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Komplexe Vielfalt – Die menschlichen Relikte aus der latènezeitlichen Zentralsiedlung von Roseldorf und ihre archäothanatologische Evidenz

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248
Komplexe Vielfalt – Die menschlichen Relikte aus der
latènezeitlichen Zentralsiedlung von Roseldorf und ihre
archäothanatologische Evidenz
Maria Teschler-Nicola
Einleitung
In den letzten Jahrzehnten ist es gelungen, Handlungen,
welche mit Jenseitsvorstellungen, Totenbrauchtum, Tro-
phäenkult und/oder möglichen Opferhandlungen des
späteisenzeitlichen Menschen in Verbindung gebracht
werden können, über antike Schrift- und ikonographische
Quellen hinaus auch in zahlreichen realen archäologischen
Fundkontexten eindrucksvoll zu erfassen. Zu den Fundka-
tegorien gehören auch menschliche Relikte, die aufgrund
ihrer ungewöhnlichen Repräsentanz oder ihres vermeint-
lich atypischen Fundortes, etwa einer Siedlung, viele Fragen
aufwerfen. Naheliegend und unbestritten scheint, dass die
Art und der Zustand einiger der solcherart überkommenen
Evidenzen auf komplexe Kulthandlungen bzw. ein von re-
ligiösen Vorstellungen geprägtes und ritualisiertes Begräb-
nisbrauchtum hindeuten. Der Handlungsablauf eines sol-
chen Szenarios ist allerdings nur schwer, bestenfalls partiell,
erfassbar (Rieckhoff/Biel 2001, 169). Obwohl die Toten in
der jüngeren Eisenzeit überwiegend auf dafür bestimmten
Friedhöfen bestattet wurden (z. B. Körperbestattungen in
Basel-Gasfabrik, siehe dazu Pichler u. a. 2013; Hüglin/Spichtig
2010; Jud 2008; oder als Brandbestattung in Aguilar de An-
guita und Luzaga, siehe dazu Álvarez-Sanchís/Ruiz Zapatero
2001; Lorrio/Ruiz Zapatero 2005), war man in dieser Epoche
mit vielen Verstorbenen offenbar auch so verfahren, „dass
von ihnen kaum etwas übriggeblieben ist“ (Müller/Lüscher
2004, 140). Ihre Reste waren, wie aktuelle Forschungsgra-
bungen in keltischen Siedlungen und Kultstätten zeigen,
in unterschiedlichsten Kontexten deponiert worden (in
Siedlungsgruben, Gräben, Pfostenlöchern, Brunnen, Heilig-
tümern), sie fanden sich entweder im Teilverband oder als
kleinteilige Fragmente, ließen Anzeichen von Gewalteinwir-
kung sowie peri- und postmortalen Manipulationsspuren
oder einer mutmaßlichen „Umlagerung“ (Wiederdeponie-
rung?) erkennen, waren mit Tierknochen oder Siedlungs-
abfall vermengt oder in kremierter Form, als Leichenbrand,
überliefert. Solche Befunde sind etwa aus den forschungs-
geschichtlich bedeutsamen Fundstellen von Frankreich
(u. a. Gournay-sur-Aronde und Ribemont-sur-Ancre: Brun-
aux u. a. 1985; Brunaux 1993; 1995; 2000; 2004; 2015; Brun-
aux/Malagoli 2003), aus Deutschland (Manching: Lange
1983; Hahn 1999; Rieckhoff/Biel 2001) und der Schweiz (Ba-
sel-Gasfabrik: Pichler u. a. 2013) bekannt, im weiter östlich
gelegenen Siedlungsgebiet der Kelten fanden sich bisher
kaum Entsprechungen. Dieser Umstand unterstreicht die
große Bedeutung der im nordwestlichen Weinviertel ge-
legenen Anlage von Roseldorf und eröffnet der Keltenfor-
schung über den bisherigen Wissenskanon hinausgehende
Einsichten.
Dem gegenständlichen Exkurs liegen Teilerkenntnisse
und Erfahrungen aus einem holistisch konzipierten For-
schungsprojekt zugrunde, das unter Nutzung der vielfälti-
gen Roseldorfer Fundkategorien darauf ausgerichtet war,
(bioanthropologische) Indizien für die Rekonstruktion der
Handlungsabläufe und für den Umgang mit den Toten in
der Mittel- und Spätlatènezeit aufzuspüren. Auf der Basis
dieser Befunde wurde die Hypothese eines mehrstufigen
Bestattungsrituals formuliert. Im weiteren Projektverlauf
wird die Frage nach den Relationen unterschiedlicher Fund-
kategorien im Vordergrund stehen: So wollen wir etwa nach
der Beziehung der rekonstruierten Handlungsszenarien ei-
249
nerseits zu den horizontalen und vertikalen Sozialkategori-
en (Alter, Geschlecht, Herkunft, Rang), andererseits zu den
strukturell unterschiedlich konzipierten und auch in ihrem
Fundspektrum differierenden Sakralräumen (Holzer 2010a;
2010b) fragen. Da bisher lediglich ein Teil der menschlichen
Überreste aus den drei Tempelbezirken und der Siedlung
dokumentiert und analysiert wurde, sind diesbezügliche Er-
kenntnisse erst mit Projektabschluss zu erwarten.
Fundplatz und Fundspektrum
Der bereits im 19. Jahrhundert und dann in den 1930er und
1970er Jahren durch Oberflächenfunde bekannt geworde-
ne Fundplatz wurde 1991 unter Schutz gestellt und ab 1995
geomagnetisch prospektiert. Im Zuge dieser Messungen
konnte ein ausgedehntes, etwa 40 ha umschließendes Sied-
lungsareal identifiziert werden, in dessen Randzone sich drei
„Kult- bzw. Tempelbezirke“ mit mehreren größeren, annä-
hernd quadratischen Strukturen sowie kleinflächigeren
Verfärbungen abzeichneten (Holzer 2009; 2010a; 2010b).
Die anschließenden systematischen archäologischen Un-
tersuchungen dieser Areale unter der Leitung von Veronika
Holzer (Prähistorische Abteilung, Naturhistorisches Mu-
seum Wien) konzentrierten sich zwischen 2002 und 2014
vornehmlich auf die Erforschung dieser Kultbezirke (Holzer
2000; 2008; 2015). Der im östlichen Siedlungsrandbereich
gelegene Tempelbezirk 1 schließt ein großes Heiligtum (Ob-
jekt 1) und zwei kleine Heiligtümer (Objekt 12 und 13) sowie
zwei Opfergruben ein (Objekt 14 und 16) und repräsentiert,
aus anthropologischer Sicht, das bislang fundreichste und
am besten untersuchte Areal. Der am Plateau des Sand-
bergs, im nordöstlichen Siedlungsrandbereich lokalisier-
te Tempelbezirk 2 umfasst ein großes Heiligtum (Objekt
30+30a) und zwei kleinere Sakralbauten (Objekte 40 und
41); die aus diesen Objekten geborgenen menschlichen
Überreste sind unterschiedlich repräsentiert und schließen
auch eine Körper- und zwei Brandbestattungen ein. Tem-
pelbezirk 3, im westlichen Siedlungsrandbereich von Rosel-
dorf gelegen, ist bislang ausschließlich durch den geomag-
netischen Befund, der die Struktur eines kleinen Kultbaues
(Obj. ohne Nummer) abbildet, bekannt (Abb. 1) .
