steuerhinterziehung).
Monitoring-Systeme können auch mit Formen der Selbst- oder Ko-Regulierung
verbunden sein, wie beispielsweise die Kontrollen im Rahmen privater Standard-
und Zertizierungssysteme (z.B.QS oder GlobalGAP). Sind solche Systeme hin-
reichend weit verbreitet, können sie für die Zwecke staatlicher Kontrolle anerkannt
werden.
Im Zusammenhang mit Monitoring- und Sanktionssystemen ergeben sich fol-
gende relevante Problemlagen:
in Teilbereichen fehlende Datengrundlage (siehe Kap.3);
ungenaue Indikatoren (zum Beispiel der Vogelindikator als Leitindikator für
Biodiversität);
Zuverlässigkeit der Datenerhebung, insbesondere bei Angewiesenheit auf Akti-
vitäten Dritter;
mangelnde Durchsetzung der Auagen– Vollzugsdezit;
hohe Kosten der Datenerfassung;
hierarchische Interaktionsformen (Instrumentenperformanz).
Im Folgenden diskutieren wir Ansatzpunkte für eine Verbesserung des Monitoring-
und Sanktionssystems für natur- und umweltbezogene Problemlagen im Bereich
der Agrarpolitik.
7.6.2 Baustein 6.1: Investition indas Indikatorensystem
Abschn.6.5 enthält eine umfassende Liste möglicher Indikatoren für die Verwirkli-
chung des Leitbilds einer natur- und umweltverträglichen Landwirtschaft. Die Auf-
listung zeigt, dass für wichtige Aspekte einer solchen Politik keine oder keine hin-
reichend operationalisierten Indikatoren zur Verfügung stehen.
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
209
Wie in Kap.3 und4 dargestellt, sind auch viele gesetzliche Vorgaben des Natur-
und Umweltschutzes nicht hinreichend operationalisiert, um ihre Durchsetzung zu
ermöglichen.
Vor diesem Hintergrund erscheint es geboten, ein Review der Indikatorensysteme
durchzuführen und Mängel bei der Operationalisierung, vor allem bei rechtlich ko-
dizierten Zielen, abzustellen. Dazu sollte in einen entsprechenden, wissenschaft-
lich basierten Konsultationsprozess, bei Bedarf unterstützt durch Forschungs- und
Entscheidungsvorhaben, investiert werden.
7.6.3 Baustein 6.2: Digitale Informationssysteme und
Fernerkundung zur automatischen Erhebung
Für das Monitoring der Flächennutzung werden heute in erster Linie InVeKoS-
Daten genutzt. Zukünftig werden daneben andere GIS-Daten verwendet, um die
angrenzende Flächennutzung zu dokumentieren, zu beobachten und zu überwa-
chen. So kann beispielsweise mit Hilfe von GIS-Daten die landschaftliche Vielfalt
erfasst werden. Auch können Informationen zur Flächennutzung– z.B.Fruchtfol-
gegestaltung– aus den InVeKoS-Daten oder anhand von anderen GIS-Daten über-
prüft werden.
Die Zunahme der Rechenleistung und das Vorhandensein mehrjähriger Daten
ermöglichen ein automatisiertes Monitoring der Flächennutzung. Auf dieser
Basis könnten in Zukunft die Einhaltung von Auagen etwa für Fruchtfolgen (und
nicht nur Diversität der Anbaufrüchte), aber auch Kennzahlen für die Vielfalt der
Landschaftsnutzung berechnet werden, die als Grundlage für entsprechende Prä-
mien dienen könnten.
In dem Maße, wie GIS-gestützte digitale Informationssysteme zur automatisier-
ten Erfassung von Landnutzung und Landschaftsstrukturen beitragen, können sie
geeignet sein, den bürokratischen Aufwand bei der Ausgestaltung von ächenbe-
zogenen Monitoring- und Informationssystemen und der Berechnung von land-
schaftsbezogen Prämien zu verringern. Fachgespräche mit Experten der Ferner-
kundung haben Aufschluss über derzeitige Entwicklungen bei der Nutzung von
digitalen Technologien gegeben. Neue Erdbeobachtungssatelliten stellen räumlich
und zeitlich hoch aufgelöste Datensätze zur Verfügung und ermöglichen so die ä-
chendeckende Aufnahme von Landnutzungsstrukturen.
Das europäische Erdbeobachtungsprogramm Copernicus (Programm der
Europäischen Kommission und der Europäischen Weltraumorganisation) stellt eine
leistungsfähige Infrastruktur für Erdbeobachtung und Dienstleistungen der Geoin-
formation zur Verfügung. Die Copernicus-Satelliten Sentinel-2A und -2B überie-
gen die globale Landoberäche alle 5 Tage, was zur Verfügbarkeit einer zeitlich
hoch aufgelösten Zeitreihe von Daten führt. Sie liefern mit einer räumlichen Auf-
lösung von 10m seit Kurzem Fernerkundungsdaten, die aufgrund ihrer hohen Qua-
lität (räumliche und zeitliche Auösung) grundsätzlich für das Monitoring von
7.6 Baustein 6: Monitoring- und Sanktionssysteme
210
landwirtschaftlichen Flächen geeignet sind. Die Daten des europäischen Coperni-
cus-Erdbeobachtungsprogramms stehen offen zur Verfügung und sind gezielt für
die Entscheidungsndung bei Politikprozessen und für das Monitoring und Ma-
nagement von Umweltbelangen eingeführt worden.
Fernerkundungstechniken werden auf nationaler Ebene bereits zur Unterstüt-
zung des Integrated Administrative Control System (IACS) der EU eingesetzt.
Hierbei werden u.a. Flächengrößen, Nutzungsarten und Landschaftselemente iden-
tiziert sowie Angaben von Landwirten überprüft. Zum Einsatz kommt hier bei-
spielsweise die GIS-Umgebung des Land Parcel Identication Systems (LPIS)
innerhalb des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (InVeKoS). Die ge-
nutzten Analysesysteme beruhen aktuell allerdings noch nicht in vollem Maße auf
den neuen Sentinel-Satelliten und sind nicht voll automatisiert. Genutzt werden in
der Regel etablierte Sensoren wie Landsat, RapidEye und WorldView, welche nicht
die Vorzüge der sowohl räumlich wie zeitlich hohen Auösung bei ächendecken-
der und kostenfreier Verfügbarkeit bieten.
Für die voll automatisierte Extraktion der genannten Informationen besteht aktu-
ell jedoch noch Forschungsbedarf. Projekte zur Entwicklung entsprechender Co-
pernicus-Services für die Landwirtschaft, an denen auch das Deutsche Zentrum für
Luft- und Raumfahrt (DLR) beteiligt ist, werden u.a. von der EU gefördert. Hierbei
spielt jedoch der Aspekt von Landschafts- und Strukturelementen bisher noch keine
große Rolle. Diese Daten könnten eine deutlich verbesserte Grundlage zur Erfas-
sung von Schlaggrößen, Fruchtfolgen, Länge der Vegetationsperiode und Struktur-
elementen, die bei einer Pixelgröße von 10 m x 10 m erkannt werden, darstellen.
Landschaftselemente könnten zukünftig über Fernerkundung automatisch erfasst
werden. Forschungsbedarf besteht bei der automatischen Erfassung von kleinen
Strukturen, wie z.B.Einzelbäumen, die bei einer Pixelgröße von 10m x 10m nicht
ohne Weiteres erfasst werden.
Derzeit laufen mehrere Forschungsprojekte, die sich mit der Klassizierung
von Agrarräumen mit Hilfe von Fernerkundungsdaten beschäftigen, u.a. an
den Universitäten in Würzburg, Halle und Hannover. Feldfrüchte können z.B. über
die spektrale und phänologische Signatur mittlerweile recht eindeutig bestimmt
werden. Für eine europäische automatisierte Erfassung der Landnutzungsstrukturen
erscheint derzeit jedoch die Erstellung der Trainingsdaten über Beobachtung oder
Kalibrierung noch als relativ aufwendig. Hier könnte die partielle Verschneidung
mit aktuellen Vektordatensätzen (InVeKoS, Amtliches Liegenschaftskatasterinfor-
mationssystem ALKIS) Abhilfe schaffen. Ein vielversprechender Datensatz zur Er-
fassung der Hangneigung ist das neue Höhenmodell TandDEM-X DEM.Je nach
Nutzungszweck und gewünschter Flächengröße ist der Zugang zu den Daten unter
verschiedenen Voraussetzungen möglich.
Die Überwachung einer auf die Landschaftsstruktur bezogenen Prämie mittels
GIS-gestützter Systeme mit Hilfe von Fernerkundungsdaten erscheint daher mittel-
fristig als eine realistische Option. Voraussetzung dafür wäre es, dass die Fehler-
haftigkeit unter den von EU-Kontrollsystemen geforderten Wert von 2% fällt. Dies
erfordert weitere Investitionen in ein solches System. Im Ergebnis könnte dadurch
jedoch ein Kontrollsystem ermöglicht werden, das die laufenden Administrations-
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
211
kosten und die bürokratische Last für Landbewirtschafter vermutlich deutlich ver-
ringern könnte. Voraussetzung für die Zahlung einer auf Daten zur Landschafts-
struktur basierenden Prämie wäre eine Einigung auf einen fachlich belastbaren Satz
von nachvollziehbaren, gewichteten Faktoren für die Zuteilung der Prämienansprü-
che und die Berechnung der Prämienhöhe.
7.6.4 Baustein 6.3: Monitoring stoficher Einträge–
Plausibilitätsprüfungen
Stofiche Einträge sind auf absehbare Zeit kaum durch Fernerkundung zu erfassen,
so dass in diesem Bereich weiterhin Dokumentation und Bilanzerstellung auf be-
trieblicher Ebene notwendig sein werden. Um sicherzustellen, dass die ausgewiese-
nen Bilanzwerte den tatsächlichen stofichen Einträgen entsprechen, sind jedoch
zum einen die Vorschriften der Bilanzierung in einigen Bereichen zu überarbeiten
(z.B. anrechenbare Verluste in der Düngeverordnung), zum anderen sind auf Seiten
der Überwachung entsprechende Plausibilitätsprüfungen einzuführen. Am Beispiel
der Düngeverordnung hieße dies, dass z.B. die angegebene Ertragsmenge bzw. Bi-
lanzwerte mit regions- und betriebsformtypischen Werten auf Plausibilität vergli-
chen werden sollten. Entsprechende Prüfmechanismen können ebenfalls automati-
siert in den Systemen der Datenverarbeitung hinterlegt werden. Werden Werte
angeben, die von den denierten Grenzwerten– z. B. für den Stickstoffgehalt im
organischen Dünger– abweichen, kann hierfür die Vorlage entsprechender amtlicher
Belege oder Rückstellmuster gefordert werden. Für den Einsatz zugekaufter Dünge-
und Panzenschutzmittel8 sind des Weiteren die Belege auf Verlangen der Kontroll-
behörden vorzulegen.
7.6.5 Weitere Bausteine
Baustein 6.4: Amtliche Belege bei komplexen Problemlagen
Des Weiteren kann für Aspekte, wie etwa die Erstellung von Humusbilanzen oder
den Einsatz von Tierarzneimitteln, die Vorlage amtlicher Belege eingeführt werden.
Diese Praxis wird heute schon teils angewendet, sollte zukünftig aber ausgebaut
werden, so dass eine Einbindung externer (Kontroll-) Einrichtungen, wie z.B. im
ökologischen Landbau, erfolgt. Dieses Vorgehen bietet sich vor allem für Maßnah-
men an, deren Messwerte nur mit hohem betrieblichen und/oder verwaltungstechni-
schen Aufwand zu erheben sind und/oder deren Messung spezisches Fachwissen
und entsprechende technische Ausrüstung erfordert.
8 Da z.B. auch bei hohem Anfall organischer Dünger zusätzlich hohe Mengen an mineralischem
Dünger eingesetzt werden (Taube 2016).
7.6 Baustein 6: Monitoring- und Sanktionssysteme
212
Baustein 6.5: Mehrjährige Antragstellung und Gruppenanträge
Eine bürokratische Entlastung kann des Weiteren durch mehrjährige Antragsstellung
auch in der Ersten Säule erreicht werden. Weiterhin würde eine Reduzierung der
Ausnahmetatbestände den Verwaltungsaufwand vermindern (Hart etal. 2016). Dane-
ben könnte die Verlagerung der Antragstellung auf die Ebene von lokalen oder regio-
nalen Kooperativen wie in den Niederlanden zu einer Reduzierung des bürokrati-
schen Aufwandes führen, da nicht nur Verantwortlichkeiten weitergegeben werden,
sondern auch Mechanismen sozialer Kontrolle verstärkt greifen. Der anfangs eventu-
ell erhöhte Zeitaufwand für Planung, Ausführung und Erfassung der Auagenein-
haltung würde im Zeitverlauf durch Routinebildung typischerweise abnehmen.
Baustein 6.6: Abstimmung von Kontrollfrequenzen und Sanktionshöhe
Die Durchsetzung der gesetzlichen Mindestanforderungen und weiteren Auagen
hat häug mit einem Vollzugsdezit zu kämpfen. Die Durchsetzung der GAB beruht
bspw. in erster Linie auf Cross Compliance-Prüfungen mit prozentualen Kürzungen
der Direktzahlungen bei Verstößen. Mit der Einführung von Cross Compliance
konnte ein ächendeckendes Kontrollsystem mit der Verteilung der Direktzahlun-
gen verknüpft werden, was die systematische Durchsetzung der gesetzlichen Min-
deststandards erleichtert. Um die Durchsetzung des gesetzlichen Mindeststandards
und der genannten Auagen zu sichern, könnte die Anhebung der Kontrollquote und
-frequenz in Kombination mit der Sanktionshöhe angebracht sein. Dabei sollte die
Höhe der Kontrollquoten und -frequenzen unter Berücksichtigung der möglichen
Schäden bei Verstoß in einem umgekehrten Verhältnis zur Sanktionshöhe stehen.
Die Einführung eines effektiven Kontroll- und Sanktionsmechanismus bestärkt auch
die Einsicht der Landwirte in die Bedeutung der Maßnahmen und den Wunsch der
Gesellschaft, dass diese eingehalten werden. Zugleich sollte der Kontrollaufwand in
einem angemessenen Verhältnis zur erwarteten Häugkeit und Schwere der Ver-
stöße stehen. Hier kann ein risiko-basierter Ansatz zu einer an den Prinzipien der
Effektivität, Efzienz und Angemessenheit orientierten Kontrollpraxis beitragen.
Baustein 6.7: Beweislastumkehr
Eine Umkehr der Beweislast kann ebenso wie ein starker Kontroll- und Sanktionsmecha-
nismus dazu beitragen, die Bedeutung der Grenzwerte und Maßnahmen und deren Ein-
haltung zu bestärken. Bei Anlastung der Beweislast müssten die Landwirtinnen und
Landwirte aber auch in die Lage versetzt werden, die Einhaltung der Auagen selbst
nachweisen zu können. So könnten bspw. die landwirtschaftlichen Betriebe durch Erhe-
bung der Stickstoffgehalte im organischen Dünger und Wiegeprotokolle der Erträge die
Einhaltung der Stickstoffbilanzgrenzwerte nachweisen, falls hieran Zweifel bestehen.
7.6.6 Fazit
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es für die Zukunft vorstellbar ist, anhand
digitaler Daten und elektronischer Datenverarbeitung den bürokratischen Auf-
wand für die landwirtschaftliche Betriebe und die Verwaltung zu reduzieren. So
können bisher in verschiedenen Datenbanken erhobene und gespeicherte Daten
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
213
zur Durchführung von Kontrollen zusammengeführt werden (z.B.HIT und InVE-
KoS) und mit Daten der Selbstkontrolle (z.B.Ackerschlagbilanzen, Daten des
Precision Farming) kombiniert werden. Die gewonnenen Daten können damit ins-
gesamt als Kontroll- aber auch als Monitoring- und Beratungstool für die land-
wirtschaftlichen Betriebe eingesetzt werden, z.B. durch Vergleiche des eigenen
Betriebes mit anderen Betrieben aus der Region (Tab.7.10).
7.7 Baustein 7: Unterstützende Elemente
Die Verwirklichung des Leitbilds einer multifunktionalen, natur- und umwelt-
verträglichen Landwirtschaft erfordert von den Beteiligten viel neues Wissen
und zum Teil auch eine Umorientierung. Dazu könnten unterstützende Maßnah-
men angeboten werden. Dies betrifft zum einen Ausbildung und Beratung für die
in der Landwirtschaft tätigen Personen, zum anderen verbraucherorientierte
Maßnahmen.
7.7.1 Ausbildung und Beratung
Die Entwicklung einer multifunktionalen, natur- und umweltverträglichen Land-
wirtschaft erfordert von den Landwirten erhebliches Wissen. Die Verwirklichung
des Leitbildes könnte dadurch unterstützt werden, dass Workshops, Kurse oder In-
formationsbroschüren neuere Ansätze vermitteln und dadurch sowohl das Wissen
wie die Akzeptanz erhöhen (Frondel etal. 2012). Weitere sinnvolle Ansätze sind
Demonstrationsprojekte (Schleyer und Plieninger 2011), Beratung durch Fachleute
(Meyer etal. 2015a) oder gegenseitige Hilfe der Landwirte untereinander (Prager
2015). Für die Einführung neuer, zum Teil komplizierter Verfahren, wie etwa Auk-
tionen, ist eine intensive Begleitung, vor allem in den Anfangsstadien, unerlässlich
(Freese etal. 2011; Ulber etal. 2011). Ebenso benötigen viele ergebnisorientierte
Maßnahmen eine fachliche Begleitung (Schroeder etal. 2013). Auch kann fachliche
Expertise helfen, Transaktionskosten zu senken, die als wesentliche Teilnahme-
hürde vieler AUKM angesehen werden (Meyer etal. 2015a).
Einführung eines Curriculums an den landwirtschaftlichen Fachschulen: Zu-
nächst ist es wichtig, die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Umwelt-
leistungen der Landwirtschaft überall im Curriculum zu verankern.
Angeboten und gefördert werden könnten laufende Seminarangebote für
Landwirte zu Themen wie:
Auswirkungen landwirtschaftlicher Aktivitäten auf die Bodenqualität;
nachhaltige Landnutzungssysteme;
Wasserhaushalt, Artenvielfalt;
ökologischer Panzenbau;
EU-/Landes-Verordnung;
Verwaltungsverfahren.
7.7 Baustein 7: Unterstützende Elemente
214
Tab. 7.10 Monitoring-Elemente und ihr Beitrag zur Problemlösung
Baustein
Problemlage
(+ = trägt zu Problemlösung bei,– = verstärkt das Problem, 0 = neutral)
Fehlende
Daten
Kosten der
Datenerfassung
Mangelnde
Durchsetzung der
Auagen
Ungenaue
Indikatoren
Zuverlässigkeit der
Datenerhebung
Hierarchische
Interaktionsformen
GIS-basiertes Monitoring der
Flächennutzung
+ + + + +
Plausibilitätsprüfungen für
Monitoring stoficher Einträge
+ 0
Amtliche Belege bei komplexen
Problemlagen
+−− + + + −−
Mehrjährige Antragstellung + 0 +
Kollektive Maßnahmen und
kollektives Monitoring
+ +
Abstimmung von
Kontrollfrequenzen und
Sanktionshöhe
+
Beweislastumkehr +
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
215
Weiterhin könnte durch Leistungsvereinbarungen zwischen Landesregierungen und
Hochschulen/Universitäten ein Curriculum zum Thema „Nachhaltige Land-
wirtschaft“ etabliert werden mit Inhalten wie:
systemisches Denken;
Flächennutzungskonzepte;
Wasserkreislauf;
umweltorientiertes Marketing und regionale Märkte;
Energiefragen;
Artenvielfalt;
Konsequenzen landwirtschaftlicher Aktivitäten auf lokalem, regionalem und
globalem Niveau;
Tierschutz, Agrarpolitik;
Plurale Ökonomik;9
EU-/Landes-Verordnung und Verwaltungsverfahren.
Beratungsdienste können mit Hilfe von Training und Vorführungen im Feld (De-
monstrationsprojekte), in Zusammenarbeit mit Hochschulen, gerade bei fehlenden
Kapazitäten viel erreichen (Klair etal. 1998).
Weiterhin könnte ein anerkannter, fachlich hochwertiger Sachkundenachweis
für nachhaltige Landtechnik, Tierhaltung, und Panzenbau eingeführt werden. Eine
Auffrischung dieser Kenntnisse alle drei bis fünf Jahre wäre wünschenswert, um auf
dem neuesten Stand zu bleiben. Damit würden Kapazitäten der Landwirte aufge-
baut und gefestigt.
Die Erstellung oder Unterstützung der Entwicklung von umweltorientierten Be-
triebsentwicklungsplänen für Panzen- und Tierproduktionsbetriebe könnte durch
Beratungsstellen gefördert und angeboten werden.10
7.7.2 Verbraucherorientierte Maßnahmen
Das Engagement von Individuen, Haushalten, Schulen und anderen Einrichtun-
gen, in denen Lebensmittel zubereitet und serviert werden, kann auch einen Multi-
plikatoreffekt haben. Hier spielen Regeln, Konsumentensteuerung, Produktkenn-
zeichnung, Direktmarketing, Bewusstseinsbildung und Bildung von Konsumenten
wichtige Rollen.
9 Plurale Ökonomik, auch als Real World Economics oder Post-autistische Ökonomie bekannt,
fordert die neoklassischen Standardannahmen heraus und integriert Ideen aus der Soziologie und
Psychologie in die wirtschaftliche Analyse (Fullbrook 2007).
10 Vgl. dazu die Einrichtung eines „Kompetenzzentrums für ländliche Entwicklung“ bei der Bun-
desanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) mit Informationsplattform zur Intensivierung
der landwirtschaftlichen Beratung und Innovationsförderung in gezielten Bundesprogrammen
(BMEL 2015a, S.29).
7.7 Baustein 7: Unterstützende Elemente
216
7.7.2.1 Steuern und Regulation
Konsumenten spielen eine zentrale Rolle für die Chancen einer nachhaltigen (oder
nicht nachhaltigen) Landwirtschaft. Fördernde Maßnahmen, darunter regulierende,
steuerliche und freiwillige Maßnahmen, Produktlabels, direktes/lokales Marketing,
Bewusstseinsbildung über Nahrungsmittelentscheidungen und Ernährung, sowie
individuelles Engagement als auch Engagement von Haushalten, Schulen und sons-
tigen Organisationen in denen Nahrung vorbereitet und konsumiert wird, können
effektiv sein.
Grundsätzlich kann das Konsumentenverhalten durch die erhöhte Besteuerung
von Produkten beeinusst werden, welche nicht nachhaltig produziert wurden
oder als gesundheitsschädigend (bspw. Tabak oder Alkohol) oder umweltschädi-
gend (bspw. Dünger, Plastikverpackungen, ölbasierte Kraftstoffe) eingestuft wer-
den. Der Vorschlag, den reduzierten Mehrwertsteuersatz für tierische Erzeugnisse
in Frage zu stellen, hat jedoch zu einer kontroversen öffentlichen Diskussion ge-
führt. Andere Ansätze wären die Besteuerung von Inputs in die Produktion, wie
Mineraldünger oder Pestizide (Pedersen etal. 2012). Die ökonomische Begrün-
dung für eine solche Steuer wäre immer die Beeinussung der relativen Faktor-
preise. Der Umfang, in dem eine Besteuerung zur Reduzierung des Einsatzes der
besteuerten Faktoren führt, hängt von den Faktorpreiselastizitäten ab. Beim Pesti-
zideinsatz ist weiterhin zu berücksichtigen, dass die Umweltverträglichkeit durch
die Genehmigungsverfahren und die Auagen beim Gebrauch sichergestellt wer-
den sollen. Eine gesonderte Produktsteuer bedürfte daher in diesem Fall einer be-
sonderen Begründung.
Regulative Ansätze können beispielsweise die Werbung und Produktinformation
betreffen. Während dies eine übliche Methode ist, den Alkohol- und Tabakkonsum
zu regulieren, gibt es nur unzureichende Analysen der Wirksamkeit regulativer An-
sätze im Nahrungsmittelbereich (OECD 2016).
7.7.2.2 Produktkennzeichnung
Ein effektives Marketing von nachhaltig produzierten landwirtschaftlichen Produk-
ten von Landwirten und Nahrungsmittelindustrie braucht gut informierte Verbrau-
cherinnen und Verbraucher. Insbesondere müssen Unterschiede zwischen konven-
tionellen und nachhaltig hergestellten Produkten verstanden werden. Zudem sollten
die Gründe für die höheren Preise klar kommuniziert werden (Klair etal. 1998; von
Meyer-Höfer und Spiller 2014). Auch wenn Verbraucherinnen und Verbraucher eine
positive Einstellung gegenüber nachhaltig erzeugten Lebensmitteln besitzen, gibt es
immer noch Hindernisse, welche die Beachtung und Auswahl dieser Produkte hem-
men, wie etwa Wahrnehmung, Wissen über die Produkte, Konikte mit anderen
Prioritäten (z.B.Geschmack, Preis), mangelndes Bewusstsein oder mangelnde Mo-
tivation (Kuhnert etal. 2005; Grunert 2011).
Um die Nachhaltigkeit von Produkten zu kommunizieren, wurde ein „übergrei-
fendes Nachhaltigkeitslabel“ als effektivste regulierende Maßnahme empfohlen
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
217
(von Meyer-Höfer und Spiller 2014). Als allgemeine Anforderungen an ein solches
Label gelten (Grunert 2011):
Es muss die Aufmerksamkeit des Käufers auf sich ziehen;
den Käufer an seine „guten Absichten“ erinnern;
einfach zu verstehen und zu lesen sein und
glaubwürdig und vertrauenswürdig sein.
Die Einführung eines allgemein anerkannten Nachhaltigkeitslabels ist jedoch bisher
nicht gelungen, u.a. weil dadurch der Spielraum für einzelne Anbieter, sich durch
Eigen-Labels zu prolieren, vermindert würde.
Eine direkt mit dem Naturschutz verbundene Kennzeichnung ist das „land-
scape label“, welches die Produktzertikation mit der Entrichtung von Zahlungen
für Ökosystemdienstleistungen kombiniert (Ghazoul etal. 2009). Zu den vielen
Herausforderungen bei der Einführung eines solchen Labels gehören der Aufbau
von „fairen und transparenten community-basierten Organisationen“ und die Ge-
fahren vor „Trittbrettfahrern“ (Ghazoul etal. 2009). Verbraucherbefragungen ha-
ben gezeigt, dass die beiden genannten Punkte wichtig für die Glaubwürdigkeit
und das Vertrauen für Label sind (McEachern etal. 2005; Eden etal. 2008; Golan
et al. 2001). Obwohl dies für die meisten Nahrungsmittel der Fall ist, ist der
Marktanteil von Bio-Produkten in Deutschland mit 7% (2011) sehr gering und
stieg in den letzten Jahren nur minimal an (BMUB und Umweltbundesamt 2013).
Höhere Verkaufspreise, Zweifel an Umweltnutzen und korrekter Deklaration so-
wie die verwirrende Label-Vielfalt11 vermindern das Vertrauen und damit die
Wirksamkeit von Umwelt- und Nachhaltigkeitslabels (van der Zee 2016). Die
Einführung eines staatlich garantierten Labels, welches auf transparente und
nachvollziehbare Weise die mit einem Produkt verbundenen Leistungen im
Natur- und Umweltschutz zertiziert, wäre daher ein wichtiger Schritt zur Akti-
vierung der Verbrauchernachfrage nach nachhaltigen Produkten.
7.7.2.3 Bewusstseinsbildung und Verbindung zwischen Konsumenten und
Erzeugern
Eine Vielzahl von freiwilligen „Bottom-up“-Initiativen zielt darauf ab, das Bewusst-
sein bei Verbrauchern für Ernährungsfragen und für den Einuss ihrer eigenen
Kaufentscheidungen zu stärken sowie stärkere Verbindungen zwischen Konsumen-
ten und Erzeugern herzustellen (siehe dazu auch Abschn.4.3.6). Beispiele reichen
von einfachen Maßnahmen, wie eischfreien Tagen in Kantinen, bis hin zur Förde-
rung von nachhaltigem Nahrungsmittelkonsum im öffentlichen Sektor, wie zum
Beispiel Gerichte aus saisonaler, regionaler und biologischer Produktion. Durch
11 So gab es laut der Verbraucherinitiative Label-online.de allein aus Deutschland 34 Labels, wel-
che „Essen und Trinken“ als „Bio“ deklarieren. Zugleich wurden 21 Nachhaltigkeits-Labels auf-
geführt (www.label-online.de. Zugegriffen am 28.06.2016).
7.7 Baustein 7: Unterstützende Elemente
218
systematische Planung, niedrige Darlehenszinsen und auch durch Wissensaustausch
können solche freiwilligen Initiativen unterstützt werden.
Direktvermarktung ist nicht nur eine Möglichkeit für Landwirtinnen und Land-
wirte, ihr Einkommen zu steigern, indem sie kommerzielle Weiterverarbeitung und
Zwischenhändler in der Lebensmittelkette umgehen. Es stellt auch sozial eine di-
rekte Verbindung zwischen Verbrauchern und Erzeugern her. Die sichtbarste und
aktuell vorherrschende Form von Direktvermarktung in Deutschland sind regionale
Wochenmärkte. Wochenmärkte stellen nicht nur eine Quelle lokaler und regionaler
Produkte dar, sondern stärken die Verbindung sowohl zwischen Landwirten und
Endverbrauchern als auch zwischen ländlichen und städtischen Regionen. Sie tra-
gen zur Bewusstseinsbildung bei und können Konsumenten dazu motivieren, mehr
über das Essen, welches sie kaufen, und die dafür benötigten Ressourcen für land-
wirtschaftliche Betriebe, zu lernen. Andere Formen des Direktmarketings von
Landwirten an Konsumenten sind der Hofverkauf via Hoäden und Hofautomaten.
Allerdings sind diese Initiativen nicht immer eindeutig mit besonderen Leistungen
im Natur- und Umweltschutz verknüpft.
Auch könnte die Arbeit von Ernährungsräten wie den 2016 gegründeten Initia-
tiven in Berlin und Köln dabei unterstützt werden, eine Verbindung zwischen
städtischen Verbraucherinnen und Verbrauchern und besonders natur- und umwelt-
freundlichen Formen der Landwirtschaft herzustellen.
7.7.3 Investitionshilfen
Betriebliche und ländliche Infrastrukturinvestitionen werden im Rahmen der Zwei-
ten Säule der GAP gefördert. Oft dienen diese Maßnahmen bereits jetzt der Verbes-
serung des Umweltschutzes. Zur Verwirklichung des Leitbilds einer multifunktio-
nalen, natur- und umweltverträglichen Landwirtschaft könnten die Investitionshilfen
konsequent an dem neuen Leitbild ausgerichtet werden. Im Bereich der Tierhaltung
sollen im Prinzip bereits jetzt „geförderte Investitionen besondere Anforderungen
an den Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutz erfüllen, die über die geltenden
Standards hinausgehen“ (BMEL 2015i).
Eine neuere Untersuchung aus dem Thünen-Institut (2016) zu den Agrarinvesti-
tionsförderungsprogrammen ndet dabei zwar positive Effekte, aber wenig Belege
dafür, dass die Förderung tatsächlich zu zusätzlichen Leistungen im Natur-, Um-
welt- und Tierschutz (Additivität) führt. Auch wird die Frage aufgeworfen, welche
Funktion angesichts niedriger Zinsen und hoher Kreditvergabewilligkeit der Ban-
ken eine zusätzliche staatliche Investitionsförderung haben kann.
