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Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns (Einleitung in die kumulative Habilitationsschrift)

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Abstract

Die wechselseitigen Bezüge von Wandel, Kontinuität, Technik und Gesellschaft werden im Lichte eines pragmatistisch-interaktionistisch orientierten Begriffs technischen Handelns durchdacht, der nicht so sehr auf ein Handeln von Technik abstellt, sondern die Besonderheiten des Handelns und der Interaktion mit Technik hervorhebt.
Unbestimmte Technik.
Für eine konstitutive Symmetrie
technischen Handelns
Dr. Cornelius Schubert
Kumulative Habilitationsschrift an der Fakultät VI
Planen Bauen Umwelt –
der Technischen Universität Berlin
Berlin, im Juli 2014
Einleitung:
Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns
1. Technisches Handeln und gesellschaftlicher Wandel
Lange Zeit wurden mit dem Begriff der Gesellschaft die gefestigten Einrichtungen
sozialer Ordnung verbunden, von Emile Durkheims sozialen „Tatsachen“ bis hin
zu Max Webers „stahlhartem Gehäuse“, aus dem es kaum ein Entrinnen mehr
gibt. Heute dagegen erscheinen gesellschaftliche Strukturen zunehmend brüchig.
Dauerhafte soziale Institutionen verflüchtigen sich, stabile Ordnungen werden
flexibel und die Gesellschaft als kohärentes Ganzes weicht einer fragmentalen
Ansammlung heterogener sozialer Welten. Die rapide Dynamik gesellschaftlicher
Transformationen scheint die festgefügten Strukturen sozialer Ordnung nachhal-
tig zu erschüttern oder aufzulösen. Ein wesentlicher Bestandteil, wenn nicht gar
Treiber, dieser Umwälzungen sind die mannigfaltigen technischen Neuerungen,
die die Entwicklungsdynamiken moderner Gesellschaften mit prägen. Und nicht
zuletzt haben diese Entwicklungsdynamiken als Kennzeichen der Moderne auch
immer wieder das soziologische Nachdenken anregt und dazu herausfordert, die
Muster und Prozesse sozio-technischen Wandels zu beschreiben, zu deuten und
zu kritisieren.
Diese Arbeit leistet einen Beitrag zum Verständnis sozio-technischer Wechsel-
wirkungen und ihrer Dynamiken. In den einzelnen Kapiteln wird gezeigt, wie so-
wohl menschliche als auch technische Handlungsbeteiligungen einerseits Offen-
heiten bzw. Unbestimmtheiten erzeugen und wie diese andererseits in Gefüge von
Ordnung, Routine und Gewohnheit eingebunden sind. Der Grundgedanke be-
steht darin, weder Wandel gegen Stabilität noch Technik gegen Soziales auszuspielen,
sondern nach den konstitutiven Wechselwirkungen dazwischen zu suchen. Die konstitu-
tive Symmetrie technischen Handelns zielt darauf ab, dass seine einzelnen Mo-
mente für einen Analyse sowohl unverzichtbar als auch nicht aufeinander redu-
zierbar sind. Sowohl die Prozesse des Wandels als auch die der Stabilität setzen
sich in dieser Perspektive grundsätzlich aus technischen und sozialen Teilstücken
zusammen. Und in allen Prozessen des Wandels finden sich Elemente der Stabili-
tät (und andersherum), ebenso wie Technik immer Sozialität beinhaltet und Sozia-
lität kaum ohne Technik gedacht werden kann. Dieser konstitutive Wechselbezug
von Wandel, Stabilität, Technik und Gesellschaft wird in der folgenden Einleitung
analytisch durchdacht und als Rahmung für die anschließenden Kapitel fruchtbar
gemacht. Im Kern dieser Diskussion steht ein pragmatistisch-interaktionistisch
orientierter Begriff technischen Handelns, der nicht so sehr auf ein Handeln von
Technik abstellt, sondern die Besonderheiten des Handelns mit Technik hervor-
hebt und diese als Zusammenspiel von Wandel und Stabilität konzipiert.
In der soziologischen Diskussion hat ein solcher Begriff des technischen Han-
delns selbst einige Bedeutungsverschiebungen mitgemacht. So wurde er Anfang
des 20. Jahrhunderts vornehmlich mit Bezug auf den Begriff des wirtschaftlichen
Handelns verwandt. Technisches und wirtschaftliches Handeln galten als ver-
2 Unbestimmte Technik
wandte Formen eines auf Zweck/Mittel-Relationen orientierten, rationalen Han-
delns, die sich allein darin unterschieden, ob technische Effektivität oder ökono-
mische Effizienz als zentrale Bezugspunkte zu gelten haben (vgl. Weber 1922:
32f.). Insofern ist laut Weber im Prinzip auch jedes Handeln selbst technisierbar
(im Sinne einer dritten Bedeutung von Handeln als Technik), wofür er eine Reihe
technischer Handlungen aufführt, u.a. die „Gebetstechnik, Technik der Askese,
Denk- und Forschungstechnik, Mnemotechnik, Erziehungstechnik, Technik der
politischen oder hierokratischen Beherrschung, Verwaltungstechnik, erotische
Technik, Kriegstechnik, musikalische Technik (eines Virtuosen z. B.), Technik
eines Bildhauers oder Malers, juristische Technik usw.“ (ebd.). In der Folge wurde
technisches Handeln meist instrumentalistisch ausgelegt und, wie beispielsweise
von Habermas, als instrumentales Handeln dem sozialen bzw. kommunikativen
Handeln gegenübergestellt (Habermas 1968).
Mein Ausgangspunkt ist der, dass eine solche Trennung bzw. Engführung die
Phänomene technischen Handelns auf eine bestimmte Idee zweckrationalen Han-
delns beschränkt, die in dieser Reinform empirisch kaum zu finden sein wird.
Entgegen einer solchen Trennung und Reduktion ist technisches Handeln aus
pragmatistischer Perspektive zwar durchaus instrumentelles Handeln, ohne jedoch
instrumentalistisch, d.h. auf utilitaristische Zweck-Mittel-Relationen oder rationa-
listische um-zu-Motive, verkürzt zu sein (Dewey 1922). In einer solchen Konzep-
tion technischen Handelns fließen instrumentales und soziales Handeln ineinan-
der. Technisches Handeln ist dann zuerst einmal ein Handeln mit Technik, egal zu
welchem Zweck und ungeachtet der Verwendungsrationalität. So lässt sich auch
das kunstvolle Führen eines Pinsels beim Malen als technisches bzw. technisch
vermitteltes Handeln verstehen. Löst man den Begriff des technischen Handelns
in dieser Weise von der Engführung auf reine Zweckrationalität, eröffnet sich ein
weiterer Begriffshorizont, wie ihn beispielsweise Popitz in den Aufsätzen „Tech-
nisches Handeln“ und „Technisches Handeln mit der Hand“ (1992 [1986]: 160ff.;
1995: 44ff.) umrissen hat. Technisches Handeln ist dem sozialen Handeln bei
Popitz nicht gegenübergestellt, sondern wird als spezifischer Typ menschlichen
Handelns verstanden, der auf das Herstellen, Verwenden, Pflegen und Reparieren
von Artefakten zielt. Als praktisches Tun ist technisches Handeln sowohl tech-
nisch wie auch sinnlich vermittelt. Werkzeuge und Maschinen stehen in Bezie-
hung zum menschlichen Körper und setzen ihn in Beziehung zu seiner Umge-
bung. Schon aus diesen Gründen greift eine Verkürzung des technischen Han-
delns rein auf die Idee des zweckrationalen Handelns zu kurz. Vielmehr spiegelt
sich in dieser Verkürzung die von Dewey emphatisch kritisierte Herabsetzung des
praktischen Tuns gegenüber dem reinen Denken in der philosophischen Traditi-
on:
„There is also the age-long association of knowing and thinking with immateri-
al and spiritual principles, and of the arts, of all practical activity in doing and
making, with matter. For work is done with the body, by means of mechanical
appliances, and is directed upon material things. The disrepute which has at-
tended the thought of material things in comparison with immaterial thought
has been transferred to everything associated with practice.“ (Dewey 1929: 5)
In ihrer Suche nach dem Unwandelbaren habe sich die Philosophie zunehmend
den Ungewissheiten des praktischen Tuns entledigt. Als praktisches Tun aber ist
Einleitung: Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns 3
technisches Handeln nicht einfach durch Zwecke oder Mittel festgelegt sondern
grundsätzlich unbestimmt. Und damit gilt für das technische Handeln, was für
alles praktische Tun gilt – es ist grundsätzlich ungewiss. Hierzu noch einmal Dew-
ey:
„The distinctive characteristic of practical activity, one which is so inherent
that it cannot be eliminated, is the uncertainty which attends it. Of it we are
compelled to say: Act, but act at your peril. Judgment and belief regarding ac-
tions to be performed can never attain more than a precarious probability.
Through thought, however, it has seemed that men might escape from the per-
ils of uncertainty. Practical activity deals with individualized and unique situa-
tions which are never exactly duplicable and about which, accordingly, no
complete assurance is possible. All activity, moreover, involves change. The in-
tellect, however, according to the traditional doctrine, may grasp universal Be-
ing, and Being which is universal is fixed and immutable.“ (ebd.: 6)
Deweys Überlegungen sollen an dieser Stelle nicht zu einer umfassenden pragma-
tistischen Techniktheorie ausgebaut werden (s. dazu Hickman 1990, 2001). Sie
dienen zusammen mit Popitz‘ Ideen dazu, für die Offenheiten und Unbestimmt-
heiten, die technische und sinnliche Vermitteltheit sowie den aktiven und produk-
tiven Weltbezug des technischen Handelns als praktischem Tun sensibel zu ma-
chen und neben den philosophischen und anthropologischen Grundzügen eine
dezidiert soziologische Sicht auf technisches Handeln zu ermöglichen.
In dieser Weise hat sich in Techniksoziologie und Technikphilosophie ein Ver-
ständnis technischen Handelns etabliert, das nicht auf rein zweckrationales Han-
deln reduziert ist und neben den technischen Artefakten selbst die sozialen Kon-
texte und Prozesse des Herstellens und Verwendens von Technik hervorhebt
(Ropohl 1991; Rammert 1993; Mitcham 1994; Popitz 1995).1 Herstellen und Ver-
wenden verweisen damit auf zwei verwandte, jedoch voneinander zu unterschei-
dende Modi technischen Handelns: Das Herstellen bezeichnet die Schaffung neu-
er Technik, während das Verwenden den Umgang mit bestehenden Artefakten
beinhaltet. In den sozialen Kontexten des Herstellens zeigt sich die soziale Ge-
staltbarkeit von Technik (Rammert 1983; Pinch & Bijker 1984), während im Ver-
wenden einerseits deren soziale Folgen offensichtlich werden (Grunwald 2010
[2002]), andererseits aber auch die kreativen bzw. subversiven Umgangsweisen
(Hörning 2001; Oudshoorn & Pinch 2003).
Aus soziologischer Perspektive sind beide Modi technischen Handelns grund-
sätzlich vergesellschaftet wie auch vergesellschaftend. Unabhängig von den jeweils
spezifischen Fragestellungen zum Herstellen und Verwenden zielen die Modi
technischen Handelns auf eine dezidierte Einbettung technischer Entwicklungen
in soziale Dynamiken, womit sich in den letzten Jahrzenten der Fokus der sozial-
wissenschaftlichen Technikforschung von substanzorientierten Bestimmungen
1 Hierzu lassen sich auch schon bei Weber (1922: 3) Hinweise finden, die allerdings von einer
starken Absetzung des subjektiven Sinns von den technischen Dingen ausgehen: „Jedes Artefakt,
z. B. eine ‚Maschine’, ist lediglich aus dem Sinn deutbar und verständlich, den menschliches Han-
deln (von möglicherweise sehr verschiedener Zielrichtung) der Herstellung und Verwendung die-
ses Artefakts verlieh (oder verliehen wollte); ohne Zurückgreifen auf ihn bleibt sie gänzlich unver-
ständlich.“
4 Unbestimmte Technik
von „technology in itself“ hin zu prozessorientierten Analysen von „technology in
practice“ verschob (Orlikowski 2000). Diese Entwicklung trägt der Einsicht
Rechnung, dass ein sozialwissenschaftliches Verständnis von Technik nicht bei
der Analyse einzelner Artefakte stehen bleiben kann, sondern die jeweiligen Her-
stellungs- und Verwendungsweisen von Technik als soziale Praxis betrachten
muss. Der Perspektivwechsel vom substanzorientierten „ready made“ zum pro-
zessorientierten „in the making“ (vgl. Callon 1987; Rammert 2012) sensibilisiert
für die Offenheiten und Unbestimmtheiten von Technik und von technischem
Handeln sowohl in Herstellungs- als auch in Verwendungszusammenhängen.
Eine genauere Betrachtung der Literatur fördert allerdings zu Tage, dass sich
viele sozialwissenschaftliche Studien entweder auf Herstellungs- oder Verwen-
dungskontexte beschränken (Orlikowski 1992). Die unterschiedlichen Schwer-
punktsetzungen implizieren eine weitgehende Trennung von Herstellen und Ver-
wenden („design mode“ und „use mode“, ebd.: 407): Beim Herstellen im design
mode wird Technik durch menschliches Handeln geformt, während es sich beim
Verwenden im use mode umgekehrt verhält. Eine solche Unterscheidung zwi-
schen Herstellen und Verwenden resultiert demnach aus einer Umkehrung der
Wirkbeziehungen zwischen Technik und menschlichem Handeln, wenn vom Her-
stellungs- in den Verwendungskontext gewechselt wird. Diese Unterscheidung
lässt sich bei genauerer Betrachtung allerdings nicht aufrechterhalten. Einerseits,
weil auch im Herstellungszusammenhang eine Menge an bekannten Werkzeugen
und Instrumenten verwendet wird und weil im Verwenden ebenso neue Nut-
zungsweisen „hergestellt“ werden. Andererseits, weil Herstellen und Verwenden
historisch gesehen kaum getrennt voneinander existieren und ihr Auseinanderfal-
len eher mit allgemeinen Prozessen der Ausdifferenzierung einhergeht, als dass
dies eine genuine Eigenschaft technischen Handelns wäre.
Gegen eine dichotome Gegenüberstellung von Technik und Sozialem bzw. de-
sign mode und use mode argumentiert Orlikowski unter Bezug auf Giddens’
Strukturationstheorie für ein Konzept der Dualität von Technik, welches Technik
sowohl als Medium, als auch als Resultat des Handelns versteht:
„In attempting to understand technology as continually socially and physically
constructed, it is useful to discriminate analytically between human action
which affects technology and that which is affected by technology. I suggest
that we recognize human interaction with technology as having two iterative
modes: the design mode and the use mode. I emphasize that this distinction is an
analytical convenience only, and that in reality these modes of interaction are
tightly coupled.“ (ebd.: 408)
Dieses Argument lässt sich in etwa entlang klassischer Institutionalisierungs- bzw.
Objektivierungsthesen entfalten, nach denen die Produkte menschlichen Han-
delns (beim Herstellen) – seien es nun soziale Institutionen oder materiale Arte-
fakte – zur Bedingung des Handelns (im Verwenden) werden (Berger &
Luckmann 1966). Orlikowski unterscheidet hierbei nicht zwischen sozialen oder
technischen Strukturen, da alle Strukturen aus Sicht der Strukturationstheorie im-
mer nur handlungspraktisch realisiert werden können (Orlikowski 2000). Das
führt in der Konsequenz jedoch dazu, dass Technik soziale Strukturen letztend-
lich nicht materiell verkörpern kann, da diese gemäß der Strukturationstheorie
Einleitung: Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns 5
immer nur virtuell verfügbar seien (Giddens 1984). So kommt dem prozesshaften
praktischen Handeln im Herstellen und Verwenden nach Orlikowski zwar eine
zentrale Bedeutung zu, jedoch exkludiert die strukturationstheoretische Virtuali-
sierungsfigur weitgehend die materialen Eigenschaften von Technik. Eine streng
strukturationstheoretische Perspektive auf Herstellen und Verwenden erzeugt
mithin zwei neue Unschärfen auf technisches Handeln. Zum einen macht sie un-
sensibel gegenüber empirischen Unterschieden zwischen den beiden Modi techni-
schen Handelns, da diese nur analytisch getrennt werden, zum anderen unter-
scheidet sie nicht zwischen technischen und sozialen Strukturen und trägt der
Materialität von Technik letztendlich kaum Rechnung.
In den folgenden Abschnitten wird eine Bestimmung technischen Handelns
vorgenommen, die an die oben skizzierten Diskussionen anschließt und sie wei-
terführt. Darin wird technisches Handeln nicht auf Zweckrationalität verkürzt,
sondern als technisch, körperlich und gesellschaftlich vermitteltes praktisches Tun
verstanden. Es ist weder einseitig technisch noch sozial determiniert und beinhal-
tet als praktisches Tun immer Elemente der Offenheit und Unbestimmtheit sowie
einen aktiven und transformativen Weltbezug. Ein solcher Begriff technischen
Handelns fokussiert weniger auf das Handeln von Technik, wie es etwa in der Dis-
kussion um die Handlungsträgerschaft von Technik durch die Akteur-Netzwerk
Theorie (ANT) angestoßen wurde (Callon & Latour 1992; Rammert & Schulz-
Schaeffer 2002; Pinch 2010), oder auf Handeln als Technik, wie in Webers Bespielen
der Gebetstechnik, der Verwaltungstechnik oder von musikalischer Technik
(Weber 1922: 32f.). Im Kern steht das Handeln mit Technik. Und Technik wie auch
Soziales wird darin nicht substanzorientiert als „ready made“ verstanden, sondern
prozessorientiert „in the making“ untersucht – egal ob im Herstellen oder Ver-
wenden.
Offensichtlich sind Herstellen und Verwenden nicht unabhängig voneinander,
ebenso wenig lassen sie sich aufeinander reduzieren. Denn Herstellen zielt auf ein
späteres Verwenden und nimmt es in den Entwicklungsprozessen zum Teil vor-
weg. Und im Verwenden finden sich immer wieder kreative Nutzungsformen, die
im Herstellungsprozess nicht antizipiert wurden. Je weiter sich Konstrukteure und
Benutzer durch die gesellschaftliche Arbeitsteilung räumlich, zeitlich und auch
sozial voneinander trennten, umso deutlicher scheinen Differenzen zwischen bei-
den Modi technischen Handelns auf. So unterscheiden sich Herstellungskontexte
beispielsweise im Grad der sozialen Organisation von Verwendungskontexten.
Die Entwicklung und Erprobung neuer Technik geschieht größtenteils arbeitstei-
lig und raumzeitlich ausgedehnt. Verwendungskontexte sind dagegen meist durch
den lokal begrenzten und situationsspezifischen Umgang einzelner Nutzer ge-
prägt. Hinzu kommt, dass mit dem Herstellen typischerweise Fragen des Wandels
und der Innovation assoziiert werden, während das Verwenden Stabilität und
Kontinuität impliziert. So weist die Herstellung neuer Artefakte und Apparate auf
die Offenheiten von Entwicklungssituationen hin, während der Gebrauch vor-
handener Technik meist durch Routinen und Gewohnheit gekennzeichnet ist.
In den nachfolgenden Kapiteln werden zwei empirische Fallstudien angeführt,
die jeweils die Eigentümlichkeiten von Herstellen und Verwenden in modernen
Gesellschaften beleuchten. Das Herstellen wird am Beispiel der Entwicklung neu-
er Produktionstechnologien für Computerchips untersucht. Diese Studie fokus-
6 Unbestimmte Technik
siert auf die Ebene der sozialen Organisation, insbesondere auf die Veränderun-
gen interorganisationaler Beziehungen, wie sie für die Innovation avancierter
Technologien typisch sind. Dort wird deutlich, dass Herstellen gleichzeitig tech-
nisch vermitteltes und sozial organisiertes Handeln ist und dass mit neuen Tech-
nologien auch neue Organisationsformen des Herstellens einhergehen. Für das
Verwenden steht eine Fallstudie zur Nutzung medizinscher Technik im Operati-
onssaal.2 Diese Studie nimmt den täglichen Umgang mit einfachen und komple-
xen Werkzeugen, Apparaten und Maschinen in den Blick und beleuchtet die loka-
len Nutzungsweisen einer technisch und körperlich vermittelten medizinischen
Praxis. Dabei tritt das situierte Wechselspiel zwischen Routine und Flexibilität in
den Vordergrund, in dem technische und menschliche Handlungsbeteiligungen
kontinuierlich aufeinander abgestimmt und aneinander angepasst werden. Und es
zeigt sich, dass technische Artefakte über einen spezifischen Zweck hinaus eine
breite Palette von Nutzbarkeiten aufweisen. Hier sei angefügt, dass sich beide
Studien in unterschiedlicher Weise mit „high-tech“ Kontexten des Herstellens
und Verwendens beschäftigen. Das hier vorgestellte Konzept des technischen
Handelns soll aber nicht darauf beschränkt bleiben und gilt grundsätzlich auch für
„low-tech“ Varianten, denn auch dort finden sich die konstitutiven Wechselwir-
kungen zwischen technischer Vermittlung und sozialer Organisation.