Bereits im ersten Grabungsjahr 2001 wurde auch ein kleine-
rer Siedlungsausschnitt mit drei Speichergruben und 2015
eine weitere Siedlungsfläche mit vier Gruben untersucht
(Holzer 2009; 2015; dazu auch Trebsche/Fichtl 2016, 28).
Aus den archäologisch in extenso beforschten Sakralanla-
gen von Tempelbezirk 1 und 2, die sich sowohl im Bautyp
wie ihrem Fundspektrum klar voneinander unterscheiden,
kamen neben zum Teil unbrauchbar gemachten Waffen,
Schmuckelementen, Münzen, Keramik, Wagen- und Pfer-
degeschirrteilen auch botanische, tierische und mensch-
liche Überreste zum Vorschein. Abgesehen von den erst
jüngst im Tempelbezirk 2 entdeckten Bestattungen, waren
die menschlichen Überreste jeweils mit dem zoologischen
Fundgut vermischt aus der Grabenverfüllung geborgenen
worden. Die (Tier-)Knochenmasse aus dem bislang am
besten untersuchten Objekt 1 (Tempelbezirk 1) umfasste
beispielsweise 350 kg mit etwas mehr als 24.000 Elemen-
ten (Abd El Karem 2013). Aus diesem Konvolut wurden 392
Fragmente des menschlichen Skeletts aussortiert und an
die Verf. zur wissenschaftlichen Bearbeitung übergeben.
1
Geomagnetische Dokumentation der latènezeitlichen Zentralsied-
lung von Roseldorf mit den drei Kult- bzw. Tempelbezirken (Daten:
ZAMG ArcheoProspections, Grak: Veronika Holzer).
250
Diese Funde waren bereits Thema einer ersten bioanth-
ropologischen Analyse (Teschler-Nicola u. a. 2009) und
sie bilden auch die Basis für den gegenständlichen Zwi-
schenbericht. Dieser Überblick soll auch die menschlichen
Neufunde aus den Kultbezirken sowie aus der Siedlung
ansprechen und ihre Diversität in die reflexive Betrach-
tung miteinbeziehen. Betont sei an dieser Stelle, dass das
vorliegende Faktenbündel keinen Anspruch auf Vollstän-
digkeit erheben kann, da noch nicht alle Tierknochenkon-
volute gesichtet wurden und mit weiteren menschlichen
Überresten und damit einer eventuellen Abänderung der
Ergebnisse gerechnet werden muss.
Befunde und Diskussion
Kultbezirk 1/Großes Heiligtum Objekt 1
Erhaltung: Wie bereits erwähnt, brachte das systemati-
sche Screening der aus dem Objekt 1 geborgenen (und
als tierisch angesprochenen) Knochenmasse auch 392
Fragmente menschlicher Herkunft zutage (Abb. 2). Um
die Kontexte und auch die Vergesellschaftung mit ande-
ren Fundgattungen, etwa den Tierknochen, zu verstehen,
wurden zunächst die grundlegenden Parameter ermittelt:
Die Knochenstücke wurden anatomisch identifiziert, ihre
Häufigkeit zur Abschätzung der wahrscheinlichen Indivi-
duenzahl (WIZ) ermittelt und Knochenpaare oder nach
Möglichkeit auch größere zusammengehörige Skelettab-
schnitte eines Individuums identifiziert. Danach wurde,
zunächst ausschließlich auf makroskopischer Basis1, das
Sterbealter und Geschlecht ermittelt und schließlich die
vielgestaltigen, im vorliegenden Kontext besonders re-
levanten peri- und postmortalen Veränderungen erfasst.
Überraschenderweise gelang es beim refitting lediglich in
drei Fällen, ein größeres Langknochenelement aus jeweils
zwei Bruchstücken zu rekonstruieren; weitere Bemühun-
gen, Knochenpaare oder darüberhinausgehende Individu-
alisierungen zu enttarnen, blieben zunächst ohne Erfolg.
Sehr rasch wurde klar, dass es sich um ein ungewöhnliches
Gemenge ungewöhnlich zugerichteter Knochenfragmen-
te und damit um einen beispiellosen Befund handelt –
ohne Entsprechung im bisherigen archäologischen record
unserer Region. Denn unter den Langknochenfragmenten
sind solche der unteren Extremität mit 275 Stück am häu-
figsten dokumentiert (darunter 173 Femur- und 102 Tibia-
bruchstücke), die obere Extremität ist mit 63 Teilstücken
(darunter 57 Bruchstücke der Humeri) im Fundmaterial
vertreten. Reste des Körperstammes, des Schulter- und
Beckengürtels sowie des Schädels waren deutlich unterre-
präsentiert, das Hand- und Fußskelett fehlte gänzlich (Tab.
1 und Abb. 3). Eine derart markante Zusammensetzung
2
Roseldorf, Kultbezirk 1/Objekt 1: a) Großes Heiligtum/Objekt 1, Gra-
benanlage und zentrale Grube; b) Fundlage in der Grabenanlage mit
tierischen und menschlichen Skelettfragmenten (Grak und Foto:
Veronika Holzer). 3
Art und Anzahl der aus dem Großen Heiligtum/Objekt 1 (Tempelbe-
zirk 1) von Roseldorf geborgenen menschlichen Skelettfragmente
(nach Teschler-Nicola u. a. 2009).
251
scheint kein Zufallsprodukt, viel eher dürfte sie das Re-
sultat eines kulturell determinierten Auswahlverfahrens
darstellen, bei dem der bewussten Entnahme und Depo-
nierung der massivsten Knochenteile des menschlichen
Skeletts eine besondere Bedeutung – möglicherweise im
Sinne eines pars pro toto – zukam (Teschler-Nicola u. a.
2009). Dieser Erklärungsversuch evoziert in Anbetracht
einiger weiterer Sonderbarkeiten, die sich aus dem Fund-
kontext ergeben, viele Fragen, etwa nach Verbleib des
restlichen Körpers oder auch, warum diese menschlichen
Ersatzstücke, die aufgrund der proximalen Femurgelenk-
stücke von 52 Individuen stammen könnten (Abb. 4), ih-
ren letzten Ruheplatz inmitten identisch zugerichteter
Tierknochen in der Grabenanlage von Objekt 1 gefunden
haben sollten.