Neben staatlichen wäre dabei auch an private Kreditprogramme zu denken. Oft
werden dabei die Aspekte der Kostensenkung und der Ökologisierung verknüpft,
um „die Anpassung der Betriebe an z.B. neue oder wechselnde Rahmenbedingun-
gen [zu ermöglichen]. Die Produktionskosten sollen gesenkt, die Ökologisierung
gefördert und damit die Wettbewerbsfähigkeit einer nachhaltig produzierenden
Landwirtschaft gestärkt werden“ (Weber 2005, S.400). Beispielsweise nanziert
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
219
die GLS-Bank spezisch die Umstellung auf Ökolandbau, ökologische Betriebser-
weiterungen und Modernisierungen bis hin zu Hofgemeinschaften, die neben der
Landwirtschaft auch einen Hoaden, Kulturprogramme oder Übernachtungen an-
bieten. Das Förderprogramm „Nachhaltigkeit“ der Landwirtschaftlichen Renten-
bank dient der Verbesserung der Lebens-, Produktions- und Arbeitsbedingungen
unter Berücksichtigung der Verbraucherinteressen und dem Erhalt der biologischen
Vielfalt, aber auch Investitionen zur Erfüllung besonderer Anforderungen im Be-
reich Tierschutz.
7.8 Fazit
In diesem Kapitel wurden die verschiedenen Instrumente der Agrarpolitik im Hin-
blick auf ihren Beitrag zur Realisierung des Leitbilds einer multifunktionalen, na-
tur- und umweltverträglichen Landwirtschaft diskutiert. Die Übersicht in Tab.7.11
zeigt, dass eine Kombination der Bausteine notwendig ist, um die verschiedenen
prioritären Problemkomplexe (vgl. Abschn. 6.6) zu adressieren. Daher ist ein
koordinierter Gesamtansatz, eine Policy-Architektur, notwendig, die ein abge-
stimmtes Design der verschiedenen Politik-Instrumente ermöglicht. Dafür werden
im folgenden Kapitel mehrere strategische Entwicklungsoptionen aufgezeigt. Na-
türlich folgt auch die derzeitige Agrarpolitik einem Gesamtansatz. Dieser ist aber
historisch entstanden und reformbedürftig.
Zugleich zeigt die Diskussion in diesem Kapitel, dass in jedem der Elemente der
Agrarpolitik verschiedene Instrumenten-Varianten bestehen, die mehr oder weniger
geeignet sind, zur Verwirklichung des in Kap.6 entwickelten Leitbilds beizutragen.
Bei der Verwirklichung des Leitbilds kommt es also sowohl auf eine überzeugende
Gesamtkonzeption wie auch auf die Ausgestaltung der verschiedenen Instrumente
im Detail an.
Die Übersicht in Tab.7.11 bestätigt den Befund aus der SWOT-Analyse, dass
die Instrumentenvielfalt eine Stärke der gegenwärtigen Agrarpolitik darstellt, die
genutzt werden sollte, um die vielfältigen Probleme des Natur- und Umweltschut-
zes im Zusammenhang mit der Landwirtschaft zu adressieren. Zugleich hat die
Diskussion in diesem Kapitel gezeigt, dass eine efzientere und effektivere Aus-
gestaltung der meisten Elemente der Agrarpolitik möglich wäre. Dies wird zum
Teil zusätzliche Ressourcen erfordern. Da die Diskussion in Abschn. 7.2 zu dem
Ergebnis geführt hat, dass bestenfalls mit einer Aufrechterhaltung des Anteils der
GAP am EU-Budget zu rechnen ist, aber nicht mit einer Steigerung des Agrarbud-
gets, müssten die Mittel innerhalb der bisherigen Agrarpolitik anders eingesetzt
werden. Die Diskussion des Instruments der Direktzahlungen hat dabei ergeben,
dass diese in ihrer derzeitigen Form insgesamt wenig effektiv und efzient sind.
Ein stärker am Prinzip der Ergebnisorientierung ausgerichteter Einsatz der erheb-
lichen Mittel, die derzeit für Direktzahlungen verwendet werden, erscheint daher
geboten. Dafür bestehen grundsätzliche drei Optionen: (1) eine stärkere Verknüp-
fung der Direktzahlungen mit der Erbringung von öffentlichen Leistungen, etwa
7.8 Fa z it
220
Tab. 7.11 Zuordnung der Instrumenten-Bausteine zu den prioritären Problembereichen
Zielgröße/Problembereich
Baustein/Variante, welche das Ziel bzw. den
Problembereich prioritär adressiert
Komplex 1: Stoffeinträge in Boden, Wasser und Luft
Verlust von Biodiversität und
Habitatqualität durch Stoffeinträge
• Nitratproblematik,
Arzneimitteleinträge,
Pestizideinträge (Auswirkungen
u.a. auf Wasserqualität)
• Antibiotikaresistenz
Klimaschutz: Treibhausgas-
Emissionen
Ordnungsrecht und Mindeststandards, ggf.
Ausgleich erhöhter regulationsbedingter Kosten
im Vergleich zu Nicht-EU-Erzeugern auf
wissenschaftlicher Basis
Investitionshilfen bei Anhebung der Standards im
Ordnungsrecht
Komplex 2: Flächennutzung
Biodiversitäts- und Habitatverlust
Bodenschutz: Erosion,
Schadverdichtung
Treibhausgas-Emissionen durch
Landnutzungsänderungen
Anpassung an den Klimawandel
GLÖZ, Greening-Auagen (ggf. teilweise
Überführung ins Ordnungsrecht)
Mindeststandards zur Aufrechterhaltung der
natürlichen Produktivität der Standorte
Prämien zur Aufrechterhaltung der
Bewirtschaftung in Gebietskulissen mit
erschwerten Bewirtschaftungsbedingungen
Prämien zur Honorierung der landschaftlichen
Vielfalt
Flächendeckendes Minimum von Natur- und
Umweltschutzmaßnahmen gegen Honorierung
Honorierung besonderer Leistungen im
landwirtschaftlichen Natur- und
Umweltmanagement
Regional und standörtlich ausgerichtete AUKM
Koordinationsansätze zum integrierten
Landschafts- und Ressourcenmanagement
Komplex 3: Implementations-, Partizipations- und Innovationsdezite
Implementationsdezite
Unzureichende Kontroll- und
Sanktionsmechanismen
Ko-Regulierung und nicht-staatliche Standards
Verbesserte Monitoring- und Sanktionssysteme
inkl. GIS-gestützter Fernerkundungssysteme
Monitoring stoficher Einträge–
Plausibilitätsprüfungen
Fehlende operationalisierte Ziele
und unklare Rechtsbegriffe
Priorisierung und Operationalisierung der
naturschutz- und umweltpolitischen Zielgrößen
Schließung von Operationalisierungsdeziten bei
Ordnungsrecht und Mindeststandards
Zu wenige Lernprozesse und zu
wenig sektorübergreifende
Kooperation
Ausbildung und Beratung
Verbraucherorientierte Ansätze
Partizipative und kooperative Instrumente bei der
Planung und Implementation regionaler und
standörtlicher Programme und Maßnahmen
Integriertes Ressourcen- und
Landschaftsmanagement
7 Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes ineine zukunftsfähige …
221
durch eine anspruchsvollere Ausgestaltung der Cross-Compliance- und Gree-
ning-Anforderungen; (2) eine Umschichtung von Mitteln von den Direktzahlungen
in der Ersten Säule hin zu den stärker ziel- und ergebnisorientierten Maßnahmen
der Zweiten Säule; und/oder (3) der Übergang zu einem integrierten System auf-
einander aufbauender Prämien und Programme, welche zusammen mit einem ver-
besserten Ordnungsrecht systematisch die verschiedenen Problemlagen des Natur-
und Umweltschutzes im Agrarsektor adressieren.
Im folgenden Kapitel werden diese drei strategischen Optionen weiter ausformu-
liert und diskutiert.
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nal Lizenz (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de) veröffentlicht, welche die Nut-
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7.8 Fa z it
223© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en) 2019
P. H. Feindt et al., Ein neuer Gesellschaftsvertrag für eine nachhaltige
Landwirtschaft, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58656-3_8
Kapitel 8
Skizzierung und Bewertung
umweltpolitischer Strategien für eine
zukünftige Agrar- und Umweltpolitik
8.1 Einführung und Überblick
8.1.1 Einführung
Nach der Formulierung eines Leitbilds (Kap.6) und der Darstellung verschiedener
Gestaltungsmöglichkeiten auf der Ebene der einzelnen Bausteine der Agrarpolitik
(Kap.7) diskutiert dieses Kapitel die Optionen für eine zukunftsfähige Agrarpolitik,
welche die Anliegen des Natur- und Umweltschutzes wirksam integriert, aus einer
stärker strategischen Perspektive. Angestrebt wird, verschiedene mögliche Ent-
wicklungsrichtungen darzustellen, die von der derzeitigen Architektur der Gemein-
samen Agrarpolitik der Europäischen Union ausgehen und diese jeweils so verän-
dern, dass die in Kap.3 dargestellten negativen Auswirkungen der Landwirtschaft
auf die Natur- und Umweltgüter vermindert und die positiven Natur- und Umwelt-
leistungen der Landwirtschaft gestärkt werden.
Wir geben zunächst einen Überblick über die strategischen Alternativen, klären
die gemeinsame Minimalbasis und heben diejenigen „Bausteine“ hervor, die alle
Optionen ankieren müssen. Anschließend stellen wir die drei strategischen Optio-
nen vor. Es folgt eine Abschätzung der Stärken und Schwächen der Optionen in
Bezug auf die Verwirklichung des Leitbilds einer multifunktionalen, natur- und um-
weltverträglichen Landwirtschaft.
8.1.2 Überblick: Strategische Entwicklungsrichtungen für eine
zukünftige Agrar- und Umweltpolitik
Für die zukünftige Gestaltung der Agrar- und Umweltpolitik sind verschiedene
Optionen vorstellbar. Im Folgenden werden drei Optionen dargestellt, die als mögli-
che strategische Entwicklungsrichtungen einer Agrarpolitik zu verstehen sind, die
224
sich am Leitbild einer multifunktionalen, natur- und umweltverträglichen Landwirt-
schaft orientiert (vgl. Kap.6). Die ersten zwei Optionen knüpfen an in der Vergan-
genheit begonnenen Entwicklungspfaden der Agrarpolitik an und setzen jeweils an
einem der Elemente der derzeitigen agrarpolitischen Architektur an: der Ersten
Säule mit den Direktzahlungen beziehungsweise der Zweiten Säule mit der Ho-
norierung freiwilliger Agrarumweltleistungen. Die Optionen 1 und 2 stellen damit
unterschiedliche Gewichtungen der eingesetzten politischen Instrumente dar (An-
reize, Verordnungen und Gebote). Die dritte Option löst sich von der bisherigen
Zwei-Säulen-Struktur der GAP und schlägt stattdessen ein Modell mit mehreren
Ebenen vor, in denen zunehmend anspruchsvollere Umweltleistungen gestaffelt ho-
noriert werden. Daraus ergeben sich die folgenden drei strategischen Entwicklungs-
richtungen:
Weiterentwicklung des Greenings der Ersten Säule;
Stärkung der Zweiten Säule;
Integriertes Modell jenseits der Zwei-Säulen-Struktur.
Eine vierte strategische Entwicklungsrichtung wäre die Umstellung der Regulie-
rungslogik auf prinzipienbasierte Regulation. Dieser Ansatz kann grundsätzlich mit
den vorigen drei Strategien kombiniert werden. Er wird als Exkurs in Abschn.8.5
dargestellt.
Die Grundlogik der ausgewählten Optionen ist nachfolgend anhand wesentli-
cher Charakteristika, insbesondere der Instrumentierung, skizziert. Diese Grund-
logik wird durch die Möglichkeiten der Einbindung der verschiedenen Bausteine
ankiert (siehe Kap.7). So sind beispielsweise Maßnahmen zur Verbesserung von
Aus- und Fortbildung sowie Beratung (siehe Abschn.7.7.1) in alle Optionen zu
integrieren.
8.1.3 Gemeinsamkeiten aller Optionen
Mehrere wichtige Elemente sollten in allen Optionen enthalten sein.
1. Mindeststandards: Alle Optionen basieren auf den Grundanforderungen der Be-
triebsführung (GAB), deren Wirkungen auf den Natur- und Umweltschutz sich
im Vergleich zur Ist-Situation dadurch verbessern, dass die Einhaltung gesetzli-
cher Normen konsequenter kontrolliert und sanktioniert wird (Verminderung des
Vollzugsdezites). Der gesetzliche Mindeststandard sollte überprüft und gege-
benenfalls nachjustiert (wie z.B. in der aktuellen Novellierung der Düngever-
ordnung) und erweitert werden (z. B. Grünlandumbruchverbot, Schutz von
Landschaftselementen). Über die gesetzlichen Mindeststandards können die Na-
tur- und Umwelteffekte auch derjenigen landwirtschaftlichen Betriebe, die auf
Direktzahlungen und die dafür notwendige ökologische Leistungserbringung
verzichten, eingegrenzt werden.
8 Skizzierung und Bewertung umweltpolitischer Strategien für eine zukünftige Agrar- …
225
2. Eine Reduzierung der bürokratischen Belastungen durch die Nutzung neuer digi-
taler Informationssysteme (z.B.Nutzung von Remote Sensing- und GIS- Daten)
sollte angestrebt werden.
Bei allen Optionen sollten zudem die folgenden Elemente gestärkt werden:
1. Beratung und Unterstützung der Landwirte/Öffentlichkeitsarbeit:
Um die Akzeptanz für Natur- und Umweltschutzbelange bei Landwirtinnen
und Landwirten zu erhöhen und Programme zielorientierter und exibler einzu-
setzen, könnten einzelbetriebliche Umweltberatungen und gesamtbetriebliche
Beratungen angeboten werden. Diese Beratungsansätze würden darüber hinaus
der Rückkopplung mit den Landwirtinnen und Landwirten über die Beratungs-
stellen dienen, um eventuelle Missstände des Bewertungssystems (siehe fol-
gender Punkt 2) zu erkennen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.
Die regelmäßige Teilnahme von Landwirtinnen und Landwirten an Fortbil-
dungskursen und Tagungen sollte unterstützt werden, um aktuelle Leistungs-
bewertungen und Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen zu vermitteln.
Die Teilnahme an solchen Veranstaltungen könnte beispielsweise über ein
Top-up zu anderen Prämienelementen honoriert werden.
Den Landwirtinnen und Landwirten sollten gut verständliche Informations-
medien, wie z.B.Filme, Handbücher und andere Publikationen, zur Verfü-
gung gestellt werden.
Den Landwirtinnen und Landwirten sollten regelmäßig Benchmarks zur Ver-
fügung gestellt werden, um ihre einzelbetriebliche Situation im regionalen und
überregionalen Kontext hinsichtlich verschiedener Kriterien zu vergleichen.
2. Monitoring und Evaluierung/Adaptives Management
Das Monitoring der freiwilligen AUKM sollte nach Möglichkeit mit dem Mo-
nitoring der Maßnahmen, die an die Direktzahlungen geknüpft sind, gekop-
pelt werden, um den Kontrollaufwand für alle Beteiligten zu minimieren.
Das Monitoring sollte so gestaltet werden, dass es ein adaptives Ressourcen-
management auf Landschaftsebene ermöglicht, um gegebenenfalls Maßnah-
men anzupassen, falls Ziele nicht erreicht werden, und um auf neue Erkennt-
nisse und unerwartete Entwicklungen reagieren zu können.
3. Zahlung zur Aufrechterhaltung der Landbewirtschaftung in Gebietskulissen
Darüber hinaus könnten Landwirte Zahlungen für die Bewirtschaftung von
Standorten erhalten, an denen andernfalls eine großächige Aufgabe der
Landbewirtschaftung eintreten könnte und dies nicht erwünscht ist. Die Höhe
einer solche Zahlung sollte sich vorrangig am Ziel orientieren, die ächende-
ckende Landbewirtschaftung in Zielgebieten aufrecht zu erhalten. Angesichts
der mittlerweile vorhandenen feinskaligen GIS-Systeme sollte angestrebt
werden, im Sinne einer höheren Zielgenauigkeit diese Zahlungen von einer
regionsbezogenen auf eine standörtliche Förderung umzustellen.
8.1 Einführung und Überblick
226
Bei einer solchen Zahlung sollten ausschließlich standörtliche Indikatoren
zur Ermittlung der Höhe der zur Fortsetzung der Bewirtschaftung notwendi-
gen Unterstützung herangezogen werden. Regionale und soziale Indikatoren,
wie bisher z.B. die Bevölkerungsentwicklung, würden nicht in eine solche
Systematik passen.
Die Höhe der Zahlungen sollte dabei gestaffelt werden und sich an den Op-
portunitätskosten der Bewirtschaftung des jeweiligen Standorts (im Vergleich
zur nicht-landwirtschaftlichen Nutzung oder der Nicht-Bewirtschaftung) ori-
entieren.
Alle Optionen können eine zeitliche Entwicklung aufweisen, in deren Verlauf das
Anforderungsniveau ansteigen kann. In dem Maße, wie das Anforderungsniveau
der Mindeststandards steigt, würden auch die Ansprüche an Maßnahmen oder Er-
gebnisse steigen, die darüber hinaus, etwa in AUKM, honoriert werden können
(Additionalität, Vermeidung der Mehrfachentlohnung einer Leistung). Die Be-
gründung für eine Erhöhung der Ansprüche im Zeitablauf ergibt sich zum einen
aus dem agronomischen Fortschritt, zum anderen aus einer zu erwartenden zuneh-
menden Knappheit an Umweltgütern, die höhere Standards erfordern.
Wir kommen nun zur Darstellung und Diskussion der drei strategischen Ent-
wicklungsoptionen der GAP.
8.2 Option 1– Weiterentwicklung des Greenings der Ersten
Säule
8.2.1 Zugrundeliegende Idee
Die Grundidee dieser Option ist, die ächendeckende Einbeziehung eines Großteils
der landwirtschaftlichen Flächen und Betriebe in der derzeitigen Ersten Säule der
GAP dazu zu nutzen, die Naturschutz- und Umweltleistungen in der EU ächende-
ckend zu verbessern. Dabei wird davon ausgegangen, dass die erheblichen Finanz-
mittel für die Erste Säule weiterhin in ähnlichem Maße zur Verfügung stehen. Der
wichtigste Mechanismus zur Realisierung einer multifunktionalen, natur- und um-
weltverträglichen Landwirtschaft ist die Erhöhung der Anforderungen zunächst im
Greening und perspektivisch eventuell auch im GLÖZ.Abb.8.1 stellt den Ansatz
der Option dar.
Option 1 führt damit die grundlegende Architektur der momentanen Agrarpoli-
tik weiter. Jedoch wird der Zahlungsanspruch verstärkt an eine tatsächliche Leis-
tungserbringung gekoppelt und erhält zunehmend den Charakter einer Honorie-
rung von Gemeinwohlleistungen. Im Zeitablauf könnten ggf. die Anforderungen,
welche Voraussetzung für den Bezug von Basiszahlungen aus der Ersten Säule
sind, schrittweise erhöht werden (z.B. aufgrund der Etablierung des technischen
Fortschritts für umweltfreundliche Verfahren).
8 Skizzierung und Bewertung umweltpolitischer Strategien für eine zukünftige Agrar- …
227
In diesem Modell setzen sich die Direktzahlungen aus zwei Komponenten zu-
sammen:
Eine Basisprämie zur Abgeltung regulationsbedingt höherer Kosten in der EU im
Vergleich zu den internationalen Wettbewerbern auf wissenschaftlich gesicherter
Basis. Hier ist zu diskutieren, ob dafür weiterhin ein Cross-Compliance-Mechanis-
mus notwendig ist. Wenn ein Zusammenhang zwischen den Mehrkosten der höhe-
ren EU-Standards und der Höhe der Basisprämie bestehen soll, würde letztere
deutlich unterhalb der ab 2019 gewährten Flächenprämie von 196/€ha liegen.1
Eine pauschalierte Prämie für ächenbezogene betriebliche Leistungen im Na-
tur- und Umweltschutz (oberhalb von GLÖZ). Als anspruchsvollere Form des
Greenings würde der Bezug eines Teils der Direktzahlungen an einige relativ
allgemein gehaltene Leistungen gekoppelt.
1 Direktzahlung von 281€/ha abzüglich der Greening-Prämie von 85€/ha = 196€/ha.
Abb. 8.1 Option 1– Weiterentwicklung des Greenings der Ersten Säule (Quelle: Eigene Dar-
stellung)
8.2 Option 1– Weiterentwicklung des Greenings der Ersten Säule
228
Vorstellbar für die Umsetzung eines reformierten Greenings sind zwei Varianten:
Variante 1: Es werden Maßnahmen formuliert, die von jedem landwirtschaftli-
chen Betrieb zu erbringen sind, der an diesem System teilnehmen will. Dies ent-
spricht dem heutigen Ansatz des Greenings. Dabei würden solche Maßnahmen de-
niert, die einen Mehrwert für den Natur- und Umweltschutz erbringen. In Bezug
auf das heutige Greening könnte dies beispielsweise bedeuten:
Reduzierung der Gestaltungsmöglichkeiten der Ökologischen Vorrangächen
mit geringem ökologischem Mehrwert (z.B. Anbau von Eiweißpanzen, Er-
laubnis der Anwendung von Panzenschutzmitteln);
Beschränkung der Hauptfrucht auf 50%.
Auch können weitere sinnvolle Maßnahmen aufgenommen werden (siehe
Abschn.7.3.8).
Variante 2: Es wird ein „Baukasten“ an Maßnahmen angeboten, aus denen die
Landwirte diejenigen wählen, die sie auf ihrem Betrieb umsetzen (siehe
Abschn.7.3.8). Mit der Maßnahmenumsetzung wäre eine Mindestanzahl an Punk-
ten zu erreichen, um diese Prämienkomponente zu erhalten.
Die Finanzierung der Direktzahlungen könnte in dieser Option weiterhin zu
100% aus dem EU-Haushalt der Gemeinsamen Agrarpolitik erfolgen. Dies sollte
auch dann gelten, falls die Variante gewählt wird, die Zuständigkeit für die Pro-
grammierung der Maßnahmen-Module für die Greening-Komponente der Direkt-
zahlungen bei den Mitgliedstaaten (nach Vorgaben der EU und unter Kontrolle der
EU-Kommission) anzusiedeln.
Gegebenenfalls könnte eine Prämie für die Aufrechterhaltung der Landbewirt-
schaftung in ausgewählten Gebietskulissen mit erschwerten Bewirtschaftungsbe-
dingungen hinzukommen (mit standörtlicher Abgrenzung im Gegensatz zu der
heute angewendeten regionalen Abgrenzung, siehe oben).
Weiterhin könnten im Rahmen der Zweiten Säule weiterhin freiwillige, gezielte
Maßnahmen auf spezischen Flächen (Flächenbezug) gefördert werden, etwa be-
stimmte Bewirtschaftungsverfahren zur Sicherung der Biodiversität (z. B. Spät-
mahd von Orchideenwiesen, Bewirtschaftung von Natura 2000-Flächen).
Tab.8.1 gibt einen Überblick über die Architektur der strategischen Option 1.
8.2.2 Einbettung indie agrarpolitische Diskussion
Mit dieser Option würde der in den beiden GAP-Reformen seit 2003 eingeschlagene
Weg fortgesetzt, den Erhalt von Direktzahlungen mit der Einhaltung von Natur- und
Umweltschutzauagen zu verknüpfen. Die Option geht mit einer Verschiebung der
Begründung für die Gewährung von Direktzahlungen an die Landwirtschaft einher.
Sie geht davon aus, dass diese immer weniger „mit den ursprünglichen Argumenten
‚Einkommensausgleich‘ und ‚Vertrauensschutz‘ zu begründen“ sind (Wissenschaftli-
cher Beirat für Agrarpolitik beim BMELV 2010). Stattdessen beruht Option 1 auf dem
Argument, dass die Zahlungen an die Landwirtschaft der Bereitstellung öffentlicher
8 Skizzierung und Bewertung umweltpolitischer Strategien für eine zukünftige Agrar- …
229
Güter dienen sollen (SRU 2009, S.5; Kommission Landwirtschaft am Umweltbun-
desamt 2011, S.4), darunter insbesondere Natur- und Umweltschutzleistungen.
Daher wird in dieser Option eine vermehrte Erbringung solcher Leistungen von zu-
mindest denjenigen landwirtschaftlichen Betrieben eingefordert, die weiterhin Direkt-
zahlungen erhalten wollen. Die im Zusammenhang mit der Ausgestaltung des
Greenings bestehende Kritik der unzureichenden Zielerreichung führt dazu, dass über
eine „Verschärfung“ der Greening-Auagen nachgedacht wird. Aktuell ist ein Groß-
teil der landwirtschaftlichen Flächen und Betriebe in die derzeitige Erste Säule der
GAP eingebunden. Dies legt die Überlegung nahe, dass mit den Direktzahlungen ver-
knüpfte Natur- und Umweltschutzauagen ächendeckend zu Verbesserungen des
Zustandes der Ressourcen des Naturschutzes in der EU führen könnten.
8.2.3 Instrumentelle Ausgestaltung
Basisprämie: Die Landwirte könnten weiterhin eine Basiszahlung pro Hektar bei
Einhaltung der GLÖZ-Auagen erhalten. Um dem Vorwurf zu begegnen, dass
landwirtschaftliche Betriebe Zahlungen für die bloße Einhaltung von Gesetzen
Tab. 8.1 Überblick über die Elemente der strategischen Option 1 (Weiterentwicklung des Greenings
der Ersten Säule)
Element Anforderung Varianten
• Ordnungsrechtli-
che Mindeststan-
dards
• GAB • Keine
• Basisprämie • GLÖZ Mit oder ohne Cross Compli-
ance-Mechanismus
Modulation (degressive
Ausgestaltung)
Obergrenze (Capping)
• Greening-Prämie Flächenbezogene, relativ
allgemein gehaltene, aber
höhere Leistungen
Eventuell höhere Anforderun-
gen im Zeitablauf
Opt-In oder Opt-Out der
Landwirte
EU-weite, nationale oder
regionale Spezizierung der
Anforderungen
Art der Anforderungen
Ausnahmen von Modulation
und Capping
Zahlung für
benachteiligte
Standorte
Bewirtschaftung eines
benachteiligten Standorts.
Gestaffelte Höhe der
Zahlungen
Räumlicher Zuschnitt (Standort
statt Region) und je nach
Standortnachteil (Opportuni-
tätskosten) gestaffelte Höhe der
Zahlungen
• AUKM Freiwillige vertragliche
Opt-in-Maßnahmen im
Rahmen der ländlichen
Entwicklungsprogramme
Ausgestaltung der AUKM-
Programme
8.2 Option 1– Weiterentwicklung des Greenings der Ersten Säule
230
und Anforderungen, die der guten fachlichen Praxis entsprechen, erhalten, könnten
die Direktzahlungen an den wissenschaftlichen Nachweis geknüpft werden, dass
regulationsbedingte Mehrkosten gegenüber Mitbewerbern von außerhalb der EU
entstehen.
Anforderungen in der Greening-Komponente: Um zukünftig vermehrt Natur- und
Umweltleistungen der Landwirtschaft zu realisieren, wäre eine effektivere Ausgestal-
tung der Greening-Auagen denkbar. Hierfür wird z.B. vorgeschlagen, die Möglich-
keiten der Ausgestaltung der ökologischen Vorrangächen vermehrt auf den Biodiver-
sitätsschutz auszurichten, d.h. aktuelle Möglichkeiten der ökologisch geringwertigen
Nutzung von ÖVF einzuschränken (Hart etal. 2016) oder die Beschränkung des An-
baus einer Fruchtart auf maximal 50% der Ackeräche (Expertengespräche). Des
Weiteren könnte über weitere Auagen, wie eine Beschränkung des Stickstoffsaldos
auf 50kg N/ha LF und der Tierbesatzdichte auf max. 2,0GV/haLF (Kommission
Landwirtschaft am Umweltbundesamt 2011, S.7ff.), die Begrenzung des Einsatzes
von Dünge- und Panzenschutzmitteln (Hart etal. 2016) bzw. eine Fokussierung der
Maßnahmen auf Kohlenstoff-, Nährstoff- und Biodiversitätsmanagement (Hart etal.
2016), nachgedacht werden. Auch könnte ein Ansatz zur Honorierung kleiner Schlag-
bzw. Gewanngrößen und Randstrukturen integriert werden (Ansatz zur Honorierung
von landschaftlicher Vielfalt). Durch die Reduktion von Ausnahmeregelungen könnte
auch der bürokratische Aufwand reduziert werden (Hart etal. 2016).
Höhe der Zahlungen: Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Teilnahme der
Landwirte an dem System der Direktzahlungen (und des Greenings) freiwillig ist und
die hohe Teilnahmebereitschaft darauf beruht, dass die Zahlungen je Hektar so hoch
sind, dass eine Teilnahme selbst auf sehr guten Standorten meist ökonomisch vorteil-
haft ist (de Witte und Latacz-Lohmann 2014). Bisher verzichten ca. 7% der Betriebe
in Deutschland auf Direktzahlungen (BMELV 2013a; BMEL 2015d). Eine weiterhin
hohe Teilnahme wird nur durch relativ hohe Direktzahlungen pro Hektar erreicht wer-
den können. An weniger produktiven Standorten, wo die Opportunitätskosten des
Greenings niedriger sind, ist jedoch mit hohen Mitnahmeeffekten zu rechnen, so dass
von einem wenig efzienten Einsatz von Steuergeldern auszugehen ist. Es ist jedoch
zu fordern, dass die Instrumente der GAP „die angestrebten Ziele zu den geringsten
oder doch jedenfalls vertretbaren volkswirtschaftlichen Kosten erreich(en)” (Wissen-
schaftlicher Beirat für Agrarpolitik beim BMELV 2010). Bei sinkenden Hektarprä-
mien im Verhältnis zu den Erzeugerpreisen könnten vor allem in intensiv genutzten
Regionen, in denen die Betriebe durch die Auagen wesentlich beeinusst werden,
viele Landwirtinnen und Landwirte aus dem System „aussteigen“.
Ausgestaltung als Opt-in oder Opt-out: Grundsätzlich ist bereits heute der Bezug
von Direktzahlungen freiwillig. Die Teilnahme an den Direktzahlungsprogrammen
insgesamt, wie insbesondere die Teilnahme am Greening, kann daher im Prinzip ent-
weder als Opt-in- oder als Opt-out-Variante angeboten werden. Beide Varianten eröff-
nen den Landwirten die Möglichkeit, sich zwischen der Einhaltung der höheren Auf-
lagen und dem Erhalt der Zahlungen einerseits bzw. dem Verzicht auf die Zahlungen
bei Verpichtung auf die niedrigeren Anforderungen der GAB zu entscheiden. Eine
Ausgestaltung als Opt-out unterstützt jedoch die Kommunikation einer sozialen
Norm, dass Landwirte normalerweise die höheren Natur- und Umweltleistungen
8 Skizzierung und Bewertung umweltpolitischer Strategien für eine zukünftige Agrar- …
231
erbringen. Andererseits besteht dann bei Landwirten möglicherweise das Gefühl, das
man ihnen ‚ihr‘ Geld wegnimmt, wenn es zu Sanktionen kommt. Daher kann eine
Ausgestaltung von Direktzahlungen und Greening als Opt-in eine positive Einstellung
der Landwirte gegenüber den zu erbringenden Leistungen fördern. In diesem Fall
sollte der Akt des Opt-in aber sehr einfach ausgestaltet sein, um unnötige Barrieren zu
vermeiden.