So unterschiedlich die beiden Modi technischen Handelns auch sein mögen, so
enthalten sie dennoch einen gemeinsamen Kern, der sich in der Eigenart techni-
schen Handelns finden lässt: Technisches Handeln ist technisch vermitteltes, sinn-
lich verkörpertes und sozial organisiertes praktisches Tun. Bevor die jeweiligen
Eigenheiten des Herstellens und Verwendens anhand der Fallstudien diskutiert
werden, haben die folgenden Abschnitte zum Ziel, die gemeinsamen Aspekte des
Herstellens und Verwendens zu betrachten. Dies soll vor dem Hintergrund prag-
matistischer Überlegungen geschehen, die im Gegensatz zur semiotischen Sym-
metriesierung des generalisierten Symmetrieprinzips der ANT (Callon 1986: 200)
auf die konstitutive Symmetriesierung menschlicher und technischer Wechselwir-
kungen im technischen Handeln hinweisen (vgl. Dewey 1929 [1925]: 121ff.). Die-
se konstitutive Symmetriesierung begreift Handeln als grundsätzlich sozio-
technisch vermittelt und verteilt, ohne die Differenzen zwischen Mensch und
Technik sprachlich zu nivellieren. Tatsächlich zielen die empirischen Studien von
Callon (z. B. 1987) und Latour (z. B. 1993) sowie die von ihnen gebrauchten Be-
griffe Übersetzung (Callon 1986; Latour 1986) oder Vermittlung (Latour 1994)
ebenso auf eine konstitutive Symmetrie technischen Handelns im hier gebrauch-
ten Sinne (vgl. dazu Latours Konzept der „symmetrischen Anthropologie“, 2008
[1991]). Allerdings fokussieren die klassischen Studien der ANT größtenteils auf
die Stabilisierung sozio-technsicher Assoziationen, während die pragmatistische
Perspektive deutlicher die Offenheiten und Kontingenzen technischen Handlens
in den Vordergrund stellt. Meiner Ansicht nach kommt das von Pickering vorge-
stellte Konzept der „Mangle of Practice“ dem pragmatistischen Anspruch hier
näher als die ANT (1993, auch wenn er sich selbst davon distanziert, da er dem
Pragmatismus eine m.E. ungerechtfertigete Zentrierung auf menschliches
2 Diese Studie war auch die Grundlage für meine 2006 erschienene Dissertation „Die Praxis der
Apparatemedizin“. Die hier versammelten Texte schließen zwar teilweise an die empirische Arbeit
der Dissertation an, gehen aber konzeptionell über die dortigen Ausarbeitungen hinaus.
Einleitung: Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns 7
Handlen unterstellt, s. 582). Indem die Mangle menschliches und technisches Zu-
sammenwirken grundsätzlich prozessual erfasst, kann sie die Probleme einer allein
semiotischen Zuschreibung von Handlungsträgerschaft umgehen. Erst im zeitli-
chen Verlauf emergieren die Wechselwirkungen von Ermöglichen und Ein-
schränken, die sowohl technische, als auch menschliche Handlungsbeteiligungen
trotz ihrer Unterschiede symmetrisch erfassbar machen. In ganz ähnlicher Weise
hat Dewey eine zeitlose Epistemologie rundheraus abgelehnt:
“This entire discussion has but a single point. It aims to show that the prob-
lems which constitute modern epistemology with its rival, materialistic, spiritu-
alistic, dualistic doctrines, and rival realistic, idealistic, representational theories;
and rival doctrines of relation of mind and matter occasionalism, pre-
established harmony, paralellism, panpsychism, etc., have a single origin in the
dogma which denies temporal quality to reality as such.” (Dewey 1929 [1925]:
149)
Neben einer grundlegenden Beachtung von Zeit besteht der symmetrische Kern
technischen Handelns in einem basalen Konzept verteilten Handelns, wie es etwa
in den Kognitionswissenschaften von (Lave 1988) und (Hutchins 1995) oder in
der Soziologie in Bezug auf Wissenschaft und Technik (Law 1991), ökonomisches
Handeln (Callon & Muniesa 2005), Telemedizin (Oudshoorn et al. 2005) oder
allgemein auf Mensch-Technik Interaktion (Suchman 2007; Rammert 2012) ent-
wickelt wurde. Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns setzt dabei an
einer basalen Form des Mitwirkens an und somit keine avancierte Technologie im
Sinne einer erweiterten Handlungsträgerschaft und eines gradualisierten Hand-
lungsbegriffs (Rammert & Schulz-Schaeffer 2002) voraus.
Um diese Perspektive stärker zu konturieren und von bisherigen Positionen
schärfer abzusetzen, wird in den nächsten zwei Abschnitten ein zugespitzer Über-
blick vorgenommen, der zuerst die klassischen Argumente in Bezug auf techni-
schen und sozialen Wandel nachzeichnet (2) und im Anschluss eine Kritik des
klassischen Technikbegriffs vornimmt (3). Auf Grundlage dieser Einordnungen
werden die Ähnlichkeiten und Unterschiede von Herstellen und Verwenden als
technischem Handeln im nachfolgenden Abschnitt erläutert sowie in pragmatisti-
sche Überlegungen eingebettet (4) und schließlich die Kapitel des Bandes vorge-
stellt (5).
Die Argumentationslinie lässt sich in ein Verständnis technischen Handelns
wie folgt einordnen. Zuerst sollen anhand der Konturen der klassischen Kontro-
verse über technischen und sozialen Wandel sowohl die Probleme einer trennen-
den Gegenüberstellung von Technischem und Sozialem diskutiert, als auch auf die
Herausforderungen für ein nicht-reduktives Verständnis sozio-technischer Wech-
selwirkungen hingewiesen werden. Danach wird in der Gegenüberstellung des
klassischen Begriffs von Technik als Ding und dem des technischen Handelns auf
die Verschiebung von einer substanzorientierten zu einer prozessorientierten Per-
spektive auf Technik hingewiesen. Beide Abschnitte zeichnen die bisherige sozi-
alwissenschaftliche Diskussion nach, markieren ihre Grenzen und zeigen Anknüp-
fungspunkte für die folgende Bestimmung technischen Handelns in den Modi des
Herstellens und Verwendens auf. Herstellen und Verwenden werden hierbei nicht
8 Unbestimmte Technik
als dichotom voneinander getrennt verstanden, sondern graduell entlang von drei
Aspekten idealtypisch unterschieden:
Erstens der entlang der Frage, an welchen Stellen die relevanten Offenheiten und
Unbestimmtheiten des technischen Handelns – beim Herstellen neuer Technik
einerseits und beim Verwenden bestehender Technik andererseits – zu finden
sind.
Zweitens nach den jeweils konstitutiven Vermittlungs- und Stabilisierungsverhältnissen.
Für das Herstellen wird dabei hervorgehoben, dass technisches Handeln so-
wohl technisch vermittelt als auch sozial organisiert ist, während für das Ver-
wenden die technische Vermittlung und sinnliche Verkörperung im Vorder-
grund stehen.
Drittens werden beide Modi technischen Handelns zu allgemeineren Mustern
von Wandel und Stabilität in Beziehung gesetzt: Herstellen zur Emergenz des
Neuen und Verwenden zur Improvisation des Bekannten.
In dieser idealtypischen Betrachtung treten beim Herstellen die sozialen Prägun-
gen von Technik in den Vordergrund, die sich im offenen Entwicklungshandeln
äußern und meist auf der organisationalen Meso-Ebene untersucht werden. Dage-
gen scheint beim Verwenden die prägende Kraft von Technik stärker auf das So-
ziale einzuwirken und wenn schon nicht zu determinieren, dann doch wenigstens
weiter festzulegen, wobei das Verwenden von Technik üblicherweise in konkreten
Nutzungssituationen auf der Mikro-Ebene erfasst wird. Damit ist nicht gesagt,
dass es keine Mikro-Studien des Herstellens geben kann oder keine Makro-
Studien des Verwendens – wie etwa beim Vergleich kultureller Gebrauchsmuster.
Ebenso wenig sind die beiden anderen Kriterien exklusiv in dieser Weise auf Her-
stellen und Verwenden zugeschnitten. In der eben skizzierten Weise zeigen sich
jedoch zwei dominante Muster, die für eine erste Unterscheidung zwischen den
beiden Modi technischen Handelns nutzbar gemacht werden können. Die Fragen
der Wechselwirkungen zwischen Technischem und Sozialem, zwischen Wandel
und Stabilität sowie zwischen Mikro und Makro sollen somit im Sinne eines nicht-
reduktiven Begriffs technischen Handelns auf die konstitutiven Überlagerungen,
Verschränkungen und Bruchlinien zwischen allen drei Aspekten aufmerksam ma-
chen.
2. Die klassische Kontroverse
Fragt man nach dem Zusammenhang von Wandel und Stabilität in Bezug auf
Technik und Gesellschaft, so finden sich in der Literatur zwei gegensätzliche Posi-
tionen, die um die Frage kreisen, welche zeitliche bzw. kausale Wirkbeziehung
zwischen sozialem und technischem Wandel besteht. Insbesondere die gesell-
schaftlichen und technischen Umwälzungen der industriellen Revolution haben
das soziologische Nachdenken zu dieser Frage nachhaltig herausgefordert. Und
schon in den Anfängen der Soziologie standen sich zwei unterschiedliche Inter-
pretationen scheinbar inkommensurabel gegenüber. Auf der einen Seite die Auto-
ren, denen ein Hang zu Betonung des Technischen und damit die Position eines
Einleitung: Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns 9
technischen Determinismus nahegelegt wird. Es wird sich im Folgenden zeigen,
dass diese Einordnung jedoch nicht zutrifft. Auf der anderen Seite die Befürwor-
ter einer sozialdeterministischen Position, die den technischen Wandel als nach-
rangig zum sozialen Wandel versteht. Als Vertreter der ersten Position werden
hier zwei der bekanntesten Autoren behandelt, Karl Marx und William Ogburn.
Als Vertreter der zweiten Position, und nicht minder bekannt, Max Weber und
Lewis Mumford. Typischerweise konstatiert die technikdeterministische Perspek-
tive, dass der technische Wandel dem sozialen Wandel vorausgeht und damit als
Auslöser gesellschaftlicher Veränderungen gelten kann. Entgegengesetzt dazu
argumentiert die sozialdeterministische Perspektive, dass der technische Wandel
dem sozialen Wandel nachfolgt und daher von ihm bestimmt wird. Die hier vor-
genommene Betrachtung dieser klassischen Kontroverse spitzt diese Perspektiven
zu, um die jeweiligen Standpunkte deutlicher zu konturieren und ihre Grenzen
aufzuzeigen.
Marx & Weber
Das paradigmatische Zitat für die Position des Technikdeterminismus stammt
bekanntlich von Marx: „Die Handmühle ergibt eine Gesellschaft mit Feudalher-
ren, die Dampfmühle eine Gesellschaft mit industriellen Kapitalisten“ (Marx 1972
[1885]: 130). Das Zitat liest sich zunächst als klare Kausallinie von der technischen
Erfindung zur sozialen Ausprägung: Technische Neuerungen in den Produkti-
onsmitteln ziehen jeweils spezifische Formen gesellschaftlicher Produktionswei-
sen nach sich. Gegen eine solche Interpretation der Geschichte hat sich Weber in
seiner Replik auf Sombarts Vortrag zum Verhältnis von Technik und Kultur auf
dem Soziologentag 1910 vehement verwehrt:
„Marx gibt eine Definition des Begriffs Technik meines Wissens nicht. Es
steht aber bei Marx, bei dem sehr Vieles steht, was, wenn man genau und pe-
dantisch, wie wir es tun müssen, analysiert, nicht nur widerspruchsvoll scheint,
sondern wirklich widerspruchsvoll ist, unter anderem eine oft zitierte Stelle des
Inhalts: Handmühle bedingt Feudalismus, Dampfmühle bedingt Kapitalismus.
Das nun ist eine nicht ökonomische, sondern technologische Geschichtskon-
struktion, – und von der Behauptung selbst ist einwandsfrei zu konstatieren,
daß sie einfach falsch ist. Denn das Zeitalter der Handmühle, welches ja bis an
die Schwelle der Neuzeit heranreicht, hat Kultur-»Ueberbauten« aller denkba-
ren Art auf allen Gebieten gesehen.“ (Weber 1988 [1911]: 450)
Sowohl Weber als auch Sombart argumentieren in ihren jeweiligen Vorträgen
gegen eine einseitige technologische Geschichtsschreibung, wobei Sombart sehr
viel stärker als Weber die wechselseitige Verwobenheit von technischem und kul-
turellem Wandel hervorhebt (Sombart 1911). Weber dagegen befürwortet in sei-
ner Replik eine schärfere Trennung sozialer und technischer Aspekte und betont
den Primat des Sozialen gegenüber dem Technischen. Diese besondere Bedeu-
tung von „Kultur-Überbauten“ findet sich nicht zuletzt in seiner Studie zum pro-
testantischen Geist des Kapitalismus (1988 [1920]) mit der These, dass sich die
kapitalistischen Produktionsverhältnisse aus den religiösen Vorstellungen des Pro-
testantismus entwickeln. Damit wendet sich Weber sowohl gegen einen techni-
10 Unbestimmte Technik
schen als auch einen ökonomischen Determinismus bzw. gegen eine daraus ent-
wickelte materialistische Geschichtsauffassung (ohne jedoch ihre Mitwirkung zu
verneinen). Gesellschaftlicher Wandel geht nach dieser Vorstellung vom kulturel-
len Wandel aus. Der kulturelle Wandel ist dem technischen und ökonomischen
Wandel zeitlich vorgelagert und damit, wenn schon nicht zwingende Ursache,
zumindest dessen Wegbereiter. An dieser Stelle ist Webers berühmte Figur des
stahlharten Gehäuses einschlägig:
„Nur wie ‚ein dünner Mantel, den man jederzeit abwerfen könnte‘, sollte nach
Baxters Ansicht die Sorge um die äußeren Güter um die Schultern seiner Heili-
gen liegen. Aber aus dem Mantel ließ das Verhängnis ein stahlhartes Gehäuse
werden. Indem die Askese die Welt umzubauen und in der Welt sich auszuwir-
ken unternahm, gewannen die äußeren Güter dieser Welt zunehmende und
schließlich unentrinnbare Macht über den Menschen, wie niemals zuvor in der
Geschichte. Heute ist ihr Geist ob endgültig, wer weiß es? aus diesem Ge-
häuse entwichen. Der siegreiche Kapitalismus jedenfalls bedarf, seit er auf me-
chanischer Grundlage ruht, dieser Stütze nicht mehr.“ (ebd.: 203f.)
Man kann dies auf die einfache Formel „Technik ersetzt Geist“ bringen, in der die
mechanische Technik der religiösen Askese nachfolgt, um sie schlussendlich über-
flüssig zu machen. Allerdings hatte Marx selbst weder eine rein ökonomische
noch eine rein technische Geschichtsschreibung im Sinn – und Weber selbst wirft
ihm ja zunächst nur unklare bzw. widersprüchliche Argumentation vor. Betrachtet
man das Zitat der Handmühlen und Dampfmaschinen im Kontext, so zeigt sich
Marx‘ Interesse an den Wechselwirkungen zwischen Technik, Ökonomie und
Gesellschaft. Sowohl Technik als auch die ökonomischen und sozialen Verhält-
nisse sind Produkte menschlichen Handelns. Marx will untersuchen, wie eine Ver-
änderung der Produktivkräfte zu einer Veränderung der Produktionsweise und
schließlich zu einer Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse führt. Der
Eindruck eines technischen Determinismus in Marx‘ Denken wird in der Regel
dadurch erzeugt, dass Marx anthropologisch an der für ihn zentralen Kategorie
der Arbeit ansetzt und damit an konkreten, technisch vermittelten Handlungssitu-
ationen. In dieser Weise verfolgt er jedoch eher ein Argument der Institutionali-
sierung, als dass er einen Beleg für technische Determinationen liefern würde.
Ähnlich wie Webers Protestantismusthese geht es ihm um die Ausbreitung spezifi-
scher gesellschaftlicher Muster in Raum und Zeit. Aus jeweils lokalen Handlungswei-
sen, insbesondere aber aus besonderen Formen der Arbeit (bei Marx und Weber)
entwickeln sich im Lauf der Zeit überregionale und dauerhafte gesellschaftliche
Muster. Diese Muster, und das ist für Marx von zentraler Bedeutung, sind jedoch
niemals festgefügt und unveränderlich, sondern kontinuierlich in Bewegung.
Insofern ist Marx der Weberschen Position deutlich näher als anfangs zu ver-
muten war. Der Unterschied zwischen beiden besteht darin, dass Marx auf die
Wechselwirkungen von technischen, ökonomischen und sozialen Aspekten ab-
hebt, während Weber die kulturellen Veränderungen klar vor die beiden anderen
setzt und damit einen sozialen bzw. kulturellen Determinismus am Werke sieht.
So zumindest in der scharfen Form seiner Replik. Am Ende der protestantischen
Ethik wirbt auch Weber für eine gemeinsame Betrachtung sozialer, technischer
und ökonomischer Einflüsse auf den gesellschaftlichen Wandel:
Einleitung: Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns 11
„[...] so kann es dennoch natürlich nicht die Absicht sein, an Stelle einer einsei-
tig ‚materialistischen‘ eine ebenso einseitig spiritualistische kausale Kultur- und
Geschichtsdeutung zu setzen. Beide sind gl e i ch möglich, aber mit beiden
ist, wenn sie nicht Vorarbeit, sondern Abschluß der Untersuchung zu sein be-
anspruchen, der historischen Wahrheit gleich wenig gedient.“ (Weber 1988
[1920]: 205)
In einer zugehörigen Fußnote verschärft Weber diese Sichtweise und konstatiert,
dass alleine „Dilettanten“ an eine „Einheitlichkeit“ kultureller Muster bzw. deren
„Reduzierbarkeit auf eine Formel“ glauben würden. Und Weber hat wie Marx die
oft enge empirische Verknüpfung von technischem und wirtschaftlichem Handeln
– genauer zwischen technischer und wirtschaftlicher Rationalität – konzeptuell
nicht zugelassen und sich so gegen eine Reduktion des einen auf das andere ge-
wandt (Weber 1922: 32f.). Nichtsdestotrotz bleibt Weber bei einem rationalen
Modell technischen Handelns und damit einer instrumentalistischen Lesart ver-
haftet. Insofern reduziert er technisches Handeln auf eine technische (Zweck-
)Rationalität, in der Technik primär als reines Mittel zum Zweck und damit den
menschlichen Zielen untergeordnet ist. Und so verbleibt er in der von Dewey
kritisierten Tradition, die Mittel den Zwecken unterzuordnen (Dewey 1929 [1925]:
121ff.).
Gegen diese Reduktion soll der hier verfolgte Begriff des technischen Han-
delns gerade für das Wechselspiel von Zwecken und Mitteln sensibel sein und die
Verschränkungen von technischen, ökonomischen, kulturellen und körperlichen
Aspekten technischen Handelns und gesellschaftlichen Wandels ins Zentrum rü-
cken. Wie derartige Interdependenzen aussehen können, wird wiederum entlang
einer klassischen Gegenüberstellung gezeigt.
Ogburn & Mumford
Als ein weiteres Konzept mit technikdeterministischer Grundorientierung gilt
Ogburns These des „cultural lag“ (Ogburn 1922). Sie besagt, dass sich die ausdif-
ferenzierten und gleichzeitig voneinander abhängigen Bereiche moderner Gesell-
schaften unterschiedlich schnell wandeln und dass diejenigen Bereiche mit gerin-
gem Wandlungstempo denjenigen Bereichen mit erhöhtem Wandlungstempo
gewissermaßen hinterherhinken bzw. sich ihnen anpassen müssen. Ogburn sieht
insbesondere technische Erfindungen als Treiber sozialen Wandels in der Moder-
ne, da sie in einem enormen Entwicklungstempo voranschreiten und Anpassungs-
leistungen von fast allen anderen Bereichen der Gesellschaft verlangen. Die tech-
nischen Erfindungen gehören für Ogburn zur „material culture“, die aus Häusern,
Wegen, Fabriken und Produkten besteht. Dagegen besteht die „non-material cul-
ture“ aus den Sitten, Gebräuchen und sozialen Institutionen einer Gesellschaft
und innerhalb dieser non-material culture findet sich die „adaptive culture“, die
sich den Veränderungen der material culture anpassen muss (ebd.: 202f.). Der
cultural lag bezeichnet nun die zeitliche Verzögerung und den Anpassungsdruck
zwischen Veränderungen in der material culture und der adaptive culture.