Interessanterweise liegen auch die tierischen Reste aus
Objekt 1 (Abd El Karem 2013) als Einzelstücke vor (zu den
Siedlungsbefunden siehe Bruckner-Höbling 2009). Da sie
Schlacht- und Portionierungsspuren aufweisen, scheint
es sich um vorportionierte Körperteile zu handeln, die al-
lerdings – entgegen der Annahme – nicht von fleischrei-
chen Elementen stammen (Abd El Karem 2013, 71–75).
Von archäozoologischer Seite werden, auf der Basis dieser
Befunde und zumindest für die älteste Grabenverfüllung,
Blutopfer ebenso ausgeschlossen wie Siedlungsabfall
(der anders zusammengesetzt wäre). In Anbetracht ihrer
diskontinuierlichen Einbringung in den Graben und der
Schlachtspuren wird von Abd El Karem (2013) ein Deutungs-
ansatz diskutiert, der die Vorstellung von „Festmählern“
beinhaltet, „im Zuge derer das Fleisch von Opfer(?)-tieren
konsumiert wurde“ – ein sehr überzeugender Befund, der
aber konsequenterweise den Denk- und Diskussionsraum
in Bezug auf die menschlichen Fundstücke um höchst spe-
kulative Erklärungsmodelle verbreitert: Welche Rolle kam
den menschlichen Relikten im Rahmen solcher „Festmäh-
ler“ zu? Deutet das selektierte, für den (ganzen) Menschen
stehende Teilstück auf eine Opferhandlung hin? Die Men-
ge der ausgewählten und schließlich aus der Grabenanla-
ge geborgenen Körperteile scheint in jedem Fall ein gesell-
schaftlich akzeptiertes, identitätsstiftendes Phänomen zu
reflektieren. War säkularer, profaner Kannibalismus etwa
Teil dieses Szenarios? Auch wenn wir von einer solchen,
sehr hypothetischen Deutung Abstand nehmen – ander-
norts wird sie aus der Diskussion nicht ausgeblendet: Aus
der Fundstelle von Gordion im antiken Kleinasien etwa
stammen Objekte, die nach Ansicht der Archäologen von
4
Häugkeit der aus dem Großen Heiligtum/Objekt 1 (Tempelbezirk 1)
von Roseldorf geborgenen rechten und linken Femurfragmente (dis-
tal, medial, proximal, indet.) (nach Teschler-Nicola u. a. 2009).
Skelettelement N %
Femur 173 44,1
Tibia 102 26,0
Humerus 57 14,5
Cranialreste 26 6,6
Zähne 7 1,8
Pelvis 6 1,5
nicht identizierbar 5 1,3
Costa 4 1,0
Ulna 3 0,8
Radius 3 0,8
Mandibula 3 0,8
Vertebra 1 0,3
Scapula 1 0,3
Fibula 1 0,3
Summe 392 100,0
Tabelle 1
Art und Anzahl der aus dem Großen Heiligtum/Objekt 1 (Tempelbezirk 1)
von Roseldorf geborgenen menschlichen Skelettfragmente (nach
Teschler-Nicola u. a. 2009).
252
einem Opferplatz herrühren könnten (Dandoy u. a. 2002).
Dort wurden u. a. – ebenfalls zwischen einer Vielzahl von
Tierknochen – Überreste dreier zerstückelter Menschen
entdeckt. Da die „fleischigsten Stücke“ fehlen, wurde die-
ser Befund mit Anthropophagie in Verbindung gebracht2.
Taugen die in Roseldorf entdeckten Knochenfragmente,
die durchwegs aus den am stärksten bemuskelten Körper-
regionen stammen, um eine solche Hypothese zu stützen?
Unklar ist allerdings, ob und wenn ja in welchem Ausmaß
die Repräsentativität der überlieferten Teile nicht durch
den Tierfraß geformt wurde (siehe unten).
Sterbealter und Geschlecht: Wie bereits andernorts ver-
merkt, gewinnt man bei der makroskopischen Inspektion
der Fragmente aus Objekt 1 den Eindruck eines Überwie-
gens eher jüngerer, erwachsener Menschen, möglicher-
weise männlichen Geschlechts (Teschler-Nicola u. a. 2009;
Abb. 5). Überreste von Kindern fehlen in diesem Heilig-
tum. Die Diagnose erfolgte zwar auf der Basis des vertrau-
ten, vielfach bewährten Merkmalsspektrums (Form und
Größe, Morphologie der Muskelansatzstellen, Diaphysen-
wandstärke, Gelenkdurchmesser, Collum-Diaphysenwin-
kel und metrische Relationen wie etwa das Verhältnis von
transversalem zu sagittalem Schaftdurchmesser; Zahnmi-
neralisation und -durchbruch, Abrasion, Verknöcherungs-
grad der Wachstumsfugen, Verschluss der Schädelnähte),
bedarf aber in Anbetracht der isolierten Skelettelemente
unbedingt einer molekulargenetischen Absicherung.3
Denn beide Parameter – Sterbealter und Geschlecht –
sind für die Kontextualisierung und Entschlüsselung des
Roseldorfer Hologramms von elementarer Bedeutung.
Sollte dieses Objekt 1 tatsächlich für ritualisierte Hand-
lungen (Opferhandlungen?) an Männern jüngeren Alters
genutzt worden sein? In antiken Textstellen wird beispiels-
weise das Verhalten der Galater ihren Kriegsgefangenen
gegenüber beschrieben: „Nachdem der Anführer der ga-
latischen Barbaren von der Verfolgung zurückgekehrt war
und die Kriegsgefangenen zusammengetrieben hatte,
beging er eine barbarische und ganz und gar vermesse-
ne Tat. Die bestaussehenden und in der Blüte ihrer Jahre
stehenden Kriegsgefangenen bekränzte er und opferte
sie den Göttern, wenn überhaupt irgendeiner der Götter
solche Ehrungen annimmt“ (Hofeneder 2008, 81). Auch
5
Roseldorf, Kultbezirk 1/Objekt 1: a) Roseldorf_R-4-1-15-119-3364, pro-
ximales Femurfragment mit perimortalen Brüchen und Tierverbiss
(von ventral und dorsal); b): Roseldorf_R-5-1-15-043-4504, proxima-
les Femurfragment mit perimortalen Brüchen und Tierverbiss (von
ventral und dorsal); Robustizität und Caputdurchmesser implizieren
männliches Geschlecht (Fotos: W. Reichmann, NHM).
6
Roseldorf, Kultbezirk 1/Objekt 1: a) Längsgespaltene und zerschlage-
ne Langknochenfragmente; b) Roseldorf_R-3-1-12-059-1419, Femur-
fragment mit Schlagmarke und Absplitterung der Kortikalis (Fotos:
W. Reichmann, NHM).
253
von Diodor wird über ein Auswahlverfahren im Kontext
eines Rituals berichtet, bei dem nur „die bestaussehenden
und in der Blüte ihrer Jahre stehenden Kriegsgefangenen
bekränzt und den Göttern geopfert“ worden sein sollen
(Hofeneder 2008, 82).
