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Der Berliner Pressemarkt. Historische, ökonomische und international vergleichende Marktanalyse und ihre medienpolitischen Implikationen

Authors:
1
Der Berliner Pressemarkt
Historische, ökonomische und international vergleichende Marktanalyse
und ihre medienpolitischen Implikationen
Prof. Dr. Stephan Weichert und Leif Kramp unter Mitarbeit von Alexander Matschke
Berlin, Januar 2009
2
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung: „Katerstimmung“ auf dem Regionalzeitungsmarkt 4
2. Historische Entwicklung des Berliner Tageszeitungsmarktes 7
3. Analyse der ökonomischen Struktur 21
4. Internationaler Vergleich 68
5. Schlussfolgerungen und medienpolitische Handlungsempfehlungen 90
6. Referenzen 94
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Marktanteile einzelner Pressetitel im Verkauf (montags bis freitags) im Berliner Verbreitungsgebiet 21
Abb. 2: Verkaufte Auflage Berliner Tageszeitungen (montags bis freitags) von 1998 bis 2008 22
Abb. 3: Verkaufte Auflage überregionaler Zeitungen (montags bis freitags) im Berliner Verbreitungsraum im jeweils 1. Quartal 1998 bis
2008
23
Abb. 4: Verkaufte tägliche Auflage Berliner Tageszeitungen (montags bis freitags) anteilig innerhalb und außerhalb des Berliner
Verbreitungsgebietes
24
Abb. 5: Anzahl der festangestellten Journalisten in Berlin nach Medienunternehmen in 2008 26
Abb. 6: Organigramm: Beteiligungen der Axel Springer AG an Presseerzeugnissen (National) 39
Abb. 7: Tageszeitungen im Axel Springer Verlag 40
Abb. 8: Organigramm: Beteiligungen der Axel Springer AG an Online-Publikationen 44
Abb. 9: Organigramm: Beteiligungen der Georg von Holtzbrinck GmbH an Verlagen 52
Abb. 10a: Organigramm: Beteiligungen der Georg von Holtzbrinck GmbH an Presseerzeugnissen 53
Abb. 10b: Organigramm: Beteiligungen der Georg von Holtzbrinck GmbH an Presseerzeugnissen (Fortsetzung) 54
Abb. 11a: Organigramm: Beteiligungen der Georg von Holtzbrinck GmbH an Online-Angeboten – Teil 1 57
Abb. 11b: Organigramm: Beteiligungen der Georg von Holtzbrinck GmbH an Online-Angeboten – Teil 2 58
Abb. 12: Organigramm: Unternehmensstruktur der BVZ Deutsche Mediengruppe 65
Abb. 13: Auflage von „Le Monde“ in den Jahren 2004 bis 2007 81
Abb. 14: Auflage von „Le Figaro“ in den Jahren 2004 bis 2007 81
Abb. 15: Auflage von „Libération“ in den Jahren 2004 bis 2007 82
Abb. 16: Auflage von Le Parisien/ Aujourd´hui en France in den Jahren 2004 - 2007 82
Abb. 17: Verbreitung der auflagenstärksten Tageszeitungen in London (ohne Tabloids) von Oktober 2006 bis März 2007 87
Abb. 18: Verbreitung von Tabloids in London von April 2006 bis September 2006 87
3
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Chronologischer Überblick der historischen Pressemarktentwicklung Berlins 16
Tab. 2: Jahresumsätze und aktuelle Besitzverhältnisse der führenden Presseunternehmen auf dem Berliner Zeitungsmarkt 25
Tab. 3: Anzahl organisierter Journalisten in Berlin im Jahre 2008 26
Tab. 4: Beteiligungsverhältnisse der Berliner Zeitungsunternehmen in 2008 27
Tab. 5: Ökonomische Basisdaten Axel Springer AG 28
Tab. 6: Umsatz/Jahr nach Sparten Axel Springer AG 29
Tab. 7: Ökonomische Basisdaten Georg von Holtzbrinck GmbH 46
Tab. 8: Umsatz/Jahr nach Geschäftsbereichen Georg von Holtzbrinck GmbH 46
Tab. 9: Ökonomische Basisdaten Berliner Verlag 59
Tab. 10: Verkaufsauflage Tageszeitungen, USA 70
Tab. 11: Auflagenstärkste Gratiszeitungen, USA 71
Tab. 12: Verlage, USA 72
Tab. 13: Gesamte durchschnittliche Verkaufsauflage, Washington, D.C. 73
Tab. 14: Größte Verlagshäuser, Frankreich 78
Tab. 15: Entwicklung der Anzahl überregionaler Tages- und Gratiszeitungen, Frankreich 78
Tab. 16: Überregionale Tageszeitungen, Frankreich 80
Tab. 17: Ökonomische Basisdaten von Lagardère Media 83
Tab. 18: Medienumsatz von Lagardère Media nach Geschäftsfeldern 83
Tab. 19: Die wichtigsten Akteure auf dem nationalen Tageszeitungsmarkt, Großbritannien 85
Tab. 20: Auflage und Verbreitung der auflagenstärksten Tageszeitungen, Großbritannien 85
Tab. 21: Londoner Tageszeitungen nach Typus 86
4
1. Einleitung: „Katerstimmung“ auf dem Regionalzeitungsmarkt
Der Standort Berlin ist einer der am dichtesten besetzten und vielschichtigsten Pressemärkte Europas, zugleich einer der
unübersichtlichsten und volatilsten. Mit einer verkauften Gesamtauflage von rund einer Million Exemplaren kämpfen zehn
Tageszeitungen, mehrere Wochenzeitungen sowie Anzeigenblätter und Stadtmagazine um potenzielle Leser und
Anzeigenkunden. Auch wenn die anfängliche Euphorie, Berlin könne sich zu einer vitalen Medienmetropole mit starkem
Wirtschaftswachstum entwickeln, inzwischen gedämpfteren Erwartungen gewichen ist, genießt die deutsche Hauptstadt
nach wie vor eine Sonderstellung innerhalb der europäischen Zeitungslandschaft. Dazu hat nicht nur der zähe
Verteilungskampf um die wiedervereinigte Leserschaft aus Ost und West beigetragen, sondern auch der Regierungsumzug,
durch den Berlin plötzlich zum Epizentrum der deutschen Politikberichterstattung aufgestiegen ist, sowie das anschließende
Ringen der ansässigen Verlagshäuser Axel Springer, Holtzbrinck und Berliner Verlag um die publizistische Vormachtstellung
in der „Berliner Republik“.
Verfahren erscheint die derzeitige Situation auf dem Berliner Pressemarkt vor allem deshalb, weil der Bestand einer
vielfältigen Zeitungslandschaft durch die spezifischen historischen, ökonomischen und medienpolitischen Besonderheiten
bedroht ist oder zumindest als nicht gesichert gelten kann. Hierzu trägt auch die globale Rezession des Medien-,
insbesondere des Pressemarktes bei, die sich in jüngster Zeit stark zugespitzt hat: Während die Zeitungsmärkte in
Osteuropa und Asien derzeit boomen, ist in den traditionellen Zeitungsländern Europas angesichts der wachsenden
Konkurrenz durch publizistische Angebote im Internet in den kommenden Jahren mit drastischen Schrumpfungsprozessen
zu rechnen. Entgegen der Durchhalteparolen von Presseverbänden prognostizieren Unternehmensberater und
Zeitungsexperten auch für die deutsche Zeitungsbranche immense Auflageneinbrüche, aus denen sich fundamentale
Umstrukturierungen im gesamten Medienmarkt ergeben. Ein Blick in die USA, oftmals Taktgeber und Vorreiter in Sachen
Medieninnovation, führt das allmähliche „Verschwinden der Zeitung“ (Philipp Meyer) besonders dramatisch vor Augen: Noch
in den 1960er Jahren nahmen vier von fünf US-Amerikanern täglich eine Zeitung in die Hand, heute sind es nur noch knapp
die Hälfte. Seit 15 Jahren haben Tageszeitungen in den USA nicht so viel an Auflage verloren wie in den vergangenen
Monaten: Vor allem als Reaktion auf diesen Negativtrend wird daher in den angestammten Pressenationen versucht, eine
Konsolidierung der angeschlagenen Verlage und damit eine Bestandssicherung des Qualitätsjournalismus durch innovative
Dachmarkenstrategien oder die Etablierung kostenpflichtiger Webangebote zu erzielen. Auch über Fusionen
mittelständischer Verlagshäuser, alternative Regulierungsmodelle oder halbstaatliche Subventionsmaßnahmen wird
vielerorts nachgedacht.
Die aktuellen Nutzungstrends und die Entstehung (kostenloser) digitaler Medienangebote können als Hauptursachen einer
gewaltigen Strukturkrise im Zeitungsmarkt betrachtet werden: Der Marktanteil bei Zielgruppen unter 20 Jahren ist laut einer
Studie der Beratungsfirma A.T. Kearny in den vergangenen 50 Jahren in den europäischen Kernmärkten Deutschland,
Frankreich, Großbritannien und Niederlande von 32 Prozent auf unter 23 Prozent geschrumpft. Es wird prognostiziert, dass
dieser Wert bis 2025 auf unter 20 Prozent fallen könnte. Besonders der Attraktivitätsverlust der Lesekultur von Bedrucktem
Papier führt zu weitreichenden strukturellen Veränderungen: Mit der heranwachsenden „digitalen Generation“ etablieren sich
zeit- und ortssouveräne Mediennutzungs- und Konsumgewohnheiten, die sich vor allem auf Sehen, Hören und Spielen
konzentrieren. Aber auch die Abwanderung wichtiger Erlösquellen und Kunden in das Internet (z. B. Werbe- und
Kleinanzeigen) verstetigen den Eindruck, dass die herkömmliche Zeitung entbehrlich werden könnte – zumindest in ihrer
jetzigen Form.
Mit Leserschwund, steigenden Papierpreisen, kartellrechtlichen Einwänden zur Pressefusion und der schleichenden
Abwanderung der Anzeigenkunden in das Internet haben vor allem regional orientierte Zeitungshäuser zu kämpfen.
Während die prestigeträchtigen überregionalen Blätter unter dem Dach großer Verlage häufig durch crossmediale
Beteiligungen offenbar über eine längere finanzielle Ausdauer sowie Ausweichmöglichkeiten bei Zusatzgeschäften und
Dachmarkenstrategien verfügen, werden die Regionalzeitungen zunehmend als Verlustobjekte erachtet. Nach wie vor lastet
ein enormer Sparzwang auf den mittelständischen Verlagsunternehmen; angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise herrscht
nach dem Zusammenbruch des Anzeigenmarkts 2000/2001 im Jahr 2009 erneut „Katerstimmung“ auf dem deutschen
Regionalzeitungsmarkt: Der Wettbewerbsdruck ist höher denn je, internationale Investoren drängen auf den deutschen
Zeitungsmarkt und unterwandern die gewachsenen Verlegerdynastien, und das rapide wachsende publizistische Angebot im
Internet erobert neue Leser- und Nutzerkreise – zuungunsten der gedruckten Zeitung. Dagegen wird das klassische
regionale Service-Angebot der Regional- und Lokalpresse gerade von Jugendlichen immer weniger geschätzt.
5
Dieses ökonomische Dilemma macht sich auch und gerade in der deutschen Hauptstadt bemerkbar: „Wir erleben in Berlin
wie unter einem Brennglas all jene Probleme, die auf Qualitätszeitungen zukommen. Auflagenerosionen, sinkende
Anzeigenerlöse, ungewisse Lernpräferenzen. Das ist hier stärker als anderswo“, sagte Giovanni di Lorenzo, ehemaliger
„Tagesspiegel“-, jetzt „Zeit“-Chefredakteur, schon im März 2003 im Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
Zugleich werden Stimmen laut, die eine staatsnahe oder stiftungsgebundene Subventionierung von Printobjekten fordern
oder immerhin für diskussionswürdig erachten – so zuletzt der Sozialphilosoph und Kommunikationstheoretiker Jürgen
Habermas in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 16. Mai 2007: „Es ist kein ‚Systemfehler’, wenn der Staat versucht, das
öffentliche Gut der Qualitätspresse im Einzelfall zu schützen. Es ist nur eine pragmatische Frage, wie er das am besten
erreicht.“ Zwar ist der Gedanke der Subventionierung laut Habermas „gewöhnungsbedürftig“, jedoch gehört eine
funktionierende Zeitungslandschaft zweifellos zu den Grundpfeilern jedes demokratischen Systems. Dieser Anspruch sei
aufgrund der derzeitigen Schwankungen auf dem Medienmarkt allerdings längst nicht mehr garantiert: „(…) der Markt kann
diese Funktion nur solange erfüllen, wie die ökonomischen Gesetzmäßigkeiten nicht in die Poren der kulturellen und
politischen Inhalte eindringen, die über den Markt verbreitet werden“. Und schließlich könne sich keine Demokratie, so
Habermas, „ein Marktversagen auf diesem Sektor leisten“.
Obwohl die Mängel der Regional- und Lokalzeitungen seit langem ausgiebig diskutiert werden, mangelt es bislang an
praxisnahen Pressemarktstudien, speziell zu den Besonderheiten des umkämpften Berliner Pressemarkts. Insbesondere
fehlen eine konzise Gesamtschau aller historisch-publizistischen sowie strukturell-ökonomischen Faktoren zum
Entwicklungspotenzial sowie eine medienpolitische Expertise zu den aktuellen Bedingungen einer signifikanten Steigerung
von Wachstum und Vielfalt der Berliner Zeitungslandschaft. Der einschlägigen Studie „Der Berliner Zeitungsmarkt“
1
von 1914
sind nur wenige konsistente Darstellungen gefolgt; die beiden Standardwerke „Zeitungsstadt Berlin“
2
und „Zeitungen in
Berlin“
3
stammen von Anfang der 1980er Jahre und beleuchten überwiegend die historische Entwicklung des Berliner
Zeitungsmarkts: Während in „Zeitungsstadt Berlin“ von Peter de Mendelssohn, Presseoffizier im britischen Sektor und nach
dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich am Aufbau eines demokratischen Pressewesens in Berlin beteiligt, die 300-jährige
Geschichte des Berliner Pressewesens nachgezeichnet wird, trägt der 1987 verstorbene Schriftsteller Walther Oschilewski in
„Zeitungen in Berlin“ historische Informationen und Marktdaten anhand von Zeitungsportraits zusammen.
Der vorerst letzte Versuch, die Berliner Medien- und Presselandschaft einer empirischen Bestandsaufnahme und
Strukturanalyse zu unterziehen, liegt rund 17 Jahre zurück
4
wobei hier allerdings nur die Medien- und
Kommunikationsstruktur im ehemaligen Westteil der Stadt eingehend untersucht wurde. Darüber hinaus finden sich lediglich
zwei Datenerhebungen aktuelleren Datums: „Der Zeitungsmarkt Berlin“ aus dem Jahr 2005, herausgegeben von der
Tageszeitung „taz“, liefert Basisdaten zu den Berliner Tageszeitungen und zu den Lesegewohnheiten ausgewählter
Zielgruppen; „Medien Markt Berlin“ ist eine im Auftrag des Berliner Verlags erstellte Statistik, die u. a. Auflagen-,
Reichweiten- und Preisentwicklung der Regional- und Lokalzeitungen pro Quartal festhält. Eine 2005 erschienene
Dissertation
5
behandelt zudem die Entwicklung des deutschen Tageszeitungsmarkts am Beispiel Berlins, bleibt allerdings
auf den Zeitraum von 1989 bis 2002 beschränkt. Breiter angelegte Studien zur Entwicklung des gesamtdeutschen
Zeitungsmarkts finden sich zwar häufiger,
6
deren Ergebnisse lassen sich aber nur bedingt auf Berlin übertragen; ähnliches
gilt für Trenderhebungen zum Mediennutzungsverhalten.
7
Um den Entwicklungen auf dem Berliner Zeitungsmarkt mit all ihren ökonomischen und medienpolitischen Implikationen
gerecht zu werden, erscheint es sinnvoll und notwendig, sich zunächst den publizistischen Herausforderungen im digitalen
Zeitalter zuzuwenden und die konkreten Rahmenbedingungen für einen prosperierenden Pressemarkt – unter besonderer
Berücksichtigung seiner Komplexität, Vielfalt und Dichte – genauer auszuloten. Übergreifendes Ziel des vorliegenden
1
Konrad Mischke: Der Berliner Zeitungsmarkt. In: H. Winter (Hrsg.): Das Buchgewerbe in der Reichshauptstadt. Berlin 1914.
2
Peter de Mendelssohn: Zeitungsstadt Berlin. Frankfurt/Main, Berlin, Wien 1982.
3
Walther G. Oschilewski: Zeitungen in Berlin. Berlin 1975.
4
Günter Bentele/Otfried Jarren/Ulrich Kratzsch: Medienlandschaft im Umbruch: Medien und Kommunikationsatlas Berlin. In:
Vistascript Band 7. Berlin 1990
5
Frank Kautter: Der Verleger als Erfolgsfaktor der Tageszeitung, Diss., Berlin 2005.
6
Vgl. für einen Überblick: Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (Hrsg.): Zeitungen 2006. Berlin 2006; Horst Röper:
Zeitungsmarkt in der Krise – ein Fall für die Medienregulierung. In: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Aus Politik und
Zeitgeschichte B12-13/2004. Berlin 2004.
7
Z.B. Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse (Hrsg.): Media-Analyse 1. Quartal 2007. Frankfurt/Main 2007, Maria Gerhards/Walter
Klingler: Mediennutzung in der Zukunft, In: Media Perspektiven 06/2007, Frankfurt/Main 2007.
6
Gutachtens ist es, auf Basis einer aktuellen strukturell-ökonomischen Bestandsaufnahme sowie einem internationalen
Vergleich die medienpolitischen Defizite der Hauptstadtpresse aufzuzeigen und darauf aufbauend Empfehlungen im Hinblick
auf mögliche Innovationspotenziale und Fördermaßnahmen zu erarbeiten. Hilfreich erscheint eine Betrachtung sämtlicher
marktrelevanter und historischer Faktoren, die einer Belebung der Berliner Presselandschaft entgegenstehen. Folgende
Analyseschwerpunkte wurden gewählt:
A. Historische Bestandsaufnahme des Berliner Pressemarkts
Zunächst wurde die Geschichte der Berliner Presselandschaft und die gewachsene publizistisch-ökonomische
Sonderstellung der heutigen Hauptstadt eingehend erörtert. Hierzu wurden im zweiten Kapitel wichtige historische Stationen
nachgezeichnet und ins Verhältnis zur Entwicklung auf dem gesamtdeutschen Zeitungsmarkt gesetzt. Darüber hinaus
wurden maßgebliche verlegerische Entscheidungen sowie redaktionelle Leistungen und Fehlleistungen einzelner Zeitungen
mit konkreten Auswirkungen auf den Berliner Zeitungsmarkt in einen historischen Kontext gestellt. Die historische
Gesamtbetrachtung ermöglicht eine genauere Einschätzung der derzeitigen medienpolitischen Ausgangslage.
B. Aktuelle Basisdaten und systematische Marktanalyse
Das dritte Kapitel präsentiert ökonomische Strukturdaten im Rahmen einer systematischen Marktanalyse des Berliner
Pressemarkts, an die einzelne Unternehmensporträts der wichtigsten Zeitungen und deren Verlage anknüpfen: Aufbereitet
und gegenübergestellt werden u. a. Auflagenentwicklungen und Reichweiten (inklusive Periodika und Anzeigenblätter),
Redaktionsprofile, Führungspersonal, Unternehmenskultur, Besitzverhältnisse und Zusammenschlüsse von
Zeitungsverlagen, Geschäftsmodelle, Wirtschaftsbilanzen, Inhaber- und Beteiligungsverhältnisse, Fremdbeteiligungen an
Hörfunk- und TV-Veranstaltern, crossmediale Aktivitäten, Dachmarkenstrategien, Anzeigenaufkommen sowie
Vertriebsstrukturen. Die Zusammenschau der ökonomischen Basisdaten der ausgewählten Verlage bildet den empirischen
Kern der Studie; sie sind zugleich Ausgangspunkt für die Ermittlung struktureller Defizite.
C. Vergleich internationaler Pressemärkte
Im vierten Kapitel werden die publizistischen, ökonomischen und medienpolitischen Rahmenbedingungen ausgewählter
Pressemärkte im Ausland vorgestellt, um einen internationalen Vergleich mit der Sondersituation Berlins zu ermöglichen. An
den Beispielen Frankreich (Paris), Großbritannien (London) und USA (Washington DC) wurden Mediengeschichte,
ökonomische Infrastruktur und Regulierungsfelder wie Subventionen, Pressebesteuerung sowie weitere medienpolitische
Weichenstellungen in drei wichtigen Hauptstädten mit großer Zeitungsdichte und Pressevielfalt analysiert und auf ihren
Aussagegehalt für den Berliner Pressemarkt hin überprüft. Hierbei wurden sowohl medienpolitische Gemeinsamkeiten der
Marktentwicklungen dieser Hauptstädte als auch deren Unterschiede herausgearbeitet.
D. Medienpolitische Trendaussagen und Lösungsoptionen
Im fünften Kapitel werden auf Grundlage der vorigen drei Kapitel – historische Bestandsaufnahme, medienökonomische
Marktanalyse, internationaler Vergleich – medienpolitische Trendaussagen und Lösungsoptionen dazu formuliert, wie
Zeitungsverlage und handelnde Politik auf die sich verändernde Wettbewerbssituation in Berlin reagieren müssen, um
angemessene strukturelle, ökonomische und publizistische Voraussetzungen schaffen zu können, die eine vitale(re)
Presselandschaft gewährleisten.
7
2. Historische Entwicklung des Berliner Tageszeitungsmarkts
Vor über 400 Jahren erschienen die ersten deutschen Zeitungen. Die „Relation“ wurde 1605 in Straßburg und der „Aviso“
1609 in Wolfenbüttel gegründet. Sie waren die ersten publizistischen Einheiten, die den klassischen Merkmalen einer
Zeitung gerecht wurden: der Periodizität, Aktualität, Publizität und Universalität. Der „Aviso“ erschien zwar nur wöchentlich
und umfasste acht Seiten, doch war der Grundstein gelegt für eine Entwicklung, die schnell auch Berlin erreichen sollte:
Bereits um das Jahr 1617 wurde in der zu jener Zeit noch kleinen Residenzstadt die erste Zeitung gedruckt
8
. In der nach
ihrem Gründer benannten „Frischmann-Zeitung“ wurden wöchentlich Korrespondenzen aus einer Reihe europäischer Städte
veröffentlicht. Sie gilt als Vorläufer der ersten Berliner Tageszeitung, die 1721 von Johann Andreas diger als „Königlich
Privilegierte Zeitung von Staats- und Gelehrten Sachen“ gegründet wurde
9
. 1751 vererbte Rüdiger das Blatt, das damals
eine Auflage von 150 bis 200 Exemplaren erreichte, seinem Schwiegersohn Christian Friedrich Voss, auf den der später
geläufige Name „Vossische Zeitung“ zurückgeht.
2.1 Berlin wird „Zeitungsstadt“
1861 erschien in Berlin erstmalig die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“, auf welche die „Deutsche Allgemeine Zeitung“
zurückgeht. Sie galt als Sprachrohr der Regierung Bismarck und als eine der im Ausland meistbeachteten deutschen
Gazetten. Sie war tonangebend bei der „publizistischen Vorbereitung des Reichsgründungsgedankens“
10
. 1871 wurde Berlin
zur Hauptstadt des Deutschen Kaiserreichs ernannt. Die drei Männer, die die Grundlage für Berlins Reputation als
Zeitungsstadt legen sollten, zogen in den Jahren von 1848 bis 1880 nach Berlin: Leopold Ullstein, Rudolf Mosse und August
Scherl, die jeweils als Quereinsteiger aus benachbarten Wirtschaftsbereichen zur Presse kamen und ihre Zeitungen
innovativ zu großen Pressekonzernen ausbauten. Ullstein, ursprünglich Papierhändler, kaufte 1877 das „Neue Berliner
Tageblatt“ und fusionierte es mit der kurz darauf erworbenen „Berliner Zeitung“. Das liberale Blatt geriet bis 1882 des
Öfteren ins Visier der Behörden, die Prozesse gegen Ullstein anstrengten und Ausgaben beschlagnahmten
11
.
Rudolf Mosse wechselte vom Buchhandel zur Tagespresse. Er erwarb Meriten als Verlagsdirektor der Illustrierten
„Gartenlaube“, erkannte aber die zunehmende Wichtigkeit des Anzeigengeschäfts und gründete 1867 die „Annoncen-
Expedition Rudolf Mosse“ in der Friedrichstraße. 1871 stieg er mit der Gründung des „Berliner Tageblatts“ ins
Pressegeschäft ein, bei der es sich um die „erste neue ‚seriöse’ Tageszeitung auf dem Markt“
12
handelte. Damit bediente er
die in der wirtschaftlichen Prosperität der Gründerzeit innerhalb des Berliner Bürgertums entstandene Nachfrage nach einem
liberalen, weltoffenen Blatt. Das „Tageblatt“ sollte sich zeitweilig zur zweitgrößten Tageszeitung Berlins entwickeln. Die
weltoffene Grundstimmung im Berlin der Gründerzeit spiegelte sich auch im 1874 erlassenen „Reichspreßgesetz“ wider, das
erstmals die Pressefreiheit in der Stadt garantierte. Diese war allerdings nur von kurzer Dauer: Sie wurde vier Jahre später
durch das „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ (in Kraft 1878-1890) de facto wieder
abgeschafft.
13
Dennoch erlebte die Presse in der Gründerzeit einen Aufschwung und differenzierte sich aus.
Der Herausgeber von Groschenromanen, August Scherl, begründete 1883 seinen einflussreichen nationalliberal
ausgerichteten Verlag mit der Einführung des „Berliner Lokal-Anzeigers“. Der Bezug des ausschließlich anzeigenfinanzierten
Blattes kostete lediglich zehn Pfennige
14
, es war dem Selbstverständnis nach unpolitisch und auf die Interessen eines
Massenpublikums ausgerichtet. Somit entstand auch in Deutschland mit der „Generalanzeiger-Presse“ eine Massenpresse
8
Vgl. De Mendelssohn, Peter (1982): Zeitungsstadt Berlin. Menschen und Mächte in der Geschichte der deutschen Presse.
Frankfurt am Main/Berlin: Ullstein, 16.
9
Vgl. Bender, Klaus (1972): Vossische Zeitung (1617-1934). In: Fischer, Heinz-Dietrich (Hg.) (1972): Deutsche Zeitungen des
17. bis 20. Jahrhunderts. Pullach bei München: Verlag Dokumentation, 25-26.
10
Fischer, Heinz-Dietrich (1972): Deutsche Allgemeine Zeitung (1861-1945). In: Ders. (Hg.) (1972): Deutsche Zeitungen des
17. bis 20. Jahrhunderts. Pullach bei München: Verlag Dokumentation, 272.
11
Vgl. Fischer, Ellen (1975): Leopold Ullstein. In: Fischer, Heinz-Dietrich (Hg.) (1975): Deutsche Presseverleger des 18. bis 20.
Jahrhunderts. Pullach bei München: Verlag Dokumentation, 166
12
Vgl. Scharf, Wilfried (1975): Rudolf Mosse. In: Fischer, Heinz-Dietrich (Hg.) (1975): Deutsche Presseverleger des 18. bis 20.
Jahrhunderts. Pullach bei München: Verlag Dokumentation, 209.
13
Vgl. Roether, Diemut (2008): Zensur. In: Hachmeister, Lutz (Hg.) (2008): Grundlagen der Medienpolitik. München: DVA, 420.
14
Vgl. Fischer, Ellen (1975): Leopold Ullstein. In: Fischer, Heinz-Dietrich (Hg.) (1975): Deutsche Presseverleger des 18. bis 20.
Jahrhunderts. Pullach bei München: Verlag Dokumentation, 170.
8
nach angloamerikanischem Vorbild. In den USA und in Großbritannien hatten Verleger wie William Randolph Hearst und
Alfred Harmsworth mit Hilfe der „Penny Press“ einflussreiche Presseimperien begründet
15
.
Am 20. September 1898 erschien die Erstausgabe der eher liberalen „Berliner Morgenpost“, die 1927 eine Spitzenauflage
von 700.000 Exemplaren erreichte
16
. Gründer und Verleger war Leopold Ullstein, der damit Scherls kaisertreuem „Berliner
Lokal-Anzeiger“ Konkurrenz machen wollte
17
. 1904 brachte der Ullstein-Verlag, mittlerweile unter der Führung der fünf
Söhne Leopold Ullsteins, zudem die „B.Z. am Mittag“ heraus.
18
Der scharfe Wettbewerb der drei Verleger Ullstein, Mosse
und Scherl führte zu finanziellen Schwierigkeiten des Scherl-Verlags kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Ein
gemeinsamer Übernahmeversuch der Konkurrenten scheiterte jedoch.
Anfang August 1914 kaufte der Ullstein-Verlag die „Vossische Zeitung“, deren Auflage mit der der Massenpresse nicht
konkurrieren konnte. „[…] ihr auf politischer Tradition und intellektuell anspruchsvollem Stil beruhendes hohes Ansehen war
den Brüdern Ullstein den Kaufpreis von acht Millionen Mark wert. Die Vossische Zeitung blieb für sie das gehobene
Prestigeblatt, dem sie jedes Jahr beträchtliche Zuschüsse opferten.“
19
2.2 Die Berliner Presse im Ersten Weltkrieg und in der Weimarer Republik
Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde am 31. Juli 1914 im Zuge der Verhängung des Kriegszustandes Meinungs- und
Pressefreiheit abgeschafft, an ihre Stelle trat eine strenge Militärzensur. Im Reich trat mit Ausnahme Bayerns, das eine
ähnliche Verordnung erließ, das preußische Gesetz über die Verhängung des Belagerungszustands von 1851 in Kraft, hinzu
kam ein von den Militärbehörden überwachter Katalog von 26 Punkten, über die nicht berichtet werden durfte. Ab 3. August
1914 wurden die täglichen „Berliner Pressekonferenzen“
20
durchgeführt, bei denen der Presse Richtlinien und Anleitungen
zur Kommentierung gegeben wurden. 1915 folgte die Einrichtung des Kriegspresseamts als Zensurbehörde der Obersten
Heeresleitung
21
.
Erst nach Ende des Ersten Weltkriegs und der demokratischen Revolution garantierte Art. 118 der Weimarer
Reichsverfassung von 1919 die freie Meinungsäußerung „innerhalb der Schranken der allgemeinen Gesetze“ durch „Wort,
Schrift, Druck, Bild oder in sonstiger Weise“
22
. Der Begriff „Pressefreiheit“ indes kommt in der Verfassung nicht vor. Sie wird
als Variante der Meinungsfreiheit gesehen, die ihrerseits nicht uneingeschränkt gilt
23
. Die „Republikschutzgesetze“ sowie
Notverordnungen nach Art. 48 gaben den Behörden das Recht, die Meinungsfreiheit zu beschneiden und Zeitungen zu
verbieten. Vom 28. März 1931 bis 13. Juni 1932 war dies allein in Preußen bei 284 Zeitungen der Fall
24
. In Berlin erlebte die
Presselandschaft während der Weimarer Zeit mit ihrem Zentrum im Quartier um die Kochstraße dennoch eine Blütezeit:
Liberale Blätter wie die „Vossische Zeitung“ und das „Berliner Tageblatt“ besaßen hervorragende Redaktionen und wurden
von ihren Chefredakteuren Georg Bernhard und Theodor Wolff erfolgreich geführt. In der Rundschauzeitschrift „Weltbühne“
des späteren Friedensnobelpreisträgers Carl von Ossietztki schrieben Kurt Tucholsky und Erich Kästner. Die „Deutsche
Allgemeine Zeitung“ (Siehe Abbildung) erreichte den Zenit ihres Einflusses als gemäßigt konservatives Blatt mit
15
Vgl. Chipp, David A. (2008): Harmsworth, Alfred Charles William. In: Hachmeister, Lutz (Hg.) (2008): Grundlagen der
Medienpolitik. München: DVA, 146.
16
Vgl. Wilke, Jürgen (2004): Pressegeschichte. In: Noelle-Neumann, Elisabeth/Schulz, Winfried/Wilke, Jürgen (Hg.) ( 2004):
Fischer Lexikon Publizistik Massenkommunikation. Frankfurt am Main: S. Fischer, 476-477.
17
Vgl. Fischer, Ellen (1975): Leopold Ullstein. In: Fischer, Heinz-Dietrich (Hg.) (1975): Deutsche Presseverleger des 18. bis 20.
Jahrhunderts. Pullach bei München: Verlag Dokumentation, 170.
18
Vgl. Stöber, Rudolf (2005): Deutsche Pressegeschichte, 2. Aufl., Konstanz: UVK, 260.
19
Bender, Klaus (1972): Vossische Zeitung, 38.
20
Vgl. Koszyk, Kurt (1972): Deutsche Presse 1914-1945. Geschichte der deutschen Presse Teil III. Berlin: Colloquium Verlag,
21.
21
Ebd., 15.
22
Weimarer Reichsverfassung, im Internet abrufbar unter:
http://de.wikisource.org/wiki/Verfassung_des_Deutschen_Reiches_(1919).
23
Vgl. Pross, Harry (2000): Zeitungsreport. Deutsche Presse im 20. Jahrhundert. Weimar: Verlag Herrmann Böhlaus Nachfolger,
80.
24
Vgl. Wilke, Jürgen (2002): Pressegeschichte. In: Noelle-Neumann, Elisabeth/Schulz, Winfried/Wilke, Jürgen (Hg.) ( 2004):
Fischer Lexikon Publizistik Massenkommunikation. Frankfurt am Main: S. Fischer, 480.
9
internationalem Prestige. Allerdings waren die liberale und demokratische Presse der Weimarer Jahre der
rechtskonservativen Presse vor allem des Hugenberg-Konzerns wirtschaftlich und organisatorisch unterlegen
25
.
Alfred Hugenberg, Mitbegründer des nationalistischen
„Alldeutschen Verbands“ und von 1909 bis 1918
Vorsitzender des Direktoriums des Krupp-Konzerns
begann ab 1914, nationalistische PR im Interesse der
Schwerindustrie des Ruhrgebiets zu betreiben. Auf dieser
Grundlage baute er ein einflussreiches national-
konservativ ausgerichtetes Medienimperium auf. 1928
wurde der „Manager“ eines Apparats aus Technokraten
26
Vorsitzender der Deutsch-Nationalen Volkspartei (DNVP)
und zum „Steigbügelhalter Hitlers“
27
. Hugenberg gelang
es 1916, den angeschlagenen Scherl-Verlag zu
übernehmen. In den zwanziger Jahren baute er ein
Matern-System auf, das Provinzzeitungen günstig mit
vorgefertigten Druckformen belieferte. Mit der Inflation Anfang der 20er Jahre waren viele kleine Zeitungen in wirtschaftliche
Not und anschließend in die Abhängigkeit der nationalistischen und republikfeindlichen Kommentierungen des Hugenberg-
Trusts geraten
28
. Die zugehörige „VERA Verlagsanstalt GmbH“ besaß überdies etliche Provinzzeitungen unmittelbar. Zum
Konzern gehörten weiterhin die Nachrichtenagentur „Telegraphen-Union“ und ab 1927 die Universum Film AG (Ufa). Die
angeschlossene Anzeigenagentur „ALA“ erwies sich als zu große Konkurrenz des Mosse’schen Annoncen-Unternehmens:
der Verlag ging 1932 pleite
29
.
2.3 Die Zerstörung der Berliner Zeitungslandschaft unter dem Nationalsozialismus
1933 erfolgte die faktische Abschaffung von Presse- und Meinungsfreiheit sowie die Einführung einer umfassenden Zensur
durch die Nationalsozialisten. Pross konstatiert: “Da die Pressefreiheit in der Verfassung nicht ausdrücklich vorkam, brauchte
sie nicht außer Kraft gesetzt zu werden, und weil die Meinungsfreiheit nur in den ‚Schranken der allgemeinen Gesetze’
garantiert war, genügten allgemeine Gesetze, um sie weiter einzuschränken.“
30
So stellte das so genannte
„Heimtückegesetz“ von 1934 unter Strafe: „hetzerische oder von niedriger Gesinnung zeugende Äußerungen über leitende
Persönlichkeiten des Staates oder der NSDAP“
31
. Die sozialdemokratische und kommunistische Presse wurde enteignet,
ihre Vermögenswerte fielen an die Hitler-Partei. Private Zeitungsunternehmen wurden auf Parteilinie gezwungen. Ein großer
Teil wurde dem nationalsozialistischen Eher-Pressekonzern unter der Leitung von Max Amann einverleibt
32
. Am 10. März
1933 wurde das „Berliner Tageblatt“ zunächst für drei Tage verboten und anschließend vollständig „gleichgeschaltet“. Am
31. März folgte das Ende der „Vossischen Zeitung“ - nach 317 Jahren. Durch das Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933,
25
Vgl. Schwarz, Gotthard (1972): Berliner Tageblatt (1872-1939). In: Fischer, Heinz-Dietrich (Hg.) (1972): Deutsche Zeitungen
des 17. bis 20. Jahrhunderts. Pullach bei München: Verlag Dokumentation, 325.
26
Vgl. Guratzsch, Dankwart (1974): Macht durch Organisation. Die Grundlegung des Hugenbergschen Presseimperiums.
Düsseldorf: Bertelsmann Universitätsverlag, 13.
27
Fischer, Heinz-Dietrich (1975): Alfred Hugenberg (1865-1951). In: Ders. (Hg.) (1975): Deutsche Presseverleger des 18. bis
20. Jahrhunderts. Pullach bei München: Verlag Dokumentation, 294ff.
28
Vgl. Koszyk, Kurt (2008): Hugenberg, Alfred. In: Hachmeister, Lutz (Hg.) (2008): Grundlagen der Medienpolitik. München:
DVA, 156-157.
29
Vgl. Scharf, Wilfried (1975): Rudolf Mosse. In: Fischer, Heinz-Dietrich (Hg.) (1975): Deutsche Presseverleger des 18. bis 20.
Jahrhunderts. Pullach bei München: Verlag Dokumentation, 213.
30
Pross, Harry (2000): Zeitungsreport. Deutsche Presse im 20. Jahrhundert. Weimar: Verlag Herrmann Böhlaus Nachfolger, 80.
31
Zitiert nach: Stöber, Rudolf (2005): Deutsche Pressegeschichte, 2. Aufl., Konstanz: UVK, 157.
32
Vgl. Oschilewski, Walther G. (1975): Zeitungen in Berlin. Berlin: Haude und Spenersche Verlagsbuchhandlung, 210.
10
aufgrund dessen ab 1934 Journalisten jüdischer Abstammung von ihrer Tätigkeit ausgeschlossen und Berufslisten
eingeführt wurden
33
, hatte das Blatt viele seiner besten Mitarbeiter verloren.
34
Berlin wurde Zentrum des NS-Staates und somit Sitz des
Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda unter Joseph
Goebbels.
35
Goebbels, seit 1926 NS-Gauleiter von Berlin hatte die
Machtübernahme der Nationalsozialisten ab 1927 mit seinem Kampfblatt
„Der Angriff“ (siehe Abbildung) publizistisch vorbereitet. Die
Hauptfunktion der Zeitung war die radikale Konfrontation mit den
politischen Feinden des Nationalsozialismus, es diente aber auch der
Auseinandersetzung Goebbels’ mit innerparteilichen Konkurrenten wie
den Strasser-Brüdern. Ein Teil der Zeitung mit dem Titel „Kampf um
Berlin“ war der Berichterstattung über Straßenkämpfe zwischen SA und
kommunistischen Gruppen gewidmet
36
. Die NS-Propaganda setzte zur
Verbreitung der Ideologie neben Massenveranstaltungen, Film und dem
neuen Massenmedium Radio auch auf Zeitungen: Seit 1929 erschien
eine Berliner Ausgabe der Parteizeitung der NSDAP, dem „Völkischen
Beobachter“, und das in Nürnberg gegründete Wochenblatt „Der
Stürmer“ verbreitete radikale antisemitische Hetze. Ab 1940 wandte sich
die Wochenzeitung „Das Reichan gebildete Leser im In- und Ausland.
Der Zeitung wurden bei der Kommentierung folglich weniger enge
Grenzen gesetzt
37
. Allerdings gab Propagandaminister Goebbels selbst
per Leitartikel die Linie vor. Die Nationalsozialisten nutzten zudem das Prestige einiger Zeitungen zur Legitimierung ihrer
Diktatur im Ausland: Hitler sorgte dafür, dass international anerkannte Titel wie das „Berliner Tageblatt“, die „Deutsche
Allgemeine Zeitung“ oder auch die „Frankfurter Zeitung“ nach 1933 „aus außenpolitischen Gründen“
38
weitergeführt wurden.