12 Unbestimmte Technik
Damit stellt Ogburn nicht nur fest, dass sich sozio-technische Dynamiken im
Zentrum moderner gesellschaftlicher Wandlungsprozesse befinden, er weist dar-
über hinaus auf ein bestimmtes Muster und eine Problematik dieses Wandels hin.
Das Muster findet sich in den unterschiedlichen Wandlungsgeschwindigkeiten
interdependenter gesellschaftlicher Teilbereiche und die Problematik in den dar-
aus resultierenden Anpassungsstörungen zwischen ihnen. Damit ist die These des
cultural lag keine allgemeine These über den Zusammenhang von technischem
und gesellschaftlichem Wandel, sondern eine spezifische Hypothese über die so-
zio-technischen Wandlungsdynamiken moderner Gesellschaften, in der die Trieb-
kraft der Transformationen von den technischen Entwicklungen auszugehen
scheint.
Als Gegenthese zu Ogburns cultural lag lässt sich Mumfords Konzept der
„cultural preparation“ (Mumford 1934: 9ff) lesen. Kurz gefasst zielt es darauf ab,
die kulturellen Vorbedingungen zur Ausbreitung einer spezifischen material cul-
ture, des Kapitalismus, zu klären. Dabei argumentiert Mumford ähnlich wie We-
ber und auch sein prägnantes Beispiel verweist auf die Bedeutung der Religion in
der Entwicklung des modernen Kapitalismus. Es sei nämlich die Uhr, und zwar
die Klosteruhr, die dem modernen Kapitalismus den Weg bereitete – und nicht
etwa die Dampfmaschine. Und selbst die Klosteruhr stehe als Technik nicht am
Beginn dieser Entwicklung, sondern das geplante und asketische Klosterleben,
dem die Uhr allein eine äußere Form gibt. Die Maschine folgt somit bestimmten
Formen der sozialen Organisation nach:
„The fact is, at all events, that the machine came most slowly into agriculture,
with its life-conserving, life-maintaining functions, while it prospered lustily
precisely in those parts of the environment where the body was most infa-
mously treated by custom: namely, in the monastery, in the mine, on the battle-
field.“ (ebd.: 36)
Denn noch bevor der Mensch komplizierte technische Maschinen herstellen
konnte, erschuf er höchst differenzierte soziale Maschinen („Megamaschinen“),
wie beispielsweise den altägyptischen Staat mitsamt der Mechanisierung des Men-
schen durch Religion und Rituale (Mumford 1967). Um das Verhältnis von tech-
nischem und kulturellem Wandel anschaulicher zu machen, übernimmt Mumford
die Metapher der „Pseudomorphose“ von Oswald Spengler (Mumford 1934:
263ff.). In der Mineralogie bezeichnet Pseudomorphose die Gestaltbildung eines
Minerals in einem Umgebungsgestein. Die Form eines pseudomorphen Minerals
bestimmt sich demnach nicht aus seiner eigenen Struktur, sondern folgt den
Hohlräumen, die beispielsweise durch Auswaschungen entstanden. Übertragen
auf Technik bedeutet dies, dass die maschinelle Entwicklung den mehr oder weni-
ger ausgetretenen Pfaden kultureller Prägung folgt und nicht andersherum. Und
auch für die Dynamik des Wandels sieht Mumford kulturelle Vorbedingungen, die
sich im 17. Jahrhundert ausbildeten. Zu dieser Zeit verstärke und beschleunige
sich die Kontrolle des Menschen über seine Umgebung hin zu einer „Erfindungs-
pflicht“ (ebd.: 52ff.), die sich schließlich in der technischen Beherrschung und
Reformulierung der Natur Bahn breche und die bis dahin dominierenden religiö-
sen Vorstellungen ablöse. Die technischen Erfindungen sind jedoch nicht die Ur-
sache, sondern eher das Symptom dieses Wandels, dessen Grundlage eine verän-
derte Haltung des Menschen zu seiner Umgebung ist. Nur durch diesen kulturel-
Einleitung: Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns 13
len Wandel konnte die technische Erfindungspflicht zu einem hoch geschätzten
Selbstzweck werden. Auch hier zeigt sich wieder die Weber‘sche Kurzformel
„Technik ersetzt Geist“ und mit ihr eine kontrastierende Perspektive auf den
Wandel von Technik und Gesellschaft. Technik kann aber auch hier den Geist nie
Eins-zu-Eins ersetzen, es finden auf dem Weg von der inneren Idee zur äußeren
Materialität immer Verschiebungen statt, die eher eine Differenz als eine einfache
Äquivalenz vermuten lassen. Ebenso bleibt trotz der zunehmenden Bedeutung
äußerer Güter eine Vermehrung innerer Disziplinierungs- und Selbst-Techniken
nicht aus (Foucault 1993 [1988]; Elias 1997 [1939]).
Stellt man die Konzepte von Ogburn und Mumford gegenüber, so fällt auf,
dass sie beide eine deutliche zeitliche Struktur enthalten. Cultural lag und cultural
preparation bezeichnen klare, wenn auch entgegengesetzte zeitliche Wirkbezie-
hungen. Einmal hinkt die Kultur der Technik hinterher, das andere Mal schreitet
sie voraus. Besonders deutlich wird das in der Ogburns-Formulierung des cultural
lag als Zusammenhang zwischen unabhängiger und abhängiger Variable. In Mum-
fords Metapher der Pseudomorphose steckt eine ähnliche zeitliche Abfolge.
Während man Mumford weitgehend als Verfechter einer sozialdeterministi-
schen Position bezeichnen kann, ist die entgegengesetzte Festlegung von Ogburn
auf einen technischen Determinismus nicht so einfach. Zwar argumentiert Og-
burn, dass in der modernen Gesellschaft ein Großteil des cultural lag von den
Erfindungen der material culture ausgehe, das allein reicht jedoch noch nicht für
eine klare technikdeterministische Positionierung. Erstens, weil ein cultural lag
nicht zwingend von der material culture ausgehen muss. Auch Ogburn nennt
hierfür Beispiele, wie etwa den Wandel religiöser Einstellungen, die Veränderun-
gen in Ernährungs- oder Bauweisen bedingen (Ogburn 1922: 268f.), wobei also
die material culture von der non-material culture beeinflusst wird. Zweitens, weil
die material culture bereits Teil der Gesamtkultur ist:
„The word, culture, properly includes, as does the term, social heritage, both
the material culture and also such parts of culture as knowledge, belief, morals,
law, and custom.“ (ebd.: 4)
Ogburn trennt hier nicht dichotom zwischen Technischem und Sozialem, son-
dern sieht beide als Teile eines komplexen Gemenges. Insofern steckt im Techni-
schen auch schon immer das Kulturelle und man kann kaum von einer einfachen
Determination ausgehen. Ogburn verfolgt vielmehr den Gedanken einer zuneh-
menden Abnabelung des Menschen von der natürlichen Umwelt, in der in den mo-
dernen Gesellschaften auf die Herausbildung einer sozialen Umwelt, der „social
heritage“ durch Sitten und Gebräuche die Entwicklung einer technischen Umwelt
folgt (vgl. Ogburn 1964: 78ff.). In den sich für den Menschen verändernden Be-
deutungen der natürlichen, sozialen und technischen Umwelt stellt letztere zudem
eine sich rapide wandelnde Umwelt dar. Während sich die natürliche Umwelt nur
sehr gemächlich ändert, sind die Prozesse sozialen Wandels demgegenüber schon
deutlich beschleunigt, ohne jedoch an die Geschwindigkeiten des technischen
Wandels heranzureichen. Ogburn interessiert sich daher vor allem für die Analyse
der unterschiedlichen Wandlungsgeschwindigkeiten und der daraus resultierenden
Spannungen zwischen unterschiedlichen Bereichen moderner Gesellschaften.
14 Unbestimmte Technik
Und ganz so einfach lässt sich Mumford auch nicht in die Ecke des Sozialde-
terminismus stellen. In seiner späteren Gegenüberstellung von „autoritärer“ und
„demokratischer“ Technik (Mumford 1964) weist er darauf hin, dass sich techni-
sche und soziale Strukturen wechselseitig stabilisieren, um entweder ausgedehnte
und hierarchische Muster im Fall autoritärer Technik auszubilden oder eher lokale
und dezentrale Muster im Falle demokratischer Technik. In der Tat bestehe die
Wiege unserer Zivilisation vor etwa 6000 Jahren, so Mumford, aus der Zusam-
menkunft autoritärer Techniken mit autoritären Sozialformen. Die neue Instituti-
on des Königtums im alten Ägypten verknüpfte beispielsweise verschiedene
Techniken der Bürokratie, der Berechnung, des Transports und der Bewässerung
in einem bis dahin ungekannten Ausmaß. Und nur durch diese Verknüpfung
konnte das Königtum der Pharaonen selbst entstehen. Auch hier zeigt sich also,
dass eine einfache zeitliche oder kausale Differenz zwischen technischem und
gesellschaftlichem Wandel kaum herzustellen ist. Vielmehr handelt es sich um ein
komplexes Geflecht sozio-technischer Wechselwirkungen.
Technischer oder gesellschaftlicher Wandel?
Trotz aller Unterschiede lässt sich zuerst festhalten, dass alle vier Autoren die
Wechselwirkungen sozialen und technischen Wandels als zentrale Arenen gesell-
schaftlicher Entwicklungen erachten. Keiner der jeweiligen Autoren würde be-
streiten, dass die engen Zusammenhänge von Technik und Gesellschaft sowohl
für die Gesellschaft selbst als auch für die Soziologie von immanenter Bedeutung
sind.
In der Gegenüberstellung von Marx mit Weber und Ogburn mit Mumford
zeigt sich dagegen besonders augenfällig, worauf die Unterschiede zwischen den
Positionen beruhen. Spitzt man Webers und Mumfords Perspektive zu, so ergibt
sich die prägnante Formel „Soziales bedingt Technik“ (ST) als Vorbedingung
für die Formel „Technik ersetzt Geist“. Darin bleiben eine deutliche Trennung
von Technischem und Sozialem sowie ein Primat des Sozialen enthalten. Dieser
Primat äußert sich insbesondere in der zeitlichen Vorrangigkeit des sozialen
Wandels, d.h., dass der technische Wandel – oder zumindest seine gesellschaftli-
che Relevanz – in den vorgeformten Bahnen des Sozialen stattfindet. Nur dort,
wo sich Gesellschaft schon aus sich selbst heraus geändert hat, können die techni-
schen Neuerungen wirksam folgen. Diese Grundformel findet sich auch in aktuel-
leren Konzepten wieder, etwa im Ansatz der Social Construction of Technology
(SCOT, Pinch & Bijker 1984; Bijker 2010), der die soziale Prägung technischer
Artefakte im Herstellungszusammenhang betont oder in Studien zur nutzer-
zentrierten Aneignung von Technologie, in denen der Verwendungszusammen-
hang im Vordergrund steht (Oudshoorn & Pinch 2003).
Allerdings lassen sich die Positionen von Marx und Ogburn kaum auf die Um-
kehrung dieser Formel zu einem „Technik bedingt Soziales“ (TS) reduzieren.
Statt einer strikten Trennung von Technischem und Sozialem setzen Marx und
Ogburn auf deren enge Verschränkung. Selbst Ogburns These des cultural lag ist
nur scheinbar eine komplette Verkehrung der Positionen von Weber und Mum-
ford. Sowohl Marx als auch Ogburn interessieren sich für die Verknüpfungen von
Einleitung: Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns 15
Technik und Sozialem, aus denen spezifische historische Muster entstehen. Sie
argumentieren weder für eine Trennung noch für eine eindeutige zeitliche Abfolge
von technischem und sozialem Wandel. Anstatt von zwingenden Determinismen
auszugehen werden kontingente Wechselwirkungen betont. Es ist daher kaum
verwunderlich, dass sich ein stark formulierter Technikdeterminismus in der sozi-
ologischen Literatur nicht finden lässt – in gewisser Weise handelt es sich eher um
einen Mythos, der als krasser Gegenpol zu einer allgemeinen soziologischen Posi-
tion beschworen wird. Was sich finden lässt, sind Formen eines „weichen“ De-
terminismus (MacKenzie & Wajcman 1999 [1985]: 4), die von einer Kompatibili-
tät bestimmter technischer und sozialer Formationen ausgehen (vgl. Winner
1980). So sind Dampfmühle und industrieller Kapitalismus eher zueinander kom-
patibel als Handmühle und industrieller Kapitalismus. Und die Dampfmühle ver-
trägt sich nicht so gut mit einer Gesellschaft der Feudalherren. Schließlich findet
sich dann aber auch weder bei Weber noch bei Mumford ein wirklich „harter“
Sozialdeterminismus, sondern vielmehr eine starke Betonung der sozialen Aspekte
in Prozessen sozio-technischen Wandels.
Fassen wir die Punkte noch einmal zusammen, so zeigt sich, dass streng de-
terministische Positionen auf einer zweifachen Reduktion beruhen: erstens wird
dichotom zwischen Technischem und Sozialem unterschieden, zweitens wird
entweder der technische oder der soziale Wandel als zeitlich und kausal vorgängig
betrachtet. Technik erscheint demnach entweder als autonome Macht oder als
neutrales Mittel. Unterscheidet man die deterministischen Positionen nach den
ihnen zugrunde liegenden Reduktionen, so ergeben sich insgesamt vier Stand-
punkte:
1. Technik wird auf Soziales reduziert: Sozialdeterminismus,
2. Soziales wird auf Technik reduziert: Technikdeterminismus.
Neben diesen beiden Reduktionen von Technischem auf Soziales und umgekehrt
finden sich zudem zwei disziplinbezogene Abgrenzungen:
3. Soziales wird auf Soziales reduziert:
klassische soziologische Perspektive,
4. Technik wird auf Technik reduziert:
klassische ingenieurswissenschaftliche Perspektive.
Durch diese einseitigen Verkürzungen kann jedoch keine dieser Positionen die
konstitutiven Wechselwirkungen zwischen technischem und sozialem Wandel
adäquat fassen (Latour 2002, 2008 [1991]; Rammert 2012). Und so finden sich
auch schon bei Marx und Ogburn Denkfiguren, die derartige Reduktionismen
vermeiden und die engen Verwobenheiten sozialen und technischen Wandels
herausstellen. Die Punkte, an denen Technik und Soziales bei Weber und Mum-
ford zusammen kommen, bestehen vornehmlich in einer Strukturähnlichkeit sozi-
aler Ordnung mit technischen Arrangements, die sich in modernen Formen von
Differenzierung und Rationalisierung überschneiden. Gesellschaft und Technik
folgen gewissermaßen dem gleichen Organisationsprinzip, für das paradigmatisch
die Maschine steht, das aber selbst keine materielle Technik ist (vgl. das „Gestell“
bei Heidegger 1962; und die „Technique“ bei Ellul 1964 [1954]). Auf dieser Abs-
traktionsebene sind die Konzepte jedoch erstens zu grob, um die Eigenheiten von
Herstellungs- und Verwendungskontexten zu erfassen, zweitens gehen sie von
16 Unbestimmte Technik
einer idealisierten Vorstellung von Technik als zweckrational funktionierender
Maschine aus.
Die Herausforderungen für ein nicht-reduktionistisches Verständnis technischen Han-
delns liegen folglich darin, auf eine fundamentale Trennung von Technischem und
Sozialem zu verzichten, ohne dabei ihre jeweiligen Eigenheiten zu übersehen.
Technisches Handeln ist aus nicht-reduktionistischer Perspektive sowohl tech-
nisch vermittelt als auch sozial verteilt. Anders ausgedrückt werden Technik und
Soziales nicht essentialistisch auf sich selbst zurück geworfen, sondern in ihren
konstitutiven Beiträgen für die Praxis technischen Handelns und gesellschaftli-
chen Wandels analysiert. Damit verweist technisches Handeln auf die konkreten
Kontexte und Modi des Herstellens und Verwendens von Technik und kann
nicht von ihnen abgekoppelt werden. Diese Idee findet sich schon bei Marx, der
von konkreten Produktionssituationen ausgeht und sie findet sich, wenn auch
nicht ausformuliert, in Ogburns Verständnis der material culture. Doch obwohl
Marx und Ogburn in dieser Richtung nach den Wechselwirkungen von Technik
und Sozialem suchen, so wohnt ihren Ansätzen noch eine substanzialistische Vor-
stellung von Technik als einem fertigen und abgeschlossenen Artefakt inne D.h.
sie gehen (wie auch Weber und Mumford) zuerst einmal von der Idee funktionie-
render Technik aus, die in einem zweiten Schritt in die sozialen Beziehungen ein-
gewoben wird. Die Annahme einer einfach funktionierenden und in sich ge-
schlossenen Technik wird in der Wissenschafts- und Technikforschung jedoch
seit geraumer Zeit kritisiert (vgl. Rammert 1989).
3. Technik als Ding und technisches Handeln
Um die Positionsbestimmungen weiter zu konturieren, wird im Folgenden der
klassische, geschlossene Technikbegriff hin zu einem offenen Technikbegriff er-
weitert und in den Kontext des technischen Handelns gesetzt. Damit ist eine wei-
tere Frage angesprochen, nämlich wie man vom klassischen substanzorientierten
hin zu einem prozessorientierten Verständnis von Technik kommen kann, das
sich besser für die Analyse sozio-technischer Dynamiken eignet.
Die Idealvorstellung einer geschlossenen, immer-fertigen und funktionierenden
Technik ist ebenso verbreitet wie fehlleitend (vgl. Wynne 1988; Collins & Pinch
1998). Sie postuliert einen abstrakten Technikbegriff, der nur selten der Realität
technischen Handelns standhalten kann. Dieser abstrakte Technikbegriff lässt sich
zunächst auf drei Eigenschaften technischer Artefakte zurückführen, die zwar
notwendig, aber nicht hinreichend für eine Bestimmung technischen Handelns
sind: (1) die Wiederholbarkeit der Wirkung, (2) den Modus der kausalen Simplifi-
kation und (3) die Materialität des Artefakts. Die folgende Diskussion wird auf die
Klärung dieser Punkte zielen, indem sie den Begriff des technischen Handelns
nicht vornehmlich substanzorientiert als ein Handeln von Technik konzipiert,
sondern prozessorientiert als ein Handeln mit Technik.
Diese Perspektive ist nicht-reduktionistisch in dem Sinne, dass sowohl techni-
sche Artefakte als auch menschliche Akteure konstitutiv am technischen Handeln
beteiligt sind. Beide werden auch nicht per se auf eine ontologische oder sprachli-
Einleitung: Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns 17
che Egalität reduziert. Eine pragmatistische Formulierung des technischen Han-
delns zielt damit weder darauf, begriffliche Unterscheidungen zwischen Menschen
und Technik zu vermeiden, wie dies vom „generalisierten Symmetrieprinzip“ in
der ANT postuliert wird (Callon 1986: 200). Ebenso wenig sollen die Rollen im
Vorhinein zwischen aktiven Akteuren und passiven Artefakten verteilt werden –
also keine rein sozialdeterministische Geschichtsschreibung im Sinne kultureller
Überbauten vorgenommen werden. Die Herausforderung besteht vielmehr darin,
technisches Handeln, sowohl das Herstellen als auch das Verwenden, als Zonen
der „Artikulation“ (Latour 1994) von Mensch und Technik zu konzipieren, d.h.
als Prozesse, in denen Eigenschaften zwischen menschlichen Akteuren und mate-
riellen Artefakten ausgetauscht werden, wie Latour am bekannten Beispiel der
Bodenschwelle festhält, „wo einige (wenn auch nicht alle) der Eigenschaften von
Beton zum Polizisten werden und einige (wenn auch nicht alle) der Eigenschaften
von Polizisten zu Straßenschwellen“ (Latour 2000 [1999]: 232). In den Zonen der
Artikulation werden dann die jeweiligen Überlagerungen und Verschränkungen
von Technischem und Sozialem produziert, die für das technische Handeln ty-
pisch sind. Man könnte auch sagen, technisches Handeln ist Artikulation in die-
sem Sinne, weil dort die vielfältigen technischen, kulturellen, ökonomischen, usw.
