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Tsetse-Fliegen, Trypanosomen und Schlafkrankheit – die tödlichste Parasitose

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Inhaltsübersicht
1. Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 638
2. Historisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 638
3. Die Überträger. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 641
3.1. Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 642
3.2. Systematik und Evolution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 642
3.3. Morphologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 643
3.4. Lebenszyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 644
4. Trypanosoma brucei – Die Erreger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 645
4.1. Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 646
4.2. Systematik und Evolution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 646
4.3. Morphologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 647
4.4. Zellbiologie und Genetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 647
4.5. Lebenszyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 648
5. Schlafkrankheit – Die Erkrankung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649
5.1. Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649
5.2. Symptomatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649
5.3. Immunbiologie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 650
5.4. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651
5.5. Therapie und Prophylaxe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651
6. Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 652
7. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 652
8. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 653
Tsetse-Fliegen, Trypanosomen und Schlafkrankheit
– die tödlichste Parasitose
Julia WALOCHNIK & Horst ASPÖCK
Abstract:Tsetse flies, trypanosomes and sleeping sickness – the most fatal parasitic infection. Sleeping sickness is caused by
two subspecies of Trypanosoma brucei (Euglenozoa: Kinetoplastida) and occurs solely in Africa. It is transmitted by tsetse flies
(Diptera: Glossinidae), which are diurnal insects restricted to sub-Saharan Africa and small parts of the Arabian peninsula. Ap-
proximately 60 million people in 37 African countries are at risk of being infected. The highest infection rates are found in south-
ern Sudan. Sleeping sickness, in the first stage of the disease, is a febrile illness with lymphadenopathy that progresses with the
typical symptoms of meningoencephalitis. The second stage begins when the trypanosomes break through the blood-brain barri-
er and invade the CNS (central nervous system). Sleeping sickness is a fatal disease – in the Eastern African form (T. b. rhode-
siense) death usually occurs within several months, in the Western African form (T. b. gambiense) 1-2 years after initial symptoms.
It is thus one of the very few infectious diseases with a mortality rate of 100 %. Since, even in endemic areas, only a small pro-
portion of the tsetse population carries trypanosomes, one must remain in a risk area for a considerably long period of time to be-
come infected. The fight against sleeping sickness still largely relies on vector control. A WHO program to guarantee the supply
with therapeuticals in endemic areas gives new hope.
Key words: Glossinidae, sleeping sickness, Trypanosoma brucei,T. b. gambiense,T. b. rhodesiense, tsetse fly.
H. ASPÖCK (Hrsg.):
Krank durch
Arthropoden,
Denisia 30 (2010):
637–654
© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at
1. Einleitung
Die Tsetse-Fliegen
1
(Diptera: Glossinidae) sind mit-
telgroße, hellbraune Fliegen mit einer ganz charakteri-
stischen zungenförmigen Flügelhaltung. Sie sind (nahe-
zu) ausschließlich in Afrika verbreitet und übertragen
Trypanosoma brucei gambiense und T. b. rhodesiense, die
Erreger der Schlafkrankheit des Menschen (Human
African Trypanosomosis = HAT), und T. b. brucei, den
Erreger der Rinderseuche Nagana
2
(Animal African
Trypanosomosis = AAT).
Etwa 60 Millionen Menschen in 37 afrikanischen
Ländern leben im Risikogebiet der Schlafkrankheit,
und 300.000-500.000 sind tatsächlich infiziert. Man un-
terscheidet die chronisch verlaufende westafrikanische
Form, welche in West- und Zentralafrika vorkommt,
von der akut verlaufenden ostafrikanischen Form, wel-
che in Ost- und Südafrika verbreitet ist. Beide Erkran-
kungen sind unbehandelt tödlich und fordern jährlich
viele Tausend Menschenleben. Die Therapie ist nach
wie vor problematisch, immerhin aber konnte durch das
Engagement der WHO, zahlreicher Hilfsorganisatio-
nen, aber auch der Industrie die kostenfreie Versorgung
der Patienten mit Therapeutika sichergestellt werden.
In den letzten Jahren ist die Zahl der neu diagnostizier-
ten Fälle deutlich zurückgegangen.
Neben dem Menschen kann auch eine Reihe von
Tieren von den genannten und auch anderen Trypano-
somen befallen werden. Jedes Jahr sterben ungefähr 3
Millionen Rinder an Nagana, der durch diese Erkran-
kung insgesamt verursachte landwirtschaftliche Scha-
den wird auf über 4 Milliarden US-Dollar pro Jahr ge-
schätzt.
2. Historisches
Die Rinderseuche Nagana war bereits im alten
Ägypten bekannt, eine recht genaue Beschreibung fin-
det sich beispielsweise in dem veterinärmedizinischen
Papyrus Kahun aus dem 2. Jahrtausend vor Christus. Ei-
ne frühe Schilderung der Schlafkrankheit des Men-
schen stammt aus der Feder des berühmten tunesischen
Historikers Abd al-Rahman I
BN
K
HALDUN
(1332-1406),
er schreibt: „Und es traf ihn die Schlafsucht; das ist ei-
ne Krankheit, welche die Bewohner dieser Gegend sehr
häufig befällt,...“ – der Patient war ein Enkel von König
Mansa K
ANKAN
M
USA
(1280-1337)
3
, des legendär rei-
chen Herrschers von Mali (W
INKLE
1988). Den Europä-
ern war die Schlafkrankheit erst viel später ein Begriff.
Der englische Schiffsarzt John A
TKINS
schilderte in sei-
nem Buch „The Navy Surgeon“ (1734), dass er in den
frühen 1720er Jahren bei den von den Engländern ver-
schifften Sklaven oft ein, wie er es nannte, „sleepy dis-
temper“ („Schläfrige Übellaune“) beobachtet habe, und
Thomas W
INTERBOTTOM
verzeichnete 1803 in Sierra
Leone eine fieberhafte Erkrankung mit einhergehender
Lymphadenopathie und Lethargie, bei der es sich
höchst wahrscheinlich um die Schlafkrankheit gehan-
delt hat, bemerkenswerterweise bezeichnete er sie als
„Fliegenkrankheit“. Die tatsächliche Erforschung der
Krankheit setzte mit der Blüte der Kolonialzeit und den
einhergehenden wirtschaftlichen Interessen an Afrika
ein. Obwohl die zahlreichen Forschungsexpeditionen
unglaublich viel zur Aufklärung und Bekämpfung der
Schlafkrankheit beigetragen haben, darf nicht uner-
wähnt bleiben, dass die damit verbundene rege Reisetä-
tigkeit quer durch den afrikanischen Kontinent auch
ganz erheblich zur Ausbreitung der Schlafkrankheit bei-
getragen hat.
Lange bevor die Erreger der menschlichen Schlaf-
krankheit identifiziert werden konnten, wurden ver-
schiedene Trypanosomen im Blut von Fischen, Frö-
schen und auch Säugetieren nachgewiesen, allerdings
wurden sie nie mit irgendwelchen Krankheiten assozi-
iert. Der erste Vertreter der Gattung, Trypanosoma san-
guinis, wurde 1843 vom ungarischen Arzt David G
RUBY
(1810-1898) im Blut eines Frosches entdeckt (G
RUBY
1843). 1881 schließlich fand Griffith E
VANS
Trypanoso-
men im Blut von schwer erkrankten Pferden und Kame-
len und beschrieb sie als die Erreger der sogenannten
Surra, sie wurden später ihm zu Ehren T. evansi genannt.
Die Tierseuchen Surra und Nagana haben in Afrika süd-
lich der Sahara immer wieder ganze Tierherden dahin-
gerafft. David L
IVINGSTONE
war davon überzeugt, dass
die Tsetse-Fliegen für die Übertragung der Nagana ver-
antwortlich sind und berichtete davon in seinen „Mis-
sionary Travels“ (1857). Auch hat er für dieses Buch ei-
ne exakte Zeichnung einer Tsetse-Fliege, Glossina palpa-
lis, angefertigt. 1878 hat Timothy L
EWIS
postuliert, dass
Trypanosomen bei Säugetieren eine Infektion hervorru-
fen können – dass sie die Erreger der Nagana sind, wur-
de 1894 von David B
RUCE
gezeigt (siehe Kasten).
Die Aufklärung der menschlichen Schlafkrankheit
erfolgte erst einige Jahre später. Sir Patrick M
ANSON
nahm an, dass Filarien für diese Erkrankung verantwort-
lich seien, da er bei drei verschiedenen Schlafkrank-
heit-Patienten solche nachgewiesen hatte. Der erste
Nachweis von Trypanosomen in menschlichem Blut ge-
lang Gustave N
EPVEU
im Jahre 1891, und 1901 be-
schrieb Joseph D
UTTON
gemeinsam mit seinem Kolle-
638
1
Tsetse (Bantu: nsi-nsi) bedeutet Fliege, der Terminus Tsetse-Fliege ist also
eigentlich ein Pleonasmus, er dient aber zur Unterscheidung dieser Fliegen
von anderen Fliegen und ist inzwischen ein Fachterminus der Parasitologie.
Tsetse ist außerdem ein onomatopoetisches Wort, denn es ahmt das Ge-
räusch der Fliegen nach.
2
Nagana (Zulu: u-nakane) bedeutet soviel wie „niedergeschlagenen Geistes“.
3
Zum Geburtsdatum von KANKAN MUSA gibt es widersprüchliche Angaben.
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gen John T
ODD
Trypanosomen als mögliche Erreger der
Schlafkrankheit. Da der Patient, den sie untersucht hat-
ten, ein Engländer, sich in Gambia infiziert hatte, nann-
te D
UTTON
den Erreger Trypanosoma gambiense (heute:
T. brucei gambiense). Die Fallbeschreibung aus dem Jahr
1902 enthält auch eine genaue Schilderung des klini-
schen Verlaufs dieser inzwischen als Westafrikanische
Schlafkrankheit bekannten Form der Erkrankung.
Etwa zu derselben Zeit wurden an der Nordküste des
Viktoria-Sees auffallend viele Fälle einer tödlichen Er-
krankung beobachtet, die von den Kolonialherren be-
zeichnenderweise „Neger-Lethargie“ genannt wurde.
Die Todesfälle nahmen in erschreckendem Ausmaß zu
und insgesamt kamen bei dieser wohl verheerendsten
Epidemie der Schlafkrankheit, die von 1896-1906 im
Kongo-Becken, in Uganda und in West-Kenia gewütet
hat, etwa 1 Million Menschen ums Leben. Die Royal
Society entsandte im Jahr 1902 eine Expedition zur Klä-
rung der Ätiologie der Epidemie nach Uganda. Unter
den Expeditionsteilnehmern waren Aldo C
ASTELLANI
,
George Carmichael L
OW
und Cuthbert C
HRISTY
. Nach
unzähligen Untersuchungen kam C
ASTELLANI
zu dem
Schluss, dass Streptokokken für die Schlafkrankheit
verantwortlich seien, obwohl er – allerdings nur bei ei-
nem einzigen Patienten – auch Trypanosomen im Li-
quor nachgewiesen hatte. Dass C
ASTELLANI
die Strepto-
kokken-Theorie favorisierte, lag zum einen daran, dass
bereits eine portugiesische Arbeitsgruppe Streptokok-
ken als Erreger für die Schlafkrankheit in Erwägung ge-
zogen hatte, außerdem war er gelernter Bakteriologe
und konzentrierte sich deshalb in seinen Untersuchun-
gen vor allem auf bakterielle Mirkoorganismen. Bei sei-
nem Bericht in der Royal Society stieß er mit seiner
Theorie jedoch auf Ablehnung, und die Royal Society
entsandte 1903 eine zweite Expedition nach Uganda,
welcher nun David B
RUCE
und David N
ABARRO
ange-
hörten. B
RUCE
und N
ABARRO
konnten sowohl im Blut
als auch im Liquor von zahlreichen Patienten Trypano-
somen nachweisen, und es kam in der Folge zu einem
veritablen Wissenschaftsstreit innerhalb der Royal So-
ciety.
Die Übertragung der Schlafkrankheit war damals
noch unklar, zwar postulierte B
RUCE
eine zentrale Rolle
der Tsetse-Fliegen, er nahm aber an, dass die Übertra-
gung rein mechanisch stattfindet. Erst Friedrich K
LEINE
,
ein Mitarbeiter von Robert K
OCH
, konnte 1909 zeigen,
dass es sich um eine zyklische Übertragung handelt, und
dass eine Weiterentwicklung in der Tsetse-Fliege von
etwa 3 Wochen für die Infektiosität der Trypanosomen
essentiell ist (G
RÜNTZIG
& M
EHLHORN
2005).
Nun galt es noch zu klären, ob es ein tierisches Er-
regerreservoir für die Schlafkrankheit gibt und/oder ob
die Erreger der Schlafkrankheit dieselben wie jene der
639
David LIVINGSTONE (1813-1873)
David LIVINGSTONE, am 19. März 1813 in Blantyre bei Glas-
gow (Schottland) geboren, musste schon als Zehnjähri-
ger in einer Fabrik arbeiten, um zum Unterhalt seiner Fa-
milie beizutragen. Unter Entbehrungen bildete er sich in
seiner Freizeit weiter und wurde schließlich Missionar.
1841 ging er für die Londoner Missionsgesellschaft nach Südafrika, wo er ei-
ne Station gründete. Ab 1849 galt sein Hauptinteresse jedoch der Erfor-
schung des zum großen Teil noch unbekannten schwarzen Kontinents. Er
entdeckte den Ngami- und den Njassasee und das heute seinen Namen tra-
gende Gebirge, durchquerte 1852-1856 ganz Südafrika von Ost nach West,
befuhr den Lauf des Sambesi und gab den 1855 entdeckten Viktoriafällen ih-
ren Namen. Er machte sich auch Gedanken zur Therapie der Schlafkrankheit
und empfahl die Verwendung der FOWLER’schen-Lösung, einer 1 %igen Kali-
um-Arsen-Lösung. Noch heute stellen Arsen-haltige Präparate die einzige
Option zur Behandlung der späten Schlafkrankheit dar.