Frakturmorphologie und postmortale Veränderungen:
Im Rahmen der Erstuntersuchung der Funde aus Objekt 1
nahm die Identifikation der Art und Lokalisation artifiziel-
ler und intentioneller Veränderungen (Hieb-, Schnitt- und
andere Manipulationsspuren sowie Tierverbiss) einen brei-
ten Raum ein (Teschler-Nicola u. a. 2009). Zunächst wurde
versucht, die Struktur der Bruchkante als Marker für die
Eingrenzung des Defektzeitpunktes zu nutzen. Neben
wenigen rezenten Beschädigungen finden sich überwie-
gend peri- (um den Todeszeitpunkt herum) bzw. postmor-
tal (nach dem Tod) entstandene Brüche. Diese Frakturen
betrafen demnach einen noch relativ kollagenreichen
Knochen.4 Die Bruchkantenverläufe sind vielgestaltig und
schließen neben den klinisch bekannten Frakturformen
(Quer-, Schräg-, Biegungs- und Stückfrakturen) mit ihren
annähernd quer bzw. schräg bis spiralig zur Schaftachse
ausgerichteten Bruchlinien auch eine atypische, parallel
zur Diaphysenachse verlaufende Knochenlängsspaltung
ein. Da die Frakturkanten direkte Einschläge mit kegelför-
migen Absplitterungen aufweisen, liefern sie Argumente
für den Zeitpunkt der Entstehung (Abb. 6): Denn die Exis-
tenz solcher Defekte macht deutlich, dass die Manipulati-
onen erst nach der Verwesung oder einer intentionellen
Entfernung der Weichteile, etwa unter Beteiligung von
Aasfressern (große Raubvögel oder Carnivoren), erfolgt
sein kann. Dafür spricht auch eine Reihe anderer Indizien,
zum Beispiel die flächigen Abplattungen (Kompressions-
brüche) im Bereich des großen und kleinen Rollhügels am
proximalen Ende des Femurs. Sie dürften indirekt bei der
Zerteilung des weichteilbefreiten und auf einer harten Un-
terlage platzierten Knochens entstanden sein (Abb. 7a).
Weitere Details dieser absichtsvollen Zerkleinerung tre-
ten in der REM-Untersuchung plastisch hervor und bele-
gen, dass massive Hackinstrumente zum Einsatz kamen
(Abb. 8–9). Wie unsere thanatologische Spurensuche
ergab, waren wahrscheinlich auch die Schädel- und Kie-
ferreste einem vergleichbaren Zerstörungsprozess ausge-
7
Roseldorf, Kultbezirk 1/Objekt 1: a) Roseldorf_R-6-1-11-002-5165, perimor-
tale Veränderungen durch Auagedruck und Tierverbiss; b) Rosel-
dorf_1420, Tierverbiss am linken Os ilium (Fotos: W. Reichmann, NHM).
8
Roseldorf, Kultbezirk 1/
Objekt 1: a) Roseldorf_R-
4-1-15-117A-4194, Hackspur
am linken Femur (Ansicht
von ventral); b) Detailan-
sicht; c) REM-Aufnahme
der Hackspur (Fotos: W.
Reichmann, NHM; REM:
VIAS, Universität Wien).
254
setzt (siehe dazu auch die Funde aus den Objekten 12 und
14, Abb. 10–11).
Ein zusätzliches Indiz für die Abschätzung der Zeitspanne,
die zwischen dem Tod und der Entnahme von Knochenfrag-
menten verstrichen sein muss, lässt sich auch aus der Voll-
ständigkeit der Gelenkköpfe ableiten: Wäre die Entnahme
bzw. Exartikulation, beispielsweise des Femurkopfes aus
der Hüftgelenkspfanne unmittelbar nach dem Tod erfolgt,
hätte der mehrschichtige Muskelmantel, der das Hüftge-
lenk umgibt, durchtrennt werden müssen – ein solches
Vorgehen müsste sich in gelenknahen Schnitt- oder Kratz-
spuren manifestieren. Defekte dieser Art scheinen zwar an
einigen wenigen Bruchstücken vorzuliegen, eine zuverlässi-
ge Aussage ist aber aufgrund taphonomischer Veränderun-
gen nicht möglich.
An dieser Stelle sei erwähnt, dass, von den Funden aus Ob-
jekt 41 abgesehen, auch die aus den anderen Heiligtümern
und der Grube 14 geborgenen menschlichen Knochenstü-
cke sehr ähnliche Zerstörungsmuster aufweisen (wiewohl
sie in Bezug auf die Alters- und Geschlechtsverteilung dif-
ferieren). Daraus lässt sich mit großer Wahrscheinlichkeit
auf einen gleichförmigen prozessualen Ablauf im Kontext
eines – bislang ungreifbaren – Rituals schließen (Abb. 10–
11). Die entsprechenden Fragmente wurden mehrheitlich
ebenfalls aus den Tierknochenkonvoluten der Heiligtümer
Objekt 12 (48 Fragmente, darunter 18 Femurbruchstücke,
weiters Tibia-, Humerus- und Cranialfragmente sowie Zäh-
ne), Objekt 30+30a (Schädelreste von mindestens drei In-
dividuen, darunter ein Beuteschädel; zwei Langknochen-
fragmente; eine Brandbestattung) sowie der Grube Objekt
14 (ca. 120 Bruchstücke, darunter 42 Femur-, 12 Tibia-, 9
Humerus-, 2 Beckenfragmente, ca. 52 Schädelfragmente)
ausgelesen.
Unsere Beobachtungen legen die Vermutung nahe, dass
es sich bei den planvollen Zerstörungen um ein sekundäres
Stadium eines rituellen Prozesses handelt, dem entweder
eine natürliche Verwesung oder eine wie auch immer gear-
tete artifizielle Exkarnation (Entfleischung durch Tierfraß?)
vorausgegangen sein müsste. Es ist unklar, ob es sich dabei
um Handlungen im Rahmen einer „Opferzeremonie“ han-
10
Roseldorf, Kultbezirk 1/Objekt
12: a) Cranial-, Kiefer- und
Zahnfragmente; b) Inten-
tionell zerstörtes Mandi-
bulafragment (vermutlich
weiblich) mit perimortalen
Brüchen und Zahnfrakturen
(Fotos: M. Teschler-Nicola,
NHM).
9
Roseldorf, Kultbezirk 1/Objekt 1: a) Rosel-
dorf_R-4-1-15-117A-4194, Hackspur am rechten
Femur (Ansicht von dorsal); b) REM Aufnah-
me der Hackspur (Foto: W. Reichmann, NHM;
REM: VIAS, Universität Wien).
255
delt, die man mit ausgewählten Personen vollzog, oder um
ein mehrstufiges Bestattungsritual5, das allen Verstorbe-
nen dieser Siedlung gewährt wurde.