Aspekte des Herstellens und Verwendens ausgehandelt und miteinander verwo-
ben werden. Aus pragmatistischer Perspektive ist technisches Handeln somit von
einer konstitutiven Symmetrie gekennzeichnet, in der sich menschliche und tech-
nische Handlungsbeteiligungen wechselseitig bedingen (vgl. Dewey 1929 [1925]:
121ff.). Geht man in dieser Weise von einer konstitutiven Symmetrie technischen
Handelns aus, so wird deutlich, dass dieses zwar unweigerlich die Eigenheiten
gegenständlicher Technik berücksichtigen muss, aber eben nicht auf eine sub-
stanzorientierte Bestimmung von Technik reduziert werden kann.
I. Technik als wiederholbare Wirkung
Die erste Eigenschaft gegenständlicher Technik betrifft die Wiederholbarkeit von
Wirkungen. Technisches Funktionieren soll plan- und vorhersehbar sein – ist dies
nicht der Fall, gilt Technik als kaputt. Die Wiederholbarkeit der Wirkung ist Be-
standteil nahezu jeder Definition von Technik, etwa bei Rammert (1999: 3f.):
„Unter Technik ist die Gesamtheit derjenigen kreativ und kunstfertig hervor-
gebrachten Verfahren und Einrichtungen zu verstehen, die in Handlungszu-
sammenhänge als Mittler eingebaut werden, um Tätigkeiten in ihrer Wirksam-
keit zu steigern, um Wahrnehmungen in ihrem Spektrum zu erweitern und um
Abläufe in ihrer Verläßlichkeit zu sichern.“
Technik beruht demnach auf der „Einrichtung gesicherter Ereigniszusammen-
hänge“ (Schulz-Schaeffer 1999: 409). Technisches Handeln erscheint zunächst als
auf Repetition und Reproduktion ausgelegt, wobei ein Teil der Handlungszusam-
menhänge in technische Artefakte ausgelagert wurde. Diese Objektivierung wird
leicht als externer, technischer Zwang missverstanden, was jedoch eine unzulässi-
ge Verkürzung darstellt, denn die Objektivierung enthebt das Artefakt nicht den
Handlungszusammenhängen, vielmehr werden die Handlungszusammenhänge
durch Technik verändert. In konkreten Nutzungssituationen zeigt sich dann, dass
18 Unbestimmte Technik
Technik weder neutrales Mittel noch autonome Macht ist, sondern ein konstituti-
ver und transformativer Mittler (Latour 2002: 250; Rammert 2007: 47ff.).
Entgegen der Idee einer isolierenden Objektivierung stellt die vermittelnde Objek-
tivierung eine erste Prämisse technischen Handelns dar. Diese Prämisse setzt sich ihrer-
seits aus zwei Teilen zusammen. Erstens geht sie davon aus, dass Technik als Ob-
jektivation diejenigen Handlungszusammenhänge transformiert, in denen sie her-
gestellt und verwendet wird. Diesen Umstand stellte schon Hans Freyer in seiner
Theorie des objektiven Geistes als zentrale Eigenschaft technischer Objektivatio-
nen heraus:
„Das Gesamtbild des Handlungsverlaufs wird natürlich durch die Einfügung
dieser objektiv geistigen Form, dieses technischen Faktors verändert: einfach
deswegen, weil das Vorhandensein dieser Form die gegenständliche Struktur
des Wirkungsfeldes verändert hat, dem sich die Handlung dann anpassen muss.
Anstatt die Hand hohl zu machen, ergreife ich mittels ganz andersartiger Be-
wegungen die Trinkschale.“ (Freyer 1966 [1923]: 62)
Technik ist gewissermaßen ein „Einschub“ in diejenigen Handlungsvollzüge, in
denen sie hergestellt und verwendet wird. Sie ist, wie Freyer sagt, nicht selbstge-
nügsam. So bringt der technische Einschub, und das ist der zweite Teil der Prä-
misse, keine Eigengesetzlichkeit mit sich, sodass technische Objektivation gerade
keine Loslösung aus den Handlungszusammenhängen befördern, sondern viel-
mehr eine enge Verschränkung mit ihnen. Was Technik ausmacht ist, in welchen
Wechselwirkungen sie zu Subjekt und Objekt des Gebrauchs steht, wie auch
Popitz et al. (1957: 24) mit Bezug auf Freyer hervorheben:
„Die Annahme einer ‚Eigengesetzlichkeit‘ der Technik ist in diesem Falle ent-
weder eine unbegründete Spekulation – wenn die ‚Eigengesetzlichkeit‘ nämlich
als eine substantielle Eigenschaft der Technik verstanden wird – oder sie ist ir-
reführend: wenn sie lediglich die Tatsache bezeichnen soll, dass der Gesichts-
punkt des ‚Mittels‘ sich nicht durchhalten lässt und wenn darin ein Spezifikum
der Technik gesehen wird. Es gibt keine Objektivation menschlichen Tuns, die
sich ausschließlich als ‚Mittel‘ zu einem ‚Zweck‘ verstehen lässt. Jeder Gegen-
stand, den eine Hand formt, erfordert die Anerkennung seiner Existenz auch
unabhängig von dem Zweck, zu dem er geschaffen wurde.“
Technisches Handeln muss technische Artefakte also insofern „anerkennen“, als
dass es nicht im instrumentalistischen Sinne nur auf einen Zweck hin orientiert ist,
sondern gleichsam durch die Mittel mitgeprägt wird. Und ohne diese Anerken-
nung im konkreten Tun, d.h. ohne die spezifischen Verfahrensweisen, die den
Umgang mit Technik charakterisieren, würde auch Technik nicht funktionieren.
So wunderte sich etwa Sohn-Rethel in den 1920er Jahren nach einer Italienreise
darüber, dass in Neapel Technik grundsätzlich kaputt sei, aber trotzdem funktio-
niere, da die dortigen Nutzer die Maschinen und Gerätschaften immer wieder und
auch unter widrigen Umständen zum Laufen brächten (Sohn-Rethel 2009 [1926]).
Kaputte Technik lässt diese notwendige Anerkennungsleistung offensichtlich
werden, wie sie sich im findigen Reparieren und Warten zeigt. Technik im Allge-
meinen darf also nicht mit einer spezifischen Vorstellung von Technik als funkti-
onierendem Automatismus verwechselt werden. Und selbst die gängige Unter-
scheidung von „primitiver“ Technik als situativer Bastelei (Bricolage) und moder-
Einleitung: Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns 19
ner Technik als wissenschaftlich-technischem Ingenieurshandeln und universalem
Mechanismus (Lévi-Strauss 1973 [1962]) wird im Angesicht der Komplexität und
Kontingenz moderner Großtechnologien brüchig (Wynne 1988). So sieht auch
Lévi-Strauss hier keinen fundamentalen Unterschied am Werk, sondern lediglich
einen Wandel der Bezugspunkte. Der Bastler verbleibt in der jeweiligen Situation,
während der Ingenieur nach universaler Geltung sucht. Beide müssen sich aber
mit den Gegebenheiten der Situation abfinden und mit den jeweiligen Widerstän-
den umgehen (Lévi-Strauss 1973 [1962]: 32f.). So bastelt einerseits der Ingenieur
wie auch der Bastler andererseits einen durch vielfältige Erfahrungen geordneten
Zugang zur Welt besitzt.3
Allein die Wiederholbarkeit der Wirkung bedeutet somit nicht, dass Technik
eine abgeschlossene und unveränderliche Instanz sei. Vielmehr ist die Wiederhol-
barkeit der Wirkung ein Aspekt technischen Handelns, der auf Menschen und
Technik verteilt ist (Rammert 2012). Wenn Technik durch die Wiederholbarkeit
der Wirkung als stabiles und abgeschlossenes Produkt erscheint, dann nur weil die
sozio-technischen Prozesse des Herstellens und Verwendens unerlaubter Weise
ausgeblendet und technische Artefakte als außenstehend und selbstgenügsam fehl-
interpretiert wurden.
II. Technik als kausale Simplifikation
Die zweite Eigenschaft gegenständlicher Technik betrifft die Art und Weise, wie
die Wiederholbarkeit der Wirkung realisiert wird. Im gängigen Technikverständnis
beruht die Wiederholbarkeit auf Simplifikation, wodurch Technik als „funktionie-
rende Simplifikation im Medium der Kausalität“ (Luhmann 1991: 97) verstanden wer-
den kann. Innerhalb der Simplifikation beruht Technik somit auf determinierten
und in sich geschlossenen Abläufen, entlang derer sich die Wiederholbarkeit der
Wirkung einstellt. Das gilt nicht nur für moderne Maschinen, sondern ebenso für
einfache Werkzeuge, solange diese sich nicht selbstständig verändern und so in
erwartbarer Weise Wirkungen (re)produzieren. Das Merkmal moderner Technik
besteht allein darin, dass immer mehr solche funktionierenden Simplifikationen –
im Freyerschen Sinne als Teilstücke von Zweckhandlungen – aneinander gereiht
und ineinander verschachtelt werden. Diese Idee einer zunehmenden Kapselung
und Isolierung technischer Funktionsweisen in den modernen Gerätschaften illus-
triert etwa Blumenberg (1981: 34ff.) am Beispiel einer Türklingel. Sei bei früheren
Zug- und Drehklingeln die Funktionsweise noch offensichtlich und sinnlich er-
fahrbar, so seien moderne elektrische Klingeln undurchsichtig und sinnlich un-
3 Diese oftmals brüchigen Trennungen der wissenschaftlich-technischen Moderne von anderen
Wissens- und Organisationsformen hat Latour (2008 [1991]) prominent für die Wissenschafts-
und Technikforschung und darüber hinaus diskutiert. Seine „symmetrische Anthropologie“ setzt
dabei „in der Mitte“ an – bei den Vermischungen von Menschen und Nicht-Menschen, bevor die
moderne Reinigungsarbeit sie in zwei Lager teilt. So lässt sich ein Beharren auf Technik als funkti-
onierendem Automatismus als Teil der modernen Reinigungsarbeit verstehen, durch die die Aner-
kennungsleistungen des Reparierens und Wartens zum Verschwinden gebracht werden. Mit La-
tour ließe sich weiter vermuten, dass das Beharren auf einer isolierten wiederholbaren Wirkung
dazu führt, dass nur noch mehr repariert und gewartet werden muss.
20 Unbestimmte Technik
spezifisch, da sie einen Großteil des Klingelvorgangs in sich verbergen und die
Handlung des Menschen auf das Drücken des Klingelknopfes reduzieren. Dabei
handelt es sich jedoch nur um den Anschein der Abgeschlossenheit. Wie Freyer
sieht Blumenberg die Technik nicht als selbstgenügsam:
„Das Immer-Fertige, das auf den Fingerdruck Auslösbare und Abrufbare
rechtfertigt seine Existenz nicht [...]. Es ist legitimiert, in dem es bestellt, abge-
nommen, übernommen und in Betrieb gesetzt wird [...].“ (ebd.: 37)
Und in gleicher Manier sind auch die determinierten Abläufe funktionierender
Simplifikationen nicht losgelöst von ihrer Umwelt, sondern kontinuierlich mit
deren Komplexität konfrontiert. So geht Luhmann auch davon aus, dass gerade
durch die Aufschichtung und Verschachtelung von Simplifikationen in der mo-
dernen Technik die Wiederholbarkeit der Wirkung und somit die Kontrolle, Pla-
nung und Transparenz von Technik zunehmend fraglich wird (Perrow 1984;
Böhle et al. 2004; Weyer & Schulz-Schaeffer 2009), was sich insbesondere in den
komplexen Konstellationen moderner Technologie zeigt (Rammert 2012). Tech-
nik wirkt dann nicht mehr wie das scharfe Skalpell isolierter Kausalbeziehung,
sondern wie ein widerspenstiger bzw. schwerfälliger Golem (Collins & Pinch
1998).4
Blumenberg und Luhmann liefern trotz der Betonung der Kapselung und Iso-
lierung technischer Abläufe auch Argumente dafür, dass sich technisches Handeln
nicht auf ein instrumentalistisches Verständnis reduzieren lässt, sondern dass es
sich um ein situatives und kreatives „in Betrieb setzen“ handelt. Die zweite Prämisse
technischen Handelns ist somit, dass die Geschlossenheit von Technik zwingend ein-
hergeht mit der Offenheit des technischen Handelns, in der gerade durch die situativen
Abweichungen von geplanten Abläufen die Wiederholbarkeit der Wirkung und
die kausale Simplifikation realisiert werden können. Und insofern ist auch Technik
selbst niemals völlig in sich geschlossen, sondern wird immer von den situativen
Umgangsweisen mitbestimmt. Die Vorstellung einer in sich abgeschlossenen
Technik erscheint somit als zunehmend fraglich und in der Wissenschafts- und
Technikforschung werden dementsprechend alternative Konzepte einer „fluiden“,
offenen und wenig festgelegten Technik diskutiert (Akrich 1992; de Laet & Mol
2000; Law & Singleton 2005).
Überträgt man dies auf die Analyse von Technik in Herstellungs- und Verwen-
dungskontexten, so ergibt sich folgendes Bild: In den Herstellungssituationen zielt
das technische Handeln auf den ersten Blick auf die Isolierung kausaler Simplifi-
kationen, um ein funktionstüchtiges Gerät zu erschaffen. Lange Zeit galt dies als
ein durch technische Normen und Gesetzmäßigkeiten determinierter Bereich, bis
die Ansätze der Social Construction of Technology (Pinch & Bijker 1984) und der
Technikgeneseforschung (Rammert 1988) auf die soziale Prägung technischer
Artefakte hinwiesen (allgemein „Social Shaping of Technology“ SST, MacKenzie
4 Diese „störende“ Handlungsbeteiligung von Technik wird im jeweiligen Handlungszusammen-
hang offenkundig. Sie ist nicht an eine mehr oder weniger hohe Eigenaktivität von Technik im
Sinne eines gradualisierten Handlungsbegriffs (Rammert & Schulz-Schaeffer 2002) gebunden.
Avancierte Technologien wirken ob ihrer Komplexität oft „widerspenstiger“ als einfache Geräte
oder Werkzeuge, aber dabei handelt es sich eher um einen quantitativen Unterschied als um eine
qualitative Differenz zwischen einfacher und avancierter Technik.
Einleitung: Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns 21
& Wajcman 1985). In den Verwendungszusammenhängen wurde dagegen ein
regelkonformes Nutzen gemäß Betriebsanleitung vermutet. Dagegen zeigen ge-
nauere Untersuchungen von Gebrauchssituationen die vielfältigen situativen und
kreativen Umnutzungspraktiken (Kline & Pinch 1996; Oudshoorn & Pinch 2003).
Und selbst im hoch automatisierten Industriebetrieb bleiben Spielräume erhalten,
ja sie sind sogar notwendig, um das „reibungslose“ Funktionieren der Anlage zu
gewährleisten (Popitz et al. 1957).
Zusammengefasst ist technisches Handeln also ebenso vorausschauendes und
zweckorientiertes wie auch reflektiertes und kreatives Handeln (vgl. Joas 1992;
Popitz 2000 [1997]). Es ist zudem ein grundsätzlich explorativ-experimentelles,
also probierendes praktisches Handeln, durch das unbestimmte Situationen in
bestimmte Situationen transformiert werden (Dewey 1916; s.a. Schubert 2007;
Bogusz 2013). Somit ist technisches Handeln nicht unabhängig von technischen
Gegebenheiten in Form wiederholbarer Wirkungen und kausaler Simplifikationen,
aber auch nicht durch diese festgelegt. Sachtechnik determiniert nicht sondern
erleichtert manche Handlungsvollzüge, während sie andere erschwert. Insofern
besitzen technische Artefakte unterschiedlich ausgeprägten „Aufforderungscha-
rakter“ (im Sinne von „affordances“, Gibson 1986 [1979]), bis hin zu einer star-
ken Handlungsleitung, wie etwa bei Eingabemasken von Softwaresystemen, die
keine Alternativen zulassen. Diese Form eines technischen Zwangs lässt sich nun
als technisches Handeln (im Latourschen Sinn der Artikulation) zwischen Desig-
nern, Formaten und Nutzern begreifen. Und die empirische Forschung zeigt, dass
es oft nur die schon ohnehin stark formalisierten Bereiche des Lebens sind, in
denen sich derartige Standardisierungen ohne weitere Anpassungsleistungen der
Nutzer umsetzen lassen (Lampland & Star 2009; Timmermans & Epstein 2010).
Inwieweit Handlungen durch Technik standardisiert werden, kann dann nicht
allein auf die Funktion von Technik reduziert werden, sondern muss in den jewei-
ligen Handlungssituationen und -verflechtungen untersucht werden.
Obwohl das hier vorgestellte Verständnis technischen Handelns eher dessen
Offenheiten und Unbestimmtheiten im Gegensatz zu den klassischen Vorstellun-
gen von wiederholbarer Wirkung und kausaler Simplifikation betont, ist techni-
sches Handeln nicht voluntaristisch gedacht. Selbstverständlich ist technisches
Handeln auch an der Wiederholbarkeit technischer Wirkungen orientiert und
selbst oft repetitiv und routiniert. In pragmatistischer Lesart wird aber nicht ein
Entweder-Oder zwischen Festlegung und Flexibilität hervorgehoben, sondern das
Sowohl-als-Auch in der aktiven Auseinandersetzung des Menschen mit seiner
Umgebung (Dewey 1922). Insbesondere der U.S.-amerikanische Interaktionismus
hat sich kontinuierlich mit diesem Wechselspiel von Gegebenem und Gemachtem
in der Tradition des Pragmatismus beschäftigt. Für Everett Hughes etwa war das
Verhältnis von Routine und Notfall ein zentraler Referenzrahmen für die verglei-
chende Analyse von Arbeit, aber auch darüber hinaus (Hughes 1951). Und An-
selm Strauss richtet seine handlungstheoretischen Studien explizit an der Vermei-
dung von Dualismen, beispielsweise zwischen Zielen und Mitteln, Körper und
 ̩ Objekt und Subjekt, aus (Strauss 1993). Auch die unterschiedlichen Modi
technischen Handelns konstituieren sich somit in der situativen Kombination von
routinierten, explorativen, experimentellen und kreativen Handlungsanteilen, die
22 Unbestimmte Technik
sich beispielswese in Formen kompetenter Improvisationen mit technischen Arte-
fakten manifestieren (Schubert 2011).
III. Technik als materiales Artefakt
Allein die Wiederholbarkeit von Wirkungen und die kausale Simplifikation reichen
für eine Bestimmung technischer Dinge und technischen Handelns noch nicht
aus, da praktisch alle methodischen Verfahren diese beiden Eigenschaften aufwei-
sen, neben Sachtechniken etwa auch Handlungstechniken (vgl. Rammert 2007:
47ff.), wie die von Weber aufgezählten Gebets- oder Verwaltungstechniken. Erst
wenn Wiederholbarkeit und Simplifizierung in die materiale Form sachtechnischer
Artefakte gegossen werden, erhalten Sie eine äußere Gestalt, die dann wieder als
vermittelte Objektivierung in Handlungsvollzüge eingefügt werden kann. In die-
sem Sinne wird Technik tatsächlich unveränderlich und hart – oder wie Latour
(1991) titelt: „technology is society made durable“. Mit dieser Formel weist Latour
der Technik eine härtende Funktion im Sozialen zu, die eben aus der materialen
Gestalt der Artefakte rührt (vgl. Linde 1972). Rein soziale Beziehungen seien ge-
wissermaßen zu weich, bzw. zu flüchtig, um dauerhaft gesellschaftliche Muster zu
erzeugen. Sie haben kaum stabilisierende Kraft und müssen immer wieder neu
ausgehandelt werden. Erst die Härtung in materiellen Artefakten macht soziale
Ordnung dauerhaft möglich. Auch die von Weber und Mumford hervorgehobe-
nen sozialen Institutionen würden sich bei genauerem Hinsehen vermutlich als
sozio-materielle Gemische entpuppen, wobei die materiellen Aspekte nicht selten
für die Stabilisierung und Dauerhaftigkeit sorgen: Kein protestantischer Geist
ohne Uhr oder die materielle Akkumulation von Wohlstand. Dabei soll keines-
wegs für eine Vorgängigkeit des Technischen bzw. der Materialität vor dem Sozia-
len argumentiert werden, sondern – wie oben ausgeführt – für eine Gleichzeitig-
keit und Gemeinsamkeit (Law & Mol 1995).