Ab 1866 erforschte er das Gebiet westlich des Njassa- und des Tanganjikasees
und galt ab 1869 als verschollen, wurde jedoch am 28. Oktober 1871 von
Henry Morton STANLEY wieder gefunden. Gemeinsam erreichten sie im Febru-
ar 1872 die Ostküste. Eine weitere Reise zur Erforschung der Nilquellen über-
lebte LIVINGSTONE allerdings nicht, er starb am 1. Mai 1873 in Chitambo am
Bangweolosee in Sambia. Sein Leichnam wurde zur Küste gebracht, nach
England überführt und in der Westminster Abbey in London beigesetzt.
Sir David BRUCE (1855-1931)
David BRUCE wurde am 29. Mai 1855 in Melbourne (Aust-
ralien) geboren. Die Schulzeit verbrachte er in Stirling
(Schottland), und mit 14 begann er in Manchester in ei-
nem Warenlager zu arbeiten. Ursprünglich wollte er
Sportler werden, aber durch eine Lungenentzündung wurde dieses Ziel ver-
eitelt. BRUCE inskribierte 1876 an der Universität Edinburg, wo er zunächst
Zoologie und später Medizin studierte. 1881 schloss er sein Studium ab, zwei
Jahre später heiratete er Mary STEELE, welche ihn als Laborassistentin zeitle-
bens tatkräftig unterstützte. Im selben Jahr trat er dem Army Medical Ser-
vice (AMS) bei. Zunächst wurde er als Militärarzt in die damals britische Ko-
lonie Malta versetzt, wo er zusammen mit seiner Frau den Erreger des Mal-
tafiebers isolierte und kultivierte. Ihm zu Ehren wurde die Gattung, in der
der Erreger des Maltafiebers steht, Brucella benannt.
Nach einer Zeit als Lehrer an der AMS-Schule in Netley (England), wurde BRU-
CE 1894 nach Natal (Südafrika) entsandt, um die Ätiologie der als Nagana be-
kannten Tierseuche aufzuklären. Wiederum wurde er von seiner Frau beglei-
tet, und gemeinsam gelang ihnen die Entdeckung des Erregers, der von Ro-
bert M. FORDE als Trypanosoma brucei beschrieben wurde. Sie wiesen die Er-
reger im Blut der erkrankten Tiere nach, und indem sie Blut von kranken auf
gesunde Tiere übertrugen, konnten sie die Rolle der Trypanosomen als
Krankheitserreger aufklären. Später zeigte BRUCE in Experimenten mit Glos-
sinen, dass diese als Überträger fungieren, und 1903 war er in Uganda auch
ganz maßgeblich an der Aufklärung der Schlafkrankheit des Menschen be-
teiligt. Von 1908-1910 und noch einmal 1911 kehrte das Ehepaar BRUCE nach
Afrika zurück und setzte die Untersuchungen an den Erregern und den Vek-
toren der Schlafkrankheit fort.
BRUCE erhielt zahlreiche Ehrungen, u. a. wurde er 1899 in die „Royal Society“
aufgenommen und 1908 zum Ritter geschlagen. Mary BRUCE erhielt für ihre
wissenschaftlichen Leistungen den „Order of the British Empire“. David BRU-
CE starb am 20. November 1931, vier Tage nach seiner Frau, in London. Auf
seinem Totenbett sprach er die Worte: „If any notice is taken of my scientif-
ic work when I am gone, I should like it to be known that Mary is entitled to
as much of the credit as I am.“
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Nagana sind. Bald allerdings gab es noch einen dritten
„Mitspieler“ in dieser Frage, es wurde immer deutlicher,
dass es allein beim Menschen zwei verschiedene Erreger
der Schlafkrankheit gibt: 1910 wurde von John William
Watson S
TEPHENS
und Harold F
ANTHAM
Trypanosoma
rhodesiense (heute: T. brucei rhodesiense, der Erreger der
Ostafrikanischen Schlafkrankheit) beschrieben, ihre
Untersuchungen hatten sie in Nyassaland (heute: Mala-
wi) und Nord-Rhodesien (heute: Sambia) – daher der
Name – durchgeführt. Allan K
INGHORN
und Warring-
ton Y
ORKE
konnten 1911 zeigen, dass T. rhodesiense von
Glossina morsitans übertragen werden kann. Ebenfalls
1911 wurde von Ronald R
OSS
und David T
HOMPSON
das
Überdauern der Trypanosomen im menschlichen Blut
und das Auftreten von Parasitämiewellen während des
Verlaufs der Schlafkrankheit beschrieben. Wesentlich
später, 1969, wurde von Keith V
ICKERMAN
die für alle
drei Vertreter von Trypanosoma brucei charakteristische,
beeindruckende Antigenvariabilität, welche die Persis-
tenz der Erreger im „feindlichen“ Blut überhaupt erst
möglich macht, aufgeklärt.
Ziemlich früh fing man auch an, nach wirksamen
Therapeutika zu suchen. Während damals fast alle anti-
parasitisch wirksamen Substanzen empirisch eingesetzt
wurden (z. B. Chinin gegen Malaria), fing man bei den
Trypanosomen an, systematisch mit verschiedenen Sub-
stanzen zu screenen. Die ersten Therapeutika kamen aus
der deutschen Färbeindustrie, Paul E
HRLICH
testete um
1900 etwa 100 Färbelösungen auf ihre Wirkung gegen
Trypanosomen. Aus diesen Versuchen ist das Nagana-
Rot hervorgegangen, welches später synthetisch herge-
stellt und in Trypan-Rot umbenannt wurde. 1906 gab die
Firma Bayer bei Maurice N
ICOLLE
und Felix M
ESNIL
vom
Pasteur-Institut Untersuchungen in Auftrag, denen wir
das heute in der Zellkultur als Vitalfärbung sehr beliebte
Trypan-Blau verdanken. Bereits 1917 kam eines der
Standard-Präparate zur Behandlung der Schlafkrankheit
in Gebrauch, ein farbloses, dem Trypan-Blau ähnliches
Sulphonaphthalen, nämlich das von Bayer entwickelte
Suramin (Germanin, 205 Naganol), welches ab 1924
kommerziell erhältlich war. Das zweite wichtige Thera-
peutikum, Melarsoprol, entwickelt von dem Schweizer
Ernst F
RIEDHEIM
, kam 1949 auf den Markt.
Die Schlafkrankheit konnte bis zum Ende der
1960er Jahre durch breit angelegte Kontrollprogramme
nahezu ausgerottet werden. Aber in den folgenden Jahr-
zehnten hat sie sich vor allem wegen der schwierigen
politischen Situation in vielen Regionen wieder stark
ausgebreitet – große Ausbrüche wurden in Angola, der
Demokratischen Republik Kongo, im Sudan und in
Uganda verzeichnet. In Uganda hatte sich das Verbrei-
tungsgebiet von T. b. rhodesiense mehr als verdoppelt,
und war dadurch sehr nah an das Verbreitungsgebiet
640
Sir Aldo CASTELLANI (1874-1971)
Aldo CASTELLANI wurde am 8. September 1874 in Florenz gebo-
ren. Er studierte in Florenz, bei Professor KRUSE in Bonn und an
der London School of Hygiene & Tropical Medicine, wo er spä-
ter auch unterrichtete. 1903 wurde er von der British Colonial
Office zum Direktor des bakteriologischen Instituts in Ceylon (heute: Sri Lanka) er-
nannt, wo er bis 1915 blieb – diese Jahre in Ceylon bezeichnete er später als die
glücklichsten seines Lebens. Ab 1910 war er mit Josephine Ambler STEAD verheira-
tet und 1916 wurde er glücklicher Vater einer Tochter. Im ersten Weltkrieg kehrte
er nach Europa zurück und leistete seinen Kriegsdienst in Serbien. 1924 bekam er
von der Tulane University School of Medicine die Professur für Tropenmedizin an-
geboten, und er pendelte dann einige Jahre zwischen New Orleans und London hin
und her. Im Jahre 1928 wurde er von König George V. zum Ritter geschlagen und
1929 wurde er zum Reichssenator von Italien ernannt. CASTELLANI kehrte 1930 nach
Italien zurück und gründete 1931 das Tropen-Institut in Rom, dessen Leitung er bis
1947 innehatte. Der zweite Weltkrieg brachte ihm, der sich Großbritannien sehr
verbunden fühlte, aber dennoch sein Vaterland innig liebte, viel Unglück, er ver-
brachte die Kriegsjahre hauptsächlich in Afrika. Seine späteren Lebensjahre waren
geprägt durch eine rege Reisetätigkeit. Dennoch blieb er als persönlicher Hausarzt
im Dienst von König Umberto II und folgte diesem auch ins portugiesische Exil, wo
er eine Professur am Tropen-Institut von Lissabon innehatte.
Er war 1903 in Uganda an der Entdeckung des Erregers der Schlafkrankheit betei-
ligt, und bei seinem Aufenthalt auf Ceylon entdeckte er den Erreger der Frambö-
sie, Treponema pallidum pertenue. Außerdem gilt er als Entdecker der Akanth -
amöben, deren erste beschriebene Art, Acanthamoeba castellanii auch nach ihm
benannt wurde. CASTELLANI war einer der einflussreichsten Wissenschaftler des 20.
Jahrhunderts, mit einer insgesamt über 70 jährigen wissenschaftlichen Karriere.
Seine Publikationsliste zählt über 400 Arbeiten, unter anderem auch das gemein-
sam mit Albert CHALMERS verfasste Standardwerk „Manual of Tropical Medicine“.
Sir Aldo CASTELLANI starb am 3. Oktober 1971 mit 97 Jahren in Lissabon.
Muriel ROBERTSON (1883-1973)
Muriel ROBERTSON wurde am 8. April 1883 als Tochter von Ro-
bert Andrew und Elizabeth ROBERTSON, als siebtes von zwölf
Kindern in Glasgow geboren. Ihre Mutter, die mit Mädchen-
namen RITTER hieß, entstammte einer irisch-deutschen Fami-
lie und hatte ihre ersten Lebensjahre in Australien verbracht. ROBERTSON studier-
te in Glasgow Biologie, machte im Jahr 1905 ihren Master, und anschließend ihr
Doktorat. Sie verbrachte zunächst drei Jahre als „Carnegie Research Fellow“ in
Ceylon, dem heutigen Sri Lanka, wo sie sich hauptsächlich mit parasitischen Pro-
tozoen von Reptilien und Fischen beschäftigte. In Ceylon traf sie auch auf CASTEL-
LANI. Seine Arbeiten hinterließen großen Eindruck bei ihr, und nicht zuletzt des-
halb hat sie später ihre Forschung in Uganda aufgenommen. 1909 kehrte sie
nach Großbritannien zurück und arbeitete zunächst als Forschungsassistentin
und dann als Mitarbeiterin von Professor MINCHIN am Lister-Institut in London.
1911 schloss sie sich der Kommission für Schlafkrankheit der Royal Society unter
Dr. DUKE an und arbeitete für einige Jahre als Protozoologin in Uganda. 1915
kehrte sie an das Lister-Institut zurück, wo sie dann bis 1961 tätig blieb. Während
des ersten Weltkriegs beschäftigte sie sich mit Clostridium perfringens, dem Er-
reger des Gasbrands. Während des Nord-Afrika-Feldzugs (1940-1943) konnte
dank ihrer Arbeiten unzähligen Soldaten das Leben gerettet werden. 1947 wur-
de ROBERTSON in die Royal Society aufgenommen.
Schon als junge Wissenschaftlerin gelang Muriel ROBERTSON die Aufklärung des
kompletten Lebenszyklus von Trypanosoma pleuronectidium ROBERTSON, 1906, ei-
ne der weltweit ersten detaillierten Arbeiten über Trypanosomen. Ihre bahnbre-
chenden Studien zur Übertragung von Trypanosoma gambiense durch Glossina
palpalis sind nach wie vor einzigartig in ihrer Genauigkeit, aber auch in der
Schönheit der Illustrationen. Auch wenn sie in Schottland aufwuchs und den
Großteil ihrer beruflichen Zeit in London verbrachte, empfand sie immer eine
starke Bindung an Limavady in Nordirland, wo ihre Vorfahren mütterlicherseits
herstammten. Dort verbrachte sie ihre letzten Lebensjahre bis zu ihrem Tode am
14. Juni 1973.
© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at
von T. b. gambiense herangerückt. Gegen Ende des 20.
Jahrhunderts wurde die Zahl der Infizierten von der
WHO auf 500.000 geschätzt, und die Schlafkrankheit
galt in manchen Gegenden Afrikas wieder als die häu-
figste Todesursache bei jungen Erwachsenen (S
TICH
&
S
TEVERDING
2002). Auf Grund dieser alarmierenden
Entwicklungen hat die WHO ein transnationales Be-
kämpfungsprogramm gestartet, und im Juni 2000 wurde
von der „Organization of African Unity“ bei einer Sit-
zung in Lomé (Togo) die „Pan African Tsetse and Try-
panosomiasis Eradication Campaign (PATTEC)“ ins
Leben gerufen. Am 3. Mai 2001 haben schließlich die
WHO und das Pharmaunternehmen Aventis Pharma
(heute: Sanofi-Aventis), Hersteller von Pentamidin,
Melarsoprol, und Eflornithin, ein partnerschaftliches
Übereinkommen unterzeichnet, und durch weitere Un-
terstützung von Ärzte ohne Grenzen, Bristol-Myers
Squibb, Bayer (Suramin und Nifurtimox), der Bill and
Melinda G
ATES
Stiftung und der Staaten Frankreich
und Belgien ist es gelungen, in den vergangenen Jahren
die genannten Medikamente für die Patienten kosten-
frei zur Verfügung zu stellen. Dank dieser Bemühungen
ist die Zahl der Todesfälle heute stark rückläufig, und es
besteht eine realistische Chance, die Schlafkrankheit in
der nahen Zukunft tatsächlich in den Griff zu bekom-
men (http://www.who.int).