Ende Januar 1939 wurde das „Berliner Tageblatt“ allerdings eingestellt, 1945 schließlich auch die „Deutsche Allgemeine
Zeitung“.
2.4 Lizenzpresse und Teilung der Stadt
Nach Kriegsende im Mai 1945 und der Aufteilung Berlins in vier Besatzungszonen stand die völlig kompromittierte Presse
unter alliierter Kontrolle. Verleger und Journalisten, die zwischen 1933 und 1945 in der Presse tätig gewesen waren, wurden
weitgehend ausgeschlossen, auch wenn sie nicht Mitglied der NSDAP gewesen waren. Presselizenzen wurden nur an
politisch unbelastete Personen vergeben (Lizenzpresse).
39
Dadurch sollte ein publizistischer Neuanfang ermöglicht werden.
Paul Ufermann, nach Kriegsende Vorsitzender des Verbandes der Deutschen Presse Berlin, formulierte 1947 optimistisch:
„Die Berliner Presse tritt heute in einer Mannigfaltigkeit auf den Plan, wie nirgends sonst in deutschen Landen.“
40
Tatsächlich
erschien bereits am 15. Mai 1945 die erste Zeitung nach Kriegsende, das von der Roten Armee herausgegebene „Berliner
Tageblatt“. Einige Tage später folgte ebenfalls im sowjetisch besetzten Teil die Erstausgabe der „Berliner Zeitung“ am 21.
33
Vgl. Koszyk, Kurt (1972): Deutsche Presse 1914-1945. Geschichte der deutschen Presse Teil III. Berlin: Colloquium Verlag,
365-366.
34
Vgl. Bender, Klaus (1972): Vossische Zeitung (1617-1934). In: Fischer, Heinz-Dietrich (Hg.) (1972): Deutsche Zeitungen des
17. bis 20. Jahrhunderts. Pullach bei München: Verlag Dokumentation, 39.
35
Vgl. Hachmeister, Lutz (2008): Goebbels, Joseph. In: Ders. (Hg.) (2008): Grundlagen der Medienpolitik. München: DVA, 127.
36
Lemmons, Russel (1994): Goebbels and Der Angriff. Lexington: The University Press of Kentucky, 2.
37
Vgl.: Wilke, Jürgen (2002): Pressegeschichte. In: Noelle-Neumann, Elisabeth/Schulz, Winfried/Wilke, Jürgen (Hg.) ( 2004):
Fischer Lexikon Publizistik Massenkommunikation. Frankfurt am Main: S. Fischer, 489.
38
Vgl. Fischer, Heinz-Dietrich (1972): Deutsche Allgemeine Zeitung (1861-1945). In: Ders. (Hg.) (1972): Deutsche Zeitungen
des 17. bis 20. Jahrhunderts. Pullach bei München: Verlag Dokumentation, 280.
39
Vgl. Wilke, Jürgen (2002): Presse. In: Noelle-Neumann, Elisabeth/Schulz, Winfried/Wilke, Jürgen (Hg.) ( 2004): Fischer
Lexikon Publizistik Massenkommunikation. Frankfurt am Main: S. Fischer, 422.
40
Ufermann, Paul (1947): Die Berliner Presse der Gegenwart. In: Handbuch der Deutschen Presse. Bielefeld: Deutscher
Zeitungs-Verlag GmbH, 133.
11
Mai. Am 27. September erschien die Erstausgabe des „Tagesspiegels“ in Berlin und Brandenburg, und zwar mit
amerikanischer Lizenz.
Berlin verlor dennoch in der Nachkriegszeit seinen Rang als Deutschlands wichtigste Zeitungsstadt. Gründe dafür waren die
durch die nationalsozialistische Diktatur verursachten intellektuellen, institutionellen und materiellen Verheerungen, die
Teilung der Stadt sowie das vergleichsweise späte Ende der Lizenzierungspraxis. Während in der Bundesrepublik ab
September 1949 auf Beschluss der Hohen Kommission Zeitungen wieder unbeschränkt herausgegeben werden durften,
endete die Lizenzierungspraxis in Westberlin erst im Jahr 1955. Mit der Blockade der Stadt durch die sowjetische
Besatzungsmacht 1948 konnte der „Tagesspiegel“ nur noch im Westteil der Stadt vertrieben werden. Bis Ende 1949
erschienen in den Westsektoren Berlins 20 Lizenzzeitungen.
41
Am 15. Juni 1949, kurz nach der Gründung der
Bundesrepublik in den Westzonen, erschien in Ost-Berlin die Erstausgabe der „BZ am Abend“, dem Vorläufer des „Berliner
Kuriers“.
Die Blätter, die später die Bundesrepublik prägen sollten, wurden nicht in Berlin gegründet. 1945 starteten die „Frankfurter
Rundschau“ in Frankfurt am Main und die „Süddeutsche Zeitung“ in München, kurz darauf erschien erstmals die „Frankfurter
Allgemeine Zeitung“. Im Grundgesetz der Bundesrepublik vom 23. Mai 1949 wird in Artikel 5 die Pressefreiheit garantiert.
2.5 Das Pressesystem der DDR
Mit Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 trat auch in der sowjetischen Besatzungszone eine Verfassung in Kraft, welche
unter anderem presserechtliche Rahmenbedingungen implementierte. In dieser heißt es in Artikel 9: „Eine Pressezensur
findet nicht statt“
42
. Allerdings konnte Kritik an im weitesten Sinne staatlichen Prozessen und Zuständigkeiten allgemein als
„Boykotthetze gegen demokratische Einrichtungen und Organisationen […]“ (Art. 6) ausgelegt werden. In der überarbeiteten
DDR-Verfassung von 1968 wurde der Hinweis auf die Zensurbestimmungen gestrichen. Stattdessen heißt es in Art 27: „Die
Freiheit der Presse, des Rundfunks und des Fernsehens ist gewährleistet“
43
. Informationsfreiheit und ein Zensurverbot
wurden indes nicht formuliert. In der Praxis hatten die Grundlagen der Verfassung Vorrang vor der Pressefreiheit, dies waren
insbesondere der Führungsanspruch der SED und das Prinzip des „Demokratischen Sozialismus“. Zudem waren die
gesetzlichen Grenzen der Meinungsfreiheit durch eine Reihe von Paragraphen des Strafgesetzbuches äußerst eng gezogen,
§106 beispielsweise stand „staatsfeindliche Hetze“ unter Freiheitsstrafe.
44
Grundlegend für das Pressesystem der DDR war
die 1. Pressekonferenz des SED-Zentralvorstands am 9. Februar 1950, bei der die „Presse neuen Typs“
45
proklamiert
wurde, also eine DDR-Presse, die den Prinzipien der marxistisch-leninistischen Pressetheorie folgt. Diese beinhaltet unter
anderem die konsequente Ausrichtung der Presse an der Linie der Einheitspartei. Das Pressesystem aus Parteipresse und
Blättern der Massenorganisationen wurde bis 1952 geschaffen und bestand seitdem nahezu unverändert. 1953, im Jahr des
Volksaufstands in der DDR wurden die „Berliner Zeitung“ und die „BZ am Abend“ dem Zentralkomitee der SED unterstellt.
Die Presse in der DDR war einem rigiden Kontrollsystem der SED unterworfen: In erster Linie zuständig war der Sekretär für
Agitation beim Zentralkomitee der SED. Es bestand bis 1990 die Pflicht zur Lizenzierung. Verantwortlich dafür war das
Presseamt beim Staatsratsvorsitzenden.
46
2.6 Die Westberliner Presse nach dem Mauerbau
In Westberlin erschien 1953 die erste Ausgabe der „B.Z.“ nach Kriegsende. In Hamburg erwarb Axel Cäsar Springer die
Tageszeitung „Die Welt“ von den Alliierten (vgl. Konzernportrait Axel Springer AG), 1959 folgte der Kauf des Blattes „Berliner
Morgenpost“. Mit der Übernahme des Ullstein-Verlags durch Springer ging im Dezember 1959 auch die „B.Z.in dessen
41
Vgl. Meyn, Hermann (2004): Massenmedien in Deutschland. Konstanz: UVK, 65.
42
Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. Oktober 1949, im Internet abrufbar unter:
http://www.documentarchiv.de/ddr/verfddr1949.html.
43
Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 6. April 1968, im Internet abrufbar unter:
http://www.documentarchiv.de/ddr/verfddr1968.html
44
Vgl. Wilke, Jürgen (2002): Medien DDR. In: Noelle-Neumann, Elisabeth/Schulz, Winfried/Wilke, Jürgen (Hg.) ( 2004): Fischer
Lexikon Publizistik Massenkommunikation. Frankfurt am Main: S. Fischer, 215-216.
45
Scharf, Winfried (1989): Paradigmenwechsel im journalistischen System der DDR? In: Deutsche Studien Heft XXVII. Jahrg.,
Heft 105, 1989, 15.
46
Vgl. Holzweißig, Gunter: Die schärfste Waffe der Partei. Eine Mediengeschichte der DDR. Köln: Böhlau, 13.
12
Besitz über. Einige Monate zuvor war in Anwesenheit des Regierenden Bürgermeisters, Willy Brandt, die Grundsteinlegung
des neuen Springer-Hochhauses erfolgt. Springer hatte sich entschieden, die Zentrale in der Kochstraße im traditionellen
Berliner Zeitungsviertel zu errichten, direkt an der amerikanisch-sowjetischen Sektorengrenze. Nachdem am 13. August
1961 die Berliner Mauer gebaut worden war, befand sich das 1966 eingeweihte Gebäude unmittelbar an den
innerstädtischen Sperranlagen.
47
Der Mauerbau verschärfte die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Westberliner Blätter,
unter anderem, weil ca. 50.000 Pendler nicht mehr zu ihrer Arbeitsstelle gelangen konnten.
Die „Insellage“ Westberlins erwies sich als schwerwiegender struktureller Nachteil der Berliner Zeitungen. De Mendelssohn
schreibt: „Im Bundesgebiet hatten Berliner Blätter schon seit der Blockade kaum nennenswerten Absatz zu verzeichnen.“
48
Wegen eines ungünstigen Zugfahrplans waren die Titel aus Hamburg, Frankfurt und München morgens an Berliner Kiosken
erhältlich, die Berliner Zeitungen hingegen kamen erst mit bis zu 18-stündiger Verspätung hoffnungslos veraltet – in der
restlichen Bundesrepublik an.
49
„Auflagenerweiterungen durch Markterweiterungen waren unmöglich; Wachstum war nur auf
Kosten der Mitbewerber zu erzielen.“
50
Für die Auflagenrückgänge der Berliner Blätter Mitte der 1960er Jahren wird aber
neben dem Mauerbau noch ein weiterer Faktor genannt: die Konkurrenz durch den Sender Freies Berlin, der über exakt
dasselbe Gebiet berichtete, wie die Zeitungen. Zudem strahlte er in den 60er Jahren – auch regionale – Werbung aus. In der
ersten Hälfte des Jahrzehnts konnten die Westdeutschen Zeitungen ihre Auflage im Schnitt um siebzehn Prozent steigern.
Parallel schrumpfte die Gesamtauflage der Berliner Titel um sieben Prozent. 1966 wurde der 1945 gegründete „Kurier“
schließlich eingestellt, nachdem er einige Jahre durch Subventionen des Ministeriums für gesamtdeutsche Angelegenheiten
gestützt worden war. Übrig blieben zehn Titel, von denen fünf zum Springer-Verlag gehörten. Hinsichtlich der Auflagen
bestand ein „beträchtliches Übergewicht“ der Springer-Titel
51
.
In den 50er und 60er Jahren kam es zu einem Konzentrationsprozess auf dem bundesdeutschen Zeitungsmarkt.
Gleichzeitig mussten die Verleger wegen des „1. Fernsehurteils“ des Bundesverfassungsgerichts ihre Pläne aufgeben,
private Rundfunkkanäle aufzubauen. Zudem sahen sie sich gegenüber dem gebührenfinanzierten Fernsehens benachteiligt.
Der Deutsche Bundestag setzte daraufhin die Michel- und die Günther-Kommission ein. Die nach ihrem Vorsitzenden, dem
Ministerialdirigenten Elmar Michel, benannte „Michel-Kommission zur Untersuchung der Wettbewerbsgleichheit von Presse,
Funk/Fernsehen und Film“ konnte in ihrem Bericht 1967 allerdings keine Wettbewerbsverzerrung zwischen privater Presse
und öffentlich-rechtlichem Rundfunk feststellen
52
. Ebenfalls 1967 erfolgte die Einsetzung der so genannten „Günther-
Kommission“, benannt nach dem damaligen Präsidenten des Bundeskartellamts, Dr. Eberhard Günther. Ihre Aufgabe war
es, die Folgen der wirtschaftlichen Konzentration im Pressesektor für die Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik
abzuschätzen. In ihrem ein Jahr später vorgelegten Bericht empfahl sie konzentrationshemmende Maßnahmen seitens der
Bundesregierung. Als eine legislative Folge wurde 1976 das Gesetz zur Pressefusionskontrolle erlassen, aufgrund dessen
das Kartellamt Fusionen im Pressebereich auch bei kleinen Unternehmen prüft.
In Berlin wurden in den 70er Jahren dennoch weitere Zeitungen eingestellt: 1973 traf es den „Telegraf“ und die
„nachtdepesche“ der Graphischen Gesellschaft Grunewald. 1981 musste auch der „Abend“ aufgeben. Demgegenüber stand
1979 die Neugründung zweier Zeitungen, die sich als Alternative zur bürgerlichen Presse verstanden: „Die Neue“, die 1982
allerdings wieder eingestellt wurde, und die genossenschaftlich organisierte „tageszeitung“, kurz: „taz“. Deren Gründung ging
auf ein bundesweites Netzwerk linker Initiativen mit Ursprüngen in Frankfurt und Berlin hervor. Die „taz“-Zentralredaktion
entschied sich für Berlin und gegen Frankfurt als Hauptsitz. Zwar stellte die Insellage Berlins eine überregionale
Tageszeitung vor logistische Probleme, ausschlaggebend war schließlich jedoch die Aussicht auf Subventionen in Höhe von
monatlich 30.000 Mark durch die Berlinförderung des Bundes
53
. Jörg Magenau erinnert sich: „Springers ‚Welt’ hatte ihren
Redaktionssitz damals noch in Hamburg. Der ‚Tagesspiegel’, der das alte West-Berliner Bürgertum zu repräsentieren
47
Vgl. De Mendelssohn, Peter (1982): Zeitungsstadt Berlin. Menschen und Mächte in der Geschichte der deutschen Presse.
Frankfurt am Main/Berlin: Ullstein, 581.
48
Ebd, 583.
49
Ebd.
50
Held, Barbara/ Simeon, Thomas (1994): Die zweite Stunde Null. Berliner Tageszeitungen nach der Wende (1989-1994).
Berlin: Wissenschaftsverlag Volker Spiess, 18.
51
Vgl. De Mendelssohn, Peter (1982): Zeitungsstadt Berlin. Menschen und Mächte in der Geschichte der deutschen Presse.
Frankfurt am Main/Berlin: Ullstein, 590.
52
Vgl. Wilke, Jürgen (2002): Presse. In: Noelle-Neumann, Elisabeth/Schulz, Winfried/Wilke, Jürgen (Hg.) ( 2004): Fischer
Lexikon Publizistik Massenkommunikation. Frankfurt am Main: S. Fischer, 455.
53
Vgl. Magenau (2007) Die taz: Eine Zeitung als Lebensform, München: Hanser, 37.
13
glaubte, spielte überregional keine Rolle, weil vom Berliner Bürgertum nach der Vertreibung und Ermordung der Juden, nach
Krieg und Teilung der Stadt, nicht mehr viel übrig geblieben war. Die „taz“ war stolz darauf, erste und einzige Überregionale
aus Berlin zu sein.“
54
Die Alternativszene sollte zur Keimzelle eines neuen Berliner Bürgertums werden. Die
Redaktionsräume der „taz“ befanden sich zunächst in einem grenznahen Fabrikgebäude im Wedding – wegen der günstigen
Mieten. Später zog man um in die Kochstraße auf Sichtentfernung zur Springer-Zentrale. Nach dem Fall der Mauer erwies
sich die Standortentscheidung für Berlin als Glücksfall.
2.6 Die Situation der DDR-Presse 1989
Das Tageszeitungssystem der DDR bestand aus den zentral gesteuerten Zeitungen der SED, der Parteiorganisationen und
der Blockparteien, ferner der Zeitung der sorbischen Minderheit „Nova Doba“. Zu den SED-Blättern zählten das Zentralorgan
„Neues Deutschland“, die „Berliner Zeitung“ und die „BZ am Abend“, die in Berlin erschienen. Hinzu kamen 14
Bezirkszeitungen. Von diesen konnte lediglich die „Berliner Zeitung“ auch außerhalb ihrer Region bezogen werden. Die
allesamt national verbreiteten Zeitungen der Massenorganisationen waren die „Junge Welt“ der FDJ, die gewerkschaftliche
„Tribüne“ sowie das „Deutsche Sportecho“ des Deutschen Turn- und Sportbundes. Zu den (Berliner) Zeitungen der
Blockparteien zählten die „Neue Zeit“ (CDU), „Der Morgen“ (LDPD), die „National-Zeitung“ (NDPD), sowie das „Bauern-
Echo“ (Demokratische Bauernpartei Deutschlands). Zusammen erreichten die Tageszeitungen in der DDR 1989 eine
Auflage von 9,8 Millionen Exemplaren. „Nach diesen Zahlen war die DDR ein Zeitungsleseland, vielleicht aber auch nur ein
‚Zeitungsbezugsland’.“
55
1989 wies die „Junge Welt“ mit 1,5 Millionen Exemplaren die höchste Auflage aus, gefolgt vom
„Neuen Deutschland“ mit 1,1 Millionen. Zwischen 1986 und 1989 konnte die „Berliner Zeitung“ ihre Auflage um 28 Prozent
auf 439.000 Exemplare steigern, die Kauf-Zeitung „BZ am Abend“ legte 10.000 Exemplare zu und kam auf eine tägliche
Auflage von 205.000 Stück.
56
Die Ereignisse der zweiten Jahreshälfte 1989 brachten auch für die Berliner Zeitungslandschaft entscheidende
Veränderungen mit sich. Am 4. November 1989 kam es in Ostberlin zur bis dato größten Demonstration für Meinungs- und
Pressefreiheit. In dem Zeitraum zwischen dem Berliner Mauerfall am 9. November 1989 und Januar 1990 wurden die
Chefredakteure aller 17 SED-Zeitungen entlassen. Die Redaktionen erklärten sich in diesem Zuge für selbstständig.
„Medienpolitisch und publizistisch war die Zeit der Wende in den DDR-Medien geprägt von einer euphorischen
Aufbruchsstimmung, halb-revolutionärem Chaos und basisdemokratischen Bestrebungen.“
57
In Berlin stellte die SED-
Nachfolgepartei PDS am 31. rz 1990 die Subventionszahlungen für die „Berliner Zeitung“ ein, die sich daraufhin selbst
am Markt behaupten musste. Die Ostberliner „BZ am Abend“ wurde in „Berliner Kurier am Abend“ umbenannt.
2.7 Berlin-Hype nach der Wiedervereinigung
Mit dem Ende der DDR am 3. Oktober 1990 wurde Berlin Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland. In der Folgezeit
engagierte sich eine Reihe westdeutscher Verlage auf dem Berliner Zeitungsmarkt: 1991 übernahmen Gruner+Jahr und der
Verleger Robert Maxwell den Berliner Verlag; 1992 folgte der Kauf des „Tagesspiegels“ durch die Verlagsgruppe Georg von
Holtzbrinck. Die Axel-Springer AG verlegte den Sitz seines Vorzeigeblatts „Die Welt“ von Bonn nach Berlin. 1991 wurden alle
SED-Zeitungen, die nicht im Berliner Verlag erschienen, von der Treuhandanstalt privatisiert. Einzig das „Neue Deutschland
blieb im Besitz der PDS. Von immenser Bedeutung für die Berliner Presselandschaft war der Hauptstadtbeschluss von 1991:
Berlin sollte Regierungssitz werden.
Parlament und Regierung sollten am 1. September 1999 ihre Arbeit in Berlin aufnehmen. Damit verbanden sich Hoffnungen
auf eine neue Blütezeit der Berliner Zeitungslandschaft. Die Zeitungsverlage starten neue Projekte und Initiativen und
lockten eine Vielzahl renommierter Journalisten in die Metropole, um Teile des sich wandelnden, weil stark umkämpften
Zeitungsmarktes in der Hauptstadt zu besetzen. Sophie Mützel hat das im Zusammenhang mit dem Regierungsumzug
54
Ebd., 44.
55
Held, Barbara/ Simeon, Thomas (1994): Die zweite Stunde Null. Berliner Tageszeitungen nach der Wende (1989-1994).
Berlin: Wissenschaftsverlag Volker Spiess, 20ff.
56
Ebd, 20.
57
Ebd., 22.
14
einsetzende „Wettrennen der großen deutschen Verlage um die Etablierung einer ‚Hauptstadtzeitung’“
58
in vier Phasen
gegliedert. In Phase I, ‚Aufrüstung in Erwartung des Regierungsumzugs’ ab 1995/96, versuchten die Verlage Gruner+Jahr
und Axel Springer mit großen Investitionen die Marktanteile ihrer Blätter „Berliner Zeitung“ bzw. „Die Welt“ in Berlin
auszubauen. Die „Süddeutsche Zeitung“ führte eine Berlin-Seite ein, die „taz“ änderte ihr Layout. Der „Tagesspiegel“, im
Besitz der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck, wartete die weitere Entwicklung ab. In Phase II kam es 1999, unmittelbar
vor dem Regierungsumzug zur Zeitungsschlacht um Berlin’. „Der Tagesspiegel“ wurde von seinem neuen Chefredakteur,
Giovanni di Lorenzo, reformiert und gegen die „Berliner Zeitung“ in Stellung gebracht. Die „Süddeutsche Zeitung“ druckte
nun täglich, statt wie zuvor wöchentlich, eine Berlin-Seite und stockte ihr Personal im Büro am Gendarmenmarkt um 15
Redakteure auf. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ erweiterte ihre Berliner Redaktion in der Nähe der Friedrichstraße
sogar um 35 Redakteure. Phase III, ‚Berliner Seiten und der Anspruch auf Deutungsmacht’ begann am 1. September 1999
mit dem Start der „Berliner Seiten“, einer sechs- bis achtseitigen Beilage in der Berliner Auflage der „Frankfurter Allgemeinen
Zeitung“. Die Zeitungen aus der Hauptstadt, „Welt“, „Tagesspiegel“, „Berliner Zeitung“ und „taz“ zogen mit ähnlichen
Formaten nach. Phase IV, ‚Der neue Hauptstadtstil und Abwicklung in der Medienkrise’, reflektiert, wie auf den Berlin-Boom
eine einschneidende ökonomische Krise des Pressemarkts folgte. Auf die durch den Zusammenbruch des ‚Neuen Marktes’
Anfang 2000 ausgelöste Wirtschaftskrise reagierte man mit Kürzungen und Entlassungen. Zwar zog 2001 noch die
Redaktion der „Welt am Sonntag“ nach Berlin, aber bei den Verlagen hatte sich mit dem Abschwung die Erkenntnis
durchgesetzt, dass sich die hohen Investitionen nicht rechnen würden. 2002 stellten „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und
„Süddeutsche Zeitung“ ihre Berlin-Seiten ein.
59
Im Jahr 2008 konstatierten Kramp/Weichert: „Um den Status einer regionalen
Hauptstadtzeitung, wie ihn zu Bonner Zeiten der ‚General-Anzeiger’ innehatte, wird nach wie vor gestritten.“
60
2.8 Der Verkauf des Berliner Verlags
2002 kündigte die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck den Kauf des Berliner Verlages mit seinem Flaggschiff „Berliner
Zeitung“ an (vgl. Konzernportrait Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck GmbH). Zum Jahresende stoppte das
Bundeskartellamt jedoch die Pläne mit der Begründung, die Übernahme hre zu einer marktbeherrschenden Stellung auf
dem Berliner Anzeigenmarkt. Holtzbrinck beantragte daraufhin eine Ministererlaubnis durch den amtierenden
Wirtschaftsminister Wolfgang Clement. Diese kam nicht zustande, weil die Axel Springer AG zur gleichen Zeit damit drohte,
„Die Welt“ einzustellen, sollte dem Holtzbrinck-Antrag stattgegeben werden. 2004 untersagte das Kartellamt den Kauf
endgültig. Daraufhin wurde der Berliner Verlag 2005 an die Investoren Mecom (Großbritannien) und Veronis Suhler
Stevenson (USA) veräußert. In der Folgezeit übernahm Mecom den Verlag vollständig, musste jedoch Ende 2008 nach
starken Verlusten sein Scheitern eingestehen und einem erneuten Verkauf an den Kölner Verleger Neven Du Mont
(„Express“, „Kölner Stadt-Anzeiger“) zustimmen.
2.9 Zusammenfassung
Der Berliner Zeitungsmarkt weist strukturelle Schwächen auf, die historisch aufgrund zweier Diktaturen, der Vertreibung und
Ermordung der jüdischen Bevölkerung zwischen 1933 und 1945 und der Teilung entstanden sind. Die publizistisch und
intellektuell prosperierende Zeitungslandschaft Berlins und ihre ökonomischen Strukturen wurden zunächst durch die
Nationalsozialisten zerstört. Nach dem Krieg schlugen Versuche größtenteils fehl, an die Tradition der großen Berliner
Blätter „Berliner Tageblatt“, „Vossische Zeitung“ und „Deutsche Allgemeine Zeitung“ anzuknüpfen. Berlin verlor den Status
als Hauptstadt, auch wegen seiner geopolitischen Sonderlage, welche die Stadt vom Zentrum Deutschlands entfernte und
zu einer Exklave machte. Weitere strukturelle Nachteile wurden mit dem Mauerbau zementiert, so zum Beispiel bei Vertrieb
und Druck. Einzig die Axel Springer AG engagierte sich aus eher politisch-ideologischen denn aus ökonomischen Gründen
in Berlin und kann als „Erbe“ der großen Verlagshäuser Scherl, Mosse und Ullstein betrachtet werden, die einst Berlins Ruf
58
Mützel, Sophie (2007): Von Bonn nach Berlin: Der gewachsene Hauptstadtjournalismus. In: Weichert, Stephan/ Zabel,
Christian (2007) (Hg.): Die Alpha-Journalisten. Deutschlands Wortführer im Porträt. Köln: Halem, 55.
59
Vgl. Mützel, Sophie (2002): Making meaning of the move of the German capital: Networks, logics, and the emergence of
capital city journalism. New York: Columbia University.
60
Kramp, Leif/ Weichert, Stephan (2008): Journalismus in der Berliner Republik Wer prägt die politische Agenda in der
Bundeshauptstadt? Wiesbaden: Netzwerk Recherche e.V., 36-37.
15
als Zeitungsstadt begründeten. Auch hinsichtlich des Umzugs von Springers defizitärer Tageszeitung „Die Welt“ nach Berlin
in den 1990er Jahren steht der Konzern gewissermaßen in der Tradition Ullsteins. Die Ullstein-Brüder hatten die „Vossische
Zeitung“ – im Volksmund „Tante Voss“ – ebenfalls als Minusgeschäft zu Prestigezwecken betrieben. Die Kehrseite von
Springers Berlin-Engagement war allerdings eine überproportionale publizistische Machtkonzentration des Verlags während
der Teilung in Westberlin, die abgeschwächt noch bis dato besteht.
Auf der anderen Seite der Mauer fußte das Tageszeitungssystem der DDR auf der unangefochtenen Zentralstellung Berlins
als Hauptstadt der sozialistischen Republik. Mit seinen hohen Auflagen, aber ohne Pressefreiheit brach dieses jedoch mit
der Wende fast vollständig zusammen. Die Blätter wurden von westdeutschen Verlagen übernommen. Mit dem Umzug der
Bundesregierung nach Berlin sah es für kurze Zeit nach einer Wiederbelebung des Mythos der großen Berliner
Zeitungstradition aus. Verschiedene Versuche, eine überregionale Berliner Qualitätszeitung zu schaffen, schlugen jedoch
fehl. Mit der Wirtschaftskrise ab 2000, die sich bei den Verlagen als Anzeigen- und Auflagenkrise manifestierte, war die
kurze Aufbruchsstimmung auf dem Berliner Pressemarkt passé. Berlin weist zwar die in Deutschland mit Abstand
vielfältigste Zeitungslandschaft auf und ist seit 2008 Sitz der Redaktion der auflagenstärksten überregionalen deutschen
Zeitung („Bild“); zudem ermöglichten steuerliche Vorteile sowie Subventionen während der Teilung und nicht zuletzt die
kulturelle Ausstrahlung der Stadt auch das Überleben der Neugründung „die tageszeitung“. Dennoch: die publizistischen
Schwergewichte der Republik erscheinen anderswo. Neben wirtschaftlichem Druck sind Zeitungen zudem zunehmend
einem technologischen Wandel ausgesetzt. Peter de Mendelssohn formulierte 1982 mit Blick auf die Konkurrenz durch das
Fernsehen hellsichtig: „Was die in rasantem Tempo voranstürmende elektronische Technik aus der Zeitung machen kann,
davon haben wir heute, auf der Schwelle zu etwas ganz Neuem, zu einer Zeitung, die nicht mehr geschrieben, nicht mehr
gesetzt, nicht mehr gedruckt, nicht mehr am Kiosk verkauft oder von der Botenfrau in den Briefkastenschlitz gesteckt wird,
die nur noch in kürzesten, knappsten Sätzen von einem Bildschirm abzulesen ist, bereits eine bestimmte Vorstellung.
61
Anschließend kommt er zu dem optimistischen Schluss: „Der Zeitung, wie wir sie kennen und schätzen, steht eine Wandlung
bevor wie niemals zuvor in ihrer rund 350-jährigen Geschichte, und an dieser Wandlung wird die Zeitungsstadt Berlin ihren
Anteil haben.“
62
61
De Mendelssohn, Peter (1982): Zeitungsstadt Berlin. Menschen und Mächte in der Geschichte der deutschen Presse. Frankfurt
am Main/Berlin: Ullstein, 596-597.
62
Ebd., 597.
Politische/gesellschaftliche
Entwicklung in Berlin und
Deutschland
Entwicklung auf dem deutschen Presse- und Medienmarkt Entwicklung des Berliner Pressemarktes
17.Jahrhundert
Säkulare und profane Zensur des
Druckwesens
15. September 1609 Erstausgabe der ersten wöchentlich auf
deutschem Boden erscheinenden Zeitung „Aviso“ in Wolfenbüttel; 8-
seitig
1650 Erstausgabe der „Einkommenden Zeitungen“, der ersten
Tageszeitung der Welt in Leipzig
Ende 17. Jhd. In Deutschland bestanden rund 70 Zeitungen, die
jeweils eine durchschnittliche Auflage von 350-400 Exemplaren
besaßen
18. Jahrhundert 1721 Gründungsjahr der „Vossischen Zeitung“ (amtl.
Name: „Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung von
Staats- und Gelehrten Sachen“; Hrsg. Johann
Andreas Rüdiger
1751 Johann Andreas Rüdiger vererbt die Zeitung an
seinen Schwiegersohn Christian Friedrich Voss (150-
200 Exemplare)
19. Jahrhundert 1861 Gründung der „Norddeutsche Allgemeine
Zeitung“, ab 1918 umbenannt in Deutsche Allgemeine
Zeitung.
1874 Reichpressegesetz: Einheitliche Gewährleistung der
Pressefreiheit
1. Januar 1872 Gründung „Berliner Tageblatt“ durch
Rudolf Mosse. Entwicklung zur zeitweilig zweitgrößten
Tageszeitung der Hauptstadt.
20. September 1898 Erstausgabe der „Berliner
Morgenpost“; Gründer und Verleger: Leopold Ullstein
20. Jahrhundert 22. April 1904 der Ullstein Verlag bringt die „B.Z. am
Mittag“ heraus; erste deutsche
Straßenverkaufszeitung. Geht aus der
Zusammenlegung von „Neues Berliner Tageblatt“ und
„Berliner Zeitung“ hervor.
1914-1918 1. Weltkrieg
31. Juli 1914 Verhängung des Kriegszustandes in dessen Folge das
preußische Gesetz in Kraft tritt; Meinungs- und Pressefreiheit wurde
aufgehoben
2. August 1914 der Ullstein-Verlag kauft die
„Vossische Zeitung“ auf.
1919-1933 Weimarer Republik 1922 und 1930 Die Republikschutzgesetze gaben Behörden das
Recht, Zeitungen zu verbieten, wenn diese die Staatsform,
Staatsfarben oder Regierungsmitglieder diffamierten. Zwischen 1931
und 1932 wurden allein in Preußen 284 Zeitungen verboten.
1933 Hitlers Machtübernahme
Errichtung des Reichsministeriums für Volksaufklärung und
Propaganda mit Sitz in Berlin. (Gleichschaltung der Medien, staatliche
Zensur und Presse als Instrument der Propaganda)
28. März 1993 Verordnung setzt das Grundrecht der Pressefreiheit
außer Kraft.
10. März 1933 Verbot des „Berliner Tageblatt“ für
drei Tage, danach endgültige Gleichschaltung der
Zeitung.
31. März 1934 Einstellung der „Vossischen Zeitung“
nach diversen Schikanen der Propagandabehörde.
4. Oktober 1933 Schriftleitergesetz tritt in Kraft
1939 -1945 2. Weltkrieg 31. Januar 1939 Einstellung „Berliner Tageblatt“
1945 Einstellung „Deutsche Allgemeine Zeitung“
5. Juni 1945 Berlin wird in vier
Besatzungszonen aufgeteilt
Presse unter Alliierter Kontrolle (Lizenzpresse: 1945-1949)
31. Juli 1945 Erstausgabe der „Frankfurter Rundschau“ (Lizenzzeitung
in der amerikanischen Besatzungszone)
6. Oktober 1945 Erstausgabe der „Süddeutschen Zeitung“ (München)
21. Mai 1945 Erstausgabe der „Berliner Zeitung“ in O-
Berlin
27. September 1945 Erstausgabe des
„Tagesspiegels“ in Berlin und Brandenburg, unter US-
amerikanischer Lizenz
2. April 1946 Erstausgabe „Die Welt“ in Hamburg (von britischen
Alliierten)
1. Januar 1947 Verschmelzung
der Britischen und
Amerikanischen Zone zur Bizone
4. Januar 1947 Erste Ausgabe des „Spiegel“
25. Juni 1948 Blockade W-
Berlins
2. August 1948 Erste Ausgabe des „Stern“ 1948 „Der Tagesspiegel“ konnte nur noch in W-Berlin
vertrieben werden
1949 Gründung der BRD und der
DDR; O- Berlin wird Hauptstadt
der DDR
23. Mai 1949 Verkündung des
Grundgesetzes der BRD (Artikel
5 Pressefreiheit; Bund hat das
Recht auf
Presserahmengesetzgebung)
7. Oktober 1949 Verkündung der
Verfassung der DDR
(„Pressezensur findet nicht statt“
Art.9; aber: Kritik konnte als
Boykotthetze Art.6 ausgelegt
werden)
18. August 1949: Gründung der Deutsche Presse Agentur (dpa).
Zusammenschluss der drei Nachrichtenagenturen der westdeutschen
Besatzungszonen – die Deutsche Nachrichtenagentur (dena), der
Deutsche Pressedienst (dpd) und die Süddeutsche Nachrichtenagentur
(südena)
1. September 1949 Gründung des Gesamtverbandes Deutscher
Zeitungsverleger für die West-Zonen und West-Berlin.
21. September 1949 Gesetz Nr. 5 der Alliierten Hohen Kommission
gab Presse frei (Ende der Lizenzpresse)
01. November 1949 Erstausgabe der „Frankfurter Allgemeinen
Zeitung“
24. Juni 1952 Erste Ausgabe der „Bild“-Zeitung
15. Juni 1949 Erstausgabe der „B.Z. am Abend“ in O-
Berlin, (einzige Kaufzeitung der DDR)
17. Juni 1953 Volksaufstand in
der DDR
1953 der Axel Springer Verlag erwirbt „Die Welt“ von den britischen
Alliierten
1953 „Berliner Zeitung“ und „B.Z. am Abend“ wurden
dem Zentralkomitee der Sozialistischen Einheitspartei
(SED) unterstellt
19. November 1953 Die „B.Z.“ erscheint wieder nach
2. Weltkrieg
1955 Ende der Lizenzierungspraxis in West-Berlin
20. November 1956 Gründung des Deutschen Presserates, eine
freiwillige Instanz der publizistischen Selbstkontrolle
1959 der Axel Springer Verlag kauft die „Berliner
Morgenpost“
1960 der Axel Springer Verlag kauft den Ullstein Verlag
(„B.Z.“ wird Teil der Springer-Gruppe)
13. August 1961 Bau der
Berliner Mauer
15. Juni 1965 Das Berliner Abgeordnetenhaus
beschließt das Berliner Pressegesetz (W-Berlin)
Axel Springer hält weiter am Bau seiner Konzern-
Zentrale fest. In der Kochstraße, direkt an der Grenze
beginnt der Bau und wird 1966 fertiggestellt.
1967 Regierung der BRD setzt Günther-Kommission ein (Inhalt:
Folgenabschätzung von Pressefusionen)
6. April 1968 Überarbeitung der
Verfassung der DDR (Hinweis auf
Zensurbestimmungen gestrichen)
1. April 1975 Gesetz über eine Pressestatistik (Statistische Bundesamt
erhebt jährlich Pressestatistik mit Informationen über wirtschaftliche
Entwicklung, Strukturen des Pressemarktes) in der BRD
20. Mai 1976 Gesetz zur Pressefusionskontrolle in der BRD erlassen
27. September 1978 Vorausgabe der „tageszeitung“
(taz); in W-Berlin als selbst verwaltetes Zeitungsprojekt
gegründet
4. November 1989 Größte Demonstration in Ost-Berlin
für Presse- und Meinungsfreiheit
3. Oktober 1990 Deutsch-
deutsche Wiedervereinigung;
Berlin wird bundesdeutsche
Hauptstadt
Von November 1989 und Mitte Januar 1990 Entlassung
der Chefredakteure aller 17 SED-Zeitungen. Die
Redaktionen erklärten sich für unabhängig.
1. April 1990 wirtschaftliche Selbstständigkeit der
„Berliner Zeitung“, d.h. die PDS stellte ihre
Subventionszahlungen zum 31. März 1990 ein.
1990 Umbenennung der ostdeutschen „B.Z. am Abend“
in „Berliner Kurier am Abend“
20. Juni 1991
Hauptstadtbeschluss: Berlin wird
Regierungssitz
1991 Gruner und Jahr und der Verleger Robert Maxwell
übernehmen Berliner Verlag („Berliner Zeitung“; „B.Z.
am Abend“ - später umbenannt in „Berliner Kurier am
Abend“, dann eingestellt; „Berliner Kurier“)
1991 „Der Tagesspiegel“ und „Morgenpost“ führen eine,
bis dahin in W-Berlin fehlende, Montagsausgabe ein, um
mit der Berliner Zeitung gleichzuziehen
1992 die „tageszeitung“ (taz) organisiert sich
genossenschaftlich
Oktober 1992 Georg von Holtzbrinck Verlag erwirbt
Mehrheitsanteile am „Tagesspiegel“
1992 „Die Welt“ verlegt ihren Sitz von Bonn nach Berlin
20. November 1996 Aufhebung des Gesetzes über eine Pressestatistik
1. September 1999 Regierung
und Parlament nimmt Arbeit in
Berlin auf
Hoffen auf neue Epoche der Berliner Zeitungslandschaft
durch Hauptstadtjournalimus:
Renommierte Journalisten werden in die neue
Hauptstadt gelockt.
Mit Relaunches und Neugründungen („Die Welt“) von
Berlin-Ausgaben wird versucht, einen Teil des Marktes
zu besetzten.
„Der Tagesspiegel“ will mit neuem Stil und Layout neue
Leser gewinnen. Die „Berliner Zeitung“ reagiert darauf
mit einem Relaunch.
Die „Frankfurter Allgemeine“ leitet mit dem Projekt einer
Hauptstadtbeilage aus Berlin eine neue Phase ein.