Nach der lange beklagten „Exkommunikation“ der Sachen aus der Soziologie
(Linde 1972: 13) und der „Technikvergessenheit der Soziologie“ (Rammert 1998)
hat sich in den letzten Jahren ein deutlich zunehmendes Interesse an Materialitä-
ten entwickelt und eine fast schon unüberschaubare Flut sozialwissenschaftlicher
Publikationen hervorgebracht (vgl. Costall & Dreier 2006; Knappett & Malafouris
2008; Pinch & Swedberg 2008; Bennett 2010; Coole & Frost 2010; Ortlepp &
Ribbat 2010; Carlile et al. 2013). An dieser Stelle kann aber nur in kürzester Weise
auf die Wiederentdeckung der Materialität, insbesondere in Form materialer
Technik, hingewiesen werden. Für das das hier diskutierte Verständnis techni-
schen Handelns gilt es jedoch darauf hinzuweisen, dass es sich bei der oft zitierten
materialen Dauerhaftigkeit von Sachtechnik nur um eine vermeintlich stetige und
unwandelbare Eigenschaft handelt. Zwar ist der materiale Widerstand gegen
menschliche Intentionen eines der Hauptargumente für eine „material agency“
(Pickering 1993), aber darin erschöpft sich das Phänomen keineswegs. Materialität
und gerade auch materiale Technik sind immer auch von Zerfall und Verschleiß,
von Rostbildung und Materialermüdung bedroht. Technisches Handeln ist daher
auch immer Reparatur- und Wartungshandeln, wie im Falle von Störungen (Orr
1996; Potthast 2007) durch zunehmend „auffällig“, „aufdringlich“ oder gar „auf-
Einleitung: Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns 23
sässig“ werdendes Zeug (Heidegger 1967 [1927]: 72ff.). Es ist aber auch ein vor-
sorgendes, teilweise gar fürsorgliches Handeln, wie in den Beziehungen von For-
schern zu ihren Forschungsobjekten (Knorr Cetina 1997) oder in den emotiona-
len und intellektuellen Bindungen zu Alltagsgegenständen (Turkle 2007; Miller
2008).
Die Materialität von Technik weist darüber hinaus noch auf einen weiteren
wichtigen Punkt hin, und zwar auf die Bedeutung der Körperlichkeit technischen
Handelns (s. Lindemann 2009: 162ff.). Hieraus folgt die dritte Prämisse technischen
Handelns, nach der technisches Handeln immer sinnlich vermitteltes Erleben mit ein-
schließt. Gerade für einfache Werkzeuge ist diese enge materiell-sinnliche Relation
offensichtlich, worauf bekanntlich schon Heidegger (1967 [1927]: 69) in seiner
Analyse des Hämmerns hinwies (vgl. Ihde 2002, 2010). Über eine einfache Kör-
per-Technik-Relation hinaus argumentiert Dewey für ein mehrseitiges, materielles
Verhältnis in der Beziehung von Mensch, Technik und Umgebung:
„Man's bias towards himself easily leads him to think of a tool solely in relation
to himself, to his hand and eyes, but its primary relationship is toward other
external things, as the hammer to the nail, and the plow to the soil.“ (Dewey
1929 [1925]: 123)
Man könnte noch hinzufügen, dass im Pflug meist ein zusätzliches Verhältnis zum
Körper des Zugtiers vorzufinden ist und dass sich Technik in unterschiedlicher
Art und Weise zum menschlichen Körper verhalten kann. Beispielsweise unter-
scheiden sowohl Marx (1968 [1867]: 394) als auch Weber zwischen Werkzeug und
Maschine entlang ihrer Beziehung zum menschlichen Körper:
„Reine ‚Werkzeuge‘ sollen solche Arbeitsmittel heißen, deren Schaffung an den
psychophysischen Bedingungen menschlicher Handarbeit orientiert ist, ‚Appa-
rate‘ solche, an deren Gang menschliche Arbeit sich als ‚Bedingung‘ orientiert,
‚Maschinen‘: mechanisierte Apparate.“ (Weber 1922: 67)
Körperliches technisches Handeln lässt sich folglich ebenso wenig wie materiale
Technik selbst auf kausale Simplifikation oder wiederholbare Wirkung reduzieren.
Anders ausgedrückt, materiale Technik lässt sich grundsätzlich auf verschiedene
Arten und Weisen in Handlungskontexte integrieren. Ein Krug kann zum Aufbe-
wahren und Ausschenken von Flüssigkeiten oder auch für dekorative Zwecke
genutzt werden. Oder: In den frühen Jahren der Motorisierung wurden die ersten
Automobile auf amerikanischen Farmen aufgebockt und als stationäre Energie-
quellen zweckentfremdet (Kline & Pinch 1996). Weder Materialität, noch wieder-
holbare Wirkungen oder kausale Simplifikationen legen materiale Technik im
technischen Handeln vollkommen fest. Und gerade ihre Materialitäten und Funk-
tionsweisen bieten die Ansatzpunkte, um intendierte Funktionen zu umgehen
oder neue Funktionen hinzuzufügen (vgl. Hörning 1989; de Laet & Mol 2000).
Der Schwenk von einer substanz- zu einer prozessorientierten Perspektive ver-
weist dann nicht zuletzt auf die vielfältigen sinnlichen Bezüge, die sich zwischen
körperlichem Handeln und materialer Technik entwickeln.
24 Unbestimmte Technik
4. Herstellen und Verwenden als technisches Handeln
Gleichzeitig mit der zunehmenden Bedeutung prozessorientierter Perspektiven
auf technisches Handeln (Orlikowski 2000) findet sich in der Literatur eine ver-
breitete Fokussierung auf Herstellungskontexte (Bijker et al. 1987; Rammert
1988). Diesen Studien liegt weder eine rein dichotome noch eine allein analytische
Trennung von Technik und Handeln zugrunde, vielmehr werden graduelle Unter-
schiede zwischen den Kontexten des Herstellens und Verwendens aufgezeigt.
Technische Entwicklungen, so die Idee, folgen von der Herstellung bzw. von der
Erfindung und Entwicklung zur Verwendung einem schrittweisen Schließungs-
und Stabilisierungsprozess (Pinch & Bijker 1984). Zu Beginn erweisen sich techni-
sche Entwicklungen als relativ offen und „interpretativ flexibel“ (ebd.: 421). Mit
zunehmender Reife werden sie mehr und mehr geschlossen und gewinnen an
Festigkeit, bis sie im Extremfall zu dominanten Designs aushärten, die nur durch
radikale Umbrüche wieder geändert werden können (vgl. Anderson & Tushman
1990).5
Die graduelle Unterscheidung von Herstellungs- und Verwendungskontexten
entlang eines Umschwungs von Offenheit zu Geschlossenheit ist eine innovati-
onstheoretische Grundformel. Sie findet sich in den Ansätzen zur Pfadabhängig-
keit (David 1985; Arthur 1988), zu technologischen Paradigmen (Dosi 1982) und
technologischem Momentum (Hughes 1983), zur vernetzten Innovation (Weyer
1997) und zu innovation journeys (Van de Ven et al. 1999) und im SCOT Modell
(Pinch & Bijker 1984) oder dem Konzept der Technikgenese (Rammert 1988)
bzw. co-evolutionären Ansätzen (Rip & Schot 2002). Ganz allgemein folgen diese
Ansätze einem evolutionären Innovationsverständnis, welches die Entstehung,
Stabilisierung und Durchsetzung neuer Technologien analog zur evolutionsbiolo-
gischen Abfolge von Variation, Selektion und Retention konzipiert. Während in
den Phasen der Entstehung und Stabilisierung weitgehende Eingriffsmöglichkei-
ten und Gestaltungsspielräume existieren, nehmen sie in der Phase der Durchset-
zung ab. Die Abfolge der Phasen sollte dabei nicht als feste Gesetzmäßigkeit
missverstanden werden, sondern dient hier zunächst als sensibilisierendes Kon-
zept (Blumer 1954), das auf generelle Muster aufmerksam machen soll. Denn ge-
rade empirische Studien der Verwendung von Technik zeigen, dass diese niemals
ganz geschlossen ist (Kline & Pinch 1996).
Technisches Handeln trennt sich daher nicht fundamental in Herstellen und
Verwenden, sondern kann in einem ersten Zugriff graduell entlang der Dimension
von Offenheit und Geschlossenheit differenziert werden, wobei es weder völlig
offene noch komplett geschlossene Handlungskontexte gibt, sondern immer
Mischformen vorliegen.6 Neben dieser groben Sortierung werden die beiden Modi
technischen Handelns hier in drei Aspekten voneinander unterschieden. Dadurch
sollen nach der allgemeinen Diskussion technischen Handelns nun auch relevante
5 Das gilt analog für die Stabilisierung wissenschaftlichen Wissens, wie etwa (Fleck 1980 [1935])
und (Kuhn 1973 [1962]) gezeigt haben.
6 Als erste Unterscheidung ließe sich auch die zeitliche Differenz zwischen Herstellen und Ver-
wenden anführen, denn was verwendet werden soll, muss zuerst einmal hergestellt werden. Aller-
dings ist auch diese Unterscheidung zu grob, um feinere Differenzen sichtbar zu machen.
Einleitung: Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns 25
Unterschiede zwischen Herstellen und Verwenden herausgestellt werden. In den
drei Aspekten bilden sich die bisherigen Bestimmungen technischen Handelns
zum Teil ab, um ein gemeinsames Raster bzw. einen groben Vergleichsrahmen
erstellen zu können. Gleichzeitig sollen sie für die empirischen Besonderheiten
der jeweiligen Handlungsmodi offen sein, um als sensibilisierende Konzepte
(Blumer 1954) für eine komparative Analyse zu dienen.
1. Der erste Aspekt betrifft die unterschiedlichen Offenheiten technischen
Handelns in den Kontexten des Herstellens und Verwendens. Hierin liegt
das pragmatistische Grundverständnis eines nie vollkommen abgeschlosse-
nen Handlungsprozesses, das in der zweiten Prämisse technischen Han-
delns aufgenommen wurde. Beim Herstellen neuer Technik treten vor allem
offensichtliche Ungewissheiten zu Tage, ihre aktive und reflektierte Bearbeitung
bildet gewissermaßen das Zentrum herstellenden Handelns. Beim Verwen-
den hingegen findet sich eine Vielzahl verdeckter Ungewissheiten, die in den
Routinen des Alltags zwar kompetent bearbeitet aber selten reflektiert wer-
den.
2. Der zweite Aspekt betrifft die jeweiligen Vermittlungen zwischen Technik
und Gesellschaft bzw. zwischen Technik und Mensch. Aus pragmatistischer
Perspektive stellen sich hier die Fragen einer konstitutiven Symmetrie von
Technik und Sozialem und der vermittelten Objektivierung gemäß der ers-
ten Prämisse technischen Handelns. Dabei werden einerseits die soziale Or-
ganisation des Herstellens und andererseits die sinnliche Verkörperung des Ver-
wendens betont und nach den jeweiligen Mustern technischer Vermittlun-
gen gefragt.
3. Der dritte Aspekt kommt auf die übergreifende Frage von Wandel und Sta-
bilität zurück, indem er Herstellen und Verwenden auf allgemeinere Kon-
zepte bezieht. Herstellen wird vornehmlich als Emergenz des Neuen verstan-
den, während Verwenden als Improvisation des Gegebenen gedacht ist. So kön-
nen Herstellen und Wandel sowie Verwenden und Stabilität zuerst einmal
grob miteinander verknüpft werden – auch wenn beides in beiden Modi
technischen Handelns grundsätzlich enthalten ist.
Als sensibilisierende Konzepte bilden diese Aspekte keine exklusiven Kategorien,
vielmehr sollen sie auf die Ähnlichkeiten und Unterschiede von Herstellen und
Verwenden als technisches Handeln aufmerksam machen und einen Vergleichs-
rahmen für empirische Arbeiten aufspannen.
I. Herstellen
Herstellendes technisches Handeln bezieht sich auf das Erfinden, Entwickeln und
Erschaffen neuer technischer Gerätschaften. Es ist sowohl experimentell als auch
kreativ bzw. erkundend und gestaltend (Popitz 2000 [1997]: 94f.). Es kann im
Sinne Freyers (1966 [1923]: 62) als produktive Umweghandlung verstanden wer-
den, die zu einer neuen Beziehung des Menschen zu seiner Umgebung führt. Aus
soziologischer Sicht sind diese explorativen, kreativen und transformativen Leis-
tungen des Herstellens einerseits mit Blick auf die Veränderung gesellschaftlicher
Realitäten von Interesse, andererseits sind die Herstellungsprozesse selbst sozial
26 Unbestimmte Technik
geformte Praktiken, die einer Analyse lohnend erscheinen. Im Folgenden werde
ich hauptsächlich dieser zweiten Perspektive folgen und den Fragen der sozialen
Organisation des Herstellens nachgehen. Denn Herstellen als technisches Han-
deln ist heutzutage fast immer arbeitsteilig differenziert und durch existierende
Technik und soziale Strukturen vermittelt, was bedeutet, dass in den Herstel-
lungsprozess eine Vielzahl heterogener Elemente erfunden, entwickelt, in Bezie-
hung gesetzt, überlagert, verschränkt und stabilisiert werden müssen. Gehen wir
zur Erläuterung die drei Aspekte der Offenheiten, Vermittlungen und Dynamiken
des Herstellens schrittweise durch.
1. Der prägnanteste Unterschied zwischen Herstellen und Verwenden ist, dass
materiale Technik im ersten Fall als Ziel und im zweiten Fall als Mittel firmiert –
auch dann, wenn das Herstellen von Neuem nicht ohne die Verwendung von
Bekanntem möglich ist, Herstellen also grundsätzlich ein Verwenden mit ein-
schließt.7 Herstellen bezieht sich somit auf etwas, dass noch nicht existiert bzw.
erst noch realisiert werden muss. Darunter fällt nicht nur die technische Kon-
struktion eines neuen Gerätes, sondern auch die Herstellung neuer Verwendungs-
kontexte, wobei letztere für die Durchsetzung neuer Technik von zentraler Be-
deutung sind, wie die Geschichte gescheiterter technischer Innovationen immer
wieder gezeigt hat (etwa am Beispiel des Elektroautos, Callon 1987; oder des
Nahverkehrssystems Aramis, Latour 1993). Die Kreativität herstellenden techni-
schen Handelns lässt sich aus soziologischer Perspektive daher nicht allein auf die
Bereitstellung wiederholbarer Wirkungen und kausaler Simplifikationen reduzie-
ren. Ebenso wenig aber auf zweckrationales soziales Handeln. Sie besteht nicht im
einfachen Entdecken verborgener Wirkbeziehungen oder der Durchsetzung eines
rationalen Imperativs, sondern in der Art und Weise, wie Neues aus Gegebenem
emergiert und wie technische Vermittlungen mit sozialen Ordnungen zusammen-
wirken (vgl. für die Finanzwirtschaft Kalthoff 2004; Preda 2006). Das bedeutet,
dass Herstellen als technisches Handeln nicht allein durch einen festgestellten
Zweck bestimmt wird, sondern dass sich der konkrete Zweck erst aus der situati-
ven Auseinandersetzung mit den Mitteln ergibt. Die Offenheit des Herstellens
lässt sich folglich als Such- und Probierprozess verstehen, der sowohl technische als
auch soziale Entwicklungen formt.
Im Gegensatz zum Verwenden entstehen die Offenheiten des Herstellens
nicht aus einer unerwarteten Unterbrechung von Handlungsroutinen, sondern aus
der geplanten und reflektierten Erzeugung eines zu lösenden Handlungsproblems
(vgl. Callon 1980). Als solches ist es zweckorientiert, aber nicht notwendigerweise
zweckdeterminiert. In pragmatistischer Perspektive bezeichnet Herstellen fast
idealtypisch das schrittweise Auflösen einer selbstgewählten „problematischen
Situation“ im Prozess der „inquiry“ (Dewey 1938). Entlang Deweys Unterschei-
dung zwischen „common sense inquiry“ und „scientific inquiry“ lässt sich Her-
stellen eher im Sinne der letzteren verstehen. Common sense inquiries betreffen
dagegen die routinierten und kompetenten Umgangsweisen mit allgegenwärtigen
Unwägbarkeiten des täglichen Lebens – also eher das Verwenden. Bei der scienti-
fic inquiry handelt es sich um stärker geplante, theoretisch und methodisch einge-
fasste Transformationen einer unbestimmten in eine bestimmte Situation. Herstel-
7 Gleichzeitig muss Technik, die verwendet wird, aber auch erst einmal hergestellt werden.
Einleitung: Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns 27
len beginnt im Sinne der inquiry an erster Stelle damit, eine unbestimmte in eine
problematische Situation zu verwandeln, d.h. in eine Situation, die nicht nach allen
Seiten offen ist, sondern durch eine spezifische Problemformulierung gerahmt
wird. Nur mit Hilfe dieser Rahmung gelingt es, die Beziehung von Problem und
Lösung festzulegen. Darin liegt das erste, erkundend-gestaltende Moment des
Herstellens. Das zweite Moment liegt im wechselseitigen Beeinflussen von Mittel
und Zweck. D.h. Herstellen kann nicht teleologisch auf das Verfolgen von Zwe-
cken reduziert werden, vielmehr sind die Mittel konstitutiv an der Herausbildung
von Zwecken beteiligt, die Dewey (1939) daher als „ends-in-view“ bezeichnet.
Dewey selbst sieht die inquiry als einen basalen Prozess menschlicher Ausei-
nandersetzung mit der Umwelt und unterscheidet zunächst nicht zwischen All-
tagsverstand und wissenschaftlicher Forschung. Und es gibt auch keinen Grund
anzunehmen, dass technisches Handeln im Allgemeinen und Herstellen im Be-
sonderen nicht ebenso dazu gehören. Die Unterscheidung zwischen Alltagsver-
stand und wissenschaftlicher Forschung besteht nach Dewey darin, dass der wis-
senschaftliche Inquiryprozess nicht an direktem Nutzen gemessen wird, d.h. wis-
senschaftliche Erkenntnis folgt anderen Bewertungskriterien als der Alltagsver-
stand, auch wenn sie beide das gleiche Prozessmuster aufweisen. In dieser Weise
nimmt das Herstellen zunächst eine Zwischenposition zwischen dem Alltagsver-
stand und der wissenschaftlichen Forschung ein. Es ist nutzenorientierter als reine
wissenschaftliche Erkenntnis und systematischer geplant als das Alltagshandeln.
Mit zunehmender Ausdifferenzierung und Verwissenschaftlichung des Herstellens
löst es sich jedoch zunehmend vom Alltagshandeln und tendiert, wie oben schon
gesagt, in die Richtung der scientific inquiry. Folgt man Popitz, so ist das herstel-
lende technische Handeln zentrales Merkmal genuin menschlichen Tuns und un-
trennbar mit der Entwicklung sozialer Ordnung verbunden (Popitz 1992 [1986]).8
Die Besonderheit des Herstellens im Gegensatz zum Verwenden liegt aus der
pragmatistischen Perspektive darin, dass das Herstellen mit einer unbestimmten
Situation beginnt, die erst noch in eine problematische Situation transformiert
werden muss, d.h. dass die Relation von Problem und Lösung noch festgelegt
werden muss. Oder wie es von Kritikern für die Entwicklung des Lasers in den
1960er Jahren ausgedrückt wurde und heute als geflügeltes Wort der Innovations-
forschung gilt: Es war eine Lösung die nach einem Problem suchte. Die Unbe-
stimmtheit von Lösung und Problem beinhaltet auch, dass sich technische Lösun-
gen erst noch in vielfältigen ökonomischen, politischen und sozialen Problemla-
gen bewähren müssen.
2. Es greift jedoch zu kurz, herstellendes Handeln einfach als noch nicht aus-
reichend sozial organisiert und technisch vermittelt – also in irgendeinem Sinne
als unfertig – zu bezeichnen. Interessant wird es ja genau dann, wenn untersucht
wird, wie die stabilen Verbindungen und Verschränkungen zwischen dem neuem
Artefakt und der sozialer Praxis erzeugt werden, d.h. wie Herstellen als Teil der
Konstruktion gesellschaftlicher Wirklichkeiten fungiert. Im Gegensatz zu den sich
recht langsam wandelnden sozialen Institutionen vollziehen sich die Dynamiken
technischer Entwicklungen jedoch meist deutlich schneller – was nicht zuletzt der
Ausgangspunkt für Ogburns These des cultural lag war. Die Arten und Weisen
8 Womit nicht zuletzt eine Rehabilitation der Poiesis aus der aristotelischen Geringschätzung ge-
genüber Praxis und Theorie erfolgen kann.
