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Geoarchäologische Untersuchungen des römischen Marschlager Hachelbich (Kyffhäuserkreis/ Thüringen)

Authors:
  • Thüringisches Landesamt Für Denkmalpflege Und Archäologie/ Thuringian State Office for Heritage Management and Archeology
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„Geoarchäologische Untersuchungen des römischen Marschlager Hachelbich
(Kyffhäuserkreis/ Thüringen)“
1 2
André Kirchner & Mario Küßner
1 2
Universität Hildesheim, Institut für Geographie; Thüringisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie (TLDA)
Abb. 1: A: Großräumige Lage Hachelbichs in Mittel-
deutschland (Daten: SRTM, Darstellung: R. Stadt-
mann); B: Topographische Verhältnisse im
betrachteten Kyffhäuserkreis (Quelle: Landesamt für
Vermessung und Geoinformation Thüringen); C:
DGM1 der Region Hachelbich. Die Anlage befand
sich im engen Tal der Wipper, begrenzt durch Hain-
leite im Süden und Windleite im Norden. Der rote
Kreis zeigt die Lage des 2016er Grabungsschnitts
(Abb. 4) an. Das transparente Rechteck verortet das
Untersuchungsgebiet (Daten: Thüringer Landesamt
für Vermessung und Geoinformation, Darstellung: J.
Oesterle & A. Dickerboom).
Einleitung
Die Präsenz Römischer Truppen im rechtsrheinischen Germanien (Germania magna) umfasst einen Zeitraum
von ca. 500 Jahren (55 v. Chr. bis ins 5. Jh. n. Chr.) und dokumentiert die – letztlich weitgehend vergeblichen –
römischen Bestrebungen weite von Germanen besiedelte Gebiete ins römische Reich einzuverleiben.
Bodendenkmalpflegerische Routinemaßnahmen des TLDAs führten im Jahr 2009 zur Entdeckung des
römischen Marschlagers Hachelbich (Abb. 1), wodurch erstmals auch römische Truppenpräsenz in
Mitteldeutschland archäologisch belegt werden konnte (Küßner & Schüler 2014). Als äußere Absicherung der
Anlage wurde ein für römische Marschlager typischer Spitzgraben angelegt (Abb. 2), der wertvolle Informationen
i) zur zeitlichen Stellung und ii) zur Lagerplatzentwicklung liefert, die in diesem Beitrag vorgestellt werden.
Sedimentologische Ergebnisse
In der Grabungskampagne des Jahres 2016 wurde ein kleiner Teil des nördlichen Grabens untersucht (Abb. 1C) und auch für weiterführende laboranalytische Untersuchungen
äquidistant beprobt (Abb. 4). An diesem Standort bedeckt Kolluvium ( & ) die dunkel gefärbte, stark steinige Spitzgrabenfüllung (), die hier etwa 75 cm in den unterlagernden
Gesteinsschutt () eingetieft ist. Es zeigt sich deutlich, dass die Spitzgrabenfüllung eine vergleichsweise feinere Feinbodenart (v.a. Schluff), erhöhte Stick- und Kohlenstoffgehalte
(besonders C ) sowie eine erhöhte elektrische Leitfähigkeit besitzt. In Richtung Grabensohle ist eine schrittweise Vergröberung der Grabenfüllung sowie ein leichter Rückgang der C -
org org
Gehalte, bei gleichzeitig geringem Anstieg der C -Gehalte, festzustellen. Insbesondere die erhöhten C -Gehalte (ehemaliges Oberbodenmaterial) und der Skelettreichtum der
anorg org
Grabenfüllung (Material des Anstehenden) unterstützen die archäologische Interpretation einer Verfüllung des Spitzgrabens mit Aushubmaterial auch laboranalytisch. Vermutlich
wurde dies durch die römischen Truppen selbst, nach der Aufgabe des Marschlagers vorgenommen. Dies entsprach dem Vorgehen des römischen Militärs beim Auflassen eines
Marschlagers. In der poströmischen Nutzungsphase wurde der Lagerplatz in diesem Bereich durch ein sandiges Kolluvium überdeckt, wodurch eine Phase verstärkter Bodenerosion
im Hangeinzugsgebiet des Marschlagers belegt ist.