Die „Süddeutsche Zeitung“, „Tagesspiegel“, „Berliner
Zeitung“, „Die Welt“ und taz folgten mit Berliner-Seiten.
2001 wirtschaftliche Krise des Pressemarktes. Anzeigen- und
Auflagenrückgänge führen zu Einsparmaßnahmen.
2002 Die FAZ und die „Süddeutsche Zeitung“ stellen
Berlin-Seiten ein.
Die „Berliner Zeitung“ scheint den Konkurrenzkampf mit
dem Tagesspiegel verloren zu haben.
2001 „Welt am Sonntag“ zieht nach Berlin
2002 Der Springer Verlag fusioniert die Redaktionen von
der „Welt“ und der „Berliner Morgenpost
Juni 2002 Georg von Holtzbrinck Verlag kauft den
Berliner Verlag
22. November 2002 das Bundeskartellamt stoppt den
Verkauf des Berliner Verlages an den Holtzbrinck Verlag
14. Januar 2003 Holtzbrinck beantragt eine
Ministererlaubnis, um trotz des Vetos die „Berliner
Zeitung“ übernehmen zu können
4. Februar 2004 Bundeskartellamt untersagt
endgültig den Kauf der Berliner Zeitung durch den
Georg von Holtzbrinck Verlag; Grund: Furcht vor
marktbeherrschender Stellung
25. Oktober 2005 Verkauf des Berliner Verlages an
britische (Mecom) und US-amerikanische (Veronis
Suhler Stevensen) Investoren
1. September 2006
Rahmengesetzgebungskompeten
z des Bundes im Bereich des
Presse ist im Zuge der
Föderalismusreform abgeschafft
wurden
2006 die „B.Z.“ erscheint in eigener Gesellschaft B.Z.
Ullstein GmbH
Juli 2007 das Hauptstadtbüro des Spiegel wird
künftig von einer Doppelspitze geführt: Georg
Mascolo und Dirk Kurbjuweit
2008 Umzug der „Bild“ von Hamburg nach Berlin
Jahreswechsel 2008/2009 Verkaufsverhandlungen
zwischen der Verlagsgruppe DuMont Schauberg und
Mecom um den Berliner Verlag. Mitte Januar 2009
schließlich Verkauf des Berliner Verlags für ca. 170
Mio. Euro an DuMont Schauberg.
Tabelle 1: Chronologischer Überblick der historischen Pressemarktentwicklung Berlins (Eigene Darstellung)
Quellen: Beck, Tilmann (1992): Die Veränderungen in den früheren DDR-Medien im Jahr der deutschen Wiedervereinigung anhand des Neuen Deutschlands und der
Berliner Zeitung vom Fall der Berliner Mauer bis zu den ersten Landtagswahlen in der ehemaligen DDR. Unveröffentlichte Magisterarbeit an der Philosophischen Fakultät
der Albert-Ludwigs-Universität zu Freiburg im Breisgau; Held, Barbara/ Simeon, Thomas (1994): Die zweite Stunde Null, Berliner Tageszeitungen nach der Wende (1989-
1994). Berlin: Spiess.; Noelle-Neumann, Elisabeth et al. (Hg.) (1999): Fischer Lexikon. Publizistik und Massenkommunikation. Frankfurt am Main: S. Fischer; Meyn,
Hermann (2001): Massenmedien in Deutschland. Konstanz: UvK; Wilke, Jürgen (1999): Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Bonn: Bundeszentrale für
politische Bildung.
3. Analyse der ökonomischen Struktur
Der Berliner Pressemarkt gehört zu den dichtesten Medienregionen Deutschlands. Trotz Einschränkungen der
wirtschaftlichen Prosperität und der Geltungsreichweite einzelner Zeitungstitel, welche die Darstellung der historischen
Entwicklung des Berliner Pressemarktes offenbarte, ist er einer der lebendigsten Zeitungsmärkte Europas: Hier arbeiten die
meisten der bundesweit 17.000 fest und frei tätigen Zeitungsjournalisten, hier werden seit Jahren die heftigsten Kämpfe um
die Vorrangstellung im Medienwettbewerb ausgetragen. Doch auch neun Jahre nach dem Regierungsumzug von Bonn nach
Berlin vermochte es keine der lokalen Tageszeitungen, den Rang einer Hauptstadtzeitung von überregionaler Bedeutung zu
erringen und damit einen ähnlichen Sonderstatus zu genießen wie vormalig der „Bonner General-Anzeiger“ in den
Jahrzehnten der Bonner Republik.
3.1. Sektion Marktanalyse
Der Leserschaft in der Bundeshauptstadt werden insgesamt zehn Tageszeitungen und acht Wochenzeitungen angeboten,
die allesamt ihren Redaktionssitz in Berlin haben und sich maßgeblich über ihre Berliner Leserschaft definieren. In Berlin
erscheinen folgende ‚publizistische Einheiten’, d. h. Tageszeitungen mit Vollredaktionen: „B.Z.“, „Berliner Kurier“, „Berliner
Zeitung“, „Bild“, „Der Tagesspiegel“, „die tageszeitung“ (taz), „Junge Welt“, „Neues Deutschland“ und „Die Welt“/ „Berliner
Morgenpost“. Außerdem erscheinen regelmäßig folgende Wochenzeitungen mit nennenswerter Auflage (ab 6.000
Exemplaren) in Berlin: „Bild am Sonntag“, „Welt am Sonntag“, „Freitag“, „Die Kirche – Evangelische Wochenzeitung“,
„Jüdische Allgemeine“, „Junge Freiheit“, „Europa Ekspress“ (russisch), „Russkaja Germanija“ (russisch).
Abbildung 1: Marktanteile einzelner Pressetitel im Verkauf (montags bis freitags) im Berliner Verbreitungsgebiet
(Quelle: IVW-Verbreitungsanalyse 2008, eigene Darstellung)
Die Marktstellung der in Berlin beheimateten Zeitungen ist weiterhin stark: Ihr Marktanteil beträgt über 90 Prozent,
überregionale Titel sind mit etwa zehn Prozent vertreten. Abb. 1 bietet eine differenzierte Aufstellung der Marktanteile der
wichtigsten Presseerzeugnisse nach Verkaufszahlen in Berlin, darunter auch überregionale Zeitungen wie die „Süddeutsche
Zeitung“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und die „Frankfurter Rundschau“.
22
Die acht großen Stadtzeitungen Berlins beherrschen den Berliner Pressemarkt. Ausgenommen ist hier „Die Welt“, die ein
dezidiert überregionales Profil hat und 90 Prozent der Mantel-Auflage im restlichen Bundesgebiet verbreitet. Auf die hiesigen
Kaufzeitungen entfallen dabei etwa 40 Prozent der Marktanteile, auf klassische Abonnementzeitungen etwa 50 Prozent. Das
Vorhaben einiger auswärtiger Zeitungshäuser, in Berlin ein zweites starkes Standbein zu entwickeln, schlug weitgehend fehl:
Die Etablierung der so genannten „Berliner Seiten“ der „Süddeutschen Zeitung“, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und
der „Frankfurter Rundschau“ brachten nicht die erhofften Lesergewinne, weshalb die ambitionierten Lokalseiten nach
wenigen Jahren wieder eingestellt wurden. Allein die „taz“, „Bild Berlin-Brandenburg“, „Neues Deutschland“ und „Die Welt“
unterhalten unter den überregionalen Tageszeitungen nach wie vor eine Berliner Lokalredaktion.
Der Zehn-Jahres-Trend (Abb. 2) zeichnet ein differenzierteres Bild und lässt erkennen, dass die Berliner Zeitungshäuser seit
einiger Zeit von Auflagenstagnation und sogar von teils besorgniserregenden Auflagenrückgängen betroffen sind.
Abbildung 2: Verkaufte Auflage Berliner Tageszeitungen (montags bis freitags) von 1998 bis 2008
63
(Quelle: IVW-
Auflagenstatistik 2008, eigene Darstellung)
.
Vor allem die dominanten Kaufzeitungen „B.Z.“, „Berliner Morgenpost“, „Berliner Kurier“ sowie die „Berliner Zeitung“ mussten
seit 1998 hohe Einbußen verkraften. Die verkaufte Auflage von Titeln mit einer traditionell eng umgrenzten Leserschaft wie
„taz“ und „Neues Deutschland“
64
blieb dagegen auf lange Sicht konstant.
Überregionale Zeitungen legten im Berliner Verbreitungsgebiet während desselben Zeitraumes deutlich zu und markieren
einen gegenläufigen Trend (Abb. 3).
63
Die Werte für das Geschäftsjahr 2008 basieren auf dem Mittelwert der ersten drei Geschäftsquartale.
64
Für das „Neue Deutschland“ liegen Auflagenzahlen erst ab dem 2. Quartal 1999 vor. Der erste Durchschnittswert für das Jahr
1999 wurde ohne den Auflagenwert des ersten Quartals ermittelt.
23
Abbildung 3: Verkaufte Auflage überregionaler Zeitungen (montags bis freitags) im Berliner Verbreitungsraum im
jeweils 1. Quartal 1998-2008
65
(Quelle: IVW-Verbreitungsanalysen 1998-2008, eigene Darstellung).
Vor allem die überregionalen Qualitätszeitungen „Süddeutsche Zeitung“ und „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ konnten in
Berlin respektable Zuwächse verzeichnen. Diese sind indes nicht auf eine Fokussierung der Berichterstattung aus und über
Berlin zurückzuführen, da die eigens gegründeten Lokal-Rubriken schon 2002 geschlossen wurden, sondern auf ein
steigendes Leserinteresse an den betreffenden Zeitungsmarken. Selbst das „Handelsblatt“ baut seine Marktposition in Berlin
langsam, aber stetig aus, allein die verkaufte Auflage der „Frankfurter Rundschau“ stagniert.
Die Negativtendenzen in der Gesamtentwicklung der Berliner Zeitungen sind insofern alarmierend, als dass der Berliner
Absatzmarkt für die dort erscheinenden Printmedien existentielle Bedeutung hat. Abb. 4 zeigt die aktuelle Verteilung der
Verkaufszahlen nach Region: Innerhalb der Stadtgrenzen Berlins wird titelübergreifend das Gros der gedruckten Auflage
verkauft. Einzige Ausnahme ist „Bild Berlin-Brandenburg“, die jedoch auch das benachbarte Brandenburg als bedeutendes
Vertriebsgebiet mit einbezieht.
65
Die verkaufte Auflage der „Welt“ in Berlin (Mo-Fr) wurde von der IVW erst seit dem 1. Quartal 2006 erfasst.
24
Abbildung 4:
Verkaufte tägliche Auflage Berliner Tageszeitungen (montags bis freitags) anteilig innerhalb und
außerhalb des Berliner Verbreitungsgebietes
(Quelle: IVW-Verbreitungsanalyse 2008, eigene Darstellung).
Die Wochenendausgaben der Berliner Tageszeitungen (einschließlich „Bild am Sonntag“ und „Welt am Sonntag“) haben
zwar generell höhere Auflagenwerte zu verzeichnen, weisen aber ein ähnlich gewichtetes Verbreitungsverhältnis auf. Unter
den übrigen Berliner Wochenzeitungen ist der russische Titel „Europa Ekspress“ mit 77.536 verkauften Exemplaren
Spitzenreiter in der Rangliste der Verbreitungsanalyse (IVW-Quartal 1/2008). Es folgt die ebenfalls russische Wochenzeitung
„Russkaja Germanija“ (41.209), die konservative „Junge Freiheit“ (14.963), die Ost-West-Wochenzeitung „Freitag“ (12.382),
die evangelische Wochenzeitung „Die Kirche“ (8.612) sowie die „Jüdische Allgemeine Wochenzeitung“ (6.875).
Die Presseaktivitäten in Berlin sind größtenteils unter fünf Medienunternehmen aufgeteilt. Die Axel Springer AG ist der
größte Konzern auf dem Berliner Medienmarkt, dahinter die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck. Tab. 1 weist die aktuellen
Umsatzzahlen der großen Berliner Pressehäuser im Geschäftsjahr 2007 sowie ihre Besitzverhältnisse aus:
25
Axel Springer AG 2.578 Axel Springer Gesellschaft für Publizistik GmbH & Co. (50%),
Streubesitz (25.6%), Axel Springer AG (Eigenbesitz) (9.6%),
Hellman & Friedman LL.C. (9.4%), Friede Springer (5%)
Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck GmbH 2.489 Monika Schöller (50%),
Dr. Stefan von Holtzbrinck (50%)
BV Deutsche Zeitungsholding GmbH 31,3
(1. Halbjahr)
66
Mecom Group (100%)
die tageszeitung (taz) 22,175 taz Genossenschaft (100%)
Neues Deutschland 11,271 Die Linke.PDS (50%), Föderative Verlags-, Consulting- und
Handels GmbH (50%)
Tabelle 2: Jahresumsätze und aktuelle Besitzverhältnisse der führenden Presseunternehmen auf dem Berliner
Zeitungsmarkt
(Quelle: Institut für Medien- und Kommunikationspolitik, eigene Darstellung)
Die marktbeherrschende Stellung der Axel Springer AG sowie der Holtzbrinck-Verlagsgruppe haben dem Wettbewerb auf
dem Berliner Pressemarkt nicht geschadet. Auch internationale Medienkonzerne, wie das an der Axel Springer AG beteiligte
Unternehmen Hellmann & Friedmann (u. a. Getty Images) oder die britische Mecom Group schätzen die Marktpotenziale als
enorm ein und sehen Renditemöglichkeiten von bis zu 20 Prozent.
67
Mecom verkauft europaweit über 18 Millionen
Zeitungen täglich. Gleichsam offenbaren die Aktivitäten ausländischer Finanzinvestoren die Risiken eines solchen
Engagements
68
: Kritiker warnen vor einem Ausverkauf des Qualitätsjournalismus und sehen das Ende von hochwertiger
Berichterstattung bereits gekommen. Meldungen im Herbst/ Winter 2008 über neue Entlassungswellen v. a. bei „Berliner
Zeitung“ und „Netzeitung“ – verstärkten solcherlei Bedenken.
69
Zurzeit sind in Berlin mehrere tausend Journalisten tätig. Eine gesicherte Gesamtzahl der Berichterstatter aus allen
Themenbereichen kann nicht seriös ermittelt werden. Zwar wurden in der Vergangenheit Gesamtwerte publiziert
70
, die von
etwa 8.000 bis 10.000 Journalisten in Berlin ausgingen, ohne jedoch diese Zahlen zu belegen. Stattdessen kann von einer
deutlich höheren Dunkelziffer ausgegangen werden, da in Berlin eine Vielzahl von freien Journalisten arbeitet, die den Beruf
häufig nur als Nebentätigkeit ausübt. Demgegenüber weisen Journalistenorganisationen und ähnliche Institutionen
Akkreditierungen von Journalisten aus
71
, die einen Anhaltspunkt dafür bieten, wo und wie viele Journalisten in Berlin aktiv
sind. Dabei sollte jedoch allenfalls von einer „Mindestzahl“ gesprochen werden, die bei 8.000 Journalisten liegt, aber keinen
Anspruch auf Vollständigkeit beanspruchen kann.
66
Die BV Deutsche Zeitungsholding GmbH stellte keine Umsatzzahlen für das Gesamtgeschäftsjahr 2007 zur Verfügung.
67
Vgl. Serrao, Marc Felix/Busse, Caspar (2008): Kette ohne Perlen. David Montgomery in Nöten: Krisengespräche in Berlin,
Strategiewechsel in London. In: Süddeutsche Zeitung vom 03.03.2008, 15.
68
Vgl. zur aktuellen Situation des Engagements von Finanzinvestoren in Deutschland und im internationalen Vergleich: Schulz,
Wolfgang/Kaserer, Christoph/Trappel, Josef (Hg.) (2008): Finanzinvestoren im Medienbereich. Gutachten im Auftrag der
Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten. Hamburg: Hans-Bredow-Institut; Zabel, Christian/Lingemann, Jan (2008):
Journalisten als Renditeobjekte. Die Medienbranche im Fokus von Finanzinvestoren. In: Neue Zürcher Zeitung vom 23.05.2008,
63.
69
Vgl. o.V. (2008): Jeder dritte Redaktionsjob soll weg. In: Spiegel Online vom 23.06.2008. Internetressource:
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,561548,00.html, überprüft am 31.12.2008; Pohlmann, Sonja (2008): Weiter
Unruhe beim Berliner Verlag. In: Der Tagesspiegel vom 18.12.2008. Internetressource: http://www.tagesspiegel.de/medien-
news/Berliner-Zeitung-Berliner-Verlag-Netzeitung-Depenbrock-Montgomery;art15532,2687313, überprüft am 31.12.2008.
70
Z.B. Gäbler, Bernd (2007): Newsbranche Berlin-Brandenburg II. Online. Informationen zum Medienstandort Berlin-
Brandenburg. Berlin: Medienboard Berlin-Brandenburg GmbH.
71
Hier sind die Berufsverbände DJV und dju/ver.di zu nennen, die Parallelmitgliedschaften satzungsgemäß ausschließen, sowie
die Akkreditiertenzahlen der Bundespressekonferenz, der Berliner Pressekonferenz, des Bundespresseamtes und des Vereins der
Auslandspresse, obwohl bei letzteren durch den engen Fokus auf die Politikberichterstattung Doppelakkreditierungen nicht
ausgeschlossen werden können.
Presseunternehmen auf dem Berliner
Zeitungsmarkt
Umsatz im Geschäftsjahr 2007 in
Mio. Euro
Aktuelle Besitzverhältnisse
26
Zahl der organisierten Journalisten in Berlin in 2008
DJV Berlin 2.137
Verein Berliner Journalisten 1.352
DJU Berlin-Brandenburg 4.400
Bundespressekonferenz 925
Berliner Pressekonferenz 150
Bundespresseamt 2.128 (Jahres-Akkreditierung)
Verein der Auslandskorrespondenten 370
Tabelle 3: Anzahl organisierter Journalisten in Berlin im Jahre 2008
(Quelle: Institut für Medien- und
Kommunikationspolitik, eigene Darstellung)
Abbildung 5: Anzahl der festangestellten Journalisten in Berlin nach Medienunternehmen in 2008
(Quelle: Institut für
Medien- und Kommunikationspolitik, eigene Darstellung)
Abb. 5 unterstreicht den personellen Überhang der Axel Springer AG. Insgesamt waren im Juni 2008 in den Berliner
Redaktionen aller Springer-Pressetitel etwa 855 festangestellte Journalisten beschäftigt („Bild Berlin-Brandenburg“, „Bild am
Sonntag“, „Die Welt/ Welt Kompakt“, „Welt am Sonntag“, „B.Z.“, „B.Z. am Sonntag“, „Berliner Morgenpost“, „Berliner
Woche“)
72
. Die Zahl der Redakteure bei der „Berliner Zeitung“ soll nach Ankündigungen der Verlagsleitung auf 90
Angestellte reduziert werden, was einem Personalabbau von ca. 30 Prozent gleichkommt. Unter den Punkt „Sonstige“ fallen
kleinere Berliner Redaktionen wie die des „Freitag“, der „Jüdischen Allgemeinen“ und „Europa Ekspress“. Zwei weitere
Berliner Publikationen – „Russkaja Germanija“ und „Jungle World“ – beschäftigen keine festen Journalisten. Die Zahl der
72
Da die Axel Springer AG keine Beschäftigtenzahlen für einzelne Verlagsobjekte veröffentlicht und in der genannten
Gesamtzahl von 855 Redakteuren auch die Zahl der fest angestellten Mitarbeiter von Axel Springer Digital TV enthalten ist, wird
die Nennung hier leicht eingeschränkt.
27
freien Journalisten - das lässt sich bereits aus den Mitgliedergewichtungen der Verbände schließen - liegt wesentlich höher
als die der Festangestellten.
Die publizistischen Aktivitäten der Medienunternehmen auf dem Berliner Pressemarkt beschränken sich nicht auf das
Segment der Zeitungsbranche, sondern breiten sich zunehmend auch auf das Feld der neuen Medien aus. Sämtliche
großen Berliner Zeitungshäuser sind bereits seit einigen Jahren crossmedial vernetzt. Tab. 3 zeigt die Beteiligungen der
einzelnen Unternehmen in den unterschiedlichen Mediensegmenten und weist bereits in Ansätzen auf die wachsende
Bedeutung des Internet-Geschäfts für den deutschen Pressesektor hin. In 2007 erwarb die Verlagsgruppe Holtzbrinck unter
anderem das Social-Network-Portal „StudiVZ“ und startete das Online-Magazin „zoomer.de“, das seine Nutzer zur
Teilnahme anregt. Die BV Deutsche Zeitungsholding stieg ebenfalls 2007 mit dem Kauf der „Netzeitung“-Gruppe ins
Internet-Geschäft ein. Die Axel Springer AG dagegen konzentriert sich auf die Entwicklung und den Ausbau von
publizistischen Internet-Konzepten im eigenen Hause.
Unternehmen Beteiligungen
Axel Springer AG - Berliner Morgenpost (100% an Ullstein GmbH)
- B.Z. (B.Z. Ullstein GmbH)
- B.Z. am Sonntag
- Spandauer Volksblatt (Berliner Wochenblatt Verlag GmbH)
- Berliner Woche (Berliner Wochenblatt Verlag GmbH)
- TV Berlin (27%)
- Radio Energy (indirekt)
Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck GmbH - Der Tagesspiegel (99%-Beteiligung, Verlag Der Tagesspiegel GmbH)
- Zitty Berlin
- [030]
- StudiVZ Ltd.
- Toptarif Internet GmbH
BV Deutsche Zeitungsholding GmbH - Berliner Zeitung (Berliner Verlag GmbH)
- Berliner Kurier (Berliner Verlag GmbH)
- Berliner Abendblatt
- Berliner Rathausnachrichten
- tip Berlin (TIP Verlag GmbH & Co. KG)
- Netzeitung (Netzeitung-Gruppe)
- Golem.de (Netzeitung-Gruppe)
- Autogazette.de (NZ Autoportal GmbH/ Netzzeitung-Gruppe)
- Berlin Online Stadtportal GmbH & Co (45%)
Tabelle 4: Beteiligungsverhältnisse der Berliner Zeitungsunternehmen in 2008
(Quelle: Institut für Medien- und
Kommunikationspolitik, eigene Darstellung)
Nachfolgend werden die Geschäftsaktivitäten der drei maßgeblichen Medienkonzerne auf dem Berliner Pressemarkt
detailliert erörtert. Dabei wird auf das historisch gewachsene Profil der Unternehmen ebenso eingegangen wie auf die
spezifischen Besonderheiten des Managements, des jeweiligen Engagements in unterschiedlichen Geschäftsfeldern sowie
auf Verlagsaktivitäten in Berlin, in Deutschland und dem Rest der Welt. Zusammenfassend werden außerdem die aktuellen
Entwicklungen und Geschäftsverhältnisse in grafischen Organigrammen aufgeführt, um eine beispielhafte Grundlage für die
Bewertung der derzeitigen Situation des Berliner Pressemarktes im Kontext medienübergreifender wirtschaftlicher
Entwicklungen zu erstellen.
28
3.2. Axel Springer Verlag
Als größter deutscher Zeitungsverlag und drittgrößter Medienkonzern Deutschlands ist die Axel Springer AG eine der
mächtigsten und zugleich traditionsreichsten Verlage Deutschlands. Mit insgesamt 10.348 Mitarbeitern (davon 855
redaktionellen Mitarbeitern in Berlin) verzeichnete der Konzern im Geschäftsjahr 2007 einen Umsatz von 2,578 Mrd. Euro
bei einem Verlust von 288 Mio. Euro.
Geschäftsführung/Vorstand (Schlüsselpositionen):
- Dr. Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender, Vorstand „Welt“-Gruppe/Regionalzeitungen, Vorstand Internationales
- Rudolf Knepper, stellv. Vorstandsvorsitzender Vorstand Technik und Logistik
- Steffen Naumann, Vorstand Finanzen und Dienstleistungen
- Dr. Andreas Wiele, Vorstand „Bild“-Gruppe und Zeitschriften
Aufsichtsrat:
- Dr. Giuseppe Vita, Berlin, Vorsitzender
- Dr. h.c. Friede Springer, Berlin, Stellv. Vorsitzende
- Dr. Gerhard Cromme, Vorsitzender des Aufsichtsrats der ThyssenKrupp AG und Siemens AG, Düsseldorf
- Michael Lewis, Geschäftsführer (CEO) der Oceana Retail Holdings Limited, London
- Klaus Krone, Kaufmann, Berlin
- Prof. Wolf Lepenies, Hochschullehrer, Berlin
- Dr. Michael Otto, Vorstandsvorsitzender Otto GmbH & Co., Hamburg
- Brian M. Powers, Geschäftsführer (CEO) Investmentgruppe Hellman & Friedman LLC, San Francisco
- Oliver Heine, Rechtsanwalt, Hamburg
Gesellschafter:
- Axel Springer Gesellschaft für Publizistik GmbH & Co. (Axel Sven Springer, Ariane Springer, Friede Springer - 50%
+ 10 Aktien)
- Axel Springer AG (9,8%)
- Hellman & Friedman (9,4%)
- Friede Springer (5%)
- Rest Streubesitz (25,8%)
Tab. 5: Ökonomische Basisdaten (Beträge in Mio. €)
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007
Umsatz Gesamt
2.902 2.864 2.777 2.320 2.402 2.392 2.367 2.578
Gewinn (Verlust)
nach Steuern
98 (198) 61 111,6 147,5 231 291 (288)
Aktienkurs
(in € Jahresende)
104,0 58,00 49,20 70,00 86,00 108 136 98
Dividende
(pro Aktie in €)
1,43 - 0,65 1,20 1,20 3,5 1,7 4
Beschäftigte 13.590 14.069 13.203 10.949 10.700 10.166 9.733 10.348
(Quelle: Institut für Medien- und Kommunikationspolitik, eigene Darstellung)
29
Tab. 6: Umsatz/Jahr nach Sparten (Beträge in Mio. €)
Jahr Zeitungen
1
Zeitschriften
2
Lohndruck
2006 1.092,5 498,2 85,9
2007 1.073,7 483,0 79,4
1) inklusive bild.t-online.de, immonet.de, stepstone.de
2) inklusive idealo.de
(Quelle: Institut für Medien- und Kommunikationspolitik, eigene Darstellung)
3.2.1. Geschichte und Profil
Ursprünglich beabsichtigte Axel Springer gemeinsam mit seinem Kollegen John Jahr (dem späteren Gründer von
Gruner+Jahr), dem Schauspieler Gustav Knuth und dem Box-Weltmeister Max Schmeling einen Zeitungs- bzw. Buchverlag
zu etablieren. Jedoch verhinderte die vermeintliche Nähe von Schmeling zum ehemaligen NS-Regime die Lizenzierung
durch die Alliierten.
73
Stattdessen gründete Springer mit seinem Vater Hinrich im Jahre 1946 in einem ehemaligen
Flakbunker in Hamburg die Axel Springer Verlag GmbH. Dem beruflichen Werdegang von Axel Springer kam es dabei
zugute, dass sein Vater bereits 1909 den Hammerich & Lesser Verlag gekauft hatte. Die rund 200.000 Reichsmark
Startkapital für die Gründung des Verlags stammten zum großen Teil aus der Entschädigung für die Einstellung der
„Altonaer Nachrichten“, die Hinrich Springer bis zur Ausgliederung in das „Reichsamt für die Presse“ im Jahr 1941 in seinem
Verlag herausgegeben hatte.
Der entscheidende Vorteil Axel Springers war seine ideologische Distanz zu den Nationalsozialisten zu Zeiten des Dritten
Reiches. Trotz seiner kurzzeitigen Aktivität im nationalsozialistischen Kraftfahrkorps und seiner Scheidung im Jahre 1938
von seiner „halbjüdischen“ Frau hielt er ansonsten deutlichen Abstand zu anderen Parteiorganisationen und der Nazi-
Ideologie und veröffentlichte zu keiner Zeit redaktionelle Beiträge mit faschistischem oder antisemitischem Unterton.
Stattdessen suchte er die Nähe zu der US-amerikanisch inspirierten Swing-Jugend und verstand sich später exzellent mit
den britischen Presseoffizieren, die sich von seinen Publikationen eine demokratische Umerziehung der Massen erhofften.
Im April 1946 erschien zum ersten Mal das politischen Monatsmagazin „Nordwestdeutsche Hefte“. Interessant an dieser
Publikation war, dass sie neben einer kritischen Auseinandersetzung der noch jungen Nazi-Vergangenheit auch „die
wohlwollende Erörterung des Sozialismus als Staatsform“
74
zum Thema machte. Das andere Projekt, das etwa zeitgleich
erschien, sollte im Gegensatz dazu nur reinen Unterhaltungszwecken dienen. Schon Anfang der vierziger Jahre hatte
Springer Pläne für eine Radio-Programmzeitschrift geschmiedet, die 1946 mit einer Auflage von 250.000 Stück unter dem
Namen „Hörzu“ als zweites Printmedium des Verlags erschien.
Springers Traum von einer unabhängigen Tageszeitung bewahrheitete sich aus lizenzrechtlichen Gründen erst 1948. Das
„Hamburger Abendblatt“ wurde schnell zur größten Regionalzeitung Deutschlands, weil Axel Springer wie kaum ein anderer
ein Gespür für die politische Kultur der fünfziger Jahre attestiert wurde, die durch einen Rückzug der Bevölkerung ins Private
gekennzeichnet war.
75
Dementsprechend ideologiefrei gestaltete sich die Zeitung und war mit ihrer, US-amerikanischen
Vorbildern entlehnten ,menschelnden‘ Berichterstattung ein Gegengewicht zum sachlichen und politisierten Stil anderer
Tageszeitungen.
Die erste bundesweit erscheinende Zeitung aus dem Hause Springer folgte 1952 mit der „Bild“. Im wahrsten Sinne des
Wortes bestand die Zeitung in ihrer Anfangsphase tatsächlich fast nur aus Fotografien, die allenfalls mit Bildunterschriften
unterlegt waren. Zwar waren Erscheinungsbild und Layout dem britischen „Daily Mirror“ entlehnt, auf die für die Yellow Press
typische reißerische ,Sex and crime‘-Bericherstattung verzichtete die Redaktion zunächst aber noch. Während der zweite
Chefredakteur, Rudolf Michael, sich noch dafür rühmte, über keinerlei persönliche Weltanschauung zu verfügen, veränderte
73
Bahnsen, Uwe (2005): Die Stadt, die auferstand. Hamburgs Wiederaufbau 1948-1960. Hamburg: Convent.
74
Kruip, Gudrun (1999): Das Welt-Bild des Axel Springer Verlags. Journalismus zwischen westlichen Werten und deutschen
Denktraditionen. München: Oldenbourg, 80.
75
Vgl. Diehl, Elke/Faulenbach, Jürgen: Deutschland in den 50er Jahren. Informationen zur politischen Bildung Nr. 256. Bonn:
Bundeszentrale für politische Bildung..
30
sich die Richtung von „Bild“ gegen Ende der Fünfziger Jahre erheblich. Waren es vorher zum größten Teil unpolitische
Human-Interest-Themen, die das Blatt bestimmten, vertrat die Zeitung auf ausgesprochenem Wunsch von Axel Springer nun
ein dezidiert anti-kommunistisches Weltbild. Gerüchte, dass der Springer-Verlag zu diesem späteren Zeitpunkt und späteren
Anlässen finanzielle Zuwendungen von Seiten des US-Geheimdienstes CIA erhielt, die diese inhaltliche Ausrichtung
forcierten, konnten nie bewiesen werden.
76
„Bild“ startete mit einer Auflage von 455.000 Exemplaren. Gegen Ende 1952
drohte ihr bereits das Aus, nachdem die Auflage auf 200.000 Exemplare gefallen war. Chefredakteur Michael veranlasste
jedoch einige Neuerungen, darunter mehr Textanteil und die Einführung großflächiger Schlagzeilen, sodass die Auflage bis
Ende 1958 auf drei Millionen Exemplare pro Tag anstieg.
Die Akquise der „Welt“ stellte den Schlusspunkt der Aufbauphase des Springer-Konzerns dar. Das Unternehmen verfügte
nun mit seinem Portfolio, zu dem neben der „Bild“, „Hörzu“, „Abendblatt“ und „Welt“ auch „Das Neue Blatt“ gehörte, über
einen Katalog von Zeitungen und Zeitschriften, der sämtliche Gesellschaftsschichten ansprach. Die hohe Auflage der „Bild“
vergewisserte Springer in seiner Einschätzung, erheblichen politischen Einfluss über alle seine Publikationen ausüben zu
können. Exemplarisch hierfür ist ein Rundbrief aus dem Jahr 1958, den er an die vier Chefredakteure von „Welt“, „Welt am
Sonntag“, „Bild“ und „Hamburger Abendblatt“ schickte. Im Hinblick auf den schwelenden Ost-West-Konflikt forderte er: „Bis
zur Wiedervereinigung sollte jeden Tag (ohne Ausnahme) auf der ersten Seite unserer Blätter zumindest eine Meldung über
Vorgänge in der Ostzone stehen […] Da wir zur Zeit in einem politischen Kampf […] stehen, können ,schöne Objektivitäten‘
nur unter den Tisch fallen
77
. Springer selbst verstand sich bereits Ende der nfziger Jahre als ein wichtiger politischer
Akteur der Bundesrepublik. Davon zeugt auch seine Reise nach Moskau im Jahr 1958, auf der er Nikita Chruschtschow im
persönlichen Gespräch von einer schrittweisen Wiedervereinigung überzeugen wollte. Sein Vorhaben misslang, und
Springer sah sich in der Öffentlichkeit Hohn und Spott ausgesetzt, insbesondere aus den Reihen der CDU.
Neuer Chefredakteur der „Welt“ nach der Springer-Übernahme wurde Hans Zehrer, ein Konservativer, der bereits 1920 am
Kapp-Putsch beteiligt war und in den folgenden Jahren zum engsten Vertrauten und Mentor von Axel Springer wurde. Die
Person Hans Zehrer ist deshalb von Interesse, weil er ab 1929 als Herausgeber der rechts-konservativen Zeitschrift „Die
Tat“ einen Teil dazu beitrug, „die instabile Demokratie von Weimar von rechts her zu untergraben“
78
. Zehrer war es auch, der
Springer dazu drängte, sich in Berlin als Verleger zu engagieren. Dort aber war der Ullstein-Verlag, der die „B.Z.“, die
„Berliner Morgenpost“ und die „Radio Revue“ sowie zahlreiche Bücher herausgab, der unumstrittene Marktführer. Anstatt mit
dem Verlag zu konkurrieren, kaufte sich Springer sukzessive bei Ullstein ein. Bereits 1959 verfügte Springer über die
Mehrheit der Aktienanteile. Die „Morgenpost“ und vor allem die „B.Z.“ waren so keine lästige Konkurrenz mehr, sondern
mittelbar Teil des Springer-Unternehmens geworden.
Ullstein war zwar mit rund zwanzig Millionen Mark hoch verschuldet, doch die Springer-Vertrauten Christian Kracht und
Peter Tamm sanierten den Verlag, wandelten ihn in eine GmbH um und machten ihn in nur einem Jahr schuldenfrei.
„Springstein“, das Produkt aus Springer und Ullstein kontrollierte fortan den Berliner Pressemarkt und Axel Springer war es
in weniger als fünfzehn Jahren gelungen, aus einem kleinen Hamburger Verlag das größte Zeitungsunternehmen Europas
mit starkem Auftritt in der Bundeshauptstadt aufzubauen. „Was andere […] im Lauf von zwei oder drei Generationen
aufbauten, schuf er in weniger als zwanzig Jahren
79
.
Doch Springers Aktivitäten in Berlin hatten einen weiteren Hintergrund, der jenseits von wirtschaftlichen Interessen lag. 1959
wurde der Grundstein für das Axel-Springer-Haus an der Ecke Koch-/Zimmerstraße gelegt, zwei Tage bevor
Chruschtschows Ultimatum für den Rückzug der Alliierten aus Westberlin auslief. 1966 wurde dieser „Leuchtturm des
Kapitalismus“, der auch über eine eigene Druckerei verfügte, offiziell eröffnet und ist aufgrund seiner unmittelbaren Nähe zur
Ost-Berliner Grenze bis zur Wiedervereinigung auch immer als ein Statement gegen den Totalitarismus sowjetischer
Prägung verstanden worden.
76
Vgl. Kruip, Gudrun (1999): Das Welt-Bild des Axel Springer Verlags. Journalismus zwischen westlichen Werten und deutschen
Denktraditionen. München: Oldenbourg, 88ff.
77
Zitiert nach: Jacobi, Claus (2005): Der Verleger Axel Springer: Eine Biografie aus der Nähe. München: Herbig, 177.
78
Kruip, Gudrun (1999): Das Welt-Bild des Axel Springer Verlags. Journalismus zwischen westlichen Werten und deutschen
Denktraditionen. München: Oldenbourg, 100.
79
De Mendelssohn, Peter (1982): Zeitungsstadt Berlin. Menschen und Mächte in der Geschichte der deutschen Presse. Frankfurt
am Main/Berlin: Ullstein, 554.
31
Anfang der sechziger Jahre entwickelte Axel Springer zunehmend Ambitionen, in das private Fernsehgeschäft einzusteigen.
Nachdem das Bundesverfassungsgericht in seinem ersten „Fernsehurteil“ jedoch, auch mit Verweis auf die knappen
Frequenzkapazitäten, die Einführung des kommerziellen Fernsehens zunächst verhinderte, startete eine beispiellose
Kampagne gegen die ökonomischen und politischen Defizite des öffentlich-rechtlichen Fernsehmonopols, die in der so
genannten „Münchner Rede“ vom 27. Juni 1961 ihren Anfang nahm. In seiner Rede warf Axel Springer, der später auch die
Position des Vorsitzenden des Bundes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) innehatte, ARD und ZDF vor, nicht energisch
genug für die Wiedervereinigung einzutreten und das Wettbewerbsprinzip des freien Marktes außer Kraft zu setzen
80
. Ab
1962 versuchte Springer dann die Mehrheit der Bevölkerung auf seine Seite zu ziehen, indem er die Berichterstattung der
Springerpublikationen auf eben jenes Thema lenkte. Insbesondere Peter Boenisch in seiner Position als Chefredakteur der
„Bild“ und Chefjustiziar Hermann Arning taten sich hier hervor: Die „Bild“ veröffentlichte selektiv zahlreiche vermeintlich
programmkritische Leserzuschriften und kommentierte diese scheinbar überparteilich, kreierte Schlagzeilen wie „Fernseh-
Diktatur gegen alle“
81
und meinte, einen „Volkszorn“ über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der deutschen Bevölkerung
geortet zu haben.
82
Die Größe des Springer-Konzerns kombiniert mit seiner politischen Agenda wurden gegen Ende der sechziger Jahre
zunehmend kritisch beäugt. Fast vierzig Prozent aller Zeitungen und zwanzig Prozent aller Zeitschriften, die in Deutschland
zu dieser Zeit erschienen, waren Springer-Publikationen, wie der „Günther-Bericht“ dokumentierte, eine von der
Bundesregierung in Auftrag gegebene Studie zu den Folgen der Verlagskonzentration. Eine solche marktbeherrschende
Stellung veranlasste etwa den Historiker Golo Mann zu folgender Analyse: „Die Machtballung des Springer-Konzerns ist zu
einem zentralen Problem der Republik geworden“
83
. In Berlin, wo mit der „B.Z.“, der Berlin-Ausgabe der „Bild“ und der
„Morgenpost“ gleich drei Springer-Zeitungen erschienen, war diese Verlagskonzentration am intensivsten zu spüren. Axel
Springer selbst gab zu dieser Zeit in einer Rede vor dem Übersee-Club zu, dass der Anteil an Springer-Zeitungen in Berlin
bei etwa 50 Prozent liege.
84
Spätestens ab 1966 entwickelte sich ein von Spannungen geprägtes Verhältnis zwischen den zunehmend politisierten
Studenten und Springer, das durch gegenseitige Ablehnung gekennzeichnet war. Als Reaktion auf die erste große
Kundgebung gegen den Vietnam-Krieg forderte „Bild“, dass „ähnlichen Demonstrationen die gebührende Antwort erteilt
wird“. 1968, dem Schlüsseljahr der Studentenproteste, folgten agitatorische Schlagzeilen wie „Unruhestifter unter den
Studenten ausmerzen“, „Kein Geld für langbehaarte Affen“ oder „Da hilft nur noch eins: Härte“, die die Kontroverse zwischen
Studentenschaft, dem Springer-Konzern und den Ordnungskräften erhöhten. Die mobilisierten Studenten reagierten
zunächst nur mit plakativen Sprechchören wie „Enteignet Springer!“, „Springer-Presse, halt die Fresse“ oder „Haut dem
Springer auf die Finger“
85
.
