ArticlePDF Available

Zum Selbstverständnis der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft e.V. (GfA)

Authors:
79
Kurzbeiträge
Klaus J. Zink
Zum Selbstverständnis der
Gesellschaft für Arbeitswissenschaft
e.V. (GfA)
Veränderte Rahmenbedingungen stellen neue An-
forderungen - auch an die Arbeitswissenschaft. Kon-
sequenterweise muss sich auch die Gesellschaft für
Arbeitswissenschaft mit der Frage auseinander set-
zen, wofür sie steht und welches ihre Objektbereiche
und Zielgruppen sind. Dies beinhaltet auch die Aus-
einandersetzung mit normativen Fragestellungen, die
- wie in anderen wissenschaftlichen Gesellschaften
meist nur implizit vorhanden war.
Das Ergebnis eines längeren, partizipativ geführ-
ten Diskussionsprozesses ist im Folgenden wieder-
gegeben.1
Die Gesellschaft für Arbeitswissenschaft e.V. will
durch die Förderung disziplinübergreifender, ganz-
heitlicher Forschungs- und Gestaltungskonzepte ei-
nen relevanten Beitrag zur Gestaltung der Qualität
der Lebens- und Arbeitsbedingungen leisten.
1 Umsetzung des Leitbildes
Ganzheitliche, disziplinübergreifende
Konzepte
Die Analyse, Beurteilung und Gestaltung menschli-
cher Arbeit, aber auch die Gestaltung menschenge-
rechter Produkte, Dienstleistungen, Systeme und
Umwelten erfordern das Wissen aus verschiedenen
wissenschaftlichen und praxisorientierten Ein-
zeldisziplinen.
Dazu zählen u.a. Arbeits- und Organisations-
psychologie, Arbeitsmedizin, Arbeitsphysiologie,
Arbeitssoziologie, Arbeitspolitik, Arbeitspädagogik
sowie Ingenieur-, Wirtschafts- und Rechtswissen-
schaften.
Die Gesellschaft für Arbeitswissenschaft e.V.
führt dieses Wissen mit wissenschaftlichem An-
spruch zusammen. Das heißt, ihre Besonderheit be-
zieht die Arbeitswissenschaft - und damit auch die
GfA - aus der Zusammenführung der Einzel-
disziplinen (Arbeitswissenschaften) zu einer ganz-
heitlichen Sicht.
Ganzheitlich bedeutet in diesem Zusammenhang
nicht nur die Integration von Einzeldisziplinen, son-
dern auch die Vereinbarkeit unterschiedlicher Ziel-
setzungen, wobei humane und wirtschaftliche Ziele
eine besondere Rolle spielen.
Human ist eine Arbeit dann, wenn sie menschen-
gerecht und menschenwürdig ausgeführt werden
kann, und damit die physische und psychische Ge-
sundheit nicht beeinträchtigt und auch das Wohlbe-
finden nicht nachhaltig stört. Sie sollte den Be-
dürfnissen und Qualifikationen entsprechen und ei-
nen individuellen und/oder kollektiven Einfluss auf
die Arbeit ermöglichen. Schließlich ist eine Ent-
wicklung der Persönlichkeit durch Arbeit im Sinne
einer Entfaltung von Potentialen und Förderung von
Kompetenzen anzustreben.
Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit muss
berücksichtigt werden, dass Lösungswege auf der
Ebene einer einzelnen Organisation „wirtschaftlich“
sein können, sich aber auf der volkswirtschaftlichen
oder gesellschaftlichen Ebene als „unwirtschaftlich“
erweisen können. Alle diese Beurteilungsebenen
sollten deshalb berücksichtigt werden.
Die spezifische Aufgabe der GfA besteht in der
Förderung der wissenschaftlichen und fachlichen
Belange der Arbeitswissenschaft. Dazu pflegt sie die
Verbindung unter den an der Arbeitwissenschaft
Interessierten im deutschen Sprachraum und auf
internationaler Ebene. Sie versteht sich dabei auch in
besonderem Maße als aktives Forum für den Dialog
zwischen Wissenschaft und Praxis sowie allen inter-
essierten gesellschaftlichen Gruppen.
Die Gesellschaft für Arbeitswissenschaft e.V.
entwickelt und sichert professionelle Standards (z.B.
durch Mitwirkung in der Normung oder als deutscher
Partner für die Zertifizierung zum Euro-Ergonom
aber auch durch Begutachtungsverfahren für Zeit-
schriften- und Kongressbeiträge). So weit möglich
und erforderlich vertritt sie die Interessen ihrer Mit-
glieder in fachlicher Hinsicht.
2 Grundlagen der Umsetzung
Mensch und Arbeit in komplexen Systemen
- Die (Arbeits-)Gesellschaft unterliegt einem stän-
digen Wandel, der eine entsprechende Weiterent-
wicklung der Arbeitswissenschaft erfordert. Da-
1 Die “Denkschrift” zum “Selbstverständnis der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft e.V.” kann bei der Geschäftsstelle
der GfA, Ardeystraße 67, 44139 Dortmund, angefordert werden.