28 Unbestimmte Technik
der Stabilisierung bilden dabei im Großen und Ganzen die Anfangsphasen der
oben genannten innovationstheoretischen Grundformel einer zunehmenden
Schließung bzw. der schrittweisen Überlagerung, Verschränkung und Verstärkung
soziotechnischer Wechselwirkungen.
Lineare Innovationskonzepte gehen dabei von einer festgelegten Abfolge von
Grundlagenforschung, Anwendungsforschung, Entwicklung und Durchsetzung
aus und sind hierfür schon seit Langem in der Kritik (vgl. Godin 2006). Insbeson-
dere, da sie der Idee einer technischen Eigenlogik (technology push) Vorschub
leisten, die sich ohne größere Hemmnisse oder Verwerfungen in der Gesellschaft
Bahn bricht. Offenere Innovationskonzepte betonen dagegen die Unsicherheiten,
Schleifen und Abwege im Innovationsprozess (vgl. Nelson & Winter 1977), ohne
die Mechanismen der Schließung und Dauerhaftigkeit zu vernachlässigen.
Das Grundproblem besteht in der „Passung“ von sozialen und technischen
Aspekten der Innovation, wie es auch schon in den Studien des Tavistock Insti-
tuts beschrieben wurde (Trist & Bamforth 1951). In der Geburtsstunde des „sozi-
o-technischen Ansatzes“ wurden soziale Organisation und technisches Arrange-
ment noch als kategorial unterschiedliche, wenn auch voneinander abhängige En-
titäten aufgefasst. Später wies Winner (1980), übrigens unter Rekurs auf Mumford
(1964), mit dem Begriff der „inhärent politischen Technologien“ auf die engen
Kompatibilitäten von sozialer Ordnungen mit technischen Systemen am Beispiel
der Kernkraft hin. Technische und soziale Ordnung müssen demnach nicht nur
zusammen passen, sie können sich auch wechselseitig verstärken und verriegeln.
In diesem Sinne spricht Hughes (1987) vom „technologischen Momentum“, das
sich aus dem schrittweisen Zusammensetzen und wechselseitigen Prägen organi-
sationaler und technischer Strukturen speist. Daran schließt sich die Frage an, wie
genau soziale Organisation und technische Vermittlung miteinander wechselwir-
ken und sich gegenseitig verstärken – insbesondere dann, wenn die technischen
Entwicklungen noch nicht als fertige Produkte existieren. In diesem Fall sind es
nicht allein die Erwartungen, die die Entwicklungsrichtungen prägen, sondern
ebenso die bereits existierenden sozialen und technischen Arrangements.
Die Dynamiken des Herstellens sind somit zugleich von Ungewissem und Be-
kanntem, von Wandel und Kontinuität geprägt. Sie lassen sich, wie oben gezeigt,
in pragmatistischer Perspektive als Transformation einer unbestimmten in eine
bestimmte Situation verstehen, indem eine spezifische problematische bzw. prob-
lemorientierte Situation hergestellt wird. Damit wird jedoch nur das Grundmodell
einer einzelnen Situation beschrieben. Längerfristige zeitliche Innovationsverläufe
und Veränderungen werden nicht erfasst.
Den zeitlichen Zusammenhängen von Wandel und Stabilität des Herstellens
wird in der Innovationsforschung mit Hilfe von Verlaufskonzepten nachgegan-
gen, die die schrittweise Stabilisierung in unterschiedlicher Weise betrachten.
Konzepte der Pfadabhängigkeit betonen die Richtung und Durchsetzung einer
Technologie durch mehr oder weniger zufällige „small events“ und sich selbst
verstärkende Rückkopplungsschleifen (Arthur 1989). Am Anfang sogenannter
technologischer Pfade stehen miteinander konkurrierende Technologien, ohne
dass ein eindeutiger Gewinner im Voraus festgestellt werden könne. Und die
Durchsetzung einer Technologie erfolgt nun nicht allein nach den Kriterien tech-
Einleitung: Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns 29
nischer Effektivität oder rationaler Effizienz, sondern durch eine mehr oder we-
niger ungeplante Verstärkung zufälliger Entscheidungen, bis sich am Ende ein
dominantes Design (Anderson & Tushman 1990) oder technologisches Paradig-
ma (Dosi 1982) herausbildet, das auch alle nachfolgenden Entwicklungen prägt.
Gerade die evolutionäre Ökonomie (Nelson & Winter 1982) verweist in diesem
Zusammenhang und in kritischer Auseinandersetzung mit der neo-klassischen
Ökonomie auf die Beharrungskräfte organisationaler Routinen, die eher inkre-
mentelle Verbesserungen befördern als radikale Neuentwicklungen:
„We think of organizations as being typically much better at the tasks of self-
maintenance in a constant environment than they are at major change, and
much better at changing in the direction of ‚more of the same‘ than they are at
any other kind of change.“ (ebd.: 9f)
Geht man von einer konstitutiven Symmetrie des Technischen und des Sozialen
aus, so ist mit jeder technischen Erfindung auch eine soziale Re-Organisation, d.h.
eine Störung des bestehenden sozialen Gefüges verbunden und je nachdem auch
das Scheitern der technischen Erfindung. Obwohl das Herstellen selbst auf Neue-
rung und Wandel ausgelegt ist, müssen es die sozialen Prozesse und Organisati-
onsformen des Herstellens noch lange nicht sein. Wenn aber Wandel und Verän-
derung auftritt, so folgen diese Konzepte allgemein einem „Trichtermodell“, das
von einer schrittweisen Verengung des Möglichkeitsraums ausgeht. Über die Zeit
werden Alternativen irreversibel ausgeschlossen, bis nur noch eine technische
Lösung übrig bleibt, die sich – wie etwa im Falle der QWERTY Tastaturauslegung
(David 1985) – auf lange Zeit wirkungsvoll gegen neue Alternativen behaupten
kann.
Jedoch folgen nicht alle Innovationskonzepte einem einfachen pfadabhängigen
Muster, das vor allem die Stabilisierung und Dauerhaftigkeit suboptimaler techni-
scher Lösungen betont, dabei jedoch weitgehend von den tatsächlichen Herstel-
lungsprozessen abstrahiert. Eine offenere Konzeption der Entwicklung bietet
etwa der Begriff der „innovation journey“ (Van de Ven et al. 1999). In diesem
Modell stehen die Offenheiten und unerwarteten Richtungswechsel in der Tech-
nologieentwicklung im Vordergrund. Eingeschlagene Pfade können auch wieder
verlassen werden und trotz aller strategischen Steuerungen bleibt der Ausgang der
„innovation journey“ ungewiss. Grundsätzlich entspricht eine pragmatistische
Perspektive eher dem Konzept der „innovation journey“, da die fundamentale
Offenheit des technischen Handelns stärker betont wird – ohne allerdings die
Routinen zu vergessen (Cohen 2007). Auch betrachtet das Konzept der Pfadab-
hängigkeit das situative Handeln der Akteure nur am Rande – die Stabilisierung
vollzieht sich zumeist hinter dem Rücken der Akteure, wodurch unklar ist, in wel-
cher Art und Weise unbestimmte und problematische Situationen überhaupt auf-
tauchen. Die Metapher der „innovation journey“ zielt dagegen ähnlich wie die
pragmatistische Perspektive auf das situierte Problemhandelen der Akteure und
die reversible Entfaltung sozio-technischer Interdependenzen. Für das herstellen-
de technische Handeln bedeutet dies, dass die Kreativität nicht allein auf die Her-
stellung des einzelnen Artefakts beschränkt ist, sondern gerade auf die Schaffung
zielorientierter Problemdefinitionen und die Erzeugung eines produktiven Her-
stellungskontextes ausgerichtet ist. Aus Perspektive des technischen Handelns ist
das Herstellen somit immer durch die verwendeten Mittel und die Formen der
30 Unbestimmte Technik
sozialen Organisation geprägt und eine Analyse des Herstellens kann nicht ohne
diese Basis auskommen.
Die nachfolgenden Kapitel im Teil „Herstellen“ dieser Arbeit zielen genau auf
diese Fragen und geben Einblicke in die komplexen technischen und organisatio-
nalen Dynamiken bei der Entwicklung neuer Produktionstechnologien für Com-
puterchips. Aus diesem Grund wird hier nicht weiter darauf eingegangen. Es ge-
nügt zu sagen, dass dort schwerpunktmäßig das Konzept der Pfadkonstitution
vorgestellt wird, anhand dessen die schrittweisen sozio-technischen Stabilisierun-
gen des Herstellens auf Ebene organisationaler Felder und über längere Zeiträume
hinweg betrachtet und analysiert werden.
3. Folgt man den bis hier vorgestellten Gedanken, sowohl von Marx und Og-
burn als auch von Dewey und Popitz und in gewissem Maße auch denen von
Weber und Mumford, so kann man die konkreten Kontexte des Herstellens als
zentrale Orte des Wandels gesellschaftlicher Wirklichkeiten verstehen, da genau
dort neuartige Verbindungen von sozialen und technischen Prozessen und Struk-
turen erzeugt werden. Allgemeiner gesprochen emergiert das Neue aus dem Alten
in Herstellungsprozessen, ohne von ihm determiniert zu sein. Daraus ergibt sich
eine spezifische temporale Struktur des Herstellens, die sich im Verhältnis der
Offenheit einer Situation mit den Reflexionen der in ihr befindlichen Akteure
äußert. Mead (1932) sieht darin ganz generell die Besonderheit des Sozialen, das
sich von determinierten Prozessen in der natürlichen Welt unterscheidet. Für ihn
folgt daraus sogar die zentrale Frage, wie Gesellschaft überhaupt möglich ist:
„That is the problem of society, is it not? How can you present order and
structure in society and yet bring about the changes that need to take place, are
taking place? How can you bring those changes about in orderly fashion and
yet preserve order? To bring about change is seemingly to destroy the given
order, and yet society does and must change. That is the problem, to incorpo-
rate the methods of change into the order of society itself.“ (Mead 1936: 361f.)
In Meads Vorstellung von gesellschaftlichem Wandel und Kontinuität handelt es
sich also weder um die reine Wiederholung des Gegebenen, noch um einen tota-
len Wandel. Das Neue bleibt an das Alte gebunden, ohne von ihm bestimmt zu
werden. Aus dieser Grundidee heraus entwickelt Mead seine Überlegungen zur
zeitlichen Struktur der Emergenz des Neuen und zum Zusammenhang von Ver-
gangenheit, Gegenwart und Zukunft. Für beide nimmt die Gegenwart eine her-
ausgehobene Stellung ein. Das Neue emergiert aus der Gegenwart, wodurch
gleichzeitig die Vergangenheit und Zukunft geformt werden. In anderen Worten:
Das Neue folgt aus der Vergangenheit, lässt sich aber nicht auf sie reduzieren.
Vielmehr noch, durch das Neue erscheint die Vergangenheit in neuem Licht –
oder wie es Mead ausdrückt „the present […] rewrites its past“ (1932: 11). Somit
hat auch das Herstellen nicht nur eine eindeutige Orientierung auf die Zukunft,
wie man es erwarten würde, sondern es prägt auch die Vergangenheit. Wenn im
Herstellen etwas Neues geschaffen wird, dann schreibt das Neue als solches die
Vergangenheit um. In gleicher Weise entstehen selbstverständlich auch neue Zu-
künfte aus der Emergenz der Gegenwart. Diese vergangenheits- und zukunftser-
schaffende „Realität“ der Gegenwart lässt sich nach Mead nicht auf einen einzel-
nen Augenblick verkürzen. Er spricht daher von einer ausgedehnten Gegenwart,
Einleitung: Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns 31
einem „specious present“, in dem die Reproduktion des Vergangenen ausgesetzt
wird und Reflexionsprozesse einsetzen, aus denen neue Vergangenheiten und
Zukünfte entstehen.
Diese zeitliche Struktur, in der Mead ein allgemeines Muster der wechselseiti-
gen Anpassung von Organismus und Umwelt sieht, findet sich auf prägnante
Weise im Herstellen. Man könnte auch sagen, dass herstellendes technisches
Handeln Meads Überlegungen fast idealtypisch symbolisiert. Mead selbst hatte
seine Ideen nicht zuletzt an den Beispielen der naturwissenschaftlichen Erkennt-
nis und des technischen Fortschritts angelehnt, die für ihn ganz besonders für die
Art und Weise der Emergenz des Neuen und der Erschaffung von Vergangenheit
und Zukunft waren. In den Kontexten des Herstellens werden letztendlich nicht
nur das Herzustellende, sondern auch die Herstellenden selbst und ihre Umge-
bungen mit hervorgebracht und gleichzeitig werden mit der Erschaffung von et-
was Neuem auch Vergangenheit und Zukunft hergestellt. Die wirklichkeitserzeu-
gende Kraft des Herstellens geht somit über das reine Produkt des Herstellens
hinaus. Zugleich enthält das Herstellen auch eine konservative Note, indem es das
Gegebene nicht vollständig ersetzt sondern nur teilweise wandelt und somit eine
spezifische Verbindung von Wandel und Kontinuität bezeichnet.
Meads Betonung der Reflexion, des Bewusstseins und der Intelligenz sind für
das Herstellen ohne Zweifel von großer Bedeutung. Jedoch legen diese Begriffe
auch eine recht umfangreiche Kontrolle des Prozesses durch die Akteure nahe.
Insbesondere die wissenschaftliche Methode erhält bei Mead eine zentrale und
positive Rolle bei der gezielten Umformung der Gesellschaft. Aus heutiger Sicht
mutet dieser Optimismus weitgehend naiv an, da sich die Gesellschaft zunehmend
mit den nicht intendierten Folgen wissenschaftlichen und technischen Herstellens
konfrontiert sieht (Beck et al. 1994). Das zeigt aber auch, wie sehr Mead mit sei-
ner damaligen Diagnose des engen Zusammenhangs von Wissenschaft, Technik
und gesellschaftlichem Wandel recht hatte. Und die Grundform eines auf Trans-
formation ausgelegten, intentionalen Handelns besteht bis heute und insbesonde-
re auch im Umgang mit den nicht intendierten Konsequenzen des Herstellens.
Sieht man von den normativ-optimistischen Tendenzen einmal ab, so bieten
Meads Überlegungen eine fruchtbare Basis und konzeptionellen Fokus für die
Analyse des Herstellens als transformatives und zeitlich organisiertes technisches
Handeln. Geht man weiter von einer ausgedehnten Gegenwart aus, so konstituiert
sich das Hier und Jetzt des Herstellens nicht in einem einzelnen flüchtigen Au-
genblick, sondern in einer mehr oder weniger dauerhaften Phase der Emergenz
des Neuen. Gerade bei der Innovation moderner Technologien kann diese Phase
auch Jahre oder Jahrzehnte umfassen. Die relative Ausdehnung dieser Phase ist
jedoch nicht so erheblich wie die darunterliegende Idee der Verschränkung von
Kontinuität und Wandel. Desweiteren sind moderne Herstellungsprozesse nicht
nur zeitlich ausgedehnt, sondern inhärent technisch vermittelt und sozial organi-
siert. Eine empirische Analyse von Herstellungsprozessen kann somit fragen, in-
wieweit technische Arrangements und soziale Ordnungen im Wechselspiel von
Wandel und Kontinuität miteinander verwoben sind.
In der zusammenfassenden Betrachtung lassen sich die drei Charakteristiken
des Herstellens wie folgt festhalten. Zuerst und im Unterschied zum Verwenden
32 Unbestimmte Technik
ist das Handeln hier auf die Herstellung neuer Werkzeuge, Maschinen, Instrumen-
te oder Apparate gerichtet. Es ist geleitet von Antizipation und der intendierten
Unterbrechung etablierter Handlungsroutinen und gerichtet auf die Entdeckung,
Erprobung und Etablierung neuer (aus Sicht der Herstellenden effektiverer und
effizienterer) Wirkungsrelationen. Damit ist es immer auch ein explorativ-
experimentelles und kreatives Handeln. Zweitens bilden die charakteristischen
Muster der Etablierung den Kern der auf Herstellungsprozesse und -strukturen
fokussierten Innovationsforschung. Die Innovationsforschung hebt dabei die
wechselseitige Stabilisierung von technischen Artefakten und sozialen Strukturen
hervor und zeigt nicht nur, dass die Erfindung, Entwicklung und Durchsetzung
neuer Technologien keiner isolierten technischen Logik folgt, sondern darüber
hinaus, dass technische Neuerungen nicht selten an der Beharrungskraft sozialer
Strukturen scheitern können. An dieser Stelle wird auch die Grenze zwischen
Herstellen und Verwenden überquert, da für eine gelungene Innovation die
Durchsetzung in der Verwendungspraxis entscheidend ist. Drittens bezeichnet
Herstellen einen der gesellschaftlichen Orte, in denen Wandel und Kontinuität
miteinander in Beziehung gebracht werden. Die Orte der Herstellung neuer
Technologien können paradigmatisch als Impulsgeber für gesellschaftliche Trans-
formation, aber auch als Garanten für Kontinuität gesehen werden.
Der letzte Punkt verweist auf die zentrale Bedeutung des Herstellens für den
Zusammenhang von technischem Wandel und sozialem Wandel. Aus einer Per-
spektive des Herstellen sind sowohl soziale Institutionen als auch technische In-
novationen Produkte eines aktiven, problembezogenen Handelns (vgl. Hughes
1936). Im Herstellen wird Technik sozial geformt, um dann ihrerseits die Hand-
lungszusammenhänge zu beeinflussen, in denen sie verwendet wird. Somit offen-
baren sich im Herstellen die Grenzen eines auf Artefakte begrenzten Technikbe-
griffs, der allein auf Wiederholbarkeit von Wirkungen und materiale Objektivie-
rung abzielt.
II. Verwenden
Eine weit verbreitete Vorstellung besagt, das Verwenden von Technik folge dem
Herstellen entlang der dort konstruierten technischen Rationalität „gleichsam auf
Schienen“ (Freyer 1966 [1923]: 62). Dieser Mythos speist sich einerseits aus den
Funktionsversprechen der Herstellenden, andererseits aus populären Vorstellun-
gen wissenschaftlich-rationaler Technik. Damit gehen nicht selten Annahmen
über die Dienstbarkeit von Technik als neutralem Mittel zum Zweck und ein re-
duziertes Verständnis des Verwendens im Sinne des Befolgens einer Bedienungs-
anleitung einher. Wie schon erwähnt, greifen diese Vorstellungen in mehrerer
Hinsicht zu kurz. Im Verwenden zeigt sich, dass Technik nicht nur dienstbar,
sondern auch widerspenstig sein kann. Bekanntermaßen gibt es auch die „Tücke
des Objekts“ (Vischer 1906 [1879]). Und selbst wenn Technik nicht widerständig
in Erscheinung tritt, so ist sie doch offen (interpretativ flexibel) für unterschiedli-
che, insbesondere auch nicht intendierte Verwendungsweisen (Kline & Pinch
1996).
Einleitung: Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns 33
Im Verwenden findet sich somit ein komplementärer Prozess des Öffnens, der
den typischen Schließungen des Herstellens nicht gegenübersteht, sondern an sie
anschließt und jeweils lokal situierte Nutzungspraktiken hervorbringt. In gewisser
Weise kann man sagen, dass das Schließen des Herstellens erst in den Prozessen
des Verwendens vollendet wird. Auch die Besonderheiten des Verwendens wer-
den, wie die des Herstellens, in drei Schritten, aufgezeigt. Wiederum wird zuerst
die für das Verwenden allerdings weniger augenfällige Frage von Offenheit und
Kreativität gestellt. Danach sollen die für die Mikroebene des Verwendens rele-
vanten Verhältnisse zwischen technischer Vermittlung und sinnlicher Verkörpe-
rung betrachtet werden und drittens wird das Wechselspiel von Routine und Fle-
xibilität beim Verwenden ebenso in einen erweiterten pragmatistischen Kontext
gesetzt.