Tierverbiss: Die Grabenanlage von Objekt 1 mit den darin
einschneidenden Dachsbauten und der Fragmentierungs-
grad der menschlichen Reste gaben bereits bei der Erst-
untersuchung Anlass, die Skelettelemente auch auf das
Vorliegen von Verbissspuren zu untersuchen. Alterationen
dieser Genese fanden sich an etwa 30 % der aus Objekt 1 ge-
borgenen Fragmente (Tab. 2). Sie betreffen, wie auch aus
einschlägigen Studien bekannt, vornehmlich die Epiphysen
der Langknochen, die Gelenke, den Beckenkamm und an-
dere exponierte und leicht zugängliche, spongiosareiche
Skelettabschnitte (Haglund u. a. 1988, Ubelaker 1997; Pu-
cher 1992; Teschler-Nicola 2012b). Ihre Form, Anordnung
und Größe lässt auf Carnivoren als Verursacher schließen
(Abb. 5; 7b). Große Raubvögel sind, obwohl sie in den anti-
ken Texten in spezifischen Kontexten erwähnt werden (sie-
he unten), wohl eher auszuschließen, da sich ihre Spuren
anders darstellen würden. Um diese Phänomene – inten-
tionelle Zerstörung und Tierverbiss – in einen Handlungs-
ablauf einzuhängen, wurde nach Fundstücken gesucht, an
denen sich diese Defekte überlagern. Solche Stücke sind
rar und die Lesbarkeit der Details ist begrenzt. Dennoch
scheint die Bruchkantenmorphologie Argumente dafür zu
liefern, dass Tierfraß der intentionellen Zerteilung voraus-
gegangen sein dürfte (Abb. 11e; 11f). Diese Prozesse könn-
ten allerdings auch simultan abgelaufen sein. Der Befund
lässt sich daher am wahrscheinlichsten mit einer Leichen-
aussetzung in Verbindung bringen. Eine Totenbehandlung
dieser Art wird zwar in einer Reihe überzeugender antiker
Textüberlieferungen benannt, allerdings wurden die To-
ten diesen Quellen gemäß den Geiern überlassen; manche
Stämme glaubten „zu den Göttern im Himmel zu kommen,
wenn ein hungriger Geier den gefallenen Körper verzehr-
11
Roseldorf, Kultbezirk 1/Objekt 14: a) Schädelbruchstücke; b) Femur-
bruchstücke; c) Femurdiaphyse mit Hackspuren und Tierverbiss; d)
Mandibulabruchstück mit perimortalen Zahnfrakturen; e) proximales
Femurfragment mit Überlagerung von Tierverbiss und perimortalem
Bruchgeschehen; f) Detailansicht (Fotos: M. Teschler-Nicola, NHM).
Tabelle 2
Anzahl und Frequenz von Impaktspuren, Schnittmarken und Tier-
verbiss an den aus dem Großen Heiligtum/Objekt 1 (Tempelbezirk 1)
von Roseldorf geborgenen menschlichen Skelettfragmenten (nach
Teschler-Nicola u. a. 2009).
Impakt Schnittmarken Tierverbiss
N % N % N %
vorhanden 12 3,1 51 13,0 80 20,4
fraglich 12 3,1 22 5,6 32 8,2
nicht bestimmbar 17 4,3 15 3,8 18 4,6
nicht vorhanden 351 89,5 304 77,6 262 66,8
Summe 392 100,0 392 100,0 392 100,0
256
te“ (Hofeneder 2008, 29). In einer anderen, in mehrfa-
cher Hinsicht interessanten Nachricht, in der die Leichen-
aussetzung als Privileg im Vergleich zur Feuerbestattung
verortet wird, heißt es: „Die Leichen jener, die aufgrund
einer Krankheit verstorben sind, werden geschändet und
im Feuer bestattet (man glaubt, dass sie auf unmännliche
und feige Art gestorben sind). Noble, mutige, tapfere, die
ihr Leben im Kampf verloren haben, werden den Geiern
überlassen, die in ihren Augen heilige Tiere sind“ (dazu Ho-
feneder 2011, 189). Was die archäologischen Zeugnisse be-
trifft, sei an dieser Stelle auf die Fundstelle von Ribemont,
wo Menschenknochen mit Bissspuren von Raben, Geiern
und Elstern identifiziert wurden, d. h. vor ihrer weiteren,
wie auch immer gearteten ritualisierten Behandlung einer
Entfleischung ausgesetzt worden waren, verwiesen (Brun-
aux 2003, 560–562; 2004, 103–124). Auch Ham Hill in Eng-
land liefert Indizien für eine Exkarnation, d. h. die Befreiung
des menschlichen Leichnams von seinen Weichteilen durch
Aasfresser. Studien an Balkankelten haben Beckenkno-
chen mit Verbissspuren aufgedeckt und diesen Befund
gleichfalls mit einer Leichenaussetzung in Verbindung ge-
bracht (Dandoy u. a. 2002; Churchin 1995, 68–71; Mac Con-
gail/Krusseva 2010)6; und bei den Keltiberern wurde die
Mehrzahl der Toten zwar verbrannt und kleine Kinder un-
ter dem Fußboden der Häuser begraben, Krieger wurden
hingegen den heiligen Geiern zum Fraß ausgesetzt (Sanz
Mínguez u. a. 2003, 147–148). Diese Erkenntnisse könnten
das für die späte Latènezeit festgestellte enorme Defizit
an Bestattungen durchaus plausibel begründen (Mac Con-
gail/Krusseva 2010). Es zeichnet sich auch immer deutlicher
ab, dass die Entfernung von Weichteilen einen signifikan-
ten Bestandteil des Bestattungsrituals ausgemacht haben
dürfte (Soprena Genzor 1995, 198 ff.) und nun auch für die
Totenbehandlung der latènezeitlichen Roseldorfer zur Dis-
kussion steht.
Kultbezirk 2: Großes Heiligtum Objekt 30+30a und
Kleines Heiligtum Objekt 41
Die Funde aus Tempelbezirk 2 haben das Bild, das aus dem
Fundspektrum von Objekt 1 und den assoziierten anderen
Objekten im Tempelbezirk 1 abgelesen werden kann, um
einige unerwartete Usancen ergänzt – uns dabei aber auch
mit einer neuen komplexen Vielfalt und Problemen der
Deutung dieser Überlieferungen konfrontiert. Hier wol-
len wir kurz auch auf diese neuen Quellen eingehen. Die
Funde aus dem Objekt 30+30a haben zunächst aufgrund
einer prädominanten Vielzahl an Pferdeschädeln, Pferdes-
kelettteilen und Ausrüstungsgegenständen wie Trensen,
Zaumzeug und Wagenteilen überrascht. In diesen dicht-
gepackten Fundverbänden fanden sich – ebenfalls wieder
vermengt mit Tierknochen – menschliche Reste, wobei
Schädelfragmente von mindestens drei Individuen unter-
schiedlichen Alters (vermutlich einem Mann, einer Frau
und einem subadulten Individuum zugehörig) besonders
hervorstachen. Eines dieser Fragmente, ein Stirnbein, ist
insofern exzeptionell, als es zwei annähernd gleich große
Perforationen artifiziellen Ursprungs aufweist, deren Form
mit der Beschaffenheit eines aus dem Fundmaterial gebor-
genen Befestigungsnagels korrespondiert (Abb. 12). Da
unterschiedliche Quellen glaubhaft vermitteln, wie die kel-
tischen Krieger mit ihren zu Tode gekommenen Gegnern
verfahren sind, dürfte es sich mit hoher Wahrscheinlich-
keit um ein Fragment eines ehedem in diesem Heiligtum
zur Schau gestellten Trophäen- oder Beuteschädels („tête
coupée“) handeln. Mit dem Befund wird – erstmals für
unseren Raum – ein geläufiger keltischer Topos, die „Kopf-
12
Roseldorf, Kultbezirk 2/Objekt 30: a) Schädelfragment 960 („Trophäen-
schädel“) mit zwei Perforationen (durch Befestigungsnägel), Ansicht von
ektocranial; b) Ansicht von endocranial (Fotos: W. Reichmann, NHM).