1967 jedoch, als der Student Benno Ohnesorg bei einer Protestkundgebung gegen den Besuch des persischen Schahs von
einer verirrten Polizeikugel erschossen wurde, eskalierte der Konflikt zwischen Springer und Studentenschaft. Den Blättern
des Konzerns wurde eine Mitschuld am Tod Ohnesorgs gegeben, ebenso wie an dem Attentat auf Rudi Dutschke ein Jahr
später. Dutschkes Attentäter war bekennender „Bild“-Leser und hatte die Forderungen der Boulevard-Zeitung, den
„Rädelsführer“ der APO zu „ergreifen“, zu ernst genommen. Nach Bekanntwerden des Attentats folgten schwere Krawalle
gegen das Springer-Haus in Berlin. Auslieferungsfahrzeuge wurden zerstört, so dass der Vertreib der „Bild“ zeitweise massiv
eingeschränkt war. Aufgrund der rechtskonservativen Berichterstattung wurde der Springerkonzern auch Angriffsziel der
Roten Armee Fraktion (RAF). Auf Initiative von Ulrike Meinhof explodierten 1972 zwei Bomben im Hamburger
Verlagsgebäude, die insgesamt 17 Menschen schwer verletzten.
80
Kain, Florian (2003): Das Privatfernsehen, der Axel-Springer-Verlag und die deutsche Presse. Die medienpolitische Debatte in
den sechziger Jahren. Münster/Hamburg/Berlin: Lit, 85ff.
81
Jacobi, Claus (2005): Der Verleger Axel Springer: Eine Biografie aus der Nähe. München: Herbig, 226.
82
Kain, Florian (2003): Das Privatfernsehen, der Axel-Springer-Verlag und die deutsche Presse. Die medienpolitische Debatte in
den sechziger Jahren. Münster/Hamburg/Berlin: Lit, 89ff.
83
Zitiert nach: Sösemann, Bernd (1999): Die 68er Bewegung und die Massenmedien. In: Wilke, Jürgen (Hg.) (1999):
Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Köln/Weimar/Wien: Böhlau, 672-697, hier: 695.
84
Vgl. De Mendelssohn, Peter (1982): Zeitungsstadt Berlin. Menschen und Mächte in der Geschichte der deutschen Presse.
Frankfurt am Main/Berlin: Ullstein, 591.
85
Vgl. Jürgs, Michael (1996): Der Fall Axel Springer: Eine deutsche Biographie. München: Droemer Knaur, 252ff.
32
Parallel zu den politischen Unruhen Ende der Sechziger Jahre wurde auch das Unternehmen von Axel Springer
umstrukturiert und erweitert. 1967 wurden erstmals die vier Grundsätze des Verlags offiziell verkündet, die jeder neue
Mitarbeiter vor Dienstantritt unterschreiben musste. Zum „Springer-Manifest“ gehörten das bedingungslose Eintreten für die
deutsche Wiedervereinigung und die Ablehnung der DDR, die Aussöhnung zwischen der BRD und Israel, die Bekämpfung
von politischem Totalitarismus, sowie die Bejahung der sozialen Marktwirtschaft. Nach den Terroranschlägen vom 11.
September 2001 wurde mit der Unterstützung des transatlantischen Bündnisses und der Solidarität mit den Vereinigten
Staaten ein fünfter Grundsatz hinzugefügt.
1966 wurde das Portfolio des Verlags durch Aufkäufe von Magazinen des Bauer-Verlags wie „Kicker“ oder „Twen“ punktuell
erweitert, nachdem bereits ein Jahr zuvor der Münchner Verlag Kindler & Schiermeyer, der u. a. die „Bravo“ herausgab in
das Unternehmen integriert wurde. Dazu kamen die gänzliche Übernahme der TV-Zeitschrift „Funk Uhr“ (1967), eine
Beteiligung an der „Bergedorfer Zeitung“ und die Akquirierung der „Elmshorner Nachrichten“. Die bedeutendste Entwicklung
fand jedoch 1970 statt, als die Verlags-GmbH in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Die neue
Unternehmensstruktur hatte jedoch keineswegs Auswirkungen auf die Macht von Axel Springer innerhalb des Konzerns. Er
war der erste Aufsichtsratsvorsitzende der neu konstituierten Axel Springer AG und besaß ausnahmslos sämtliche Aktien.
Die neue Nummer zwei wurde der ehemalige Ullstein-Geschäftsführer Peter Tamm, der als Nachfolger von Christian Kracht
als Alleinvorstand des Konzerns fungierte. Stellvertreter von Axel Springer wurde Eberhard von Brauchitsch, der später als
Gesellschafter des Flick-Konzerns im Zusammenhang der gleichnamigen Affäre von sich Reden machen sollte. Von den
Umwälzungen im Konzern profitierte vor allem Peter Tamm, der aufgrund seiner Affinität zur Seefahrt und seines
Führungsanspruches den Spitznamen „Admiral“ erhielt. In diese Zeit der Re-Organisation fiel auch der 100 Millionen Mark
teure Bau einer Offset-Druckerei in Kettwig bei Essen, die in den kommenden Jahren kostengünstiger als bisher und in
Farbe Zeitschriften herstellen konnte.
Allerdings hatte Axel Springer 1970 nicht nur Expansionspläne. Im Gegenteil, 1967, so die Überlieferung, geriet Springer
aufgrund wachsender Ablehnung durch die bundesrepublikanische Öffentlichkeit in eine tiefe Sinnkrise und überlegte
ernsthaft, sich von seinem gesamten Imperium zu trennen. Neben konkreten Fusionsgesprächen mit Bertelsmann
verhandelte der Verleger angeblichen mit diversen bayerischen Banken, den Gebrüdern Burda, den schweizerischen
Verlagen Ringier und Frey und auch mit dem australischen Medienmogul Rupert Murdoch (Newscorp.). Da jedoch keiner der
potentiellen Kandidaten gewillt war, Springers anvisierte Summe von einer Milliarde Mark zu zahlen, verwarf er den
Gedanken bald wieder
86
. Dennoch verkaufte er die teilweise nur zwei Jahre zuvor erworbenen Zeitschriften „Jasmin“,
„Eltern“, „Bravo“ und „Twen“ (an den Unternehmer Hans Seipert), das „Neue Blatt“ (an den Bauer-Verlag), „Kicker“ (an den
Olympia Verlag) sowie den Ullstein-Fachbuchverlag (an Bertelsmann), auch um ein Zeichen der Selbstbeschränkung zu
setzen zu einer Zeit, in der die Diskussion über die Medienmacht Springers ihren Höhepunkt erreichte. 1976 stieg die
Springer AG wieder in das Büchergeschäft ein. Dies geschah durch die Gründung der in Hamburg ansässigen Cora Verlag
GmbH, die fortan diverse Romanreihen in Heftform herausgab.
Nachdem sich die ideologischen Konfliktlinien entlang der bundesrepublikanischen Gesellschaft gegen Ende der Siebziger
Jahre entschärft hatten, wurde die Kritik am Verlag deutlich leiser. Dies änderte sich nur, als der investigative Journalist
Günter Wallraff über journalistische Unregelmäßigkeiten und Diffamierungskampagnen der „Bild“ berichtete, nachdem er
unter dem Decknamen „Hans Esser“ für drei Monate inkognito bei der Hannoverschen Redaktion von „Bild“ gearbeitet
hatte
87
.
Die Periode Mitte der Siebziger bis Mitte der Achtziger Jahre war bei der Axel Springer AG durch eine weitere
Diversifizierung des Zeitschriftenkatalogs gekennzeichnet. Waren es zuvor nur Programmzeitschriften wie „Hörzu“ oder
„Funkuhr“, die eine Co-Existenz neben den Tageszeitungen führten, wagte der Springer Verlag fortan den Schritt in die
Produktion von auf verschiedene Zielgruppen zugeschnittene und spezialisierte Magazine. Für Hausfrauen gab es das
„Journal für Haushalt & Familie“ (ab 1978, später umbenannt in „Journal für die Frau“), für Künstler die Zeitschrift „Weltkunst“
(ab 1979) und für Sportler die Spartenpublikationen „Rallye Racing“, „Skimagazin“, „Sportfahrer“ und „Tennismagazin“ (alle
ab 1983). In den achtziger Jahren wurde unter der Aufsicht des späteren Vorstandsmitglieds Günter Prinz damit begonnen,
die „Bild“-Marke erfolgreich in das Magazinwesen zu exportieren. „Bild der Frau“, „Bildwoche“ (beide 1983), „Auto Bild“
86
Vgl. Jürgs, Michael (1996): Der Fall Axel Springer: Eine deutsche Biographie. München: Droemer Knaur, 386.
87
Wallraff, Günter (1977): Der Aufmacher. Der Mann, der bei Bild Hans Esser war. Köln: Kiepenheuer & Witsch.
33
(1986) und „Sport Bild“ erwiesen sich dabei allesamt als erfolgreiche Neugründungen. Insbesondere bei der „Auto Bild“
handelte es sich um eine Erfolgsgeschichte, die mittlerweile als Franchise-Marke in 23 Ländern weltweit wiederholt werden
konnte. Um die zahlreichen neuen Publikationen zu drucken, wurde 1984 eine weitere Druckerei bei Hamburg eingeweiht.
Kurz vor seinem Tod erfüllte sich Axel Springer seinen lang gehegten Traum: den Einstieg in das Privatfernsehen. 1984
bildete sich ein Konsortium aus der Gesellschaft „APF Aktuell Presse Fernsehen“, einer Vereinigung von 139 deutschen
Verlagen, an der die Axel Springer AG mit 35 Prozent beteiligt war, sowie dem Burda Verlag, Holtzbrinck und dem
Medienunternehmer Leo Kirch. Zusammen gründeten sie den Fernsehsender Sat.1, der 1985 zum ersten Mal auf Sendung
ging. Ohne die Erfindung des Internets vorherzusehen, hatte Axel Springer schon Jahre zuvor auf visionäre Art und Weise
von einer Zukunft gesprochen, in der die Zeitung im Vergleich zu den elektronischen Medien an Bedeutung verlieren würde.
„Die Politiker […] verschließen die Augen vor den Einbußen, die der Presse in der Zukunft durch Kabelfernsehen und
Satellitenfernsehen drohen, die nicht nur das Interesse der Bürger vom gedruckten Wort ablenken, sondern auch mehr und
mehr Werbung auf sich ziehen werden… Sein oder Nichtsein von Zeitungen wird dann allein von einer Beteiligung der
Verleger an den neuen Medien abhängen
88
.
Im selben Jahr wie der Start von Sat.1 starb Axel Springer. Desillusioniert durch den Selbstmord seines Sohnes Axel Junior
fünf Jahre zuvor und in dem Wissen, von Konkurrent Bertelsmann wirtschaftlich überholt worden zu sein, trennte er sich in
seinen letzten Lebensjahren von einem immer größeren Teil seines Unternehmens. 1983 trat Springer fast 25 Prozent seiner
Aktienanteile an die Burda-Familie ab, behielt 25 Prozent selber und wagte mit den übrigen rund 50 Prozent den Gang an
die Börse. Zehn Prozent dieser Aktien erwarb unmittelbar Leo Kirch; Peter Tamm und der damalige „Bild“-Chefredakteur
Günter Prinz wurde ein Prozent des Unternehmens übertragen, die sie später wiederum an Kirch verkauften.
Die erste Hauptversammlung der nun börsennotierten Aktiengesellschaft erlebte Axel Springer nicht mehr. Seine Witwe
Friede Springer erbte die übrigen 25 Prozent des Unternehmens und fungiert seitdem als Managerin des Axel Springer
Verlags. Direkter Nachfolger von Axel Springer wurde Bernhard Servatius, der siebzehn Jahre die Position des
Aufsichtsratsvorsitzenden innehatte.
Friede Springer ist die fünfte Ehefrau Axel Springers und wurde als Gärtnertochter und ehemaliges Kindermädchen „vom
Großverleger systematisch auf höhere Aufgaben vorbereitet“
89
. Es ist ihr von ihrem Ehemann testamentarisch untersagt
worden, ihre Anteile bis zum Jahr 2015 zu veräußern. Dazu gelang es ihr, die aufbegehrenden Kinder und Enkel des
verstorbenen Verlegers zu beschwichtigen, indem sie ihnen gegen entsprechende Bezahlung deren Anteile abkaufte. Die
Anteile der Burda-Brüder wurden 1988, wenn auch zu einem deutlichen höherem Preis, zurückgekauft.
Der Konflikt mit Leo Kirch, der schon den Privatsender Sat1 unter seine Fittiche genommen hatte und dem nachgesagt
wurde, dasselbe mit dem Springer-Konzern zu planen, bestimmte die folgenden 15 Jahre der Unternehmensgeschichte. Der
Filmhändler vergrößerte bis 1993 seinen Aktienanteil an der Axel Springer AG auf fast vierzig Prozent und erhielt, entgegen
dem expliziten Wunsch von Axel Springer, einen Sitz im Aufsichtsrat. Einst hatte Axel Springer Kirch als „Kriminellen“
betitelt
90
. Erklärtes Ziel von Friede Springer war die Wiederherstellung einer Kirch-freien Axel Springer AG. Dies gelang ihr
erst im Jahr 2002 im Zuge der so genannten „Kirch-Pleite“. Nachdem der damalige Deutsche Bank-Chef Rolf Breuer in
einem Interview mit Bloomberg TV die Kreditwürdigkeit von Kirch öffentlich anzweifelte, schlug die Stunde für Friede
Springer und dem von ihr neu installierten Vorstandschef Mathias Döpfner. Er beschleunigte den Bankrott der Kirch-Gruppe,
indem er darauf pochte, dass der Medienunternehmer einen elfprozentigen Anteil an der ProSiebenSat1 Media AG mittels
einer vorher ausgehandelten Option zurückkaufte. Die rund 800 Millionen Euro fehlten Kirch damals schlichtweg, der Weg in
die Insolvenz war besiegelt.
Nun sah sich Kirch gezwungen, die 40 Prozent der Aktienanteile am Verlag, die er zur Sicherheit für einen Millionenkredit bei
der Deutschen Bank hinterlegt hatte, an eben jenes Kreditinstitut zu verkaufen. Die Deutsche Bank wiederum verkaufte zehn
Prozent des Springer-Verlages wieder an Friede Springer zurück. Seitdem hält diese rund 60 Prozent der Aktien des
Konzerns (fünf Prozent Privatbesitz und 90 Prozent an der Axel Springer Gesellschaft für Publizistik, die fünfzig Prozent an
88
Zitiert nach: Jacobi, Claus (2005): Der Verleger Axel Springer: Eine Biografie aus der Nähe. München: Herbig, 306.
89
Jakobs, Hans-Jürgen (2008): Springer, Axel und Friede. In: Hachmeister, Lutz (Hg.): Grundlagen der Medienpolitik. München:
DVA, 373-377.
90
Elflein/Treser (2006): Leo Kirch Schuld und Sühne. In: Focus Online vom 20.10.06. Internetressource:
http://www.focus.de/finanzen/news/leo-kirch_aid_25569.html, überprüft am 18.09.2008.
34
der Axel Springer AG hält). Unternehmenssprecherin Edda Fels sprach daraufhin von „einem guten Tag für den Springer
Verlag“, da nun die ständigen „Störfeuer“ von Kirch den Konzern nicht mehr bedrohen würden
91
.
Nach dem deutschen Mauerfall, den Axel Springer nicht mehr miterlebte, engagierte sich der Verlag auch in Ostdeutschland
durch Beteiligungen an der „Ostsee-Zeitung“ und der „Leipziger Volkszeitung“. Die Zeit unmittelbar nach der
Wiedervereinigung gestaltete sich für die Springer AG jedoch schwieriger als gedacht. Von 1991 bis 1993 fuhr der Konzern
sogar Verluste ein. 1.400 Journalisten verloren deshalb ihren Job, ehe Ende 1993 die Krise bewältigt werden konnte.
92
Ansonsten stand die Periode zwischen dem Ableben Axel Springers und der Nominierung Döpfners ganz im Zeichen der
internationalen Expansion. Erste Schritte erfolgten hierbei mit der Gründung des Zeitschriftenverlages Axel Springer-Ungarn
GmbH und der Akquirierung der spanischen Verlages Sarpe, der heute unter dem Namen Grupo Axel Springer S.L.
operiert. Die deutschen Geschäftsaktivitäten konzentrierten sich auf den Ausbau der Berliner Marktstellung: Der „B.Z.“ wurde
eine Sonntagsausgabe hinzugefügt (1992) und eine dritte Druckerei in Berlin-Spandau eröffnet (1993). Außerdem wurden
die Magazine „Allegra“ (1995; eingestellt 2004) und „Computer Bild“ (1996) gegründet. Zudem übernahm die Springer AG
den Finanzen Verlag, der seitdem das Magazin „€uro“ herausbringt.
Unter der Aufsicht von Mathias Döpfner wurde das Engagement im Ausland forciert. Ein ambitioniertes Projekt war dabei die
Schaffung der in Polen erscheinenden Boulevardzeitung „Fakt“, die es mittels aggressiver Preispolitik und Anlehnung an das
erfolgreiche „Bild“-Konzept auf Anhieb zum Marktführer brachte (tägliche Auflage: 500.000 Exemplare). Döpfner erkannte
das enorme Wachstumspotential, das im osteuropäischen Zeitungsmarkt liegt und verlegte unter anderem auch die
polnische und russische Ausgabe des Wirtschaftsmagazins „Forbes“. Ein anderer zunehmend wichtiger Markt für die Axel
Springer AG wurde die Schweiz. Anfang 2007 übernahm Springer die Jean Frey AG, und verlegte damit auf einen Schlag
mehrere Wirtschaftsmagazine („Bilanz“, „Stock“) und Tageszeitungen (z.B. „Handelszeitung“) im Land der Eidgenossen. Die
Idee eines ähnlichen Engagements in Frankreich wurde 2007 aufgrund der mangelhaften Vertriebsstruktur des Landes nach
einer eingehenden Prüfung verworfen.
Bemerkenswert ist auch Döpfners Personalpolitik, die im Kontext der Unternehmensgeschichte erwähnenswert ist. So holte
er zahlreiche ,Alt-Achtundsechziger‘, Ex-,Spontis‘ und ehemals linke Journalisten in das Unternehmen und stattete sie mit
Führungspositionen aus. Dazu gehörten unter anderem die vormaligen „taz“-Redakteurinnen Andrea Seibel und Mariam Lau
oder „Welt“-Kommentarchef Alan Posener, der früher dem Kader der KPD angehörte
93
. Zusammen mit der Verlagsgruppe
Holtzbrinck und der WAZ-Mediengruppe stieg die Springer AG im Jahr 2004 mit einer Beteiligung bei der PIN AG in das
Postdienstleistungsgewerbe ein, in der Hoffnung nach einer Liberalisierung des Post-Monopols Ende 2007 die Springer-
Publikationen kostengünstiger als sonst zu vertreiben. Nachdem der Bundestag jedoch einen Mindestlohn für Briefzusteller
beschlossen hatte, der über dem von der PIN AG gezahlten Lohn lag, zog die Axel-Springer-AG ihr Engagement zurück.
Der Ausflug in die Welt des Privatfernsehens gestaltete sich jedoch schwerer als erwartet. Nach dem verheißungsvollen
Start durch die Beteiligung an Sat.1, den Ende der 1980er Jahre getätigten Investitionen in den Teletext-Vertrieb und dem
Erwerb des Hamburger Lokalsenders Hamburg 1, wollte Mathias Döpfner den Traum seines Vorbilds Axel Springer
fortführen und die Mehrheit der ProSiebenSat.1 Media AG übernehmen. Das Bundeskartellamt und die Kommission zur
Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) untersagten die Übernahme jedoch mit dem Hinweis auf eine
marktbeherrschende Stellung von Springer/ProSiebenSat.1, die insbesondere durch ein hohes Maß an crossmedialem
Missbrauchspotential gekennzeichnet sein würde
94
. Die Axel Springer AG und der Eigentümer, die P7SI Holding L.P.,
nahmen daraufhin Abstand von den Übernahmeplänen.
91
Zitiert nach: Sander, Sebastian 2002: Kirch verliert endgültig seine Macht. Erschienen in „Die Tagespost“ vom 10.10.2002.
92
Vgl. Held, Barbara/ Simeon, Thomas (1994): Die zweite Stunde Null: Berliner Tageszeitungen nach der Wende (1989-1994).
Marktstrukturen, Verlagsstrategien, publizistische Leistungen. Berlin: Spieß, 34ff.
93
Lichtschlag, Andre F. (2007): Kampf der Kulturen bei Axel Springer. Über eine unbedeutende Geschichte und ihre
bedeutenden Hintergründe. In: Treffer. ef-Medienkritik Nr. 73, Grevenbroich: Lichtschlag Medien und Werbung KG, 34 35,
hier: 34.
94
Bundeskartellamt (2006): Beschluss in dem Verwaltungsverfahren Axel Springer AG/ ProSiebenSAT.1 Media AG,
Fusionskontrollverfahren B 6 - 92202 - Fa 103/05
(http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Fusion/Fusion06/B6-103-05.pdf, überprüft am 20.09.07., 9ff; KEK
(2006): Beteiligungsveränderungen bei Tochtergesellschaften der ProSiebenSAT.1 Media AG, Aktenzeichen: KEK 293-1-bis-5
(http://www.kekonline.de/kek/verfahren/kek293prosieben-sat1.pdf, überprüft am 20.09.07.
35
3.2.2. Management
Über die Mehrheit der Aktien verfügen die Erben des 1985 verstorbenen Verlagsgründers Axel Springer. Seiner Witwe
Friede Springer, der stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsrats, werden die Stimmrechte von 55 Prozent plus 10
Aktien zugerechnet (5 Prozent Eigenbesitz sowie die Stimmrechte der Axel Springer Gesellschaft für Publizistik GmbH, die
ihrerseits über 50 Prozent der Aktien der Axel Springer AG verfügt). Daneben sind noch die Enkel Ariane und Axel Sven mit
kleinen Anteilen beteiligt, die aber in Zukunft auch ausgezahlt werden dürften. Die Kinder Axel Springers wurden bereits mit
hohen Geldbeträgen abgefunden. Die Anteile der Münchner Kirch-Gruppe, die bis Mitte 2002 mit 40,05 Prozent beteiligt war,
sind auf Friede Springer, die Axel Springer AG selbst und die Finanzgesellschaft Hellman & Friedman übergegangen. Die
restlichen Konzernanteile befinden sich im Streubesitz von über 1.000 Aktionären.
Ende 2006 platzierte der Großaktionär Hellmann & Friedmann 10 Prozent seines Aktienpakets an der Börse, um die
Liquidität des Konzerns insgesamt zu erhöhen. Das geringe frei handelbare Aktienvolumen der Axel Springer AG galt bis
dato als eines der Haupthindernisse für eine dauerhafte Wertsteigerung der Verlagsaktien. Demgemäß hat sich der Einfluss
des ausländischen Finanzinvestors im Aufsichtsrat reduziert. Nach Axel Springers Tod brachen im Management
Grabenkämpfe aus, die von Auseinandersetzungen im Spitzenmanagement sowie mit dem expansionswilligen Großaktionär
Kirch gekennzeichnet waren und von denen sich das Unternehmen lange Zeit nicht erholen konnte. Unter dem
Vorstandschef Peter Tamm eskalierte der Konflikt und führte zu mehreren Gerichtsverfahren. Nach einer Ruhezeit unter den
Tamm-Nachfolgern Günter Wille und Günter Prinz, die auf einen „Friedensschluss" zwischen der Springer-Familie und Kirch
von Ende 1990 zurückgeht, positionierte sich Vorstandschef Jürgen Richter in der Folgezeit erneut in Konfrontation zu Kirch.
Er übernahm die Mehrheit an dem Sat.1-Gesellschafter „APF Aktuell Presse Fernsehen“ und erhöhte damit sein Gewicht in
dem von Kirch beherrschten Fernsehsender: Springer disponierte schließlich über 40 Prozent des Kapitals und vier von acht
Aufsichtsratsstimmen. Nach Gegenmaßnahmen durch Kirch musste Richter jedoch seinen Posten räumen. In der Zeit
Mathias Döpfners befreite sich der Verlag von dieser konfliktreichen Last des Leo Kirch, der Insolvenz anmelden musste.
Letzte Versuche Kirchs, juristisch dem Verlag zuzusetzen, scheiterten.
An der Spitze des Vorstands steht seit Anfang 2002 Mathias Döpfner, ein promovierter Musikwissenschaftler, der zunächst
Vorstandsassistent bei Gruner + Jahr war, bevor er die Chefredaktionen der Blätter „Wochenpost", „Hamburger Morgenpost"
und „Die Welt" leitete. Er löste August („Gus") Fischer ab, der mit einer Expansion im Ausland und bei elektronischen Medien
gescheitert war. Vor Fischer hatte von Mitte 1994 bis 1998 Jürgen Richter den Konzern im Stil eines Alleinvorstands geführt.
Als Stellvertreter Fischers wurde zunächst der Ex-„Bild“-Chefredakteur Claus Larass auf eine Übernahme des
Vorstandsvorsitzes vorbereitet, im letzten Augenblick aber schwenkte die Eigentümerin um. Im Vorstand sitzen inzwischen
mit Steffen Naumann (Finanzen) und Andreas Wiele (Zeitschriften) enge Vertraute des Springer-Chefs Döpfner; sein
Stellvertreter ist Rudolf Knepper (Technik und Logistik). Den Aufsichtsrat lenkte viele Jahre der Jurist Bernhard Servatius,
der Anfang 1996 die Testamentsvollstreckung abgab, die ihm seitens des verstorbenen Verlegers ursprünglich bis zum Jahr
2015 garantiert worden war. Im Juni 2002 wurde der Rechtsexperte an der Spitze des Aufsichtsrats vom früheren Schering-
Chef Giuseppe Vita abgelöst.
Die vom Vorstand betriebene medienübergreifende Expansionspolitik steht vielerorts in der Kritik. Mahner befürchten die
Verarmung der Meinungsvielfalt und die Verflachung öffentlicher Debatten. Im Zusammenhang mit der Übernahme der
ProSiebenSat.1 Media AG (die der Axel Springer AG versagt blieb) durch die ausländischen Finanzinvestoren Permira und
KKR (Kohlberg Kravis Roberts & Co.) wurden allerdings auch Stimmen laut, die für einen Verbleib des Berlin-Münchener
Fernsehunternehmens in deutscher Hand plädierten, auch wenn dies eine zunehmende Medienkonzentration unter dem
Berliner Dach des Springer-Konzerns bedeutet hätte. Das Argument der Kontrollierbarkeit privater Medienkonzerne steht
somit weiterhin im Mittelpunkt der Diskussion um das Verlagshaus und wird dessen Unternehmensstrategie angesichts einer
argwöhnischen Öffentlichkeit auch in Zukunft nachhaltig beeinflussen.
36
3.2.3. Geschäftsfelder
Zeitungsverlag: Als traditioneller Zeitungsverlag hat sich der Axel Springer Konzern an die Spitze der größten
Presseunternehmen Deutschlands gesetzt. Seine publizistische Macht resultiert aus der historisch gewachsenen und kaum
zurückgegangenen Stellung des Boulevardblatts „Bild“, das sich täglich im Durchschnitt 3,3 Mio. Mal verkauft (IVW I/2008)
und nicht selten als nationaler Agenda Setter fungiert
95
. Aus diesen Gründen verzichten viele Politiker kaum noch darauf, bei
ihrer Öffentlichkeitsarbeit die „Bild“-Zeitung auszuschließen, sondern sie vielmehr explizit in ihre PR-Strategien einzubinden.
Die umsatzstarke „Bild“ sowie das nicht minder erfolgreiche Schwesternblatt „Bild am Sonntag“ (BamS) begründen die
Sonderstellung Springers im deutschen Pressemarkt. „BamSund „Welt am Sonntagerwirtschaften respektable Umsätze
und werden seit einiger Zeit durch das Wirtschaftsblatt „Euro am Sonntag" ergänzt. Konkurrenz erwuchs diesen starken
Sonntagspublikationen erst durch die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“.
Die „Bild“-Gruppe steht mit einem Gewinn von etwa 70 Millionen Euro jährlich an der Spitze der Verlagsobjekte, gleichwohl
hat der Haupttitel jüngst Auflagenverluste vermelden müssen. Durch eine verstärkte Beteiligung der Leser an der inhaltlichen
Gestaltung des Blattes („Bild-Leser-Reporter“) versucht das Redaktionsmanagement seit Juli 2006 dieser Entwicklung
entgegenzuwirken. Im Februar 2008 vermeldete der Springer-Konzern, dass die um die notorisch verlustreiche Tageszeitung
„Die Welt“ angesiedelte „Welt“-Gruppe („Die Welt“, „Welt kompakt“, „Welt am Sonntag“, „Welt Online“) „erstmals schwarze
Zahlen“ schrieb. Sogleich verkündete Mathias Döpfner das „nächste Zehn-Jahres-Projekt“ für die „blaue Gruppe“: „Wir
wollen die publizistisch und wirtschaftlich erfolgreichste Gruppe werden.“
96
Bei den Regional- und Lokalzeitungen sind „Hamburger Abendblatt“ und „Berliner Morgenpost“ die bedeutendsten Titel.
Springer übernahm 2004 eine kleine Beteiligung am Westfalen-Blatt in Bielefeld, größere Käufe erlaubte das Kartellgesetz
bislang nicht. Weiterhin gehören zum Konzern: Das Berliner Boulevardblatt „B.Z.“, die „Kieler Nachrichten“ (24,5 Prozent),
die „Leipziger Volkszeitung“ (50 Prozent), die „Lübecker Nachrichten“ (49 Prozent) und die „Ostseezeitung“ (50 Prozent). Im
Frühjahr 2008 wurden die Mantelredaktionen der beiden letztgenannten Blätter zusammengelegt. Auch im Geschäftsjahr
2007 machte der Geschäftsbereich Zeitungen mit 57,9 Prozent noch den größten Teil des Konzernumsatzes aus, wobei ein
geringfügiger Rückgang im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen war (2007: 61,6 Prozent).
Zeitschriftensegment: Im Zeitschriftensegment beabsichtigt der Springer-Konzern im wichtigen Markt der Programmpresse
(„Hörzu“, „Funk Uhr“, „TV neu“) mit dem Neuling „TV Digital“ weiter an Boden gewinnen. Die in den neunziger Jahren
gestartete Frauenzeitschrift „Allegra" wurde eingestellt, der Titel „Journal für die Frau“ an Burda verkauft. Zum Angebot
gehören noch „Familie & Co.“ und das höchst erfolgreiche Anwendermagazin „Computer Bild“. Die Schwesterzeitschrift
„Auto-Bild“ hat zudem Lizenzausgaben in zahlreichen europäischen Ländern, ebenso „Sport-Bild“, „Bild der Frau“ sowie
etliche Spezialzeitschriften („Tennis-Magazin“, „Rute&Rolle“), das so genannte Axel Springer Mediahouse („Yam!“, Jolie“)
und der Wirtschaftsverlag Finanzen („€uro“, „€uro am Sonntag“). Am gesamten Konzernumsatz haben die Zeitschriften
einen Anteil von rund 31,6 Prozent. Im Februar 2008 bündelte der Verlag seine Frauen-, Jugend- und Musikmagazine in der
neuen Verlagsgruppe „Frauen, Jugend und Musik“, wobei die Standorte Hamburg (Frauenzeitschriften wie „Bild der Frau“)
und München (Jugend- und Musikzeitschriften wie „Yam!“ und „Musikexpress“) bestehen bleiben. Der Männer-Titel „Maxim“
wurde an die Marquard-Gruppe abgegeben.
TV: Auf dem Fernsehmarkt ist die Axel Springer AG seit Anfang des Jahres 2008 nicht mehr aktiv. Der zwölfprozentige
Anteil an ProSiebenSat.1 wurde im Januar 2008 für rund 500 Millionen Euro an die Hauptgesellschafter KKR und Permira
verkauft. Döpfner und der Verlagsgeschäftsführer der Zeitungsgruppe „Bild“, Christian Nienhaus, legten in diesem Zuge ihre
Mandate im ProSiebenSat.1-Aufsichtsrat nieder. Die Pläne, ein Viertel des polnischen Privatsenders Polsat zu erwerben
wurden ebenfalls bis auf weiteres ad acta gelegt. Das polnische Kartellamt hatte im April 2007 einen Übernahmeantrag
zurückgewiesen, da die Springer AG der zweitgrößte Tageszeitungsverlag in Polen ist. Das Unternehmen hält ferner 27
Prozent am Lokalsender Hamburg 1. Springer besitzt außerdem die Produktionsfirma Schwartzkopff TV.
95
Vgl. Kramp, Leif/Weichert, Stephan (2008): Journalismus in der Berliner Republik. Wer prägt die politische Agenda in der
Bundeshauptstadt? Wiesbaden: Netzwerk Recherche e.V., 42.
96
Welt Online (2008): In eigener Sache: WELT-Gruppe schreibt erstmals schwarze Zahlen. In: Welt Online vom 26.02.2008.
Internetressource: http://www.welt.de/wirtschaft/article1725979/WELT_Gruppe_schreibt_erstmals_schwarze_Zahlen.html,
überprüft am 18.09.2008.
37
Radio: Gleichwohl ist Springer noch auf dem Radiomarkt aktiv und direkt an der Radio Hamburg GmbH (25 Prozent), der
Antenne Bayern Hörfunkanbieter GmbH (16 Prozent), der Radio/Tele FFH GmbH (15 Prozent), der Stuttgart Regional
Hörfunk GmbH (10,3 Prozent) sowie der Regiocast GmbH (10 Prozent) beteiligt. Dadurch kann der Konzern auf eine
Vielzahl von Radioprogrammen Einfluss nehmen, u.a. auf die großen landesweiten Sender Radio Schleswig-Holstein, Radio
Hamburg, Radio ffn in Niedersachsen, Radio FFH in Hessen, Antenne Bayern, Antenne 1 und Radio NRW.
Internet: Der Internetsektor wird von der Konzernspitze als Wachstumsmarkt identifiziert. Mit deutlicher Vehemenz setzt der
Konzern auf eine Digitalisierung journalistischer Inhalte und Dienstleistungen. Erfolgreich positioniert wurde mit „bild.de“ ein
Joint Venture mit T-Online im Internet, welches im Januar 2007 die höchste Reichweite Zeit seines Bestehens erreichte.
Zum 1. Januar 2008 übernahm der Verlag die bisher von der Deutschen Telekom AG gehaltenen 37 Prozent am Joint
Venture und wurde so zum alleinigen Gesellschafter. Allein seit Juli 2006 erwarb der Konzern vier Online-Dienstleister, die
Idealo Internet GmbH im Juli 2006, die ZANOX.de AG im Mai 2007, die Wohnungsfinder AG und die wallstreet:online AG -
beide im Juni 2007. Der 214,9 Mio. Euro teure Kauf der ZANOX.de AG, eines Onlinewerbespezialisten, stellte nach
Konzernangaben Mitte 2007 die wichtigste Online-Transaktion in der Geschichte des Unternehmens dar. Zudem übernahm
der Konzern im Dezember 2006 die Minderheitsbeteiligung des Immobilienverbands IVD an der Immonet GmbH und wurde
somit alleiniger Gesellschafter. Im November 2006 wurde die Axel Springer Digital TV GmbH gegründet, die in erster Linie
Bewegtbildinhalte für digitale Medienangebote, vor allem für das Internet produzieren und vermarkten soll. Ausdruck der
Digitalisierungsoffensive des Konzerns ist ferner die Errichtung des größte integrierten Newsrooms Deutschlands für die
Zeitungsgruppe „Die Welt“/„Berliner Morgenpost“ im November 2006, in welchem alle journalistischen Inhalte gebündelt und
verschiedenen Print- und Onlinemedien zugeliefert und auch produziert werden. Im Oktober 2007 gaben der unter Arcandor
firmierende ehemalige Karstadt-Quelle-Konzern und die Axel Springer AG zudem den Startschuss für ihr Internet-
Handelsportal „Myby“. Das Portal soll „zum führenden Elektronik-Online-Fachmarkt im deutschen Internet werden“, heißt es
in der gemeinsam herausgegebenen Pressemitteilung
97
.
Buch: Im Buchgeschäft engagiert sich Springer allein über die Verlagstochter Ullstein GmbH. Den Heyne-Verlag übernahm
Bertelsmann (Bertelsmann in der Mediendatenbank) und die anderen Firmen der Econ-List-Gruppe übernahm der
schwedische Bonnier-Konzern. Romanheftchen erscheinen im Cora-Verlag, der jährlich über 30 Reihen mit mehr als 700
Ausgaben veröffentlicht.
Sonstiges: Aus anderen Geschäftsbereichen hat sich die Axel Springer AG weitgehend zurückgezogen: So wurden
Grundstücke im Konzernbesitz verkauft. Die eigenen Tiefdruck-Aktivitäten wurden in eine gemeinsame Firma mit
Bertelsmann ausgelagert, die Prinovis Ltd. & Co. KG. Bei den elektronischen Medien kommt über AS Interactive der
Computel-Telefonservice für 0190er-Nummern hinzu. Unter großem Werbeaufwand brachte der Konzern Mitte Oktober 2007
über die „Bild“-Zeitung einen eigenen Mobilfunktarif auf den Markt. Zunächst beschränkt sich das Angebot auf den Verkauf
von Prepaid-Karten. Gleichzeitig ging die eigens für das Abrufen per Mobiltelefon konzipierte Webseite „mobile-bild.de“ ans
Netz. 2007 sorgten der Einstieg ins Briefzustellgeschäft sowie der noch überraschendere Ausstieg daraus für Aufsehen. Im
Juni 2007 erwarb Springer für rund 510 Millionen Euro von den Miteigentümern WAZ, Holtzbrinck und der luxemburgischen
Beteiligungsgesellschaft Rosalia die Mehrheit am Post-Dienstleister PIN AG. Im November, als sich die Einführung eines
Postmindestlohns abzeichnete, distanzierte sich der Vorstandsvorsitzende Döpfner von diesem Geschäftssegment. Die seit
Jahren an Auflagenschwund leidende „Bild“-Zeitung startete zum Jahresende 2007 eine Kampagne gegen den Mindestlohn,
nachdem sie Monate zuvor noch gegen so genannte „Hungerlöhne“ mobil machte. Die Kampagne erwies sich jedoch als
wirkungslos. Die These, dass deutsche Politik den Segen der „Bild“-Zeitung braucht, gilt spätestens jetzt als überholt. Am
Jahresende ließ Springer die PIN AG Insolvenz anmelden. „Nicht fortgeführte Aktivitäten“ führten zu einem Minus von 572
Mio. Euro in der Bilanz. Döpfner bezeichnete das Scheitern der Pin AG als „schwerste Niederlage“ seines Lebens, lehnte es
aber ab, Managementfehler für den Ausstieg geltend zu machen. Vielmehr betonte er in zahlreichen Interviews im Dezember
2007, dass es die populistische Politik der großen Koalition und deren Entschluss für einen gesetzlichen Mindestlohn im
Postgewerbe war, die die Springer AG zum Rückzug zwang. Im März 2008 erhöhte der Vorstand die Gehälter seiner
97
www.promondo.com/fileadmin/content/Presse/Pressemitteilungen/PM_041007_myby_Start.pdf
38
Mitglieder um fast 40 Prozent, was zu Kritik in der Wirtschaftsressorts der Presse führte („Süddeutsche Zeitung“:
„Ausgerechnet jetzt einen solchen Aufschlag zu gewähren, zeugt von schlechtem Stil“)
98
.
98
Busse, Caspar (2008): Schlechter Stil. Vorstandsgehälter bei Springer steigen trotz Fehlentscheidungen. In: Süddeutsche
Zeitung vom 13.03.2008; vgl. auch Meck, Georg (2007): Der Verlierer. Im Portrait: Mathias Döpfner. In: Frankfurter Allgemeine
Sonntagszeitung vom 16.12.2007.