1. Dass auch das Verwenden Anteile eines explorativ-experimentellen und kre-
ativen Handelns besitzt, liegt nahe. Das beruht einerseits auf der Unbestimmtheit
von Technik selbst und anderseits auf der Offenheit praktischer Handlungskon-
texte. Letzteres spiegelt sich in der pragmatistischen Prämisse, menschliches Tun
als inhärent offen und unbestimmt zu betrachten. So weist James schon früh auf
die grundsätzliche Unplanbarkeit des menschlichen Erlebens hin: „Experience, as
we know, has ways of boiling over, and making us correct our present formulas“
(James 1981 [1907]: 100). Zwar ist James‘ Zitat gegen einen absoluten Wahrheits-
anspruch des Wissens gemünzt, es verdeutlich aber sehr anschaulich die zentrale
Position der prinzipiell offenen – und dadurch auch enttäuschbaren – Erfahrung
im sinnlichem Erleben. Auch bei Dewey ist das Element des Unbestimmten in
der Erfahrung zentral:
„Through science we have secured a degree of power of prediction and of con-
trol; through tools, machinery and an accompanying technique we have made
the world more conformable to our needs, a more secure abode. [...] But when
all is said and done, the fundamentally hazardous character of the world is not
seriously modified, much less eliminated.“ (Dewey 1929 [1925]: 44)
Im Gegensatz zur reinen Kontemplation kann das praktische Tun, das verändernd
in die Welt eingreift, grundsätzlich scheitern (vgl. Dewey 1929). In dieser weiten
Formulierung beinhaltet das praktische Tun sowohl das Herstellen als auch das
Verwenden. Oben wurde das Herstellen aus Perspektive Deweys als suchende
und probierende Form der inquiry konzipiert. Dennoch kann das Verwenden
nicht allein auf die routinierte Wiederholung von Bekanntem und Erlerntem re-
duziert werden (vgl. Cohen 2007). Im Gegensatz zur scientific inquiry ähnelt das
Verwenden eher dem, was Dewey (1954 [1916]: 214ff.) „practical judgements“
nannte. Practical jdgements folgen, wie die scientific inquiry, einem bestimmten
Verlaufsmuster, das durch eine initiale Offenheit bzw. Problemstellung gekenn-
zeichnet ist, die dann im praktischen Tun schrittweise aufgelöst wird. Für die hier
vorliegende Frage des Verwendens als technischem Handeln ist vor allem Deweys
Konzeption der Handlungsmittel im Rahmen der practical judgements von Inte-
resse: Die Mittel des Verwendens sind – anders als die Erzeugnisse des Herstel-
lens – bereits gegeben. Ihre Gegebenheit determiniert nicht den Verlauf eines
practical judgement, vielmehr existieren sie „for the sake of an intelligent determi-
nation of what is to be done“ (ebd.: 218). Routine und Gewohnheit bleiben in
Deweys Verständnis offene Prozesse, in denen das praktische Tun immer wieder
34 Unbestimmte Technik
durch die Unterbrechungen und Veränderungen der Praxis herausgefordert und
zu kreativen Leistungen gezwungen wird (vgl. Dewey 1922). Pläne müssen daher
immer wieder an situative Unwägbarkeiten angepasst werden (Suchman 1987).
Neben der grundsätzlichen Offenheit praktischer Situationen ist die Unbe-
stimmtheit von Technik selbst der zweite Aspekt einer notwendigen Kreativität
des Verwendens. Zum einen, weil Technik trotz kausaler Simplifikation und Wie-
derholbarkeit der Wirkung nicht auf eine einzige Wirkung festgelegt werden kann.
Die interpretative Flexibilität technischer Artefakte lässt unterschiedliche Deu-
tungs- und Verwendungsweisen – bis hin zur Zweckentfremdung – zu. Zum an-
deren, weil Technik auch nicht wie erwartet funktionieren kann. Derart „wider-
spenstige“ Technik fordert einen geschickten Umgang, wenn Sie gerade nicht im
Heideggerschen Sinne unüberlegt „zuhanden“ ist, sondern vielmehr in den Modi
der Auffälligkeit, Aufdringlichkeit und Aufsässigkeit auf sich aufmerksam macht
(Heidegger 1967 [1927]: 72ff.).
Diese kreative Leistung des Verwendens liegt größtenteils in den Routinen des
Alltags verborgen. Sie ist uns meist selbstverständlich und geschieht so beiläufig,
dass ihr kaum Aufmerksamkeit, weder von den Akteuren selbst noch von Seite
soziologischer Forschung, geschenkt wird. In ihrer Studie von Arbeitern in der
Hüttenindustrie weisen Popitz et al. (1957) dagegen deutlich auf eine Improvisati-
onschance auch in hoch automatisierten Betrieben hin. In ihrem Beispiel einer
Walzstraße bleibt den Arbeitern immer noch ein notwendiger Spielraum, mit
leichten Variationen des Arbeitsablaufs kompetent umzugehen. So unterscheiden
sich die glühenden Metallblöcke auf der Walzstraße beispielsweise leicht in ihrer
Temperatur und dadurch in ihrer Farbe. Je nachdem ob ein Block etwas heißer
oder nicht ganz so heiß ist, wird er etwas anders in die Walzstraße aufgenommen,
um sich nicht zu verkeilen. Kreativität bedeutet hier nicht die Schaffung von et-
was Neuem sondern bezieht sich auf die Variation und Anwendung von Hand-
lungsalternativen auf Grundlage von Erfahrung und Training. Für die Hüttenin-
dustrie mag der Anteil der Kreativität gering erscheinen, jedoch ähnelt diese Form
der industriellen Improvisation (mit den gegebenen Einschränkungen) auch For-
men der künstlerischen Improvisation, beispielsweise im Jazz, wenn es um die
Variation bekannter Themen oder Muster geht (Weick 1998).
Mit zunehmender Komplexität technischer Anlagen steigt nicht zuletzt auch
die Chance, dass Technik im oben gemeinten Sinne widerspenstig wird. Bei-
spielsweise haben Strauss et al. (1985) die ärztliche und pflegerische Arbeit in ei-
nem Krankenhaus untersucht. Unter dem Begriff des „machine work“ fassen die
Autoren diejenigen Arbeitsanteile, die an und mit Maschinen erbracht werden.
Neben den offensichtlichen Formen der „machine production“ (dem Herstellen
der Medizingeräte) und der „medical production“ (dem medizinischen Verwenden
der Medizingeräte) nennen sie das „machine tending“, worunter sie diejenigen
Arbeitsaktivitäten fassen, die nicht direkt auf Diagnose und Therapie gerichtet
sind, sondern sich auf die Geräte selbst richten. Das machine tending unterglie-
dert sich wiederum in vier Aspekte: (a) in die Überwachung der Gerätschaften, (b)
das Warten und Reparieren der Apparate, (c) ihre Lagerung und das Versorgen
mit Verbrauchsmaterial, sowie (d) ihr Auf- und Abbauen.
Einleitung: Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns 35
Mit Blick auf widerspenstige Technik sind die ersten beiden Aspekte von be-
sonderem Interesse. Das Überwachen von Geräten umfasst das Aufspüren etwai-
ger Fehlfunktionen, die für Patienten unter Umständen katastrophale Folgen ha-
ben können. Oder das Abschalten von Funktionen, die in einer spezifischen Si-
tuation unerwünscht sind. Ebenso muss kontrolliert werden, ob der Zustand des
Patienten akkurat wiedergegeben wird und falls nicht, müssen die Geräte neu ka-
libriert werden. Der zweite Aspekt, das Warten und Reparieren der Apparate be-
inhaltet laut Strauss et al. lokale Formen des Bastelns, um die Geräte dauerhaft in
Bereitschaft zu halten und kleine Störungen zeitnah zu beheben. Solche Arbeiten
werden nicht nur vom Servicepersonal, sondern ebenso vom Pflegepersonal und
nach Dienstschluss ausgeführt. Im Umgang mit widerspenstiger Technik werden
durch Lagern und Versorgen mit Verbrauchsmaterial beispielsweise Depots ange-
legt, um Engpässe und Geräteausfälle auch ohne Reparatur kompensieren zu
können, während das Auf- und Abbauen notwendiger Bestandteil der Arbeit auch
im Umgang mit funktionierenden Geräten ist.
Über die hier gennannten Fälle der Industriearbeit oder der Arbeit im Kran-
kenhaus hinaus lassen sich die explorativen und kreativen Leistungen des routi-
nemäßigen Verwendens technischer Apparaturen in denjenigen Arbeitsanteilen
verorten, die auf das Überwachen, Warten und Reparieren der Geräte orientiert ist
nun nicht auf den Produktionsgegenstand selbst. Gerade feingliedrige Analysen
des Verwendens stellen diese Aspekte des technischen Handelns heraus, die sich,
wie oben schon geschrieben, nicht auf die reine Wiederholbarkeit der Wirkung
oder kausale Simplifikation von Technik reduzieren lassen.
2. Die Spielräume und Offenheiten auf der Mikroebene des Verwendens sind
keinesfalls beliebig. In ihnen zeigt sich die Kreativität des Verwendens in der Re-
gel als kompetente Variation und situative Adaption von Handlungsroutinen. Aus
pragmatistischer Perspektive entwickeln sich die kreativen Kompetenzen des
Verwendens aus der konkreten Erfahrung, d.h. sie sind sowohl sinnlich verkör-
pert als auch technisch vermittelt. Hans Joas (1992: 245ff.) hat in diesem Zusam-
menhang auf die Bedeutung des Körpers für die Kreativität des Handelns hinge-
wiesen. Er konstatierte Anfang der 1990er Jahre zudem eine Körpervergessenheit
der Soziologie, die jedoch durch ein steigendes soziologisches Interesse am Kör-
per in den letzten Jahren abnimmt (Gugutzer 2004; Schroer 2005). In gewisser
Weise spiegelt sich die (einstige) Körpervergessenheit der Soziologie (Meuser
2004) auch in ihrer verbreiteten Technikvergessenheit (Rammert 1998) bzw.
Technikabstinenz. Sowohl Körper als auch Technik versperren sich dem An-
schein nach durch ihr materielles Dasein einem klassischen theoretischen Zugriff
(vgl. Linde 1972). Die wichtigen Verbindungen zwischen Technik und Körper
sind für die Soziologie aufgrund dieser beiden Lücken bislang kaum erschlossen.
So scheint die Techniksoziologie ihrerseits wenig Interesse am Körper zu haben
(Lindemann 2009: 162ff.), wie es auch eine deutliche Technikabstinenz in der
Körpersoziologie gibt (Gugutzer 2004; Schroer 2005; vgl. Shilling 2005: 173ff als
Ausnahme). Hingegen scheinen Studien in der Medizin geradezu prädestiniert für
Analysen des Technik-Körper-Verhältnisses zu sein (vgl. Hirschauer 1991; Pinch
et al. 1997; Mol & Law 2004; Prentice 2007), wie es Lucy Suchman (2007: 264) für
die Anästhesie ausdrückt:
36 Unbestimmte Technik
„Over the course of an anaesthesia, agencies involved in the sustenance of vital
bodily functions are progressively delegated from ‘the patient’ as an autono-
mously embodied entity, to an intricately interconnected sociomaterial assem-
blage, and then back again.“
In der Intensivmedizin werden die Körper-Technik-Grenzen in besonderem Ma-
ße überquert (Lindemann 2002), bis hin zu einer zunehmenden Vermischung und
Verschränkung technischer Apparaturen und körperlicher Prozesse – und das
sowohl auf Seiten der Patienten wie auch auf Seiten der Ärzteschaft und des Pfle-
gedienstes (Mort et al. 2005).
Genauer müsste man an dieser Stelle sagen, dass es sich tatsächlich um das
Verhältnis von Technik, Körper und Wissen handelt (vgl. Keller & Meuser 2011).
Mit dem Begriff des „impliziten Wissens“ hat Polanyi (1983 [1966]) auf die Gren-
zen eines rational-objektiven expliziten Wissensbegriffs hingewiesen (vgl. Collins
2010; Loenhoff 2012). Und für das routinierte Verwenden von Technik auch au-
ßerhalb der Medizin lässt sich zweifelsfrei feststellen, dass es zu einem guten Teil
auf implizite Wissensbestände zurückgreift (vgl. die Bedeutung des Erfahrungs-
wissens auch und gerade in hochtechnisierten Arbeitssituationen bei Böhle 1992).
Das implizite Wissen des Verwendens entsteht aus der engen Verschränkung von
Körper und Technik, wofür Polanyi das Beispiel des Blindenstocks nennt, der bei
geübter Nutzung mit dem Körper verschmilzt. Derartige Verschmelzungen von
Körper und Technik im geübten Verwenden bilden auch das Hauptargument
phänomenologischer Betrachtungen. Schon Heidegger (1967 [1927]: 68) argumen-
tierte in seiner Zeuganalyse, dass Werkezuge im Gebrauch „zuhanden“ sind, d.h.
sie werden ohne weitere Reflexion geübt genutzt, wie etwa der Hammer des
Zimmermanns beim Hämmern. Eine Analyse des Verwendens zielt somit auf die
technisch vermittelte und sinnlich verkörperte Tätigkeit des Hämmerns und nicht
auf eine Untersuchung eines Hammers als isoliertem Artefakt. Auch Merleau-
Ponty (1974 [1945]: 172ff.) hat ähnliche Überlegungen angestellt – etwa am Bei-
spiel einer ausladenden Hutfeder, die von der Trägerin geschickt an Hindernissen
vorbei manövriert wird, oder eben auch am Blindenstock, der für den Nutzer
aufhört ein äußerer Gegenstand zu sein und zur Erweiterung seiner Sinne wird. In
den letzten Jahren wurden die älteren phänomenologischen Überlegungen zur
Verschmelzung von Körper und Technik im Rahmen post-phänomenologischer
Arbeiten wieder aufgenommen und verfeinert (Ihde 1990, 2002, 2010). Ihde
gründet die „embodiment relation“ auf die Heidegger‘sche Zuhandenheit und
Merleau-Pontys motorische Gewohnheiten, in der die Technik mit dem Körper
zu verschmelzen scheint, weil die Werkzeuge und Instrumente im geübten Ge-
brauch „transparent“ werden, d.h. nicht mehr als eigenständige Entitäten erkannt
werden.
Die phänomenologischen Betrachtungen der Verschmelzung von Technik und
Körper gehen auf den ersten Blick mehr von dienstbarer als von widerspenstiger
Technik aus. In ihnen findet sich eine Idee von Technik als „Prothese“ oder „Or-
ganprojektion“ (Kapp 1877), die praktisch nahtlos am Körper ansetzt und dessen
Fähigkeiten ersetzt oder verstärkt. Wie oben schon angesprochen, ging beispiels-
weise Heidegger aber nicht davon aus, dass Technik im Gebrauch immer unauf-
fällig funktioniert. Und auch Merleau-Ponty interessierte sich mehr für die Wech-
selwirkungen zwischen Körper, Technik und Umwelt, als für eine reine Einverlei-
Einleitung: Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns 37
bung der Dinge in die Körper: Mit jedem neuen Instrument erschließen sich Men-
schen einen neuen Zugang zur Welt und verändern sich damit selbst. In der neue-
ren Techniksoziologie hat insbesondere Latour (1994) mit der Idee des „Hybri-
den“ vehement für eine Abkehr von der Prothesen- bzw. Körpererweiterungsme-
tapher argumentiert. Durch den Prozess der technischen Vermittlung werden, so
Latour, sowohl die Artefakte als auch die Akteure verändert. Keiner der beiden
lässt sich auf sich selbst oder auf den jeweils anderen reduzieren, was Latour am
Beispiel des Pistolenschützen verdeutlicht, einer zusammengesetzten Entität aus
Waffe und Mensch:
„You are different with a gun in hand; the gun is different with you holding it.
You are another subject because you hold the gun; the gun is another object
because it has entered into a relationship with you.“ (ebd.: 33)
Für das Verwenden ist darüber hinaus noch ein weiterer Punkt von Bedeutung,
nämlich, dass diese körperlich-technischen Relationen zumeist aus einem langwie-
rigen und schrittweisen Erfahrungsprozess hervorgehen. Merleau-Ponty begreift
dies als Entstehung motorisch-perzeptiver Gewohnheiten, in denen sich sinnliche
Wahrnehmungen körperlich und technisch verschränken (Merleau-Ponty 1974
[1945]: 182).
Wie aber hängen die Gewohnheiten des Verwendens mit dessen Spielräumen
und Offenheiten zusammen? In ihrer Kritik der künstlichen Intelligenz subsumie-
ren Collins und Kusch (1998) solch gewohnheitsmäßige Tätigkeiten unter dem
Begriff des „mimeomorphen Handelns“, also eines regelbasierten Vorgehens, das
zwar meist implizit vorliegt, prinzipiell aber expliziert werden kann (vgl. auch Col-
lins 2001, 2010). Collins und Kusch argumentieren nun, dass das mimeomorphe
Handeln durch seine Regelmäßigkeit von Technik, insbesondere Maschinen, imi-
tiert werden kann. Dagegen bestehe aber auch ein Bereich des „polymorphen
Handelns“, der allein den Menschen vorbehalten bleibt. Polymorphe Handlungen
zeichnen sich nicht durch Wiederholbarkeit und Regelmäßigkeit, sondern durch
ihre Kontextsensitivität aus. Sie sind mit sozialen Bedeutungen beladen und lassen
sich daher nur in ihrem Zusammenhang mit sozialen Kontexten verstehen. Moto-
risch-perzeptive Gewohnheiten wären in diesem Sinne Teil des routinierten mi-
meomorphen Handelns und dadurch von den Spielräumen des polymorphen
Handelns zu unterscheiden. So trennen Collins und Kusch wiederum entlang der
bekannten Dichotomie von Mensch und Technik und nehmen gerade deren
Wechselwirkungen nicht in den Blick. Das Verwenden besteht sowohl aus mime-
omorphen als auch aus polymorphen Handlungsbestandteilen und ist immer
technisch vermittelt und sinnlich verkörpert.
Versteht man das Verwenden vor dem Hintergrund langjähriger Erfahrung
und einer eingeübten Verschränkung von Technik und Körper, so bilden die mo-
torisch-perzeptiven Gewohnheiten sowohl die Basis für die kontinuierliche Er-
neuerung der Routinen als auch für deren situierte Variationen. Das von James
angeführte „Überkochen“ der Erfahrung verhindert ein rein auf Repetition basie-
rendes Verwenden – auch wenn es oft als stupide Wiederholung oder elegant er-
lernter Handlungsvollzug erscheint.
3. Dieses Wechselspiel von Routine und kreativer Adaption ist zentraler Be-
standteil des pragmatistischen Handlungskonzepts (Joas 1992; Schubert 2007),
38 Unbestimmte Technik
weil es Teil aller praktischen Aktivität ist. Hierzu noch einmal Deweys oben schon
angeführtes Zitat:
„The distinctive characteristic of practical activity, one which is so inherent
that it cannot be eliminated, is the uncertainty which attends it. [...] Practical ac-
tivity deals with individualized and unique situations which are never exactly
duplicable and about which, accordingly, no complete assurance is possible. All
activity, moreover, involves change.“ (Dewey 1929: 6)
Die praktische Aktivität des Verwendens ist im pragmatistischen Sinne darüber
hinaus – und wie oben schon betont – eine technische wie körperliche Angele-
genheit, die Dewey als tätige Arbeit dem reinen Denken gegenüberstellt: „For
work is done with the body, by means of mechanical appliances and is directed
upon material things.“ (ebd.: 5)
Dewey sieht die Verknüpfung von Denken und Handeln paradigmatisch im
Experiment verkörpert. Für ihn stellt die experimentelle Erkenntnis der Naturwis-
senschaften gewissermaßen den Königsweg dar, um sich vom Idealismus reiner
Gedankenspiele zu lösen. Dabei bleibt die experimentelle Erkenntnis jedoch nicht
allein der auf reinen Wissenserwerb spezialisierten Wissenschaft vorbehalten. Ex-
perimentelles Handeln findet sich ebenso in Alltagssituationen und zwar eben
dann, wenn unvorhergesehene Ereignisse den Handlungsfluss unterbrechen und
eine Neuorientierung erforderlich machen (vgl. Dewey 1916, 1929). Wissenschaft-
liches und alltägliches Experimentieren sind – wie schon gesagt – nicht funda-
mental voneinander unterschieden, ebenso wenig sind sie identisch. Vor allem ist
das alltägliche Experimentieren kein Selbstzweck. Es ist nicht wie das wissen-
schaftliche Experimentieren auf den reinen Wissenserwerb gerichtet, sondern in
gewisser Weise immer Mittel zum Zweck. Für Dewey geht das Alltagsexperimen-
tieren nicht über die sinnlich erfahrbare Oberfläche der Phänomene hinaus und
setzt insbesondere keine spezifischen Instrumente zur weiteren Erkenntnisgewin-
nung ein (Dewey 1929: 74ff.). In diesem Sinne ist alltägliches Experimentieren
eher spielerisch-explorativ als methodisch-experimentierend.