257
jagd“, berührt, den man mit einer mystischen Vorstellung
des „Kopfes als Sitz der Seele“ in Verbindung bringt. In den
antiken Texten ist dieses ritualisierte Phänomen bestens
belegt, etwa durch Poseidonios, Diodor oder Livius (siehe
dazu Birkhan 1997, 817 ff.). Von Diodor stammt die folgen-
de Nachricht: „Den gefallenen Feinden schneiden sie die
Köpfe ab und hängen sie ihren Pferden um den Hals. Die
noch blutverschmierte Beute geben sie ihren Dienern, die
sie als Trophäe herumtragen. […] Dieses Erstlingsopfer
der Schlacht nageln sie an ihre Häuser, als hätten sie auf
der Jagd wilde Tiere erlegt.“ (Diodor von Sizilien, zit. nach
Hofeneder 2005, 143).
Der Kopfkult der Kelten ist mittlerweile indirekt (skulptu-
ral) und direkt (Schädelreste) z. B. aus Ribemont und Gour-
nay (Brunaux 1995, Brunaux 2012), aus Entremont (Salviat
1993), aus Roquepertuse (Lescure 1995) oder aus Kobern
(von Berg 2004) und aus Saône (Goudineau 2000, 35, 93),
wo auch die Befestigungsnägel erhalten geblieben sind, ar-
chäologisch gut belegt und man hat schlüssige Argumente
dafür, dass die Schädel tatsächlich in den Eingangsberei-
chen der Heiligtümer angebracht waren. Auch Bildeviden-
zen ikonographischer und numismatischer Art, z. B. eine
Münze mit dem Abbild des Haeduerfürsten Dubnorix, der
einen abgeschlagenen Kopf in seinen Händen hält (Gruel/
Popovitch 2007), bezeugen dieses uns modernen Europä-
ern grausam anmutende Ritual.
Beuteköpfe wurden im Zuge einer postmortalen Handlung
erworben und sind nicht mit einer rituellen Opferung oder
Hinrichtung konnotiert (s. dazu Hofeneder 2008, 71). Der
Roseldorf Fund ergänzt die bisher vorliegenden Evidenzen
um ein weiteres überzeugendes Belegstück für den östli-
chen mitteleuropäischen Siedlungsraum der Kelten.
Hier bleibt abschließend noch zu erwähnen, dass sich das
Fundinventar des Roseldorfer Heiligtums 30+30a von den
anderen Sakralbauten dieser Siedlung in Bezug auf die
Mengenrelation von Schädel- zu postcranialen Resten, die
nur in geringer Anzahl vorliegen und möglicherweise auch
in Bezug auf die Alters- und Geschlechtsverteilung unter-
scheiden. Die intentionellen und artifiziellen Veränderungen
entsprechen weitgehend jenen, die auch an den Funden
aus Objekt 1 beobachtet wurden. Aus Objekt 30+30a wur-
de überdies eine Brandbestattung geborgen, die sich nur
sperrig in den bisherigen Wissenskontext einfügt und da-
bei gleichzeitig die Variationsbreite der ohnehin komplex
erscheinenden Totenbehandlung um eine weitere Facette
bereichert. Obwohl Beschreibungen von Begräbnissen „ei-
nen fixen Bestandteil antiker Historio- und Ethnographien“
bilden (Hofeneder 2011, 44), scheint die Quellenlage für
Funeralpraktiken spärlich. Brandbestattung wurde offen-
bar als Ausnahmebegräbnis betrachtet und entweder bei
hochrangigen und wertgeschätzten Personen mit großem
Aufwand und von Opferzeremonien und Wettkämpfen
begleitet praktiziert (etwa bei Viriatus, dem Anführer des
keltiberischen Stammes der Lusitaner, Hofeneder 2011, 45)
oder bei Menschen, die einer Krankheit zum Opfer fielen, da
ein solcher Tod als unmännlich und feige interpretiert wur-
de (Hofeneder 2011, 189; siehe oben). Im vorliegenden Fall
kann weder der archäologische Befund – es handelt sich um
ein Holzurnengrab mit bronzenen Zierbeschlägen (Holzer
2012) – noch die anthropologische Analyse, deren Aussage-
kraft durch die kleine Stückgröße und geringe Menge limi-
tiert ist (Teschler-Nicola 2012a), einen brauchbaren Anhalts-
punkt7 für ein Motiv bzw. eine Erklärung dieses symbolisch
vermutlich anders aufgeladenen Rituals liefern.
Mittlerweile wurden aus einem weiteren Heiligtum, Objekt
41 (Tempelbezirk 2), eine Brandbestattung sowie eine Son-
derbestattung (rechtsseitige Hockerbestattung) eines älte-
ren, von Krankheit gezeichneten Mannes geborgen. Dieser
Fund evoziert neuerlich Fragen und macht deutlich, wie
wenig wir trotz reichhaltiger Quellenlage über die religiös
motivierten Handlungsszenarien der Kelten und ihren Glau-
ben an eine transzendente Wirklichkeit wissen oder jemals
wissen werden.
Fazit
Ein wesentlicher Teil unseres heutigen Wissenskanons über
keltische Jenseitsvorstellungen, ihren Opfer- und Trophä-
258
enkult, gründet auf historischen schriftlichen Evidenzen;
für viele Überlieferungen bildete der ethnographisch do-
minierte Gallierexkurs des Universalgelehrten Poseidonios
(135 v. Chr.–51 v. Chr.) eine wichtige Quelle (siehe dazu die
Ausführungen bei Hofeneder 2005; 2008; 2011). Sie werden
abgestützt und ergänzt durch epigraphische und eine zu-
nehmend größere Anzahl an archäologischen Funden und
Befunden.