Thüringen
Niedersachsen Sachsen-Anhalt
Hessen
030 60 km
Heidelberg
(Hainleite)
Bendeleber Berg
(Windleite)
Hachelbich
Hachelbach
51°21`N
10°59`E
10°58`E
A
B010 20 km
Hachelbich
Hachel-
bich
B C
C
Windleite
Hainleite
Methoden
Anlage archäologischer Grabungsschnitte im Randbereich des Marschlagers
14
Archäologische und C-Datierungen ausgewählter Grabungsfunde
Sedimentologische Untersuchungen (Korngröße, Stick- & Kohlenstoffgehalt, pH-Wert, elektrische Leitfähigkeit)
Abb. 2: Fotos von Grabungsschnitten im südlichen und östlichen Randbereich des Lagers (Quelle: TLDA Jäger/ Küßner/ Neubeck). Deutlich erkennbar ist die nach unten
spitz zulaufende Verfüllung des ehemals, lagerumspannenden Grabens.
C
1
2
3
4
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
1,2
1,4
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
1,2
1,4
0
Römerlager Hachelbich - Schnitt 2016
nördliche Grabenflanke
Kohlenstoff [%] Stickstoff [%] pH EC [µS/cm] Korngröße [%]
südliche Grabenflanke
Kohlenstoff [%] Stickstoff [%] pH EC [µS/cm] Korngröße [%]
1 2 3 0.1 0,2 7 8 9 125 200 275 20 40 60 80 100 1 2 3 0.1 0,2 7 8 9 125 200 275 20 40 60 80 100
Corg
Ct
Nt
Canorg
H O
2
CaCl2
Abb. 4: Physikochemischen Laborergebnisse zum Grabungsschnitt 2016 (Quelle: TLDA
Jäger/ Küßner/ Neubeck).
H O
2
CaCl2
Corg
Ct
Nt
Canorg
Sand Schluff Ton Sand Schluff Ton
N
Archäologische Ergebnisse
Die Untersuchungen der letzten Jahre (Küßner & Schüler 2014; Küßner & Walter 2014) haben zum Nachweis eines
bisher etwa 460 m langen südlichen Grabens geführt. Der auf eine typische abgerundete Ecke reichende östliche
Graben mit einem etwa mittigen Titulum-Tor reicht vermutlich bis zum heutigen Wipperlauf (ca. 680 m). Die
archäologisch untersuchten Grabenbereiche sind nach Ausweis der gut unterscheidbaren Einfüllungen bei der Aufgabe
des Lagers gemäß den Gewohnheiten des römischen Heeres (zum Funktionsverlust) schnell von der Lagerinnenfläche
aus mit Material des zuvor errichteten Walls verfüllt worden. Im Lagerinnenraum sind bisher acht typische Backöfen
untersucht worden (Abb. 3B). Aus den angesprochenen Spitzgrabenverfüllungen, v.a. aber aus dem Pflughorizont des
gesamten Lagerareals und talwärts außerhalb liegender Bereiche, wurden vereinzelte Fundstücke geborgen, die zum einen
den militärischen Charakter der Anlage bestätigen, darüber hinaus aber auch erste Hinweis zur Zeitstellung des
Lagers geben (Abb. 3C).
Die bisher geborgenen Schuhnägel gehören alle der Form ohne Noppen und Stege an. Ein Dolchortband, ein Riemen-
beschlag (Oldenstein 718) und eine Anzahl weiterer Kleinfunde lassen in der Gesamtheit keinen Zweifel an der
Zugehörigkeit zum römischen Militär. Germanische Fibeln datieren in die Mitte des 1. Jh. (keinem Befund zuweisbar)
14
und in das späte 3./4. Jh. (aus der obersten Verfüllung des Spitzgrabens). Auch C-Daten liefern einen weiten
Datierungsspielraum (vgl. Küßner & Schüler 2014). Aus archäologischer Sicht plausibel ist eher die Verbindung des
Marschlagers mit dem Zug des Maximinus Thrax 235/236 n. Chr. Zur Absicherung dieser These sind allerdings
weitere sicher datierende Funde abzuwarten.
Abb. 3: A: Arbeiten am Spitzgraben
während der Grabungskampagne 2016
(Quelle: TLDA Küßner); B: Backofen mit
Arbeitsgrube im südlichen Innenraum des
Lagers (Quelle: TLDA Jäger/ Küßner/
Neubeck); C: Geborgene Funde im Umfeld
des Marschlagers Hachelbich (Quelle:
TLDA Arnold): Riemenbeschlag (links),
vier römische Schuhnägel (rechts oben),
Dolchortband (rechts unten).
AB
C
Literatur
Küßner, M. & Schüler, T. (2014): Truppen in Thüringen. Nordöstlichste römische Militäranlage entdeckt. - Archäologie in Deutschland, 3/2014: 6.
Küßner, M. & Walter, D. (2014): Ur- und frühgeschichtliche Besiedlung und archäologische Denkmalpflege im Kyffhäuserkreis. - Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmale in Thüringen, 5.1: Kyffhäuserkreis,
Überblicksdarstellungen, Altenburg: 32-69.
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