Natur- und Umweltschutzeffekt: Da die Auagen, die mit dem Erhalt von Di-
rektzahlungen verbunden sind, weitgehend undifferenziert für alle Betriebstypen
und unabhängig von standörtlichen Gegebenheiten gelten, ist bisher auch ein gerin-
ger positiver Effekt für den Natur- und Umweltschutz festzustellen. Der WBA
merkte 2010 daher an, dass eine ächendeckende Gewährung einzelbetrieblicher
Zahlungen an alle Landwirte wenig erfolgsversprechend erscheint (Wissenschaftli-
cher Beirat für Agrarpolitik beim BMELV 2010, S. 29). Allerdings kann hierauf
durch die Gestaltung der Auagen wesentlich Einuss genommen werden.
Prämien zur Aufrechterhaltung der Bewirtschaftung in Gebietskulissen mit er-
schwerten Bewirtschaftungsbedingungen: Die Förderung benachteiligter Standorte
könnte weiterhin in der Zweiten Säule und im Rahmen der ländlichen Entwick-
lungsprogramme erfolgen. Aufgrund der starken Streueffekte wäre aber eine Ausge-
staltung als standortspezische Prämie zur Aufrechterhaltung der Landbewirtschaf-
tung in Gebietskulissen, wo dies gesellschaftlich erwünscht ist, zu bevorzugen.
AUKM und LEADER: Neben der Förderung der Landwirte über die Direktzah-
lungen aus der Ersten Säule würde bei dieser Politikoption die bestehende Förderung
von freiwilligen, gezielten Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen (AUKM)
und LEADER-Projekten durch die Zweite Säule der GAP fortgeführt. Empfangsbe-
rechtigt wären jedoch nur solche Betriebe, die einen ökologischen Leistungsnach-
weis in der Ersten Säule erbringen. Die Maßnahmen der Zweiten Säule würden sich
weiterhin auf spezische Problemlagen und Flächen beziehen, etwa zur Förderung
von gezielten Bewirtschaftungsverfahren (z.B.Spätmahd von Orchideenwiesen, Be-
wirtschaftung von Natura 2000-Flächen). Durch Erhöhung der Anforderungen im
Greening könnte sich u.U. das Anforderungsniveau der Maßnahmen in der Zweiten
Säule erhöhen. Hierdurch würden jedoch auch nanzielle Mittel für weitergehende
Maßnahmen in der Zweiten Säule freigesetzt. Ansätze zur Optimierung der Zweiten
Säule wie in Option 2 und Kap.7 beschrieben, könnten auch in dieser Option umge-
setzt werden.
Betriebsgrößenbezogene Elemente: Diese Option könnte weiterhin eine Klein-
betriebsregelung, eine Degression oder Kappung der Basiszahlungen oder eine Zu-
satzförderung für Junglandwirte vorsehen.
8.2.4 Diskussion und Bewertung
Insgesamt würde es sich bei Option 1 um eine inkrementelle Weiterentwicklung des
bisherigen Entwicklungspfads der GAP handeln. Die politischen Instrumente sind
im Wesentlichen etabliert, würden in dieser Option aber anspruchsvoller ausgestaltet
8.2 Option 1– Weiterentwicklung des Greenings der Ersten Säule
232
werden. Das setzt einen entsprechenden politischen Willen und Mehrheiten voraus.
Dem Einwand, dass es Direktzahlungen allein für die Einhaltung der Gesetze gibt,
würde dadurch begegnet, dass es diese erst für die Einhaltung der GLÖZ-Anforde-
rungen und darüber hinaus gehende Leistungen gibt.
Entwicklung im Zeitablauf: Auch im Zeitablauf würde diese Option eine inkre-
mentelle Weiterentwicklung des derzeitigen Pfads der GAP darstellen. Konsequent
fortgeführt, eröffnet diese Option die Perspektive eines kumulativen Paradigmen-
wechsels zu einer nachhaltigen, multifunktionalen Landwirtschaft. Ein Wechsel zu
den Optionen 2 und 3 (siehe unten) wäre grundsätzlich möglich. So wäre als Vari-
ante eine Nationalisierung oder Regionalisierung der Anforderungen im Rahmen
eines allgemeinen Systems denkbar, die notiziert und von der EU-Kommission
genehmigt werden müssten. Dies würde die Option 1in Richtung Option 2 entwi-
ckeln.
Machbarkeit: Wegen der relativ geringen Neuheit der Instrumenten-Architektur
ist dies vermutlich die am einfachsten zu implementierende der drei Optionen. Da
die Förderungsstruktur an das bestehende System der Agrarverwaltung anknüpfen
würde, erscheint ein derartiges Fördersystem praktisch möglich und würde durch
die vermehrte Nutzung von Fernerkundung und GIS-Technologien perspektivisch
Vereinfachungen in den Verwaltungsabläufen beinhalten.
Effektivität und Efzienz: Es ist plausibel, dass diese Option zu deutlichen Ver-
besserungen im Natur- und Umweltschutz beitragen könnte, wenn das Greening
anspruchsvoller würde. Allerdings verspricht diese Option eine lediglich inkremen-
telle Verbesserung bei den Problemen der mangelnden Zielgenauigkeit und der
Überkompensierung der derzeitigen Direktzahlungen.
Variante: Das Greening könnte auch als „Baukasten“ angeboten werden, wie er
in Baustein 3 (Abschn.7.3) skizziert wurde und dem Vorschlag des DVL entspricht.
Dabei könnten die Betriebe Maßnahmen wählen, die sie umsetzten möchten. Um
die Greening-Prämie zu erhalten, wäre dann eine Mindestpunktzahl durch die ge-
wählten Maßnahmen zu erreichen. Bei dieser Variante würden nicht in allen Regio-
nen die gleichen Maßnahmen umgesetzt werden. Allerdings wäre durch diese Vari-
ante eine höhere Akzeptanz bei den Landwirten zu erwarten.
Implikationen und mögliche Nebenwirkungen:
Auch wenn bereits die Basisprämie in dieser Option an die Einhaltung der ge-
genüber den GAB höheren Anforderungen der GLÖZ geknüpft bliebe, würde sie
auch Einkommensschwankungen an den Produktmärkten ausgleichen und damit
der Einkommensverstetigung der landwirtschaftlichen Betriebe dienen, sofern
nicht die Prämie durch Erhöhung der Pachtpreise an die Grundbesitzer „durch-
gereicht“ wird. Gleiches gilt für die Greening-Prämie, und zwar auch dann,
wenn das Anforderungsniveau steigt. Sowohl die Basis- als auch die Greening-
Prämie erhöhen damit die ökonomische Resilienz der Betriebe.
Es besteht die Möglichkeit, dass Landwirte aus den Direktzahlungen ausstei-
gen, wenn die Anforderungen höher werden. Dies könnte zu Verschlechterun-
gen der Umweltsituation führen, v.a. wenn dieser Effekt in einzelnen Regionen
ächendeckend auftritt.
8 Skizzierung und Bewertung umweltpolitischer Strategien für eine zukünftige Agrar- …
233
Durch den inkrementellen Ansatz verbleibt diese Option im Rahmen des derzei-
tigen agrarpolitischen Pfads. Das könnte einerseits dazu führen, dass die Impulse
für technische und agronomische Innovationen im Natur- und Umweltschutz re-
lativ begrenzt bleiben. Andererseits würden die politischen und ökonomischen
Ungewissheiten für die Landwirte begrenzt.
Akteurskoalitionen: Es ist plausibel, dass sich hinter einer solchen Option eine
moderate Reformkoalition bilden könnte. Das würde allerdings von den perzi-
pierten Alternativen abhängen. Der Umstand, dass die Standards und Anforde-
rungen sichtbar und für alle landwirtschaftlichen Betriebe, die weiterhin Direkt-
zahlungen erhalten wollen, erhöht werden, ohne dass es zu höheren Zahlungen
kommt, könnte zu Widerständen aus der Landwirtschaft führen.
8.3 Option 2– Stärkung der Zweiten Säule
8.3.1 Zugrundeliegende Idee
Während Option 1 Verbesserungen im Natur- und Umweltschutz vorwiegend da-
durch zu erreichen sucht, dass die bestehenden Direktzahlungen an zunehmend hö-
here Anforderungen in der Ersten Säule geknüpft werden, setzt Option 2 auf eine
Verlagerung der nanziellen Mittel in die Zweite Säule.
Option 2 sieht ein Abschmelzen der Direktzahlungen in der Ersten Säule und eine
Umschichtung der dadurch frei werdenden Mittel in Haushaltstitel vor, aus denen
gezielte AUK-Maßnahmen oder Zahlungen für benachteiligte Standorte nanziert
werden. Auf diese Weise wird angestrebt, zum einen die ächenbezogenen Zahlun-
gen zielgenauer auf diejenigen Gebiete zu konzentrieren, in denen diese zur Auf-
rechterhaltung einer natur- und umweltgerechten Landwirtschaft notwendig sind.
Vor allem aber würden mehr Mittel für standortrelevante Natur-, Umwelt- und Kli-
maschutzmaßnahmen bereitstehen, die dadurch anspruchsvoller ausgestaltet werden
können. Die folgende Abb.8.2 stellt Option 2 im Vergleich zur Ist-Situation dar.
8.3.2 Einbettung indie agrarpolitische Diskussion
Option 2 knüpft an der erheblichen Kritik an, die seit langem an den Direktzahlungen
der Ersten Säule geübt wird. Die Option nimmt den Einwand ernst, dass die relativ
pauschalen Auagen, wie sie derzeit im Allgemeinen in der Ersten Säule zur Voraus-
setzung zum Erhalt von Direktzahlungen gemacht werden, nur sehr basale Natur-
und Umweltschutzeffekte erzielen können. Des Weiteren wird kritisiert, dass die
Direktzahlungen in der Ersten Säule der GAP für einen Großteil der landwirtschaft-
lichen Betriebe und Flächen eine Überkompensation der Opportunitätskosten dar-
stellen, welche sich aus den Grundanforderungen der Betriebsführung und darüber
hinausgehenden GLÖZ- und Greening-Anforderungen ergeben. Sie verstoßen daher
8.3 Option 2– Stärkung der Zweiten Säule
234
nach verbreiteter wissenschaftlicher und politischer Kritik in ihrer heutigen Ausge-
staltung gegen das Prinzip der efzienten Mittelverwendung. Auch als Instrument
der Einkommensstützung für landwirtschaftliche Erzeuger gelten die Direktzahlun-
gen in ihrer heutigen Ausgestaltung im Allgemeinen als nicht efzient, da es keine
systematische Verknüpfung mit der Bedürftigkeit der Empfänger gibt und es offen-
bar in Regionen mit hohem Pachtanteil zu erheblichen Überwälzungseffekten kommt.
Direktzahlungen, „die nicht auf die ländlichen Problemregionen fokussiert sind“ und
zudem häug an die Grundeigentümer überwälzt werden (Wissenschaftlicher Beirat
für Agrarpolitik beim BMELV 2010, S.27), sind daher als Instrument zur Förderung
einer multifunktionalen, natur- und umweltverträglichen Landwirtschaft weder ef-
fektiv noch efzient. Eine Kürzung des nanziellen Volumens der Ersten Säule wird
etwa vom Wissenschaftlichen Beirat für Agrarpolitik beim BMELV (2010) schon
lange gefordert.
Durch die Einführung der Greening-Auagen in der Ersten Säule war ursprüng-
lich angestrebt worden, das Ausgangsniveau für AUK-Maßnahmen in der Zweiten
Säule zu erhöhen, so dass– selbst bei stagnierendem Finanzvolumen der Zweiten
Säule, mit den AUK-Maßnahmen vermehrt ambitioniertere Ziele verfolgt werden
können und– wegen des Doppelförderungsverbots – müssen (Hart et al. 2016).
Abb. 8.2 Option 2– Eine starke Zweite Säule. (Quelle: Eigene Darstellung)
8 Skizzierung und Bewertung umweltpolitischer Strategien für eine zukünftige Agrar- …
235
Diese Hoffnung des Natur- und Umweltschutzes erfüllte sich angesichts einer rela-
tiv anspruchslosen Ausgestaltung der Greening-Anforderungen in vielen Mitglied-
staaten nicht; zudem wurden die für AUK-Maßnahmen zur Verfügung stehenden
Mittel vielerorts reduziert (Hart etal. 2016). Im Rahmen der freiwilligen Modula-
tion haben die Mitgliedstaaten bereits heute die Möglichkeit, Finanzmittel von der
Ersten in die Zweite Säule zu verlagern. In Deutschland wurden im Jahr 2015 4,5%
der Mittel umgeschichtet, bis 2018 könnte sich dieser Anteil bis auf 15% erhöhen
(BMEL 2015h).
8.3.3 Grundlegende Struktur
In der Grundstruktur entsprechen die Elemente der Option 2 (siehe Tab.8.2) zu-
nächst denen der Option 1. Durch die Verlagerung der nanziellen Mittel würden
jedoch die Basisprämie und das Greening an Bedeutung verlieren. Angesichts
des Abschmelzens der Basisprämie wäre es schwer zu vermitteln, die GLÖZ-Stan-
dards zu erhöhen. Das Greening (und GLÖZ) könnte in dieser Option nationali-
siert oder regionalisiert werden (was nicht zwangsläug mit einer Umstellung
von Voll- auf Ko- Finanzierung einhergehen müsste, siehe unten). Da für die Aus-
gestaltung der Zahlungen für benachteiligte Standorte und vor allem für
AUK-Maßnahmen mehr Geld bereit stehen würde, wäre hier eine differenzier-
tere und anspruchsvollere Ausgestaltung, auch mit neuen Instrumenten, möglich
(siehe Abschn.8.4 zu Option 3).
Tab. 8.2 Abgrenzung der strategischen Option 2 (Starke Zweite Säule) von Option 1
Element Anforderung Unterschied zu Option 1
• Ordnungsrechtli-
che Mindeststan-
dards
• GAB Verstärkte Bedeutung für die
ächendeckende Durchsetzung
der Mindeststandards, falls
Direktzahlungen langfristig
ganz abgeschmolzen werden
• Basisprämie • GLÖZ Eventuell Nationalisierung oder
Regionalisierung im Zeitablauf
• Greening-Prämie Flächenbezogene, relativ
allgemein gehaltene
Leistungen;
höhere Anforderungen im
Zeitablauf
Nationalisierung oder
Regionalisierung im Zeitablauf
Zahlung für
benachteiligte
Standorte
Bewirtschaftung eines
benachteiligten Standorts;
gestaffelte Höhe der
Zahlungen
Eventuell mehr Finanzmittel,
Priorität liegt aber bei AUKM
• AUKM Freiwillige Opt-in-Maßnah-
men im Rahmen der
ländlichen Entwicklungspro-
gramme
Mehr Finanzmittel erlauben
anspruchsvollere Ausgestaltung
der AUKM-Programme
8.3 Option 2– Stärkung der Zweiten Säule
236
8.3.4 Instrumentelle Ausgestaltung
In Option 2 würde das nanzielle Volumen der Ersten Säule stark gekürzt. Aus Sicht
des Natur- und Umweltschutzes sollte dies sowohl die Basisprämie als auch die
Greening-Prämie betreffen (Hart etal. 2016). In der Diskussion ist eine Basisprä-
mie in Höhe von ca. 20 bis 50€/ha (Plankl etal. 2010; Wissenschaftlicher Beirat für
Agrarpolitik beim BMELV 2010; Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik beim
BMEL 2015) bei Einhaltung von GAB und GLÖZ, die mit den Kostennachteilen
durch höhere gesetzlichen Mindeststandards gegenüber den Wettbewerbern auf
dem Weltmarkt gerechtfertigt werden könnte. Die freiwerdenden Mittel würden in
die Zweite Säule umgeschichtet und stünden für Zahlungen für benachteiligte
Standorte und AUKM zur Verfügung.
Die Ausgestaltung der Greening-Auagen könnte nationalisiert oder regionali-
siert werden. Die Mitgliedstaaten hätten dann einen ächendeckenden Greening-
Ansatz umzusetzen. Von der Systemlogik könnte ein solches nationalisiertes oder
regionalisiertes Greening sowohl als nationale Differenzierung innerhalb der Ers-
ten Säule wie auch als verpichtende Komponente der ländlichen Entwicklungs-
programme in der Zweiten Säule verankert werden. Das Finanzvolumen dieser
Komponente könnte sich an der Fläche der jeweiligen Region orientieren. Die
Mittel der derzeitigen Greening-Komponente der betrieblichen Direktzahlungen
würden dann beispielsweise in einen „Regionstopf“ ießen. Den Mitgliedstaaten
stünde es dann frei, ob und in welchem Maße sie bei der Ausgestaltung der nati-
onalen oder regionalen Greening-Programme Umverteilungen in Kauf nehmen
wollen. Aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes wäre jedoch anzustreben, dass
die Greening-Maßnahmen anspruchsvoller werden, was zur Folge haben würde,
dass einige Betriebe „ausstiegen“ und damit mehr Geld für anspruchsvollere
Maßnahmen zur Verfügung stünde– entweder bei den im Greening verbleiben-
den Betrieben oder in den AUK-Maßnahmen. Die erste Variante würde eine ent-
sprechende Ausgestaltung und Programmierung des Greenings erfordern, die
letztere Variante würde einen entsprechenden Modulationsmechanismus voraus-
setzen.
Je nach Instrumentierung (Opt-in- oder Opt-out-Architektur) könnte der freiwil-
lige Charakter des Greenings mehr oder weniger hervorgehoben werden.
Durch eine Verlagerung in den Bereich der Integrierten Ländlichen Entwick-
lungsprogramme würden die Greening-Maßnahmen nicht nur deutlicher als frei-
willige Opt-in-Maßnahmen konstituiert, es könnten gegebenenfalls auch mehr-
jährige Maßnahmen einbezogen werden. Dies könnte aus Sicht des Natur- und
Umweltschutzes anspruchsvollere Maßnahmen und unter dem Gesichtspunkt des
Bürokratieabbaus eine geringere Frequenz von Antragstellung und Kontrollen er-
möglichen.
Eine regionale Zahlungsdifferenzierung für die Teilnahme an Greening-Maßnah-
men könnte durch Einbeziehung z.B. der Bodengüte (und den sich damit ergeben-
den Preisen, Pachten etc.) verwirklicht werden. Dies könnte es ermöglichen, die Teil-
nahmebereitschaft auch bei intensiv wirtschaftenden Betrieben zu erhöhen.
8 Skizzierung und Bewertung umweltpolitischer Strategien für eine zukünftige Agrar- …
237
Eine Überarbeitung der Berechnungsbasis der Maßnahmen in der Zweiten Säule
könnte geboten sein. Vor allem die Transaktionskosten der Landwirte wären stärker
zu berücksichtigen bzw. könnte die Koordinierung von überbetrieblichen Maßnah-
men gefördert werden. Auch die Wiedereinführung einer Anreizkomponente er-
scheint sinnvoll (Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik beim BMELV 2010,
S. 23; Kommission Landwirtschaft am Umweltbundesamt 2011, S. 12), um die
Teilnahmebereitschaft zu erhöhen. Die Ausgestaltung müsste aber dabei die Gren-
zen des WTO-Rechts beachten, Überkompensierung vermeiden und Mitnahmeef-
fekte minimieren.
Bei der Ausgestaltung der nun besser ausgestatteten AUKM könnte die Anwen-
dung weiterer Mechanismen, wie z.B.Ausschreibungen, in Erwägung gezogen wer-
den (siehe Abschn.4.3.4). Eine Verringerung der Transaktionskosten der Landwirte
könnte auch durch die Nutzung neuer Technologien (z.B.Internet- Applikationen,
Kartierungstools, Remote Sensing) unterstützt werden. Bei Einbeziehung von mehr-
jährigen Maßnahmen sowie durch verstärkten Einsatz GIS-gestützter Datenerfas-
sung und digitaler Datenverarbeitung könnte der bürokratische Aufwand reduziert
werden. Zudem würden nur jeweils diejenigen Maßnahmen kontrolliert, zu denen
ein Betrieb sich verpichtet hat.
Zur Finanzierung der Zweiten Säule würden weiterhin EU-Mittel dienen, die– je
nach Art der Maßnahmen– zumindest teils durch Bund und Länder ko-nanziert
würden. Umgeschichtete Mittel müssten nicht unbedingt ko-nanziert werden. Je
nach Regionalisierungsgrad der Maßnahmen könnte auch eine Beteiligung unterer
Verwaltungsebenen (z.B.Bezirk, Landkreis) ermöglicht werden, die besonders an-
spruchsvolle Maßnahmen ermöglichen wollen (vgl. Wissenschaftlicher Beirat für
Agrarpolitik beim BMELV 2010, S.26). Die Finanzierung aus Mitteln der EU, des
Bundes und der Länder sollte im Zusammenspiel mit den Mindeststandards geeig-
net sein, überall einen befriedigenden bis guten Zustand der Umweltressourcen si-
cherzustellen.
Im weiteren Kontext könnten die sechs Prioritäten der ländlichen Entwicklungs-
programme beibehalten werden (Dies sind: 1. Wissenstransfer und Innovation, 2.
Förderung der Wettbewerbsfähigkeit, 3. Förderung einer Organisation der Wert-
schöpfungskette und eines Risikomanagements, 4. Wiederherstellung, Erhaltung
und Verbesserung der mit der Landwirtschaft verbundenen Ökosysteme, 5. Förde-
rung der Ressourcenefzienz, 6. Förderung der sozialen Inklusion, der Armutsbe-
kämpfung und der wirtschaftlichen Entwicklung). Dabei sind die Maßnahmen aus
den Prioritäten 2 und 6 auf ihre Umweltverträglichkeit zu überprüfen oder in eine
Innovationsförderung zu überführen (Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik
beim BMELV 2010). Auch könnte eine Anhebung der Mindest- und der Obergrenze
für das Budget der umwelt- und klimabezogenen Maßnahmen (derzeit ca. 30%)
diskutiert werden. Aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes ist anzustreben, dass
ein möglichst großer Teil der aus der Ersten Säule umgeschichteten Mittel dem
Agrar-Umwelt-Bereich zur Verfügung steht.
Im Bereich der AUKM sollte ein begrenztes Portfolio an einfachen, relativ unspe-
zischen und aktionsorientierten Maßnahmen weiterhin angeboten werden. Dieses
8.3 Option 2– Stärkung der Zweiten Säule
238
könnte regional differenziert werden und zur Senkung der Einstiegshürden in die
komplexeren Maßnahmen dienen (Mante 2010). Der Einsatz eines Agglomerations-
bonus wäre zu erwägen. Die Förderung gesamtbetrieblicher Ansätze („whole- farm-
approaches“) wie in Form des Ökolandbaus sollte ächendeckend erhalten bleiben.2
Eine ergebnisorientierte Honorierung könnte eingesetzt werden, wenn ausreichend
aussagekräftige, einfach zu erhebende Indikatoren zur Verfügung stehen, beispiels-
weise eine Verbesserung der Fruchtartenvielfalt und -folge in Intensivgebieten.
Insgesamt wären die AUKM effektiver zu gestalten, z. B. durch eine räumliche
Allokation auf Landschaftsebene (z.B.Prioritätsregionen in Biotopvernetzungsplan
integrieren) und– soweit möglich– eine evidenzbasierte Programmierung der Maß-
nahmen. Auch könnten die AUKM so gestaltet werden, dass sie Möglichkeiten der
Nutzung von Synergieeffekten bieten (z.B.Schaffung von Nahrungs- und Nisthabi-
taten mit gleichzeitiger Vernetzungs- und Erosionsschutzfunktion).
Die Einführung kooperativer Ansätze wäre zu prüfen. Dabei wäre zwischen zwei
Varianten abzuwägen. Entweder könnten die Agrarumweltmaßnahmen nach dem
Vorbild der Niederlande konsequent in regionalen Umweltkooperativen organisiert
werden, oder es wird die Bildung von freiwilligen Kooperativen unterstützt, etwa
durch Anschubhilfen oder Unterstützung für die Moderation und Koordination. Es
kann dann gemeinsam mit der Kooperative ein regionales Programm ausgearbeitet
werden, für dessen Umsetzung die Kooperative als Ganzes verantwortlich ist. Die
Bildung und Förderung von Umweltkooperativen könnte langfristig ebenfalls zu
einer Minderung des bürokratischen Aufwandes und zur Steigerung von Efzienz
und Effektivität beitragen, jedenfalls wenn die AUKM vollständig auf der Ebene
solcher Kooperativen organisiert würden und damit die einzelbetriebliche Kontrolle
dieser Maßnahmen weitgehend durch geeignete Mechanismen innerhalb der Ko-
operativen ersetzt würde.
Eine periodische Evaluierung und Neuprogrammierung der AUKM im Sinne ei-
nes adaptiven Managements etwa nach dem Vorbild der Wasserrahmenrichtlinie
kann sinnvoll sein. Durch partizipative und kooperative Prozesse können die betei-
ligten Akteure ein gemeinsames Verständnis der verschiedenen lokalen und regio-
nalen Prioritäten und Probleme gewinnen (sowohl der Umweltbelange als auch der
sozio-ökonomischen Gegebenheiten). Auf dieser Basis können gemeinsam Maß-
nahmen erarbeitet werden, die einen effektiven Natur- und Umweltschutz für alle
akzeptabel gestalten und die sozio-ökonomischen Hintergründe der Landwirte und
Regionen berücksichtigen.
8.3.5 Diskussion und Bewertung
Die Verbesserungen der Naturschutz- und Umweltqualität werden in Option 2 im
Wesentlichen durch zusätzliche und anspruchsvollere freiwillige Leistungen im
Rahmen von AUK-Maßnahmen erbracht, für die mehr Mittel zur Verfügung stehen
2 Hier sind auch andere Ansätze denkbar, siehe z.B.Hope Farm in Großbritannien.
8 Skizzierung und Bewertung umweltpolitischer Strategien für eine zukünftige Agrar- …
239
würden. Weiterhin würden mehr Mittel für die Aufrechterhaltung der Bewirtschaftung
von benachteiligten Standorten aufgewendet. Hinzu käme ein möglicher Natur-
schutz- und Umwelt-Mehrwert der Greening-Maßnahmen, wenn diese national
oder regional und damit angepasster programmiert würden.
Wie stark diese strategische Option zur Verwirklichung des Leitbilds einer mul-
tifunktionalen, natur- und umweltverträglichen Landwirtschaft beiträgt, hängt we-
sentlich von der instrumentellen Ausgestaltung und nanziellen Ausstattung der
verschiedenen Komponenten ab.
Eine erste Frage ist, ob eine Nationalisierung und Regionalisierung der
Greening-Maßnahmen tatsächlich den Effekt hätte, dass diese mit erhöhten
Umwelt- Anforderungen verknüpft würden. Die bisherigen Erfahrungen mit der
Ausgestaltung der nationalen Spielräume im Greening zeigen eine Neigung der
Akteure in vielen Mitgliedstaaten, das Greening zu „verwässern“, also weniger
anspruchsvoll zu gestalten. Um einen solchen Effekt zu verhindern, wäre zum
einen sicherzustellen, dass fachliche Belange des Natur- und Umweltschutzes
eine starke Rolle bei der Ausgestaltung erhalten. Zum anderen müssten die Rah-
menvorgaben der EU eine anspruchsvolle Ausgestaltung abfordern, die dann im
Notizierungsverfahren zu überprüfen wären. Auch hier wäre den fachlichen
Gesichtspunkten des Natur- und Umweltschutzes eine wichtige Rolle einzuräu-
men.
Eine zweite Frage ist, in welchem Umfang die Mittel, die durch eine eventuelle
Reduktion der Direktzahlungen frei würden, auch tatsächlich in erheblichem Um-
fang in AUKM ießen. Eine pauschale Überführung solcher Mittel in die Zweite
Säule könnte zur Folge haben, dass eine Aufteilung auf die verschiedenen Pro-
grammlinien erfolgt. Dies kann auch sinnvoll sein, wenn etwa die Investitionsförde-
rung systematisch mit einer Nachhaltigkeitsausrichtung verknüpft wird. Hier wür-
den bei dieser strategischen Option aber erhebliche Spielräume und Ungewissheiten
im Programmierungsprozess bestehen.
Vor diesem Hintergrund lässt sich drittens fragen, ob es zweckmäßiger wäre,
die nanziell stärker ausgestatteten AUKM außerhalb oder weiterhin im Rahmen
der ländlichen Entwicklungspolitik, also der Zweiten Säule der GAP, anzusiedeln.
Eine Ansiedlung innerhalb der bestehenden Strukturen der ländlichen Entwicklung
hätte den Vorteil, dass die bestehenden Verwaltungsstrukturen und -erfahrungen
genutzt werden können. Aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes könnte sich
jedoch ein Einwand daraus ergeben, dass diese Strukturen historisch aus einer vor-
rangig produktionsorientierten Landwirtschaftspolitik erwachsen sind, die aus
ökologischer Sicht eher Teil des Problems als Teil der Lösung war. Es gibt daher
im Natur- und Umweltschutzbereich die Überlegung, einen aus der GAP ausgela-
gerten eigenen Fonds zur Finanzierung von Naturschutzmaßnahmen auf europäi-
scher Ebene zu fordern.
Ein vierte Frage bei dieser Option ergibt sich daraus, dass die Umsetzung
von Natur- und Umweltschutzmaßnahmen vom politischen Willen und von den
nanziellen Möglichkeiten der Mitgliedstaaten und der Regionen abhängig
wäre (Schulz 2010), wenn diese AUK-Maßnahmen konanziert werden müssen.
Eine mögliche Lösung könnte darin liegen, Maßnahmen, die zur Erfüllung von
8.3 Option 2– Stärkung der Zweiten Säule
240
EU-Anforderungen dienen, vollständig durch die EU zu nanzieren (SRU 2009;
Schulz 2010). Grundsätzlich ist die Frage einer Mittelverlagerung– von den
Direktzahlungen der Ersten Säule hin zu natur- und umweltbezogenen Maßnah-
men im Rahmen der ländlichen Entwicklungspolitik– logisch zu trennen von
der Frage der Ko-Finanzierung.
Fünftens könnten die regionale und lokale Programmierung zusätzlichen büro-
kratischen Aufwand bedeuten. Eine Abhilfe könnte hier darin bestehen, nur Maß-
nahmen, die nationale und regionale Anforderungen erfüllen, auf den entsprechen-
den Ebenen zu programmieren. Grundsätzlich kann die Verteilung der Kompetenzen
auf verschiedene Ebenen es erschweren, zentrale Lösungsstrategien umzusetzen,
die für einige Herausforderungen notwendig wären (Wissenschaftlicher Beirat für
Agrarpolitik beim BMELV 2010, S.29).
Eine sechste Frage hängt mit der Wahl der Instrumente im dezentralen Program-
mierungsprozess zusammen. Die Erfahrung zeigt, dass häug einfache, bekannte
Maßnahmen programmiert werden, die einen planmäßigen Mittelabuss und ein
geringes Anlastungsrisiko gewährleisten (Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpoli-
tik beim BMELV 2010, S.29), jedoch nur geringe zusätzliche positive Effekte für
den Natur- und Umweltschutz realisieren („hellgrüne Maßnahmen“). Bei einem
verstärkten Mittelzuuss in die AUKM könnte es daher geboten sein, die Instru-
mente und die Programmierung darauf hin zu überprüfen, ob sie den Anforderungen
des Natur- und Umweltschutzes gerecht werden. In diesem Zusammenhang könnte
es auch angezeigt sein, die anderen Förderbereiche der Zweiten Säule zu überarbei-
ten (vgl. Abschn.7.4 und 7.7).