3. Die Überträger – Tsetse-Fliegen
Tsetse-Fliegen (Abb. 1) ist der Trivialname für die
Dipteren-Familie der Glossinidae, die mit ca. 30 Spezies
fast ausschließlich im sub-saharischen Afrika verbreitet
ist. Im Unterschied zu den meisten anderen hämatopha-
gen Dipteren, saugen sowohl weibliche als auch männ-
liche Tsetse-Fliegen Blut (Abb. 2). Beide können somit
als Überträger von Trypanosomen fungieren. Da Tsetse-
Fliegen in ihrem Leben mehrere Blutmahlzeiten brau-
chen, kann eine einzige Tsetse zahlreiche Wirte infizie-
ren. Der Stich der Tsetse-Fliegen ist extrem schmerz-
haft.
641
Abb. 1: Glossina spp. a: G. palpalis =,
b: G. morsitans Y, c: G. fusca Y(aus AUSTEN 1903).
a b
c
Abb. 2: Glossina palpalis beim Blutsaugen (Photo: Prof. BRUN & Priv.-Doz. STICH,
mit freundlicher Genehmigung; aus LÖSCHER &BURCHARD 2010).
© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at
3.1. Verbreitung
Die Tsetse-Fliegen sind tagaktiv (vor allem morgens
und am späten Nachmittag)
4
und leben vorwiegend in
feuchten Waldgebieten, und abgesehen von einem klei-
nen Gebiet auf der arabischen Halbinsel, ausschließlich
in Afrika. Die nördliche Verbreitungsgrenze, im Westen
der 14° Breitengrad und im Osten der 10° Breitengrad,
wird bestimmt von Temperatur und Feuchtigkeit. Im
Allgemeinen finden sich Glossinen vor allem in Regio-
nen mit einer >4,5 m hohen Vegetation und >0,54 m
Jahresniederschlag. Ab einer Höhe von etwa 1.500 m
kommen sie nicht mehr vor. Die Glossina morsitans-
Gruppe (Abb. 1b) ist in der bewaldeten Savanne behei-
matet, kommt allerdings auch in den durch Abholzun-
gen devastierten Gebieten vor. Die G. palpalis-Gruppe
(Abb. 1a) lebt vor allem in Sekundär-Wäldern an Fluss-
läufen und in den Mangroven. Und die G. fusca-Grup-
pe (Abb. 1c) ist im Regenwald verbreitet, spielt aber als
Überträger der Schlafkrankheit keine Rolle. Auch aus
den anderen beiden Gruppen sind nicht alle Vertreter
gleichermaßen als Vektoren geeignet, es ist jedoch bis
heute ungeklärt, welche Faktoren dabei tatsächlich von
Bedeutung sind. Die Dichte der jeweiligen Population
ist sicherlich ein entscheidender Faktor, aber auch die
Anthropophilie. Die wichtigsten Überträger der West-
afrikanischen Schlafkrankheit sind G. palpalis palpalis,
G. p. gambiensis,G. fuscipes fuscipes und G. tachinoides.
Diese Arten kommen vor allem in schattigen Wäldern
entlang von Flussläufen vor, wo gemäßigte Temperatu-
ren und Feuchtigkeit vorherrschen und geeignete Wirte
für die Blutmahlzeit zur Verfügung stehen. Die meisten
Vertreter der G. palpalis-Gruppe bevorzugen Reptilien,
vor allem Krokodile und Warane, als Blutwirte, stechen
aber auch Menschen und andere Säugetiere. Die wich-
tigsten Überträger der Ostafrikanischen Schlafkrank-
heit sind G. morsitans morsitans,G. m. centralis,G.
swynnertoni,G. pallidipes und G. fuscipes fuscipes. Diese
Arten nutzen vor allem Haustiere, wie Rinder, Hunde,
Schafe und Ziegen, und die Tiere der Savanne als Blut-
wirte – als Hauptblutwirt gilt der Buschbock (Schirran-
tilope). Da der Buschbock durchaus in der näheren Um-
gebung von Dörfern und Siedlungen vorkommt, wird
auch der Mensch, allerdings eher akzidentiell, als Blut-
wirt angeflogen. Und zwar insbesondere Menschen, die
regelmäßig die umliegenden Wälder zur Jagd oder zur
Waldarbeit aufsuchen. Grundsätzlich saugen die Tsetse-
Fliegen bevorzugt an Wirten, die sich gerade im Schat-
ten aufhalten (K
RINSKY
2002). Die Verbreitung der
wichtigsten Vektoren ist in Tabelle 1 dargestellt.
Auch wenn Glossinen meist nicht mehr als eine
halbe Stunde am Tag fliegen (sie verbringen die meiste
Zeit auf der Vegetation ruhend), sind sie grundsätzlich
sehr gute Flieger. Sie können bis zu 6 km/ Tag zurückle-
gen und sich deshalb auch rasch ausbreiten. Beim An-
flug eines Blutwirtes können sie sogar Geschwindigkei-
ten bis zu 25 km/h erreichen
5
. Für die Verbreitung spielt
allerdings auch die passive Verschleppung durch Tiere
oder Fahrzeuge eine Rolle.
Das Verbreitungsgebiet der Tsetse-Fliegen war frü-
her wesentlich größer
6
, da die Region der Sahara post-
glazial (in weiten Bereichen noch bis vor etwa 4.000
Jahren) durchaus eine üppige Vegetation aufwies. Man
geht heute davon aus, dass die Nagana (und nicht die
Unkenntnis der Viehzucht – wie man lange geglaubt
hatte) der Hauptgrund dafür war, dass die alten Ägypter
nur Wildtiere züchteten. Die Verbreitung der Tsetse-
Fliegen reichte in der damaligen Zeit jedenfalls bis zum
Nildelta. Und während die lokalen Wildtiere, wie Büf-
fel und Gazellen, zwar infiziert werden können, aber in
der Regel nicht erkranken, führte (und führt) die Naga-
na bei den damals vor allem aus Kleinasien eingeführten
Rindern zu einer tödlichen Krankheit (W
INKLE
1988).
Pferde hingegen, haben einen anderen Weg gefunden,
um der Nagana zu entkommen, die an das Leben Afrika
angepassten Pferde tragen quasi einen Tarnmantel (sie-
he Kasten).
642
Erreger Vektor Verbreitungsareal (alphabetisch)
T. b. gambiense G. palpalis palpalis Angola, Benin, Burkina Faso,
G. palpalis gambiensis Demokratische Republik Kongo, El-
fenbeinküste, Gabun, Gambia, Gha-
na, Guinea, Guinea-Bissau, Kamerun,
Kongo, Liberia, Mali, Nigeria, Sene-
gal, Sierra Leone, Togo, Zentralafri-
kanische Republik
G. tachinoides Äthiopien, Benin, Burkina Faso, El-
fenbeinküste, Ghana, Guinea, Je-
men, Kamerun, Mali, Niger, Nigeria,
Sudan, Togo, Tschad, Zentralafrika-
nische Republik
G. fuscipes quanzensis Angola, Demokratische Republik
G. fuscipes martinii Kongo, Kongo
G. fuscipes fuscipes Demokratische Republik Kongo, Ka-
merun, Republik Kongo, Sudan,
Tschad, Uganda, Zentralafrikanische
Republik
T. b. rhodesiense G. morsitans morsitans Angola, Botsuana, Burundi, Malawi,
G. morsitans centralis Mosambik, Ruanda, Sambia, Simbab-
we, Tansania
G. pallidipes Äthiopien, Burundi, Kenia, Malawi,
Mosambik, Ruanda, Sambia, Simbab-
we, Sudan, Tansania, Uganda
G. swynnertoni Kenia, Tansania
G. fuscipes fuscipes Äthiopien, Kenia, Tansania, Uganda
Tab. 1: Verbreitung der wichtigsten Vektoren der Schlafkrankheit (modifiziert
nach BURRI & BRUN 2009).
4
Es gibt aber einige Arten, wie etwa G. medicorum, die (auch) in der Nacht
blutsaugen.
5
Nach dem Blutsaugen sind sie allerdings sehr geschwächt und fliegen mit
nur etwa 1,6 km/h die nächste schattenspendende Pflanze an (KRINSKY
2002).
6
Fossilien aus Colorado belegen sogar ein früheres Vorkommen in Amerika
(COCKERELL 1917).
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3.2. Systematik und Evolution
Die Glossinen wurden früher zu den echten Fliegen
(Muscidae) gezählt, werden aber heute als eigene Fami-
lie (Glossinidae) angesehen. Sie werden auf Grund
morphologischer Ähnlichkeiten und vor allem wegen
Homologien in der Art der Fortpflanzung in die Überfa-
milie Hyppoboscoidea (Lausfliegen) eingereiht. Insge-
samt sind innerhalb der Gattung Glossina, dem einzigen
Genus der Familie, 31 Arten (mit mehreren Subspezies)
beschrieben, welche sich in drei große Gruppen eintei-
len lassen, die Glossina morsitans-Gruppe (Subgenus:
Glossina), die G. palpalis-Gruppe (Subgenus: Nemorhi-
na) und die G. fusca-Gruppe (Subgenus: Austenina)
(Tab. 2). Die G. fusca-Gruppe wird als die ursprüng-
lichste der drei Gruppen angesehen. Insgesamt geht
man davon aus, dass Tsetse-Fliegen zumindest 40 Mil-
lionen Jahre alt sind.
Das Genom von Glossina-Arten wird auf 500-600
Mb geschätzt (manche gehen aber von fast der 10fachen
Genomgröße aus) und ist damit etwa eineinhalb mal so
groß wie beispielsweise das von Drosophila. Ein Genom-
Projekt für Glossina wurde bereits vor 5 Jahren initiiert
(A
KSOY
et al. 2005).
3.3. Morphologie
Glossinen sind etwa 6-14 mm groß, bräunlich und
haben einen relativ schmalen Körper. Die Vertreter der
G. fusca-Gruppe sind deutlich größer als jene der ande-
ren beiden Gruppen. Charakteristisch für die Glossinen
ist ihre Flügelhaltung, der sie auch ihren Namen ver-
danken – denn sie legen ihre Flügel in Ruhestellung ge-
nau übereinander, sodass diese die Form einer Zunge
(lat. Glossa) annehmen. Durch diese Flügelhaltung
können die Glossinen gut von anderen Stechfliegen un-
terschieden werden. Außerdem haben die Glossinen ei-
ne sehr typisch geformte Proboscis und charakteristi-
sche Fiederborsten an ihren Antennen. Der Kopf ist
kurz und breit und besteht im Wesentlichen aus den
Augen und den Mundwerkzeugen. Die Augen sind auf-
fallend groß, braun oder rötlich und nicht miteinander
verbunden. Die Antennen der Tsetse-Fliegen sind drei-
gliedrig, und die Fiederborsten (Aristae) sind doppelt
gefiedert, d.h. jede einzelne Fieder trägt sekundäre Fie-
dern, wobei aber nur die Vorderseite der Fiederborsten
befiedert ist (K
RINSKY
2002). Der Rüssel ist ungefähr 5
mm lang und steif und weist eine zwiebelförmigen Ver-
dickung am Ursprung auf. Er setzt sich aus zwei langen,
Stilett-artigen Mundwerkzeugen zusammen: dem La-
643
G. morsitans-Gruppe
G. austeni NEWSTEAD, 1912
G. longipalpis WIEDEMANN, 1830
G. morsitans centralis MACHADO, 1970
G. morsitans morsitans WIEDEMANN, 1850
G. morsitans submorsitans NEWSTEAD, 1911
G. pallidipes AUSTEN, 1903
G. swynnertoni AUSTEN, 1923
G. palpalis-Gruppe
G. caliginea AUSTEN, 1911
G. fuscipes fuscipes NEWSTEAD, 1911
G. fuscipes martinii ZUMPT, 1935
G. fuscipes quanzensis PIRES, 1948
G. pallicera pallicera BIGOT, 1891
G. pallicera newsteadi AUSTEN, 1929
G. palpalis palpalis ROBINEAU-DESVOIDY, 1830
G. palpalis gambiensis VANDERPLANK, 1911
G. tachinoides WESTWOOD, 1850
G. fusca-Gruppe
G. brevipalpis NEWSTEAD, 1911
G. fusca congolensis NEWSTEAD & EVANS, 1921
G. fusca fusca WALKER, 1849
G. fuscipleuris AUSTEN, 1911
G. frezili GOUTEUX, 1987
G. haningtoni NEWSTEAD & EVANS, 1922
G. longipennis CORTI, 1895
G. medicorum AUSTEN, 1911
G. nashi POTTS,1955
G. nigrofusca hopkinsi VAN EMDEN, 1944
G. nigrofusca nigrofusca NEWSTEAD, 1911
G. severini NEWSTEAD, 1913
G. schwetzi NEWSTEAD & EVANS, 1921
G. tabaniformis WESTWOOD, 1850
G. vanhoofi HENRARD, 1952
G. morsitans-Gruppe
Tab. 2: Übersicht der bekannten Glossina-Arten.
Die Zebra-Streifen und die Tsetse-Fliegen
Drei Arten aus der Familie der Pferde (Equidae) haben
ein schwarzweiß oder auch braunweiß gestreiftes Fell
und werden Zebras genannt, das Bergzebra (Equus ze-
bra), das Steppenzebra (E. quagga) und das Grevyzebra
(E. grevyi). Allerdings sind diese drei Arten miteinander nicht näher ver-
wandt als sie es mit anderen Arten aus der Gattung Equus sind.