Abb. 6: Organigramm: Beteiligungen der Axel Springer AG an Presserzeugnissen (National)
Quelle: Röper, Horst (2008): Konzentrationssprung im Markt der Tageszeitungen. In: Media Perspektiven 8/2008, 426; eigene Darstellung)
Zeirung: Bild
100%
Zeitung: Hamburger
Abendblatt 100%
Zeitung: B.Z. 100%
Zeitung: Die Welt & Welt
Kompakt 100%
Zeitung: Elmshorner Nach
richten
100%
Zeitung: Berliner
Morgenpost 100%
Zeitung: Leipziger
Volkszeitung 50%
Zeitung: Bergedorfer
Zeitung 100%
Zeitung: Kieler
Nachrichten 24.5%
Zeitung: Pinnerberger
Tageblatt 28.7%
Zeitung: Lübecker
Nachrichten 49%
Zeitung: Harburger
24.8%
Zeitung: Naumburger
Tageblatt 37.6%
Zeitung: Dresdner
Neuste Nachrichten
50%
Zeitung:
Segeberger Zeitung
24.5%
Zeitung: Ostsee Zeitung
74.5%
Abb. 7: Tageszeitungen im Axel Springer Verlag
Quelle: Röper, Horst (2008): Konzentrationssprung im Markt der Tageszeitungen. In: Media Perspektiven 8/2008, 426.
3.2.4. Engagement im Ausland
Im Ausland ist die Axel Springer AG in Europa, Russland und der Türkei unternehmerisch tätig. Hinzu kommen zahlreiche
Lizenzausgaben unter fremdem Vertrieb.
West- und Mitteleuropa: Die Aktivitäten des Springer Verlags in West- und Mitteleuropa konzentrieren sich auf die Schweiz
und Frankreich. Durch die Übernahme der Jean Frey AG im Januar 2007 verlegt der Konzern in der Schweiz nunmehr
neben der „Handels-Zeitung“, zwei Wirtschaftszeitungen und fünf Zeitschriften drei weitere Zeitschriften („Beobachter“,
„Bilanz“, „TV-Star“). Im Juni 2007 kündigte sich ferner die Übernahme von vier weiteren Schweizer Blättern (u.a. „Tele“,
„TVVier“) vom Verlag Ringier an. In Frankreich ist der Konzern bisher mit lediglich drei verlegten Zeitschriften im Vergleich
zu anderen Länder schwach auf dem Printmarkt vertreten. Daher wurde an der Umsetzung eines Ablegers der „Bild“-Zeitung
gearbeitet. 120 Mio. Euro Investitionskosten innerhalb der nächsten drei Jahre hatte das Springermanagement hierfür
bereits fest eingeplant. Am 5. Juli 2007 verkündete das Unternehmen überraschend, alle Planungen für das „Bild“-Projekt
einzustellen. Das fragmentierte französische Distributionssystem, nicht zufrieden stellende Resonanz bei mehreren
Nullnummern und das strenge französische Persönlichkeitsrecht hätten den Vorstand zu diesem Schritt bewogen. Springer-
Vorstand Andreas Wiele, der das Projekt verantwortete, hat sich nur Tage zuvor noch optimistisch geäußert und den
Vertriebsbeginn für Anfang 2008 in Aussicht gestellt. In Spanien umfasst das Engagement des Verlags elf Zeitschriften.
Eine Erweiterung des Portfolios ist nicht erkennbar.
Osteuropa: Osteuropa bildet den Schwerpunkt der Springeraktivitäten im Ausland. Allein in Ungarn verlegt der Konzern
zwei Zeitungen, acht Regionalzeitungen und 21 Zeitschriften. Noch größer ist die Dominanz in Polen. Springer beherrscht
mit den zwei auflagenstarken überregionalen Tageszeitungen „Fakt“ (Auflage über 500.000 Exemplare) und der erst 2006
eingeführten Qualitätszeitung „Dziennik“ sowie 18 Zeitschriften den polnischen Printmarkt. Nach eigenen Angaben verfügt
der Verlag mit diesen Produkten über einen Anteil von 44 Prozent am überregionalen Zeitungsmarkt in Polen. Allerdings ist
der Konzern auch in Polen mit dem Versuch gescheitert, in den Fernsehmarkt einzusteigen. Den Erwerb eine
Minderheitsbeteiligung (25,1 Prozent) am polnischen TV-Sender Polsat, für den der Verlag einen Kaufpreis von mindestens
250 Mio. Euro in Aussicht gestellt hatte, untersagte die Wettbewerbsbehörde im April 2007 aufgrund kartellrechtlicher
Bedenken. In Tschechien gehören acht Zeitschriften dem Springerverlag, in Rumänien sind es derer zehn.
Russland: In Russland verlegt Springer Lizenzausgaben der Zeitschriften „Forbes“ und „Newsweek“ sowie einen russischen
Ableger der „Computer Bild“ und mit „OK!“ ein People-Magazin (beide seit 2006). Für Aufruhr sorgte im Dezember 2006 ein
Zwischenfall, ausgelöst durch eine kritische Titelgeschichte in der „Forbes“. Dort wurde der Erfolg der Geschäftstätigkeit von
Jelena Baturina, der einzigen Milliardärin Russlands und Ehefrau des Moskauer Bürgermeisters Luschkow, ihren engen
Kontakten mit der Politik zugeschrieben. Daraufhin wollte diese die Veröffentlichung mittels Klageandrohung verhindern.
Ohne Absprache mit dem Mutterkonzern des US-Magazins ließ Springer in vorauseilendem Gehorsam den Vertrieb der
Ausgabe stoppen, was Chefredakteur Maxim Kaschulinski dazu bewegte, seine Kündigung einzureichen. Dem starken
Gegenwind aus den USA gab Springer jedoch nach, und die Zeitschrift erschien mit einem Tag Verspätung, allerdings mit
geänderter Überschrift der Titelstory. Chefredakteur Kaschulinski nahm daraufhin seine Kündigung zurück.
Übrige Welt: Mit der Übernahme von 25 Prozent an der Sendergruppe Dogan TV in der Türkei glückte dem Konzern im
November 2006 schließlich der Einstieg in den türkischen Fernsehmarkt – zum hohen Preis von 375 Mio. Euro. Dogan TV ist
in der Türkei Marktführer im Printsektor (Hürryet, Milliyet, Posta) und mit fast 40 Prozent Marktanteil auch im
Fernsehgeschäft präsent. Dogan TV beteiligte sich ebenso wie der Axel Springer Konzern auch am Bieterwettbewerb um die
deutsche Mediengruppe ProSiebenSat.1 Media AG. Im November 2008 verkaufte Springer 5,7 Prozent seiner Beteiligung an
die Mediegruppe Dogan Yayin Holding, die bereits eine Mehrheitsbeteiligung an Dogan TV besitzt. Dafür beteiligte sich
Springer jedoch zum Preis von 47 Mio. Euro mit rund zehn Prozent an derselben Holding und sicherte sich damit einen Sitz
im Verwaltungsrat, der vom ehemaligen RTL-Geschäftsführer Helmut Thomas eingenommen wird. Laut Konzernangaben
verspricht sich Springer dadurch eine strategisch aussichtsreiche Positionierung in einem viel versprechenden
Wachstumsmarkt.
42
3.2.5. Engagement in Berlin
Seit 1996 befindet sich die Unternehmenszentrale der Axel Springer AG in der Berliner Kochstraße, die erst im April 2008
auf „taz“-Initiative vollständig in Rudi-Dutschke-Straße umbenannt wurde. Eine überraschende Kontroverse lösten die
Umzugspläne der Redaktionen von „Bild“ und Bild am Sonntag“ von Hamburg nach Berlin aus, die offenbar ohne eine
vorige Absprache mit den Betriebsräten ausgearbeitet wurden. Ein FAZ-Interview mit „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann, in
welchem er die Pläne konkretisierte, rief heftige Proteste der Belegschaft hervor. Doch auch in der Chefetage sorgte der
Umzug für Unruhe. Wie die „Netzeitung“ berichtete, habe Mathias Döpfner den Umzug gegenüber Diekmann „durchgeboxt“,
der sich für einen Verbleib in Hamburg eingesetzt hatte
99
. Nachdem ursprünglich geplant war, die erste in Berlin hergestellte
„Bild“-Ausgabe am geschichtsträchtigen 03.10.2007 zu veröffentlichen, wurde der Umzug auf März 2008 verschoben, zudem
sollten die damit einhergehenden Stellenstreichungen geringer ausfallen. In Hamburg verbleiben neben den Mitarbeitern der
Lokalsausgabe der „Bild“ auch die Angestellten der Bereiche Vertrieb, Logistik und Herstellung.
Die „Bild“-Redaktion ist dementsprechend neben die so genannte Zentralredaktion getreten, die bislang das Herzstück des
Axel-Springer-Konzerns in der Hauptstadt darstellte. In dieser werden die Inhalte der „Welt“, „Welt am Sonntag“, „Welt
Kompakt“ und der „Morgenpost“ produziert. Um genügend redaktionellen Nachwuchs zu rekrutieren, wurde ferner die „Axel
Springer Akademie“ ins Leben gerufen, die gleichzeitig auch als ,Think Tank‘ des Konzerns fungieren soll.
3.2.6. Aktuelle Entwicklung
Die Axel Springer AG befindet sich in einem Expansionsprozess. Die im Jahr 2000 initiierte Strategie mit den Zielen Ausbau
der Marktführerschaft in Deutschland, Internationalisierung sowie Digitalisierung wird in vielen Konzernbereichen verstärkt
fortgeführt. Rückschritte wie die PIN-Insolvenz haben Mathias Döpfner bei der Umsetzung seiner Strategie bislang nicht
bremsen können. Erkennbar will das Haus inzwischen ein liberales offenes Image vermitteln. Das bescheidene Ziel
Döpfners, den Konzern bis zum Jahr 2010 zum kundenfreundlichsten Medienhaus Europas zu machen, passt dazu ins Bild.
Allerdings geriet der oft propagierte hausinterne Meinungspluralismus immer wieder in die Kritik: Anlässlich einer
Verlagsankündigung zur Veröffentlichung eines Buches von Kai Diekmann ging „Welt“-Redakteur Alan Posener auf seinem
Internetblog hart mit der redaktionellen Tätigkeit Diekmanns ins Gericht. Nur kurze Zeit nach der Veröffentlichung wurde der
Beitrag jedoch durch die Redaktion entfernt. Dem einsetzenden Protest interessierter Leser trat der Konzern mit einer
Pressemittelung entgegen, in der die „höchst unkollegiale Geste“ als der Unternehmenskultur nicht entsprechendes
Verhalten gegeißelt wurde. Es handele sich um die „Entgleisung eines einzelnen Mitarbeiters“
100
. In Zukunft sollen als
Konsequenz aus „dem Fall Posener“ bei Springer Inhalte r das Internet der redaktionellen Kontrolle des Chefredakteurs
unterworfen sein. Im April 2008 übernimmt der bisherige «Welt»-Chefredakteur Thomas Schmid die redaktionelle
Gesamtverantwortung aller „Welt“-Titel. Der im Januar als Chefredakteur der deutschen „Vanity Fair“ ausgeschiedene Ulf
Poschardt wird stellvertretender Chefredakteur der „WamS“, was manche Beobachter als Weichenstellung für die Zukunft
sehen. Der bisherige Träger der redaktionellen Gesamtverantwortung für die „Welt“-Gruppe, Christoph Keese, wird zum
Konzerngeschäftsführer Public Affairs der Axel Springer AG. In dieser Funktion soll er Lobbyarbeit gegen womöglich
drohende Werbeverbote und für weitere Expansion des Konzerns leisten. Die „taz“ dazu: „Vielleicht kann man es so sagen:
Keese wird hochdegradiert“
101
. Jedenfalls wird Keese nun „nicht mehr journalistisch für den Verlag tätig sein“
102
.
Im März siedelte die Reaktion der „Bild“-Zeitung dann tatsächlich von Hamburg in die Springer-Zentrale nach Berlin um.
Insgesamt sollen rund 400 Mitarbeiter der wichtigsten Redaktionen des Blattes in die Hauptstadt umgezogen sein. Die
einmaligen Kosten der Aktion belasteten die Gewinne im ersten Quartal 2008. Am 21. April 2008 brachte der Verlag die
erste Ausgabe der Zeitschrift „Humanglobaler Zufall“ heraus, die von einer Jury zum Sieger des 2007 ausgelobten
„Ideenwettbewerbs Scoop!“ der Axel Springer Akademie bestimmt wurde. Das vom 30-jährigen Dennis Buchmann
konzipierte und verantwortete Magazin „beschäftigt sich mit der vernetzten Welt“, „berichtet von Menschen rund um den
99
O.V. (2007): Verwirrung um «Bild»-Umzug nach Berlin. In: Netzeitung vom 02.05.2007. Internetressource:
http://www.netzeitung.de/medien/635230.html, überprüft am 18.09.2008.
100
Vgl. Auszüge der Presseerklärung auf „Bildblog“: http://www.bildblog.de/2251/der-grosse-selbstbetrug-von-kai-diekmann/
101
Raab, Klaus (2008): PIN? Pah, hier ist Posh! In: die tageszeitung vom 13.03.2008.
102
Lachmann, Jennifer (2008): Springer scheut große Zukäufe. In: Financial Times Deutschland vom 12.03.2008.
43
Erdball“ und „enthält [...] viele Informationen zur Globalisierung“, hieß es in einer initialen Pressemitteilung
103
. Die Zeitschrift
soll mit einer Auflage von 100.000 Exemplaren vier Mal pro Jahr erscheinen. Während die mehrheitliche Übernahme der
französischen Webseite „auFeminin.com“ Springer zufolge „Europas führende Online-Plattform für die weibliche
Zielgruppe“ (deutsche Version: „gofeminin.de“)
104
von Beobachtern als überteuert gewertet wurde, steigerte „bild.de“ die
Zahl der Page Impressions auf über 702 Millionen und ist somit in dieser Maßeinheit das meistgenutzte Presse-Angebot im
deutschsprachigen Internet. Der Konzern erwartet fürs Jahr 2008 einen Umsatz von 400 Mio. Euro mit digitalen Medien. Das
ist im Sinne des Wachstums auch nötig, denn im Segment „Zeitungen National“ sind die Umsätze weiter gesunken (1.
Quartal 2008: 296,7 Mio. Euro gegenüber 314,3 Mio. im Vorjahreszeitraum). Konzernchef Döpfner rief das Ziel aus, „das
bestintegrierte Multimediaunternehmen in Europa zu werden“
105
.
Am 21. April 2008 brachte der Verlag die erste Ausgabe der Zeitschrift "Humanglobaler Zufall" heraus, die von einer Jury
zum Sieger des 2007 ausgelobten "Ideenwettbewerbs Scoop!" der Axel Springer Akademie bestimmt wurde. Das vom 30-
jährigen Dennis Buchmann konzipierte und verantwortete Magazin "beschäftigt sich mit der vernetzten Welt", "berichtet von
Menschen rund um den Erdball" und "enthält ...viele Informationen zur Globalisierung", heißt es. Es erschienen vier
Ausgaben der Zeitschrift mit einer Auflage von 100.000 Exemplaren.
Ende September 2008 startete mit der wöchentlich erscheinenden Gratiszeitung „Berliner Morgenpost Wochenend-Extra
eine nach Verlagsangaben „neuartige Konzeption, weder ein klassisches Anzeigenblatt noch eine tagesaktuelle Zeitung“
106
.
Noch wenige Wochen zuvor hatte Konzernsprecher Tobias Fröhlich im Hinblick auf das Vertriebskonzept von
Gratiszeitungen verlauten lassen: „Jeder Tag ohne Gratiszeitung ist ein guter Tag“
107
. Dennoch liegen bereits seit 2005
eigene Pläne für eine solche Publikation vor, die als Tageszeitung unter dem Titel „Gratissimo“ veröffentlicht werden könnte.
Der wöchentliche Ableger der „Berliner Morgenpost“, der an circa eine Million Haushalte im Berliner Stadtbezirk verteilt wird
und eine Auswahl bereits in der täglichen „Morgenpost“-Ausgabe veröffentlichten Texten enthält, wurde als Reaktion auf die
jüngsten Auflagenverluste des Mutterblatts zurückgeführt und als auflagensteigernde Werbemaßnahme gewertet – indes mit
unsicheren Erfolgsprognosen
108
.
Seit Oktober 2008 bündelt der Springer Konzern die Vermarktung aller nationaler Medienangebote („Bild“-Gruppe, „Welt“-
Gruppe, Zeitschriften, Regionalzeitungen und deren Online-Vermarkter) in der Unternehmensgruppe First Media, deren
Vermarktungschef Peter Würtenberger ist. Immer wiederkehrenden Spekulationen, Springer nnte doch noch groß ins
deutsche Fernseh-Geschäft einsteigen, setzte Ende 2008 die oberlandesgerichtliche Bestätigung des im Vorjahr vom
Kartellamt ausgesprochenen Verbots der Übernahme von ProSiebenSat.1 zunächst Grenzen.
103
Pressemitteilung vom 01.02.2008. Internetressource: http://www.axelspringer.de/presse/Neues-Zeitschriften-Projekt-von-
Axel-Springer-HUMANGLOBALER-ZUFALL-ab-21.-April-2008-am-Kiosk_35848.html, überprüft am 18.09.2008.
104
Pressemitteilung vom 11.08.2008. Internetressource: http://www.axelspringer.de/presse/goFeminin.de-staerkt-
Vermarktung-und-erweitert-Geschaeftsfuehrung_165913.html, überprüft am 18.09.2008.
105
Welt Online (2008): Axel Springer verzehnfacht Gewinn. In: Welt Online vom 29.05.2008. Internetressource:
http://www.welt.de/wirtschaft/article2047588/Axel_Springer_verzehnfacht_Gewinn.html, überprüft am 18.09.2008.
106
Zitiert nach: Holtermann, Felix (2008): Neues Springer-Blatt löst Erstaunen aus. In: Stuttgarter Zeitung vom 15.09.2008.
Internetressource: http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/1818301_0_2147_neues-springer-gratisblatt-loest-erstaunen-
aus.html, überprüft am 31.12.2008.
107
Zitiert nach: O.V. (2005): Der Springer Verlag plant eine neue Gratis-Zeitung. In: Handelsblatt Online vom 13.09.2005.
Internetressource: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/strategie/der-springer-verlag-plant-eine-neue-gratis-
tageszeitung;958730, überprüft am 31.12.2008.
108
Vgl. Pohlmann, Sonja (2008): Mehr Druck: Springer-Verlag startet Wochenzeitung in Berlin. In: Der Tagesspiegel vom
13.09.2008, 35.
Abb. 8: Organigramm: Beteiligungen der Axel Springer AG an Online-Publikationen
Quelle: Vogel, Andreas (2008): Online-Geschäftsfelder der Pressewirtschaft. In: Media Perspektiven 5/2008, 239; eigene Darstellung.
Idealo Inte
r
net GmbH
75%
Produkt- und Preissuche
Zanox.de AG 60%
E-Commerce Plattform
epr
o
fessional
GmbH
Suchmaschinen-
Marketing
Hamburg.de KG 51%
Regionalportal
Gamigo AG 29%
Contentsite Spiele
motor talk GmbH 20%
Auto Forum/Markt
Computerbild Online mbH
100%
Portale
Computerbildgruppe
AS Online
Beteiligungs-
GmbH
66%
MV web KG 36%
Regionalportal
Bücher.de KG 33%
Shop
Wal
l
street:online AG 50%
Finanzportal
StepStone Dltd. AG 50%
Stellenmarkt
Wal
l
street:online capital AG
75%
Fondsvermittler + Portal
Immonet. GmbH 100%
Immobilienmarkt
Smarthouse Media G
mbH
76%
Web-Finanzapplikation
Bild digital KG 100%
Portal bild.de
Aufem
i
nin.com
SA 68%
Frauenportal (europ.)
Myby KG 25%
Electronic-Shop
3.3. Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck GmbH
Die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck GmbH ist ein Familienunternehmen mit Hauptsitz in Stuttgart. Sie ist in mehr als
80 Ländern tätig und publiziert in klassischen und elektronischen Medien in den Bereichen Informationen, Bildung und
Unterhaltung. Bekanntere Marken des Unternehmens sind die Handelsblatt-Gruppe, die Wochenzeitung „Die Zeit“, die
Berliner Tageszeitung „Tagesspiegel“ und das Wissenschaftsmagazin „Nature“ sowie zahlreiche Buchverlage. Bei
bestimmten Zielgruppen, etwa Wissenschaftlern oder Geschäftsleuten, nimmt die Holtzbrinck-Gruppe mit ihren
Verlagsobjekten eine führende Stellung ein.
Schlüsselpositionen:
- Dr. Clemes Riedl, CEO StudiVZ
- Dr. Marion Bleß, Geschäftsführerin des „Tagesspiegel“
- Frank Lüdecke, Sprecher der Geschäftsführung des „Tagesspiegel“
- Dr. Rainer Esser, Geschäftsführer „Die Zeit
- Joachim Liebler, Geschäftsführer „Handelsblatt“
- Michael Stollarz, Geschäftsführer „Handelsblatt
- Harald Wahls, Geschäftsführer „Handelsblatt“
- Dr. Roland Klopfleisch, Leiter Controlling der Tagesspiegel-Gruppe & Geschäftsführer Zweite Hand Gruppe Berlin
Geschäftsführung/Vorstand:
- Dr. Stefan von Holtzbrinck, Vorsitzender
- Dr. Jochen Gutbrod, Stellvertretender Vorsitzender, Leiter Wirtschaftsinformation
- Jens Schwanewedel, Kaufmännischer Geschäftsführer
- John Sargent, CEO Holtzbrinck Publishers
- Dr. Rüdiger Salat, Geschäftsführer Holtzbrinck Buchverlage
- Richard Charkin, CEO Macmillan
Aufsichtsrat:
- Prof. Dr. Klaus-Dieter Lehmann, Vorsitzender (Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz)
- Dr. Bernd Scheifele, Stellvertretender Vorsitzender (Vorstandsvorsitzender der HeidelbergCement AG)
- Prof. Dr. Hubert Markl (ehem. Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft 1996 - 2002)
- Monika Schoeller, geb. von Holtzbrinck
- Joachim Schoss (Gründer Scout24)
Chefredakteure:
- Stephan-Andreas Casdorff, Lorenz Maroldt – „Der Tagesspiegel“
- Giovanni di Lorenzo – „Die Zeit“
- Bernd Ziesemer – „Handelsblatt“
Gesellschafter:
- Monika Schoeller (50%)
- Dr. Stefan von Holtzbrinck (50%)
46
Tab. 7: Ökonomische Basisdaten (Beträge in Mio. €)
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007
Umsatz Gesamt 2.350 2.329 2.241 1.937 1.961 2.086 2.243 2.489
Gewinne (Verluste)
nach Steuern
k.A. 47,7* k.A. k.A. k.A. 187,8 206,6 222,0
Beschäftigte 12.500 12.600 12.500 11.800 12.855 13.872 15.473 17.086
Quelle: Institut für Medien- und Kommunikationspolitik, eigene Darstellung.
Tab. 8: Umsatz/Jahr nach Geschäftsbereichen (Beträge in Mio. €)
Jahr Belletristik und
Sachbuch
Bildung und
Wissenschaft
Zeitungen und Wirtschaftsinformationen Digitale
Medien*
Innenumsätze und
Sonstiges
2004 552,6 591,6 863,9 14,5 -61,9
2005 586,4 640,4 914,8 19,6 -74,4
2006 633,8 689,8 965,4 28,3 -74,1
Quelle: Georg von Holtzbrinck GmbH
109
, eigene Darstellung.
*Konsolidierter Umsatz, ohne Minderheitsbeteiligungen
3.3.1. Geschichte und Profil
Als gelernter Buchvertreter gründete Georg von Holtzbrinck, Abkömmling eines westfälischen Adelsstamms, zusammen mit
seinem Freund Wilhelm Schlösser im Jahre 1936 die Deutsche Verlagsexpedition. Das Vertriebsunternehmen wurde zur
Keimzelle eines sich rasch ausbreitenden Medienunternehmens. Den wirtschaftlichen Erfolg habe Holtzbrinck zu einem
erheblichen Teil auch seinen guten Beziehungen zur Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) zu
verdanken gehabt, schrieb das US-Magazin „Vanity Fair“ 1997. Schon im Jahr 1943 übernahm Holtzbrinck den Wiesbadener
Verlag „Deutsche Volksbücher“, den die Alliierten 1946 lizensierten. Nach dem Krieg fasste der Verleger den Plan, für das
lesefreudige Publikum einen Buchklub zu gründen, der 1948 als Stuttgarter Hausbücherei gegründet und später zusammen
mit dem Deutschen Bücherbund (1959), der deutschen Hausbücherei (1960) und dem Deutschen Buchklub (1966)
marktbeherrschende Stellung erhielt. Vier Jahrzehnte blieben die Buchklubs das Kerngeschäft des Unternehmens. Parallel
engagierte sich Holtzbrinck jedoch auch als Verleger, um das wirtschaftliche Risiko zu minimieren und kaufte Anteile
verschiedener Zeitungen und Zeitschriften.
Als der Verlagsgründer 1983 starb, arbeitete sein ältester Sohn Dieter bereits drei Jahre als Geschäftsführer im
Unternehmen (beim „Handelsblatt“), und trieb als Nachfolger seines Vaters den radikalen Umbau des Konzerns voran. Dazu
gehörte zum einen die bereits zuvor angestrebte Expansion in internationale Märkte (Auslandsanteil 2001: 40 Prozent), zum
anderen auch die nationale Ausweitung der Geschäftsaktivitäten in neue Medienbereiche. Der internationale Fokus lag
zunächst vorrangig auf den USA: 1986 erwarb Holtzbrinck den Buchverlag Henry Holt und die „Scientific-American“-Gruppe.
1994 folgte der Kauf des angesehenen New Yorker Buchhauses Farrar, Straus & Giroux und 1995 ein 70,8-prozentiger
Anteil an dem britischen Großverlag Macmillan für etwa 600 Mio. Mark. Zudem wurde mehrheitlich das Forschungsinstitut
Prognos AG in Basel übernommen. Gleichzeitig entschloss sich Holtzbrinck – zunächst in enger Allianz mit dem Münchner
109
Entsprechende Daten für die Geschäftsjahre 2007 und 2008 wurden von der Georg von Holtzbrinck GmbH nicht zur
Verfügung gestellt.
47
Filmhändler Leo Kirch – zum Vorstoß in den Sektor der elektronischen Medien. Der Holtzbrinck Konzern engagierte sich
bereits 1983 als Gründungsgesellschafter beim TV-Sender Sat.1 und hielt nach einer Reorganisation im Jahr 1986 15
Prozent der Anteile, um sie schließlich Ende 1996 für knapp 200 Mio. DM an den Medienunternehmer Leo Kirch zu
verkaufen. Der Wetter- und Reisekanal, an dem Holtzbrinck ein Viertel der Anteile hielt, stellte 1998 nach kurzer Zeit seinen
Betrieb ein. Außerdem beteiligte sich das schwäbische Unternehmen mit 25 Prozent am Nachrichtenkanal n-tv und baute
diesen Anteil sukzessive bis auf 47 Prozent aus. Jedoch verkaufte die Stuttgarter Gruppe die Senderanteile Mitte 2002 –
zusammen mit Beteiligungen an zwölf Radiostationen an den Bertelsmann-Konzern. Dieter von Holtzbrinck setzte indes
auch auf den Printsektor und kaufte in kurzer Folge die Zeitungen „Main-Post" (1992), „Tagesspiegel“ in Berlin (1992)
110
und
„Trierischer Volksfreund" (1993). Einen Höhepunkt erreicht die Expansionsoffensive in 1996 beim Kauf der angesehenen
Wochenzeitung „Die Zeit(Auflage: rund 480.000)
111
für 140 Millionen Mark vom bis dato alleinigen Gesellschafter Gerd
Bucerius.
Den Akquisitionen des Konzerns stand eine wesentliche interne Bereinigung gegenüber: 1989 reichte Holtzbrinck den
Deutschen Bücherbund, das einstige Herzstück des Unternehmens, für 250 Mio. Mark an Kirch weiter. Die Zeit für
Buchklubs sei vorbei, erklärte Holtzbrinck, und merkte seinerzeit an, dass das auch für das Unternehmen Bertelsmann gelte,
das den Bücherbund 1992 von Kirch kaufte. Noch Mitte der Achtziger hatten die Buchklubs jede zweite Mark im
Unternehmen erwirtschaftet. Auch von der Musikfirma Intercord trennte sich Holtzbrinck und gab den Zuschlag an den
britischen Musikkonzern EMI Music. Letztlich wurden auch die Druckereien Claussen & Bosse und Franz Spiegel Buch
veräußert. Zum 1. Januar 1999 führte Dieter von Holtzbrinck fünf eigene Buchverlage mit den sieben Buchverlagen der
katholischen Weltbild-Gruppe aus Augsburg in einer gemeinsamen Verlagsgruppe zusammen, die unter dem Namen
Droemer Knaur firmiert.
Im Juni 2002 übernahm Holtzbrinck den angeschlagenen Berliner Verlag, zu dem auch die „Berliner Zeitung“ gehört, von
Gruner+Jahr. Das unter kartellrechtlichen Vorbehalten abgewickelte Geschäft geriet zum Desaster für die Stuttgarter
Verlagsgruppe. Das Bundeskartellamt untersagte die planmäßige Transaktion, da durch die Fusion von „Tagesspiegel“ und
„Berliner Zeitung“ in der Hauptstadt ein Monopol im Bereich der Abonnements-Zeitungen entstünde
112
. Holtzbrinck
beantragte daraufhin am 14. Januar 2003 beim damaligen Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) eine
Ministererlaubnis, um das Veto der Kartellbehörde zu umgehen. Um die Zustimmung Clements zu bekommen, schlug
Holtzbrinck ein Stiftungsmodell vor, nach welchem die Redaktion des „Tagesspiegel“ in eine Gesellschaft überführt werden
sollte, deren Unabhängigkeit durch ein neunköpfiges Kuratorium überwacht würde
113
. Rechtlich gesehen hätte Clement die
Erlaubnis nur erteilen können, wenn „gesamtwirtschaftliche Vorteile“ bzw. „ein überragendes Interesse der Allgemeinheit“
schwerer gewogen hätten als die Konzentrationsbedenken. Am 13. Mai erteilte Clement daher einen Zwischenbescheid, in
dem Holtzbrinck aufgefordert wurde, sechs Wochen lang nach Käufern für den „Tagesspiegel“ zu suchen
114
. Hätte kein
Käufer gefunden werden können, hätte einer Erlaubnis durch Bundesminister Clement nichts im Wege gestanden. Kurz
darauf meldeten aber die Verlagsgruppen Bauer und Ippen ihr Kaufinteresse an. Im September 2003 verkaufte die
Holtzbrinck-Gruppe den „Tagesspiegel“ somit an ihren früheren Manager Pierre Gerckens
115
zu einem Vorzugspreis (von 10
Millionen Euro war die Rede, der Konzern wollte sich dazu nicht äußern). Danach schien der Weg frei für die Übernahme der
„Berliner Zeitung“, aber das Bundeskartellamt verbot diese zum zweiten Mal im Februar 2004
116
, da die an Gerckens
verkauften „Tagesspiegel“-Anteile noch immer dem Konzern zuzurechnen seien. Daraufhin klagte Holtzbrinck vor dem OLG
Düsseldorf und dem BGH gegen die Entscheidung des Bundeskartellamts, allerdings ohne Erfolg. Als Konsequenz verkaufte
110
Vgl. Held, Barbara/Simeon, Thomas (1994): Die zweite Stunde Null. Berliner Tageszeitungen nach der Wende (1989-1994).
Berlin: Spiess Verlag, 47-49.
111
http://www.zeit.de/zeitverlag/chronik , überprüft am 04.09.08.
112
O.V. (2002): Kartellamt untersagt Übernahme durch Holtzbrinck. In: Spiegel Online vom 21.11.2002. Internetressource:
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,223841,00.html , überprüft am 04.09.08.
113
O.V. (2003): Ausweinen bei Clement. In: Manager Magazin Online vom 22.04.2003. Internetressource:
http://www.manager-magazin.de/it/artikel/0,2828,245647,00.html , überprüft am 04.09.08.
114
O.V. (2003): Zeitungsfusion: Clement gibt nur „Zwischenbescheid“. In: FAZ.net vom 10.05.2003. Internetressource:
http://www.faz.net/s/RubC9401175958F4DE28E143E68888825F6/Doc~E93A59EE6111A4180AD17F5E3778B0666~ATpl~Ecom
mon~Scontent.html , überprüft am 04.09.08.
115
Meier, Lutz (2003): Pierre Gerckens: Treuer Freund des Altverlegers. In: Financial Times Deutschland vom 29.09.2003.
Internetressource: http://www.ftd.de/technik/medien_internet/1064846913831.html , überprüft am 04.09.08.
116
Pressemitteilung des Bundeskartellamtes vom 04.02.2004: „Bundeskartellamt untersagt erneut Fusion Holtzbrinck / Berliner
Verlag“. Internetressource: http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/archiv/PressemeldArchiv/2004/2004_02_04.php,
überprüft am 04.09.08.
48
der Konzern im Oktober 2005 den Berliner Verlag an ein angloamerikanisches Investorenkonsortium (VSS) und die Mecom-
Group
117
. Der Brite David Montgomery, Vorstandsvorsitzender der Mecom Group, leitet seitdem die Geschicke des Berliner
Verlags als Aufsichtsratschef.
3.3.2. Management
Mit seinen mehr als 50 Tochterunternehmen und den 73.086 Mitarbeitern ist der Mutterkonzern ein weitgehend anonymes
Unternehmenskonstrukt geblieben. Eine eigene Markenpolitik wird nicht betrieben, stattdessen werden die
Geschäftsaktivitäten weitgehend unauffällig ausgeübt. Die Unternehmensphilosophie beruht ausgewiesenermaßen auf
Qualität, Dezentralität und Individualität. Die Verlagsgruppe gliedert sich in vier Geschäftsbereiche: (1) Publikumsverlage, (2)
Bildung und Wissenschaft, (3) Zeitungen und Wirtschaftsinformationen sowie (4) elektronische Medien und Services. Bei
bestimmten Zielgruppen, etwa Wissenschaftlern oder Geschäftsleuten, nehmen die Holtzbrinck-Publikationen eine führende
Stellung ein. Mit seinen renommierten Buchverlagen kann es der schwäbische Verbund an Geltung mit dem wirtschaftlich
potenteren Rivalen Bertelsmann daher leicht aufnehmen. „Die anderen mögen größer sein, wir aber haben Fischer und
Rowohlt“, soll der Firmengründer Georg von Holtzbrinck auf seinem Sterbebett gesagt haben. Hinzu kommt eine Reihe
bedeutender Regionalzeitungen, der „Tagesspiegel" in Berlin und das bekannte Wochenblatt „Die Zeit". Die Anteile der
Holtzbrinck-Verlagsgruppe teilen sich die Geschwister Monika Schoeller und Stefan von Holtzbrinck zu je 50 Prozent. Dieter
von Holtzbrinck hat seine Anteile seit 2006 schrittweise in eine gemeinnützige Stiftung überführt.
Seit dem überraschenden Ausscheiden Dieter von Holtzbrincks Ende Juni 2006, des „stillen Tycoons“, als Gesellschafter
und Aufsichtratsvorsitzender führt Stefan von Holtzbrinck das Unternehmen auf einem ausgreifenden Diversifikationskurs.
Dieter von Holtzbrinck, der den Konzern 20 Jahre lang geleitet hatte, legte seine Planungen und Investitionsrechnungen
langfristig auf mindestens zehn Jahre an. Als Motto galt: „Firma geht vor Familie“, wonach mind. 80 Prozent der Gewinne in
die Firma reinvestiert werden mussten. Gezielt akquirierte er Regionalzeitungen, die beim fälligen Generationenwechsel
Probleme bekamen und bei denen sich mehrere Familienstämme um die Führung stritten. Das Beste seien gezielte Zukäufe
bei notleidenden Unternehmen, die saniert werden müssten, wie Dieter von Holtzbrinck glaubte. Die moderierende Art der
Unternehmensführung seines Bruders und die Fokussierung auf langfristige Ziele will Stefan von Holtzbrinck fortführen. Das
Verhältnis zwischen Dieter und Stefan von Holtzbrinck soll zunehmend schwierig gewesen sein. Während sein älterer
Stiefbruder zuweilen zu mehr Vorsicht riet, setzt Stefan von Holtzbrinck heute vermehrt auf wirtschaftliche Expansion abseits
des Kerngeschäfts. Stefan widmet sich dem Ausbau des digitalen Geschäftsbereichs. Im Jahr 2011 soll nach seiner
Vorstellung etwa ein Viertel des Gesamtumsatzes im Internet erwirtschaftet werden. Mit langfristigen, partnerschaftlichen
Kooperationen will man die Zukunft der Verlagsgruppe als wettbewerbsfähiges „Mittelstandsunternehmen“ (Konzernangabe)
sicherstellen. Stefan lenkt das Unternehmen über eine Holding, die mit nur rund 70 Mitarbeitern verhältnismäßig schwach
besetzt ist. Er halte viel von der Führungsphilosophie „Steuern durch Nicht-Steuern", Konzerndenken sei ihm „fremd“,
gestand er in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“
118
. Die „intellektuell-kreative Tätigkeit“ der Lektoren
und Verleger in seinem Haus stünde einer solchen Arbeitsauffassung entgegen. Jeder Mitarbeiter habe die „größtmögliche
Freiheit, seinen Ideen und Geschäften nachzugehen: In unserem Haus finden Sie viele politische Facetten.“
Dieter von Holtzbrinck gab einmal kund, es sei nicht mehr zeitgemäß, eine inhaltliche Linie exakt vorzugeben: Es käme auf
die „Sozialpflichtigkeit der Journalisten“ an, sie müssten fair die komplexen Zusammenhänge von vielen Seiten darstellen. Er
selbst sah sich als „Sparringspartner der Chefredakteure“. Dabei ist dem unscheinbaren Verlag eine prononciert liberal-
konservative Note wohl am liebsten. Eine politische Nähe zur CDU zeigte sich in der Vergangenheit bei einigen Personalien,
etwa der Partnerschaft mit dem verstorbenen Kohl-Regierungssprecher und ehemaligem „Zeit-Herausgeber“ Diether Stolze
oder der zeitweise engen Allianz mit Kohl-Freund Leo Kirch über den Fernsehsender Sat.1 (von 1990 bis 1992 war Stefan
von Holtzbrinck zudem als Assistent der Geschäftsführung der Kirch-Gruppe in München tätig). Eine offene Parteinahme hat
die Familie Holtzbrinck, die enge Beziehungen zu Israel über die Jerusalem Foundation unterhält, aber immer vermieden.
Starker Mann im Hintergrund war lange Zeit auch der Österreicher Michael Grabner, enger Vertrauter Dieter von
Holtzbrincks, der beispielsweise persönlich die Sanierungsarbeit bei der Handelsblatt-Gruppe in Düsseldorf übernahm. Er
117
O.V. (2005): Übernahme: Berliner Verlag wird britisch-amerikanisch. In: Manager Magazin Online vom 25.10.2005.
Internetressource: http://www.manager-magazin.de/it/artikel/0,2828,381531,00.html , überprüft am 04.09.08.
118
Kegel, Sandra (2002): „Ich werde mich nicht verstecken“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 06.07.2002.
49
wechselte im März 2007 – ein Jahr früher als geplant – in den Gesellschafterausschuss des größten österreichischen
Verlagskonzerns „Mediaprint“
119
. Von einem abrupten Strategiewechsel will Stefan von Holtzbrinck aber nichts wissen. Den
Geschäftsbereich Wirtschaftsinformationen übernimmt Finanzchef Dr. Jochen Gutbrod, der zuvor bereits bei Holtzbrinck
Digital tätig war. Am 20. Juni 2007 erklärte der frühere baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth (CDU)
seinen Rücktritt vom Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden. Späth, der diese Aufgabe erst im Juni 2006 von Dieter von
Holtzbrinck übernommen hatte, begründete diesen Schritt mit kollidierenden Interessen aus seiner Vollzeittätigkeit als
Deutschlandchef der Investmentbank Meryll Lynch. Die Bank betätigt sich vermehrt im Medienbereich
120
.