Ein grundsätzlicher Einwand könnte sein, dass bei einer erhöhten Sichtbarkeit
der Freiwilligkeit der Greening-Maßnahmen und bei stärkerer instrumenteller Ent-
kopplung von der Basisprämie die Erbringung der entsprechenden Leistungen we-
niger gesichert sein könnte, als dies bei der aktuellen Überkompensation der Aua-
gen in der Ersten Säule der Fall ist. Hier wäre sicherzustellen, dass durch Gewährung
entsprechender Prämien auch bei einer Verankerung des Greenings in der Zweiten
Säule die Teilnahmebereitschaft gesichert wird.
Insgesamt besteht bei der strategischen Option 2 eine hohe Wahrscheinlichkeit,
dass Betriebe mit hohen Opportunitätskosten für Agrar- und Umweltleistungen aus
allen freiwilligen Elementen des agrarpolitischen Systems aussteigen und sich da-
her auch von GLÖZ und Greening „verabschieden“. Daher kommt in dieser Option
einer wirksamen Ausgestaltung und Implementation der Mindeststandards des Na-
tur- und Umweltschutzes im ordnungsrechtlichen Rahmen eine besondere Bedeu-
tung zu.
Insgesamt handelt es sich bei dieser Option zunächst zwar um eine Weiterent-
wicklung der bisherigen GAP, die Rückführung von den Direktzahlungen und das
hohe Gewicht national und regional programmierter Maßnahmen stellen jedoch er-
hebliche Veränderungen gegenüber dem Status quo dar.
Machbarkeit: Die Option knüpft an bestehende Instrumente und Mechanismen
der GAP an, entwickelt diese aber weiter. Aufgrund der erhöhten dezentralen
8 Skizzierung und Bewertung umweltpolitischer Strategien für eine zukünftige Agrar- …
241
Diskretion bei der Ausgestaltung der Maßnahmen wird den Implementationspro-
zessen große Bedeutung zukommen. Hier besteht die Gefahr einer „Verwässerung“
der Ansätze aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes.
Effektivität und Efzienz: Grundsätzlich hat die Option das Potenzial, die Wirk-
samkeit und Efzienz der Politik im Vergleich zum derzeitigen System zu erhöhen.
Insbesondere könnten bessere Koordinierungsmöglichkeiten geschaffen und der
Aspekt der Leistungserbringung in Intensivregionen besser adressiert werden. Ob
dieses Potenzial realisiert wird, würde aber von einer Vielzahl dezentraler Entschei-
dungen im Implementationsprozess abhängen.
Implikationen und mögliche Nebenwirkungen:
Wegen der Verminderung der Direktzahlungen besteht die Möglichkeit, dass
viele Landwirte keine Maßnahmen mehr umsetzen, die durch das heutige GLÖZ
und Greening gefordert werden, wenn sie keine Möglichkeit erhalten, an attrak-
tiven natur- und umweltbezogenen Maßnahmen teilzunehmen.
Die Nationalisierung und Regionalisierung der Greening-Maßnahmen könnte zu
Wettbewerbsverzerrungen führen, wenn es keinen wirksamen europäischen Ko-
ordinations- und Notizierungsmechanismus gibt.
Es könnte zu einer bloßen Verschiebung von Geldern aus der Ersten Säule in
Zahlungen für weniger ertragsstarke Standorte kommen, wenn nicht auch für
intensiv genutzte Regionen attraktive Maßnahmen angeboten werden.
Die zunehmende Verknüpfung der Direktzahlungen an nachweisbare Leistungen
der Landbewirtschaftung könnte auf Pachtächen zu einer geringeren Überwäl-
zung der Zahlungen an die Landbesitzer führen.
Eine Umschichtung der nanziellen Mittel der Greening-Maßnahmen von der
Ersten in die Zweite Säule wäre gleichbedeutend mit einer Nationalisierung oder
Regionalisierung der Ausgestaltung der Greening-Anforderungen. Dann könnte
sich die Frage stellen, ob nicht auch die Ausgestaltung der GLÖZ- Anforderungen
nationalisiert oder regionalisiert werden könnte. In letzter Konsequenz könnte
eine solche Entwicklung auf ein weitgehendes oder gar vollständiges Phasing-
Out der EU-weiten Direktzahlungen der Ersten Säule hinauslaufen. Denn wenn,
wie in der vorigen Option diskutiert, der Erhalt der Direktzahlungen letztlich an
die Einhaltung der GLÖZ-Auagen geknüpft würde, die Ausgestaltung der
GLÖZ-Auagen aber nationalisiert oder regionalisiert würde, dann wäre das
Ergebnis eine an bestimmte Natur- und Umweltschutzauagen geknüpfte, ä-
chenbezogene Zahlung, wie sie im Rahmen der AUKM in der Zweiten Säule be-
reits heute für Flächen bezahlt werden, auf denen bestimmte Bewirtschaftungs-
formen angewandt werden.
Nach Nationalisierung der Greening-Komponente wäre ein Überstieg in Option
3 schwierig.
Akteurskoalitionen: Die erhöhten nationalen und regionalen Gestaltungsspiel-
räume könnten für viele Akteure attraktiv sein. Sie werden auch von vielen Um-
weltverbänden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gefordert.
8.3 Option 2– Stärkung der Zweiten Säule
242
8.4 Option 3– Integriertes Modell
8.4.1 Zugrundeliegende Idee
Option 3 geht von der Annahme aus, dass der mit Etablierung von Cross Compliance
begonnene Weg der instrumentellen und argumentativen Verknüpfung von Erster und
Zweiter Säule sowie Ordnungsrecht nun zu einem integrierten strategischen Aufbau der
verschiedenen Elemente führen könnte. Die dritte Option löst sich daher konzeptionell
von der derzeitigen vertikalen Zwei-Säulen-Architektur und entwickelt ein aufeinander
aufbauendes System der Honorierung von Natur- und Umweltschutzleistungen.
Hinsichtlich der Finanzierungsmodi können dabei weiterhin Maßnahmen mit ei-
nem vorrangig EU-weiten Bezug vollnanziert und Maßnahmen mit vorrangig na-
tionalem oder regionalem Bezug konanziert werden. Die konzeptionelle, pro-
grammatische und administrative Trennung der zwei Säulen wird aufgegeben und
ein integriertes System der Honorierung von Natur- und Umweltleistungen aufge-
baut (vgl. Abb.8.3). Damit wird angestrebt, mehr Raum für Instrumente zu schaf-
fen, die dem systemischen Umweltzusammenhang der landwirtschaftlichen Pro-
duktionssysteme besser gerecht werden.
Abb. 8.3 Option 3– Integriertes Modell (Quelle: Eigene Darstellung)
8 Skizzierung und Bewertung umweltpolitischer Strategien für eine zukünftige Agrar- …
243
8.4.2 Einbettung indie agrarpolitische Diskussion
Der mögliche Übergang von der historisch gewachsenen Zwei-Säulen-Architektur
der GAP zu einem stärker konzeptionell integrierten System der Prämienzahlungen
an den Agrarsektor wird vielfach diskutiert. Ein integriertes System der Honorie-
rung von Natur- und Umweltleistungen wird beispielsweise Hart etal. (2016) vor-
geschlagen.
Der Übergang von der Zwei-Säulen-Struktur zu einem integrierten Ansatz würde
auch die relativ starre Kopplung von Finanzierungsmodus und Instrumentierung
lösen. Es würde ermöglichen, „die Frage der Ko-Finanzierung von der Frage der
optimalen Ausgestaltung der Maßnahmen“ getrennt zu behandeln (Wissenschaftli-
cher Beirat für Agrarpolitik beim BMELV 2010, S.6).
Auch die EU-Strategie „Grüne Infrastruktur“ (European Commission 2013) ent-
hält das Programm eines stärker integrierten Ansatzes zur Sicherstellung der ökosys-
temischen Dienstleistungen. Die integrierte Option 3 könnte hier die Anknüpfungs-
möglichkeiten für eine integrierte Berücksichtigung dieser Anliegen verbessern.
8.4.3 Grundlegende Struktur
Das Integrierte Modell besteht aus drei aufeinander aufbauenden Schichten:
1. Basisanforderungen: Diese sollten aus den bisherigen Grundanforderungen an
die Betriebsführung (GAB) sowie Auagen zur Aufrechterhaltung der Produkti-
onsfähigkeit der Standorte bestehen. Letztere würden einige Maßnahmen über-
nehmen, die bisher in GLÖZ und Greening enthalten waren. Die Auagen sollten
dann von allen Betrieben auf allen (bzw. ggf. den betroffenen) Standorten einge-
halten werden. Ein „Ausstieg“ wie aus den heutigen GLÖZ- und Greening-An-
forderungen wäre jedoch nicht möglich. Damit wären diese Basisanforderungen
langfristig als gesetzlicher Mindeststandard anzusehen.
2. Prämien für landschaftliche Vielfalt:
a. Prämie zur Aufrechterhaltung der Landbewirtschaftung in Gebietskulissen
zum Erhalt der Landschaftsvielfalt (vgl. Abschn.7.3.4): Für die Bewirtschaf-
tung benachteiligter Standorte sowie von strukturreichen Flächen (z.B. kleine
Schläge, Randstreifen entlang von Waldrändern, Streuobstächen, vgl. Bau-
stein 3) könnte ein entsprechender standortbezogener Ausgleich gewährt wer-
den. Hierbei würde der Mehraufwand honoriert, der durch die Bewirtschaf-
tung von Flächen entsteht, deren fortgesetzte landwirtschaftliche Nutzung
aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes besonders (z. B. Biodiversität,
Landschaftsbild) wertvoll wäre, deren Bewirtschaftung aber unter den gege-
benen Rahmenbedingungen häug nicht rentabel ist. Die Prämie könnte EU-
weit programmiert und gewährt werden. Alternativ wäre eine nationale Pro-
grammierung mit Notikation bei der EU-Kommission denkbar.
8.4 Option 3– Integriertes Modell
244
b. Eine Landschaftsstrukturprämie für relativ strukturreiche Standorte (vgl. Ab-
schn.7.3.5) könnte unabhängig von Gebietskulissen und Betriebsgrößen ge-
währt werden. Sie könnte z.B. kleinstrukturierte Landschaften, Randstreifen
entlang von Strukturelementen oder Flächen mit Landschaftselementen wie
z.B.Streuobstwiesen belohnen. Die Prämienhöhe könnte ächenbezogen auf
Basis von Fernerkundungsdaten berechnet werden und nach Dichte und öko-
logischer Wertigkeit der Strukturelemente gestaffelt werden.
3. Freiwillige Maßnahmen:
a. Flächendeckend angebotene freiwillige Maßnahmen (vgl. Abschn. 7.3.4):
Dieses Element könnte Maßnahmen enthalten, deren Umsetzung unabhängig
von regionalen und standörtlichen Bedingungen positive Wirkungen auf Natur
und Umwelt erwarten lassen. Diese Maßnahmen werden auf EU- oder Mit-
gliedstaaten-Ebene programmiert und nanziert. Die Landwirte können sich
freiwillig für die Teilnahme an den angebotenen Maßnahmen entscheiden
(Opt-in). Die mehrjährige Konstruktion vermindert den Bürokratieaufwand.
b. Regional/standörtliche freiwillige Maßnahmen (vgl. Abschn.7.4): Diese Maß-
nahmen könnten nach dem Prinzip der heutigen AUKM der Zweiten Säule auf
subnationaler Ebene programmiert und ko-nanziert werden. Es könnten ver-
mehrt Freiräume für kooperative und partizipative Ansätze ermöglicht werden.
Auch für die Teilnahme an diesen Maßnahmen können die Landwirtinnen und
Landwirte sich freiwillig entscheiden (Opt-in). Eine mehrjährige Konstruktion
könnte den Bürokratieaufwand vermindern.
Diese aufeinander aufbauenden Elemente könnten ankiert werden durch Maßnah-
men der Aus- und Weiterbildung, Beratung und Wissenstransfer, die Förderung von
Innovationen und ländlicher Infrastruktur, Maßnahmen im LEADER-Programm,
Europäische Innovationspartnerschaften (EIP-AGRI) o.Ä. (vgl. Abschn.7.7). Die
anderen Elemente der ländlichen Entwicklungspolitik könnten ebenfalls weiterhin
bestehen.
Darüber hinaus bestünde in dieser Option weiterhin Raum für höhere private
Standards des nachgelagerten Bereichs, die durch entsprechende staatliche Ko-
Regulierung anspruchsvoller gestaltet werden könnten (siehe Abschn.7.5).
8.4.4 Instrumentelle Ausgestaltung
Basisanforderungen: Die Basisanforderungen könnten aus den heutigen Grundan-
forderungen für die Betriebsführung und weiteren Auagen zur Aufrechterhaltung
der Produktionsfähigkeit bestehen. Dabei wäre hinsichtlich der Grundanforderungen
an die Betriebsführung zu prüfen, ob die derzeitigen Anforderungen hinreichend
sind oder der Anpassung bedürfen. Die verpichtenden Anforderungen zur Aufrecht-
erhaltung der Produktivität könnten den Humuserhalt, den Erosionsschutz, den
Dauergrünlanderhalt, die Bereitstellung von ökologischer Vorrangäche beinhalten.
8 Skizzierung und Bewertung umweltpolitischer Strategien für eine zukünftige Agrar- …
245
Die Auagen zur Aufrechterhaltung der Produktivität können als gute fachliche Pra-
xis angesehen werden, die dazu dient, die Produktionsfähigkeit landwirtschaftlicher
Standorte langfristig zu sichern. Diese Anforderungen könnten als gesetzlicher Min-
deststandard festgelegt werden. Es wird angestrebt, das Vollzugsdezit zu minimie-
ren (siehe hierzu auch die Abschn.7.1 und 7.6).
Anders als in Option 2 ist in Option 3 grundsätzlich keine Basisprämie vorgese-
hen. Sollte sich jedoch wissenschaftlich belegen lassen, dass tatsächlich in der EU
Mehrkosten durch höhere Mindeststandards im Vergleich zu den Wettbewerbern
entstehen, könnte eine ächendeckende Prämie zu deren Abgeltung legitim sein.
Wie oben diskutiert, reichen Schätzungen der derzeitigen regulatorischen Mehrkos-
ten der landwirtschaftlichen Betriebe in der EU im Vergleich zur Importkonkurrenz
von ca. 20€/ha (Plankl etal. 2010) bis über 50€/ha (Wissenschaftlicher Beirat für
Agrarpolitik beim BMELV 2010).
Die Prämien für Landschaftsvielfalt würden zwei Aspekte berücksichtigen.
Zum einen würde auf Flächen eine Prämie gezahlt werden, die aufgrund ihrer natür-
lichen Eigenschaften (z.B.Höhenlage, Hangneigung, Klima) Grenzertragsstandorte
darstellen, deren Bewirtschaftung am Markt nicht mehr wirtschaftlich ist, auf denen
die Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung aber nicht wünschenswert wäre (siehe
Abschn.7.3.4). Zum anderen würde die strukturelle Vielfalt in der Landschaft ho-
noriert (siehe Abschn.7.3.5 und 7.6.3). Letztere Prämie könnte nach einem EU-weit
einheitlichen Schlüssel gewährt und mithilfe von GIS-gestützten Fernerkundungsda-
ten überwacht und administriert werden. Voraussetzung wäre eine Einigung auf ei-
nen fachlich belastbaren Satz mit nachvollziehbaren, gewichteten Faktoren, die in
die Berechnung der Höhe der Prämie eingehen. Bei EU-weiter Gewährung wäre eine
Vollnanzierung aus EU-Mitteln systematisch konsequent, aber möglicherweise mit
Umverteilungseffekten zwischen den Mitgliedstaaten verbunden.
Im Bereich der „hellgrünen“ Maßnahmen würde das derzeitige Greening durch
einen „Baukasten“ ächendeckend angebotener Maßnahmen ersetzt, die freiwillig
sind und differenziert honoriert werden (siehe Abschn.7.3.8). Eine Honorierung in
Abhängigkeit vom ökologischen Wert der Maßnahme und der Bodenpunkte am je-
weiligen Standort könnte dabei auch in Intensivregionen die Bereitschaft zur Teil-
nahme erhöhen.
Darauf aufbauend würden regional und standörtlich programmierte freiwillige
Maßnahmen die heutigen AUKM weiterentwickeln. Diese würden sich an den
heutigen „dunkelgrünen“ Maßnahmen und den Vertragsnaturschutzprogrammen
der heutigen Zweiten Säule orientieren. Beim Design dieser Maßnahmen könnten
neue verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt werden, z. B. die
Nutzung von Selbstverpichtungs- und Feedback-Mechanismen. Weiterhin würde
in Option 3 mehr Raum für systemische, kooperative und partizipative Ansätze ei-
nes integrierten Ressourcen- und Landschaftsmanagements geschaffen werden.
Flankiert würde dieses Stufensystem durch weitere Maßnahmen. Zum einen wür-
den unterstützende Beratungs-, Aus- und Fortbildungsangebote intensiviert werden
(vgl. Abschn.7.7.1). Des Weiteren könnte ein „Sicherheitsnetz“ für die Landwirt-
schaft entwickelt werden, um extreme Preisschwankungen abzufedern. Dabei wäre
zu überprüfen, ob aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes Versicherungslösungen
8.4 Option 3– Integriertes Modell
246
(Meuwissen etal. 2003) oder Preis-Ausgleichzahlungen (Thomas etal. 2016) sinn-
voller wären. Bei letzteren wäre zu verhindern, dass letztlich ein produktionsstimu-
lierender Mindestpreis für Erzeuger mit negativen Auswirkungen auf die Ziele des
Natur- und Umweltschutzes eingeführt würde.
In Option 3 würde schließlich ein konsequentes System von Kennzeichnungen für
die Natur- und Umweltleistungen der Landwirtschaft etabliert werden. Durch die
glaubwürdige Ankündigung staatlicher Label-Aktivitäten im Falle mangelnder pri-
vater Initiativen sowie durch staatliche Moderations- und Koordinierungsleistungen
könnten Aktivitäten der Verarbeiter und des Handels stimuliert und ankiert werden.
8.4.5 Diskussion und Bewertung
Insgesamt enthält Option 3 eine strategische Entwicklungsrichtung, die eine Über-
windung der historisch gewachsenen Zwei-Säulen-Architektur der GAP ermögli-
chen könnte. Andererseits ließe sich diese Option auch innerhalb des Zwei- Säulen-
Modells etablieren.
Die einzelnen Elemente des integrierten Modells können im Zeitablauf im Lichte
neuer Problemlagen und Erkenntnisse weiterentwickelt werden.
Die Option zielt auf eine Abkehr vom „Gießkannensystem“, dass durch den An-
satz einer leistungsbezogenen Honorierung der einzelbetrieblich erbrachten ökologi-
schen Leistungen ersetzt würde („Mehr Leistung, mehr Zahlung“). Damit würde ein
Anreiz geschaffen, zusätzliche Gemeinwohlleistungen zu erbringen. Allerdings wür-
den mit diesem Ansatz nicht mehr von allen Betrieben in allen Regionen die gleichen
Leistungen erbracht und in intensiv genutzten Regionen würden Betriebe eventuell
nicht an den freiwilligen Maßnahmen teilnehmen. Zwar ist das derzeitige Greening
de facto auch freiwillig, aber unter Landwirten gilt die Teilnahme als die „normale“
Option. Für die Sicherung eines Mindeststandards an Natur- und Umweltschutz auch
in intensiv bewirtschafteten Regionen käme in Option 3 daher dem Ordnungsrecht
und effektiven Kontroll- und Sanktionsmechanismen verstärkte Bedeutung zu. In-
nerhalb der Agrarpolitik würde sich der Kontrollaufwand hingegen auf die freiwillig
eingegangenen Verpichtungen sowie die fernerkundungsgestützte Administration
der Prämien für landschaftliche Vielfalt beschränken. Bei vielen dieser Maßnahmen
könnte ein Antragszeitraum von fünf Jahren geeignet sein, den bürokratischen Auf-
wand auf Betriebs- und Verwaltungsseite zu reduzieren.
Machbarkeit: Da die Förderungsstruktur an das bestehende System der Agrar-
verwaltung anknüpft, erscheint ein derartiges Fördersystem praktikabel. Durch die
vermehrte Nutzung von Fernerkundung und GIS-Technologien könnten möglicher-
weise erhebliche Vereinfachungen in den Verwaltungsabläufen sowie eine Vermin-
derung der Transaktionskosten auf Seiten der Verwaltung und der Landwirte er-
reicht werden. Eine wesentliche Voraussetzung für die Realisierung der Option
wäre eine wissenschaftliche Begründung der Algorithmen für die EU-weite Kom-
pensierung von Standortnachteilen. Angesichts der umfangreichen Daten wären
eventuelle Datenschutz-Probleme proaktiv zu identizieren und zu regeln.
8 Skizzierung und Bewertung umweltpolitischer Strategien für eine zukünftige Agrar- …
247
Effektivität und Efzienz: Grundsätzlich könnte diese Option die Zielgenauig-
keit der GAP und ihre Wirksamkeit im Hinblick auf die Ziele des Natur- und Um-
weltschutzes erhöhen. Allerdings ist noch durch Machbarkeitsstudien zu zeigen,
dass eine digitale Bewertung von Standortnachteilen und ggf. auch von ächenbe-
zogenen Maßnahmen, wie der Erhalt von Landschaftselementen, tatsächlich weni-
ger Bürokratie bedeutet. Weiterhin ist noch zu zeigen dass die notwendigen Daten
tatsächlich vorhanden sind bzw. mit vertretbarem Aufwand gewonnen werden kön-
nen. Beispielsweise sind die Landschaftselemente bereits erhoben. Aufbauend auf
diesen Daten können Updates aufgrund von Luftbilddaten vorgenommen werden.
Implikationen und mögliche Nebenwirkungen:
Die Finanzierung der Zahlungen für ächendeckende Maßnahmen könnte wei-
terhin zu 100% aus dem EU-Haushalt der Gemeinsamen Agrarpolitik erfolgen.
Dies könnte damit begründet werden, dass die umgesetzten Maßnahmen unab-
hängig von standörtlichen Gegebenheiten in allen Regionen und Betrieben posi-
tive Effekte auf den Natur- und Umweltschutz erwarten lassen.
Durch Integration einiger Maßnahmen in ächendeckende, freiwillige Pro-
gramme, die bisher in der Zweiten Säule umgesetzt werden (z.B.Verzicht auf
mineralische Dünger und Panzenschutzmittel), erhöht sich indirekt auch das
Anforderungsniveau in den freiwilligen regionalen/standörtlichen Maßnahmen,
die konanziert werden. Hierdurch könnten diese nanziellen Mittel für an-
spruchsvollere Maßnahmen eingesetzt werden.
Im Vergleich zum gegenwärtigen Cross-Compliance-System könnte diese Op-
tion einen verminderten Bürokratieaufwand ermöglichen (siehe dazu die in
Abschn.7.6 dargestellten Monitoring-, Kontroll- und Sanktionsmechanismen).
Indem diese Option in Bezug auf einige Elemente (z.B.Prämie zur Aufrechter-
haltung der Landbewirtschaftung in Gebietskulissen zum Erhalt der Landschafts-
vielfalt und Prämie zur Landschaftsvielfalt) relativ stark auf die Verarbeitung
GIS-gestützter Daten setzt, könnte sie einen Trend zur Digitalisierung der Agrar-
wirtschaft verstärken, der in seinen strukturpolitischen, organisationssoziologi-
schen und arbeitstechnischen Implikationen nicht neutral wäre. Da die digitale
Technik aber nicht von den Landwirten vorgehalten werden muss, verstärkt die-
ser Ansatz nicht notwendigerweise den Strukturwandel. Hier besteht allerdings
Forschungsbedarf.
Durch das Abschmelzen der bestehenden Direktzahlungen könnte die Aufrechter-
haltung der Landwirtschaft in Regionen mit erhöhten Produktionskosten in Frage
gestellt sein. Daher müssten die Zahlungen zur Aufrechterhaltung der Landbewirt-
schaftung in Gebietskulissen hinreichend nanziell ausgestattet sein, um einen
solchen unerwünschten Effekt zu vermeiden. Dies wiederum könnte regionale
Umverteilungseffekte mit sich bringen, die weitere nanzielle Ausgleichsmaßnah-
men erfordern könnten, um politisch akzeptabel zu sein. Allerdings deuten die
Expertengespräche an, dass eine stärkere Förderung von Standorten, an denen eine
großächige Aufgabe der Landbewirtschaftung droht, durchaus Zustimmung n-
den könnte.
Im Vergleich zum Status quo könnten die Elemente und Maßnahmen dieser Option
deutlicher zeigen, was die gesellschaftlichen Erwartungen und Leistungen sind.
8.4 Option 3– Integriertes Modell
248
Verteilungswirkungen zwischen Mitgliedstaaten: Aus politischer Sicht könnten
die Verteilungsimplikationen der Umstellung vom bestehenden auf das neue Prä-
miensystem kritisch sein. Um die Unsicherheit über die Umverteilungswirkun-
gen zwischen den Mitgliedstaaten zu begrenzen, könnte beispielsweise eine Bei-
behaltung der nationalen nanziellen Envelopes vereinbart werden. Aus einem
solchen Arrangement könnten sich aber Spannungen mit der angestrebten klaren
Systematik dieser Option ergeben.
Verteilungswirkungen zwischen den Regionen: Durch die Prämien für Land-
schaftsvielfalt würden Regionen, in denen viele öffentliche Leistungen erbracht
werden, gegenüber Regionen, die vorwiegend der intensiven landwirtschaftli-
chen Produktion dienen, begünstigt. Die nach Regionen differenzierte Prämien-
höhe für die „Basismaßnahmen“ würde den gegenteiligen Effekt haben. Der
Gesamteffekt auf die regionale Verteilung würde von der nanziellen Ausstat-
tung der einzelnen Elemente sowie der Ausgestaltung der verteilungsrelevanten
Komponenten abhängen.
Akteurskoalition: Diese Option könnte eine breite Koalition für die Förderung
der benachteiligten Standorte und Regionen hinter sich versammeln. Für land-
wirtschaftliche Betriebe könnte die geringere Bürokratielast attraktiv sein. Viele
landwirtschaftliche Betriebe könnten sich aber durch den Verlust des jetzigen
Systems der Direktzahlungen in einer ungewissen Situation sehen. In Regionen
mit starker Hypothekenbelastung der landwirtschaftlichen Betriebe könnte es bei
negativen Umverteilungswirkungen zu Folgeprobleme bei einigen Finanzinstitu-
ten kommen, die stark in kreditnanzierte Investitionen im Sektor engagiert sind.
Insgesamt könnte ein gleitender Übergang vom derzeitigen System der GAP zur
Option 3 bis beispielsweise 2027 geeignet sein, ohne größere Strukturbrüche einen
Übergang in eine Agrarpolitik zu gestalten, die systematisch an der Erbringung von
Gemeinwohlleistungen und an der Sicherung der öffentlichen Güter des Natur- und
Ressourcenschutzes ausgerichtet ist.
8.5 Exkurs: Umstellung der Regulierungslogik auf
„prinzipienbasierte Regulation“
8.5.1 Einleitung– Ein prinzipienbasierter „Neuer Ansatz“ für
die GAP
Die Anpassung an die fortschreitende Integration des Binnenmarktes und damit an
den Erfolg der EU sind keine Herausforderungen, denen sich nur die GAP zu stellen
hat. Dichte Regulierung, hohe bürokratische Anforderungen, das Primat national-
staatlicher Begehrlichkeiten sowie vertikale Regelungen einzelner Produkte anstatt
horizontaler Regulierung des Marktes sind Problemlagen, die in vielen Wirtschafts-
sektoren bekannt sind. Andere Bereiche des Binnenmarktes, insbesondere das EU-
Produktsicherheitsrecht, haben sich bereits erfolgreich diesen Herausforderungen
8 Skizzierung und Bewertung umweltpolitischer Strategien für eine zukünftige Agrar- …
249
gestellt. Insbesondere diejenigen Produkte, die heute im „Neuen Ansatz“3 geregelt
sind, sowie das Lebensmittelsicherheitsrecht und das Chemikalienrecht standen vor
der Neuorientierung ihrer Regulierung vor ähnlichen Problemen (Purnhagen
2013a). Es bietet sich daher an, die dort gefundenen regulativen Lösungen auf ihre
Übertragbarkeit auch für die GAP und die sich hier stellenden Problemlagen zu
untersuchen. Eine solche Übertragung kann selbstverständlich nicht pars pro toto
erfolgen. Eine mögliche Übertragung der in anderen Bereichen gefundenen Lösun-
gen müsste die GAP-spezischen Besonderheiten der Regulierung und Finanzie-
rung (beispielsweise die Unterteilung in Erste und Zweite Säule und deren unter-
schiedliche Finanzierung) sowie die Besonderheiten landwirtschaftlicher Märkte
(wie endogene Preisschwankungen, extreme exogene Schocks durch wetter- und
klimabedingte Risiken, Ernährungssicherheit) einbeziehen.
Die im EU-Produktsicherheitsrecht durchgeführten Reformen können als ein
Mix der Regulierungsstrategien umschrieben werden, die allesamt auf der soge-
nannten prinzipienbasierten Regulierung aufbauen. Prinzipienbasierte Regulierung
folgt drei grundsätzlichen Zielen (Black etal. 2007, S.191):
1. Weit formulierte Ziele als rechtlich verbindliche Standards anstatt verbindlicher
detaillierter Regeln;
2. Fokussierung auf das Ergebnis (Output) des regulativen Eingriffs;
3. Stärkung der individuellen Verantwortlichkeit der Adressaten bei der Zielerrei-
chung.
Der letzte Punkt (Eigen-Verantwortlichkeit der Adressaten) kann, wie im „Neuen
Ansatz“ geschehen, als Anreizmechanismus ausgestaltet werden, sich bestimmten
freiwilligen, aber im Gegensatz zu den Zielen unter Punkt1 detaillierten Regeln zu
unterwerfen. Tun die Adressaten dies, so können sie beispielsweise in den Genuss
einer Beweislastumkehr kommen, welche die Verantwortlichkeit für die tatsächli-
che Erreichung der Ziele ein Stück weit wieder von ihnen nimmt. Im Bereich der
GAP wäre eine solche Option ein großer Gewinn für Landwirtinnen und Landwirte,
da hierdurch insbesondere die Haftungsrisiken, die derzeit beispielsweise mit der
verschuldensunabhängigen Haftung nach der Umwelthaftungsrichtlinie 2004/35/
EG4 verbunden sind, deutlich vermindert würden. Grundsätzlich haben es allerdings
weiterhin die Regelungsadressaten in der Hand, wie sie ihre Verantwortlichkeit aus-
gestalten und damit am Markt agieren wollen.
Ausgehend von den im EU-Produktsicherheitsrecht gemachten positiven Erfah-
rungen und der damit verbundenen relativen Rechtssicherheit wäre eine Option
denkbar, die auf diesen Regulierungsstrategien fußt, aber an die Besonderheiten
der GAP und der Agrarmärkte anknüpft. Ein solches Regelungsregime würde exis-
tierende rechtliche Mindestvorgaben, die in der Form von europäischen Prinzipien
3 Entschließung des Rates vom 7. Mai 1985 über eine neue Konzeption auf dem Gebiet der techni-
schen Harmonisierung und der Normung, ABl C 136, 04.06.1985, S.1–9.
4 Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über
Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden, ABl L 143, 30.04.2004,
S.56–75.