Man nimmt heute an, dass die charakteristische Streifung (zumindest) drei
mal unabhängig voneinander entstanden ist, und zwar jeweils um den Tse-
tse-Fliegen zu entkommen. Tsetse-Fliegen sind tagaktiv und suchen sich ihre
Blutwirte vor allem mit ihren Augen (ab einer gewissen Nähe dann aller-
dings auch über den Geruch). Sie fühlen sich von dunklen Farben, insbeson-
dere von Schwarz und Blau, angezogen – und sie können ein dunkles „Ob-
jekt“ aus einer Entfernung von bis zu 180 m genau lokalisieren. Die schma-
le hell-dunkle Streifung der Zebras ist für die Facettenaugen der Tsetse-Flie-
gen nicht auflösbar, so dass Zebras von Tsetse-Fliegen schlichtweg nicht ge-
sehen werden.
Ursprünglich waren die Zebras in ganz Afrika verbreitet. In Nordafrika sind
sie jedoch schon in antiker Zeit ausgerottet worden. Heute ist das Steppen-
zebra die am weitesten verbreitete Art. Es lebt in den Steppengebieten und
Savannen Ostafrikas bis nach Süd- und Südwestafrika. Der Lebensraum des
Grevyzebras sind die halbtrockenen Busch- und Graslandschaften Ostafrikas
(Kenia, Äthiopien und Somalia), und das Bergzebra lebt in den gebirgigen
Hochebenen Namibias und Südafrikas. Interessanterweise hatte das bereits
ausgestorbene Quagga, eine Unterart des Steppenzebras, nur am Hals Strei-
fen.
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brum und dem Hypopharynx. An der Spitze des La-
brums befindet sich das Labellum, welches wie eine Sä-
ge mit Zähnen bewehrt ist und dazu dient, die Haut des
Wirts aufzuritzen (K
RENN
& A
SPÖCK
2010). In Ruhe-
stellung ist der Rüssel nach vorne gestreckt und ragt
zwischen den Palpen hervor. Beim Blutsaugen halten
die Tsetse-Fliegen die Haut mit ihren Extremitäten fest
und „sägen“ durch Bewegungen des Kopfes ein oder
mehrere Kapillargefäße auf. Eine Tsetse-Fliege nimmt
pro Blutmahlzeit ~0,03 ml Blut auf und vergrößert sich
dabei auf etwa das dreifache Körpergewicht (Abb. 3).
Etwa 40 % der aufgenommenen Flüssigkeitsmenge ge-
ben sie allerdings innerhalb der ersten halben Stunde
nach dem Blutsaugen in Form von Kottröpfchen wieder
ab. Nach 48 Stunden ist die Blutmahlzeit vollständig
verdaut, und zwischen den Blutmahlzeiten liegen je
nach Art 3-5 Tage. Tsetse-Fliegen haben eine starke
Pharynx-Muskulatur und der Proventrikel umhüllt die
Nahrung mit einer peritrophen Membran, um den Mit-
teldarm zu schützen.
Der Hinterleib der Tsetse-Fliegen ist deutlich gerin-
gelt und die Beine sind kurz und kräftig. Die Männchen
haben ein prominentes knopfartiges Hypopygium an der
Ventralseite. Die beiden Ovarien der Weibchen weisen
jeweils nur zwei Ovariolen auf und münden in einen ge-
meinsamen Uterus, in dem der Embryo heranreift. Au-
ßerdem münden paarige Drüsen in den Uterus, von de-
ren Sekret sich die entwickelnde Larve ernährt, und die
man deshalb „Milchdrüsen“ nennt (K
RINSKY
2002).
3.4. Lebenszyklus
Die Tsetse-Fliegen sind lebendgebärend (vivipar).
Die Paarung findet meist direkt auf oder zumindest in
der Nähe eines Blutwirtes statt. Tsetse-Fliegen-Weib-
chen paaren sich nur ein einziges Mal und können wäh-
rend ihres 3-6 monatigen Lebens nur 5-7 Larven gebä-
ren. Die Eier werden im Uterus aufbewahrt, immer nur
eine Larve reift heran und wird schließlich als voll ent-
wickelte L3-Larve abgegeben. Bis zur ihrer Geburt wird
die Larve von der Mutter über die oben erwähnten
„Milchdrüsen“ genährt, mit deren Sekret auch symbion-
tische Bakterien auf die nächste Generation übertragen
werden (siehe unten). Die fertige L3-Larve ist gelblich-
braun, in 12 Glieder segmentiert und bereits fast so groß
wie eine adulte Tsetse-Fliege. Sie wird vom Weibchen
am Erdboden abgelegt und sucht dort aktiv einen geeig-
neten Ort zur Verpuppung auf. Bevorzugte Brutplätze
sind schattige, feuchte Habitate. Bereits etwa 1 bis 2
Stunden nach der Geburt beginnt die Larve, sich in ei-
ne braunschwarze Puppe zu verwandeln, und nach ca. 3
bis 4 Wochen (je nach den klimatischen Bedingungen)
schlüpft die fertige Fliege (K
RINSKY
2002).
Tsetse-Fliegen haben in mehreren Organen z. T. ob-
ligate Endosymbionten, die drei verschiedenen Grup-
pen angehören. Wigglesworthia glossinidia und Sodalis
glossinidius, beide Vertreter der Enterobacteriaceae (γ-
Proteobacteria), leben intrazellulär im Darm. Während
Wigglesworthia glossinidia in spezialisierten Endothel-Zel-
len, welche ein U-förmiges Organ (Bakteriom) im vor-
deren Abschnitt des Darms bilden, lebt, befällt Sodalis
glossinidius Zellen des Mitteldarms. Beide Arten versor-
gen die Fliege u. a. mit lebenswichtigen Vitaminen. Das
Abtöten der Endosymbionten mit Antibiotika führt zu
Wachstumsstörungen und Reproduktionsstörungen der
Fliegen. Ein neuer Ansatz in der Bekämpfung der
Schlafkrankheit ist deshalb, anstatt der Tsetse-Fliegen
selbst, deren Symbionten abzutöten – und damit letzt-
lich auch die Fliegen umzubringen. Außerdem vermutet
man, dass zumindest S. glossinidius auch die Etablierung
der Trypanosomen im Mitteldarm erleichtert, dieses
Bakterium produziert jedenfalls eine Chitinase, die die
Tsetse-Fliegen empfänglicher für Trypanosomen macht
(R
IO
et al. 2006). Die dritte Gruppe, die Wolbachien
(α-Proteobacteria, Rickettsiales, Anaplasmataceae),
werden transovariell übertragen, und zwar ist jeder
Nachkomme eines infizierten Weibchens auch infiziert.
Allerdings sind die Infektionsraten verschiedener Tse-
tse-Populationen (sogar ein und derselben Art) durch-
aus unterschiedlich, und es gibt auch Wolbachien-freie
Populationen. Außerdem können Wolbachien bei man-
chen Tsetse-Stämmen neben den Fortpflanzungsorga-
nen auch andere Organe befallen. Wolbachia spp.
7
kom-
men in einer ganzen Reihe von Invertebraten vor (etwa
15 % aller Insekten tragen Wolbachien in sich) und be-
644
Abb. 3: Glossina morsitans Y. A. vor dem Blutsaugen, B. nach dem
Blutsaugen. Historische Abbildung aus der Monographie der Tsetse-Fliegen
von Ernest Edward AUSTEN (1903) nach einer Zeichnung von David BRUCE
(„kindly lent Lt.-Colonel BRUCE“).
7
Die Gattung Wolbachia wird derzeit in 8 Genotypen (A-H) unterteilt; W.
pipientis, die einzige tatsächlich beschriebene Art gilt als Typusspezies.
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einflussen die Fortpflanzung ihres jeweiligen Wirts (sie-
he Kasten) (C
HENG
et al. 2000).
Tsetse-Fliegen können auch an verschiedenen vira-
len Infektionen leiden, bekannt sind das „Salivary
Gland Hypertrophy Virus (SGHV)“ und das „Flock
House Virus (FHV)“. Interessanterweise befällt letzteres
neben den Glossinen u. a. auch Raubwanzen (also die
Vektoren von Trypanosma cruzi).
4. Trypanosoma brucei – Die Erreger
Die Trypanosomen gehören zu den Kinetoplastida
(Protozoa: Euglenozoa) und werden grob in die Sterco-
raria und die Salivaria unterteilt. Diese Bezeichnungen
beziehen sich auf die Form der Übertragung durch den
Vektor, bei den Stercoraria finden sich übertragungsfä-
hige Stadien in den Fäzes, während sich bei den Saliva-
ria die übertragungsfähigen Stadien in oder an den
Mundwerkzeugen bzw. in den Speicheldrüsen der Vek-
toren befinden.
Der Gattungsname Trypanosoma setzt sich aus dem
griechischen Verbum trypein (durchbohren, durchlö-
chern) und dem Substantiv soma (Körper) zusammen
und bezieht sich auf die einem Bohrer oder Korkenzieher
ähnliche, länglich gewundene Form der Zellen und ihre
Art der Fortbewegung. Als Erreger der Schlafkrankheit
fungieren T. brucei gambiense und T. b. rhodesiense
8
(Abb. 4). Während T. b. gambiense eher im westlichen
Afrika vorkommt und eine chronisch verlaufende
Krankheit hervorruft, ist T. b. rhodesiense vor allem in
Ostafrika verbreitet und ist für eine akut verlaufende und
meist sehr rasch tödliche Erkrankung verantwortlich.
Derzeit sind insgesamt 20 Arten innerhalb der Gat-
tung Trypanosoma beschrieben (Tabelle 3), alle Trypa-
nosomen sind rein parasitisch. Die Art Trypanosoma
brucei beinhaltet neben T. b. gambiense und T. b. rhode-
siense außerdem T. b. brucei. T. b. brucei ist für nahezu
alle Haus- und Nutztiere infektiös, besonders schwere
Infektionen werden bei Rindern (Nagana) beobachtet.
T. vivax (Erreger der Souma) und T. congolense (Naga-
na) sind wichtige Erreger bei verschiedenen Wiederkäu-
ern, und T. simiae führt zu einer schweren Erkrankung
beim Hausschwein. T. evansi ist der Erreger von schwer
verlaufenden Infektion bei Pferden und Kamelen (Sur-
ra) und T. equiperdum verursacht eine Geschlechts-
krankheit bei Pferden und Eseln (Dourine). Alle diese
Erreger werden allerdings als ausschließlich tierpatho-
gen angesehen.
645
Abb. 4: Trypanosoma brucei rhodesiense, trypomastigotes Stadium (Original).
8
Manche Autoren betrachten die Erreger der Schlafkrankheit nicht als
Subspezies sondern als eigene Arten. Sollten sympatrische Vorkommen mit
Sicherheit nachgewiesen werden, würde das diese Auffassung unterstützen.
Freilich spielt bei diesen Überlegungen auch die Wirtsspezifität eine ge-
wichtige Rolle.
Zytoplasmatische Inkompatibilität
Unter zytoplasmatischer Inkompatibilität versteht man im Allgemeinen eine
Kreuzungsinkompatibilität zwischen infizierten Männchen und nicht-infi-
zierten Weibchen. Bereits in den 1930er Jahren wurde bei Culex pipiens be-
obachtet, dass während Männchen von Stamm A mit Weibchen von Stamm
B keine lebensfähigen Nachkommen produzieren können, das umgekehrt
durchaus möglich ist – und bald war auch klar, dass diese „Eigenschaft“ ma-
ternal vererbt wird. Viel später wurden dann die Wolbachien (Wolbachia pi-
pientis) als Verursacher dieser Inkompatibilität entdeckt, und inzwischen ist
bekannt, dass auch andere Bakterien, z. B. Cardinium hertigii, eine solche
verursachen können. Außerdem kann es auch bei Kreuzung zweier mit un-
terschiedlichen Wolbachien-Stämmen infizierter Individuen zu einer Inkom-
patibilität kommen. Spermien von nicht-infizierten Männchen sind hinge-
gen in jedem Fall mit Eiern infizierter Weibchen kompatibel, egal mit wel-
chem Stamm diese infiziert sind und auch wenn sie mehrere Stämme gleich-
zeitig beherbergen (ENGELSTÄDTER & TELSCHOW 2009).
Zytoplasmatische Inkompatibilität kommt in fast allen Insekten-Ordnungen
und auch bei Milben und Asseln vor. Die Männchen werden „benutzt“, um die
Nachkommenschaft nicht-infizierter Weibchen zu minimieren, wodurch sich
die maternal übertragenen Bakterien in der Population ausbreiten. Die Infek-
tion führt bei den Männchen zu veränderten Spermien, die nur „normal“
funktionieren, wenn sie auf eine ebenfalls infizierte Eizelle treffen, also quasi
gerettet werden. Wenn sie hingegen eine nicht-infizierte Eizelle befruchten,
kondensieren die väterlichen Chromosomen nicht und gehen deshalb sukzes-
sive bei den ersten Zellteilungen „verloren“ – die Embryonalentwicklung
bricht bald nach der Befruchtung ab. Auf diese Weise kommt es zu einer rela-
tiven Zunahme des Anteils infizierter Weibchen in einer Population – die Bak-
terien regulieren also die Reproduktion ihrer Wirtstiere zu ihren eigenen
Gunsten. Bei Insekten mit Arrhenotokie besteht dieses Problem deshalb nicht,
weil die haploiden Männchen aus unbefruchteten Eiern entstehen. Der gene-
tische Mechanismus, der hinter der zytoplasmatischen Inkompatibilität steckt,
ist noch immer nicht restlos aufgeklärt, es gibt im Wesentlichen drei verschie-
dene Modelle dazu: das Schlüssel-Schloss-Modell, das Titration-Restitution-
Modell und das „Slow-Motion“-Modell (POINSOT et al. 2003).