Zu den (auch wissenschaftshistorisch) bedeutsamen Fund-
stellen zählen jene der Picardie, die es erstmals ermöglich-
ten, die „kultischen Praktiken und ihre damit verbundenen
Einrichtungen zu studieren und zu interpretieren“ (Brunaux
1995, 55). Um die Bedeutung der keltischen Bestattungsri-
tuale, Trophäen- und Opferszenarien zu fassen, ist es wich-
tig zu wissen, dass das religiöse Brauchtum der Kelten von
der Unsterblichkeit der Seele, d. h. ihrer Wiedergeburt do-
miniert war. Sie stellte den Kernpunkt ihrer Jenseitsvorstel-
lungen dar. Auf der Basis eines solchen Gedankengutes war
die Angst vor dem Tod bedeutungslos. Einen wichtigen Teil
ihres religiösen Symbolsystems stellten Opferhandlungen
dar, was mit dem hohen Stellenwert von Besitz und Aus-
tausch materieller Werte in Verbindung gebracht wurde
(Maier 2001). Dieser Wertigkeit entsprechend sind die Quel-
len, die über Tier- oder Sachopfer zu berichten wissen und
auch die Opferung von Menschen ansprechen, sehr zahl-
reich. Man erfährt u. a. einiges über die Art des Opfers und
das Ritual, weniges über den Vorgang der Opferung und die
Zuweisung an eine ganz bestimmte Gottheit und praktisch
kaum etwas über den Zweck. Unklar ist auch die Beziehung
und Dynamik zwischen den Gemeinschaftsmythen und den
Körpern der Verstorbenen.
Was uns die Roseldorfer Menschenfunde vermitteln – von
den têtes coupées abgesehen, die fast passgenau den anti-
ken schriftlichen Überlieferungen entsprechen und nur ge-
läufiges Wissen bestätigen – sind die unmissverständlichen
thanatologischen Spuren einer Leichenaussetzung (Tier-
verbiss) sowie einer absichtsvollen Zerstörung (Zerteilung/
Zerhackung). Verdeckt bleiben, wie erwähnt, die Motive für
eine solche Zerstörung und Auswahl. Warum sollte nur ein
einziges Stück an eine übergeordnete metaphysische Macht
dargebracht werden? Handelt es sich u. U. um Belege eines
säkularen Kannibalismus, wie von manchen KollegInnen
postuliert? Ist die Muskelmasse ein Kriterium für die Selek-
tion? Oder handelt es sich um ein Artefakt der tierischen
Exkarnation? Verdeckt bleiben auch die Bedeutung und die
Behandlung solcher Stücke, ihre Vermischung mit identisch
zugerichteten Tierknochen und ihre gemeinsame Ablage in
einer Siedlungsgrube oder einem Graben.
Für die Roseldorfer Zentralsiedlung ist bisher kein definier-
ter Bestattungsplatz bekannt, ein solcher fehlt auch bei ver-
gleichbaren westfranzösischen Fundorten, was kein Zufall
sein kann. Dieses Faktum ist daher für die reflexive Betrach-
tung des sonderbaren Roseldorfer Handlungsspektrums
von nicht geringer Bedeutung. Im Prinzip lässt sich die in den
überlieferten Fundmassen dokumentierte Totenbehand-
lung mit der begrifflichen Gegenüberstellung von „Vielfalt
und Gleichheit vermutlich am besten charakterisieren. Die
Vielfalt wurde erst mit der Entdeckung und Bergung der bei-
den Brandbestattungen und der Körperbestattung aus den
Heiligtümern von Tempelbezirk 2 sichtbar, welche die aus
Tempelbezirk 1 überlieferten Repräsentationen ergänzen.
So es sich nicht um einen chronologischen Effekt handelt,
könnte eine (prozessual aufwändigere) Feuerbestattung
vielleicht einer bestimmten Personengruppe vorbehalten
gewesen sein. Auch für die bisher einzige aus dem Roseldor-
fer Fundareal stammende Körperbestattung wäre diese Hy-
pothese denkbar. Sie wurde einem von schwerer Krankheit
betroffenen Mann zuteil, dessen Leiden sichtbar für alle ge-
wesen sein müsste und höchstwahrscheinlich auch seinen
Tod begründet hat.
Die „Gleichheit betrifft das Ritual der Totenbehandlung
als bedeutungsstiftendes kulturelles Phänomen. Sie ist an-
hand der Fundkonvolute von drei Sakralbauten und auch
der großen Abfallgrube (Objekt 1, Objekt 12 und Objekt
30+30a; Abfallgrube Objekt 14) eindrücklich wahrnehmbar.
Der Ritus war mutmaßlich komplex, mehrstufig, folgte of-
fenbar vorgegebenen Regeln und wurde bei der Mehrheit
der Verstorbenen durchgeführt. Alterationen artifiziellen
259
und intentionellen Ursprungs, die von der Leichenausset-
zung und Zerteilung herrühren, ein gezieltes Auswahlver-
fahren und ein zeremonieller Akt, der seinen Ausdruck im
„Festmahlcharakter“ der überlieferten tierischen Reste
findet, charakterisieren die Handlungsabfolge. Es mag von
Bedeutung oder zumindest Interesse sein, dass die Ossua-
rien von Ribemont die Roseldorfer Zusammensetzung spie-
geln: Oberschenkelknochen, Schienbeine, Wadenbeine,
Oberarmknochen, Speichen und Ellen wurden in einer sys-
tematisierten Form aufgeschlichtet vorgefunden, ebenso
eine Streuung zerschlagener, kleiner Langknochensplitter
von Oberschenkel- und Schienbeinknochen. Da dort auch
Verbrennung dokumentiert ist, wurde die Zerkleinerung der
Knochen im Sinne einer Vorbereitung auf die Kremierung,
und damit einer weiteren Stufe der Bestattung, gedeutet
(Brunaux 1993). Für Roseldorf wäre eine solche Anmutung
wegen unzureichender Schlüssigkeit im Befund im Moment
unrealistisch und höchst spekulativ. Als Fazit bleibt, dass die
Sakralbauten von Roseldorf mit großer Wahrscheinlichkeit
sowohl der Bestattung als auch dem Kult gedient hatten.
Jenseits historischer Narrative konnten mit der vorliegen-
den Studie faktische bioanthropologische Gegebenheiten
herausdestilliert werden, die allerdings durch weitere na-
turwissenschaftliche Spezialuntersuchungen und interdis-
ziplinäre, komparative Kontextanalysen abzusichern und zu
ergänzen sind.
Danksagung
Für die photographische Dokumentation danke ich Wolf-
gang Reichmann, für zahlreiche Anregungen und die Dis-
kussion der Befunde Dr. Erich Pucher, NHM Wien.
Anmerkungen
1 Das Potential und die Einsatzmöglichkeit einer histologischen Ster-
bealtersbestimmung und einer aDNA-analytischen Geschlechtsbe-
stimmung wird zurzeit an einigen ausgewählten, z. T. auch taphono-
misch veränderten Fragmenten geprüft, da diese Parameter für das
Verständnis der Handlungsszenarien und die Niederlegungspraktiken
essentiell sind.