Ein weiterer wichtiger Funktionsträger im Holtzbrinck-Verlag ist der deutsch-italienische Journalist Giovanni di Lorenzo, der
im Jahre 1999 von der „Süddeutschen Zeitung“ zum „Tagesspiegel“ wechselte und dort die Position des Chefredakteurs
übernahm, in der er nach dem Willen der Geschäftsführung den „Spagat zwischen Alt und Jung“ bewältigen sollte. Er hatte
entscheidenden Anteil daran, den „Tagesspiegel“ durch eine umfassende inhaltliche Umstrukturierung im so genannten
„Berliner Zeitungskrieg“ als Qualitätsblatt zu positionieren
121
. Zu dieser Umstrukturierung gehörten unter anderem die
stilistische Veränderung des Layouts und die Öffnung neuer Themengebiete, um den „Tagesspiegel“ vor allem der jüngeren
Leserschaft näher zu bringen. Hierbei setzte di Lorenzo bei der Umgestaltung der als bieder geltenden, vor allem im Westteil
der Stadt gelesenen Tageszeitung zwei Schwerpunkte: die Stärkung des Lokalen und die überregionale Profilierung des
Politikteils bei Erhaltung der politischen Unabhängigkeit. 2004 wechselte Giovanni schließlich von Berlin nach Hamburg um
die Nachfolge von Josef Joffe und Michael Naumann als Chefredakteur der „Zeit“ zu übernehmen. Die Fachwelt
interpretierte diesen Schritt des Holtzbrinck-Managements als strategisch klugen Generationswechsel
122
. Joffe und
Naumann blieben zusammen mit Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt der „Zeit“ weiter als Herausgeber erhalten. Die „Zeit“ ist
heute eine der wenigen Zeitungen mit steigender Auflage.
3.3.3. Geschäftsfelder
Publikumsverlage: Die Publikumsverlage sind der älteste Geschäftsbereich der Holtzbrinck-Gruppe. Momentan setzt
Holtzbrinck jährlich über 600 Mio. Euro mit S. Fischer (Verlagsleitung: Monika Schoeller), Rowohlt (Alexander Fest),
Kiepenheuer & Witsch (Helge Malchow) und Henry Holt um
123
. Trotzdem handelt es sich um ein wenig einträgliches
Geschäft, für das Holtzbrinck in der Vergangenheit Unternehmensberater wie McKinsey engagieren musste, um das
Geschäftsergebnis insgesamt zu verbessern.
Bildungs- und Wissenschaftsverlage: Die Bildungs- und Wissenschaftsverlage setzten 2006 etwa 690 Millionen Euro
um
124
. Zu diesem Geschäftszweig der Holtzbrinck-Gruppe gehören „Scientific American“ mit dem Ableger „Spektrum der
Wissenschaft" (Heidelberg), die Schulbuchverlage Schroedel (Hannover) und Diesterweg (Frankfurt) und nicht zuletzt die
britische Macmillan-Gruppe, die in Indien und China stark expandiert. Dazu kommt die Nature Publishing Group, die die
renommierte Wissenschaftszeitschrift „Nature“ verlegt und als Leitmedium wissenschaftlicher Publizistik für Biologen,
Mediziner und Physiker gilt.
Zeitungen und Wirtschaftsinformationen: Die Zeitungen und Wirtschaftsinformationen machten 2006 mit 965,4 Mio. Euro
den größten Teil am Geschäftsumsatz aus
125
. An überregionalen Zeitungen besitzt Holtzbrinck den „Tagesspiegel“ in Berlin
und das Wochenblatt „Die Zeit“ in Hamburg. Das Segment Regionalzeitung umfasst fünf größere Blätter, darunter die
„Saarbrücker Zeitung“ (Holtzbrinck-Anteil: 52,3 Prozent) mit den angeschlossenen Tochterunternehmen „Lausitzer
Rundschau“ in Cottbus und „Trierischer Volksfreund“ sowie „Südkurier“ (Konstanz) und „Main-Post“ (Würzburg). Zu den
119
O.V. (2007): Michael Grabner verlässt Holtzbrinck-Gruppe. In: Handelsblatt Online vom 12.02.2007. Internetressource:
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/koepfe/michaelgrabner-verlaesst-holtzbrinck-gruppe;1224166 , überprüft am
18.09.08.
120
O.V. (2007): Lothar Spät: Nicht an beiden Enden. In: Manager Magazin Online vom 20.06.2007. Internetressource:
http://www.manager-magazin.de/koepfe/personalien/0,2828,489688,00.html , überprüft am 18.09.08.
121
Jakobs, Hans-Jürgen (2007): Giovanni di Lorenzo: Der Menschenfänger. In: Weichert, Stephan/Zabel, Christian (Hg.) (2007):
Die Alpha-Journalisten. Deutschlands Wortführer im Portrait. Köln: Herbert von Halem, 136-143.
122
O.V. (2004): Giovanni di Lorenzo Chefredakteur bei der "Zeit". In: Stern.de vom 17.06.2004. Internetressource:
http://www.stern.de/wirtschaft/unternehmen/meldungen/525498.html , überprüft am 18.09.08.
123
Konzernangabe: http://www.holtzbrinck.de/artikel/778437&s=de , überprüft am 04.09.08.
124
Ebd.
125
Ebd.
50
neuen Aktivitäten gehört seit Mai 2004 der Einstieg in das Tabloidformat: Die Zeitung „20 Cent“, die in der Lausitz und im
Saarland erscheint, wendet sich in erster Linie an junge Leser und bedient sich der Inhalte aus der „Leipziger Rundschau“
bzw. aus der „Saarbrücker Zeitung“. Im September 2004 wurde die Zeitung „News“ als Tageszeitung für Frankfurt
gegründet. Sie war als Konkurrenzprodukt zum Springer-Blatt „Welt Kompakt“ gedacht, das ebenfalls im Tabloidformat
seit Mai 2004 erschien. Anfang Mai 2006 wurde der Redaktionssitz der „News“ nach Berlin verlegt, wo sie ab dem 7. August
2006 unter dem Namen „BusinessNews“ erschien und sich seitdem vor allem Wirtschaftsthemen widmete. Aufgrund zu
geringer Verkaufszahlen wurde das Blatt am 18. Juni 2007 eingestellt
126
. In der deutschen Wirtschaftspublizistik ist
Holtzbrinck dennoch die Nummer eins geblieben dank der Düsseldorfer Handelsblatt-Gruppe („Handelsblatt“,
„Wirtschaftswoche“, „VDI-Nachrichten“ und etliche Fachpublikationen). Das Blatt „Euro“, in dem „DM“ aufgegangen war,
wurde verkauft. Weiterhin besitzt die Gruppe eine Beteiligung an der europäischen Ausgabe der Wirtschaftstageszeitung
„Wall Street Journal“.
Elektronische Medien und Services: Außerdem investiert die Verlagsgruppe laut eigenen Angaben in nicht
unbeträchtlichem Maße in neue Geschäftsmodelle wie elektronische Medien und Services
127
. Drei Tochterunternehmen
setzen die allgemeine Strategie für diesen Geschäftsbereich um: Holtzbrinck Ventures, Holtzbrinck eLab und Holtzbrinck
Networks. Holtzbrinck eLab entwickelt in erster Linie eigene Internet- und Mobilanwendungen und beteiligt sich nur in
Einzelfällen an extern kreierten Geschäftsmodellen, wozu der übernommene IT-Informationsdienst „Golem.de“ und das
Gesundheitsportal NetDoktor.de“ zählen (beide Juli 2007). Beispiele für eigens entwickelte Geschäftsideen sind
„autoplenum.de“, eine Informations- und Bewertungsplattform rund um das Automobil, an dem sich zuletzt die
ProSiebenSat.1 Media AG mit 25,1 Prozent beteiligte
128
und die Vertical Commerce GmbH, die E-Commerce-Plattformen
entwickelt und betreibt. Dr. Stephan Roppel leitet die Geschäfte bei Holtzbrinck eLab. Die 2000 gegründete Holtzbrinck
Ventures GmbH beteiligt sich an jungen Unternehmen mit Risikokapital. Über 40 Unternehmen im Bereich Neue Medien
wurden bisher unterstützt, unter anderem das Online-Netzwerk „StudiVZ“, der Marktplatz für Handwerks- und
Dienstleistungsauktionen „My Hammer“ und die größte Online-Partneragentur im deutschsprachigen Raum „Parship“. Alle
drei Unternehmen wurden später übernommen. Als Frühphaseninvestor stellt das Unternehmen zwischen einer und fünf
Millionen Euro als Startkapital zur Verfügung und kalkuliert mit einem zeitnahen Ausstieg, sobald das junge Unternehmen
auf eigenen Beinen stehen kann. Für strategische Investments ist die Holtzbrinck Networks GmbH zuständig. Langfristige
Beteiligungen werden in den Bereichen E-Commerce, Online Portale, Online Abonnements und E-Travel angestrebt. Zum
Unternehmen gehören beispielsweise die auf den Büchervertrieb spezialisierte Firma „buecher.de“ und „meinestadt.de“,
einem lokalen Suchportal für deutsche Städte. Geschäftsführer sowohl von Holtzbrinck Networks als auch von Holtzbrinck
Ventures sind Konstantin Urban und Martin Weber.
Für Schlagzeilen sorgte der Holtzbrinck-Konzern Anfang 2007 mit der Übernahme von „StudiVZ“, einer Community-Plattform
für Studenten. Für ca. 80 Millionen Euro kaufte Holtzbrinck das Berliner Start-up Unternehmen von den Gründern und den
Minderheitsgesellschaftern (zu denen auch Holtzbrinck Ventures gehörte). Bis zuletzt hatte sich auch die Axel Springer AG
am Bieterwettbewerb beteiligt. Vom bis dahin werbefreien „StudiVZ“, welches nach eigenen Angaben 2,5 Millionen
Studierende erreicht, verspricht sich Holtzbrinck Einnahmen aus zielgruppengerechter Werbung. Probleme bereitet die
Internationalisierung von „StudiVZ“. Ausländische Ableger können vor allem in Frankreich und Italien nicht recht Fuß
fassen
129
. Da „StudiVZ“ als geschlossenes Netzwerk begriffen wird, beteiligt man sich zunächst nicht an der Google Initiative
„Open Social“, die im November 2007 startet. Google hat ein technisches System zur einfachen Einbindung externer
Programme in soziale Netzwerke entwickelt. Die Plattform dient dem Zweck, dem amerikanischen Netzwerkes „Facebook“
Paroli zu bieten, für das externe Entwickler Tausende von Zusatzprogrammen bereitgestellt haben. „Open Social“ verbindet
dazu soziale Netzwerke wie „Xing“, „LinkedIn“, „Viadeo“, „Hi5“, „Friendster“ und das Google-eigene Netzwerk „Orkut“, die
zusammen mehr als 100 Millionen Nutzer haben, zudem auch die Softwareunternehmen Oracle und Salesforce. Im Mai
2008 trat „StudiVZ“ der von Google lancierten Initiative bei. Die drei Schnittstellen, die „Open Social“ zu Beginn zur
126
O.V. (2007): „Business News“ wird eingestellt. In: „Handelsblatt Online“ vom 11.06.2007. Internetressource:
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/business-news-wird-eingestellt;1279693, überprüft am 18.09.08.
127
Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck (o.J.): Elektronische Medien und Services. Internetressource:
http://www.holtzbrinck.com/artikel/778432&s=de , überprüft am 18.09.08.
128
O.V. (2008): ProSiebenSat.1 beteiligt sich an Internetportal autoplenum.de. In: FAZ.net vom 02.09.2008. Internetressource:
http://www.faz.net/d/invest/meldung.aspx?id=83572844 , überprüft am 18.09.08.
129
Stöcker, Christian (2007): Holtzbrinck schnappt sich StudiVZ. In: Spiegel Online vom 03.01.2007. Internetressource:
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,457536,00.html , überprüft am 04.09.08.
51
Verfügung stellt, sollen zunächst den Austausch der Informationen aus den Profilen der Nutzer, über ihre Freunde, mit
denen sie in Kontakt stehen, und über ihre Handlungen im Netzwerk ermöglichen. „Open Social“ soll vor allem kleinen
Netzwerken Vorteile bringen, da sie erstmals für Entwickler interessant werden. „StudiVZ“ wird sich zukünftig weniger auf
klassische Display-Werbung und mehr auf Social Shopping-Funktionen konzentrieren. So kooperiert das Onlineportal mit der
Website „Brands4Friends“, die es angemeldeten Usern ermöglicht, Markenkleidung zu stark verbilligten Konditionen zu
erwerben. „StudiVZ“ hat in den vergangenen Jahren verstärkt auf Wachstum gesetzt, ohne dabei einen einzigen Cent
Gewinn zu erwirtschaften. Um 2009 erstmals Profite zu generieren, sollen die Social-Commerce-Angebote auf „StudiVZ
sukzessive ausgebaut werden.
Zum Online-Portfolio der Verlagsgruppe stieß im Februar 2007 das Hauptstadtportal „watchberlin.de“ hinzu, auf welchem
Künstler, Journalisten und Berliner Originale ihren Blick auf die Hauptstadt darlegen. Dieser Internetauftritt ist so originell,
dass „watchberlin.de“ für den Grimme Online Award 2007 nominiert wurde. Konzipiert und betreut wird der Internetauftritt
von der Boogie Medien GmbH, einem Hamburger Medien- und Consulting-Unternehmen, an dem Holtzbrinck über sein
Tochterunternehmen germanblogs 80 Prozent der Anteile hält. „germanblogs.de“ ist ein Blognetzwerk mit zurzeit 40
themenorientierten Blogs aus den Bereichen Gesellschaft, Wirtschaft, Leben, Metropolen, Reise, Unterhaltung, Sport und
Technik. Einen Feldversuch wagt zudem die renommierte Verlagstochter Nature Publishing Group mit dem Umbau ihres
Online-Auftritts. Neben einer Präsenz des Blattes in der Alternativwelt „Second Life“ wird zurzeit ein Forum für
Vorabveröffentlichungen von wissenschaftlichen Manuskripten erprobt. Der Austausch professioneller Kritiken (peer reviews)
soll dadurch vereinfacht und mit dem Gütesigel der Nature Redaktion versehen werden. Der „Spiegel“ will erfahren haben,
dass sich Stefan von Holtzbrinck persönlich über den Fortgang der Online-Experimente informiert.
TV: Zudem engagiert sich der Holtzbrink-Konzern im Fernsehbetrieb. Zum Unternehmen gehört nach dem Verkauf von
zahlreichen Radiobeteiligungen sowie von seinem 47-prozentigen Anteil am Nachrichtensender n-tv auch die TV-
Produktionsfirma AVE, die die Firmen Spektrum TV und Zeit TV besitzt. Letzere Firma produziert u.a. politische Talkshows.
Langfristig sollte AVE zum Spezialisten der Verlagsgruppe für das Internet- und Mobilfernsehen aufgebaut werden
130
. Das
Unternehmen Mobile 3.0, an dem der Holtzbrinck-Verlag beteiligt ist, erhielt Ende Oktober 2007 den Zuschlag für das
Betreiben des neuen Handystandards DVB-H (Digital Video Broadcasting – Handheld), musste aber schon im ersten Quartal
2008 sein Angebot wieder einstellen. Nachdem bereits ein Anlauf zur Fußballweltmeisterschaft 2006 scheiterte, sollte
pünktlich zur Europameisterschaft Anfang 2008 das neue Handyfernsehen deutschlandweit in Betrieb genommen werden.
Aber auch der zweite Testbetrieb musste nach kürzester Zeit wieder eingestellt werden, trotz der Annahme diverser
Marktforscher, dass auf dem Gebiet des Handyfernsehens bis zum Jahr 2010 rund 450 Millionen Euro pro Jahr umgesetzt
werden könnten. Hauptgrund für das Scheitern suchte Mobile 3.0 in der Verweigerungshaltung der Telefonkonzerne und
Netzbetreiber, entsprechende Geräte zu vertreiben. Diese wiesen die Vorwürfe aber vehement zurück und bemängelten
ihrerseits die fehlende Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft des Handy-TV-Konsortiums
131
.
130
Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck (o.J.): AVE Gesellschaft für Fernsehproduktion mbH. Internetressource:
http://www.holtzbrinck.com/artikel/779437&s=de, überprüft am 18.09.08.
131
Schmitz, Henrik (2008): Alle 15 Kanäle voll. In: Frankfurter Rundschau Online vom 17.08.2008. Internetressource:
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/multimedia/aktuell/1546491_Alle-15-Kanaele-voll.html, überprüft am 18.09.08.
Abb. 9: Organigramm: Beteiligungen der Georg von Holtzbrinck GmbH an Verlagen
Quelle: Verlagsgruppe Holtzbrinck, eigene Darstellung.
Publikumsverlag
Bildung und Wisse
n
schaft
Rowohlt Verlag 100%
S. Fischer Verlag
100%
Droemer Knaur 100%
Kiepenheuer & Witsch
100%
Argon Hörbuch Verlag
100%
Pan Macmillan 100%
St. Martin´s Press
100%
Macmillan Audio
100%
Tom Doherty Associates
100%
Farrar, Straus & Giroux
100%
Henry Holt 100%
Picador 100%
Bedford/ St.Martin
100%
W.H.Freeman
100%
Worth Publ
i
shers
100%
Scientific Am
e
rican
100%
Nature Publishing Group
100%
Spotlight Ve
r
lag
100%
Palgrave Ma
c
millan
100%
J.B. Metzler 100%
Macmillan Education
100%
Spektrum der Wissenschaft
100%
Fachverlag der VHB
100%
Lebensmittel Praxis
100%
Spotlight Ve
r
lag
100%
J.B. Metzler 100%
Schäffer
-
Poeschel
100%
53
Abb. 10a: Organigramm: Beteiligungen der Georg von Holtzbrinck GmbH an Presseerzeugnissen
Quelle: Verlagsgruppe Holtzbrinck, eigene Darstellung.
Zeitung:
Tagesspiegel 100%
Zeitung:
Saarbrü
cker Zeitung
56.1%
Zeitung: Die Zeit,
Zeit Wissen, Zeit
Geschichte 100%
Zeitung: Südkurier
100% Zeitung: Main Post 100%
Zeitung:
Fränkisches
Volksblatt 100%
Zeitung:
Alb-Bote 100%
Zeitung: Pfälzischer
Merkur 56.1%
Zeitung: Lausitzer
Rundschau 56.1%
Zeitung:
Trierischer Volksfreund
56.1
%
Zeitung: 20 Cent Lausitz
56.1%
Zeitung: Potsdamer
Neueste Nachrichten
100%
Zeitung: Zitty 100%
Zeitung: Handelsblatt
100%
54
Abbildung 10b: Organigramm: Beteiligungen der Georg von Holtzbrinck GmbH an Presseerzeugnissen (Fortsetzung)
Quelle: Röper, Horst (2008): Konzentrationssprung im Markt der Tageszeitungen. In: Media Perspektiven 8/2008, 434.
3.3.4. Engagement im Ausland
Holtzbrincks Engagement im Ausland ist bei den Verlagsgruppen Macmillan, Holtzbrinck Publishers und „Handelsblatt“
gebündelt. In über 80 Ländern können heute Verlagsprodukte bezogen werden. Macmillan Ltd. ist seit 1999 eine
hundertprozentige Tochter der Holtzbrinck GmbH. Das ursprünglich schottische Unternehmen verlegt wissenschaftliche und
berufsbezogene Literatur, Belletristik, Sachbücher und Lehrmaterial. Erfolgreiche Marken des Hauses sind die Nature
Publishing Group („Nature“), Palgrave Macmillan, Pan und Picador. Die Gruppe ist in mehr als 70 Ländern tätig
132
. Macmillan
US vereint die Aktivitäten der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck in den Vereinigten Staaten. Literatur, Sachbücher und
wissenschaftliche Beiträge werden über die Verlage Farrar, Straus & Giroux, Henry Holt, Palgrave Macmillan, Picador, Tor
Books, Roaring Brook Press, St. Martin’s Press, Audio Renaissance und die Bedford, Freeman & Worth Publishing Group
verlegt und publiziert
133
. Zusammen mit dem amerikanischen Verlagshaus Dow Jones gibt die Handelsblatt-Gruppe „The
Wall Street Journal Europe“ heraus. Die Verlagstochter Economia ist Marktführerin in Tschechien und der Slowakei
(„Hospodářské Noviny“). Über Economedia AD mit Sitz in Sofia – einem Joint Venture mit dem bulgarischen Verlag Agency
for Investment Information OOD – bietet die Gruppe Wirtschafts- und Finanzinformationen in Bulgarien an. Im Juli 2008 gab
die Verlagsgruppe Handelsblatt allerdings den bevorstehenden Verkauf ihrer 88-prozentigen Beteiligung an Economia
bekannt. Trotz der erfolgreichen Expansion nach Osteuropa wolle sich die Handelsblatt-Gruppe von dem Verlag trennen, um
mit der Gewinnsumme ihre Präsenz im Internet zu verstärken
134
.
3.3.5. Engagement in Berlin
Auf dem Berliner Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt ist die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck mit der Tageszeitung „Der
Tagesspiegel“ vertreten. Durch die Strategie, Not leidende Unternehmen zu übernehmen und zu sanieren, konnte die
Holtzbrinck-Gruppe 1992 immerhin 51 Prozent der Anteile am „Tagesspiegel“ erwerben. In den Folgejahren erhöhte
Holtzbrinck diesen Anteil auf 74,8 Prozent. Anfang 2003 wurden die übrigen Anteile übernommen. Dieses Engagement
stellte sich lange Zeit als Fehlinvestition aus ökonomischer Perspektive dar: Der Konzern bezifferte die Verluste des
„Tagesspiegel“ zwischen 1992 und 2003 auf 75 Mio. Euro
135
.
Im Onlinebereich gehören zu der Holtzbrinck-Gruppe neben dem Internetauftritt der verlagseigenen Zeitung
(„tagesspiegel.de“) auch das soziale Netzwerk „StudiVZ“ und die dazugehörigen Partnerdomains „MeinVZ“ und
„SchuelerVZ“. Das Start-up Unternehmen aus Berlin hatte sich in den letzten Jahren gegen Konkurrenten wie „Facebook“
oder „MySpace“ durchgesetzt und sich somit als Marktführer in Deutschland etabliert. Nach eigenen Konzernangaben
besitzen die drei Internetpräsenzen zusammen über 10 Millionen Mitglieder und man komme monatlich auf rund 12
Milliarden Klicks (Page Impressions/ PIs)
136
. Dieser Aufwärtstrend stoppte erstmals im September 2008, als die Zahl der
monatlichen PIs um rund 18,3 Prozent zurückging (4,23 Mrd/ IVW August 08). Dies sei aber von „StudiVZ“ erwartet worden
und auf die Einführung neuer Softwaretechnologien zurückzuführen, so der VZ-Chef Markus Riecke
137
.
Desweiteren gehört mit der AVE Gesellschaft für Fernsehproduktion eine eigene Produktionsstätte für TV-Aktivitäten zur
Verlagsgruppe, die sämtliche Formate des Unternehmens (AVE, Spektrum TV, Die Zeit TV und Macroscope)
zusammenfasst. Seit Mitte der achtziger Jahre produziert das Unternehmen Informationssendungen, Talkshows,
Unterhaltungs- und Kultursendungen ebenso wie diverse Reportagen, Dokumentationen und Features aus Politik, Kultur,
Wissenschaft und Wirtschaft. Zu den Abnehmern zählen neben den öffentlich-rechtlichen auch private Fernsehstationen. Im
132
http://international.macmillan.com/aboutus.asp, überprüft am 04.09.08.
133
http://us.macmillan.com/splash/about/index.html, überprüft am 04.09.08.
134
Schwarz, Karl-Peter (2008): Holtzbrinck-Dämmerung in Prag. In: FAZ.net vom 22.07.2008. Internetressource:
http://www.faz.net/s/Rub475F682E3FC24868A8A5276D4FB916D7/Doc~E6A3A0206E6C640F5802DEEEBDD6F79C0~ATpl~Ecom
mon~Scontent.html, überprüft am 18.09.08.
135
Kurp, Matthias (2004): Chronik des Berliner Zeitungs-Streits. In: Medienmärkte vom 27.10.2004. Internetressource:
http://www.medienmaerkte.de/artikel/print/042710_tagesspiegel_chronik.html, überprüft am 04.09.08.
136
http://www.studivz.net/l/about_us/1 , überprüft am 04.09.08.
137
O.V. (2008): Klickschwund bei StudiVZ. In: Deutsche Startups vom 08.09.2008. Internetressource: http://www.deutsche-
startups.de/2008/09/08/klickschwund-bei-studivz/, überprüft am 18.09.08.
56
Onlinebereich unterhält AVE mit „watchberlin.de“ eine Plattform, die als das Videoportal der deutschen Hauptstadt gilt und
gleichzeitig den ersten rein auf Videonachrichten basierenden Blog Deutschlands darstellt
138
.
Mit der Prognose AG unterhält man zusätzlich ein Institut für Wirtschaftsforschung und Strategieberatung, das sich auf
Schwerpunktanalysen für Kunden aus der Wirtschaft, Politik und dem öffentlichen Sektor spezialisiert hat. Wie aus dem
Konzernprofil hervorgeht, gehören neben Wirtschaftsgrößen wie der GASAG oder der Telekom auch diverse
Bundesministerien zu den Auftragsgebern von Prognose
139
. Außerdem zählen zu den Berliner Aktivitäten der Verlagsgruppe
noch der Argon Hörbuch Verlag und das hausinterne Veranstaltungsforum Berlin.
3.3.6. Aktuelle Entwicklung
Der mögliche Kauf der „Süddeutschen Zeitung“ im Sommer 2007 wurde vom Stuttgarter Konzern als aussichtsreiche
Investitionsmöglichkeit eingestuft. „Die SZ ist eine attraktive und erfolgreiche Qualitätszeitung, die gut zu uns passen würde“,
sagte Jochen Gutbrod, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Verlagsgruppe Holtzbrinck im Sommer 2007.
Ende Oktober 2007 zeichnete sich ein Ende des Bieterwettbewerbs ab. Neben dem Holtzbrinck-Verlag waren der Kölner
Zeitungskonzern DuMont Schauberg, die Essener WAZ-Gruppe, sowie zwei Finanzinvestoren als Finalisten beteiligt. Die
Eigentümerfamilien des Süddeutschen Verlags verkauften schließlich Ende Februar 2008 ihre Anteile an die
Südwestdeutsche Medienholding (SWMH)
140
. Holtzbrinck ging leer aus.
Zahlreiche Zukäufe von Internetfirmen belegen darüber hinaus (u.a. erento.com, Family One, Imagekind, MyPhoto-
Book.com, kyte.tv, Quarter Media, StudiVZ), dass der Konzern die allgemein fortschreitende Digitalisierung aktiv und
frühzeitig mitzugestalten beabsichtigt. Allein seit Anfang Juli 2007 hat der Verlag vier Internetfirmen übernommen (Klaß +
Ihlenfeld Verlag, Netdoktor GmbH, bellevueandmore.de, Abacho AG), die so unterschiedliche Dienste anbieten wie IT-
Informationen, medizinischen Rat, Immobilien oder die Vermittlung von Handwerkern. Insgesamt hat der Verlag allein im
Jahr 2007 für rund 130 Millionen Euro Internet-Beteiligungen erworben. Mitte Oktober 2007 äußerte sich dagegen Giovanni
di Lorenzo in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin „Focus“ kritisch über die in der Medienbranche zurzeit
vorherrschende Digitalisierungseuphorie. Seiner Ansicht nach ist der Printsektor allein zukunftsfähig und unter
journalistischen Gesichtspunkten dem Internet überlegen. Die kostenlose Veröffentlichung journalistischer Inhalte im Internet
halte er für den falschen Weg, was auch als Kritik an der eigenen Konzernführung gewertet wurde
141
.
Marcus Riecke ist seit Oktober 2008 nicht mehr CEO der Social Networking-Plattform StudiVZ. Eine entsprechende
Pressemitteilung der Georg von Holtzbrinck GmbH ließ offen, ob Riecke seinen Posten freiwillig räumte oder von der
Konzernspitze entlassen wurde. Riecke, zuvor beim „Tagesspiegel“ tätig, hatte es in seiner kurzen Amtszeit trotz
explodierender Mitgliedszahlen nicht geschafft, den Umsatz von StudiVZ entsprechend zu steigern. Rieckes Nachfolger
wurde Vize-Geschäftsführer Clemens Riedl.
138
http://www.watchberlin.de/watchberlin/#watchberlin-contentpage-aboutPage-4-1, überprüft am 04.09.08.
139
http://www.prognos.com/fileadmin/pdf/unternehmen/Portrait_d2007.pdf, überprüft am 04.09.08.
140
O.V. (2007): Medienholding übernimmt Mehrheit am Süddeutschen Verlag. In: Spiegel Online vom 21.12.2007.
Internetressource: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,525028,00.html , überprüft am 08.09.2008.
141
Seitz, Josef (2007): „Substanz zuzeln“. In: Focus Online vom 08.10.2007. Internetressource:
http://www.focus.de/kultur/medien/medien-substanz-zuzeln_aid_225642.html , überprüft am 04.09.08.
Abb. 11a: Organigramm: Beteiligungen der Georg von Holtzbrinck GmbH an Online-Angeboten - Teil 1
Quelle: Vogel, Andreas (2008): Online-Geschäftsfelder der Pressewirtschaft. In: Media Perspektiven 5/2008, 241; eigene Darstellung.
AdScale GmbH
Au
k
tion
Onlinewerbung
26*
Audible GmbH
Hörbuch-Shop
Best webnews GmbH
newsportal
webnews.de
Bookya GmbH
Studenten-
Bücherbörse
cember.net
Businesskontakte
DaWanda GmbH
Kunsthandwerk-
Shop
decentral.tv
Videodistributor
kyte.tv
DS Media GmbH
News Online
Startups
Epuls.pl
Jugend-Portal
13*
Erento GmbH
Börse für
Vermietbares
95*
Experteer GmbH
Führungskräfte-
Jobs
FamilyOne GmbH –
Familien
vernetzen
21*
GameDuell –
Spiele-Plattform
40*
Gute Laune TV –
24h TV für 49+
Imagekind Inc.
Kunst-Shop
15*
Innofact AG
Marktforschung
Mamily GmbH –
Mütterforum
MeinAuto GmbH –
Neuwagen mit
Rabatt
17*
Mindmatics AG –
Mobile Services
31*
MyHammer AG –
Auktion
Handwerker
34*
Newtron AG –
Beschaffungsoptimierung
Nimbuzz.com –
VoIP, Instant
Messaging
Ozon.ru –
Shop
40*
Panelbiz GmbH –
Marktforschung
online
Platinnetz GmbH
Ko
n
takte 50+
StudiVZ Ltd.
100%
St
udentenportal/
Schülerportal
Myphotobook
GmbH >75%
Toptarif Internet
GmbH >50%
Allesklar.com AG
47%
Abacho AG 55%
Suche,
Buecher.de KG
33%
Bol.com b.v. 50%
Shop
Parship GmbH
85%
Pointoo GmbH
Regionale Locat
i
ons
BusinessLive GmbH
>50%
Beschenk mich
GmbH 50%
jogmap media GmbH
>75%
Medikompass GmbH
50%
Fan
tastic Zero GmbH
>75%
Refined Labs GmbH
>75%
Vertical
CommerceGmbH>90%
E-Commerce-
Technologie
Helpster GmbH
>50%
Live Shopping
GmbH >90%
Autoplenum GmbH
>50%
Gutefrage.net
GmbH >90%
NetDoktor.de GmbH
Gesundheitsportal
Poolside Reise GmbH
Reisebüro reise.de
Klaß & Ihlenfeld
Verlag GmbH
58
Abb. 11b: Organigramm: Beteiligungen der Georg von Holtzbrinck GmbH an Online-Angeboten - Teil 2
Quelle: Vogel, Andreas (2008): Online-Geschäftsfelder der Pressewirtschaft. In: Media Perspektiven 5/2008, 242; eigene Darstellung.
Zoomer GmbH 100%
Nutzerselektierte Nachrichten
Zeit Online GmbH 100%
Content & Services
e-fellows.net KG 33%
Studium, Karriere
Urban Media GmbH 100%
Content & Services (Berlin)
Main Media GmbH 100%
Content & Services
ISA GmbH & Co. KG 33%
Rubrikenanzeigen
Immowelt AG 75%
Immobilien Solutions
autoanzeigen.de KG 100%
Autoanzeigen
Stellenanze
i
gen.de KG 75%
Stellenanzeigen
markt.de KG 95%
Kleinanzeigen
Motoso.de GmbH 50%
Autoersatzteile, Zubehör
germanblogs GmbH 100%
Blog-Netzwerk
Boogie M
e
dien KG 80%
Dienstleister, Consulting
GWP Online GmbH 100%
Media Marketing
GBI Genios GmbH 40%
Wirtschaftsdatenbank
Economy.One AG 100%
Websites der Titel der VHB
3.4. Berliner Verlag GmbH
Der Berliner Verlag gibt die Tageszeitungen „Berliner Zeitung“ und „Berliner Kurier“ sowie drei Anzeigenblätter und ein
Stadtmagazin heraus.
Der Verlag wird durch die Berliner Verlag Deutsche Zeitungsholding verwaltet, die neben dem Berliner Verlag auch die
„Hamburger Morgenpost“ und die „Netzeitung“ besitzt. Weitere Onlineangebote sind „Berlin.de“, die offizielle Internetseite
des Landes Berlin, das Stadtportal „BerlinOnline.de“ sowie „b2bbb.de“ ein Wirtschaftsportal für den Mittelstand. Zum Verlag
gehört darüber hinaus eine Druckerei, in der neben den eigenen Produkten auch für externe Auftraggeber gedruckt wird.
Die BV Deutsche Zeitungsholding befindet sich mit ihren Tochtergesellschaften, dem Berliner Verlag, der Hamburger
Morgenpost“ und der „Netzeitung“, im Besitz des britischen Finanzinvestoren Mecom Group PLC. Die Mecom Gruppe
machte im Jahr 2007 einen Umsatz von rund 1,4 Milliarden Pfund
142
. Der Umsatz der BV Deutsche Zeitungsholding lag 2006
bei 126 Millionen Euro
143
.
Schlüsselpositionen:
Berliner Verlag
- Josef Depenbrock, Geschäftsführer Berliner Verlag, Vorsitzender der Geschäftsführung der BV Deutsche
Zeitungsholding, Chefredakteur „Berliner Zeitung“, Herausgeber der „Hamburger Morgenpost“
- Klaus Reidegeld, Geschäftsführer Berliner Verlag, Geschäftsführer Berliner Zeitungsdruck, Geschäftsführer
„Hamburger Morgenpost“
- Oliver Hauf, Stellvertretender Geschäftsführer Berliner Verlag verantwortlich für den Bereich Anzeigen
BV Deutsche Zeitungsholding und Tochtergesellschaften
- Thomas Reiner, Leiter Digitale Medien bei der BV Deutsche Zeitungsholding
- Dr. Robert Daubner, Geschäftsführer der „Netzeitung“
- Hans Barlach, Herausgeber der „Hamburger Morgenpost“
Chefredakteure:
- Josef Depenbrock, Chefredakteur der „Berliner Zeitung“
- Hans-Peter Buschheuer, Chefredakteur des „Berliner Kuriers“, gesamtverantwortlicher Chefredakteur der
Kaufzeitungen der BV Deutsche Zeitungsholding („Berliner Kurier“, „Hamburger Morgenpost“)
- Domenika Ahlrichs, Chefredakteurin der „Netzeitung“, stellv. Chefredakteurin der „Berliner Zeitung“
- Frank Niggemeier, Chefredakteur der „Hamburger Morgenpost“
Gesellschafter
- Berliner Verlag Deutsche Zeitungsholding GmbH (Mecom Group PLC - 100%)
Tab. 9: Ökonomische Basisdaten
144
(Beträge in Mio. £)
2005 2006 2007 2008 (1. Halbjahr)
Umsatz 94 102 109 58
Gewinn (nach Steuern) 7 13 12 7
(Quelle: Mecom Annual Reports, eigene Darstellung)
142
Mecom: Annual Report 2007
;http://druck.verdi.de/zeitungsverlage/zeitungsverlage_archiv_2007/data/mecom_group_plc
143
Mecom: Annual Report 2006 for the 17th month end 31 December 2006. Internetressource:
http://www.mecom.co.uk/_assets/documents/MecomRAresult050607_004.pdf, überprüft am 18.09.08.
144
Die Quellenlage erzwingt die kumulierte Angabe der Umsatz- und Gewinnwerte aller deutschen Zeitungshäuser des
britischen Unternehmens Mecom (einschließlich Hamburger Morgenpost), in dessen Besitz sich der Berliner Verlag im
angegebenen Zeitraum befunden hat.
60
3.4.1. Geschichte und Profil
Die erste Erwähnung der Berliner Verlag GmbH als Herausgeberin der „Berliner Zeitung“ erfolgte am 15. Februar 1945. An
der Gesellschaft waren insgesamt drei Unternehmer beteiligt, die auch das Startkapital für die Gründung einbrachten, die am
24. Januar 1946 notariell beurkundet wurde. Zwei der Gesellschafter waren KPD-nah: Zum einen der Verlag Neuer Weg
145
,
der einige Jahre später als Herausgeber der gleichnamigen SED-Zeitung fungierte, die sich an die deutsche Minderheit in
Rumänien richtete; zum anderen die „Gesellschaft zur Erforschung zeitgenössischer Dokumente“. Als dritter Gesellschafter
war die Stadt Berlin am Berliner Verlag beteiligt. 1953 wurde der Verlag von der Zentrag, der zentralen Druckerei-, Einkaufs,
und Revisionsgesellschaft der SED, übernommen, die der DDR-Staatspartei als Steuerungsinstrument für den Pressesektor
diente.
Nach der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten verkaufte die SED-Nachfolgepartei PDS den Berliner Verlag und gab
sich dadurch als Eigentümerin zu erkennen. Während DDR-Zeiten war vermieden worden, den Berliner Verlag offiziell als
Parteieigentum auszugeben. 1990 ging er somit für rund 300 Millionen Mark aus Parteihänden in Privatbesitz über, wovon
ein Anteil von 25 Millionen Mark als Abfindungen und Sonderleistungen für die Belegschaft gedacht waren. Der Verkauf
vollzog sich ohne die Einschaltung der Treuhandgesellschaft, die zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht aktiv war. 50
Prozent des Berliner Verlags verkaufte die PDS an den Verleger Robert Maxwell, der im Folgenden die Verantwortung für
den Druckereibereich übernahm. Die anderen Hälfte kaufte die Verlagsgesellschaft Gruner+Jahr AG & Co KG, welche im
Fortlauf für den Verlagsbereich verantwortlich zeichnete
146
. 1991 starb der Verleger Maxwell auf einem Ausflug mit seiner
Privatyacht vor Teneriffa unter ungeklärten Umständen. Kurze Zeit vorher waren ihm noch Verbindungen zum israelischen
Geheimdienst Mossad nachgesagt worden. Nach dem Tod des Verlegers übernahm Gruner+Jahr den Berliner Verlag
vollständig
147
. Das Druckhaus in Friedrichshain, in dem sämtliche Erzeugnisse des Verlages gedruckt wurden, gehörte noch
bis zum Jahr 1994 hälftig zur Zentrag, die Eigentum der PDS blieb. Die andere Hälfte gehörte zum Verlagshaus
Gruner+Jahr, welches die Druckerei in jenem Jahr komplett übernahm.
2002 verkaufte Gruner+Jahr den Berliner Verlag an die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck GmbH. Das Bundeskartellamt
untersagte das Geschäft allerdings und begründete sein Urteil mit der daraus resultierenden marktbeherrschenden Stellung
des Holtzbrinck-Verlages, der in Berlin zu diesem Zeitpunkt bereits den „Tagesspiegel“ herausbrachte
148
. Obwohl Holtzbrinck
daraufhin in 2003 Bereitschaft zeigte, den „Tagesspiegel“ abzugeben, stimmte das Kartellamt der Übernahme des Berliner
Verlages nicht zu. Holtzbrinck hatte den „Tagesspiegel“ zum Vorzugspreis von 10 Millionen an Pierre Gerckens verkauft, der
früher selbst bei Holtzbrinck als Manager tätig gewesen war. Auch die Rückkaufoption, die sich der Holtzbrick-Verlag
offenhielt, hatte beim Kartellamt zu der Annahme geführt, dass der „Tagesspiegel“ dem Verlag weiterhin zugeordnet werden
könne bzw. müsse. Somit gehörte der Berliner Verlag durch den behördlichen Einspruch formal noch bis 2005 zu
Gruner+Jahr, obwohl Holtzbrinck in dieser Zeit bereits de facto die Verantwortung trug
149
.