Obwohl im Experiment zahlreiche Insekten mit verschiedenen Wolbachia-
Stämmen infiziert werden können, sogar wenn sie vorher keine Wolbachien
hatten, konnte ein natürlicher Austausch von Wolbachien zwischen artfrem-
den Individuen bisher nicht nachgewiesen werden (CHENG et al. 2000).
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4.1. Verbreitung
Während T. b. gambiense hauptsächlich in West-
und Zentralafrika verbreitet ist, ist T. b. rhodesiense auf
Südostafrika beschränkt. T. b. gambiense Gruppe I
kommt in ganz Westafrika vor, die virulentere T. b. gam-
biense Gruppe II hat ihr Hauptverbreitungsbebiet an der
Elfenbeinküste. Auch bei T. b. rhodesiense werden zwei
Gruppen unterschieden, die virulenteren Busoga-Stäm-
me sind eher im Norden verbreitet, während die Zambe-
zi-Stämme vor allem in Zambia und Malawi vorkom-
men. T. b. brucei wird in die Gruppen „Bouaflé“, „Sin-
do“, „Kiboko“ und „Kakumbi“ unterteilt, einige Stämme
von Bouaflé sind auch für Menschen infektiös.
Für T. b. gambiense ist der Mensch das wichtigste Er-
regerreservoir, für T. b. rhodesiense hingegen ist er ein
eher unbedeutender Wirt und hat keine den Zyklus er-
haltende Funktion. T. b. gambiense kommt fokal vor
und erfährt seine höchste Übertragungsrate gegen Ende
der Trockenzeit, wenn der Kontakt zwischen dem Men-
schen und Spezies der G. palpalis-Gruppe am höchsten
ist. In sehr feuchten Waldregionen ist eine solche Sai-
sonalität allerdings weniger zu beobachten, und der
Kontakt zwischen den Tsetse-Fliegen und dem Men-
schen ist insgesamt eher zufällig. Neben dem Menschen
können das Schwein, der Hund, Rinder, einige Wildtie-
re, wie das Kob (Kobus kob) und die Kuhantilope (Alce-
laphus buselaphus), und auch bestimmte Affen-Arten
und Nager mit T. b. gambiense infiziert werden. T. b.
rhodesiense kommt endemisch und epidemisch vor. Das
Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Uganda im Nor-
den bis Botswana im Süden. Die Ostafrikanische
Schlafkrankheit ist eine Zoonose, die Hauptwirte sind
Haustiere, wie Rinder, Schafe und Ziegen, aber auch
zahlreiche Wildtiere können als Wirte fungieren. Im
Gegensatz zu T. b. gambiense, führt T. b. rhodesiense im-
mer wieder zu Epidemien. Meist ist der Grund hierfür ei-
ne (anthropogene) Veränderung des Parasit-Vektor-
Wirt-Gleichgewichts, beispielsweise durch Migrations-
wellen (z. B. Flüchtlingsströme, große Bauprojekte)
oder drastische Umstellungen in der Landwirtschaft.
4.2. Systematik und Evolution
Die Trypanosomen sind eukaryotische Einzeller und
werden heute innerhalb der großen Gruppe der Excava-
ta zu den Euglenozoa gestellt, zu welcher unter anderem
auch Euglena, das Augentierchen, zählt.
Innerhalb der Euglenozoa werden die Trypanosomen
in die Ordnung der Kinetoplastida H
ONIGBERG
, 1963,
gereiht, welche alle durch ein besonderes Zellorganell,
den so genannten Kinetoplasten ausgezeichnet sind. Die
Familie der Trypanosomatidae umfasst außerdem die
Gattungen Blastocrithidia, Crithidia, Endotrypanum, Her-
petomonas, Leishmania, Leptomonas, Phytomonas, Rhyn-
choidomonas, Sauroleishmania und Wallaceina von denen
nur Leishmania humanpathogene Erreger enthält (siehe
hierzu auch W
ALOCHNIK
& A
SPÖCK
2010b).
Die Trypanosomen sind relativ junge Vertreter der
Trypanosomatidae. Man nimmt an, dass sie zunächst
reine Insekten-Parasiten waren, welche sich später an
einen zweiwirtigen Zyklus mit einem Vertebraten ange-
passt haben. Blutegel als Vektoren einiger Trypanoso-
men von Fischen und Amphibien stellen somit eine se-
kundäre Entwicklung dar. Heute kommen Trypanoso-
men als Parasiten in allen Wirbeltier-Klassen vor, und
zahlreiche verschiedene Insekten und sowohl aquati-
sche als auch terrestrische Egel können als Vektoren
fungieren (L
UMSDEN
&E
VANS
1976).
Trypanosoma brucei wird innerhalb der Trypanoso-
matidae zu den Salivaria gestellt, also jener Gruppe, bei
646
Subgenus/Spezies Medizinische Bedeutung
Sterocoraria
Untergattung Megatrypanum HOARE, 1964
Trypanosoma theileri LAVERAN, 1902 Infektionen bei Rindern
Untergattung Herpetosoma DOFLEIN, 1901
Trypanosoma lewisi KENT, 1880 Infektionen bei Ratten
Untergattung Schizotrypanum CHAGAS, 1909
Trypanosoma cruzi CHAGAS, 1909 Chagas-Krankheit beim Menschen
Trypanosoma rangeli TEJERA, 1920 Infektionen bei Haus- und Wildtie-
ren; kommt beim Menschen vor,
aber apathogen
Salivaria
Untergattung Duttonella CHALMERS, 1908
Trypanosoma vivax ZIEMANN, 1905 Souma bei verschiedenen Wieder-
käuern
Untergattung Nannomonas HOARE, 1964
Trypanosoma congolense BRODEN, 1904 Nagana bei verschiedenen Wieder-
käuern
Trypanosoma simiae BRUCE et al., 1912 Infektionen bei Huftieren und Af-
fen; akute Trypanosomose bei
Schweinen
Trypanosoma godfreyi MCNAMARA et al., 1944 Infektionen bei Schweinen
Untergattung Trypanozoon LÜHE, 1906
Trypanosoma brucei PLIMMER & BRADFORD, 1899
Trypanosoma brucei brucei FORDE, 1903 Nagana bei Rindern
Trypanosoma brucei gambiense DUTTON, 1901 Schlafkrankheit (westliche Form)
Trypanosoma brucei rhodesiense Schlafkrankheit (östliche Form)
STEPHENS & FANTHAM 1910
Trypanosoma evansi BALBIANI, 1888 Surra bei Pferd, Kamel und Elefant
(mechanische Übertragung!, v.a.
Tabaniden)
Trypanosoma equiperdum DOFLEIN, 1901 Beschälseuche (Dourine) bei Pfer-
den
Trypanosoma equinum VOGES, 1901 Kreuzlähme der Pferde (Mal de Ca-
deras), nur bei Equiden in Südame-
rikas vorkommend
Untergattung Pycnomonas HOARE, 1964
Trypanosoma suis OCHMANN, 1905 Surra bei Schweinen
Tab. 3: Übersicht der wichtigsten Trypanosoma-Arten (nach LUMSDEN & EVANS
1976, MEHLHORN & PIEKARSKI 2002).
© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at
der die Übertragung über den Speichel erfolgt. Zum Un-
terschied von den Stercoraria, zu denen T. cruzi gehört
(W
ALOCHNIK
& A
SPÖCK
2010a), sind die Salivaria eine
monophyletische Gruppe. Alle Salivaria parasitieren in
Säugetieren, und sie sind die einzigen Trypanosomen,
die über variable Oberflächenproteine verfügen und
deshalb im Blut persistieren können (alle Trypanoso-
men, die einen Vertebraten-Wirt in ihrem Zyklus ha-
ben, parasitieren bei diesem zunächst im Blut, alle außer
T. brucei sind allerdings gezwungen, sich rasch in die
verschiedenen Gewebe zurückzuziehen). Man nimmt
an, dass T. vivax den ältesten Vertreter der Salivaria re-
präsentiert und die „früheste“ Anpassung an die Tsetse-
Fliegen als Vektor erfahren hat. Da die Tsetse-Fliegen so
gut wie nur in Afrika vorkommen, sind die Salivaria ei-
ne rein afrikanische Gruppe und stehen damit den Süd-
amerikanischen und australischen Trypanosomen ge-
genüber, welche gemeinsam eine Gruppe bilden. Die
Trennung von T. cruzi erfolgte vermutlich spätestens
vor etwa 100 Millionen Jahren, als Afrika durch die
Kontinentalverschiebung und die Bildung des Atlantiks
von Amerika getrennt wurde, vielleicht jedoch schon
wesentlich früher aufgrund unterschiedlicher Wirtsspe-
zifität. Australien hat sich vor etwa 45 Millionen Jahren
endgültig vom Gondwana-Kontinent gelöst, wodurch
auch der Austausch zwischen südamerikanischen und
australischen Arten unterbunden wurde und sich neue
Arten, wie etwa die jüngst beschriebenen Arten T. co-
pemani und T. gilletti (A
USTEN
et al. 2009, M
C
I
NNES
et
al. 2010) herausgebildet haben.
Die nächsten Verwandten von T. brucei sind T. con-
golense und T. simiae, welche gemeinsam die Schwester-
gruppe zu T. brucei darstellen. Das Schwestertaxon die-
ser gesamten Gruppe ist T. vivax. Die Rekonstruktion
der Phylogenie gestaltet sich allerdings schwierig, da das
18S rRNA-Gen, das immer noch wichtigste Gen zur Er-
mittlung von Verwandtschaftsverhältnissen, bei Trypa-
nosomen mit unterschiedlichen Mutationsraten evolu-
iert. Die Salivaria evoluieren 3-5 mal so schnell wie die
übrigen Trypanosomen und T. v i v ax noch deutlich
schneller als die anderen Salivaria. T. vivax verfügt dar-
über hinaus mit 55,4 % über einen etwa 3 % höheren G
+ C-Anteil als alle anderen Trypanosomen (S
TEVENS
et
al. 1999; G
IBSON
2001).
Man nimmt an, dass T. brucei seit etwa 15 Millionen
Jahren mit den Primaten in Afrika koevoluiert, und den
Menschen also seit jeher begleitet. Die hohe Pathogeni-
tät der Erreger ist indes schwer mit dieser Vorstellung in
Einklang zu bringen.
4.3. Morphologie
Die drei Unterarten von Trypanosoma brucei sind
morphologisch nicht unterscheidbar. Alle drei alternie-
ren zwischen einer epimastigoten Form im Vektor und
einer trypomastigoten Form im Wirbeltierwirt. Die epi-
mastigote Form ist, je nach Stamm, 12-30 μm lang (in-
klusive Geißel) und 1,5-3,5 μm breit und zeichnet sich
dadurch aus, dass die Geißel in der Mitte der Zelle ent-
springt, wobei der Kinetoplast anterior zum Zellkern
liegt. Bei der trypomastigoten Form (Abb. 5), welche
mit 14-42 μm etwas länger ist, entspringt die Geißel am
Hinterende der Zelle, der Kinetoplast liegt also poste-
rior zum Zellkern, und die Geißel überragt den Zellkör-
per nur um einige Mikrometer (siehe dazu auch W
A
-
LOCHNIK
& A
SPÖCK
2010a).
Wie alle Kinetoplastida hat T. brucei ein einziges,
sich nahezu über den gesamten Zellkörper erstreckendes
Mitochondrium und das Mitochondrium beherbergt
auch den Kinetoplasten, welcher kondensierte DNA
darstellt und deshalb in der Giemsa-Färbung gut zu se-
hen ist. Die Geißel ist in einer Geißeltasche verankert.
Dort, wo sie aus der Geißeltasche austritt, liegt der soge-
nannte Paraflagellar Rod Complex (PFR), eine fibröse
Struktur, die sich entlang des Axonems hinzieht und an
die Mikrotubuli der Duplette 4-7 gebunden ist. Das aus
Mikrotubuli bestehende Axonem gewährleistet die Be-
weglichkeit des Flagellums.
4.4. Zellbiologie und Genetik
Das Genom von T. brucei besteht aus 11 Chromoso-
men und möglicherweise 100-200 Minichromosomen.
Freilandisolate sind offenbar stets diploid, allerdings
können im Labor auch polyploide Stämme herange-
züchtet werden. Nach neueren Untersuchungen ist T.
brucei zur sexuellen Fortpflanzung befähigt, und zwar
findet diese in der Tsetse-Fliege statt. Die Trypanoso-
men durchlaufen also eine meiotische Teilung, und im
647
Abb. 5: Abb. 5: Schematischer
Aufbau einer Trypanosomen-
Zelle. (Mit freundlicher
Genehmigung des Insituts für
Parasitologie der Univ. Zürich
aus KAYSER et al. 2005, nach
WARREN 1993)
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Labor kann durch Kreuzung eine Humanserum-resisten-
te Generation von T. b. brucei herangezüchtet werden
9
(G
IBSON
2001; M
ACHADO
et al. 2006).
Charakteristisch für T. brucei ist der 12-15 nm dicke
Mantel aus variablen Oberflächenmolekülen (variant
surface glycoproteins – VSG), der jede Zelle umgibt.