8.5 Exkurs: Umstellung der Regulierungslogik auf „prinzipienbasierte Regulation“
250
ausgestaltet sind, mit einem am Ergebnis orientierten freiwilligen „Baukastensys-
tem“ für die Auswahl der Instrumente zur Zielerreichung kombinieren. Die An-
wendung dieses „Baukastensystems“ könnte an ein Anreizsystem nach dem Vor-
bild des „Neuen Ansatzes“ geknüpft werden. Ein solches System hätte mehrere
Vorteile:
1. Es gleicht die GAP an die Veränderungen des Binnenmarktrechtes an, welche die
GAP mehr und mehr als integralen Bestandteil denn als Sonderrecht behandelt.
2. Es sorgt durch Ergebnisorientierung für einen efzienteren Einsatz der nanziel-
len Mittel der GAP.
3. Es entlastet Landwirte von dem hohen bürokratischen Aufwand.
4. Es gibt Landwirten mehr Flexibilität.
8.5.2 Ausgangspunkt: Der „Neue Ansatz“ im EU-
Produktsicherheitsrecht
Die Regulierung technischer Produktsicherheitsstandards gehört seit dem Beginn
des EU-Produktsicherheitsrechts zum Kern des Rechts des Binnenmarkts in der
EU.Mehr als 30 Jahre lang erfolgte dies in der EU durch klassische Regulierung,
mit genauen Vorgaben für bestimmte Produkte (sogenannte vertikale Regulierung)
und genauer Adressierung an bestimmte Industriezweige (Tricker 2000; Hey etal.
2007). Für viele Produkte gab es verbindliche, detaillierte, produkt-spezische und
europaweit gültige Vorgaben für den gesamten Produktlebenszyklus (Joerges etal.
1988, S.252ff.). Ob diese Vorgaben tatsächlich das Ziel erreichten und ob sie auch
den technischen Entwicklungen standhalten konnten, war dabei durchaus fraglich.
Diese Regulierungstechnik war zwar durch das Europarecht, damals Art.100 des
Vertrages über die Europäische Wirtschaftsunion (heute Art.114 des Vertrags über
die Arbeitsweise der Europäischen Union) vorgesehen, jedoch führte es zu etlichen
Problemen. Die Produktstandards regelten punktuell immer nur einige wenige As-
pekte der entsprechenden Produktsektoren (Joerges etal. 1988, S.273ff.). Sie wa-
ren zu statisch,5 konnten nicht mit der technischen Entwicklung mithalten, berück-
sichtigten auch nicht die unterschiedlichen Anforderungen der Verbraucherinnen
und Verbraucher und Unternehmer in den Mitgliedstaaten im Binnenmarkt und wa-
ren mit der Zeit zu einem Berg an Vorschriften angewachsen, der nur noch schwer
zu bewältigen war (McGee und Weatherill 1990, S.582). Insbesondere war diese
Art der Regulierung nicht geeignet, die angestrebten Ziele (Sicherheit der Produkte,
Binnenmarktverwirklichung) angesichts der mit der fortlaufenden Technisierung
einhergehenden Zunahme von Risiken dauerhaft zu gewährleisten (Hanson 2005,
S.37; Trubek und Trubek 2006, S.539ff.).
5 Dynamisierende Formeln wie „Stand der Technik“ wurden erst im Zuge der Einführung des
„Neuen Ansatzes“ wirksam mit europäischen Institutionen unterfüttert.
8 Skizzierung und Bewertung umweltpolitischer Strategien für eine zukünftige Agrar- …
251
8.5.2.1 Der „Neue Ansatz“ als Alternative
Auf der Suche nach einer Alternative für ein regulatorisches Design wurde man in der
Niederspannungsrichtlinie 73/23/EWG fündig,6 deren Regulierungsdesign zu jener
Zeit eine große und hoch umstrittene Ausnahme bildete. In der Niederspannungsricht-
linie wurde das generelle und abstrakte Ziel der Verbrauchersicherheit formuliert, de-
ren konkrete Ausgestaltung in Form von Produktsicherheitsstandards beließ sie je-
doch bei privaten Standardisierungsorganisationen. Wenn sich Produzenten an diese
Standards hielten, so wurde die Sicherheit des Produktes vermutet (Art.5 (1) Nieder-
spannungsRL). Rechtlich war nur das Ziel der Verbrauchersicherheit bindend. Wenn
Produzenten diese Sicherheit auf eine andere Weise als durch die Einhaltung der Stan-
dards gewährleisten konnten, so stand ihnen dieser Weg offen. Heute würden wir dies
als prinzipienbasierten Ansatz beschreiben, da hauptsächlich auf die Erreichung der
vorgenannten drei Ziele der prinzipienbasierten Regulierung abgestellt wird.
Der wesentliche Grund dafür, dass dieser Ansatz ausschließlich in der Nieder-
spannungsrichtlinie Verwendung fand, waren Unsicherheiten über ihre Vereinbar-
keit mit dem Europarecht. Die Kommission und Repräsentanten der Mitgliedstaa-
ten sahen die prinzipienbasierte Regulierung in der Niederspannungsrichtlinie
ohnehin lediglich als eine nicht-repräsentative Ausnahme, die nicht zur Regulie-
rung anderer Bereiche des Binnenmarktes wiederholt werden sollte (Joerges etal.
1988, S.326). In der Tat war die Regulierung in der Niederspannungsrichtlinie so
verschieden von dem generellen Harmonisierungskonzept der Art.30, 36 und 100
EWG (heute Art.30, 36, 114 AEUV), dass eine rechtliche Neukonzeption der Har-
monisierung notwendig geworden war, um eine solche Neuausrichtung zu unter-
stützen. Gleichzeitig bot der Europäische Gerichtshof mit seinen bahnbrechenden
Urteilen „Dassonville“7 und „Cassis de Dijon“8 eine solche Neukonzeption an. Die
weite Auslegung des Begriffs „Maßnahmen gleicher Wirkung“ als jede auch nur
potenziell den Binnenmarkt beeinträchtigende Maßnahme und die korrespondie-
rende weite Auslegung der Rechtfertigungsgründe bildeten die Basis für eine Neu-
konzeption der Binnenmarktharmonisierung (Maduro 1998, S.61ff.). Produzen-
ten konnten nach dieser neuen Sichtweise nur dann in den Genuss des Rechts auf
freie Zirkulation von Produkten in der EU kommen, wenn diese nachweisbar keine
Gefahr für die Sicherheit und die Gesundheit von Verbrauchern darstellten (Joer-
ges et al. 1988, S. 294). Harmonisierungsmaßnahmen auf europäischer Ebene
mussten diese Neuausrichtung berücksichtigen, und zwar durch die Breitstellung
entsprechender Sicherungsmaßnahmen, um auf diese Art den Verbraucherschutz
gewährleisten zu können.
6 Richtlinie 73/23/EWG des Rates vom 19. Februar 1973 zur Angleichung der Rechtsvorschriften
der Mitgliedstaaten betreffend elektrische Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter
Spannungsgrenzen, ABl. L 77 vom 26.03.1973, S.29.
7 Rs. 8/74, Urteil des Gerichtshofes vom 11. Juli 1974, Procureur du Roi v Dassonville, [1974]
ECR, 837.
8 Rs. 120/78 Urteil des Gerichtshofes vom 20. Februar 1979, Rewe-Zentral AG v Bundesmonopol-
verwaltung für Branntwein (Cassis de Dijon) [1979] ECR 649.
8.5 Exkurs: Umstellung der Regulierungslogik auf „prinzipienbasierte Regulation“
252
Im Produktsicherheitsrecht führte diese Notwendigkeit zu einer Ausweitung des
Regulierungsansatzes der Niederspannungsrichtlinie auf andere Produktgruppen
und machte damit die Ausnahme zur Regel. Dieser horizontale Ansatz zur Regulie-
rung von Produkten löste fortan als „Neuer Ansatz“9 den alten vertikalen Ansatz in
der EU ab (Burrows 1990; McGee und Weatherill 1990; Egan 2001, S. 118ff.):
Produkte im „Neuen Ansatz“ müssen lediglich ein bestimmtes, abstrakt deniertes
Ziel erreichen. Private Standards, welche durch europäische Normungsorganisatio-
nen entwickelt werden, helfen Produzenten dabei, die Schutzziele der Regulierung
zu erreichen. Die Einhaltung der Standards ist meistens freiwillig. Werden diese
Standards eingehalten, so können Produkte die „CE“ (= Communauté Européenne,
Comunidad Europea, Comunidade Europeia und Comunità Europea)-Signatur er-
halten, welche sodann eine Eintrittskarte für den gesamten Binnenmarkt darstellt.
Sollte ein Mitgliedstaat Bedenken hinsichtlich der Sicherheit eines Produkts ha-
ben, so kann er innerhalb einer bestimmten Frist temporäre Maßnahmen zur Auf-
rechterhaltung der Sicherheit einleiten, wenn er die Kommission darüber informiert.
Zusammenfassend besteht der „Neue Ansatz“ aus sieben Schritten:
Die EU entwirft Rahmenrichtlinien für bestimmte Produktkategorien, welche
nur ein abstraktes Ziel setzen, das von den Produzenten erreicht werden muss.
Europäische Standardisierungsorganisationen (z. B. European Committee for
Standardization, European Committee for Electrotechnical Standardization, Eu-
ropean Telecommunications Standards Institute) bekommen in dieser Richtlinie
das Recht, das abstrakte Regulierungsziel im Rahmen der Entwicklung von
Standards weiter zu konkretisieren. Ihre Vorschläge sind von den nationalen
Standardisierungsorganisationen zu akzeptieren und werden in den Mitglied-
staaten in den entsprechenden Journalen publiziert.
Die Einhaltung dieser Standards ist freiwillig.
Die Einhaltung der allgemeinen Prinzipien der Rahmenrichtlinie wird vermutet,
wenn der Produzent die von den Standardisierungsorganisationen entwickelten
Standards einhält.
Eine Sicherungsklausel erlaubt Mitgliedstaaten und der Kommission, auch in
Fällen einzuschreiten, in denen trotz Konformität mit dem Standard das Produkt
nicht sicher ist.
Der Produzent darf die Konformität seines Produkts mit dem Standard durch ein
CE-Kennzeichen deutlich machen. Üblicherweise muss dann das Produkt aller-
dings einen Konformitätstest der nationalen Behörde bestehen.
Vorangegangen waren nicht nur eine Unzufriedenheit mit der Effektivität der alten,
punktuellen Regulierung, sondern auch ein geändertes Verständnis im Recht des
Binnenmarktes. Die EuGH-Urteile „Dassonville“10 und „Cassis de Dijon“11 führten
9 Entschließung des Rates vom 7. Mai 1985 über eine neue Konzeption auf dem Gebiet der techni-
schen Harmonisierung und der Normung, Abl. C 136, 04.06.1985, S.1–9.
10 Rs.8/74, Urteil des Gerichtshofes vom 11. Juli 1974, Procureur du Roi v Dassonville, [1974]
ECR, 837.
11 Rs.120/78 Urteil des Gerichtshofes vom 20. Februar 1979, Rewe-Zentral AG v Bundesmonopol-
verwaltung für Branntwein (Cassis de Dijon) [1979] ECR 649.
8 Skizzierung und Bewertung umweltpolitischer Strategien für eine zukünftige Agrar- …
253
eine Logik ins Binnenmarktrecht ein, die eine freie Zirkulation von Produkten in
der EU nur dann zuließ, wenn diese nachweisbar keine Gefahr für die Sicherheit
und die Gesundheit von Verbrauchern darstellten (Joerges etal. 1988, S.294). Da-
durch wurde ein Umdenken eingeleitet: Während die Marktfreiheiten bislang nur
eine de-regulierende Funktion hatten, ermöglichten die beiden EuGH-Urteile ein
re-regulierendes Vorgehen auf EU-Ebene. Darüber hinaus machten sie auch den
Weg für die EU frei, ganze Marktbereiche horizontal zu regulieren, anstatt nur
punktuell bestimmte Produkte oder Produktgruppen. Die EU konnte nunmehr wäh-
len, welche Regulierungsart sie für geeignet hielt, um die entsprechenden Ziele des
Binnenmarktes zu verwirklichen.
Zusammenfassend wurde der „Neue Ansatz“ entwickelt, um auf die entspre-
chenden Bedürfnisse der damaligen Zeit zu reagieren:
Die alte Regulierung hatte zu überbordender Bürokratie geführt, war zu kost-
spielig und wenig zielführend.
Das rechtliche Verständnis des Binnenmarktes hatte sich von einer De-
Regulierungs- zu einer Re-Regulierungsaufgabe geändert.
Die Vielfalt des Marktes in der EU und die unterschiedlichen Bedürfnisse in den
Mitgliedstaaten wurden nicht hinreichend berücksichtigt.
Die bestehenden Regulierungen waren zu unexibel, um auf technologischen
Fortschritt oder unterschiedliche Bedürfnisse der Marktteilnehmer reagieren zu
können.
8.5.2.2 Haftungsregeln als Sicherheitsnetz
Der „Neue Ansatz“ wird ankiert von Haftungsregeln, die der Konformitätsvermutung
zur vollen Wirksamkeit verholfen haben. Neben dem „Neuen Ansatz“ wurde die Pro-
dukthaftungsrichtlinie 85/374/EEG12 eingeführt, welche eine verschuldensunabhän-
gige Produzentenhaftung für den Hersteller defekter Produkte einführte. Dies ging
Hand in Hand mit dem „Neuen Ansatz“. Hielt sich ein Produzent nämlich an die ent-
sprechenden Standards, so wurde vermutet, dass das Produkt „sicher“ ist. Damit wurde
den Produzenten auch die Beweisführung im Rahmen der Produkthaftungsrichtlinie
erleichtert und ihnen damit ein erhebliches Haftungsrisiko abgenommen. Zusätzlich
wurde im Jahr 1992 durch die Richtlinie 92/59/EWG über die allgemeine Produktsi-
cherheit13 (Art.3) die Verpichtung der Hersteller, nur sichere Produkte herzustellen,
horizontal, also für alle Produkte, verbindlich festgeschrieben. Damit wurde die
12 Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwal-
tungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte, Abl. L 210 vom
07.08.1985, S.29–33.
13 Richtlinie 92/59/EWG des Rates vom 29. Juni 1992 über die allgemeine Produktsicherheit, Abl
L 228, 11.8.1992, S.24–32. Aktuell gültige Richtlinie: Richtlinie 2001/95/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 3. Dezember 2001 über die allgemeine Produktsicherheit, ABl. L
11 vom 15.01.2002, S.4–17.
8.5 Exkurs: Umstellung der Regulierungslogik auf „prinzipienbasierte Regulation“
254
Einhaltung der im „Neuen Ansatz“ geregelten Standards noch einmal attraktiver, da die
damit verbundene Beweislastumkehr die einzige Möglichkeit darstellte, um die mit der
Verpichtung zur Produktsicherheit verbundenen Haftungsrisiken zu minimieren.
8.5.3 Übertragbarkeit aufgrund ähnlicher Voraussetzungen
Die Parallelen zur Bestandsaufnahme im Rahmen der GAP sind deutlich. Versteht
man die GAP als eine im Wesentlichen landwirtschaftliche Erzeugung ankierende
Politik, so geht es auch hier, wie im „Neuen Ansatz“, darum, unionsrechtliche Rah-
menbedingungen für qualitativ hochwertige und europäischen Standards entspre-
chende landwirtschaftliche Erzeugnisse zu schaffen. Diese Erzeugnisse müssen, ver-
gleichbar mit den Zielvorgaben im „Neuen Ansatz“, nicht nur dem maßgeblich im
europäischen Lebensmittelrecht geregelten Verbraucherschutz entsprechen, sondern
auch den den Landwirt verpichtenden und freiwilligen europäischen Umwelt-, Ver-
braucher- und sonstigen Standards. Das bisherige System der GAP, die dies den
Landwirten eigentlich ermöglichen soll, ist allerdings gekennzeichnet durch über-
bordende Bürokratie, komplexe und kostenträchtige Einzelfallregulierung und zu
geringe Zielerreichung. Gleichzeitig verändern sich die Bedingungen im Binnen-
markt: Der Agrarsektor wird zunehmend vom Recht wie ein „normaler“ Bereich des
Binnenmarkts behandelt. Das Verbraucher- und Umweltschutzrecht reguliert mehr
und mehr auch die Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte und zwingt dabei Land-
wirte, sich auch an der Logik dieser Regulierungsbereiche zu orientieren. Landwirt-
schaft wird in diesem Sinne regulierungsstrategisch „produktiviert“.
Der Vorteil dieser Entwicklung liegt darin, dass auch Landwirte ein Interesse
daran haben, qualitativ hochwertige, marktfähige Produkte zu erzeugen, die nach
außen hin, ähnlich dem CE-Siegel, für hohe Qualität bürgen. Dies hat der Landwirt-
schaftssektor mit den Produzenten im „Neuen Ansatz“ gemein. Unterschiedlich
sind jedoch die Verknüpfung des ordnungsrechtlichen Kontrollsystems mit den ein-
kommenspolitisch begründeten Direktzahlungen, die national und regional pro-
grammierten Möglichkeiten zur Finanzierung betrieblicher Maßnahmen zum Na-
tur- und Umweltschutz, die nach wie vor wichtige Sonderstellung der Landwirtschaft
als Primärversorger sowie die Bedeutung der Landwirtschaft für die Landschafts-
pege und die ländliche Entwicklung. Eine mögliche Übertragung der Logik des
„Neuen Ansatzes“ muss daher diese Aspekte mit in Betracht ziehen.
8.5.4 Vorschlag der Übertragung des prinzipienbasierten
„Neuen Ansatzes“ auf die GAP
Eine mögliche Übertragung der prinzipienbasierten Regulierung im „Neuen An-
satz“, modiziert für die Bedürfnisse des Landwirtschaftssektors, auf die GAP
könnte folgendermaßen aussehen:
8 Skizzierung und Bewertung umweltpolitischer Strategien für eine zukünftige Agrar- …
255
8.5.4.1 Rechtlich verbindliche Rahmenverordnung
Ein rechtlich verbindlicher Rahmen in Form einer Verordnung (Rahmenverordnung
oder Basisverordnung)14 regelt die allgemein gültigen Prinzipien, die für jede Tätig-
keit als Landwirtin oder Landwirt in der EU sowie für jedes Inverkehrbringen von
landwirtschaftlichen Produkten in der EU gelten. Diese Prinzipien gelten sodann
auch für Importeure. Daneben regelt die Rahmenverordnung auch den institutionel-
len Rahmen, der die Einhaltung der in dieser Rahmenverordnung festgelegten Prin-
zipien überwacht. Jeder in der EU gewerblich als Landwirtin oder Landwirt tätige
Person muss diese Prinzipien erfüllen. Tun sie dies nicht, so verlieren sie als Ultima
Ratio ihre Marktfähigkeit in der EU und dürfen nicht mehr am Markt tätig sein.15
8.5.4.2 Gesetzliche Minimalvorgaben und freiwilliges Baukastensystem
unterschiedlicher Standards
Für alle landwirtschaftlichen Betriebe gelten rechtliche Mindeststandards, die ein-
zuhalten sind. Dazu gehören mindestens die Anforderungen, die derzeit unter Cross
Compliance zusammengefasst werden.
Den Betrieben wird ein „Baukastensystem“ von Standards zur Verfügung ge-
stellt. Diese werden in zwei Gruppen differenziert. Die Standards der ersten Gruppe
helfen den Betrieben bei der Erreichung der in der Verordnung festgelegten Mini-
malziele. Ihre Einhaltung begründet die Vermutung, dass die Minimalvorgaben er-
reicht werden. Die Standards der zweiten Gruppe gehen über die Minimalanforde-
rungen hinaus. Ihre Einhaltung ist freiwillig, wie etwa derzeit bei den Standards für
ökologischen Landbau.
Jeder Betrieb muss so ausgerichtet werden, dass die in der Rahmenverordnung
festgelegten abstrakten Minimalziele erreicht werden. Dafür gibt es im System der
prinzipienbasierten Regulierung zwei Möglichkeiten. Entweder die Landwirtin
oder der Landwirt entwickeln eigene innovative Methoden, um diese Ziele zu errei-
chen. Dabei wird rechtlich vermutet, dass sie sich den in der Rahmenverordnung
festgelegten Zielen entsprechend verhalten. Allerdings haften sie bei eventueller
Nicht-Erreichung der Ziele (also z.B. mangelnde Sicherheit der Erzeugnisse, Ver-
letzungen des Tierwohls oder Umweltschäden). Die andere Möglichkeit ist, dass die
Betriebe nachweislich die Standards erfüllen, die typischerweise zur Einhaltung der
Minimalziele hinreichen. Dann kommen sie in den Genuss der Beweislastumkehr.
14 „Rahmen-“ oder „Basisverordnung“ beschreibt Gesetze auch auf europäischer Ebene, die die
rechtlichen Grundlagen für einen bestimmten Marktbereich schaffen, die sodann nach und nach
produkt- oder problemspezisch mit einzelnen anderen Verordnungen verdichtet werden. Ein Bei-
spiel ist die Lebensmittelbasisverordnung (EG) Nr.178/2002, die beispielsweise in Art.8 fest-
schreibt, dass es ein Ziel des Lebensmittelrechts ist, Verbrauchern „eine sachkundige Wahl“ zu
ermöglichen. Die Verordnung (EG) Nr.1924/2006 (Health Claims) bestimmt dann für den Bereich
der Gesundheitsinformationen genauer, wie dies im Detail umgesetzt werden soll.
15 Das System basiert auf einer Registrierungspicht. Deren formale Ausgestaltung ist Sache der
Mitgliedstaaten. In Deutschland dient dem ein Gewerbeschein.
8.5 Exkurs: Umstellung der Regulierungslogik auf „prinzipienbasierte Regulation“
256
Erfüllt ein Betrieb nachweislich darüber hinaus gehende Standards aus dem
„Baukastensystem“, kann er eine entsprechende Qualitätskennzeichnung führen.
Ein Modell dafür wäre wiederum das EU-Bio-Siegel: Orientiert sich ein Betrieb an
den Standards für ökologischen Landbau, so kann er ein entsprechendes EU-Siegel
für ökologische Produktion verwenden. Gehobene Standards könnten entweder für
einzelne Ziele des Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutzes sowie des Tierwohls
entwickelt werden oder für Zielbündel (z.B. „biodiversitätsfreundlich“) oder Be-
triebskonzepte (z.B. „nachhaltig“, „ökologisch“).16 In jedem Fall müssen die Stan-
dards operationalisiert und nachprüfbar sein.
Um zu gewährleisten, dass das „Baukastensystem“ sowohl den fachlichen
Standards wie den Bedürfnissen des Marktes entspricht, soll es nach dem Vorbild
von Standardisierungsorganisationen mit fachkundigen Vertretern der einschlägi-
gen europäischen Gruppen (Bauernverbände, Umweltschutzorganisationen etc.)
sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in einem paritätisch besetzten
Gremium unter der Leitung und auf Vorschlag der Kommission entworfen wer-
den. Bei der Ausgestaltung der Standards sollte auch auf bereits existierende
Marktstandards (z.B.GlobalG.A.P. oder UTZ) zurückgegriffen werden. So kann
gewährleistet werden, dass die Erzeugnisse der europäischen Landwirtschaft in-
ternational marktfähig sind, die EU-Standards anschlussfähig bleiben, das Wissen
der Standardisierungsorganisationen in den Prozess mit eingebunden wird und
auch Abwanderungs- und Leakage-Effekte durch „Outsourcing“ ins außereuropä-
ische Ausland minimiert werden.
8.5.4.3 Mögliche Verknüpfung mit dem System der Agrarzahlungen
Die über die ordnungsrechtlichen Mindeststandards hinausgehenden, freiwilligen
Standards des „Baukastensystems“ könnten mit dem landwirtschaftlichen Förder-
system verknüpft werden, so wie dies bereits bei den vielerorts gewährten Prämien
für Betriebe des ökologischen Landbaus der Fall ist. Die Knüpfung der Zahlungen
an die Erfüllung von Standards, die von fachlich kompetenten Standardisierungs-
ausschüssen erarbeitet wurden, könnte dazu beitragen, die Effektivität des Mit-
teleinsatzes zu erhöhen.
Im Bereich der Mindeststandards könnten die nachgewiesenen Mehrkosten für
Anforderungen oberhalb der Weltmarktstandards durch nanzielle Zuwendungen
ausgeglichen werden. Dafür könnten die Mittel, die derzeit in der Ersten Säule der
GAP verausgabt werden, eingesetzt werden. Diese Überlegung knüpft an die Beob-
achtung an, dass die derzeitigen Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe
u.a. als Ausgleich für die höheren Standards gegenüber der Konkurrenz von außer-
halb der EU begründet werden.
Graphisch lässt sich das hier vorgeschlagene neue System wie in Abb.8.4
darstellen.
16 Ein Beispiel im Bereich Tierwohl wäre das Beter Leven Kenmerk, das von der niederländischen
Tierschutzorganisation Dierenbescherming entwickelt wurde.
8 Skizzierung und Bewertung umweltpolitischer Strategien für eine zukünftige Agrar- …
257
In der rechtlichen Umsetzung könnte dieses Prinzip wie folgt ausgestaltet sein:
1) Rahmenverordnung:
Die Rahmenverordnung stellt den Grundsatz der Gebundenheit der Landwirte an
die in dieser Verordnung dargelegten Pichten in Form von Prinzipien auf. Daneben
enthält sie die Vermutung der Einhaltung der Prinzipien, wenn Landwirte ihren Be-
trieb an den Standards des Baukastensystems ausrichten. Darüber hinaus enthält die
Rahmenverordnung eine institutionelle Einbettung, die die Einhaltung der in der
Rahmenverordnung festgelegten Prinzipien überwacht.
a. Grundsatz und Prinzipien
Grundsatz: Landwirte dürfen nur in der EU tätig werden, wenn sie die folgenden
Prinzipien bei all ihren Tätigkeiten nachweislich erfüllen. In Anlehnung an die Regu-
lierung von gefährlichen Stoffen auf EU-Ebene (REACH) kann eine solche Einhal-
tung von Prinzipien an eine Registrierungspicht geknüpft sein. Damit ist sogleich
ein Durchsetzungsmechanismus integriert, da die Registrierung bei Nicht-Einhal-
tung der Prinzipien entzogen werden kann.
Eine Beispielformulierung wäre:
Art.1 Registrierungspicht
Jeder landwirtschaftliche Betrieb in der EU muss registriert sein. Die Regis-
trierung ermächtigt den Betrieb zu gewerblichen landwirtschaftlichen Tätig-
keiten in der EU.
Art.2 Inhalt der Registrierungspicht
Die Registrierung wird geknüpft an die Erfüllung der nachfolgenden Prinzi-
pien. Erfüllt der landwirtschaftliche Betrieb diese Prinzipien nicht, erlischt
seine Registrierung.
Prinzipien
Gesetzlicher Mindeststandard
Basiszuwendung
B
o
x
1
B
o
x
2
B
o
x
3
B
o
x
4
B
o
x
5
Abb. 8.4 Mögliche Struktur einer prinzipienbasierten Regulierung für den Agrarsektor. (Quelle:
Eigene Darstellung)
8.5 Exkurs: Umstellung der Regulierungslogik auf „prinzipienbasierte Regulation“
258
Prinzipien: Die Prinzipien werden dem Vertrag über die Europäische Union
(EUV), dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), der
Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der europarechtlichen Recht-
sprechung, den einschlägigen Sekundärrechtsakten und dem WTO-Recht entnom-
men. Die Prinzipien im AEUV und EUV sind nur an Mitgliedstaaten und Organe
der EU gerichtet. Die Rahmenverordnung soll diese Ziele als Prinzipien für die
Tätigkeit der Landwirte anwendbar fortschreiben. Im Einzelnen sind dies insbe-
sondere folgende Prinzipien:
die in Art.39 AEUV genannten;
hohes Umwelt-, Verbraucherschutz- und Gesundheitsniveau;
freier Warenverkehr;
Vorsorgeprinzip;
Verursacherprinzip;
Wissenschaftlichkeitsprinzip;
Tierwohl;
Nachhaltigkeit.
Eine Beispielformulierung für ein Prinzip ist:
b. Konformitätsvermutung
Grundsätzlich steht es landwirtschaftlichen Betrieben frei, auf welche Weise sie
diese Ziele erreichen. Die relative Unbestimmtheit der Prinzipien und deren
Zielkonikte untereinander lassen dem Landwirt zwar einen erheblichen schöp-
ferischen Spielraum, der von besonders unternehmerfreudigen Landwirten und
oder Landwirten, deren Geschäft nur wenig risikobehaftet ist, genutzt werden
kann. Allerdings belässt dieses System Landwirte auch mit einer erheblichen
Rechtsunsicherheit. Um einerseits den Raum für unternehmerische Freiheit
(und Verantwortung) nicht zu beschneiden und um andererseits Rechtssicher-
heit zu bieten, enthält die Verordnung eine Klausel, die unter bestimmten Be-
dingungen die Vereinbarkeit der Tätigkeit des Landwirts mit diesen Prinzipien
vermutet.
Eine Beispielformulierung wäre:
Art.4 Hohes Umweltschutzniveau
Jeder in der EU tätige landwirtschaftliche Betrieb muss sicherstellen, dass er
bei all seinen Tätigkeiten ein hohes Umweltschutzniveau erreicht.
Art.10 Konformitätsvermutung
Das Sicherstellen mit den oben genannten Prinzipien wird vermutet, wenn der
Landwirt seine Tätigkeit an dem in Verordnung (EU) XXX/XXX festgelegten
System ausrichtet.
8 Skizzierung und Bewertung umweltpolitischer Strategien für eine zukünftige Agrar- …
259
c. Verordnung über das „Baukastensystem“
Eine Verordnung legt das „Baukastensystem“, die entsprechenden Standards und
wie sie entwickelt werden sowie die Bedingungen für die Vergabe von Kennzeich-
nungen fest. Das „Baukastensystem“ orientiert sich an den Berufsbildern am Markt
und entwirft entsprechende Standards für diese Berufsbilder.
Eine Beispielformulierung wäre:
Die Standards selbst werden durch zu bildende Standardisierungsausschüsse17 ent-
wickelt, deren Zusammensetzung sich nach EU-Recht richtet und Vertreter der be-
troffenen Marktbereiche umfasst. Die von diesen Ausschüssen entwickelten Stan-
dards werden im Anhang zur Verordnung veröffentlicht.
Die Qualitätssiegel sollen von der EU unter Zuhilfenahme verhaltenswissen-
schaftlicher Erkenntnisse entworfen und in der Verordnung festgelegt werden.
d. Einbettung in ein Haftungssystem
Der hier vorgeschlagene „Neue Ansatz“ der GAP kann, ähnlich den Regelungen
des „Neuen Ansatzes“ im Produktsicherheitsrecht, in ein Haftungssystem einge-
bettet werden. Im Unterschied zum „Neuen Ansatz“ enthält das hier vorgeschla-
gene System jedoch eine Registrierungspicht. Dadurch ist bereits ein Durchset-
zungselement mit eingebaut. Darüber hinaus besteht auf EU-Ebene schon heute
ein verschuldensunabhängiges Haftungssystem für Agrarprodukte, welches zum
einen durch die Umwelthaftungsrichtlinie und zum anderen durch die Produktsi-
cherheitsrichtlinie18 gewährleistet ist, ohne jedoch, wie im Produktsicherheitsrecht,
Landwirten eine Beweislastumkehr durch einen „Neuen Ansatz“ zu ermöglichen.
Der hier vorgeschlagene Weg würde dieses Versäumnis wett machen und somit das
17 Diese könnten beispielsweise nach dem Vorbild des TÜV organisiert werden. Die Zusammenset-
zung sollte staatlich geregelt sein, um eine breite Einbindung der relevanten Expertise sicherzu-
stellen. Eine staatliche Finanzierung wäre gerechtfertigt, da die Standardisierungsausschüsse die
effektive Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben unterstützen sollen.