80 Kurzbeiträge
bei werden Zielkonflikte und Spannungen auftre-
ten und als normal akzeptiert.
- Arbeitswissenschaftliche Forschung und Gestal-
tung ist sich stets der Besonderheit des Menschen
bewusst.
- Arbeitswissenschaftliches Handeln zielt auf eine
vorausschauende an humanen und wirtschaftli-
chen Kriterien orientierte Gestaltung von Arbeit,
Technik und Organisation.
- Arbeitswissenschaftliche Problemlösungen sind
einem Konzept verpflichtet, das allen Akteuren
(z.B. Beschäftigte, Management, Kapitalgeber,
Gesellschaft) einen Nutzen bringt.
- Die von der Analyse, Beurteilung und Gestaltung
betroffenen Personen werden - wo immer mög-
lich - an diesen Prozessen beteiligt.
- Die Arbeitswissenschaft befasst sich auch mit der
Analyse, Beurteilung und Gestaltung von Nicht-
Erwerbsarbeit (z.B. Hausarbeit, Eigenarbeit,
Bürgerarbeit etc.).
- Die Gesellschaft für Arbeitswissenschaft e.V.
bzw. deren Mitglieder fühlen sich dem gesell-
schaftlichen Ziel verpflichtet, wo immer mög-
lich, Beiträge zur Erhaltung, Schaffung und (an-
gemessenen) Verteilung von humaner,
wirtschaftlicher und umweltverträglicher Arbeit
zu leisten.
3 Zielgruppen
Breites Spektrum
Zielgruppe der GfA sind alle „arbeitswissenschaft-
lich tätigen oder interessierten Akteure“. Diese neh-
men einerseits in der Praxis Aufgaben der Analyse,
Beurteilung und Gestaltung von Arbeit wahr, können
andererseits aber auch an der Gestaltung von Produk-
ten und Prozessen beteiligt sein. Schließlich sind
alle, die Umsetzungsverantwortung tragen (z.B. Füh-
rungskräfte), hier einzubeziehen.
Arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse werden an
Universitäten bzw. Hochschulen und anwendungs-
orientierten Forschungsinstituten erarbeitet und ver-
breitet sowie durch die in Unternehmen tätigen
Arbeitswissenschaftlerinnen und Arbeitswissen-
schaftler ergänzt und umgesetzt.
Auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Ver-
bänden, staatlichen Institutionen und Selbsthilfeor-
ganisationen sind arbeitswissenschaftlich tätig. Die
Zielgruppe der GfA ist dementsprechend weit gefasst.
Zu den inhaltlichen Kernbereichen zählen:
- Arbeits- und Gesundheitsschutz
- Produktgestaltung
- Arbeits- und Organisationsgestaltung
- Organisationsentwicklung und Arbeitspolitik
Geht man davon aus, dass jeder Mensch im Laufe
seines Lebens mit vielfältigen Formen von Arbeit
konfrontiert wird und sich täglich mit Ergebnissen
von Arbeit (im Sinne von Produkten und Dienstlei-
stungen) auseinanderzusetzen hat, dann wird das
weite Spektrum arbeitswissenschaftlicher Themen
deutlich.
Die GfA will dazu beitragen, diese Inhalte nicht
nur unter ihren Mitgliedern zu verbreiten, sondern
für möglichst viele Menschen zu erschließen.
Dazu ist es erforderlich, arbeitswissenschaftliche
Erkenntnisse in die Ausbildung all jener zu integrie-
ren, die diese Inhalte unmittelbar (z.B. in der Produkt-
ions- und Produktgestaltung, Arbeitsorganisation und
betriebliche Organisationsentwicklung, im Arbeits-
schutz, der Arbeitsgestaltung, der Personalentwick-
lung und in arbeitspolitisch bedeutsamen Bereichen)
oder mittelbar (z.B. in der Ausbildung, Investitions-
planung, Einkauf, Personalabteilungen oder bei Füh-
rungsaufgaben) benötigen. Darüber hinaus sollten
arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse und Anliegen
auch in allgemeinbildenden insbesondere aber in
berufsbildenden Schulen vermittelt werden.
Die GfA setzt sich für den Transfer arbeitswissen-
schaftlichen Wissens durch die Organisation geeig-
neter „Plattformen“ (z.B. Kongresse, Workshops,
Publikationen, Clearingstellen z.B. für Beratung,
Stellenbörsen etc.) ein.
Prof. Dr. Klaus J. Zink
Lehrstuhl für Industriebetriebslehre
und Arbeitswissenschaft
Past President der GfA
Universität Kaiserslautern
Gottlieb-Daimer-Straße
67663 Kaiserslautern
ResearchGate has not been able to resolve any citations for this publication.
ResearchGate has not been able to resolve any references for this publication.