Die Glykoproteine sind Homodimere aus etwa 400-500
Aminosäuren. Diese jeweils 108(!) identischen Glyko-
proteine pro Zelle sind über einen Glykosylphosphati-
dyl-Inositol-(GPI) Anker in der Zellmembran verankert
und determinieren den Antigen-Phänotyp der jeweili-
gen Zelle. Das Umschalten auf einen neuen Antigen-
Typ wird nicht von der Immunantwort des Wirts indu-
ziert, sondern läuft nach einem ganz bestimmten Muster
ab, wobei auch die Reihenfolge der exprimierten Anti-
gene nicht zufällig ist. Zu jedem Zeitpunkt der Infektion
exprimiert der Großteil der Parasiten-Population syn-
chron dasselbe Antigen, während ein kleiner Teil der
Population andere Antigene produziert. Trypanosoma
brucei wechselt seine VSG spontan mit einer Rate von
ungefähr 10-4 pro Teilung. Auch wenn stets nur ein
VSG-Gen gerade aktiv ist, besitzt jeder Genotyp ein
Repertoire aus über 100 (T. b. gambiense) bis zu 1000 (T.
b. rhodesiense) verschiedenen VSGs – was den Trypano-
somen eine enorme Antigen-Variabilität ermöglicht. Es
gibt allerdings nicht für jedes VSG ein „eigenes“ Gen,
sondern bei der Expression eines VSGs werden „Gen-
stücke“ miteinander kombiniert (ganz ähnlich jenem
Mechanismus, der die unbegrenzte Vielfalt an B-Zell-
Rezeptoren ermöglicht) (T
AYLOR
& R
UDENKO
2006).
Inzwischen sind auch verschiedene Virulenzgene
bekannt. Beispielsweise ist das SRA-Gen (Serum-Resis-
tance-Associated-Gen) bei T. b. rhodesiense mit der In-
fektiosität des jeweiligen Stammes gekoppelt. Dieses
Gen erlaubt auch eine klare Unterscheidung von T. b .
rhodesiense und T. b. brucei.
Das mitochondriale Genom liegt, wie für die Kine-
toplastida charakteristisch, im Kinetoplasten und be-
steht aus einem Netzwerk miteinander verknüpfter zir-
kulärer DNAs, sogenannter Mini- und Maxicircles (sie-
he hierzu auch W
ALOCHNIK
& A
SPÖCK
2010b). Es gibt
Hinweise darauf, dass die Vererbung der mitochondria-
len DNA (kDNA) bei T. brucei biparental
10
(von bei-
den „Eltern“) verläuft (G
IBSON
2001).
4.5. Lebenszyklus
Der Zyklus beginnt, wenn die Tsetse-Fliege beim
Blutsaugen die im Blut des Wirbeltierwirts zirkulieren-
den trypomastigoten Stadien, und zwar die sogenannte
„stumpy form“ aufnimmt (Abb. 6). In der Tsetse-Fliege
durchlaufen die Trypanosomen dann eine 15-35 Tage
dauernde Entwicklung. Zunächst wandeln sie sich in ei-
ne längliche, schlankere Form um und beginnen sich zu
teilen. Diese erste Teilung findet im Lumen des Mittel-
und Enddarms statt und ist eine gewöhnliche Längstei-
lung. Nach etwa 14 Tagen durchbrechen die Trypanoso-
men die peritrophe Membran und wandern über Öso-
648
9
Der Mensch ist für T. b. brucei deshalb nicht empfänglich, weil dieser Er-
reger im menschlichen Serum durch Apolipoprotein A1 abgetötet wird.
10
Im Gegensatz beispielsweise zum Menschen, wo sie rein maternal verläuft.
Abb. 6: Zyklus von Trypanosoma brucei gambiense und T. b. rhodesiense.
A. Entwicklung im Menschen. Trypanosomen im peripheren Blut, später
Befall des Zentralnervensystems. 1, 2: Trypanosomen, zum Teil in Teilung.
B. Entwicklung in der Tsetse-Fliege. a, b: Blutsaugende Tsetse-Fliegen;
c: Glossina dorsal; d: Glossina lateral; e: vollgesogenen Fliege, lateral;
f: trächtige Glossina; g: Glossina setzt eine Larve ab; h: Larve; i: Puppe.
3: Trypanosomen aus dem Fliegen-Magen; 4: Epimastigote Formen aus dem
Fliegen-Darm; 5: Metazyklische Formen aus der Speicheldrüse. Wanderweg
der Trypanosomen in der Tsetse-Fliege: Die Trypanosomen gelangen
zunächst in den Kropf (K), von dort in den Mitteldarm (M), und durch die
peritrophe Membran (PM) sowie das Darmepithel direkt in das Haematozoel
(H). In der Haemolymphe finden sich epimastigote Formen. Vom Haematozoel
aus werden die dorsal liegenden Speicheldrüsen (S) befallen, wo die
Umwandlung zu den metazyklischen, infektiösen Stadien erfolgt.
C. Natürliche Wirte, in denen die Entwicklung wie im Menschen abläuft.
(aus PIEKARSKI 1987, mit freundlicher Genehmigung von Springer
Science+Business Media).
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phagus, Labrum, Hypopharynx und die Speichelkanäle
in die Speicheldrüsen ein, wandeln sich in die epimasti-
gote Form um und heften sich an die Epithelzellen an.
Auch die Epimastigoten durchlaufen mehrere Teilungs-
zyklen (eventuell auch meiotische, siehe oben), bis sie
sich nach 2-5 Tagen in die infektiösen, metazyklischen
Trypomastigoten umwandeln. Mit jedem Stich gelan-
gen bis zu 20.000 Trypanosomen in den nächsten Wirt,
und zwar zunächst ins Bindegewebe und dann in den
Blutkreislauf. Trypanosomen können sich mit Hilfe ih-
rer Geißel auch aktiv rasch fortbewegen und verstoff-
wechseln in nur 24 Stunden das zweifache ihrer eigenen
Masse an Zucker.
11
Immer einige der schlanken („slen-
der“), sich fortwährend teilenden Trypomastigoten
wandeln sich in eine nicht-teilungsfähige, eher gedrun-
gene („stumpy“) Form um, welche dann wiederum von
einer Tsetse-Fliege aufgenommen werden muss. Eine
einmal infizierte Tsetse-Fliege bleibt ihr Leben lang in-
fektiös, allerdings kann sich eine Tsetse-Fliege offenbar
nur infizieren, wenn sie bereits bei ihrer 1. Blutmahlzeit
Trypanosomen aufnimmt.
5. Schlafkrankheit – Die Erkrankung
5.1. Epidemiologie
Die Schlafkrankheit kommt in 37 Ländern Afrikas
– in einem Gebiet von etwa 11 Millionen Quadratkilo-
metern – vor, betroffen sind ausschließlich Länder süd-
lich der Sahara (Abb. 7). Laut WHO leben zumindest
60 Millionen Menschen im Risikogebiet der Schlaf-
krankheit. In endemischen Regionen liegt die Prävalenz
zwischen 2-30 %, wobei die Westafrikanische Schlaf-
krankheit für etwa 90 % und die ostafrikanische Form
für 10 % der Fälle verantwortlich ist. Hohe Transmissi-
onsraten kommen vor allem an viel frequentierten Was-
serstellen in der Savanne oder im Wald vor, aber auch
Plantagen oder dorfnahe Wälder sind typische Übertra-
gungsgebiete. Ein Grundproblem der Schlafkrankheit
ist, dass gerade die am meisten betroffenen Menschen
keinen Zugang zu regelmäßiger medizinischer Versor-
gung haben. Durch ein vor 10 Jahren initiiertes, geziel-
tes internationales Bekämpfungsprogramm sind die Fall-
zahlen in den vergangenen Jahren drastisch zurückge-
gangen, so dass die Inzidenz heute „nur“ noch bei etwa
50.000-100.000 Fällen/ Jahr liegt.
5.2. Symptomatik
Bei der Schlafkrankheit handelt es sich um eine fie-
berhafte Erkrankung mit Lymphadenopathie, welche im
späteren Verlauf durch meningoenzephalitische Symp-
tome gekennzeichnet ist.
Die Infektion erfolgt über den Stich einer Tsetse-
Fliege (Glossina spp.) oder aber durch Bluttransfusion;
auch eine diaplazentare Übertragung ist möglich, wenn
auch sehr selten. Grundsätzlich werden Erwachsene
häufiger von der Infektion betroffen als Kinder, aller-
dings ist der Krankheitsverlauf bei Kindern und Erwach-
senen gleich.
Die metazyklischen Trypanosomen gelangen mit
dem Speichelsekret der Tsetse-Fliege beim Blutsaugen
in das Bindegewebe der Wirts-Haut. Hier kommt es
durch eine Proliferation der Wirtsfibroblasten und En-
dothelzellen meist schon nach etwa 5 Tagen zu einer lo-
kalen Hautreaktion, dem sogenannten Trypanosomen-
Schanker. Dieser tritt bei der ostafrikanischen Form der
Schlafkrankheit häufiger auf als bei der westafrikani-
schen und vor allem bei Personen, die ursprünglich
nicht aus einem Endemie-Gebiet stammen.
Nach einiger Zeit disseminieren die Trypanosomen
über Lymphe und Blut in den gesamten Körper. Dieses
hämolymphatische Stadium beginnt mit unregelmäßi-
gen Fieberschüben, die der zyklischen Vermehrung der
649
Abb. 7: Endemiegebiete der Schlafkrankheit (Graphik: Prof. BRUN & Priv.-Doz.
STICH, mit freundlicher Genehmigung; aus LÖSCHER &BURCHARD 2010).
11
Auf dieser Beobachtung gründete ein früher therapeutischer Ansatz mit
Insulin, um den Blutzuckerspiegel herunterzusetzen.
© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at
Parasiten entsprechen. In vielen Fällen kommt es in
diesem Frühstadium zu einer Lymphadenopathie, von
der meist die posterioren zervikalen (W
INTERBOTTOM
-
sche Zeichen) und supraklavikulären Knoten betroffen
sind. Die westafrikanische Form verläuft chronisch, die
ersten Symptome setzen oft erst Wochen oder Monate
nach der Infektion ein. Insbesondere bei Bewohnern
endemischer Gebiete ist der Krankheitsverlauf der
Westafrikanischen Schlafkrankheit im ersten Stadium
sehr schleichend, zu Beginn oft sogar asymptomatisch.
Die Ostafrikanische Schlafkrankheit hingegen verläuft
akut, es kommt sehr schnell zu einer schweren Sympto-
matik.
Das zweite, meningoenzephalitische Stadium be-
ginnt, wenn die Trypanosomen die Blut-Hirnschranke
durchbrechen und in das Zentralnervensystem (ZNS)
eindringen (bei der ostafrikanischen Form bereits nach
einigen Wochen, bei der westafrikanischen erst nach
Monaten oder Jahren). Es kommt zu chronischer Enze-
phalopathie, welche mit Kopfschmerzen, Konzentrati-
onsschwierigkeiten, Müdigkeit und mentalen Verände-
rungen einhergeht (Abb. 8). Zusätzlich zur ZNS-Sym-
ptomatik kann es vor allem bei der ostafrikanischen
Form zu Herz-Arhythmien kommen. Typische Zeichen
der fortgeschrittenen Schlafkrankheit sind Rücken-
schmerzen, Halsstarre und Schlaflosigkeit gefolgt von
exzessiver Schläfrigkeit. Beobachtet werden außerdem
Anorexie, Tremor, Ataxie, kraniale Nervenplasien, He-
miplegie, verminderte Proprioperzeption, Impotenz und
Amenorrhoe. Die Schlafkrankheit endet schließlich,
wenn nicht behandelt wird, bei der ostafrikanischen
Form meist schon innerhalb von 6 Monaten, bei der
westafrikanischen hingegen oft erst Jahre nach dem
Einsetzen der Symptome, mit dem Tod. Sie ist damit ei-
ne der wenigen Infektionskrankheiten mit einer hun-
dertprozentigen Letalität. Der Pathomechanismus der
Infektion beruht im wesentlichen auf einer Dysregulati-
on des Immunsystems. In Autopsiematerial finden sich
in den Leptomeningen chronische Infiltrate von Lym-
phozyten, Plasmazellen und so genannten Morula-Zel-
len (große, vermutlich aus Plasmazellen hervorgegange-
ne, Zellen mit vakuolisiertem Zytoplasma), und meist
kann eine parenchymale Vaskulitis im Dienzephalon,
zerebralen Kortex, Zerebellum, Plexus choroidei, den
kranialen Nerven und/ oder dem Hirnstamm festgestellt
werden (S
TICH
et al. 2002; W
ELBURN
et al. 2001).
Es kann auch zu einer vertikalen Übertragung der
Trypanosomen kommen und zwar unabhängig von der
Symptomatik bei der Mutter. 1985 wurde in London ein
Fall einer pränatalen Trypanosomose bei einem Kind,
welches niemals außerhalb von England gewesen war,
beobachtet. Die einzig mögliche Infektionsquelle war
eine Bluttransfusion, welche die Mutter 4 Jahre zuvor
erhalten hatte (L
INGAM
et al. 1985). Das klinische Bild
bei einem infizierten Neugeborenen reicht vom Fehlen
von Symptomen bis zu Bewusstseinstörungen und
Krampfanfällen. Typischerweise kommt es zu einer frü-
hen Passage der Trypanosomen ins Gehirn. Bei bekann-
650
Abb. 8: Schlafkrankheit. Stillende Mutter vor und nach einer
Attacke (Photos: Prof. DDr. A. PRINZ).
© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at
ter Infektion der Mutter wird eine serologische Überwa-
chung des Neugeborenen empfohlen.
5.3. Immunbiologie
Die Erreger der Schlafkrankheit verbringen ihre ge-
samte Lebensdauer im Menschen extrazellulär (erst im
Blut, später im Liquor) und sind deshalb ununterbro-
chen dem Immunsystem ausgesetzt. Die Strategie, die
Trypanosoma brucei „gewählt“ hat, um dem Immunsys-
tem zu entkommen, ist die Anigen-Variabilität mit Hil-
fe der bereits erwähnten VSGs. Zwei Faktoren sind für
den Erfolg der VSGs ganz wesentlich, nämlich dass ganz
strikt immer nur ein VSG gerade exprimiert wird, dass
aber auf der anderen Seite das Reportoire an verschiede-
nen VSGs riesengroß ist (M
ACHADO
et al. 2006).