In ähnlicher Weise hat auch Lévi-Strauss (1973 [1962]) das moderne Ingeni-
eurhandeln als rational planend von einer „primitiveren“ Form des technischen
Handelns als situativ kombinierender „Bricolage“ unterschieden. Ebenso wie De-
wey geht es ihm nicht um eine fundamentale, sondern um eine graduelle Diffe-
renz zwischen zwei ähnlichen aber unterschiedlichen Handlungspraxen. In der
neueren Wissenschaft- und Technikforschung werden auch diese Unterschiede
noch weiter aufgelöst. Denn wissenschaftlich-technischer Umgang mit Apparaten
und Instrumenten geschieht in der Regel bastlerisch. Im Anschluss an Dewey
formuliert Rammert den Begriff der „experimentellen Interaktivität“ (Rammert
2007: 65ff), um auf die Kontinuität bzw. Zirkularität zwischen Alltags- und Wis-
senschaftsobjekten hinzuweisen (ebd.: 72). Spitz formuliert fallen sowohl Dewey
als auch Lévi-Strauss auf eine moderne Selbsttäuschung herein (Latour 2008
[1991]), indem sie dem wissenschaftlich-technischen Handeln eine Rationalität
und Kontrolle unterstellen, die es so gar nicht besitzt. Denn auch zum wissen-
schaftlichen Experimentieren gehören wichtige spielerische Anteile, was Knorr
beispielsweise mit dem Begriff des „Tinkering“ hervorhob (Knorr 1979; vgl. auch
Nutch 1996; Delamont & Atkinson 2001 für das „Herumdoktern“; Mol et al.
Einleitung: Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns 39
2010 für die Beziehung von Tinkering und dem Kümmern um Dinge und
Menschen). Und selbst für das planende Ingenieurshandeln – das, wenn man so
will, technisches Handeln par excellence verkörpert – wird heute der Begriff der
„Bricolage“ genutzt, der im Kontrast zu einem rationalistischen Verständnis den
alltäglichen Bastelcharakter auch im Umgang mit komplexer und avancierter
Technik betont (Garud & Karnøe 2003).
Die so gebrauchten Begriffe der experimentellen Interaktivität, des Tinkering
oder auch der Bricolage zielen mehrheitlich auf die Produktion neuen Wissens
bzw. neuer Technik, womit sie eher auf das Herstellen verweisen als auf das Ver-
wenden. Es gibt jedoch keinen Grund, sie für diese Kontexte zu reservieren. So
beschrieben Strauss et al. (1985: 48f) die Praktiken des Reparierens und Wartens
von Medizintechnik ebenfalls als „tinkering“ oder „fiddling“. Die Gemeinsamkei-
ten zwischen Herstellen und Verwenden bestehen vor allem darin, dass sich unter
dem Dach einer „Bastelmetapher“ verschiedene Formen und Begriffe sammeln
lassen, die auf die Offenheiten und Flexibilitäten technischen Handelns per se
hindeuten. Das funktioniert – ähnlich wie bei Lévi-Strauss – jedoch vornehmlich
als Kritik an Vorstellungen rational planenden technischen Handelns. Darin liegt
wiederum die Gefahr, technisches Handeln in zwei getrennte Phänomenbereiche,
den der Routine und den der Flexibilität bzw. Kreativität, aufzuspalten und die
zentralen Bezüge dazwischen aus dem Blick zu verlieren – was dem pragmatisti-
schen Anspruch zuwider laufen würde.
In den letzten Jahren zeichnet sich eine zunehmende und fruchtbare Diskussi-
onslandschaft ab, die sich diesem Spannungsfeld unter der Überschrift der „Im-
provisation“ nähert und für die pragmatistische Gedanken nicht selten Pate ste-
hen (vgl. Sawyer 2000). Besonderes Augenmerk kommt dabei der musikalischen
Improvisation zu, bei der, sehr vereinfacht gesagt, Komposition und Aufführung
zusammenfallen. Gerade die Improvisation im Jazz dient als paradigmatisches
Beispiel für die Verbindung von Routine und Kreativität – etwa bezogen auf or-
ganisationales Handeln (Weick 1998; Kamoche et al. 2002), handwerkliches Han-
deln (Sennett 2008) oder gar auf Handeln an sich (Kurt & Näumann 2008; Gött-
lich & Kurt 2012).
Mit dem Begriff des Improvisierens wird auf kunstfertige und situative Leis-
tungen verwiesen, die gewissermaßen „aus dem Stegreif“ heraus passieren. Daher
haftet dem Begriff der Improvisation landläufig die Aura des Unfertigen, Gebas-
telten und Unzureichenden an. Improvisieren erschafft aus dieser Sicht immer nur
teilweise und zeitlich begrenzte Lösungen für Probleme, die unter Zuhilfenahme
von ausreichend zeitlichen, materialen und kognitiven Ressourcen besser gelöst
werden könnten. Solche negativen Konnotationen des Improvisierens betonen in
erster Linie seinen situativen Charakter, vernachlässigen jedoch die Kunstfertig-
keiten des Improvisierens. Als kunstfertiges Handeln ist Improvisieren weder un-
vollständig noch ungelernt. Vielmehr verweist es genau auf den Akt der Kreativi-
tät, der in pragmatistischer Perspektive jedem Handeln innewohnt. Der situative
Charakter des Improvisierens ist somit kein Residual rationalen und planvollen
Handelns, sondern eine notwendige und konstitutive Form praktischen menschli-
chen Tuns: „Improvisation can broadly be defined as the conception of action as
it unfolds, drawing on available cognitive, affective, social and material resources“
(Kamoche et al. 2003: 2024). Kunstfertiges Improvisieren, wie etwa im Jazz, be-
40 Unbestimmte Technik
sitzt zwar ein Element der Spontanität, zu einem weit größeren Teil beruht es
jedoch auf der jahrelangen Erfahrung von Musikern (Becker 2000), die ihr In-
strument meisterlich beherrschen (Gibson 2006). D.h. Improvisieren enthält ei-
nen Anteil kreativen Handelns, insofern es situativ aus dem Stegreif geschieht,
gleichzeitig bleibt es an Gegebenheiten der Situation, insbesondere das Können
der Musiker, gebunden.
Inwieweit lässt sich der musikalisch geprägte Begriff des Improvisierens mit ei-
nem pragmatistischen Konzept des Verwendens verbinden? Die Antwort erfolgt
in drei Schritten. (a) Zuerst spiegelt sich in der musikalischen bzw. theatralischen
Differenz von Komposition und Performanz die allgemeine Differenz von Struk-
tur und Handeln bzw. von Routine und Flexibilität. Der Improvisationsbegriff
beinhaltet jedoch keine Dichotomie zwischen diesen beiden Aspekten. Vielmehr
erlaubt er, sie miteinander in Beziehung zu setzen, insofern Improvisation eine
Variation von Bekanntem oder Gegebenem ist. In dieser allgemeinen Form deckt
sich der Improvisationsbegriff weitgehend mit dem pragmatistischen Handlungs-
konzept, das ja ebenso mit dem Begriff der Gewohnheit (habit) zuerst an der
Kontinuität des Handelns ansetzt (James 1914 [1890]; Dewey 1922). Habits sind
dabei keine einfachen Wiederholungen, sondern aus der aktiven Auseinanderset-
zung mit der Umgebung entwickelte Umgangsweisen – ähnlich wie sie aus der
Auseinandersetzung mit einem Musikinstrument entstehen. Insofern sind Ge-
wohnheiten erlernte und organisierte Aktivitäten, die eine Verbindung von Konti-
nuität und Kreativität herstellen. Kreativität hat – anders ausgedrückt – Geschich-
te, ohne jedoch durch diese determiniert zu sein (vgl. hierzu die obige Diskussion
des specious present bei Mead 1932). (b) Darin steckt ein zweiter Punkt, nämlich
dass Improvisieren eine erlernte und kunstvolle Tätigkeit ist, die ein hohes Maß an
Kompetenz und situativer Reflexion erfordert. Sie ist weit mehr als spontanes und
unausgegorenes Tun, das eher Stümpern als Experten zugerechnet wird. Im Ge-
gensatz zu künstlerischen Improvisationen sind die Improvisationen des Verwen-
dens jedoch kein Ziel an sich sondern ein Mittel zum Zweck. Die Improvisatio-
nen des Verwendens geschehen meist beiläufig, sie werden nicht zum Thema, was
aber nicht bedeutet, dass sie weniger kreativ sein müssen. Sie sind Variationen
eines antizipierten Handlungsverlaufs, mit dem Ziel, ein geplantes Ergebnis auch
durch situative Abweichungen vom routinierten Vorgehen zu realisieren. Je nach
Offenheit der jeweiligen Handlungsverläufe können diese Abweichungen fast
schon selbst zu unhinterfragten Routinen werden – etwa den grundsätzlich nicht
standardisierbaren Behandlungsverläufen in der modernen medizinischen Versor-
gung. Insofern ist das Improvisieren im Verwenden keine hervorgehobene künst-
lerische Leistung, sondern eine oft unsichtbare und alltägliche Fertigkeit (Star &
Strauss 1999). (c) Der dritte Punkt betrifft die für das Verwenden charakteristi-
schen Verschränkungen von Körper und Technik. Für die klassische Jazzimprovi-
sation besteht der Umgang mit Technik im meisterlichen Beherrschen des In-
struments (Gibson 2006). Nur wenn die Instrumente im Gebrauch zuhanden sind
(Heidegger 1967 [1927]: 68), kann der Spieler seinen Improvisationen freien Lauf
lassen, ohne sich auf das Instrument selbst konzentrieren zum müssen. Improvi-
sieren geht in diesem Sinne von funktionierender und durch den Musiker kontrol-
lierter Technik aus. Insofern enthält der Improvisationsbegriff eine spezifische
Vorstellung von kompetentem und technisch vermitteltem und sinnlich verkör-
pertem Tun. In der musikalischen Improvisation verschmelzen Instrument und
Einleitung: Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns 41
Körper miteinander, was einerseits die Beherrschung des Instruments durch den
Musiker beinhaltet, andererseits aber auch die langjährige Anpassung des Körpers
an das Instrument mit einschließt. Für das Verwenden muss die Reichweite einer
solchen Kontrolle jedoch in Frage gestellt werden – zumindest wenn man von der
These einer „unruly technology“ ausgeht. Und in der Tat setzen manche musikali-
sche Improvisationen, beispielsweise im Free Jazz, auch auf defekte oder leicht
beschädigte Instrument, um auch unvorhergesehene Töne zu produzieren. Bei
den Improvisationen des Verwendens widerspenstiger Technik sind die Ver-
schränkungen von Körper und Technik daher anders gelagert. Es geht weniger
um eine sinnlich verkörperte meisterhafte Kontrolle, sondern um ein sinnliches
Gespür für technische Probleme und die körperliche Kompensation ausgefallener
technischer Funktionen (Bauer et al. 2002). Aus pragmatistischer Perspektive ist
das Improvisieren ein Modus der Erfahrung, der einerseits das Überkochen des
praktischen Tuns als auch dessen technische und sinnliche Vermittlung betont.
5. Reprise: unbestimmte Technik
Die Einleitung begann mit der Frage nach den Wechselwirkungen sozialen und
technischen Wandels, die kennzeichnend für die Entwicklungsdynamiken moder-
ner Gesellschaften sind. Obwohl Herstellen und Verwenden als grundsätzliche
Modi technischen Handelns nicht darauf beschränkt sind, so dienen sie in diesem
Rahmen doch vornehmlich zur Bestimmung gegenwärtiger Innovations- und
Nutzungskontexte. Ogburn hatte diese Entwicklungsdynamiken noch relativ eng
mit den technischen Entwicklungen selbst verbunden und die bekannten Anpas-
sungsschwierigkeiten des cultural lag formuliert:
„Unlike the natural environment, the technological environment is a huge mass
in rapid motion. It is no wonder then that our society with its numerous insti-
tutions and organizations has an almost impossible task in adjusting to this
whirling technological environment. It should be no surprise to sociologists
that the various forms and shapes which our social institutions take and the
many shifts in their function are the result of adjustments – not to a changing
natural environment, not to a changing biological heritage – but to adaptations
to a changing technology“ (Ogburn 1964: 85)
Neben dem technischen Wandel selbst, kamen zunehmend auch seine problema-
tischen Folgen in den Blick, die insbesondere unter dem Stichwort der „reflexiven
Modernisierung“ (Beck et al. 1994) untersucht wurden und werden. Unbestimmte
Technik bedeutet aus dieser Perspektive zuerst einmal „widerspenstige“ (Wynne
1988) bzw. „golemhafte“ (Collins & Pinch 1998) Technik, die ausser Kontrolle zu
geraten droht (Winner 1977) und unerwünschte Folgen zeitigt.
Im hier verwendeten Sinn bedeutet unbestimmte Technik jedoch nicht, dass
sich moderne Technik zunehmend der menschlichen Kontrolle entzieht. Viel-
mehr gilt Technik grundsätzlich als insoweit unbestimmt, als dass sie sich nicht
auf reine technische Funktionalität reduzieren lässt, sondern immer erst in den
Geflechten technischen Handelns bestimmt werden muss. Diese Gemengelagen
wurden von der Wissenschafts- und Technikforschung, insbesondere von der
42 Unbestimmte Technik
Akteur-Netzwerk Theorie ins Zentrum soziologischer Diskussionen gerückt. Die
Innovationsstudien der ANT, so etwa Callon (1987), (Latour 1993) und Law
(1987), fokussieren dabei mehrheitlich auf die Stabilisierung hybrider Netzwerke
im Modus des Herstellens. Darüber hinaus erlaubt es die hier vorgenommene
pragmatistische Formulierung des technischen Handelns, auch das Verwenden
systematisch einzubeziehen und auf dessen Offenheiten und Unbestimmtheiten
Acht zu geben. Ohne den starken Hang zur Betonung von Stabilisierung und Ir-
reversibilität (Callon 1991; Latour 1991), bleibt die pragmatistische Perspektive
sensibel gegenüber dem Wechselspiel von Wandel und Stabilität.
Unbestimmte Technik lässt durch ihre „interpretative Flexibilität“ (Pinch &
Bijker 1984) jedoch nicht nur einfach Platz für soziale Interessen, mit denen sie
dann gewissermaßen aufgefüllt werden kann. Es reicht nicht aus, Herstellen und
Verwenden als Mischformen aus technischen und sozialen Elementen zu begrei-
fen, bei dem das Soziale die Technik erst vollendet. Auch soziale Interessen sind
durch technische Mittel geprägt, weshalb sie nicht als isolierte Letzterklärungen
gelten können. Diese Abkehr von letzten Gewissheiten hin zu situativen und
problemorientierten Stabilisierung von Wissen hat Dewey (1929) nachdrücklich
für die Philosophie gefordert und das gilt nicht minder für die Soziologie. Wie die
einzelnen Kapitel dieses Bandes zeigen, geht die konstitutive Vermittlung techni-
schen Handelns über eine reine Addition von Technik und Sozialem hinaus. Im
Sinne von „ends-in-view“ (Dewey 1939) werden die sozialen Interessen und Zwe-
cke immer durch die verfügbaren Mittel mitbestimmt. Insofern ist auch das Sozia-
le als grundsätzlich unbestimmt. Erst die konstitutiven Verflechtungen von Zwe-
cken und Mitteln schaffen die schrittweisen Stabilisierungen, die aus den unbe-
stimmten Situationen bestimmte Situationen werden lassen (Dewey 1916).
Für die soziologische Analyse unbestimmter Technik werden daher gesell-
schaftliche Kontroversen zu interessanten Arenen, in denen sich die Aushandlun-
gen unbestimmter Technik vollziehen. In der Wissenschaftsforschung haben
Kontroversen aus diesem Grund (für die Frage unbestimmten Wissens) eine zent-
rale Stellung eingenommen (Collins 1981). Ebenso gehen mit der Einführung
technischer Neuerungen nicht selten Kontroversen oder gar handfeste Auseinan-
dersetzungen einher, wie die Geschichte der Industrialisierung auf vielfältige Wei-
se gezeigt hat (vgl. Noble 1984). Allgemeiner gesprochen bilden die vielfältigen
„problematischen Situationen“, die mit unbestimmter Technik einhergehen, die
Orte gesellschaftlicher Inquiryprozesse (Dewey 1938). Entgegen der Vorstellung
eines einmaligen „technological fix“ birgt unbestimmte Technik immer das Poten-
tial von Transformation. Dieser Fokus wurde in der interaktionistischen Soziolo-
gie fruchtbar weitergeführt, die die kontinuierliche Aushandlung sozialer Ordnung
in den Mittelpunkt rückt (Strauss 1978a). Wird das Soziale nicht als einheitliche
Größe, sondern als fragmentierter Prozess verstanden, dann befinden sich gesell-
schaftliche Dynamiken konstant im Fluss:
„Intersection and segmentation imply that we are confronting a universe
marked by tremendous fluidity; it won't and can't stand still. It is a universe
where fragmentation, splintering, and disappearance are the mirror images of
appearance, emergence, and coalescence.“ (Strauss 1978b)
Einleitung: Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns 43
Strauss sieht Technologien als fundamental in diese Prozesse involviert, sei es weil
sie innerhalb spezifischer sozialer Welten operieren oder weil sie in den Arenen
zwischen sozialen Welten verhandelt werden. Technik kann aber nicht nur Ge-
genstand einer Kontroverse sein, sie kann auch als ein Aushandlungsmittel einge-
setzt werden. Im Zuge von Kontroversen wird es dann interessant zu betrachten,
genau welche Aspekte von Technik als unbestimmt und verhandelbar gelten und
welche nicht.
Unbestimmte Technik lässt sich dann nicht mehr entlang einer modernen Vor-
stellung technischer Rationalität (Weber 1922) erfassen oder in markanter Diffe-
renz von System und Lebenswelt (Habermas 1981) beschreiben. Die Wechselwir-
kungen technischen und sozialen Wandels artikulieren sich in solch vielfältiger
Weise, dass sie kaum mehr adäquat in den abstrakten Gewissheiten theoretischer
Konzepte gefasst werden können, sondern eine intensive und empirische Ausei-
nandersetzung einfordern.
6. Die Kapitel des Bandes
Die folgenden Kapitel beleuchten die zwei Modi des technischen Handelns in
zwei gesellschaftlichen Handlungsfeldern. Das Herstellen wird am Beispiel der
Entwicklung einer neuen Produktionstechnologie für Halbleiter auf Ebene orga-
nisationaler Felder untersucht. Das Verwenden bezieht sich auf eine mikroanalyti-
sche Studie der technisierten Medizin, insbesondere der Anästhesie. Durch diese
Trennung können die Unterschiede zwischen den beiden Modi technischen Han-
delns deutlich herausgearbeitet werden, gleichzeitig dient das bis hier entwickelte
allgemeine Verständnis technischen Handelns als verbindendes Element. Jeder
Teil besteht aus sechs Kapiteln, von denen jeweils die ersten drei die aus den kon-
kreten Fallstudien gewonnen konzeptuell-empirischen Ergebnisse präsentieren,
während die nachfolgenden drei die Ergebnisse in einen weiteren Kontext setzen.
Durch die gemeinsame Empirie der zugehörigen Fallstudien ergeben sich zwang-
läufig Dopplungen in den Beispielen der einzelnen Kapitel – nicht zuletzt, weil die
ausgewählten empirischen Fälle paradigmatisch für die jeweiligen Felder stehen
sollen. Die Beiträge wurden aber so ausgewählt, dass den empirischen Über-
schneidungen eine konzeptionelle Eigenständigkeit der einzelnen Beiträge gegen-
übersteht. Zudem rekurrieren die Arbeiten im Teil II Verwenden zwar teilweise
auf die empirischen Studien meiner Dissertation „Die Praxis der Apparatemedi-
zin“, sie gehen aber systematisch über diese hinaus und erweitern sie um konzep-
tionelle Beiträge, insbesondere aus pragmatistischer und phänomenologischer
Perspektive.
Einleitung: Die konstitutive Symmetrie technischen Handelns
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"Nowhere does history indulge in repetitions so often or so uniformly as in Wall Street," observed legendary speculator Jesse Livermore. History tells us that periods of major technological innovation are typically accompanied by speculative bubbles as economic agents overreact to genuine advancements in productivity. Excessive run-ups in asset prices can have important consequences for the economy as firms and investors respond to the price signals, resulting in capital misallocation. On the one hand, speculation can magnify the volatility of economic and financial variables, thus harming the welfare of those who are averse to uncertainty and fluctuations. But on the other hand, speculation can increase investment in risky ventures, thus yielding benefits to a society that suffers from an underinvestment problem.
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