18 Richtlinie 1999/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Mai 1999 zur Ände-
rung der Richtlinie 85/374/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvor-
schriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte, ABl L 141 vom 04.06.1999,
S.20–21, hat die Haftung der ProdukthaftungsRL ausdrücklich auch auf landwirtschaftliche Er-
zeugnisse erweitert.
Art.7 Berufsbilder
(1) Nachhaltig wirtschaftender Betrieb
Als „Nachhaltig wirtschaftender Betrieb“ darf sich bezeichnen, wer die Stan-
dards EN346, EN568 und EN789 aus dem „Baukastensystem“ erfüllt.
(2) Ökologisch wirtschaftender Betrieb
Als „Ökologisch wirtschaftender Betrieb“ darf sich bezeichnen, wer zusätzlich
die Standards EN347, EN569 und EN790 aus dem „Baukastensystem“ erfüllt.
8.5 Exkurs: Umstellung der Regulierungslogik auf „prinzipienbasierte Regulation“
260
Haftungsrisiko von Landwirten, welche die geprüften Standards erfüllen, deutlich
verringern. Die entsprechenden Richtlinien müssten sodann an den „Neuen An-
satz“ angepasst werden.
e. Institutionelle Einbettung
Eine europäische Behörde wird mit der Verwaltung der Registrierung der Landwirte
sowie der Administration und Weiterentwicklung des „Baukastensystems“ betraut.
Diese Verwaltung kann entweder an eine existierende Behörde angegliedert (bspw.
EFSA in Parma) oder durch eine neu zu gründende Agentur übernommen werden.
Die Kontrolle und Implementation erfolgt weiterhin durch nationale Behörden. Zu-
sätzlich sind privilegierte Klagebefugnisse für Mitbewerber oder Verbände denkbar,
um die Einhaltung der Mindeststandards durch gerichtliche Kontrolle zu ankieren.
8.5.5 Kompetenzgrundlage
Rechtlich kann ein solcher Ansatz auf der Kompetenznorm des Art.114 AEUV ge-
stützt werden. Die aufgrund von Art.114 AEUV erlassenen Akte müssen unter ande-
rem der Verwirklichung der Ziele des Art.26 AEUV dienen. Demnach müssen die
Maßnahmen gem. Art.26 Abs.2 AEUV vor allem die Grundfreiheiten verwirklichen.
Im Vergleich zum „Neuen Ansatz“ besteht bei der hier vorgeschlagenen Lösung die
Besonderheit, dass nicht nur Produkte und damit „Waren“ im Sinne der Warenver-
kehrsfreiheit, sondern auch Dienstleistungen der Landwirte, also beispielsweise Um-
weltschutzdienstleistungen, im Sinne der Dienstleistungsfreiheit geregelt werden. Ist
der Anwendungsbereich mehrerer Grundfreiheiten berührt, so sind diese Grundfrei-
heiten grundsätzlich nebeneinander anwendbar. Lässt sich indes aus der Verletzungs-
handlung der Grundfreiheit und der Zielrichtung der Maßnahme des Verpichteten im
Schwerpunkt die Verletzung einer Grundfreiheit zuordnen, so ist der Anwendungsbe-
reich der anderen Grundfreiheit erst gar nicht eröffnet (Purnhagen 2011, S.225f.). Wo
der Schwerpunkt der Regelung bei den hier vorgeschlagenen Verordnungen liegt, ist
nicht ohne Weiteres zu bestimmen. Sollte der Schwerpunkt auf der Regelung der Pro-
dukte liegen, so kann ohne Weiteres die Rechtsprechung zum „Neuen Ansatz“ zu
Art.114 AEUV auf die hier vorliegenden Rechtsakte übertragen werden. Sollte der
Schwerpunkt auf Dienstleistungen liegen, ist fraglich, ob die Rechtsprechung zum
„Neuen Ansatz“ auch hierauf bezogen werden kann. Grundsätzlich ist hier wohl eher
davon auszugehen, dass die Anwendungsbereiche mehrerer Grundfreiheiten berührt
sind und daher beide nebeneinander anzuwenden sind.
8.5.6 Schlussfolgerung und Ausblick
Ein „Neuer Ansatz“ zur Regulierung in der GAP könnte geeignet sein, die Haftungs-
risiken für Landwirte und die mit dem derzeitigen System einhergehende Bürokratie
zu verringern und die GAP an die veränderten Gegebenheiten im Binnenmarktrecht
8 Skizzierung und Bewertung umweltpolitischer Strategien für eine zukünftige Agrar- …
261
anzugleichen. Die parallele Entwicklung der privaten Standardisierung könnte in das
System integriert werden, indem beispielsweise private Standards durch die Stan-
dardisierungsausschüsse anerkannt werden. Das „Baukastensystem“ könnte es den
Landwirtinnen und Landwirten erleichtern, sich durch klar denierte Qualitätssiegel
auf dem Markt als Qualitätsbetrieb international zu positionieren. Sie bekämen mehr
Freiraum in der Gestaltung ihrer betrieblichen Abläufe bei gleichzeitiger Möglichkeit
zur Spezialisierung und Haftungsbeschränkung. Das System von Standardisierungs-
ausschüssen, Registrierungspicht und Zertizierungsmöglichkeit für landwirtschaft-
liche Tätigkeiten würde eine angemessene Partizipation der Marktteilnehmer bei der
Standardisierung erlauben. Für die genauere Ausgestaltung des „Baukastensystems“
könnte die EU auf die Erfahrung der Mitglieder der neu zu schaffenden Standardisie-
rungsorganisationen zurückgreifen, die mit Vertretern der jeweiligen fachkundigen
Kreise besetzt sein sollten.
Eine Umstellung der Regulierungsregimes des Agrarsektors auf prinzipienba-
sierte Regulierung könnte auch das Versprechen einlösen, dass die Direktzahlungen
der Ersten Säule der GAP dabei helfen, in der EU ein höheres Niveau des Umwelt-
und Verbraucherschutzes im Vergleich zu den Wettbewerbern von außerhalb der EU
zu ermöglichen. Die von den Standardisierungsausschüssen erarbeiteten Standards
lassen sich direkter mit Schätzungen des typischen betrieblichen Aufwands ver-
knüpfen als etwa ein Umweltzustandsindikator. Insofern ließen sich auch die even-
tuellen Mehrkosten der ordnungsrechtlich festgeschriebenen Minimalstandards im
Vergleich zur Importkonkurrenz von außerhalb der EU, die gegebenenfalls eine
pauschale Basisprämie für alle landwirtschaftlichen Betriebe rechtfertigen könnten,
vergleichsweise systematisch und transparent ableiten. In jedem Fall wäre eine sol-
che pauschale Basisprämie bei prinzipienbasierter Regulierung mindestens so sys-
tematisch mit den regulatorischen Anforderungen verknüpft wie im derzeitigen
Cross-Compliance-System. Dessen maßnahmenorientierter Ansatz und hoher ad-
ministrativer Aufwand würden jedoch durch ein erfolgs- und haftungsorientiertes
System ersetzt.
Insgesamt könnte die Umstellung auf das System einer prinzipienbasierten Regu-
lierung für den Agrarsektor also zu einer erheblichen Verbesserung der Effektivität
und Efzienz des Natur-, Umwelt-, Verbraucher- und Tierschutzes bei gleichzeitiger
Verminderung der administrativen Komplexität führen. Eine weitere Ausarbeitung
des Ansatzes erscheint vielversprechend.
8.6 Bewertung der Optionen
Die Optionen 1 bis 3 zeigen alternative strategische Entwicklungsrichtungen der Ag-
rarpolitik auf, die dazu beitragen könnten, dass sich die deutsche Agrarwirtschaft dem
Leitbild einer multifunktionalen, natur- und umweltverträglichen Landwirtschaft an-
nähert. In Option 1 dienen die betrieblichen Direktzahlungen als Hebel, die Natur-
schutz- und Umweltleistungen in der EU ächendeckend zu verbessern. Der wich-
tigste Mechanismus ist hier die Erhöhung der Anforderungen zunächst im Greening
8.6 Bewertung der Optionen
262
und perspektivisch eventuell auch im GLÖZ.In Option 2 werden Verbesserungen der
Naturschutz- und Umweltqualität vor allem durch zusätzliche und anspruchsvollere
freiwillige Leistungen im Rahmen von AUK-Maßnahmen erbracht, für die durch Re-
duktion der Direktzahlungen mehr Mittel zur Verfügung stehen. Hinzu kommt ein
möglicher Naturschutz- und Umwelt-Mehrwert der Greening- Maßnahmen, wenn
diese national oder regional und damit angepasster programmiert würden. Option 3
integriert das System von Direktzahlungen, freiwilligen Maßnahmen und Ordnungs-
recht zu einem aufeinander aufbauenden Stufensystem. Verbesserte Naturschutz- und
Umweltleistungen werden hier angestrebt durch die Kombination verpichtender
Auagen, ächendeckender Zahlungen zur Honorierung von landschaftlicher Viel-
falt, standortbezogener Zahlungen zur Aufrechterhaltung der Landwirtschaft in von
großächiger Aufgabe bedrohten Gebietskulissen, ächendeckender freiwilliger
„hellgrüner“ Maßnahmen sowie regional/standörtlich angebotener freiwilliger „dun-
kelgrüner“ AUK-Maßnahmen.
Eine vergleichende Bewertung kann an dieser Stelle lediglich abschätzenden
Charakter haben. Denn sowohl die politische Zustimmungsfähigkeit wie die tat-
sächlichen Effekte der strategischen Optionen hängen von ihrer Ausgestaltung im
Detail ab. An dieser Stelle werden die oben dargestellten Befunde im Hinblick auf
die Machbarkeit, die Effektivität hinsichtlich der Erreichung von Natur- und Um-
weltschutzzielen sowie die Implikationen und Akteurskoalitionen in vergleichender
Absicht verdichtet.
8.6.1 Machbarkeit
Option 1 stellt eine inkrementelle Weiterentwicklung des bisherigen Entwicklungs-
pfads der GAP dar, bei dem die etablierten politischen Instrumente im Zeitablauf
anspruchsvoller ausgestaltet werden. Konsequent fortgeführt, eröffnet sie die Per-
spektive eines kumulativen Paradigmenwechsels zu einer nachhaltigen, multifunk-
tionalen Landwirtschaft.
Bei Option 2 handelt es sich zunächst zwar ebenfalls um eine Weiterentwick-
lung der bisherigen GAP, die Rückführung der Direktzahlungen und das hohe Ge-
wicht national und regional programmierter Maßnahmen stellen jedoch erhebliche
Veränderungen dar. Die starke Dezentralisierung der Ausgestaltung der Maßnah-
men erfordert, dass in den nationalen und regionalen Implementationsprozessen
die Anliegen des Natur- und Umweltschutzes in eine starke Position gebracht wer-
den. Die Erfahrungen mit der Umsetzung der Greening-Maßnahmen zeigen, dass
hier Vorkehrungen zu treffen wären, um einer möglichen „Verwässerung“ entge-
genzuwirken sowie der Präferenz der Verwaltungen für einfache, bekannte Maß-
nahmen mit planmäßigem Mittelabuss und geringem Anlastungsrisiko Rechnung
zu tragen. Dabei käme den Notizierungsverfahren eine wesentliche Bedeutung
zu. Ein Erfolg dieser Strategie setzt außerdem voraus, dass die durch den Abbau
der Direktzahlungen frei werdenden Mittel in erheblichem Umfang in natur- und
umweltorientierte Maßnahmen und Programme ießen. Der Sicherung der dafür
8 Skizzierung und Bewertung umweltpolitischer Strategien für eine zukünftige Agrar- …
263
zur Verfügung stehenden Mittel kommt bei dieser Option erhebliche Bedeutung
zu, insbesondere auch dann, wenn die AUK-Maßnahmen konanziert werden
müssten. Die regionale und ggf. lokale Programmierung kann zusätzlichen büro-
kratischen Aufwand bedeuten.
Option 3 läuft auf eine Überwindung der historisch kontingenten Zwei- Säulen-
Architektur der GAP hinaus. Sie ersetzt das „Gießkannensystem“ durch ein mehrstu-
ges System leistungsbezogener Honorierung der einzelbetrieblich erbrachten öko-
logischen Leistungen. Die Förderungsstruktur knüpft am bestehenden System der
Agrarverwaltung an, nutzt aber konsequent Fernerkundung und GIS- Technologien
zur Verwaltungsvereinfachung. Dies setzt aber eine wissenschaftliche Begründung
der Algorithmen für die EU-weite Kompensierung von Standortnachteilen und Ho-
norierung landschaftlicher Vielfalt sowie eine proaktive Regelung eventueller Daten-
schutz-Probleme voraus. Die Option erfordert also eine intensive konzeptionelle
Vorbereitung.
8.6.2 Effektivität und Efzienz
Es ist plausibel, dass Option 1 zu deutlichen Verbesserungen im Natur- und Um-
weltschutz beiträgt, wenn das Greening anspruchsvoller wird. Allerdings verspricht
diese Option eine lediglich inkrementelle Verbesserung der Probleme der mangeln-
den Zielgenauigkeit und der Überkompensierung der derzeitigen Direktzahlungen.
Option 2 hat ein großes Potenzial, durch Verschiebung der Finanzmittel von den
Direktzahlungen zu stärker zielorientierten Maßnahmen die Effektivität und Ef-
zienz des Mitteleinsatzes zu erhöhen. Allerdings besteht die Gefahr, dass Betriebe
mit hohen Opportunitätskosten für Agrar- und Umweltleistungen aus allen freiwil-
ligen Programmen, inklusive GLÖZ und Greening, aussteigen. Daher kommt in
dieser Option einer wirksamen Ausgestaltung und Implementation der Mindest-
standards des Natur- und Umweltschutzes im ordnungsrechtlichen Rahmen eine
besondere Bedeutung zu. Dennoch könnte es in dieser Option zu Verschlechterun-
gen des Natur- und Umweltzustands vor allem in hoch produktiven Regionen kom-
men, wenn hier nicht attraktive Alternativen angeboten werden. Bei entsprechen-
der Mittelausstattung kann in dieser Option aber der Aspekt der Leistungserbringung
in Intensivregionen besser adressiert werden als bisher. Außerdem könnten die
Koordinierungsmöglichkeiten verbessert werden. Letztlich hängt die Realisierung
des Effektivitäts- und Efzienzpotenzials der Option 2 von einer Vielzahl dezen-
traler Entscheidungen im Implementationsprozess ab.
Option 3 könnte bei guter Vorbereitung und systematischer Umsetzung das
höchste Potenzial zur Verbesserung der Effektivität und Efzienz im Sinne der Ziele
des Natur- und Umweltschutzes haben. Das aufeinander aufbauende System von
verpichtenden Anforderungen sowie allgemeinen und regionsspezischen freiwil-
ligen Maßnahmen (mit gestaffelter nanzieller Kompensation) ermöglicht eine ziel-
genaue Programmierung. Die neuartigen Prämien zum Erhalt der Landschaftsviel-
falt würden direkt an einem wesentlichen Ziel der Politik für den ländlichen Raum
8.6 Bewertung der Optionen
264
ansetzen und zugleich die Voraussetzungen für den Schutz der biologischen Vielfalt
ächendeckend verbessern.
Im Ergebnis sind Differenzierungen der von den Betrieben erbrachten Leistun-
gen innerhalb einer Region sowie die Nicht-Teilnahme von Betrieben in intensiv
genutzten Regionen an freiwilligen Maßnahmen wahrscheinlich. Daher kommt
auch hier den gesetzlichen Mindeststandards und ihrer Durchsetzung große Bedeu-
tung zu. Vorbehaltlich der Ergebnisse von Machbarkeitsstudien ist anzunehmen,
dass der Kontroll- und Verwaltungsaufwand deutlich geringer sein könnte als in
Option 2, vor allem wenn freiwillige Maßnahmen grundsätzlich über einen mehr-
jährigen Zeitraum vereinbart würden.
8.6.3 Akteurskoalitionen
Option 1 verbleibt durch den inkrementellen Ansatz im Rahmen des derzeitigen
agrarpolitischen Pfads. Dies begrenzt die Ungewissheit für alle Beteiligten, insbe-
sondere die landwirtschaftlichen Betriebe und die mit der Implementierung betrau-
ten Verwaltungsapparate. Hinter dieser Option könnte sich daher eine moderate
Reformkoalition bilden, wenn die Nutznießer der Direktzahlungen den Eindruck
gewinnen, dass erhöhte Gegenleistungen notwendig sind, um deren Fortführung
gesellschaftlich zu legitimieren.
Option 2 folgt mit dem Ansatz, die Zweite Säule der Agrarpolitik auf Kosten der
Ersten Säule zu stärken, einer langjährigen Forderung vieler Vertreter des Natur- und
Umweltschutzes. Von dieser Seite wird allerdings auch die Bedeutung der Direkt-
zahlungen betont, um eine Aufrechterhaltung der Landwirtschaft an Marginalstand-
orten und– über Cross Compliance und Greening– Verbesserungen in den Intensiv-
regionen zu erreichen. Option 2 sieht für beide Ziele Ansätze vor, die zielgenauer und
efzienter sein könnten. Die erhöhten nationalen und regionalen Gestaltungsspiel-
räume könnten für viele Akteure in den Mitgliedstaaten attraktiv sein. Sie werden
auch von vielen Umweltverbänden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-
lern gefordert. Die Unsicherheiten über die Instrumentierung und die Verteilungswir-
kungen sowie die konsequentere Kopplung von Zahlungen an nachweisbare Gegen-
leistungen könnten zu Widerständen aus den Reihen der Agrarwirtschaft führen.
Option 3 würde die deutlichste Transformation der bisherigen Agrarpolitik dar-
stellen. Sie könnte für eine Koalition aus Agrarwirtschaft einerseits und Natur- und
Umweltschutz andererseits attraktiv sein, wenn es gelingt, überzeugend glaubhaft zu
machen, dass die angestrebten Vereinfachungen der Verwaltungsabläufe tatsächlich
erreicht und die Bewertung einer Reihe von Umweltleistungen über GIS- gestützte
Daten fachlich begründet werden können. Solange die Verteilungswirkungen dieser
Option nicht klar sind, ist jedoch mit erheblichen politischen Widerständen zu rech-
nen. Eine detaillierte Operationalisierung der konzeptionellen Grundlagen, Studien
zur Machbarkeit und den Effekten sowie ggf. begleitende Instrumente zur Kanalisie-
rung der Verteilungseffekte zwischen Mitgliedstaaten und Regionen dürften daher
wesentlich sein, um die notwendige politische Unterstützung zu gewinnen, diese
Option auf die Reformagenda zu setzen.
8 Skizzierung und Bewertung umweltpolitischer Strategien für eine zukünftige Agrar- …
265
8.7 Fazit
Die Formulierung von drei strategischen Entwicklungsoptionen für die Agrarpolitik
diente dazu, den möglichen Handlungsraum für die weitere Entwicklung der Agrar-
politik in verdichteter Weise zu beschreiben. Eine frühere Fassung der drei Optio-
nen wurde der Projektbegleitenden Arbeitsgruppe Ende Juli 2016 vorgelegt. Die
Priorisierung einer dieser Optionen stellte eine politische Aufgabe dar. Die wissen-
schaftliche Analyse der Voraussetzungen und Implikationen kann dabei zwar die
Wissensgrundlagen einer solchen Entscheidung verbessern, diese aber nicht in die
Sphäre einer wertfreien Expertenhandlung transferieren. Daher war es im Ablauf
des Projekts von großer Bedeutung, dass die Auswahl derjenigen Option, die der
Formulierung der Politikpapiere zugrunde gelegt werden sollte, durch die Auftrag-
geber vorgenommen wird.
Nach ausgiebiger Diskussion votierte die Projektbegleitende Arbeitsgruppe im
September 2016 dafür, die Option 3 zur Grundlage des Policy-Papers (Kap.2) zu
machen. Im Verlauf der Erarbeitung dieser Papiere wurde die ausgewählte Option
weiter kondensiert und verdichtet. Die „neue Architektur“ für die Agrarpolitik, die
im Policy-Paper vorgeschlagen wird, basiert daher auf Option 3, ist aber zugleich
eine Weiterentwicklung und stärker politikorientierte Prolierung.
Mit der Formulierung der strategischen Handlungsoptionen und der Politikpa-
piere waren die Aufgaben des Projekts abgeschlossen. Die folgende Schlussbe-
trachtung reektiert den Verlauf und die Ergebnisse des Projekts und formuliert
Desiderata für die weitere Forschung.
Open Access Dieses Kapitel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 Internatio-
nal Lizenz (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de) veröffentlicht, welche die Nut-
zung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und For-
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gibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht
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aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers
einzuholen.
8.7 Fazit
267© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en) 2019
P. H. Feindt et al., Ein neuer Gesellschaftsvertrag für eine nachhaltige
Landwirtschaft, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58656-3_9
Kapitel 9
Schlussbetrachtung
9.1 Verwirklichung des inter- und transdisziplinären
Anspruchs
Das Projekt ZA-NExUS war ein dezidiert inter- und transdisziplinäres Projekt an der
Schnittstelle von Wissenschaft und Politik. Weder die spezische interdisziplinäre
Zusammensetzung des Forschungskonsortiums noch der enge, an der politischen
Dynamik einer langfristigen, großskaligen politischen Reformdiskussion orientierte
Zeitplan entsprachen den etablierten Routinen wissenschaftlichen Arbeitens. Das
Hauptziel des Projekts war es, wissenschaftlich basierte Optionen für die künftige
Ausgestaltung der Agrarpolitik aus der Perspektive des Natur- und Umweltschutzes
zu formulieren und in die öffentliche und politische Diskussion einzubringen. Für die
wissenschaftliche Basierung was es notwendig, einen ausgeprägt interdisziplinären
Ansatz zu wählen. Es wurde daher ein Konsortium gebildet, das Sachverstand aus
den Bereichen Ökologie und Umweltwissenschaften, Agrar- und Ressourcenökono-
mie, Systemanalyse, Rechtswissenschaften sowie Politik- und Kommunikationswis-
senschaften in einer seltenen Konstellation kombinierte. Die Disziplinen übergrei-
fende Verständigung wurde durch eine Reihe von Brückenkonzepten sowie einen
geteilten systemischen Ansatz ermöglicht. Sie erforderte Dialogfähigkeit, ermög-
lichte aber auch ein „Thinking out of the box“. Wichtig war der Anspruch, neue und
innovative Konzepte, die noch nicht im Mainstream der politischen Debatte ange-
kommen sind, aufzunehmen und weiterzuentwickeln. Der laufenden Qualitätssiche-
rung dienten dabei die fünf Peer Reviewer, die langjährige Erfahrung in der wissen-
schaftlichen Politikberatung einbrachten und an mehreren Punkten intensive kritische
Rückmeldungen zu Zwischen- und vorläugen Endergebnissen gaben.
Transdisziplinarität ist ein Prinzip integrativer Forschung, das auf die methodische
Verbindung von wissenschaftlichem und praktischem Wissen abzielt (Gibbons etal.
1994). Transdisziplinäre Forschung geht von komplexen gesellschaftlichen Proble-
men aus, beinhaltet sowohl interdisziplinäre Zusammenarbeit wie Kooperation zwi-
schen Wissenschaft und Gesellschaft und ermöglicht wechselseitige Lernprozesse
268
(Jahn etal. 2012). Der transdisziplinäre Charakter des ZA-NExUS- Projekts er-
gibt sich daraus, dass in verschiedenen Formaten– Experten- und Hintergrundgesprä-
che, Experten-Workshops sowie die regelmäßigen Treffen mit einer Projektbegleiten-
den Arbeitsgruppe (PAG)– ein laufender, auf Lernen abzielender Dialog mit Personen
geführt wurde, die auf langjähriger Erfahrung beruhendes Wissen über das hier rele-
vante Praxisfeld, die Evaluierung und Formulierung von Policy-Designs, einbrachten.
Auf diese Weise konnte das wissenschaftliche Team, das aufbauend auf der interdis-
ziplinären Problemanalyse Lösungsansätze formulierte, die Problemlagen und Hand-
lungsbedingungen aus Sicht der praktischen Politikgestaltung systematisch in die
Projektarbeit einbeziehen. Dies trug wesentlich dazu bei, die Anschlussfähigkeit der
Überlegungen aus dem wissenschaftlichen Ideenraum an die politische Diskussion
sicherzustellen. Vor allem die regelmäßigen intensiven Diskussionen in der PAG er-
möglichten wechselseitige Lernprozesse. Die Synthese der Diskussionsergebnisse
und die Formulierung der Schlussfolgerungen war dabei strikt die Aufgabe des Pro-
jektteams. Die Verbindung von wissenschaftlichem und praktischem Wissen wurde
insofern aus der Perspektive des wissenschaftlichen Teams vorgenommen.
Die konzeptionelle Brücke zwischen der interdisziplinären Wissenssynthese
(Kap.3 und4) und der transdisziplinären Entwicklung von Handlungsansätzen
(Kap.7 und8) bildete die SWOT-Analyse (Kap.5) und die darauf aufbauende For-
mulierung eines Leitbilds für eine zukunftsfähige Agrarpolitik (Kap.6).
Der transdisziplinäre Charakter des Projekts verstärkte sich in der letzten Pro-
jektphase, nachdem Ende Juli 2016 ein erster Entwurf des Projektberichts mit drei
alternativen strategischen Handlungsoptionen (Kap.8) vorgelegt worden war. Zu-
nächst war es Aufgabe der PAG, die politische Entscheidung zu treffen, welche der
drei Optionen in die öffentliche Diskussion eingebracht werden sollte. Im Anschluss
waren die Mitglieder der PAG durch mehrere Rückkopplungsschleifen intensiv in
die Erarbeitung des Policy-Papers (Kap.2) eingebunden. Dies war insbesondere für
die Zuspitzung und Pointierung des Papiers von großer Bedeutung. Der wissen-
schaftlichen Qualitätssicherung diente in dieser Phase eine fortgesetzte Einbindung
der Peer Reviewer.
9.2 Zusammenfassung der Aufgaben und Ergebnisse des
ZA-NExUS-Projekts
Das Projekt ZA-NExUS erfüllte sieben Aufgaben:
1. eine Synthese vorhandenen Wissens zu einer konzisen Problembeschreibung;
2. eine Analyse der politischen Mechanismen, welche einer besseren Berücksichti-
gung der Anliegen des Natur- und Umweltschutzes in der Agrarpolitik entgegen-
stehen;
3. die Identizierung von Entwicklungen und Konzepten, welche eine bessere Be-
rücksichtigung des Natur- und Umweltschutzes in der Agrarpolitik ermöglichen
könnten;
9 Schlussbetrachtung
269
4. eine verdichtete Bewertung der Stärken und Schwächen der gegenwärtigen Ag-
rarpolitik aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes;
5. die Formulierung und Operationalisierung eines Leitbilds;
6. die Formulierung und Bewertung von Handlungsempfehlungen für die Politik;
7. die Vermittlung der Ergebnisse in die öffentliche und politische Diskussion.
Die erste Aufgabe war eine Synthese vorhandenen Wissens. Zu diesem Zweck
wurde ein systematischer Überblick über die für den Natur- und Umweltschutz rele-
vanten systemischen Entwicklungen im Zusammenhang mit der landwirtschaftli-
chen Entwicklung erstellt (Kap.3). Das zwar nicht überraschende, in der Zusam-
menschau aber doch nachdrückliche Ergebnis war, dass
der Zustand vieler schützenswerter Naturressourcen nicht gut ist;
die Landwirtschaft in Deutschland durch stofiche Einträge und Flächennut-
zung erheblich zur negativen Beeinussung der Ressourcen beiträgt;
die in verschiedenen Gesetzen, Richtlinien und Strategien denierten Zielwerte
häug verfehlt werden;
in vielen Bereichen Aussagen zur Zielerreichung aufgrund der mangelnden
Datenlage oder unzureichender Operationalisierung nicht zuverlässig getrof-
fen werden können;
zu wichtigen Teilbereichen bislang gar keine Zielwerte bestehen und insofern
ein erhebliches Regelungsdezit, auch durch oft wenig ambitionierte Vorgaben,
sowie ein Vollzugsdezit vorliegen.
Die zweite Aufgabe war eine Analyse der politischen Mechanismen, welche einer bes-
seren Berücksichtigung der Anliegen des Natur- und Umweltschutzes in der Agrarpoli-
tik entgegenstehen. Die Problembeschreibung legt die Schlussfolgerung nahe, dass ein
Politikversagen beim Schutz der Natur- und Umweltressourcen vorliegt. Um dieses zu
erklären, wurde die politische Logik der GAP und des ordnungsrechtlichen Rahmens
analysiert (Abschn.4.1). Hinsichtlich der GAP wurden dabei trotz erheblicher Verände-
rungen des institutionellen Rahmens (Einbettung in GATT/WTO, Mitentscheidung des
Europäisches Parlaments bei der GAP, Ordnungsrecht), der Einführung neuer Poli-
tik-Instrumente, einer teilweisen Öffnung der agrarpolitischen Netzwerke und einer Plu-
ralisierung der agrarpolitischen Ideen und Diskurse weiterhin erhebliche Barrieren für
eine bessere Berücksichtigung des Natur- und Umweltschutzes festgestellt:
die sektorale institutionelle Verankerung der Agrarpolitik bei der DG Agri und
den Agrarministerien, wo Verbraucherschutz, Naturschutz- und Umweltanliegen
eher als Zusatzaspekte denn als Kern der Agrarpolitik verstanden werden;
die Institutionalisierung und Instrumentierung der GAP vorrangig als Einkom-
menspolitik für den Sektor;
die Priorität für Verteilungsfragen (Nettozahlerposition) bei Verhandlungen
zwischen den Mitgliedstaaten der EU;
mangelnder externer Handlungsdruck bzw. institutionelle Abpufferung der Ag-
rarpolitik gegenüber nicht-agrarischen gesellschaftlichen Problembeschreibungen;
der mit zielgenauen Maßnahmen oft verbundene Bürokratieaufwand, der solche
Maßnahmen unpopulär macht.
9.2 Zusammenfassung der Aufgaben und Ergebnisse des ZA-NExUS-Projekts
270
Diese Barrieren müssen jedoch nicht unüberwindbar sein, und sie können auch ver-
änderlich sein. Im Projekt wurden wichtige neue Entwicklungen und Konzepte
identiziert, welche eine bessere Berücksichtigung des Natur- und Umweltschutzes
in der Agrarpolitik ermöglichen könnten (dritte Aufgabe):
Institutioneller Rahmen: Erstens wandelt sich durch die europarechtliche Ein-
beziehung der GAP in das allgemeine Binnenmarktrecht die Position des land-
wirtschaftlichen Binnenmarkts von einer sektorspezischen Markteinheit mit
eigenen ausschließenden Regeln zu einem regulären Teil des Binnenmarktes.
Dadurch wird u.a. das „soziale” Binnenmarktrecht (insbesondere Umwelt- und
Verbraucherschutz) mit der Anforderung hoher Schutzstandards auch in die GAP
eingeführt. Zweitens hat der „From farm to table“-Ansatz im Verbraucherschutz
die Folge, dass sich landwirtschaftliche Produktionszweige immer mehr an der
Vermeidung von Haftungsrisiken orientieren müssen, die aus verbraucherschüt-
zenden Normen resultieren und sich auf die gesamte Wertschöpfungskette er-
strecken. Und drittens entstehen zunehmend privatrechtliche Normen und Stan-
dards, die im Zusammenspiel mit (supra-)nationalem Recht ein größeres
Regulierungspotenzial entfalten können als das nationale Recht (Abschn.4.2).