Der Glykoprotein-Mantel schützt den Parasiten
nicht nur vor Komplement-mediierter Lyse und vor
Phagozytose – sondern er stellt auch die Angriffsfläche
– und zwar die einzige Angriffsfläche! – für die Antikör-
per des Wirts dar. Die Glykoproteine rufen sowohl eine
T-Helfer (h)-Zell-unabhängige als auch eine Th-Zell-
abhängige B-Zell-Antwort hervor. Die daraufhin produ-
zierten Antikörper (wobei hier v. a. IgM eine wesentli-
che Rolle spielt) töten die Trypanosomen mit dem je-
weiligen VSG-Typ effektiv ab. Allerdings gelingt es ei-
nem Teil der Population, der Immunantwort durch An-
tigen-Variabilität zu entkommen – der Parasit ist dem
Immunsystem also immer einen Schritt voraus. Durch
das zyklische Absterben eines großen Teils der Parasiten
kommt es zu einem wellenförmigen Verlauf der Parasitä-
mie und auch der Krankheit, mit Intervallen von etwa
1 Woche. Gleichzeitig beginnen Th-Lymphozyten, akti-
viert über VSG-Peptid-MHC II-Komplexe auf Antigen-
präsentierenden Zellen, mit einer hoch-polarisierten
Typ 1-Zytokinantwort. Dabei wird Interferon (IFN)-γ
produziert, und dieses wiederum bringt die Gewebsma-
krophagen dazu, eine Reihe von Abwehrstoffen, wie
Stickoxid (NO), Sauerstoffradikale und Tumornekrose-
faktor (TNF)-αabzugeben. Trypanosomen sind aller-
dings in der Lage, sich trotz hoher IFN-γ-Werte zu ver-
mehren, und sie können die Immunantwort herunter-
setzen. Im fortgeschrittenen Stadium der Schlafkrank-
heit ist die T-Zell-Antwort und auch die T-Zell-abhän-
gige B-Zell-Antwort massiv beeinträchtigt. Die Anti-
körperproduktion bleibt jedoch erhalten: Wenn die Pa-
rasiten die Bluthirnschranke durchbrochen haben,
kommt es zu einer intrathekalen IgM-Antwort und ei-
ner massiven Entzündungsreaktion, wobei der Schwere-
grad der Erkrankung mit der Höhe des TNF-α-Spiegels
korreliert.
5.4. Diagnostik
Symptomatik und Herkunft eines Patienten, sowie
verschiedene Laborparameter können bereits auf das
Vorliegen einer Schlafkrankheit hindeuten. Das Blut-
bild zeigt meist eine normochromische Anämie, peri-
phere Lymphozytose, Hypergammaglobulinämie (IgM)
und Thrombozytopenie. Der Liquor weist im fortge-
schrittenen Stadium der Krankheit wegen des hohen
IgM-Spiegels einen hohen Proteingehalt auf.
Eine gesicherte Diagnose ist jedoch nur durch den
Erregernachweis zu erzielen. Als Standardmethode gilt
nach wie vor der direkte Nachweis der Trypanosomen
im dicken Tropfen oder im Blutausstrich. Da die Erre-
gerdichte im Blut wegen der Periodizität der Parasitä-
miewellen stark variiert, sollten grundsätzlich konseku-
tive Proben untersucht werden. Als Untersuchungsma-
terial für den direkten Erregernachweis kommen außer-
dem Knochenmark, ein Lymphknoten-Aspirat oder Li-
quor in Frage. Bei der Westafrikanischen Schlafkrank-
heit wird meist vorab ein serologischer Nachweis ge-
macht, wofür sich, vor allem als Feldmethode in Ende-
miegebieten, der in den 1970er Jahren entwickelte, ra-
sche und kostengünstige Card Agglutination Test for
Trypanosomiasis (CATT) durchgesetzt hat. Inzwischen
steht ein solcher Kartentest auch für den Antigennach-
weis zur Verfügung (CIATT), und dieser kann (im Ge-
gensatz zum CATT) auch zum Nachweis von T. b. rho-
desiense eingesetzt werden. Im Labor werden zum Nach-
weis spezifischer Antikörper meist ein ELISA (enzyme-
linked immunosorbent assay) oder ein IFAT (indirekter
Fluoreszenz-Anitkörpertest) eingesetzt.
In den vergangenen Jahren haben auch molekular-
biologische Methoden zunehmend an Bedeutung ge-
wonnen, obwohl Techniken wie die Real-Time-PCR
wegen des teuren Geräteaufwandes in endemischen Ge-
bieten kaum eingesetzt werden können. Ein auch für
den Einsatz im Feld geeigneter Nachweis von T. brucei
18S rRNA mittels Oligochromatographie-Test wurde
jüngst in Uganda entwickelt (M
UGASA
et al. 2009).
5.5. Therapie und Prophylaxe
Die Behandlung der Schlafkrankheit ist wegen der
Toxizität der wirksamen Substanzen und der zunehmen-
den Resistenz der Stämme schwierig. Bei der westafrika-
nischen Schlafkrankheit wird im ersten Stadium Penta-
midin eingesetzt. Insbesondere bei der ostafrikanischen
Schlafkrankheit ist die Frühdiagnostik essentiell, weil
dann noch mit Suramin behandelt werden kann. Sura-
min wird in 10 %iger Lösung intravenös injiziert und
kann auch vor einer Lumbalpunktion eingesetzt werden,
um den möglichen Übertritt der Trypanosomen aus dem
Blut in den Liquor während der Punktion zu verhindern.
Wenn es bereits zu einer Einbeziehung des ZNS gekom-
651
© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at
men ist, ist die Behandlung schwieriger. Das Mittel der
Wahl ist Melarsoprol, und zwar beginnend mit 5 mg/ kg
KG, die Dosis kann dann bis auf 20 mg/ kg KG erhöht
werden. Allerdings handelt es sich bei Melarsoprol um
ein hochtoxisches Arsenikum, welches bei ungefähr
10 % der Patienten innerhalb weniger Tage nach der In-
jektion zu einer oft letalen Enzephalopathie führt. Der
Einsatz von Melarsoprol während der Schwangerschaft
tötet die Frucht. Auch gibt es inzwischen zahlreiche
Melarsoprol-resistente Stämme, bei etwa einem Viertel
der Patienten wirkt die Melarsoprol-Therapie daher
nicht. Eine Kombination mit Nifurtimox verbessert die
Wirksamkeit. Ein wesentlich weniger toxisches Präparat
ist Eflornithin (siehe Kasten), das allerdings nur gegen
T. b. gambiense gut wirksam ist. Grundsätzlich ist eine Li-
quor-Überwachung 1-2 Monate nach der Behandlung
sinnvoll. Die Schlafkrankheit endet unbehandelt letal.
Mit Pafuramidin-Maleat befindet sich derzeit ein
oral verabreichbares Präparat in klinischer Prüfung für
die Blutphase der Erkrankung. Für das Endstadium sind
in naher Zukunft leider keine neuen Präparate zu erwar-
ten, man erhofft sich aber von der inzwischen fertig ge-
stellten Genom-Sequenzierung neue Impulse. Die Ent-
wicklung einer wirksamen Vakzine scheitert bisher an
der hohen Antigenvariabilität der Trypanosomen.
Das primäre Ziel der Bekämpfungsprogramme ist ei-
ne Eindämmung der Tsetse-Fliegen-Populationen in den
Haupt-Transmissionsgebieten. Früher eingesetzte Me-
thoden, wie Abholzung des Buschwerks oder Tötung der
Reservoir-Tiere, sind heute verboten. Die biologische
Vektor-Bekämpfung (durch Sterilisation) hat sich leider
in Kontinental-Afrika als ineffektiv erwiesen, wenn es
auch in einem Projekt der International Atomic Energy
Organisation (IAEO) gelungen ist, durch das so genann-
te SIT-Verfahren (Sterile-Insekten-Technik) eine Glossi-
na-Spezies auf Sansibar auszurotten. Heute basiert die
Vektor-Bekämpfung hauptsächlich auf dem gezielten
Einsatz von Insektiziden und Insektenfallen. Als wirksa-
me Insektizide gelten Diphenyltrichlorethan (DDT),
Dieldrin und Endosulfan. Alle drei sind allerdings wegen
ihrer Toxizität und hoher Kosten nicht für großflächigen
Einsatz geeignet. Die neueren, synthetischen Pyrethroi-
de, wie Cypermethrin oder Deltamethrin, stellen eine
wesentliche Verbesserung dar. Als Insektenfallen kom-
men vor allem mit Insektiziden imprägnierte dunkle
(blau oder schwarz) Tücher, die die Tsetse-Fliegen wäh-
rend des Flugs abfangen, oder Lockfallen, welche die
Tsetse-Fliegen aktiv aufsuchen und in welchen sie dann
entweder durch Insektizide oder einfach durch Sonnen-
strahlung abgetötet werden, zum Einsatz.
6. Dank
Wir danken den Herren Prof. Dr. Reto B
RUN
(Ba-
sel), Prof. DDr. Armin P
RINZ
(Wien) und Priv.-Doz. Dr.
August S
TICH
(Würzburg) für die freundliche Überlas-
sung von Grafiken und Fotografien sowie dem Institut
für Parasitologie der Universität Zürich (Prof. DDr. J.
E
CKERT
und Prof. Dr. P. D
EPLAZES
) für die Genehmigung
zur Reproduktion der Abbildung 5und dem Springer
Verlag, Heidelberg für die Genehmigung zur Reproduk-
tion der Abbildung 6.
7. Zusammenfassung
Die Schlafkrankheit, hervorgerufen durch zwei Sub-
spezies von Trypanosoma brucei (Euglenozoa: Kinetopla-
stida), kommt ausschließlich in Afrika vor. Die Überträ-
ger sind die tagaktiven Tsetse-Fliegen (Glossinidae), de-
ren Verbreitung auf das sub-saharische Afrika und einen
kleinen Teil der arabischen Halbinsel beschränkt ist. Et-
wa 60 Millionen Menschen in 37 afrikanischen Ländern
leben im Risikogebiet der Schlafkrankheit, am stärksten
652
Eflornithin, ein langer Weg zum Therapeutikum
Eflornithin (α-difluoromethylornithin; DFMO) wurde in den 1970er Jahren
als potenzielles Anti-Krebsmittel entwickelt. Der Wirkstoff Eflornithin
hemmt das Enzym Ornithindekarboxylase, welche die Reaktion von Ornithin
zu Putrescin katalysiert. Polyamine wie Putrescin spielen eine wesentliche
Rolle bei der Regulation des Zellwachstums, sie kommen in allen lebenden
Zellen vor. Als man in den 1980er Jahren die exzellente Wirkung gegen Try-
panosomen und die relativ gute Verträglichkeit entdeckte – der Amerikaner
Cyrus BACCHI war daran maßgeblich beteiligt – galt Eflornithin geradezu als
Wundermittel gegen die Schlafkrankheit. Endlich eine Substanz, die auch
noch im Spätstadium der Krankheit hochwirksam ist. Die geringe Toxizität
für menschliche Zellen hängt damit zusammen, dass Trypanosomen eine
ganz spezielle, sehr stabile Ornithin-Decarboxylase haben. Dieses Enzym ist
das Schlüsselenzym der Trypanosomen bei der Polyamin-Synthese, und die
endogene Polyamin-Synthese ist für das Überleben der Parasiten im Wirt es-
sentiell. Leider ist das Enzym von T. b. rhodesiense deutlich weniger stabil als
jenes von T. b. gambiense, weshalb Eflornithin auch bei T. b. rhodesiense we-
sentlich schlechter wirkt, da viel rascher neues Enzym nachproduziert wird
(BACCHI & YARLETT 1993; STEVERDING 2010).
1990 kam Eflornithin als Therapeutikum für die Schlafkrankheit auf den
Markt, doch wurde die Produktion bereits Anfang der 90er Jahre aus wirt-
schaftlichen Gründen wieder eingestellt. Erst als Eflornithin als Anti-Haar-
wuchs-Creme Einsatz fand und groß beworben wurde, wurde auch der Öf-
fentlichkeit und Politik die Absurdität der Situation bewusst. Ein Mittel, das
in Afrika zigtausende Menschenleben retten könnte, wurde dort aus wirt-
schaftlichen Gründen nicht vertrieben, aber in der westlichen Welt als Kos-
metikum eingesetzt. Auf großen internationalen Druck gab Aventis Pharma
(heute: Sanofi-Aventis) im Frühjahr 2001 die Zusage, den Bedarf an Eflornit-
hin zur Therapie der Schlafkrankheit, für die nächsten Jahre sicherzustellen
und zudem das technische Know-How an andere Unternehmen weiterzuge-
ben, um die Herstellung des Medikaments auch zukünftig zu garantieren.
Ein Nachteil des Eflornithins ist allerdings dessen kurze Halbwertszeit, wes-
halb über die 2 Wochen dauernde Therapie 4 Infusionen pro Tag nötig sind.