2005 waren verschiedene potentielle Käufer für den Berliner Verlag im Gespräch, darunter die Bauer Verlagsgruppe, die
WAZ Mediengruppe, Orkla Media und M. DuMont Schauberg GmbH & Co. KG. Holtzbrinck verhandelte letztendlich mit den
Investoren 3i Group PLC, Veronis Suhler Stevenson (VSS) und Mecom Group PLC. Nach dem plötzlichen
Verhandlungsausstieg von 3i verkaufte Holtzbrinck den Berliner Verlag an VSS und Mecom. Der Verkaufspreis wurde von
der britischen Zeitung „The Independent“ auf 100 Millionen Britische Pfund (147,6 Millionen Euro) geschätzt. Mecom war an
der Gesamtsumme mit einem Anteil von 14,99 Prozent für acht Millionen Britische Pfund beteiligt. Das Kartellamt
genehmigte den Verkauf im November 2005
150
. Für die Verwaltung des Berliner Verlags wurde die Berliner Verlag Deutsche
145
Am 30. Juli 1945 war der KPD-Verlag „Neuer Weg“ gegründet worden, aus dem am 18. Juni 1946 durch Vereinigung mit
dem Vorwärts-Verlag der SPD der Dietz Verlag Berlin hervorging.
146
Held, Barbara/ Simeon, Thomas (1994): Die zweite Stunde Null. Berliner Tageszeitungen nach der Wende (1989-1994).
Berlin: Wissenschaftsverlag Volker Spiess, 54.
147
Ebd., 55; „Geburt und Wandel eines Werkstücks“, Berliner Zeitung vom 20. Mai 2005, 79.
148
Bundeskartellamt (2002): Beschluss in dem Verwaltungsverfahren B6 22121 U 98/02. Internetressource:
http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Fusion/Fusion02/B6_98_02.pdf, überprüft am 23.09.2008.
149
O.V. (2003): „Tagesspiegel auf Raten“. In: Tagesschau.de vom 01.11.2003. Internetressource:
http://www.tagesschau.de/wirtschaft/meldung268710.html, überprüft am 08.09.2008; O.V. (2003): Holtzbrink kann
„Tagesspiegel“ von Gerckens zurückkaufen. In: epd medien Nr. 86 vom 1. November 2003. Internetressource:
http://www.epd.de/medien/medien_index_18272.html, überprüft am 08.09.2008.
150
www.medienmaerkte.de/artikel/print/042710_tagesspiegel_chronik.html , überprüft am 08.09.2008; Röper, Horst (2004).
Zeitungsmarkt in der Krise – ein Fall für die Medienregulierung. In: Aus Politik und Zeitgeschichte vom 15.03.2004, 7-13;
Hanfeld, Michael (2005): Verkauf des Berliner Verlags: Von Berlin aus Europa erobern. In: FAZ.net vom 25.10.2005.
Internetressource:
61
Zeitungsholding GmbH gegründet. Anteilseigner waren neben Mecom und VSS auch Mitglieder des Managements, denen
die Anteile von insgesamt zehn Prozent zu Vorzugspreisen angeboten worden waren. Der Aufsichtsrat der Holding wurde
mit Mecom-Chef Montgomery als Vorsitzendem und Gerd Schulte-Hillen als Vize besetzt. Letzterer war als Vorsitzender des
Verlags Gruner+Jahr maßgeblich am Kauf des Berliner Verlags nach der Wende beteiligt und hatte sich schon zu dieser Zeit
gegen einen Weiterverkauf an Holtzbrinck ausgesprochen
151
.
Die Redaktionsmitglieder des Berliner Verlages hatten sich bis zuletzt vehement gegen einen Verkauf an ausländische
Finanzinvestoren gewehrt, die „Heuschrecken“-Debatte befand sich in dieser Zeit auf ihrem vorläufigen Höhepunkt. Es
wurde vor allem befürchtet, dass die journalistische Qualität unter einer rein wirtschaftlichen Ausrichtung des Verlags und
einem damit verbundenen Stellenabbau leiden würde. Uwe Vorkötter, der damalige Chefredakteur der „Berliner Zeitung“,
sprach sich demgemäß in einem Leitartikel öffentlich gegen die Übernahme aus. Im Mai 2006 wiederum verließ Vorkötter die
„Berliner Zeitung“, nachdem es zu Meinungsverschiedenheiten über die inhaltliche und strategische Neuausrichtung des
Blattes mit der neuen Eigentümergruppe gekommen war
152
. Im April 2007 übernahm Mecom die übrigen Anteile an der
Deutschen Zeitungsholding von VSS für rund 111 Millionen Pfund
153
. Im Zuge dessen veräußerte auch Aufsichtsrat Schulte-
Hillen seine 1,6 Prozent an Mecom, und der Geschäftsführer des Berliner Verlags Skulimma schloss sich an. Schulte-Hillen
zog sich daraufhin aus dem Aufsichtsrat zurück, der nach der kompletten Übernahme des Berliner Verlags durch Mecom
aufgelöst wurde
154
. In ihrem Geschäftsbericht gab die Finanzgruppe Mecom im Mai 2007 bekannt, die Deutsche
Zeitungsholding und damit den Berliner Verlag zu 100 Prozent aufgekauft zu haben
155
. Zur Deutschen Zeitungsholding
gehören neben dem Berliner Verlag noch weitere Medien. Im Februar 2006 wurde die „Hamburger Morgenpost“ gekauft, im
Juli 2007 folgte die „Netzeitung“-Gruppe
156
. Der Mecom Konzern verfolgt dabei die Strategie, durch gezielte Zukäufe eine
europäische Mediengruppe aufzubauen
157
.
3.4.2. Profil Mecom Group PLC
Gründer und Leiter der Mecom Group ist David Montgomery. Der ehemalige Chefredakteur diverser britischer
Boulevardblätter wurde schon in Großbritannien als so genannter Hardliner berühmt, nachdem er die Sanierung der Mirror
Group mit rigiden Sparplänen erfolgreich durchgesetzt hatte. Ähnliche Vorhaben verfolgt die Mecom Group nun auch in
anderen europäischen Ländern, darunter in Norwegen, Dänemark, Polen, Niederlande und in Deutschland. Laut
Montgomery soll auf diesem Wege und mittels weiterer Zukäufe in den kommenden Jahren eine „paneuropäische
Mediengruppe“ entstehen. Mecom wendet dabei Unternehmensstrategien an, die sich auch in anderen Branchen als
zielführend erwiesen haben: Durch Synergieeffekte und effizientere Strukturen sollen Kosten eingespart werden, gleichzeitig
wird in neue Technologien, Absatzwege und Zusatzangebote investiert. 2007 machte Mecom europaweit einen Umsatz von
1,4 Milliarden Britische Pfund und beschäftigte rund 11.956 Arbeitnehmer
158
.
Der Kauf des Berliner Verlags war für die Mecom Group ein unabdingbarer Schritt auf dem Weg zur Gründung einer
europäischen Mediengruppe. Der britische Konzern sah den Berliner Verlag als Ausgangspunkt für eine europaweite
Expansion, die bereits in 2006 mit dem Erwerb der Limburg Media Group in den Niederlanden und der Orkla Media Group in
Norwegen weitere Konturen annahm. Nachdem Mecom die Beteiligung an der irischen Zeitungsgruppe Local Press Limited
http://www.faz.net/s/RubE2C6E0BCC2F04DD787CDC274993E94C1/Doc~EEBE5D49A45254B708B50D29860EFFFE9~ATpl~Eco
mmon~Sspezial.html, überprüft am 08.09.2008.
151
Munsberg, Hendrik (2005): „Wir wollten das Hauptstadtblatt machen“. In: Berliner Zeitung vom 20.05.2005, 88; Hanfeld,
Michael (2005): Verkauf des Berliner Verlags: Von Berlin aus Europa erobern. In: FAZ.net vom 25.10.2005. Internetressource:
http://www.faz.net/s/RubE2C6E0BCC2F04DD787CDC274993E94C1/Doc~EEBE5D49A45254B708B50D29860EFFFE9~ATpl~Eco
mmon~Sspezial.html, überprüft am 08.09.2008; O.V. (2005): Berliner Verlag: Schulte-Hillen im Aufsichtsrat. In: Netzeitung vom
25.10.2005. Internetressource: http://www.netzeitung.de/medien/364524.html, überprüft am 08.09.2008.
152
O.V. (2006): Vorkötter übernimmt "Frankfurter Rundschau“. In: Der Tagesspiegel vom 16.5.2006. Internetressource:
http://www.tagesspiegel.de/medien-news/Medien;art290,1864255, überprüft am 08.09.2008.
153
O.V. (2007): Montgomery vergrößert Einfluss auf „Berliner Zeitung“. In: Financial Times Deutschland vom 09.03.2007.
Internetressource: www.ftd.de/technik/medien_internet/171271.html, überprüft am 08.09.2008.; Mecom (o.J.): Germany.
Internetressource: http://www.mecom.co.uk/group-companies/germany.php, überprüft am 08.09.2008.
154
O.V. (2007): „Verlage: Schulte-Hillen steigt aus“. In: Der Spiegel vom 23.04.2007, 97.
155
Mecom (2007): Annual Report 2007. Internetressource:
http://www.mecom.co.uk/_assets/documents/FINALMecomAnnualReport2007_001.pdf , überprüft am 08.09.2008.
156
Ebd.
157
Mecom (2006): „BV Deutsche Zeitungsholding buys Hamburger Morgenpost“. Internetressource:
http://www.mecom.co.uk/_assets/documents/BVDeutscheSeitungsh270106.pdf, überprüft am 20.09.2008.
158
Mecom (2007): Annual Report 2007. Internetressource:
http://www.mecom.co.uk/_assets/documents/FINALMecomAnnualReport2007_001.pdf , überprüft am 08.09.2008.
62
2005 verkauft hatte, ist das Unternehmen mittlerweile in fünf europäischen Ländern stark aufgestellt, darunter in Norwegen,
Dänemark, Deutschland, Polen, und den Niederlanden. Der Fokus des am Alternative Investment Market in London
notierten Unternehmens liegt auf der Akquisition von zumeist regionalen Zeitungen. So besitzt Mecom in Norwegen 41
regionale und lokale Zeitungen, die einen Umsatzanteil von 37 Prozent am lokalen Zeitungsmarkt ausmachen. In Dänemark
hat die Zeitung „Berlinske Tidende“ einen Marktanteil von 35-40 Prozent bei den überregionalen Zeitungen, hinzukommen
zwei regionale Zeitungen, sieben Lokalzeitungen und 53 Anzeigenblätter. In Polen besitzt Mecom dreizehn regionale
Zeitungstitel, sowie einen Anteil von 51 Prozent an der überregionalen Tageszeitung „Rzeczpospolita“. In den Niederlanden
gehören neben diversen Anzeigenblättern auch zwei Regionalzeitungen zu der Mecom Group, das „Dagblad de Limburger“
und das „Limburger Dagblad“. In Deutschland besaß die Mecom Group bis Januar 2009 neben der „Berliner Zeitung“ und
dem „Berliner Kurier“ auch die überregionale Tageszeitung „Hamburger Morgenpost“ sowie mehrere Anzeigenblätter wie das
„Berliner Abendblatt“ und den „Warnow Kurier“ in Rostock
159
.
Die Mecom Group investiert auch in andere Medienbereiche, darunter in Magazine, Fernsehen, Radio und Onlineangebote.
Diese Aktivitäten sind meistens verbunden mit einer signifikanten Angebotserweiterung der Zeitungshäuser. Mecom
versucht dabei Synergieeffekte zu nutzen und den schrumpfenden Anzeigenmarkt der Tageszeitungen über andere Kanäle
abzudecken. So engagieren sich große Tageszeitungen in Norwegen beispielsweise auch im Bereich der lokalen Fernseh-
und Radioanbieter. Unter die Internet-Aktivitäten fallen vor allem die Online-Auftritte der unternehmenseigenen
Printprodukte, darüber hinaus aber auch Job-Portale, Suchmaschinen sowie virtuelle Magazine über Wirtschafts- und
Computerthemen. Darüber hinaus besitzt Mecom auch ein Direktmarketing-Unternehmen, das in Dänemark und Norwegen
tätig ist und ein latenter Verkaufskandidat ist. Allerdings ließ sich bislang kein geeigneter Käufer finden
160
.
3.4.3. Management
Josef Depenbrock wurde 2006 zum Chefredakteur der „Berliner Zeitung“ ernannt, außerdem ist er Vorsitzender der
Geschäftsführung der BV Deutschen Zeitungsholding und Geschäftsführer des Berliner Verlags. Depenbrock gilt als „Mann
des Boulevards“
161
, vor seiner Zeit beim Berliner Verlag war er von 2000 bis 2006 Chefredakteur und geschäftsführender
Gesellschafter bei der „Hamburger Morgenpost“. Depenbrocks Ernennung zum Chefredakteur der „Berliner Zeitung“ und die
daraus resultierende Doppelbesetzung als Chefredakteur und Geschäftsführer der Deutschen Zeitungsholding führte in der
Redaktion zu der Befürchtung, dass die strikte Trennung zwischen publizistischen und verlagsinternen Interessen gefährdet
sein könnte
162
. Zudem wurde Depenbrock kurz nach der Übernahme des Berliner Verlags durch Mecom und ohne
Absprache mit der Redaktion eingesetzt, die zu dieser Zeit gerade in Verhandlungen über ein Redaktionsstatut mit der
Verlagsleitung stand. Die Implementierung einer solchen Regelung war nach Ansicht der Beschäftigten dringlich geworden,
nachdem der Chefredakteur Uwe Vorkötter zur „Frankfurter Rundschau“ gewechselt war: Ohne den Schutz des gegenüber
Mecom kritisch eingestellten Chefredakteurs befürchteten die Verlagsangestellten eine Entlassungswelle, die durch das
Redaktionsstatut verhindert bzw. eingeschränkt werden sollte, indem unter anderem ein Mitspracherecht der Redaktion bei
der Benennung des neuen Chefredakteurs angestrebt wurde. Die Geschäftsführung kam dieser Möglichkeit allerdings durch
die Berufung von Depenbrock zuvor. Die Redaktion der „Berliner Zeitung“ wertete dies als scharfen Affront.
Zur ersten großen Zerreißprobe für diese von Anfang an ungünstige Konfliktkonstellation kam es im Februar 2007, als die
Redaktion den Aufstand gegen Depenbrock probte, als dieser nach Absprache mit Montgomery während einer
Redaktionssitzung einräumte, dass die neuen Renditevorgaben für 2008 bei 18 bis 20 Prozent lägen. Die Folge war ein
Beschwerdebrief der Redakteure an Montgomery, in dem sie ein Redaktionssystem forderten, das es erlaube, die Leser in
attraktiver Form zu erreichen. Außerdem verlangten sie eine langfristige und publizistisch kohärente Geschäftsstrategie, die
nicht nur auf wirtschaftlichen Erfolg und hohe Renditen ausgelegt sei. Einen zweiten Brief überreichten sie Depenbrock, den
sie darin direkt zum Rücktritt aufforderten. Als Gründe hierfür nannten die Redakteure das Unvermögen Depenbrocks in
seiner Funktion als Chefredakteur, die Interessen der Redaktion angemessen gegenüber dem Verlag zu vertreten. Ein
159
Verdi (2007): „Mecom Group plc im Überblick”. Internetressource. http://mecom.verdi.de/mecom_group_im_ueberblick ,
überprüft am 08.09.2008.
160
Ebd.
161
Simon, Jana (2006): Ein Tag ohne Freunde. In: „Die Zeit“ vom 22.06.2006. Internetressource:
http://www.zeit.de/2006/23/Ein_Tag_ohne_Freunde, überprüft am 08.09.2008.
162
Vgl. dazu die Studie „Die Aktivitäten von Finanzinvestoren in Deutschland und deren Wirkungen auf die Beschäftigten“ auf
Basis leitfadengestützter Interviews mit Mitarbeitern des Berliner Verlags (Blome-Drees, Johannes/Rang, Reiner (2008): Die
Aktivitäten von Finanzinvestoren in Deutschland und deren Wirkungen auf die Beschäftigten. Studie im Auftrag der Hans-
Böckler-Stiftung. Internetressource: www.boeckler.de/pdf/mbf_finanzinvestoren_berlinerverlag.pdf, überprüft am 31.12.2008).
63
zweiter Punkt war das fehlende Vertrauen der Redaktion in ihren Leiter: Man wolle einen „Blattmacher, keinen
Erfüllungsgehilfen von Plattmachern“ so die Forderung der Redaktion
163
. Eine Klage der Redaktion gegen die umstrittene
Doppelfunktion Depenbrocks im Frühjahr 2008 wurde von dem Berliner Arbeitsgericht abgewiesen. „Aus dem vereinbarten
Redaktionsstatut ergäben sich keine Ansprüche, um die Personalunion zu verhindern“ so das Urteil der Richter
164
.
Depenbrock scheint bei Mecom ein unverändert hohes Ansehen zu besitzen, da er im August 2007 als Nachfolger von Peter
Skulimma zum Vorsitzenden der Geschäftsführung in der Deutschen Zeitungsholding sowie zum Geschäftsführer des
Berliner Verlags ernannt wurde. Sein Amt als Chefredakteur der „Berliner Zeitung“ sowie als Herausgeber der „Hamburger
Morgenpost“ soll dadurch zunächst unberührt bleiben
165
.
Peter Skulimma war von 1998 bis 2003 zunächst Geschäftsführer des Tip-Verlages und dann ab 2003 Geschäftsführer des
Berliner Verlages. Ab 2005 war er außerdem Vorsitzender der Geschäftsführung in der Deutschen Zeitungsholding. Im
August 2007 wechselt Skulimma in die Londoner Firmenzentrale der Muttergesellschaft Mecom und verantwortet dort den
neu geschaffenen Bereich der Digitalen Medien
166
.
Gerd Schulte-Hillen ist seit 1969 bei der Bertelsmann AG tätig. 1981 wurde er Vorsitzender des Verlages Gruner+Jahr, vier
Jahre später dann auch Mitglied im Vorstand des Mutterkonzerns Bertelsmann. Aufgrund dieser Ämter war er 1990
maßgeblich am Kauf des Berliner Verlages durch Gruner+Jahr beteiligt. Nach der Übernahme des Berliner Verlages durch
Mecom und VSS wurde Schulte-Hillen zum Mitglied des Aufsichtsrates des BV Deutsche Zeitungsholding, dessen Vorsitz
Mecom-Chef Montgomery übernommen hatte. Schulte-Hillen wurde mit 1,6 Prozent zum Miteigner des Unternehmens. Er
verkaufte diesen Anteil aber 2007, als das Unternehmen komplett an Mecom überging. Schulte-Hillen schied daraufhin aus
dem mittlerweile aufgelösten Aufsichtsrat aus und arbeitet jetzt als selbstständiger Strategieberater
167
.
David Montgomery wurde während der Übernahmeverhandlungen zum Berliner Verlag in der Berliner Presse vor allem als
Anführer der als „Heuschrecken“ betitelten ausländischen Finanzinvestoren dargestellt. Er repräsentierte für viele den Typ
des kühl kalkulierenden Geschäftsmannes, der durch sein ausgeprägtes Profitstreben nur an möglichst großen
Einsparungen und nicht am Erhalt von Arbeitsplätzen oder der publizistischen Qualität interessiert sein könne. In der Tat hat
sich Montgomery in der Vergangenheit vor allem durch rigide Sparmaßnahmen einen Namen gemacht. Vor seiner Karriere
studierte er Politik und Geschichte an der nordirischen Queen’s University in Belfast, bevor er 1973 als „Sub-Editor“ bei der
Mirror anfing. Sub-Editors schreiben keine eigenen Artikel, sondern sind hauptsächlich mit Kürzen und Redigieren
beschäftigt
168
. 1980 wurde Montgomery zum Chef-Unterredakteur bei „The Sun“ befördert
169
. Nach drei Jahren als
stellvertretender Chefredakteur bei der „Sunday People“ bekam er 1985 von Murdoch den Posten des Chefredakteurs bei
dem Sonntagsblatt „News of the World“ zugesprochen. 1987 kaufte Murdoch die mittlerweile eingestellte Boulevardzeitung
„Today“ und machte Montgomery zu ihrem Chefredakteur
170
. Mit der Zeit fiel Montgomery bei Murdoch allerdings in
Ungnade, da er für dessen Geschmack im Unternehmen zu einflussreich wurde
171
. Also wechselte er daraufhin in die
Führungsspitze der Mirror Group, dessen Eigentümer Robert Maxwell kurz zuvor verstorben war. Von 1992 bis 1999 war
Montgomery für die Unternehmensgruppe als CEO tätig und sanierte den durch Misswirtschaft in Mitleidenschaft gezogenen
163
Raab, Claus (2008): Plattmacher der Berliner Zeitung“. In: die tageszeitung vom 17.02.2008. Internetressource:
http://www.taz.de/1/leben/medien/artikel/1/plattmacher-der-berliner-zeitung/?src=SE&cHash=c7c2347769, überprüft am
08.09.2008.
164
Segler, Daland (2008): Depenbrock in Doppelrolle bestätigt. In: Frankfurter Rundschau vom 01.07.2008. Internetressource:
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/medien/?em_cnt=1360977, überprüft am 08.09.2008.
165
Berliner Zeitung (o.J.) Portrait Josef Depenbrock. Internetressource: http://www.berlinonline.de/berliner-
zeitung/informationen/impressum/depenbrock/index.php, überprüft am 08.09.2008; Simon, Jana (2006): Ein Tag ohne
Freunde. In: „Die Zeit“ vom 22.06.2006. Internetressource: http://www.zeit.de/2006/23/Ein_Tag_ohne_Freunde, überprüft am
08.09.2008.
166
O.V. (2007): Deutsche Zeitungsholding mit neuer Führung. In: Netzeitung vom 23.07.2007. Internetressource:
http://www.netzeitung.de/medien/697970.html, überprüft am 08.09.2008.; Mecom (2007): “Appointment of Chief Digital
Officer”. Internetressource: http://www.mecom.co.uk/_assets/documents/PeterSkulimma010807.pdf, überprüft am 20.09.2008.
167
O.V. (2007): Medienticker. In: die tageszeitung vom 23.04.2007. Internetressource:
http://www.taz.de/digitaz/2007/04/23/a0203.1/text, überprüft am 08.09.2008.; Kress Report (o.J.) Gert Schulte-Hillen. In:
Kress Köpfe Online. Internetressource: http://www.kress.de/cont/vk.php?vknr=GDSN2771 , überprüft am 08.09.2008.
168
Thomas, Gina (2005): Feldherr der Finsternis. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 18.10.2005, 44.
169
Mecom (o.J.): Corporate Responsibility. Internetressource: http://www.mecom.co.uk/corporate-responsibility/ , überprüft am
08.09.2008.
170
Burrell, Ian (2007): Wegener acquisition: Monty’s on the march. In: The Independent vom 09.05.2007. Internetressource:
http://news.independent.co.uk/business/analysis_and_features/article2524449.ece, überprüft am 08.09.2008.
171
Hülsen, Isabell (2005): Montagsportrait: David Montgomery Versöhnlicher Vampir. In: Financial Times Deutschland vom
31.10.2005. Internetressource:
http://www.ftd.de/koepfe/:Montagsportr%E4t%20David%20Montgomery%20Vers%F6hnlicher%20Vampir/28329.html,
überprüft am 08.09.2008.
64
Konzern, teils mit strengen Sparmaßnahmen, die in der Belegschaft zu Unruhen führten
172
. Zum Ende der neunziger Jahre
geriet Montgomery darüber hinaus in die ungünstige Lage, die Auflagenverluste bei den Zeitungen „Mirror“ und „The
Independent“ nicht aufhalten zu können
173
. Nach der Fusion der Mirror Group mit der Investorengruppe Trinity wurde
Montgomery 1999 zum Rücktritt gezwungen und begann gleich darauf, sich ein eigenes Medienimperium zu schaffen, indem
er im Jahr 2000 den Investmentfonds Mecom gründete
174
. Zusammen mit den Investorengruppen 3i und Veronis Suhler
Stevenson kaufte er verschiedene Zeitungen und versuchte auch die Verlage Express Group und die Telegraph Group zu
übernehmen, wurde aber in beiden Fällen überboten
175
. Die nordirischen Titel „Newsletterund „Derry Journal“ verkaufte
Montgomery kurze Zeit später gewinnbringend an Johnston Press, da 3i mit den Anzeigenerlösen unzufrieden war
176
.
3.4.4. Geschäftsfelder
Zeitungen/Zeitschriften: Der Printsektor der BV Deutsche Zeitungsholding ist vor allem durch die drei großen
Tageszeitungen „Berliner Zeitung“, „Berliner Kurier“ und „Hamburger Morgenpost“ geprägt. Hinzu kommen mit „Tip Berlin“,
ein Berliner Stadtmagazin, und drei Anzeigenblätter, von denen zwei in Berlin und eines in Rostock erscheinen
177
.
Internet: Die BV Deutschen Zeitungsholding hat im Juli 2007 ihr Engagement im Onlinebereich durch den Kauf der
„Netzeitung“ ausgeweitet. Zur Netzeitung-Gruppe gehörten auch die Internetportale „Netdoktor.de“, „Golem.de“, das
Automobilportal „autogazette.de“ sowie eine Beteiligung am Berliner Radiosender „100,6 Motor FM“. Während die
Beteiligung an „Motor FM“ an die Plattform für regionale Musikwirtschaft weiterverkauft wurde, gingen die beiden Special-
Interest-Portale „Netdoktor“ und „Golem“ an Holtzbrinck
178
. Die BV Deutsche Zeitungsholding übernahm 2006 den 45-
Prozent-Anteil an der Berlin Online Stadtportal GmbH & Co. KG von Gruner und Jahr. Die übrigen Anteile befinden sich im
Besitz der Landesbank Berlin (45 Prozent) und der Volksbank Berlin (10 Prozent). Neben den Internet-Auftritten der Berliner-
Verlag-Printerzeugnisse betreibt der Online-Anbieter auch „Berlin.de“, den offiziellen Internetauftritt des Landes Berlin, sowie
das Stadtportal „BerlinOnline.de“ mit den Themenschwerpunkten Unterhaltung und Lifestyle. 2005 kam mit „b2b-
deutschland.de“ ein Businessportal hautsächlich für kleinere und mittelständische Unternehmen hinzu
179
.
Druck: Die Druckerei des Berliner Verlags wurde schon 1945 gegründet und war ursprünglich in Berlin Friedrichshain
ansässig. 1996 wurde das neue Druckzentrum in Berlin Lichtenberg in Betrieb genommen. Im Jahr werden dort auf vier
Druckmaschinen 300 Millionen Zeitungen gedruckt, darunter auch Zeitungen die nicht zum Berliner Verlag gehören, wie
beispielsweise die „Financial Times Deutschland“. Die Druckerei hat rund 165 Beschäftigte
180
.
172
Kielinger, Thomas (2005): David Montgomery ist ein erfolgreicher Sanierer und wird verteufelt. In: Die Welt vom 19.10.2005.
Internetressource: http://www.welt.de/print-
welt/article171934/David_Montgomery_ist_ein_erfolgreicher_Sanierer_und_wird_verteufelt.html, überprüft am 08.09.2008.
173
Thomas, Gina (2005): Feldherr der Finsternis. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 18.10.2005, 44.
174
Burrell, Ian (2007): Wegener acquisition: Monty’s on the march. In: The Independent vom 09.05.2007. Internetressource:
http://news.independent.co.uk/business/analysis_and_features/article2524449.ece, überprüft am 08.09.2008.
175
Thomas, Gina (2005): Feldherr der Finsternis. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 18.10.2005, 44.
176
Burrell, Ian (2007): Wegener acquisition: Monty’s on the march. In: The Independent vom 09.05.2007. Internetressource:
http://news.independent.co.uk/business/analysis_and_features/article2524449.ece, überprüft am 08.09.2008.
177
http://www.berlinonline.de/berliner-verlag/daten-und-fakten/, überprüft am 08.09.2008.
178
http://www.berlinonline.de/wir-ueber-uns/pressemitteilungen/netzeitung_uebernahme/index.php , überprüft am 08.09.2008;
O.V. (2007): Berliner Verlag übernimmt die „Netzeitung“. In: DWDL.de vom 08.06.2007. Internetressource:
http://www.dwdl.de/article/news_11196,00.html, überprüft am 08.09.2008; Netzeitung (o.J.): Über uns. Internetressource:
http://www.netzeitung.de/ueberuns/155607.html, überprüft am 08.09.2008.
179
Berliner Verlag (2007): Golem.de und Netdoktor.de werden weiter vermarktet. Internetressource:
http://www.berlinonline.de/wir-ueber-uns/pressemitteilungen/orkla/index.php, überprüft am 18.09.08.
180
Berliner Zeitungsdruck (o.J.): In Zahlen: Schwarz auf Weiß! Internetressource: http://www.berliner-
zeitungsdruck.de/de/unternehmen_zahlen.html, überprüft am 08.09.2008.
Abb. 12: Organigramm: Unternehmensstruktur der BVZ Deutsche Mediengruppe
Quelle: Institut für Medien- und Kommunikationspolitik; eigene Darstellung.
BVZ Deutsche Mediengruppe Holding GmbH 100%
MVD Medien
-
,
Vermarktungs- und
Dokumentationsgesel
lschaft mbH 100%
BVZ Berliner Di
a
log
GmbH 100%
BV Deutsche Zeitungsholding GmbH 100%
Morge
n
post
Verlag GmbH
100%
BerlinOnline
Stadtportal GmbH &
Co. KG 45%
Berliner Verlag GmbH
100%
Radio
Hamburg
5%
MOPO
Online
GmbH 100%
DZH Digital
Media Holding
GmbH 100%
BVZ
Anzeigenzeitungen
GmbH 100%
BVZ Berliner
Zeitungsdruck GmbH
100%
Viafon GmbH
49%
Berliner
Zustellvereinigu
ng 33,3%
BVZ Berliner
Verlag
Beteiligungen
GmbH 100%
TIP Verlag
Verwaltungs-GmbH
100%
TIP Verlag GmbH &
Co. KG 100%
Cine Marketing
50%
UMM
Stadtillustrierten
GmbH 20%
NZ Netzeitung GmbH
100%
NZ Autoportal GmbH
100%
DZH Online Media
Sales Group GmbH
100%
Teletext GmbH/
Audio News/
Handy Zeit
66
3.4.5. Engagement in Berlin
Der Berliner Verlag gibt in Berlin mehrere Zeitungen heraus, darunter auch die auflagen- und reichweitenstärkste Berliner
Abonnementzeitung „Berliner Zeitung“ mit einer verkauften Auflage von 159.770 Stück (montags bis freitags, IVW 3. Quartal
2008) und einer Reichweite von circa 650.000. Im Berliner Verlag erscheint außerdem der „Berliner Kurier“, mit einem
Verkaufspreis von 50 Euro-Cent eine der günstigsten Tageszeitungen in der Stadt. Der „Berliner Kurier“ ist mit einer
verkauften Auflage von 121.592 Stück die zweitstärkste Kaufzeitung nach der „B.Z.“ (IVW Q. 3/2008). Auffällig ist der für eine
Kaufzeitung hohe Abonnentenanteil mit etwa 14,5 Prozent. Zweimal im Monat erscheint zudem das Stadtmagazin „Tip
Berlin“ mit einer verkauften Auflage von 52.075 (IVW Q. 2/2008). Der Berliner Verlag gibt darüber hinaus drei kostenlose
Anzeigenblätter heraus, zum einen das „Berliner Abendblatt“, das mit einer Auflage von rund 1,2 Millionen Exemplaren an
Haushalte in Berlin verteilt wird, sowie außerdem die monatlich erscheinenden „Berliner Rathausnachrichten“.
Zum Verlag gehört auch eine eigene Druckerei in Berlin, die BVZ Berliner Zeitungsdruck GmbH. Die Druckerei hat knapp
170 Beschäftigte und druckt 300 Millionen Zeitungen im Jahr. Neben den Erzeugnissen des Berliner Verlags werden hier
auch andere Zeitungen gedruckt, so zum Beispiel die „Financial Times Deutschland“ und die „Jüdische Allgemeine“. Im
Onlinebereich bietet der Berliner Verlag neben den Internetauftritten der verlagseigenen Zeitungen unter „Berlin.de“ den
offiziellen Internetauftritt des Landes Berlin und mit „BerlinOnline.de“ eine Lifestyle- und Serviceseite für die Hauptstadt an.
Außerdem verantwortet der Berliner Verlag die Seite „b2b-deutschland.de“ mit einem Zielgruppenfokus auf Berlin und
Brandenburg. Im Anzeigenmarkt für Immobilien kooperieren die „Berliner Zeitung“ und der „Berliner Kurier“ seit Ende 2006
mit „Immobilienscout 24“
181
.
Außer den Redaktionen der „Hamburger Morgenpost“ (Hamburg) und des „Warnow Kuriers“ (Rostock) befinden sich alle
Redaktionen der Print- und Onlineangebote unter dem Dach der BV Deutsche Zeitungsholding in Berlin. Hauptsitz des
Berliner Verlags ist das Pressehaus am Alexanderplatz in Berlin-Mitte, in dem außer den Redaktionen noch die
Verlagsabteilungen und die Verwaltung des Unternehmens untergebracht sind.
3.4.6. Aktuelle Entwicklung
Die Geschäftsjahre 2007 und 2008 waren für den Berliner Verlag äußerst unruhig und standen in dieser Zeit unter direktem
Einfluss der Entwicklung im britischen Mutterkonzern Mecom. Im August 2007 kam es durch die Berufung von Peter
Skulimma als Digital Chief Officer der Mecom Group und seinem damit verbundenen Wechsel in die Londoner
Firmenzentrale zu fundamentalen personellen Umstrukturierungen im Berliner Verlag und der Deutschen Zeitungsholding.
Skulimma wurde in seinen Funktionen als Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Zeitungsholding und als
Geschäftsführer des Berliner Verlags von Josef Depenbrock ersetzt, der damit zusätzlich zu seiner Funktion als
Chefredakteur der „Berliner Zeitung“ mehrere wesentliche Funktionen auf sich vereinte. Die Mecom Group verfolgte zudem
das Ziel einer europaweiten Expansion. In einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters im August 2007 sagte
Skulimma, dass weitere Zeitungsaufkäufe nicht auszuschließen seien. Um Skaleneffekte zu erzielen, müssten Zeitungen
über eine gewisse Größe verfügen. Der Trend gehe deshalb zu Zeitungsketten. Mecom befände sich zwar nicht in konkreten
Verhandlungen, trotzdem sei eine regionale Nähe wie beispielsweise im Falle der „Sächsischen Zeitung“ in Dresden ideal.
Diese Geschäftsplanung wurde jedoch durch die desaströsen Verluste des Konzerns im Laufe des Jahres 2008 unterminiert
und wich einer Rückzugsstrategie aus dem deutschen Pressemarkt: Waren ursprünglich trotz einschneidender
Rationalisierungsmaßnahmen siebenstellige Investitionen in neue Marktsegmente wie die Entwicklung einer
Sonntagsausgabe der „Berliner Zeitung“ sowie die Ausweitung des Internet-Engagements geplant
182
, musste auf dem
jüngsten Abwärtstrend in der Unternehmensentwicklung mit Kursverlusten am Aktienmarkt von über 50 Prozent reagiert
werden. Mecom hatte in den vergangenen Jahren einen Schuldenberg von über 700 Millionen Euro aufgetürmt
183
.
181
O.V. (2006): Berliner Verlag und Immobilienscout 24 kooperieren. In: Horizont.net vom 18.09.2006. Internetressource:
http://www.horizont.net/aktuell/medien/pages/protected/Berliner-Verlag-und-Immobilienscout-24-kooperieren_65589.html,
überprüft am 23.09.2008.
182
O.V. (2007): Mecom an Sächsischer Zeitung interressiert. In: People and Deals vom 21.08.2007. Internetressource:
http://www.peopleanddeals.de/article/4606/mecom-an-saechsischer-zeitung-interessier, überprüft am 08.09.2008.
183
Altrogge, Georg (2008): Jüngstes Gerücht: DuMont will Mecomtitel. Erneut Spekulationen um Montgomerys Zeitungsgruppe.
In: Meedia vom 26.12.2008. Internetressource: http://meedia.de/nc/details/browse/1/article/jngstes-gercht--dumont-will-
mecomtitel_100014838.html?tx_ttnews[backPid]=1716&cHash=e6e3ebf2f1, überprüft am 31.12.2008.
67
„In der schmalen Zeitfuge zwischen Weihnachten und Neujahr“ kursierte eine „Wunschgeschichte“, wie es in der
„Süddeutschen Zeitung“ vom 27. Dezember 2008 hieß
184
, durch die Medienseiten der deutschen Presse, die für viele
Beobachter überraschend von einem geplanten Verkauf des Berliner Verlages von Mecom an die Verlagsgruppe DuMont
Schauberg kündete und in den darauffolgenden Wochen wahr wurde. Der „Tagesspiegel“ schlussfolgerte schon früh:
„Montgomery vor dem Aus“
185
. Über den Jahreswechsel 2008/2009 erhärteten sich die anfänglichen Gerüchte nur langsam
und wurden bis kurz vor Unterzeichnung des Kaufvertrages durch DuMont von beiden Unternehmen weder dementiert noch
bestätigt. Durch den Rückzug Mecoms aus dem Berliner Pressemarkt nach einem Gastspiel von nur etwa drei Jahren wurde
der Eindruck gestärkt, dass die einst apostrophierte „Heuschrecke“ David Montgomery tatsächlich seinem Ruf gerecht
werden wurde und sein journalistisches Übernahmeobjekt nach unverhältnismäßigen Sparmaßnahmen und profitsteigernden
Experimenten achtlos wieder auf den Markt werfen könnte: „Bei der Presse macht das David Montgomery mit seiner Mecom
vor, die Zeitungen in ganz Europa - unter Pump, wie unter Investoren üblich - aufgekauft hat und diese trotz drakonischer,
ins Absurde gehender Sparrunden wahrscheinlich nicht wird halten können“
186
. Der Kaufvertrag lautete schließlich über circa
170 Millionen Euro
187
. Dass nun ausgerechnet ein deutscher Verleger den Berliner Verlag erworben hat, wurde als
Rettungsanker für den darbenden Verlag und seine unter Stellenabbau und Ressourcenmangel darbenden journalistischen
Titel gewertet
188
.
184
O.V. (2008): Wunschpunsch. Angeblich greift Dumont nach der „Berliner Zeitung“. In: Süddeutsche Zeitung vom 27.12.2008,
19.
185
O.V. (2008): Montgomery vor dem Aus. Investor Mecom will Berliner Verlag verkaufen DuMont Schauberg signalisiert
Interesse. In: Der Tagesspiegel vom 27.12.2008, 27.
186
Hanfeld, Michael (2008): Gewinn und Verlust eines Medienjahrs. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 31.12.2008, 39.
187
Auch wurde im Zuge des Verkaufs des Berliner Verlag über die mögliche Veräußerung weiterer europäischer Zeitungshäuser
durch Mecom berichtet: Unter anderem prüfe David Montgomery ebenso den Verkauf des Mehrheitsanteils am
Medienunternehmen PWR in Polen, welches die Qualitätszeitung „Rzeczpospolita“ verlegt. Als Käufer wurde der Axel Springer-
Konzern ins Gespräch gebracht (vgl. Heilmann, Dirk/Siebenhaar, Hans-Peter (2009): Montgomery erhält frisches Geld. In:
Handelsblatt Online vom 09.01.2009. Internetressource: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/montgomery-
erhaelt-frisches-geld;2123169, überprüft am 10.01.2009).
188
Vgl. o.V. (2008): Wunschpunsch. Angeblich greift Dumont nach der „Berliner Zeitung“. In: Süddeutsche Zeitung vom
27.12.2008, 19.
68
4. Internationaler Vergleich
Das folgende Kapitel enthält Kurzporträts der Pressemärkte dreier wichtiger Hauptstädte: Washington D.C., Paris und
London. Dabei werden die historische und ökonomische Entwicklung der Pressesysteme der jeweiligen Länder und
Besonderheiten der Hauptstadtpressemärkte beleuchtet. Ausgewählte Titel und Konzerne werden vorgestellt. Dabei wird
deutlich, dass es in allen ausgewählten Ländern zu Auflagenrückgängen bei Tageszeitungen kommt. Während London und
Paris die historisch gewachsenen unumstrittenen Zentren des jeweiligen Landes sind und sich dies auch in den Hauptsitzen
der großen Blätter und Konzerne widerspiegelt, steht Washington, D.C. als Medienstandort im Schatten New Yorks. Die
dortige Presse profitiert jedoch von der räumlichen Nähe zur Bundesregierung und dem politisch-administrativen Status des
Großraums. Unverkennbar ist der Trend zu Gratiszeitungen in den drei ausgewählten Städten, insbesondere jedoch in
London und Paris, was mit den dortigen stark definierten Pendlerströmen zusammenhängen dürfte. Strukturell ähnelt Berlin
eher Washington als den ausgewählten europäischen Medienstandorten. Berlin ist im Printsektor nicht die Nr. 1 in
Deutschland, profitiert jedoch als Regierungssitz enorm. Angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage vieler Verlage
ist auf absehbare Zeit nicht mit größeren Standortverlagerungen nach Berlin und anderen strategischen Investitionen zu
rechnen. Der Berliner Tageszeitungsmarkt wird sich dementsprechend wohl nicht in Richtung der Pariser oder Londoner
Struktur verändern.