Einkommensorientierung der GAP: Die einkommenspolitischen Instrumente
der GAP könnten in Zukunft verstärkt auf den Prüfstand gestellt werden. Durch
den bevorstehenden Austritt des Nettozahlers Großbritannien aus der EU könnte
das Prinzip einer ergebnisorientierten Verwendung der Haushaltsmittel größere
Beachtung nden. Damit könnte dann die geringe einkommenspolitische Ziel-
genauigkeit der Direktzahlungen und möglicherweise sogar der Ansatz einer
sektoralen Einkommenspolitik auf EU-Ebene verstärkt problematisiert werden.
Zwischenstaatliche Verteilungslogik: Durch den Austritt Großbritanniens wird
ein Nettozahler am Verhandlungstisch für die künftige GAP fehlen, der in der
Vergangenheit stark auf eine deutlichere Ergebnisorientierung der GAP gedrängt
hatte. Dies könnte die verteilungspolitische Dimension der Verhandlungen über
die künftige GAP verschärfen.
Handlungsdruck: Neue systemische Konzepte lenken den Blick auf die u.a.
durch den Klimawandel gefährdete Resilienz vieler landwirtschaftlicher Pro-
duktionssysteme, die Resilienz von Ökosystemen, die durch die Landwirtschaft
beeinusst werden, und die Resilienz der Ernährungssicherheit. Der Handlungs-
bedarf erscheint zudem bei intersektoraler Betrachtung, etwa mittels des Kon-
zepts des Wasser-Energie-Nahrung-Nexus, dringender als bei bloß sektoraler
Sichtweise (Abschn.4.3.1 und 4.3.2). Diese Betrachtung zeigt auch die Notwen-
digkeit einer intersektoralen Kooperation und Koordination auf.
Inefziente und bürokratische Instrumente: Neuere verhaltenswissenschaftli-
che Ansätze ermöglichen die bessere Berücksichtigung psychologischer
Mechanismen, wie beispielsweise Verlust- und Kontrollaversion, Framing-
Mechanismen, Status-quo-Bias, veränderliche Präferenzen oder verinnerlichte
Werte und Normen, bei der Ausgestaltung politischer Instrumente. Dies erleich-
tert die Einbeziehung und Aktivierung nicht-monetärer Motivationen zum Natur-
und Umweltschutz, die durch Normbildungsprozesse, sozialen Druck und die
9 Schlussbetrachtung
271
Stärkung von umweltbezogenen Aspekten der Selbst-Identität von Landwirtin-
nen und Landwirten gestärkt werden können. In der Folge könnte landwirtschaft-
licher Naturschutz stärker als Lernprozess gestaltet werden, in dem Mechanis-
men wie Feedback und Selbstverpichtung, „Labeling“ oder kooperative Ansätze
eine wichtige Rolle spielen. Die Efzienz von bestehenden AUKM könnte durch
Orientierung am Konzept der Ökosystemleistungen verbessert werden, etwa
durch Targeting, Zahlungsdifferenzierung, Auktionen, ergebnisorientierte Hono-
rierung, kooperative Ansätze, Agglomerationsboni oder gesamtbetriebliche Ver-
pichtungen (Abschn.4.3.3 und 4.3.4).
Die häug nicht problemadäquate sektorale Engführung der Agrarpolitik könnte
zudem durch eine integrierte Agrar- und Ernährungspolitik überwunden werden,
bei der u.a. partizipatorische Ansätze und die systematische Einbeziehung von
Verbrauchern eine wichtige Rolle spielen würden (Abschn.4.3.5 und 4.3.6).
Darauf aufbauend wurde als vierte Aufgabe eine verdichtete Bewertung der Stärken
und Schwächen der gegenwärtigen Agrarpolitik aus Sicht des Natur- und Umwelt-
schutzes in Form einer SWOT-Analyse vorgenommen. Die Stärken der GAP ha-
ben aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes dabei eher den Charakter von Poten-
zialen: eine breite Instrumentenkiste mit einer bislang guten und verlässlichen
Finanzausstattung. Dieses Potenzial wird jedoch vor allem für eine sektororientierte
Einkommenspolitik genutzt, weil agrarpolitische Akteure und Interessen den politi-
schen Gestaltungs-, Programmierungs- und Implementationsprozess dominieren
(Schwächen). Bei einer möglichen Verschärfung der nanzpolitischen Verteilungs-
kämpfe und einer Polarisierung des politischen Klimas besteht das Risiko, dass sich
der politische Handlungsraum für den Natur- und Umweltschutz verengt. Dies
könnte die notwendigen transformativen Strategien zur Erhöhung der Resilienz der
Agrarökosysteme unmöglich machen– mit erheblichen Risiken für die Ernährungs-
sicherheit, die Landwirtschaft und die Natur- und Umweltgüter. Demgegenüber
könnte die Verankerung des Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutzes sowie des
Tierwohls als Legitimationsgrundlage für die Agrarzahlungen die Chance eröffnen,
die mangelnde Ergebnisorientierung der tatsächlich implementierten Politik aufzu-
zeigen und den rechtlichen Anforderungen an ein hohes Schutzniveau im Binnen-
markt besser zur Geltung zu verhelfen. Neue systemische, partizipatorische und
verhaltenswissenschaftliche Ansätze könnten in Kombination mit Innovationen im
Bereich der Fernerkundung und der IT wesentlich effektivere und efzientere
Policy- Designs ermöglichen.
Ausgehend von der SWOT-Analyse war die fünfte Aufgabe, ein Leitbild zu
formulieren und zu operationalisieren. Diese wurde in die Frage nach dem Was
und dem Wie aufgeteilt. Die Frage nach dem Was adressiert das agrarpolitische
Leitbild für eine multifunktionale, natur- und umweltverträgliche Landwirt-
schaft, die eine ächendeckende Landwirtschaft umfasst, welche zu einer vielfäl-
tigen Kulturlandschaft beiträgt, die Tragfähigkeit der ökologischen Systeme be-
achtet und die ökosystemaren Dienstleistungen erhält. Auf die Frage nach dem Wie
antworten die 15 Leitlinien einer zukunftsfähigen Agrarpolitik, welche die
Landwirtschaft bei der Erfüllung ihrer unterschiedlichen, auf die Produktion und
9.2 Zusammenfassung der Aufgaben und Ergebnisse des ZA-NExUS-Projekts
272
das Gemeinwohl ausgerichteten Aufgaben in effektiver und efzienter Weise un-
terstützt. Die Leitlinien wurden im weiteren Verlauf des Projekts bei der Formulie-
rung des Policy-Papers weiter verdichtet. Ausgehend von dem Leitbild und den
Leitlinien wurden 13 Dilemmata und Zielkonikte identiziert, die aufzeigen,
dass eine zukunftsfähige Agrarpolitik Spannungen und Widersprüche aushalten
muss und es keine einfachen, linearen Lösungen geben kann. Im nächsten Schritt
wurden die verschiedenen Aussagen des Leitbilds mit qualitativen und quantita-
tiven Zielwerten unterlegt und ein Soll-Ist-Vergleich mit der derzeitigen Situa-
tion vorgenommen. Auf dieser Basis wurden drei prioritäre Problemkomplexe
identiziert: Stoffeinträge in Boden, Wasser und Luft inklusive Klimagase und
Arzneimitteleinträge; Wirkungen der Flächennutzung; Implementations-, Partizi-
pations- und umweltorientierte Innovationsdezite. Abschließend wurde die der-
zeitige Agrarpolitik mit den agrarpolitischen Leitlinien abgeglichen. Dabei zeigte
sich, dass sich für alle Leitlinien zwar bereits Ansätze nden lassen, dass diese
aber nicht hinreichend entwickelt oder noch nicht hinreichend wirksam sind. Ne-
ben den bereits oben genannten Problemen– geringe Zielgenauigkeit der Zuwen-
dungen, Regelungs- und Vollzugsdezite, Bürokratielasten und Dezite bei der
Einbindung der Verbraucherinnen und Verbraucher– soll an dieser Stelle die man-
gelnde systemische Ausrichtung hervorgehoben werden (vgl. Tab.6.2):
zu geringe Berücksichtigung kumulativer Auswirkungen der vorherrschenden
landwirtschaftlichen Praktiken;
Dezite bei der Übersetzung des Verursacher-, Kooperations-, Vorsorge-, Vor-
sichts- und Nachhaltigkeitsprinzips ins Fachrecht und dessen Implementierung;
geringe Verbreitung einer Resilienzorientierung im Gegensatz zur Orientierung
an Produktivitäts- und Produktionssteigerung;
Konzepte zur umfassenden Resilienzbewertung für landwirtschaftliche Produk-
tionssysteme und Betriebe sind noch im frühen Forschungs- und Entwicklungs-
stadium;
unzureichende Transparenz der Umweltmerkmale von Produkten und der Um-
weltleistungen von Produzenten;
private Standards und Labels setzen selektiv an wenigen gut kommunizierbaren
Elementen an;
fehlende Mechanismen zur Adressierung von Problemen auf den relevanten
räumlichen (z.B.Wassereinzugsgebiete) und zeitlichen Skalen;
starke Verbesserungspotenziale zur regionalen Vernetzung von Akteuren sowie
zu einer verbesserten dialogischen Kommunikation;
starke Verbesserungspotenziale für eine ächendeckende Verankerung ökologi-
scher Zusammenhänge als integraler Bestandteil des Lernens über landwirt-
schaftliche Produktionsmethoden und -systeme;
Verbesserungsmöglichkeiten für den Transfer zwischen Forschung und landwirt-
schaftlicher Praxis.
Auf Basis der Problembeschreibung und -bewertung, des Leitbilds und der De-
zitanalyse wurden Handlungsempfehlungen für die Politik formuliert und bewer-
tet (sechste Aufgabe). Dies geschah auf den zwei Ebenen der agrarpolitischen
9 Schlussbetrachtung
273
Instrumente („Bausteine“, Kap.7) einerseits sowie alternativer strategischer
Optionen (Kap.8) andererseits. Auf der Ebene der „Bausteine“ wurden Entwick-
lungsmöglichkeiten beim Ordnungsrecht und den gesetzlichen Mindeststandards
für die landwirtschaftliche Praxis (Abschn.7.1), mögliche Varianten zur Entwick-
lung des Budgets der Agrarpolitik (Abschn.7.2), der Direktzahlungen (Abschn.7.3)
sowie regional und standörtlich ausgerichteter Zahlungen (Abschn.7.4), nicht-
staatliche Standards und Ko-Regulierung (Abschn.7.5), Monitoring- und Sank-
tionssysteme (Abschn.7.6) sowie unterstützende Elemente wie Beratung und ver-
braucherorientierte Maßnahmen (Abschn.7.7) diskutiert.
Anschließend wurden drei alternative strategische Optionen formuliert, die
verschiedene mögliche Entwicklungsrichtungen der GAP zu mehr Natur- und Um-
weltschutz skizzieren. Die Optionen wurden im Hinblick auf ihre Anschlussfähig-
keit, Machbarkeit, Implikationen und mögliche Akteurskoalitionen bewertet. Alle
drei Optionen beinhalten im Vergleich zur gegenwärtigen Situation ergänzte Min-
deststandards, Maßnahmen zur Verbesserung der Kontrollen und zur Reduzierung
der Bürokratie durch Nutzung neuer digitaler und GIS-gestützter Informations-
systeme, verbesserte Beratung und Unterstützung der Landwirte und Landwirtin-
nen sowie ein besser für laufende Lernprozesse geeignetes Monitoring- und Eva-
luationssystem. Alle Optionen können eine zeitliche Entwicklung aufweisen, in
deren Verlauf das Anforderungsniveau ansteigen kann, um die Möglichkeiten des
wissenschaftlichen und technologischen Fortschritts sowie die zu erwartende zu-
nehmende Knappheit an Umweltgütern zu reektieren.
Auf dieser Basis setzt die erste Option auf eine effektivere Verknüpfung der
Direktzahlungen in der Ersten Säule mit Anforderungen und Leistungen des
Natur- und Umweltschutzes, so dass auch die Programme in der Zweiten Säule
anspruchsvoller gestaltet werden können. Dies stellt eine moderate Reformoption
dar, die technisch machbar und politisch möglich erscheint, aber aus Sicht des Na-
tur- und Umweltschutzes nicht hinreichend geeignet ist, die systemischen Probleme
effektiv anzugehen. Die zweite Option setzt auf eine zunehmende Stärkung der
Zweiten Säule durch Verlagerung von Mitteln aus der Ersten Säule. Bei dieser Op-
tion gibt es Skepsis bezüglich der Effektivität und der begrenzten politischen Unter-
stützung. Die dritte Option schließlich löst sich von der Zwei-Säulen-Struktur der
GAP und sieht stattdessen ein integriertes Modell mit aufeinander aufbauenden
Instrumenten vor, die zum Teil ächendeckend, zum Teil regionsspezisch zuneh-
mend anspruchsvollere Umweltleistungen gestaffelt honorieren. Sie enthält insbe-
sondere zwei innovative Policy-Instrumente: eine ächendeckende Prämie für
Landschaftsvielfalt, welche Strukturvielfalt in der Landschaft honoriert und damit
besser in Wert setzt, sowie eine standortgenaue Prämie zur Aufrechterhaltung
der Landbewirtschaftung in Gebietskulissen, in denen eine unerwünschte groß-
ächige Aufgabe der Landwirtschaft anders nicht abzuwenden ist. Diese Option
erfordert weitere Investitionen in die Machbarkeit und die Mobilisierung politischer
Unterstützung, könnte bei weiterer Ausarbeitung aber das Potenzial haben, Unter-
stützung bei Teilen der Agrarwirtschaft, bei Fachleuten, in den politischen Parteien
sowie in der breiten Bevölkerung zu nden. Als vierte mögliche strategische Entwick-
lungsrichtung wurde die Umstellung der Regulierungslogik auf prinzipienbasierte
9.2 Zusammenfassung der Aufgaben und Ergebnisse des ZA-NExUS-Projekts
274
Regulation vorgestellt, die mit den drei vorigen Strategien kombiniert werden
könnte (Abschn.8.5).
Die Projektbegleitende Arbeitsgruppe sprach sich im September 2016 einhellig
dafür aus, bei der Vermittlung der Ergebnisse in die öffentliche und politische Dis-
kussion (siebte Aufgabe) die dritte Option in den Mittelpunkt zu stellen. Parallel
wurden zahlreiche Expertengespräche und vier Workshops durchgeführt. Dadurch
konnte die Bewertung der drei Optionen auf eine breitere Basis gestellt und die
Konsistenz und Verständlichkeit der Option 3 verbessert werden. Ein Werkauftrag
diente dazu, das Konzept der auf GIS-Daten basierenden Prämien für Landschafts-
vielfalt auf Machbarkeit zu überprüfen (siehe Abschn.7.3.7).
Die Vorstellung des Policy-Papers auf einer Pressekonferenz mit Ministerin
Dr. Barbara Hendricks am 17. Januar 2017 erhielt ein breites nationales Medien-
echo. Die Grundzüge der vorgeschlagenen neuen Architektur der Agrarpolitik wur-
den dabei zutreffend dargestellt. Die Diskussionen des Papiers und des Vortrags auf
dem Agrarkongress des BMUB „Landwirtschaft mit Zukunft“ am selben Tag in
Berlin zeigten, dass die erarbeiteten Vorschläge ernsthaft diskutiert wurden und
in verschiedene Richtungen anschlussfähig sind.
Das BMUB veranstaltete ein Jahr später, am 16. Januar 2018, in Berlin einen
weiteren Agrarkongress unter dem Titel „Gemeinsam Zukunft wachsen lassen. Ein
Gesellschaftsvertrag für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucher“. Nach einem
Einführungsvortrag der Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks und ei-
nem Grußwort des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft, Christian
Schmidt, wurde in mehreren Vorträgen das Konzept des Gesellschaftsvertrags ex-
ploriert. Sprecher und Sprecherinnen aus den Bereichen der Agrar- und Ernährungs-
wirtschaft, der Umwelt- und Entwicklungsverbände, der Wasserwirtschaft und des
Gesundheitswesens formulierten die verschiedenen Anforderungen und Erwartun-
gen an einen solchen Gesellschaftsvertrag. Anschließend widmeten sich zwei Dis-
kussionsrunden mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie mit Politike-
rinnen und Politikern aus der Bundes- und Europapolitik den Chancen, Risiken und
Perspektiven des Konzepts eines Gesellschaftsvertrags für die Landwirtschaft.
Zur Weiterentwicklung der Konzepte aus dem ZA-NExUS-Projekt vergab das
Bundesamt für Naturschutz Ende Dezember 2017 eine Vertiefungsstudie (Förder-
kennzeichen 3517840900), deren Ergebnisse im Jahr 2020 vorgelegt werden sollen.
9.3 Reexion und Ausblick
Das Projekt ZA-NExUS hat die gesetzten Aufgaben und Ziele erfüllt, wie im vori-
gen Abschnitt dargestellt wurde. Abschließend sollen kurz die Grenzen des Projekts
sowie die Implikationen des methodischen Vorgehens reektiert und der weitere
Forschungsbedarf formuliert werden.
Zunächst ergeben sich generell Einschränkungen aus dem zeitlichen und budge-
tären Rahmen des Projekts. Das Forschungskonsortium aus vier Partnern konnte
nicht vollständig alle relevanten Aspekte der Natur- und Umweltauswirkungen der
9 Schlussbetrachtung
275
Landwirtschaft abdecken. So war beispielsweise kein Mitglied des Projektteams
durch Publikationen spezisch zum Themenkreis Landwirtschaft und Klima aus-
gewiesen. Allerdings waren mehrere Mitglieder des Projektteams aus der wissen-
schaftliche Politikberatung und der Betreuung von Studienarbeiten mit diesem The-
menkreis vertraut. Die iterative Begutachtung durch fünf Peer Reviewer war ein
Versuch, eventuelle Lücken zu schließen.
Aufgrund des engen zeitlichen Rahmens war es nicht möglich, eine komplette
systematische Studie der gesamten relevanten wissenschaftlichen Literatur vorzu-
nehmen. Daher wurde so weit wie möglich auf vorhandene wissenschaftliche Über-
blicksstudien zurückgegriffen. Nicht möglich war dadurch beispielsweise ein detail-
liertes Review der unterschiedlichen Methoden der berücksichtigten Studien oder
die Durchführung von Meta-Studien, wo die Datenlage dieses eventuell ermöglicht
hätte. Es gibt jedoch keine Hinweise, dass ein solches Vorgehen die Grundaussagen
zu den Natur- und Umweltauswirkungen der Landwirtschaft wesentlich verändert
hätte. Es ist daher davon auszugehen, dass die Bestandsaufnahme der Problemlagen
hinreichend zuverlässig und robust ist, um die darauf aufbauende Problembewertung
mit wissenschaftlichem Anspruch zu begründen.
SWOT-Analysen und Leitbildentwicklungen sollten normalerweise unter direk-
ter Einbeziehung der Beteiligten vorgenommen werden. Beides sind in erster Linie
Instrumente der reexiven Strategieentwicklung. Ein partizipatives Vorgehen unter
Einbeziehung der relevanten gesellschaftlichen Gruppen hätte jedoch ein eigenes
Projekt erfordert. Die Ergebnisse der SWOT-Analyse und der Leitbildentwicklung
stehen insofern unter dem Vorbehalt einer Validierung durch die gesellschaftlichen
Akteure. Sie können jedoch als Grundlage einer Reexion und Diskussion über die
Stärken und Schwächen der derzeitigen Agrarpolitik sowie über erwünschte Ent-
wicklungsrichtungen und deren Operationalisierung dienen.
Bei der Entwicklung von Handlungsansätzen war es in der relativ kurzen Projekt-
laufzeit nicht möglich, alle interessanten und vielversprechenden Ansätze detailliert
auszuarbeiten. Die drei strategischen Politikoptionen verbleiben auf einem relativ
hohen Abstraktionsgrad. Sie erfüllen das Ziel, alternative strategische Entwicklungs-
richtungen zu formulieren, beantworten aber nicht alle Fragen eines vollständigen
Policy-Designs. Weiterhin sind die Handlungsempfehlungen bislang nicht mit An-
gaben zum jeweiligen Budget und der Höhe der verschiedenen Prämien verknüpft.
Selbst wenn hier Szenarien formuliert worden wären, war eine Modellierung und
Abschätzung der Politikwirkungen der verschiedenen Handlungsvorschläge nicht
Teil des Projekts.
In der zweiten Hälfte des Projekts gewannen Fragen der Anschlussfähigkeit der
aus dem Projekt hervorgehenden Empfehlungen an Gewicht. Dies hatte den Effekt,
dass einige stärker visionäre Ansätze– etwa ein skalenübergreifendes partizipatives
Ressourcenmanagement oder die Umstellung auf prinzipienbasierte Regulierung
nicht weiter verfolgt wurden. Im Ergebnis verblieb die Instrumentendebatte daher
weitgehend innerhalb des etablierten agrarpolitischen Kosmos und das Policy- Paper
stellt einen relativ moderaten Reformvorschlag dar. Allerdings würde eine Umsetzung
der Empfehlungen aus dem Projekt durchaus erhebliche Politik-Innovationen bein-
halten, wie etwa die Einführung einer ächendeckenden, auf GIS-Daten basierenden
9.3 Reexion und Ausblick
276
Prämie für Landschaftsvielfalt oder ein Kooperationsprogramm Natur und Landwirt-
schaft zur Erarbeitung von regionalen Programmen des integrierten Landschafts- und
Ressourcenmanagements.
Vor diesem Hintergrund ergibt sich insbesondere folgender weiterer Forschungs-
und Entwicklungsbedarf:
Für die Weiterverfolgung des im ZA-NExUS-Projekt entwickelten Ansatzes ist es
zunächst notwendig, die vorgeschlagenen Instrumente im Detail auszuarbeiten.
Insbesondere wäre zu klären, wie ein Algorithmus für die Zahlung einer Prämie
für die Honorierung landschaftlicher Vielfalt aussehen könnte, die auf GIS-ge-
stützten Fernerkundungsdaten und einem fachlich belastbaren Satz mit nachvoll-
ziehbaren, gewichteten Faktoren basiert, die in die Berechnung der Höhe der Prä-
mie eingehen. Weiterhin wäre beispielsweise zu klären, mit welchen Verfahren
die Gebietskulissen bestimmt werden könnten, in denen Zahlungen zur Aufrecht-
erhaltung der Landbewirtschaftung gestattet werden. Auch hier wären die Fakto-
ren und Gewichtungen für eine differenzierte standortspezische Kompensierung
von Standortnachteilen zu begründen. Bei der Entwicklung der leistungsbezoge-
nen Policy-Instrumente, die sowohl attraktiv für die Landwirtinnen und Land-
wirte als auch effektiv für die Ziele des Natur- und Umweltschutzes sein sollten,
könnten verhaltenswissenschaftliche Experimente durchgeführt werden, von de-
nen es im Hinblick auf die GAP bisher nur wenige gibt (Colen etal. 2015).
Auf dieser Basis müssten die Empfehlungen dann mit monetären Szenarien un-
terfüttert werden, um die Auswirkungen auf verschiedene Betriebstypen und Re-
gionen abzuschätzen. Beispielsweise könnte für unterschiedliche Verteilungen
eines bestimmten Budgets auf die verschiedenen Politik-Instrumente die Aus-
wirkung auf Modellbetriebe abgeschätzt werden. Teil einer solchen Wirkungs-
analyse sollten auch Interviews mit Landwirtinnen und Landwirten verschiede-
ner Betriebstypen sein, um die Implikationen des vorgeschlagenen Modells aus
Sicht der Betroffenen und mögliche Reaktionen abzuschätzen. Eine solche Wir-
kungsanalyse könnte auch verschiedene Budget-Szenarien berücksichtigen.
Aufbauend auf der Analyse der Reaktionen der landwirtschaftlichen Betriebe
sollte eine Abschätzung der Wirkungen des hier vorgeschlagenen Ansatzes auf
die Landnutzung und den Zustand der Güter des Natur- und Umweltschutzes
vorgenommen werden. Dabei sollten nach Möglichkeit verschiedene räumliche
und zeitliche Skalen in ihrer Wechselwirkung berücksichtigt werden.
Bei einer Abschätzung der Wirkungen auf die Managementpraktiken, die Be-
triebe sowie Natur- und Umweltgüter könnte auch ein Vergleich mit der derzeiti-
gen GAP sowie alternativen Entwürfen für die künftige GAP vorgenommen wer-
den, um die relativen Vor- und Nachteile der verschiedenen Politikvorschläge
besser abschätzen zu können.
Hinsichtlich der Verteilungswirkungen könnte die hier vorgeschlagene neue För-
derarchitektur insgesamt dazu führen, dass es zu einer stärkeren Differenzierung
von Betrieben, die ihre Produktion eher auf den Weltmarkt ausrichten, und Be-
trieben, die vermehrt in die „Produktion“ von Natur- und Umweltschutzleistun-
gen einsteigen, kommen wird. Welche Konsequenzen für die landwirtschaftli-
chen Einkommen damit verbunden wären, hängt vor allem auch davon ab, wie
9 Schlussbetrachtung
277
hoch die Prämien wären und welche Anpassungsmaßnahmen die Betriebe vor-
nähmen. Eine Untersuchung in der Schweiz zeigt, dass „viele (von den Betriebs-
leitern vorgeschlagene Anpassungsmaßnahmen […] zu geringeren Produktions-
kosten– beispielsweise als Folge eines verminderten Kraftfuttereinsatzes oder
reduzierter Nutzungsfrequenz steiler, wenig ertragreicher Wiesen“ führen und
damit zu einem vergleichbaren landwirtschaftlichen Einkommen (Bosshard und
Meierhofer 2014, S.6). Des Weiteren wäre anhand von Modellrechnungen zu
klären, welche Veränderungen in der Produktion unterschiedlicher Erzeugnisse
zu erwarten wären.
In konsequenter Fortsetzung eines systemischen Ansatzes sollte die Betrachtung
über die landwirtschaftlichen Flächen hinaus auf die gesamte Fläche ausgeweitet
werden. So wäre beispielsweise zu überlegen, welche Rolle der GAP im Rahmen
eines integrierten Landschafts- und Ressourcenmanagements zukommen könnte,
das auch Waldächen, Wassermanagement und Klimaschutz umfasst. Wün-
schenswert wären wissenschaftlich begleitete Pilotstudien, in denen intersekto-
rale Kooperationen gefördert werden, die innovative Kooperationsansätze ent-
wickeln und testen. Dabei würde es sich um transdisziplinäre Projekte im Sinne
der Aktionsforschung handeln.
Der hier vorgeschlagene Ansatz setzt relativ stark auf einen Trend zur Digitali-
sierung von Information und deren Verknüpfung mit GIS-gestützten Daten (z.B.
bei den vorgeschlagenen Prämien zur Honorierung von Landschaftsvielfalt so-
wie zur Aufrechterhaltung der Landbewirtschaftung in Gebietskulissen zum Er-
halt der Landschaftsvielfalt). Damit könnte ein bestehender Trend zur Digitali-
sierung der Agrarwirtschaft weiter verstärkt werden. Über die strukturpolitischen,
organisationssoziologischen und arbeitstechnischen Implikationen besteht For-
schungsbedarf.
Weiterhin wäre der Ansatz einer integrierten Agrar- und Ernährungspolitik wei-
ter zu entwickeln, der die gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Kosten
des gesamten Ernährungssystems in den Blick nimmt. Dies würde den Blick
verstärkt auf die Wertschöpfungskette von der landwirtschaftlichen Urproduk-
tion über die Verarbeitung und den Handel bis zu den Verbraucherinnen und
Verbrauchern lenken.
Daneben sollten die Potenziale einer Ko-Regulierung von öffentlichen und pri-
vaten Standards zur Verbesserung des Natur- und Umweltschutzes systema-
tisch erforscht werden, da hier ein Ansatzpunkt bestehen könnte, das Problem
einer Importkonkurrenz mit geringeren Standards und damit der bloßen geo-
graphischen Verschiebung von Naturschutz- und Umweltproblemen effektiver
anzugehen.
Nicht zuletzt sollte der Ansatz weiter ausgearbeitet werden, das Steuerungs-
modell der Gemeinsamen Agrarpolitik auf prinzipienbasierte Regulierung
umzustellen. Dabei sollten die Voraussetzungen und Implikationen geklärt
und mit relevanten gesellschaftlichen Gruppen diskutiert werden. Weiterhin
wären die Potenziale dieses Ansatzes für die Durchsetzung eines im Vergleich
zu heute höheren Niveaus im Natur-, Umwelt- Tier- und Verbraucherschutz
abzuschätzen.
9.3 Reexion und Ausblick
278
Im Hinblick auf die Anschlussfähigkeit des im Projekt ZA-NExUS entwickelten
Ansatzes an die laufende agrarpolitische Diskussion wären die folgenden Fragen zu
diskutieren:
Kann das Konzept in der bestehenden Zwei-Säulen-Struktur verankert werden,
falls sich diese als politisch gesetzt erweisen sollte?
Welche Grade der vollständigen oder teilweisen Finanzierung aus EU-Mitteln
wären für die verschiedenen Elemente des hier vorgeschlagenen Modells syste-
matisch zu rechtfertigen?
Welche Investitionen in Fernerkundung, GIS-Technologien und andere ICT-
Verfahren sind notwendig, um in einem Zeitraum bis spätestens 2027 eine Ver-
waltungsvereinfachung durch semi-automatische Prämienzuteilung zu ermögli-
chen? Welche Implikationen ergeben sich für den Datenschutz? Welche Potenziale
der Verwaltungsvereinfachung und Entbürokratisierung ergeben sich daraus?
Wie würde eine institutionelle Auslagerung der Finanzierung des Natur- und
Umweltschutzes in einen separaten Naturschutzfonds außerhalb der GAP die
Programmierung und Implementation der Agrarumweltpolitik verändern?
Die Etablierung einer Agrarpolitik, welche die Anliegen des Natur- und Umwelt-
schutzes besser berücksichtigt, ohne die Produktionsfunktion der Landwirtschaft zu
vernachlässigen, erfordert anspruchsvolle Mindeststandards und deren konsequente
Durchsetzung, leistungs- und ergebnisorientierte politische Programme, kooperative
Lernprozesse und die konsequente Beachtung systemischer Zusammenhänge auf ver-
schiedenen räumlichen und zeitlichen Skalen. Sie erfordert eine gute Datengrundlage,
Transparenz, ein lernorientiertes Monitoring und einen Dialog zwischen wissen-
schaftlichem und nicht-wissenschaftlichem Wissen. Dabei müssen die Landwirtinnen
und Landwirte nicht nur „mitgenommen“ werden, sondern aktiv beitragen können.
Die bisherige Entwicklung kann nicht dauerhaft fortgeführt werden. Der Status
quo ist keine nachhaltige Option. Notwendig sind eine ehrliche Bestandsaufnahme,
Kreativität und innovative Ansätze. Die Autorinnen und Autoren dieses Berichts wä-
ren zufrieden, wenn die hier vorgelegten Ergebnisse und Überlegungen dazu einen
Beitrag leisten können.
Open Access Dieses Kapitel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International
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laubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen
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aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers
einzuholen.
9 Schlussbetrachtung
279© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en) 2019
P. H. Feindt et al., Ein neuer Gesellschaftsvertrag für eine nachhaltige
Landwirtschaft, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58656-3
Anhänge
Anhang 1: Indikatoren zur biologischen Vielfalt
Artenvielfalt und Landschaftsqualität (Vogelindikator):1 Zwischen 2001 und
2011 hat sich der Wert dieses Indikators deutlich verschlechtert. Dabei liegt der
Teilindikator Agrarland mit 56 % besonders weit vom Zielwert (100%) entfernt.