Eine Kombinationstherapie mit Nifurtimox hingegen, einem eigentlich in
der Morbus Chagas-Therapie eingesetztem Wirkstoff, ist ebenso wirksam
wie die Monotherapie, aber wesentlich leichter in der Anwendung und auch
kostengünstiger. Nach einer klinischen Phase III Studie für das ZNS-Stadium
der Krankheit, konnte 2009 mit dem Einsatz der Nifurtimox-Eflornithin Kom-
binations-Therapie (NECT) begonnen werden. Bayer Schering Pharma hat
sich bereiterklärt, Nifurtimox für die nächsten Jahre zur Verfügung zu stel-
len. (http://www.who.int, STEVERDING 2010)
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betroffen ist der Süd-Sudan. Bei der Schlafkrankheit
handelt es sich um eine im ersten Stadium fieberhafte
Erkrankung mit Lymphadenopathie, welche im späteren
Verlauf durch meningoenzephalitische Symptome ge-
kennzeichnet ist. Das zweite Stadium der Krankheit be-
ginnt, wenn die Trypanosomen die Blut-Hirnschranke
durchbrechen und in das ZNS eindringen. Die Schlaf-
krankheit endet schließlich – bei der ostafrikanischen
Form (T. b. rhodesiense) meist schon innerhalb weniger
Monate, bei der westafrikanischen (T. b. gambiense) hin-
gegen oft erst 1-2 Jahre, nach dem Einsetzten der Sym-
ptome – mit dem Tod, sofern nicht rechtzeitig behandelt
wird. Sie ist damit eine der ganz wenigen Infektions-
krankheiten mit einer 100 %igen Letalität. Da aber auch
in Endemiegebieten nur ein sehr kleiner Teil der Popu-
lation der Tsetse-Fliegen Träger von Trypanosomen ist,
muss man sich über einen relativ langen Zeitraum in ei-
nem Risikogebiet aufhalten, um infiziert zu werden. Die
Bekämpfung der Schlafkrankheit basiert nach wie vor
hauptsächlich auf der Vektorbekämpfung. Ein Programm
der WHO, das die Versorgung der Patienten in Endemie-
gebieten mit den nötigen Therapeutika sicherstellt, gibt
Anlass zu neuer Hoffnung.
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Anschrift der Verfasser:
Univ.-Doz. Mag. Dr. Julia W
ALOCHNIK
Univ.-Prof. Dr. Horst A
SPÖCK
Abteilung für Medizinische Parasitologie
Institut für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin
Medizinische Universität Wien
Kinderspitalgasse 15
A-1095 Wien
E-Mail: julia.walochnik@meduniwien.ac.at
horst.aspoeck@meduniwien.ac.at
654
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Article
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Sandflies, leishmanias and leishmanioses – an emerging parasitic disease. Leishmanias are obligatory parasitic, eukaryotic, unicellular organisms. They are transmitted by sandflies (Phlebotominae), and they are the causative agents of cutaneous leishmaniosis (CL) and visceral leishmaniosis (VL). Several “species“ (strains) of Leishmania are pathogenic. Approximately 12 million individuals are infected with Leishmania spp. worldwide and around 60,000 die from leishmaniosis every year. Major endemic areas are located in the tropics and subtropics – however, VL is also common in the Mediterranean region. HIV infection has emerged an important new risk factor for developing VL. Reservoir hosts are rodents and other small mammals, and particularly in urban area, dogs play a substantial role in the life cycle of Leishmania spp. The uncontrolled import of infected dogs to Central Europe probably was a precondition for the occurrence of autochthonous cases of leishmaniosis in this area. In the past years, promising developments have been made in the diagnosis and treatment of leishmaniosis. For example, an immunochromatographic dipstick test for rapid diagnosis of VL has become available, as well as a real-time PCR for synchronous detection of the most important Leishmania species. Moreover, miltefosine has been launched on the market as the first orally applicable drug for the treatment of leishmaniosis. In several regions the incidence of VL in children has been reduced significantly by the introduction of deltamethrin-impregnated collars for dogs. Finally, there is a realistic chance that a vaccine will be available within the next decade, at least, for CL.
Article
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Kissing bugs, Trypanosoma cruzi and Morbus Chagas – the scourge of South America. Chagas disease is a zoonotic disease caused by Trypanosoma cruzi and transmitted by „kissing bugs“, which are blood-sucking nocturnal reduviids that preferentially feed from the facial region (eyes and lips). Morbus Chagas occurs predominantly in rural areas of Central and South America. About 100 million people are at risk and approximately 16-18 million persons carry the infection. Moreover, at least 175 animal species potentially serve as reservoir hosts. Animals usually exhibit no symptoms, while in humans the disease progresses in three stages. The first stage typically begins with an inflammatory reaction at the site of the bite (Romaña’s sign). The parasites enter the bloodstream and if the infection is acute, the trypanosomes multiply extracellularly in the blood. After a few weeks, the infection slowly subsides, the trypanosomes withdraw into the tissue (particularly the muscles) and become intracellular. In the second or intermediate phase there are no symptoms and in many patients the trypanosomes remain inactive in the cells for the rest of the host’s life. However, in approximately 20-35 % of the patients, the disease eventually (after years or even decades) enters the third or chronic stage. The trypanosomes resume multiplication and slowly but progressively destroy the infected tissue. In this stage, patients usually suffer from massive organ damage. Characteristic signs are the abnormally enlarged organs (megacor, megaoesophagus and megacolon). Around 50,000 humans die from Chagas Disease every year.
Article
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Structure, function and evolution of the mouthparts in blood feeding arthropods. The mouthparts used by insects and mites to suck blood from humans are described along with the mechanisms of piercing. All piercing/sucking mouthparts possess a thin, yet hard, structure for puncturing, with serrated edges for bracing itself; these structures are usually enveloped by sheath-like parts of the proboscis. All piercing mouthparts utilize the principle of a food canal with, an usually, separate canal for saliva. The food canal is connected to a suction pump in the head and transports blood into the digestive tract. The salivary tube conducts saliva from the opening of the salivary glands to the tip of the proboscis. The puncture process occurs either by alternating forward and backward sawing movements of the piercing structure, or by sideways cutting movements, or the apex of the piercing proboscis possesses hardened teeth-like structures which execute rotating movements like a boring drill. The piercing mouthparts of various bloodsuckers are evolutionary derived from generalized biting/chewing mouthparts, or from piercing/sucking mouthparts of predators, or from the mouthparts of plant sap feeders, or from a sponging/sucking type of mouthparts. One group of blood sucking mites lack piercing mouthparts; they liquefy skin tissue by enzymatic action. During feeding, most bloodsuckers inadvertently transmit pathogens, which usually reach the inside of the host through the discharged saliva. Other strategies of transfer however have also evolved which are associated with blood intake.
Article
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Trypanosoma irwini was previously described from koalas and we now report the finding of a second novel species, T. gilletti, as well as the extension of the host range of Trypanosoma copemani to include koalas. Phylogenetic analysis at the 18S rDNA and gGAPDH loci demonstrated that T. gilletti was genetically distinct with a genetic distance (± s.e.) at the 18S rDNA locus of 2.7 ± 0.5% from T. copemani (wombat). At the gGAPDH locus, the genetic distance (± s.e.) of T. gilletti was 8.7 ± 1.1% from T. copemani (wombat). Trypanosoma gilletti was detected using a nested trypanosome 18S rDNA PCR in 3/139 (∼2%) blood samples and in 2/29 (∼7%) spleen tissue samples from koalas whilst T. irwini was detected in 72/139 (∼52%) blood samples and T. copemani in 4/139 (∼3%) blood samples from koalas. In addition, naturally occurring mixed infections were noted in 2/139 (∼1.5%) of the koalas tested.
Article
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Many arthropod species are infected by maternally inherited bacteria that induce cytoplasmic incompatibility (CI). CI causes embryonic mortality in offspring when infected males mate with either uninfected females or with females that are infected with a different strain of bacteria. Here, we review theoretical and empirical studies concerning the infection dynamics of CI-inducing bacteria, focusing in particular on the impact of the host population structure on the spread of CI. As different theoretical models have often produced divergent predictions with regard to issues such as the speed of CI spread and the stability of infection polymorphisms, we specifically aim to clarify how the various assumptions concerning population structure that underlie these models affect these predictions. We also discuss several implications of population structure, including the impact of CI on host gene flow reduction and speciation, the evolutionary dynamics of CI and strategies to control insect pest populations by means of CI-inducing microbes.
Article
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Molecular tools, such as real-time nucleic acid sequence-based amplification (NASBA) and PCR, have been developed to detect Trypanosoma brucei parasites in blood for the diagnosis of human African trypanosomiasis (HAT). Despite good sensitivity, these techniques are not implemented in HAT control programs due to the high cost of the equipment, which is unaffordable for laboratories in developing countries where HAT is endemic. In this study, a simplified technique, oligochromatography (OC), was developed for the detection of amplification products of T. brucei 18S rRNA by NASBA. The T. brucei NASBA-OC test has analytical sensitivities of 1 to 10 parasites/ml on nucleic acids extracted from parasite culture and 10 parasites/ml on spiked blood. The test showed no reaction with nontarget pathogens or with blood from healthy controls. Compared to the composite standard applied in the present study, i.e., parasitological confirmation of a HAT case by direct microscopy or by microscopy after concentration of parasites using either a microhematocrit centrifugation technique or a mini-anion-exchange centrifugation technique, NASBA-OC on blood samples had a sensitivity of 73.0% (95% confidence interval, 60 to 83%), while standard expert microscopy had a sensitivity of 57.1% (95% confidence interval, 44 to 69%). On cerebrospinal fluid samples, NASBA-OC had a sensitivity of 88.2% (95% confidence interval, 75 to 95%) and standard microscopy had a sensitivity of 86.2% (95% confidence interval, 64 to 88%). The T. brucei NASBA-OC test developed in this study can be employed in field laboratories, because it does not require a thermocycler; a simple heat block or a water bath maintained at two different temperatures is sufficient for amplification.
Article
Human African trypanosomiasis (sleeping sickness) occurs in sub-Saharan Africa. It is caused by the protozoan parasite Trypanosoma brucei, transmitted by tsetse flies. Almost all cases are due to Trypanosoma brucei gambiense, which is indigenous to west and central Africa. Prevalence is strongly dependent on control measures, which are often neglected during periods of political instability, thus leading to resurgence. With fewer than 12 000 cases of this disabling and fatal disease reported per year, trypanosomiasis belongs to the most neglected tropical diseases. The clinical presentation is complex, and diagnosis and treatment difficult. The available drugs are old, complicated to administer, and can cause severe adverse reactions. New diagnostic methods and safe and effective drugs are urgently needed. Vector control, to reduce the number of flies in existing foci, needs to be organised on a pan-African basis. WHO has stated that if national control programmes, international organisations, research institutes, and philanthropic partners engage in concerted action, elimination of this disease might even be possible.
Article
Little is known of the prevalence and life-cycle of trypanosomes in mammals native to Australia. Native Australian trypanosomes have previously been identified in marsupials in the eastern states of Australia, with one recent report in brush-tailed bettongs (Bettongia penicillata), or woylie in Western Australia in 2008. This study reports a novel Trypanosoma sp. identified in blood smears, from 7 critically endangered Gilbert's potoroos (Potorous gilbertii) and 3 quokkas (Setonix brachyurus) in Western Australia. Trypanosomes were successfully cultured in vitro and showed morphological characteristics similar to members of the subgenus Herpetosoma. Phylogenetic analysis of 18S rRNA gene sequences identified 2 different novel genotypes A and B that are closely related to trypanosomes previously isolated from a common wombat (Vombatus ursinus) in Victoria, Australia. The new species is proposed to be named Trypanosoma copemani n. sp.
Article
A female infant of 22 months was referred to the Hospital for Sick Children, London, because of delayed psychomotor development. Extensive investigations revealed no cause, but eventually trypanosomiasis was diagnosed. The infant had not been outside the UK, but her mother came from Zaire, where the disease is endemic, but had lived in Kinshasa, where there is no sleeping sickness. It is thought that the mother may have been asymptomatically infected by a fresh‐blood transfusion four years earlier, since no other source of infection was apparent. RÉSUMÉ Trypanosomiase congénitale chez un enfant néà Londres Une fillette de 22 mois a été addressée a L'Hôpital des Enfants Malades de Londres en raison ďun retard du développement psychomoteur. Des examens multiples ne révélérent aucune cause mais une trypanosomiase fut diagnostiquée. L'enfant n'avait pas été en dehors du Royaume Uni mais sa mére venait de Zaire ou la maladie est endémique; cependant, cette mére vivait à Kinshasa, oú il n'y a pas de maladie du sommeil. Les auteurs pensent que la mére avait été infectée asymptomatiquement par une transfusion de sang frais quatre ans plus tôt car il n'y avait aucune autre source ďinfection apparente. ZUSAMMENFASSUNG Angeborene Trypanosomiasis bei einem in London geborenen Kind Ein 22 Monate altes Mädchen wurde wegen einer verzögerten psychomotorischen Entwicklung in das Hospital für kranke Kinder in London eingewiesen. Trotz umfangreicher Diagnostik konnte die Ursache nicht festgestellt werden, aber schließlich wurde eine Trypanosomiasis diagnostiziert. Das Kind war nie außerhalb des UK gewesen, aber seine Mutter kam aus Zaire, wo die Erkrankung endemisch ist, hatte aber in Kinshasa gelebt, wo es keine Schlafkrankheit gibt. Man nimmt an, daß die Mutter vier Jahre zuvor durch eine Frischblutkonserve asymptomatisch infiziert wurde, da sich keine andere Infektionsquelle fand. RESUMEN Tripanosomiasis congenita en un niño nacido en Londres Una niña de 22 meses de edad fue ingresada en el Hospital for Sick Children de Londres debido a un retraso en el desarrollo psicomotor. Las exploraciones extensivas no revelaron ninguna etiología pero eventualmente se diagnosticó una tripanosomiasis. La niña no habia estado fuera del Reino Unido, pero su madre venia del Zaire donde la enférmedad es endemica, pero habia vivido en Kinshasa donde no hay enfermedad del suefio. Se cree qu la madre había estado infectada asintomáticamente por una transfuseón de sangre fresca hacia cuatro años ya que no era aparente ninguna otra fuente de infección.