2 http://www.zeit.de/2002/03/Druidenopfer_in_Anatolien (abgerufen
am 21.9.2017)
3 Erste Versuche zur Geschlechtsbestimmung wurden von J. Cem-
per-Kieslich am Gerichtsmedizinischen Institut der Universität Salz-
burg an 19 ausgewählten Femurfragmenten vorgenommen, blieben
aber aufgrund der schlechten aDNA-Erhaltungsqualität – von der
gelungenen Identifikation eines Mitarbeiterprofils abgesehen – ohne
Ergebnis.
4 Da die organischen Bestandteile, in Abhängigkeit vom Umgebungs-
milieu, auch noch Jahre nach dem Tod erhalten sein können, ist eine
exakte Zeitpunktbestimmung des Frakturgeschehens nicht möglich.
5 Wie zum Beispiel bei der sogenannten Himmelsbestattung im Himal-
aya.
6 https://balkancelts.wordpress.com/tag/roseldorf-celtic/
7 Unter optimalen Voraussetzungen, d. h. bei repräsentativen Brand-
knochenmengen können nicht nur Individualparameter, sondern
manchmal auch krankhafte Veränderungen diagnostiziert werden.
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... The human and faunal remains from Roseldorf were recovered at two Iron-Age sanctuaries and a sacrificial pit (Holzer, 2009(Holzer, , 2010aTeschler-Nicola, 2017;Trebsche, 2020). It has been debated for Roseldorf whether the human individuals in sanctuaries were defleshed and disarticulated perimortem, or if they constitute bones that were reburied after the soft tissues had decayed (Holzer, 2010a;Teschler-Nicola, 2017; for French contemporaneous sites cf. Ghezal et al., 2019). ...
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Palaeoradiology is increasingly being used in archaeological and forensic sciences as a minimally invasive alternative to traditional histological methods for investigating bone microanatomy and its destruction by diagenetic processes. To better understand ancient mortuary practices, taphonomic studies using microCT scanning methods are gaining an ever more important role. Recently it was demonstrated that 2D virtual sections obtained by microCT scanning of intact samples are comparable to physical sections for the rating and diagnosis of bioerosion in archaeological bone. Importantly, volume image data obtained from tomographic methods also allow the rendering and analysis of 3D models. Building on these methods we provide (1) detailed descriptions of bioerosion in 3D volume renderings, virtual sections, and traditional micrographs, and (2) accessible techniques for the visualization of bioerosion in skeletal samples. The dataset is based on twenty-eight cortical bone samples, including twenty femora (of which five are cremated), two ribs, two parietals, one mandibular ramus, one hu-merus, and two faunal long bones from five archaeological sites in Lower Austria dating from the Early Neolithic to the Late Iron Age. Notably, we reduce the need for time-consuming image segmentation by sequentially applying two noise-reducing, edge-preserving filters, and using an image-display transfer function that visualizes bioerosion, as well as Haversian and Volkmann canal structure and density in 3D. In doing so we are also able to visualize in 3D the invasion of canals by microbiota, which has previously only been reported in 2D sections. Unlike conventional thin sections, the 3D volume images shown here are easy to create and interpret, even for archaeologists inexperienced in histology, and readily facilitate the illustration and communication of micro-taphonomic effects.
Article
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The Iron Age in continental Europe is a period of profound cultural and biological importance with heterogeneous trends through space and time. Regional overviews are therefore useful for better understanding the main cultural and biological patterns characterizing this period across the European regions. For the area of modern Switzerland, a rich archeological and anthropological record represents the Late Iron Age. However, no review of the main anthropological and funerary patterns for this period is available to date. Here we assess the available demographic, paleopathological, funerary, and isotopic data for the Late Iron Age in the Swiss territory, and summarize the cultural and biological patterns emerging from the available literature. Finally, we highlight a series of research avenues for future studies.
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Der vielgestaltige Umgang mit Toten ist ein auffälliges Charakteristikum der Spätlatènezeit. Die protourbane Siedlung Basel-Gasfabrik bietet mit zwei Körpergräberfeldern sowie vollständigen Skeletten und isolierten Knochen aus Siedlungskontexten ideale Vorraussetzungen, Hypothesen zur Totenbehandlung zu entwickeln und zu überprüfen. Die demographische Struktur der Individuen von den Gräberfeldern zeigt, dass hier ein repräsentativer Ausschnitt der ehemaligen Lebendbevölkerung vorliegt. Zahlreiche Kindergräber belegen eine hohe Kindersterblichkeit. Beigaben wie Keramikgefässe, eiserne Fibeln, Glasperlen usw. finden sich häufiger in Gräbern von Kindern als von Erwachsenen. In der Siedlung sind unter den vollständigen Skeletten aus Gruben und Brunnen ebenso wie unter den isolierten Knochen jüngere Individuen unterrepräsentiert. Zahlreiche isolierte Skelettelemente weisen Spuren peri- und postmortaler Manipulationen wie Carnivorenverbiss, Schnitt- und Brandspuren auf. Andere Knochen wurden dagegen schnell einsedimentiert, so dass sich Hinweise auf unterschiedliche Prozesse ergeben, die in den Verbleib menschlicher Skelettreste in Siedlungskontexten münden. Untersuchungen der archäologischen Befundkontexte sowie molekulargenetische und geochemische Analysen sollen Aufschluss darüber geben, welche Selektionskriterien der differentiellen Totenbehandlung zu Grunde liegen. Es soll versucht werden, wiederkehrende Handlungsmuster zu rekonstruieren und Rückschlüsse zu ziehen auf die ehemalige Lebendgemeinschaft in der Spätlatènezeit. One striking characteristic of the Late La Tène period is the variegated handling of the dead. The Basel-Gasfabrik Late La Tène site has two inhumation cemeteries as well as complete burials in pits and wells and numerous isolated human skeletal remains from a variety of settlement features, making it possible to develop and test hypotheses on the differential handling of the dead. The demographic profile of the individuals interred in the burial grounds shows these to represent a valid segment of the former population. Infant mortality was high. Grave goods such as ceramic vessels, iron brooches and glass beads are more frequent in childrens graves. Among the human remains found in settlement contexts individuals below the age of 20 are underrepresented. Numerous isolated bones exhibit marks of peri- and postmortem manipulations like carnivore gnawing, cut- or scorch marks. In contrast, other bones were embedded quickly. This hints at the existence of several processes which resulted in the presence of human skeletal remains in settlement features. The examination of archeological contexts associated with human remains as well as molecular and geochemical analyses look at possible criteria for selecting individuals submitted to the differential handling. They also aim at identifying recurring patterns of behavior, thus attempting to draw conclusions on the former living community of the late Iron Age.
Article
Texte en allemand et français. Résumés en allemand. Bibliogr. p. 233-248. Vol. 1, Text Vol. 2, Katalog und Tafeln
Article
Ill., bibliogr. p. 149-151
Article
112 fig., 130 plans, 2 dépl., rés. en fr., allem., angl., bibliogr. p. 195-200