Viele wissenschaftliche Untersuchungen dokumentieren einen Bestandsrückgang
von Vögeln in der Agrarlandschaft Deutschlands und Europas (Donald etal. 2001;
Hötker 2004; Hoffmann etal. 2012; Jahn etal. 2014). Die Gefährdung der Feldvo-
gelarten scheint dabei mit der Stärke der Bindung an Agrarlebensräume zuzuneh-
men (Hötker 2004).
Gefährdete Arten:2 Bei diesem Indikator wird der Gefährdungszustand der Ar-
ten auf Basis der bundesweiten Roten Listen ausgewählter Artengruppen durch den
Indikator „Gefährdete Arten“ bilanziert. Im Jahr 2013 lag der Wert mit 23% noch
weit oberhalb des Zielwertes (15% bis 2020). Dies stellt im Vergleich zu den ent-
sprechenden Roten Listen von 1996/1998 tendenziell eine Verschlechterung dar
1 „Für die Zielwertbildung hat ein Expertengremium für jede einzelne Vogelart einen Bestandswert
für das Jahr 2015 festgelegt, der erreicht werden kann, wenn europäische und nationale rechtliche
Regelungen mit Bezug zum Naturschutz und die Leitlinien einer nachhaltigen Entwicklung zügig
umgesetzt werden. Die Zielwerte der Indikatorarten für das Jahr 2015 wurden zunächst als Viel-
faches der damals bekannten Bestandsgrößen des Jahres 2002 bestimmt. Die resultierenden Index-
werte wurden nachfolgend einheitlich auf 100% normiert. Daher ergeben sich für die Teilindika-
toren und den Gesamtindikator jeweils Zielwerte von 100%“ (Bundesamt für Naturschutz 2015b).
Diese Zielwerte für die Teilindikatoren und den Gesamtindikator wurden vorläug unverändert auf
das Zieljahr 2030 übertragen (Statistisches Bundesamt 2017, S.101).
2 „In die Berechnung des Indikators ießen die Arten in Abhängigkeit von ihrer Gefährdung mit
unterschiedlichen Gewichtungsfaktoren ein. Dabei gilt: Je stärker eine Art gefährdet ist, desto
stärker beeinusst sie den Indikatorwert. Aus der Bildung des Indexes resultiert eine Skala, auf der
null Prozent erreicht würden, wenn keine der Arten bestandsgefährdet, ausgestorben oder ver-
schollen wäre. Bei 100Prozent wären sämtliche betrachteten Arten ausgestorben oder verschol-
len“ (BMUB 2015a, S.21).
280
(BMUB 2015a). Von den rund 11.000 in den aktuellen Bänden der Roten Liste
Deutschland (Haupt et al. 2009; Binot-Hafke et al. 2011; Ludwig und Matzke-
Hajek 2011; Becker etal. 2013) genannten heimischen Taxa (Arten und Unterarten)
sind rund 30% bestandsgefährdet und weitere 6% ausgestorben.
Erhaltungszustand der FFH-Arten:3 Auch dieser Indikator weist auf den an-
dauernden Verlust der Arten hin. So lag der Indikatorwert für FFH-Arten im Jahr
2013 (2007–2012) bei 46% und damit um gut zwei Prozentpunkte niedriger als im
Berichtsjahr 2007 (2001–2006). Er ist somit nach wie vor weit vom Zielwert ent-
fernt (BMUB 2015a).
Erhaltungszustand der FFH-Lebensräume:95 Der Wert dieses Indikators lag
im Jahr 2013 (2007–2012) mit 46% um rund acht Prozentpunkte niedriger als im
Berichtsjahr 2007 (2001–2006). Er ist also ebenfalls weit vom Zielwert entfernt
(BMUB 2015a). Im Vergleich zur letzten Berichtsperiode (2007) konnte 2013in
keinem Lebensraum eine Verbesserung des Erhaltungszustands festgestellt wer-
den– bei 13 Lebensräumen wurden sogar Verschlechterungen festgestellt. Beson-
ders der Erhaltungszustand nutzungsabhängiger bzw. durch landwirtschaftliche
Nutzung stark geprägter Schutzgüter wird als ungünstig bewertet.
Genetische Vielfalt in der Landwirtschaft:4 Dieser Indikator gibt am Beispiel
der fünf wichtigsten Nutztierarten (Pferd, Rind, Schwein, Schaf und Ziege) Aus-
kunft über das Ausmaß und die Gefährdung genetischer Ressourcen in der Land-
wirtschaft. Der Anteil an gefährdeten Nutztierrassen war im Jahr 2013 mit 70%
sehr hoch (BMUB 2015a). Von den 74 einheimischen Tierrassen sind derzeit 52
Rassen gefährdet (Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung 2016). Als
Hauptursache für die genetische Verarmung wird die langjährige, strenge züchteri-
sche Selektion aus einem begrenzten Genpool genannt. Dadurch konnten zwar hohe
Leistungen erzielt werden, während jedoch gleichzeitig eine genetische Verarmung
stattfand (BMELV 2007). Auch das Spektrum der genutzten Kulturpanzensorten
hat in den letzten Jahrzehnten stark abgenommen (BMUB 2007, 2015a). Seit Be-
ginn des letzten Jahrhunderts gingen rund 75% der weltweiten (FAO, IFAD und
WFP 2014) und sogar 90% der deutschen (Bundesamt für Naturschutz 2016d) ge-
netischen Vielfalt der Nutzpanzenvarietäten verloren.
3 „Der Wert des Indikators beträgt null Prozent, wenn der Erhaltungszustand aller einießenden
Schutzgüter als ungünstig-schlecht bewertet wird, und 100 Prozent, wenn der Erhaltungszustand
aller Schutzgüter als günstig bewertet wird“ (BMUB 2015a, S.24).
4 „Als Datengrundlage dienen die von den Züchtervereinigungen und herdbuchführenden Stellen
zur Verfügung gestellten Bestandszahlen für die einzelnen Nutztierrassen.“ … „Für die Berech-
nung des Indikators wird die Einstufung der Rassen in die Rote Liste anhand der im Rahmen des
Nationalen Fachprogramms Tiergenetische Ressourcen erstellten Gefährdungskategorien ausge-
wertet“ (BMUB 2015a, S.68).
Anhänge
281
Tab. A.1 Auswahl von zielführenden, beispielhaften Management-Maßnahmen auf unterschiedlichen räumlichen Skalen mit Wirkungen, Trade-offs und
Einschränkungen zum Schutz der Umweltressourcen, der biologischen Vielfalt und der Ökosystemleistungen. (Im Folgenden sind ausgewählte Maßnahmen
und Leistungen dargestellt, die sich im Rahmen der Literaturrecherche als sinnvoll und effektiv herausgestellt haben. Die Recherche konnte aufgrund der
zeitlichen Limitierung nur Review-Studien der Jahre 2010 bis 2015 betrachten und kann dadurch keinen Anspruch auf Vollständigkeit leisten. Jedoch kann an
dieser Stelle auf andere Studien verwiesen werden, welche ausführliche Beschreibungen unterschiedlicher Maßnahmen auf landwirtschaftlichen Flächen und
deren speziellen ökologischen Wertigkeit beinhalten (Vogel und Inauen 2013; Gottwald und Stein-Bachinger 2015))
Skala Modul
Maßnahmen-
schwerpunkt Maßnahme
Wirkung auf biologische Vielfalt,
Umweltressourcen und Ökosystem-
leistungen Mögliche Tradeoffs Einschränkungen
Einschränkung der
Standortwahl
Feld Produktions-
integrierte
Maßnahmen
keine Einschrän-
kung
Verzicht auf
chemischen
Panzenschutz
(z.B.Herbi-
zide, Pestizide,
Fungizide,
Wachstums-
regler)
Erhöhung/Schutz der Ackerwild-
kraut-Gemeinschaften (Petit etal.
2011; Crowder und Jabbour
2014), Biodiversität im Boden
(Nielsen etal. 2015), Amphibien
(Baker etal. 2013), Arthropoden
und Vögel (Simon etal. 2010);
Steigerung der Ökosystemleistun-
gen des Bodens (Bodenprozesse)
(Nielsen etal. 2015);
Erhöhung von Resistenz und
Resilienz gegenüber Störungen
(Nielsen etal. 2015);
Steigerung der natürlichen
Unterdrückung von Schädlingen
und Krankheitserregern (Nielsen
etal. 2015; Simon etal. 2010)
• Keine
Einschränkung,
aber besonders
empfehlenswert
auch in
Obstplantagen
(Simon etal.
2010)
(Fortsetzung)
Anhang 2: Beispielhafte Management-Maßnahmen zum Schutz der Umweltressourcen, der biologischen
Vielfalt und der Ökosystemleistungen
Anhänge
282
Ackerland Vielfältige
Fruchtfolgen
Erhöhung/Schutz der Ackerwild-
kraut-Gemeinschaften (Petit etal.
2011; Kremen und Miles 2012;
Nicholls und Altieri 2013)
Unterdrückung von Ackerunkräu-
tern (Nielsen etal. 2015; Kremen
und Miles 2012; Nicholls und
Altieri 2013)
Erhöhte biologische Aktivität im
Boden, Enzymaktivität und
Tierdichten (McDaniel etal. 2014)
Steigerung der natürlichen
Kontrolle von Krankheiten und
Schädlingen (Kremen und Miles
2012; Gaba etal. 2015; Crowder
und Jabbour 2014)
Steigerung der Verfügbarkeit von
Stickstoff im Boden, dadurch
verbessertes Nährstoffangebot
(McDaniel etal. 2014);
Erhöhung der Kohlenstoffspeiche-
rung im Boden (McDaniel etal.
2014);
Besonders in
Kombination mit
Leguminosen
sinnvoll
(McDaniel etal.
2014);
• Keine
Einschränkung in
Standortwahl
bekannt
Tab. A.1 (Fortsetzung)
Skala Modul
Maßnahmen-
schwerpunkt Maßnahme
Wirkung auf biologische Vielfalt,
Umweltressourcen und Ökosystem-
leistungen Mögliche Trade-offs Einschränkungen
Einschränkung der
Standortwahl
Anhänge
283
(Fortsetzung)
Gemenge/
Polykulturen/
Mischkulturen
(unterschied-
liche Arten)
Erhöhung der ober- und
unterirdischen Biodiversität
(Tooker etal. 2012; Gaba etal.
2015)
Ertragssteigerung möglich
(Iverson etal. 2014; Gaba etal.
2015)
Steigerung der natürlichen
Schädlingskontrolle (Tooker etal.
2012; Iverson etal. 2014; Gaba
etal. 2015), dadurch Reduktion
der Pestizidnutzung (Gaba etal.
2015)
Reduktion der Düngemittelzuga-
ben möglich (Gaba etal. 2015)
Efzientere Wassernutzung (Gaba
etal. 2015)
Reduktion des Boden- und
Nährstoffabtrags, Schutz der
Bodenfruchtbarkeit (Gaba etal.
2015)
• Ertragseinbußen
möglich (Iverson
etal. 2014)
Technische und
logistische
Herausforderung
(Tooker etal. 2012)
Besonders in
Kombination mit
Leguminosen
sinnvoll (Iverson
etal. 2014);
Sinnvoll mit
Panzen aus
unterschiedlichen
funktionellen
Gruppen (Gaba
etal. 2015)
• Keine
Einschränkung in
Standortwahl
bekannt
Anhänge
284
Genotypische
Variation der
Feldfrüchte
(gleiche Art,
jedoch
unterschied-
liche
Genotypen)
Steigerung der natürlichen
Schäd lingskontrolle (Tooker etal.
2012)
Ertragssteigerung möglich (Tooker
etal. 2012)
Resistenter und resilienter
gegen über Krankheiten und anderen
Stressfaktoren (Tooker etal. 2012)
Positive Effekte auf unterschied-
liche trophische Ebenen (z.B.
diverses und zeitlich leicht
versetztes Blütenangebot, erhöhte
Blütenbesuche, verbesserte
Bestäubung, höhere Erträge)
(Tooker etal. 2012)
Reduktion des Risikos von
Ernte verlusten durch abiotische und
biotische Gefahren (Spiertz 2010)
• Keine
Einschränkung in
Standortwahl
bekannt
Produktions-
integrierte
Maßnahmen
Zwischen-
fruchtanbau
Reduktion des Boden- und
Nähr stoffabtrags, Schutz der
Bo denfruchtbarkeit (Gaba etal.
2015)
Unterdrückung von Ackerunkräu-
tern (Gaba etal. 2015; Kremen
und Miles 2012)
Steigerung der natürlichen
Schäd lingskontrolle (Gaba etal.
2015)
Efzientere Wassernutzung (Gaba
etal. 2015)
Steigerung der Verfügbarkeit von
Stickstoff im Boden (Nielsen etal.
2015)
Panzen aus
unterschiedlichen
funktionellen
Gruppen
auswählen (Gaba
etal. 2015)
Besonders in
Kombination mit
Leguminosen
sinnvoll (Iverson
etal. 2014)
• Keine
Einschränkung in
Standortwahl
bekannt
Tab. A.1 (Fortsetzung)
Skala Modul
Maßnahmen-
schwerpunkt Maßnahme
Wirkung auf biologische Vielfalt,
Umweltressourcen und Ökosystem-
leistungen Mögliche Trade-offs Einschränkungen
Einschränkung der
Standortwahl
Anhänge
285
(Fortsetzung)
Mulchen/
Gründüngung
und Ernte-
rückstände
Verbessertes Nährstoffangebot,
Reduktion von Nitratauswaschun-
gen (Brewer und Goodell 2012;
Tuomisto etal. 2012)
Erhöhung der organischen
Substanz (SOM) im Boden
(Nielsen etal. 2015)
• Keine
Einschränkung in
Standortwahl
bekannt
Bodenscho-
nende
Bearbeitung
(Puglose
Bodenbearbei-
tung)
Positiver Effekt auf Abundanz und
Artenreichtum von Bodenorganis-
men (Thiele-Bruhn etal. 2012;
Nielsen etal. 2015; van Capelle
etal. 2012), im Besonderen auf
die Abundanz von Regenwürmern
und Pilzen (van Capelle etal.
2012; Spurgeon etal. 2013)
Reduzierter Pugeinsatz
unterstützt die Selbstregulation
von Bodenprozessen (Thie-
le-Bruhn etal. 2012; Lal 2013),
dadurch Steigerung der
Ökosystemleistungen des Bodens
(Nielsen etal. 2015; van Capelle
etal. 2012)
Reduktion von Erosion und
Förderung von Inltration
(Nielsen etal. 2015; Lal 2013),
Reduktion von Nitratauswaschun-
gen (Tuomisto etal. 2012; Lal
2013)
Schädlingsregulation (Thie-
le-Bruhn etal. 2012)
Höhere Resilienz gegenüber
Störungen (Nielsen etal. 2015)
Im Vergleich zu
konventioneller
Bodenbearbeitung
durchschnittlich
5,7% Ertragsein-
bußen (Nielsen
etal. 2015);
besonders hohe
Ertragseinbußen in
kalten, nassen
Regionen (Lal
2013)
Oft in Kombination
mit hohem
Herbizideinsatz
verbunden (Lal
2013; van Capelle
etal. 2012)
• Möglicher
Trade-off mit
Diversität einzelner
Artengruppen
(z.B.Collembola)
(van Capelle etal.
2012)
Um Ertragseinbu-
ßen zu minimieren
nur in Kombina-
tion mit
vielfältigen
Fruchtfolgen und
Gründüngung
sinnvoll (Nielsen
etal. 2015);
Nicht empfeh-
lenswert in
kalten, nassen
Regionen, da zu
hohe Ertragsein-
bußen (Lal 2013)
Anhänge
286
Grünland Umwandlung
von Acker- in
Grünland
Positiver Effekt auf Abundanz und
Artenreichtum von Bodenorganis-
men, im Besonderen auf die
Abundanz von Regenwürmern und
Pilzen (Spurgeon etal. 2013);
Gesteigerte CO2-Speicherung
(Soussana etal. 2010)
Keine Einschrän-
kung in
Standortwahl
angepasste,
rotierende
Mahd
Positiver Effekt auf geschützte
(EU-Rote-Liste-)Schmetterlinge
(Bubová etal. 2015)
• CO2-Speicherung (Soussana etal.
2010)
• Besonders
geeignet in
Kombination mit
extensiver
Bewei dung zur
Förde rung von
geschützten
Schmetterlingen
(Bubová etal.
2015)
Extensive
Beweidung
Steigerung und Schutz der
Grünland Biodiversität (Wrage
etal. 2011)
positiver Effekt auf geschützte (EU
Rote-Liste) Schmetterlinge
(Bubová etal. 2015)
Erhöhung der strukturellen
Heterogenität (Wrage etal. 2011)
Erhöhung der Biodiversität im
Grünland führt zu Produktionssta-
bilität (Wrage etal. 2011)
Positive Effekte des Weidegangs auf
Tiergesundheit und Pro duktqualität
(Wrage etal. 2011)
• CO2-Speicherung (Soussana etal.
2010)
Mögliche Einbußen
bei Milchmenge
(Wrage etal.
2011);
Effekt einer
geringen
Besatzdichte auf
Panzendiversität
nicht immer
eindeutig (Scohier
und Dumont 2012)
• Besonders
geeignet in
Kombination mit
extensiver
Beweidung
(Bubová etal.
2015)
Tab. A.1 (Fortsetzung)
Skala Modul
Maßnahmen-
schwerpunkt Maßnahme
Wirkung auf biologische Vielfalt,
Umweltressourcen und Ökosystem-
leistungen Mögliche Trade-offs Einschränkungen
Einschränkung der
Standortwahl
Anhänge
287
(Fortsetzung)
Maßnahmen
außerhalb
der landw.
Produktion
Sonstiges Blühstrei-
fen/-felder
Positiver Effekt auf Abundanz
und Artenreichtum von
Bestäubern (Kremen und Miles
2012; Scheper etal. 2013);
positiver Effekt auf Insekten
(Haarland etal. 2011)
Steigerung der natürlichen
Schädlingskontrolle (Lu etal.
2014)
Reduzierte Auswaschung von
Nährstoffen und Agrochemika-
lien in angrenzende Ökosysteme
(Nielsen etal. 2015; Brewer und
Goodell 2012)
Reduktion von produktionsschä-
digenden Wildkräutern in
Produktionsäche durch
Erhöhung der Samen-Prädation
(durch Nagetiere, Ameisen,
Vögel) (Petit etal. 2011)
• Artenreiche
Saatenmischun-
gen mit hohem
Wildblumen- und
Staudenanteil
(Pollen- und
Nektarreichtum)
bevorzugen
(Haarland etal.
2011; Scheper
etal. 2013), bei
Artenwahl auf
unterschiedliche
Blühzeiträume
achten (Nicholls
und Altieri
2013);
Verzicht auf
chemischen
Panzenschutz
(Haarland etal.
2011)
• Mehrjährige
Anlage
(Haarland etal.
2011);
• Besonders
effektiv in
einfachen,
ackerbaulich
geprägten
Landschaften
(Batáry etal.
2011; Scheper
etal. 2013)
• Sinnvolle
Allokation der
Maßnahme
notwendig, um
Synergieeffekte
zu nutzen und
Habitate zu
verbinden;
Anhänge
288
Randstreifen
(Acker-,
Gewässer-
streifen)
Erhöhung/Schutz der Ackerwild-
kraut-Gemeinschaften (Petit
etal. 2011)
Reduzierte Auswaschung von
Nährstoffen und Agrochemika-
lien in angrenzende Ökosysteme
(Nielsen etal. 2015; Brewer und
Goodell 2012)
Reduktion von produktionsschä-
digenden Wildkräutern in
Produktionsächen durch
Erhöhung der Samen-Prädation
(Nagetiere, Ameisen, Vögel)
(Petit etal. 2011)
• Artenreiche
Saatenmischun-
gen mit hohem
Wildblumenan-
teil bevorzugen
(Haarland etal.
2011)
Verzicht auf
chemischen
Panzenschutz
(Haarland etal.
2011)
• Mehrjährige
Anlage (Haarland
etal. 2011)
Besonders effektiv
in einfachen,
ackerbaulich
geprägten
Landschaften
(Batáry etal.
2011);
• Sinnvolle
Allokation der
Maßnahme, um
Synergieeffekte
zu nutzen und
Habitate zu
verbinden
Biomassean-
bau durch
schnellwach-
sende Bäume
und Gräser
(Kurzum-
triebsplan-
tage)
Positiver Effekt auf Artenvielfalt
(Vögel, Säugetiere, Schmetter-
linge, Invertebraten, Bodenfauna,
Spinnen, Käfer, Panzen)
(Dauber etal. 2010)
Durch lange Rotationsdauer,
geringe Pestizid- und Herbizid-
anwendungen, stetige
Bodenbedeckung und geringe
Störungen positive Auswirkun-
gen auf Ökosystemleistungen
(Dauber etal. 2010)
Konkurrenz zu
Lebensmittel- und
Futterproduktion,
dadurch Treiber
von direktem und
indirektem
Landnutzungs-
wandel (Dauber
etal. 2010;
Gabrielle etal.
2014)
Kaum positiver
Effekt auf seltene
Arten (Dauber
etal. 2010)
• Einschränkung
der Schlaggröße
und des Panzen-
schutzes
notwendig
• Polykulturen
fördern
(Nektarquellen);
Unterschiedliche
Erntezyklen
(Dauber etal.
2010)
Sinnvoll nur auf
Ackerstandorten
und in Regionen
mit geringem
Naturschutzwert
• Räumliche
Einschränkung,
z.B. als
Pufferstreifen
entlang von
Gewässern
(Dauber etal.
2010)
Auf wirtschaft-
lich marginalen
Standorten
(Gabrielle etal.
2014)
Tab. A.1 (Fortsetzung)
Skala Modul
Maßnahmen-
schwerpunkt Maßnahme
Wirkung auf biologische Vielfalt,
Umweltressourcen und Ökosystem-
leistungen Mögliche Trade-offs Einschränkungen
Einschränkung der
Standortwahl
Anhänge
289
(Fortsetzung)
Betrieb Betriebsin-
terne
Maßnahmen
Integrierter
Landbau
Ökologischer
Landbau/
diversizierter
Landbau
Positive Auswirkungen auf
Biodiversität (Abundanz und
Artenreichtum) (Nielsen etal.
2015; Kremen und Miles 2012)
Seltene Arten protieren, dadurch
Anstieg der Evenness (Crowder
etal. 2012)
Durchschnittlich wird die
Biodiversität (Artenreichtum) um
rund ein Drittel erhöht (Tuck
etal. 2014)
Besonders Panzen protieren,
gefolgt von Arthropoden, Vögeln
und Mikroben (Tuck etal. 2014)
Verringerung der negativen
Effekte auf Umweltressourcen
(Tuomisto etal. 2012)
Steigerung der Ökosystemleistun-
gen (Nielsen etal. 2015; Crowder
etal. 2012)
Steigerung der Bodenqualität,
efzientes Nährstoffmanagement,
höhere Wasserhaltefähigkeit
(Kremen und Miles 2012)
Durchschnittlich geringere
Treibhausgas-Emissionen und
höhere Energieefzienz (Kremen
und Miles 2012)
Sowohl physisch als auch
ökonomisch resilienter (Kremen
und Miles 2012)
• Ernteverluste:
durchschnittlich
geringere (~19%,
(Ponisio etal.
2014) Erträge als
im konventionellen
Anbau (Tuomisto
etal. 2012;
Halberg 2012;
Kremen und Miles
2012)
Umwelteffekte pro
Fläche sind meist
positiv, aber nicht
unbedingt pro
Produkteinheit
(Tuomisto etal.
2012; Halberg
2012)
Da sehr viele
unterschiedliche
Einzelmaßnahmen
(Verzicht auf
chem. Panzen-
schutz, vielfältige
Fruchtfolgen,
geringerer
Tierbesatz etc.)
mit dem
ökologischen
Landbau
identiziert
werden, sehr
unterschiedliche
Effekte auf
Biodiversität
(Kremen und
Miles 2012;
Scheper etal.
2013; Birkhofer
etal. 2014;
Nielsen etal.
2015)
Positiver Effekt
der ökologischen
Landwirtschaft
auf Biodiversität
steigt in
ackerbaulich
geprägten
Regionen an
(Tuck etal.
2014)
Anhänge
290
Durchschnittlich geringere
Treibhausgas-Emissionen und
höhere Energieefzienz (Kremen
und Miles 2012)
Sowohl physisch als auch
ökonomisch resilienter (Kremen
und Miles 2012)
in Verbindung mit
diversizierenden
Techniken
(vielfältige
Fruchtfolgen, Poly-
kultur, Gründün-
gung etc.) können
Ernteverluste
minimiert werden
(Halberg 2012;
Ponisio etal.
2014);
Optimierung der
Fütterung in der
Tierhaltung
notwendig
(Halberg 2012);
Präzisionsland-
wirtschaft
Präzisions-
landwirt-
schaft
Reduktion der negativen
Umwelteffekte durch Verringerung
der Übersprühung und Auswa-
schung von Agrochemikalien in
anschließende Habitate (Nielsen
etal. 2015; Baker etal. 2013)
Positive Effekte auf Amphibien
(Baker etal. 2013)
Mögliche Kostenreduktion
(Nielsen etal. 2015);
Mögliche Steigerung der
Ökosys temleistungen des Bodens
(Bodenprozesse) (Nielsen etal.
2015)
Mögliche Verbesserung des
Schädlingsmanagements (Jones
2014)
Keine Einschrän-
kung in
Standortwahl
Tab. A.1 (Fortsetzung)
Skala Modul
Maßnahmen-
schwerpunkt Maßnahme
Wirkung auf biologische Vielfalt,
Umweltressourcen und Ökosystem-
leistungen Mögliche Trade-offs Einschränkungen
Einschränkung der
Standortwahl
Anhänge
291
(Fortsetzung)
Landschaft Betriebs-
übergrei-
fende
Maßnahmen,
die gezielte
räumliche
Allokation
und
Management
erfordern
Landschafts-
heterogenität
Steigerung
der
Konnektivität
von
semi-natür-
lichen
Habitaten
(z.B.Hecken,
Randstreifen)
Steigerung der Biodiversität
(Batáry etal. 2011)
Erhöhung von Abundanz und
Diversität von bestäubenden
Insekten (Hadley und Betts
2012; Kremen und Miles 2012;
Shackelford etal. 2013),
Steigerung der Diversität von
nützlichen Arthropoden (Simon
etal. 2010; Veres etal. 2013)
und Spinnen (Shackelford etal.
2013);
Verringerte Schädlingsabundanz
(Veres etal. 2013)
Steigerung der Bestäubungsleis-
tung durch wilde Bestäuber
(Hadley und Betts 2012;
Shackelford etal. 2013);
Steigerung der natürlichen
Schädlingskontrolle (Simon
etal. 2010; Shackelford etal.
2013)
Physische Barriere, z.B. von
Pestizidanwendungen (Simon
etal. 2010);
Erhöhung des lokalen
Artenpools (Gaujour etal. 2012)
• Mögliche
negative Effekte
für auf
landwirtschaft-
liche Flächen
spezialisierte
Arten (z.B.Ag-
rarvögel)
(Filippi-Codac-
cioni etal. 2010)
• Mögliche
räumlich
beschränkte
negative Effekte
auf Ertrag (z.B.
wegen
Beschattung)
Um Zielsetzung
zu erreichen,
sollten
Maßnahmen
vertraglich in
einer Gruppe um-
gesetzt werden
(Gaujour etal.
2012)
• Besonders
effektiv in
einfachen,
ackerbaulich
geprägten
Landschaften
(Batáry etal.
2011)
• Sinnvolle
Allokation der
Maßnahme, um
Synergieeffekte
zu nutzen und
Habitate zu
verbinden
Entlang von
Obstplantagen
zur Erhöhung der
natürlichen
Schädlingskon-
trolle (Simon etal.
2010)
Anhänge
292
High Nature
Value Farmland
Förderung
von
extensiven
landwirt-
schaftlichen
Praktiken zur
Erhaltung
von
wertvollen
Biotopen
Schutz der Biodiversität durch
Erhaltung von wertvollen
Habitaten (Plieninger und
Bieling 2013; Lomba etal. 2014)
Steigerung und Diversizierung
von wertvollen Habitaten
(Lomba etal. 2014)
Steigerung der Ökosystemleis-
tungen, z.B.Effekte auf
Mikroklima, Nährstoffaustrag,
Regulierung lokaler hydrologi-
scher Prozesse (Lomba etal.
2014)
Keine Einschrän-
kung in
Standortwahl
Land schafts-
komplexität
Steigerung
der Diversität
der
Landnutzun-
gen
Erhöhung der strukturellen
Diversität der Vegetation
(Plieninger und Bieling 2013);
Steigerung der Ackerwild-
kraut-Gemeinschaften (Crowder
und Jabbour 2014)
Steigerung der natürlichen
Schädlingskontrolle (Crowder
und Jabbour 2014)
• Mögliche
negative Effekte
für auf
landwirtschaft-
liche Flächen
spezialisierte
Arten,
z.B.Agrarvögel
(Filippi-Codac-
cioni etal. 2010)
• Besonders
effektiv in
einfachen,
ackerbaulich
geprägten
Landschaften
(Batáry etal.
2011)
Tab. A.1 (Fortsetzung)
Skala Modul
Maßnahmen-
schwerpunkt Maßnahme
Wirkung auf biologische Vielfalt,
Umweltressourcen und Ökosystem-
leistungen Mögliche Trade-offs Einschränkungen
Einschränkung der
Standortwahl
Anhänge
293
Steigerung der
Konnektivität/
Verringerung
der Fragmen-
tierung
Steigerung
der
Konnektivität
von
semi-natür-
lichen
Habitaten
Steigerung der Biodiversität
(Batáry etal. 2011)
Erhöhung von Abundanz und
Diversität von bestäubenden
Insekten (Hadley und Betts
2012; Kremen und Miles 2012;
Mitchell etal. 2013)
Signikante Steigerung der
Bestäubungsleistung durch wilde
Bestäuber (Hadley und Betts
2012; Shackelford etal. 2013)
Steigerung der natürlichen
Schädlingskontrolle (Shackel-
ford etal. 2013);
Steigerung mehrer Ökosystem-
leistungen (Mitchell etal. 2013);
Erhöhung des lokalen
Artenpools (Gaujour etal. 2012)
mögliche negative
Effekte für auf
landwirtschaft-
liche Flächen
spezialisierte
Arten (z.B.Ag-
rarvögel)
(Filippi-Codac-
cioni etal. 2010)
Um Zielsetzung
zu erreichen,
sollten
Maßnahmen
vertraglich in
einer Gruppe um-
gesetzt werden
(Gaujour etal.
2012)
• Besonders
effektiv in
einfachen,
ackerbaulich
geprägten
Landschaften
(Batáry etal.
2011), da hier ein
großer
ökologischer
Kontrast erzielt
werden kann
Anhänge
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Faktenblatt Vision Landwirtschaft
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Private forms are gaining importance in the regulation of supply chains. Drawing on insights on the diminishing effectiveness of classical top-down regulation in inter-, supra-, and transnational supply chains, methods from self- and co-regulation increasingly take central stage. This new field comprises of standard-setting, auditing, accreditation and enforcement. This chapter devotes an introduction and analysis of this emerging field of regulation and its relationship to law. It identifies the main regulatory character as market access and market closure challenge. It will show how law has responded to this challenge so far and will close with a summary and anticipation of some legal questions that remain open.