4.1. USA/ Washington D.C.
4.1.1. Historische Entwicklung des US-amerikanischen Pressemarkts
Durch ihre ereignisreiche und für viele andere Nationen zum Vorbild gereichende Pressegeschichte nahm die USA lange
eine Vorreiterrolle in der internationalen Medienentwicklung ein. Erste Zeitungen gab es bereits in der Kolonialzeit und die
älteste bekannte Publikation ist das Blättchen „Publick Occurences Both Foreign and Domestick, das erstmals (und
einmalig) in Boston im Jahre 1690 erschien. 1830, im Zuge der modernen Massenpresse, erschienen die ersten One-Penny-
Blätter angeführt von The Sun“. Nachdem in den USA die ersten Telegraphen entwickelt worden waren, entstanden in der
Folge auch Nachrichtenagenturen, welche die Presselandschaft und die Informationsinfrastruktur für immer verändern
sollten. Die US-amerikanischen Zeitungen waren zudem Pioniere bei der Verwendung von automatischen Setzmaschinen
(Linotype, ab 1886) und beim Einsatz von fotographischen Abbildungen und Comics (ab 1889).
Als erster Zeitungsmogul trat William Randolph Hearst
189
(1863 – 1951) auf, der sich dem Sensationsjournalismus
verschrieben hatte und seine Zeitungen zur Förderung seiner eigenen politischen Ambitionen einsetzte. Sein Widersacher
war Joseph Pulitzer
190
(1847 1911), der immer wieder die ethischen Konventionen der Branche zur Sprache brachte und
der den Anstoß zur Gründung der Columbia School of Journalism gab. Diese Journalistenschule stand Modell für
nachfolgende Schulen dieser Art und ist außerdem Namensgeberin für den renommierten Pulitzer-Preis, den die Schule
jährlich an Journalisten vergibt.
Heute kommt die Presse in den Vereinigten Staaten auf eine Gesamtauflage von 60 Millionen Exemplaren. Die meisten
Tageszeitungen erscheinen mit lokalem Profil, worauf auch die Nennung des Ortsnamens in vielen Titel schließen lässt.
Gründe für diese Entwicklung waren ursprünglich technischer Art, da die Größe des Landes eine nationale Verbreitung kaum
möglich machte. Erst in den 1970er Jahren gab es die erste überregionale Tageszeitung, die sich schnell zum landesweit
auflagenstärksten Titel entwickelte. „USA Today“ machte vor, was bald auch von anderen Zeitungshäusern eingesetzt
werden sollte: Satellitentechnik machte den zeitgleichen Druck der Zeitung an weit entfernten Standorten möglich, was die
zeitgleiche Distribution von tagesaktuellen Ausgaben praktikabel machte. Allerdings wird die überwiegende Mehrheit der US-
189
Burkhard, Kai (2008): Hearst, William Randolph. In: Hachmeister, Lutz (Hg.) (2008): Grundlagen der Medienpolitik.
München: DVA, 151ff.
190
Meier, Christian (2008): Pulitzer, Joseph. In: Hachmeister, Lutz (Hg.) (2008): Grundlagen der Medienpolitik. München: DVA,
323ff.
69
amerikanischen Tageszeitungen weiterhin nur lokal verbreitet. Die Dezentralität der Zeitungslandschaft wirkt sich auch auf
die Auflagenhöhe aus: Sie erreichte niemals die Werte der auflagenstarken überregionalen Zeitungen Europas
191
.
Auch Zeitschriften haben eine lange Tradition in den USA. 1732 gab Benjamin Franklin erstmals den „Poor Richard´s
Almanack heraus. Im 19. Jahrhundert gab es bereits eine weit gefächerte Zeitschriftenlandschaft. Auch politischen
Wochenmagazinen spielten auf dem US-amerikanischen Pressemarkt eine wichtige Rolle, so etwa das 1923 gegründete
Magazin „Timeoder der spätere Konkurrent „Newsweek“, Vorbild für das spätere deutsche Nachrichtenmagazin „Der
Spiegel“. Heute ist die Zeitschriftenlandschaft stark ausdifferenziert, wobei die auflagenstärksten Medien solche aus dem
Unterhaltungs- und Servicebereich sind. Die am häufigsten verkaufte Publikation ist „Reader´s Digest, die auch Ausgaben in
einer Vielzahl von Ländern und Sprachen führt und weltweit erfolgreich ist. Die meisten Zeitschriftenverlage in den USA
konzentrierten sich allerdings auf den heimischen Markt
192
.
In den Vereinigten Staaten hat seit 2001 ein zunächst langsames, dann immer stärker Konturen annehmendes
Zeitungssterben eingesetzt. Die Auflage fällt kontinuierlich, zuletzt entstand bei Tageszeitungen ein Minus von 2,5 Prozent
im Jahr 2007 gegenüber dem Vorjahr und es war ein Rückgang von 3,3 Prozent bei Sonntagszeitungen zu verzeichnen. Die
Gesamtreichweite der Zeitungsunternehmen inklusive ihrer Onlineauftritte und Nischenprodukte steigt zwar, aber dies geht
nicht mit einem Anstieg der Werbeeinnahmen einher.
Die Werbeeinnahmen, die im Jahr 2006 stabil blieben, fielen 2007 branchenweit um sieben Prozent. Das Zerplatzen der
„Real Estate Blase“ 2007 löste zusätzlich einen massiven Rückgang der Werbeeinnahmen aus, nicht zuletzt durch das
Fehlen der Bauunternehmen als Investoren
193
.
4.1.2. Ökonomische Entwicklung
Online- und Printmedien in den USA erwirtschaften rund 45,5 Milliarden US-Dollar pro Jahr an Werbeeinnahmen. Allerdings
sanken die Werbeinnahmen der Zeitungen im Jahr 2007 um etwa sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr und auch auf dem
Aktienmarkt machte sich die Krise bemerkbar. Der Kurs sank in den vergangenen drei Jahren um rund 42 Prozent. In den
zwei vorangegangenen Jahren waren es jeweils 11 bzw. 20 Prozent. Die Marktprognosen für die zukünftige
Marktentwicklung fallen eher pessimistisch aus.
Der Zeitschriftenmarkt entwickelte sich dagegen besser. Insgesamt verzeichnete die Zeitschriftenindustrie 2007 nur einen
leichten Rückgang, die Anzahl der Werbeseiten verringerte sich nur um etwa ein Prozent. Allerdings konnten die drei großen
traditionellen Politikmagazine nicht von diesem Trend profitieren. Alle drei verloren 2007 an Anzeigenseiten, von vier Prozent
bei den „U.S. News“ bis zu 18 Prozent bei „Time“. Einigte profilierte Titel in der Nachrichtenkategorie „The Economist“,
„The Week“ und „The New Yorker“ – konnten dem Abwärtstrend jedoch entgegensteuern: Sie gewannen sowohl an
Anzeigevolumen als auch an Umsatz.
Die Gesamtzahl der Tageszeitungen sank 2006 leicht ab auf 1.437 gegenüber dem Vorjahr mit 1.452 auf dem Markt
vertretenen Titeln. Besonders von der Reduktion betroffen sind viele Abendzeitungen, die entweder zusammengelegt oder
aber durch Morgenausgaben ersetzt wurden. 2006 waren im Vergleich zum Vorjahr 31 Abendtitel weniger auf dem Markt.
Dagegen gibt es auf der anderen Seite einen anhaltenden Trend im Wachstum der Morgenzeitungen mit einem Zuwachs
von 16 Blättern im Jahr 2006. Die Anzahl der Sonntagsausgaben blieb weitgehend stabil, allerdings ließ sich eine leichte
Fluktuation innerhalb der letzten zehn Jahre verzeichnen. 2006 gab es 907 Sonntagszeitungen, 914 im Jahr 2005. Dies war
damit das fünfte Jahr in Folge mit einem (wenn auch geringen) Rückgang.
Übergreifend stellen auch die steigenden Druckkosten für viele Printmedien eine Existenzbedrohung dar. Auch
Gratiszeitungen haben etwas an Wachstum eingebüßt. Einige der Ausgaben von „Metro“ machten in jüngster Vergangenheit
Verluste und stehen zum Verkauf. Die Ausgaben des „Examiner“ in Washington und Baltimore werden vorerst nicht, wie
geplant, expandieren. Die erfolgreichsten Gratiszeitungen sind Ableger von etablierten Dachmarken, wie etwa der Titel „Red
Eye“ von der Chicago Tribune.
191
Vgl. Kleinsteuber, Hans J. (2005): Das Mediensystem der USA. In: Hans-Bredow-Institut (Hg.) (2005): Internationales
Handbuch Medien 2004/2005. Baden-Baden: Nomos, 1081-1094, hier: 1081-1082.
192
Vgl. ebd., 1083-1084.
193
Project For Exellence in Journalism (2008): The State of the News Media. An Annual Report on American Journalism.
Newspapers. Internetressource: http://www.stateofthenewsmedia.org/2008/, überprüft am 04.12.2008.
70
Auch die Auflagenentwicklung der US-Printmedien ist rückläufig. Für die Monate März bis September 2007 verzeichnete das
Audit Bureau of Circulations (ABC) einen Rückgang der Auflage um 2,5 Prozent bei den Tageszeitungen und 3,3 Prozent bei
den Sonntagsausgaben verglichen mit dem entsprechenden Zeitraum im Vorjahr. Insgesamt hatten die Tageszeitungen
2007 gegenüber 2001 eine um 8,4 Prozent geringere Auflage, die Sonntagszeitungen verzeichneten sogar ein Minus von
11,4 Prozent. Der Rückgang der Verkaufsauflage hat verschiedene Gründe, die mit den Veränderungen des Mediensystems
durch das Hinzutreten des Internets einhergehen. Die meisten Rezipienten in den USA nutzen heute eine Kombination aus
drei oder vier verschiedenen Medien.
Wie die Auflage sind auch die Reichweiten der Zeitungen rückläufig. Und dieser Trend gilt für nahezu jede demographische
Gruppe, unabhängig von Alter, Volkszugehörigkeit, Bildung oder Einkommen
194
.
Tab. 10: Verkaufsauflage Tageszeitungen (2007)
Titel Sprache Herausgeber Auflage
USA Today Englisch Gannett Company Inc. 2,293
The Wall Stresst Journal Englisch Dow Jones & Co. Inc. 2,012
The New York Times Englisch The New York Times Company 1,038
The Los Angeles Times Englisch Tribune Publishing Company 780
New York Daily News Englisch New York Daily News 681
New York Post Englisch New York Post Corp. 667
The Washington Post Englisch Washington Post Company 635
Chicago Tribune Englisch Tribune Publishing Company 559
Houston Chronicle Englisch Hearst Newspapers 507
Lond Island Newsday Englisch Tribune Publishing Company 388
Quelle: World Association of Newspapers – World Press Trend 2008, 897; eigene Darstellung.
194
Ebd.
71
Tab. 11: Auflagenstärkste Gratiszeitungen (2007)
Titel Gründungsjahr Spreche Herausgeber Auflage (000)
The Examiner 2003 Englisch Clarity Media Group (Anschutz) 700
Metro 2000 Englisch Metro International/ The New York Times Company 646
AM New York 2003 Englisch The Tribune Company & Russel Pergament 320
Red Eye 2002 Englisch Tribune Company 200
Hoy 1998 Spanisch Tribune Company/ ImpreMedia (NY) 200
Express 2003 Englisch Washington Post 190
Quick 2003 Englisch Belo (The Dallas Morning News) 150
Boston Now 2007 Englisch 365 Media USA (Dagsbrun, Iceland) 85
Today´s Local News 2005 Englisch Copley Press, Inc. 75
Palo Alto Daily News 1995 Englisch MediaNews (Price, Pavelich & Danforth) 70
Quelle: World Association of Newspapers – World Press Trend 2008, 897; eigene Darstellung.
4.1.3 Konzentrationsprozesse
In den USA gibt es derzeit über 1800 Fernsehstationen, 10.000 Tages- und Wochenzeitungen und 15.000 Radiosender,
außerdem Zeitschriften, Anzeigenblätter und andere Medien. Der Medienmarkt ist damit stark ausdifferenziert, allerdings gibt
es im Medienbereich seit den 1980er Jahren einen Trend der Deregulierung der Eigentumsverhältnisse. 1983 teilten sich
noch etwa 50 Unternehmen die überwiegende Anzahl der Medienbetriebe, dagegen waren es 1992 bereits nur noch etwa
zwei Dutzend Unternehmen. Bis zum Jahr 2007 hatte sich die Zahl auf fünf Mischkonzerne verringert, die etwa 90 Prozent
des Medienmarktes kontrollieren: Time Warner, Disney, Newscorp., General Electric/ NBC und CBS (zuvor Viacom).
195
Die Liste der Presseverlage ist seit 2001 um vier Unternehmen geschrumpft. Im Kampf gegen Umsatzrückgänge und zum
größtmöglichen Ausschöpfen des Werbepotenzials im Onlinebereich schließen immer mehr Zeitungen
Kooperationsabkommen oder werden verkauft. Nachdem Pulitzer 2005 von Lee aufgekauft wurde, hat McClatchy im Jahr
2006 Knight Ridder geschluckt. Diese Transaktion war in soweit spektakulär, als das die Knight Ridder-Verlagsgruppe mehr
als doppelt so groß war wie McClatchy. Knight Ridder gehörten 32 Zeitungen, darunter der „Philadelphia Inquirer“, der
„Miami Herald“ und die „San Jose Mercury News“. McClatchy kontrollierte dagegen nur zwölf Tageszeitungen, wie die „Star
Tribune“ in Minneapolis, den „News Observer“ in Raleigh, North Carolina, und die „Sacramento Bee“.
Rupert Murdoch´s News Corporation übernahm 2007 den Verlag Dow Jones, der das „Wall Street Journal“ herausgibt. Sam
Zell übernahm Tribune (u.a. „Los Angeles Times“) für 8,2 Milliarden US-Dollar. Auf dem Zeitschriftenmarkt teilen sich zwei
Verlage den ersten Platz der höchsten Jahresgewinne: Time Warner, Inhaber des „Time“-Magazine, und Advance
Publications, dem unter anderem der Zeitschriftenverlag Condé Nast angehört. Beide Unternehmen verbuchen mehr als drei
Milliarden Dollar im jährlichen Zeitschriftengeschäft. Der Konzern Hearst rangiert dahinter mit zwei Milliarden US-Dollar
Jahresgewinn. Neben Time Warner wird der Zeitschriftenmarkt damit nicht von den großen amerikanischen
Medienunternehmen, sondern von kleineren Verlagen dominiert
196
.
195
Vgl. Hovestät, Dagmar (o.J.): Die Macht der Konzerne: Das Mediensystem der USA. In: Bundeszentrale für politische Bildung
Online: Dossier USA. Internetressource: http://www.bpb.de/themen/61ZEPD,0,0,Die_Macht_der_Konzerne:.html, überprüft am
31.12.2008.
196
Vgl. Project For Exellence in Journalism (2008): The State of the News Media. An Annual Report on American Journalism.
Ownership. Internetressource: http://www.stateofthenewsmedia.org/2008/, überprüft am 31.12.2008.
72
Tab. 12: Verlage (2006)
Verlag Jahresumsatz (USA, in Mio. US-Dollar)
Gannett 5.662,5
Tribune 4.072,7
The New York Times 3.174,7
McClatchy 2.929,1
Advance Publications 2.238,8
Hearst 1.521
Cox Enterprises 1.400
MediaNews Group 1.347
Dow Jones 1.187,2
Lee Enterprises 1.164,6
Quelle: World Association of Newspapers – World Press Trends 2008, 897; eigene Darstellung.
4.1.4. Presserecht
Eine wichtige Grundlage des Presserechts in den Vereinigten Staaten ist der Freedom of Information Act (erstmals 1966),
der allen Bürgern freien Zugang zu öffentlichen Dokumenten garantiert und staatlichen Behörden nur in bestimmten Fällen
erlaubt, die Herausgabe von Dokumenten zu verweigern. Diese Transparenz kommt vor allem Journalisten zu Gute
197
. Am
18. Dezember 2007 stimmte der Kongress mit einer überwältigenden Mehrheit für einen Gesetzesentwurf zur Stärkung des
Freedom of Information Act (FOIA) und reagierte somit auf das Vorgehen einiger Regierungsbüros, die ihrer Auskunftspflicht
in den vergangenen Jahren häufig nur mangelhaft nachgekommen waren. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Dokumente
der Regierung schneller der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden müssen. Im Moment müssen Regierungsbüros dem
FOIA innerhalb von 20 Tagen nachkommen, aber in der Praxis dauert der Prozess häufig Monate oder Jahre. Nach dem 11.
September 2001 rechtfertigen viele Dienststellen die Nichtpreisgabe von Dokumenten mit dem Verweis auf die nationale
Sicherheit und die Gefahr von terroristischen Aktivitäten. Das neue Gesetz jedoch soll den Zugang zu Informationen für alle
US-amerikanischen Bürger erleichtern.
Die Federal Communications Commission´s (FCC) ist eine unabhängige Regulationsbehörde für Medien mit Sitz in
Washington D.C. Sie änderte 2007 das Gesetz zur Verflechtung von Zeitungsverlagen und Rundfunkanbietern, die eine
begrenzte Erleichterung für Print- und Rundfunkverflechtungen ermöglicht. Im Bereich der zwanzig größten Unternehmen
gilt, dass Verlage nur entweder einen Fernseh- oder einen Radiosender betreiben dürfen, nicht aber beides. Außerdem ist es
Verlagen verboten, Fernsehsender zu übernehmen, die zu den vier reichweitenstärksten ihrer Region gehören. r alle
anderen Medienunternehmen gelten weniger strikte Regeln, da hier keine marktbeherrschenden Positionen vermutet
werden. Die gesetzlichen Regelungen in diesem Marktsegment beziehen sich hauptsächlich auf die Sicherung lokaler
Nachrichten, so dass die Medienunternehmen einen bestimmten Umfang an lokaler Berichterstattung sicherstellen müssen.
Im Jahr 2007 wurde außerdem das Free Flow of Information Act auf den Weg gebracht. Das Gesetz soll den Schutz
geheimer Informanten oder Quellen in der Berichterstattung gewährleisten, in dem ein einheitlicher Standard für
Verhandlungen vor dem Verfassungsgericht festgelegt wird. Im Februar 2008 war eine frühere Reporterin von „USA Today“
in Beugehaft genommen worden, weil sie sich geweigert hatte, Quellen preiszugeben, die sie im Jahre 2002 in zwei Artikeln
zitiert hatte. Die Journalistin muss nun mit Geldstrafen von 500 bis zu 5000 US-Dollar rechnen. In vergangenen Jahren
waren Dutzende Journalisten von Staatsanwälten zu ihren Quellen befragt worden
198
.
197
Vgl. Kleinsteuber, Hans J. (2005): Das Mediensystem der USA. In: Hans-Bredow-Institut (Hg.) (2005): Internationales
Handbuch Medien 2004/2005. Baden-Baden: Nomos, 1081-1094, hier: 1081-1082.
198
Vgl. World Association of Newspapers (2008): World Press Trends 2008. Paris: World Association of Newspapers, 893
73
4.1.5 Pressemarkt Washington D.C.
Die wichtigsten Titel auf dem Pressemarkt Washingtons stellen die Tageszeitungen „Washington Post“ und deren größter
Konkurrent „Washington Times“ dar. Die „Washington Post“ ist nicht nur die älteste Zeitung Washingtons, sondern auch
diejenige mit der größten Reichweite. Bekannt für investigativen Journalismus, wie etwa im Fall der Watergate-Affäre,
genießt sie landesweit eine hohe Reputation. Unter ihrer Dachmarke erscheint auch die Gratiszeitung „Express“, die
Veranstaltungshinweise, Sportereignisse und Unterhaltung bietet. Die Tageszeitung „Washington Times“ und die
Gratiswochenzeitung „Washington City Paper“ haben ebenfalls eine beachtliche Reichweite. Im Jahr 2005 erschien erstmals
die kostenfreie Boulevardzeitung „Washington Examiner“, die aus einer Reihe von vorstädtischen Zeitungen hervorgegangen
war. „The Politico“ ist eine in Washington DC ansässige Organisation für politischen Journalismus, die ihre Inhalte über eine
eigene Tageszeitung, das Fernsehen, das Internet und das Radio verbreitet. Es erscheinen außerdem noch einige
themenspezifische Wochenzeitungen, wie zum Beispiel „Washington Blade“, „Metro Weekly“, „Washington Informer“ und das
zweiwöchentlich erscheinende Obdachlosenmagazin „Street Sense“.
Viele Stadtteile haben eigene Gemeindeblätter, darunter „The Current Newspapers“ mit Ausgaben in sechs Bezirken.
Außerdem werden einige auf den US-Kongress spezialisierte Zeitungen publiziert, wie „Roll Call“ und „The Hill“.
Tab. 13: Gesamte durchschnittliche Verkaufsauflage (März – September 2008)
Titel Erscheinungstag Erscheinungsweise Gesamtauflage*
Afro-American & Tribune,
Washington
Samstag Wochenzeitung 8,374
Times, Washington Sonntag Tageszeitung 37,946
Times, Washington Samstag Tageszeitung 71,274
Times, Washington Montag - Freitag Tageszeitung 81,104
Washington Post, Washington Samstag Tageszeitung 584,313
Washington Post, Washington Montag-Freitag Tageszeitung 622,714
Washington Post, Washington Sonntag Tageszeitung 866,057
USA Today, Washington Montag-Freitag Tageszeitung 2,293,310
* Total Circulation = Total Average Paid Circulation
Quelle: Audit Bureau of Circulations
4.1.6 Zeitungsportraits (Auswahl)
Washington Post
Zwar zählten nach Erscheinen der Erstausgabe am 6. Dezember 1877 noch
ehrenwerte Männer wie Joseph Pulitzer und der junge Theodore Roosevelt zu den
Autoren, doch mit der Übernahme durch den Demokraten John McLean 1905 kamen
Sensationsschlagzeilen, Comics und Skandale. Das Blatt sank auf das Niveau des
„Yellow Journalism“. 1933 ersteigerte der konservative Investor Eugene Meyer die
mittlerweile bankrotte Zeitung, engagierte einen erstklassigen Stab an Journalisten und
brachte die Post auf Kurs. 1946 übergab er das mittlerweile profitable Geschäft an
seinen Schwiegersohn Philip Graham. Dieser eröffnete Korrespondentenbüros in
Europa und kaufte Radio- und TV-Stationen sowie das „Newsweek“-Magazin (1961).
Der große Coup gelang ihm indes 1954 mit der Übernahme des traditionellen Rivalen
„Washington Times-Herald“. Über Nacht verdoppelte sich die Auflage der Post auf
395.000, auf dem Markt für Morgenzeitungen im Raum Washington war ein Fast-
Monopol entstanden. Nach Grahams Tod 1963 wurde seine Frau Katharine
Herausgeberin der Zeitung und Vorsitzende der Washington Post Company. Unter
ihrer Führung machte sich die „Washington Post“ weltweit einen Namen, als die „Post“-
Reporter Bob Woodward und Carl Bernstein 1972/73 den Watergate-Skandal
74
aufdeckten, der zum Rücktritt von Richard Nixon führte. Das Familiengeschäft expandierte unter Katharine Graham in den
1970er und 80er Jahren durch den Zukauf von Regionalzeitungen und TV-Kabelnetzen zu einem milliardenschweren
Medienkonglomerat. 1991 übernahm Katharine Grahams Sohn Donald das Ruder. Er kaufte 1992 84 Prozent der Anteile an
Gaithersburg Gazette, Inc. (15 Lokalzeitungen) und investierte in elektronische Inhalte: 1996 ging die Post online, und im
Juni 2000 entstand die (inzwischen eingestellte) gemeinsame Internet-Plattform der Nachrichten-Schwergewichte MSNBC,
NBC News und Newsweek.
Im Jahre 2004 war auch für die „Washington Post“ die Zeit gekommen, drei Monate nach der „New York Times“ ihre
weitgehend unkritische Berichterstattung vor und während des Irak-Krieges zu bedauern. „Post“-Medienkritiker Howard Kurtz
zählte über 140 Front-Page-Stories, die sich von der Rhetorik der Bush-Regierung kaum noch unterschieden hätten. Die
Reporterin Karen DeYoung sagte dazu: „The caution and the questioning was buried underneath the drumbeat”
199
.
Im Jahr 2007 hatte die Washington Post eine Gesamtauflage von 635.000 Exemplaren. Das bedeutet einen Rückgang von
3,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
200
Washington Times
Die Tageszeitung „Washington Times“ wurde 1982 als konservative Alternative zur „Washington Post“ gegründet und hatte
2008 eine Auflage von 81.104
201
, also etwa ein Siebtel der Auflage des Konkurrenten „Washington Post“. Die Gründung der
„Times“ vollzog sich ein Jahr nach der Schließung der ehemals zweitplazierten Tageszeitung „Washington Star“, die nach
über hundert Jahren eingestellt wurde. Ein großer Teil der redaktionellen Mitarbeiter des „Washington Star“ wechselte zur
neu gegründeten “Times“. Als eine der wenigen Tageszeitungen zu dieser Zeit publizierte die „Washington Times“ von
Beginn an farbige Titelseiten und Fotos.
Gründungsmitglieder waren das Oberhaupt Mun Sun Myung Moon und
andere Mitglieder der Vereinigungskirche, einer synkretistischen religiösen
Bewegung in den USA. Sun Myung Moon hat zwar offiziell keine Einfluss auf
die Zeitung und ist auch kein Aufsichtsratsmitglied des Verlags News World
Communication Cooperation, der die „Washington Times“ verlegt. Allerdings
sind alle Aufsichtsratsmitglieder auch Angehörige von Moons
Verteidigungskirche. Moon hat nach Angaben von Beschäftigten bis zum
Jahr 2002 etwa 1,7 Milliarden US-Dollar in die Zeitung investiert. Weiterhin
beabsichtigte er nach eigenem Bekunden, die Zeitung zu einem
Kommunikationsinstrument zu machen, um die „Wahrheit über Gott und die
Welt“ zu verbreiten
202
. Die Verluste, die der Verlag News World
Communications Cooperation mit der „Times“ verzeichnete (rund die
Milliarden US-Dollar) wurde von der Verteidigungskirche in Form von
Subventionen getragen
203
.
Die konservative Tageszeitung galt als Lieblingsblatt des ehemaligen US-
Päsidenten Ronald Reagan, der 1997 über die Times sagte: „The American
people know the truth. You, my friends at The Washington Times, have told
it to them. It wasn't always the popular thing to do. But you were a loud and
powerful voice. Like me, you arrived in Washington at the beginning of the
most momentous decade of the century. Together, we rolled up our sleeves
and got to work. And - oh, yes - we won the Cold War
204
.
199
Zitiert nach: Kurtz, Howard (2004): The Post on WMDs: An Inside Story. In: Washington Post vom 12.08.2004, A01.
200
Killian, Erin (2007): Washington Post Circulation Decline Continues , USA Today circulation increases. In: Washington
Business Journal, 5. November 2007, Internetressource:
http://www.bizjournals.com/washington/stories/2007/11/05/daily9.html, überprüft am 31.12.08.
201
März – September 2008, siehe dazu auch Abb. 1.
202
Ahrens, Frank (2002): Moon Speech Raises Old Ghosts as the Times Turns 20. In: Washington Post vom 23.05.2002, E01.
203
Vgl. Freedman, Allan (1995): Washington´s Other Paper. Is it the right time for the Times? In: Columbia Journalism Review
March/April 1995. Internetressource: http://backissues.cjrarchives.org/year/95/2/times.asp, überprüft am 31.12.08.
204
Gorenfeld, John (2005): Dear Leader's Paper Moon. In: The American Prospect vom 19.06.2005. Internetressource:
http://www.prospect.org/cs/articles?articleId=9868, überprüft am 31.12.08.
75
4.1.7 Konzernportrait: Washington Post Company
Die Washington Post Company ist mit Abstand der größte Medienkonzern in Washington, D.C.
205
Sie wurde 1877 gegründet
und ist seit 1971 eine Aktiengesellschaft. Der Hauptsitz ist in Washington D.C. und 2007 betrug der Jahresumsatz 4,18
Milliarden US-Dollar (ca. 3,034 Milliarden Euro). Angestammte Kernbranche der Washington Post Co. ist die Herausgabe
von Tageszeitungen und Magazinen. Zur Newspaper Division zählen neben dem Flaggschiff „Washington Post“
(Gesamtauflage 2007: 635.000), „The Herald“, Tageszeitung im Staat Washington (Auflage 2007: 48,506), die Community
Newspaper Division, u. a. Herausgeber von 39 lokalen Wochenblättern im Staat Maryland, seit August 2003 das
Washingtoner Tabloid-Gratisblatt „Express(Auflage 2008: 190.000), seit Mai 2004 „El Tiempo Latino“, spanische Gratis-
Wochenzeitung für den Raum Washington D.C., und „Washingtonpost.Newsweek Interactive“, die für die Internet-Auftritte
der hauseigenen Vorzeigeblätter zuständige Filiale.
Spitzenprodukt der Magazine Publishing Division ist „Newsweek“ (New York, gegründet 1933). Dazu kommen Arthur
Frommer’s Budget Travel (monatliches Reisemagazin, Auflage 2007: 631,000) und die Post Newsweek Tech Media Group,
Herausgeber von Branchen- und Online-Diensten mit Technologie-Schwerpunkt. Newsweek Prods. schließlich produziert
Nonfiction-Programme für Kabelsender wie PBS, A&E, The History Channel und National Geographic Television – zum Teil
in Kooperation mit der britischen TV-Firma Carlton Television (jetzt ITV). Post-Newsweek Stations besitzt und betreibt sechs
terrestrische TV-Sendestationen, fünf davon network-gebunden (affiliated), allesamt indes Lokalsender: zwei NBC-
Partnersender (WDIV in Detroit und KPRC in Houston), zwei Stationen im ABC-Netzwerk (WPLG in Miami und KSAT in San
Antonio), in Zusammenarbeit mit CBS noch WKMG in Orlando und die unabhängige Station WJXT in Jacksonville.
Mitte März 2008 überraschte die Washington Post Company mit einer scheinbar graduellen, im Grunde aber fundamentalen
Richtungsänderung ihrer Unternehmenspolitik: Man verstehe sich nicht mehr als Media and Education Company, sondern im
Gegenteil als Education and Media Company. Grund dafür ist das rasante Wachstum der Bildungssparte innerhalb des
Konzerns: Kaplan Inc. hatte in den vergangenen Jahren die anderen Unternehmensbereiche mit seinen immensen
Gewinnzuwächsen schnell in den Schatten gestellt und in 2007 zeitweise sogar über 50 Prozent des Gesamtumsatzes
erwirtschaftet. Gleichzeitig brachen die Auflagen und Umsätze ein, im traditionellen Zeitungsgeschäft um sieben Prozent und
bei den Magazinen sogar um 13 Prozent.
Dass es der Washington Post Company wirtschaftlich dennoch nicht so kalt erwischt hat wie die meisten anderen
Zeitungsverlage, wird der breiten Aufstellung des Konzern auf dem Markt, allen voran den Investitionen in das
Weiterbildungsstandbein Kaplan Inc. Zugeschrieben, das mittlerweile über die Hälfte des Umsatzes generiert.
206
Andere
Unternehmen wie The McClatchy Company, die durch ihren Kauf des angeschlagenen Knight Ridder-Zeitungskonzerns seit
2005 fast 80 Prozent ihres Aktienwertes hat einbüßen müssen, oder Lee Enterprises, die nach der Akquise des Pulitzer-
Verlags, immerhin der viertgrößte der USA, nur noch ein Viertel so viel wert waren wie vorher, hat es durch die
Konzentration auf publizistische Aktivitäten schwer getroffen. Auch die altehrwürdige New York Times Company hat
innerhalb von vier Jahren über 50 Prozent ihres Börsenwerts verloren.
Gleichzeitig wuchsen im Zuge des Verkaufs des Dow Jones-Verlagshauses („Wall Street Journal“) an den globalen
Medienunternehmer Rupert Murdoch die Zweifel am Willen der Inhaberfamilie der Post, ihre Qualitätszeitung angesichts der
wirtschaftlichen Schwierigkeiten weiter gegen Versuche der Einflussnahme seitens der Börse zu verteidigen. Diese
Befürchtungen wurden nicht allein durch den Wandel der Firmenphilosophie geschürt, sondern auch durch das Verhalten
Donald Grahams, der seit 1993 das Familienunternehmen lenkt: Aus privaten Gründen, wie die „Washington Post“
berichtete, wandelte er über ein Viertel seiner Aktienanteile der Klasse A in frei handelbare Aktien der Klasse B, um Kapital
zu gewinnen. Die Entscheidungshoheit über die Geschicke des Unternehmens soll aber – vorerst – weiterhin in den Händen
der Grahams verbleiben.
205
www.mediadb.eu
206
www.mediadb.eu
76
4.2. Frankreich/ Paris
4.2.1. Historische Entwicklung des französischen Pressemarktes
Die Presselandschaft Frankreichs ist vergleichsweise jung, da nach dem Zweiten Weltkrieg viele Zeitungen wegen
Kollaboration mit der Vichy-Regierung geschlossen wurden. Diese Schließungen (und spätere Neueröffnungen) waren ein
wichtiger Schritt, denn sie markierten den Bruch mit der Vergangenheit und standen für einen Neuanfang. Allerdings
eröffneten viele Redaktionen erneut unter einem anderen Namen, aber unveränderter Aufmachung, sodass sie von den
Lesern leicht wieder zugeordnet werden konnten (wie zum Beispiel „Le Temps“, die zu „Le Monde“ wurde). Nur wenige
Zeitungen, die ihre Auflage früh genug eingestellt hatten, konnten nach dem zweiten Weltkrieg ihre Arbeit in ihrer
Originalkonfiguration fortsetzen, wie z.B. „Le Figaro“
207
.
Obwohl Frankreich im Hinblick auf die Vielfalt und Auflagenstärke von Zeitungen und Zeitschriften im weltweiten Vergleich
respektable Ergebnisse erzielt, wird besonders dem überregionalen Tageszeitungsmarkt seit einigen Jahren eine krisenhafte
Entwicklung attestiert. Dagegen behaupten sich Publikumszeitschriften und Wochenzeitschriften erfolgreich am Markt und
konnten trotz hoher Verkaufspreise ihren Absatz noch erhöhen.
4.2.2 Ökonomische Entwicklung
In Frankreich hat das Verfassungsgericht, der Conseil Constitutionnel, mit seiner Rechtsprechung dem so genannten
„doppelten Pluralismusgebot“ Verfassungsrang eingeräumt. Dieses umfasst die Sicherung der Angebotsvielfalt sowie des
Informationszugangs der Bürger. Durch das 1947 in Kraft getretene Bichet-Gesetz sollte der gleichberechtigte Zugang
einzelner Verleger zum Distributionsnetz gesichert werden. Die Pressedistribution in Frankreich erfolgt in einem
mehrstufigen System über Verlegergenossenschaften, in deren Besitz sich Verteiler-Firmen befinden. Diese beliefern über
ein Netz von eigenen Transportunternehmen und Zwischenhändlern schließlich die Einzelhändler. Trotz der
genossenschaftlichen Organisation und des im Bichet-Gesetz formulierten Diskriminierungsverbots konnte es dem Hachette-
Konzern (siehe oben) gelingen, eine signifikante Machtposition im Mediensystem zu erlangen
208
.
Gegenwärtig liegt die Gesamtdruckauflage von französischen Zeitungen und Zeitschriften bei neun Milliarden Exemplaren,
die sich auf etwa 20.000 publizistische Einheiten verteilen. Allerdings nimmt die Zahl der Zeitschriften stetig zu, während jene
der Zeitungen abnimmt. Parallel zum Zeitungssterben sank die verkaufte Auflage der Tagespresse in den letzten Jahren
kontinuierlich, während sich die Wochenmagazine auf hohem Niveau stabilisieren konnten. Der Hauptstadtpresse erwuchs
zudem neue Konkurrenz in Form von Gratiszeitungen. Von den etwa 15 Millionen verteilten Exemplaren pro Tag entfallen
nur 2,2 Millionen auf nationale Zeitungen. Besonders dramatisch ist die Situation im Großraum Paris: Während dort die
Bevölkerung um ein Drittel wuchs, schrumpfte die Gesamtauflage der vor Ort erscheinenden Tageszeitungen um 34
Prozent. Zwischen 1997 und 2003 hat die nationale Tagespresse 12 Prozent bzw. etwa 800.000 Leser verloren. Die
Zeitungsdichte entspricht etwa 150 Exemplaren je 1000 Einwohner, das ist etwa nur halb so viel wie beim europäischen
Nachbarn Deutschland
209
.
In jüngster Zeit durchlebt auch die Presse in Frankreich eine strukturelle Krise bedingt durch die technischen Neuerungen,
die den Rückgang von Werbeerlösen zur Folge hatten. Zwar subventioniert der Staat die Presse in Frankreich jährlich mit
zehn Milliarden Euro, was etwa zehn Prozent des Presseumsatzes entspricht
210
. Doch ist die Presse stark abhängig vom
Anzeigenmarkt: In 2007 beliefen sich die Werbeinnahmen der französischen Tageszeitungen insgesamt auf 2,295 Milliarden
Euro, wobei die kostenpflichtigen Zeitungen 1,399 Milliarden Euro Erlöse aus dem Anzeigengeschäft erwirtschaften konnten.
Die Gratiszeitungen lagen in ihrem Ergebnis knapp dahinter bei 1,196 Milliarden Euro. Kostenpflichtige überregionale
Tageszeitungen generierten 331 Millionen Euro durch Werbung.
Die Ausgaben der Werbeindustrie für den Printbereich beliefen sich 2007 insgesamt auf 4,396 Milliarden Euro, dabei
entfielen 2,205 Milliarden Euro auf Zeitungen und 2,191 Milliarden Euro auf Zeitschriften.
207
Kempf, Udo (2007): Das politische System Frankreichs, 4., aktualisierte und erw. Aufl., Wiesbaden: VS-Verlag, 293.
208
Vgl.: Haller, Michael (2006): Informationsfreiheit und Pressevertrieb in Europa. Zur Funktionsleistung des Grosso- Systems in
ausgewählten Staaten der Europäischen Union. 2., aktualisierte Auflage. Baden-Baden: Nomos, 30ff.
209
Ebd., 294ff.
210
Schiffrin, André (2007) Die Kontrolle über das gedruckte Wort. In: eurotopics vom 20.12.2007. Internetressource:
http://www.eurotopics.net/de/magazin/wirtschaft-verteilerseite-neu/medienmaerkte-2007-12/eurozine-
schiffrin/?EUTOPICS=a3f5ec3a8a4bdc66d500764fdf13b204, überprüft am 31.12.08.
77
4.2.3. Konzentrationsprozesse
Seit den 1960er Jahren ist eine starke Konzentration auf dem französischen Medienmarkt zu verzeichnen. Sechs führende
Konzerne kontrollieren den Großteil den Marktes (ca. 70 Prozent der Presseerzeugnisse und Buchpublikationen), daneben
agieren die öffentlich-rechtlichen Unternehmen France Télévision (nur Fernsehen) und Radio France. Bei den
Medienkonzernen handelt es sich zumeist um Mischkonzerne, die ihr Kerngeschäft in verschiedenen Industriezweigen
haben (und zum Teil freundschaftliche Beziehungen zu Staatschef Sarkozy pflegen
211
). Der Rüstungs-, Luft- und
Raumfahrtkonzern Lagardère ist Inhaber des Medienhauses Hachette Filipacchin Média, dem Zeitschriften wie „Elle“ und
„Paris Match“ angehören, der einige Regionalzeitungen verlegt und dem außerdem der Radiosender Europe 1 gehört.
Lagardère ist zusätzlich mit 25 Prozent an der Amaury-Gruppe beteiligt („Le Parisien“/ „Aujourd´hui en France“). Der
Mobilfunkanbieter und Bauriese Bouyges besitzt 43 Prozent am TV-Sender TF1 und 34 Prozent an der Gratiszeitung
„Métro“. Bouyges ist außerdem beteiligt an dem französischen Nachrichtensender La Chaîne Info und dem Sportkanal
Eurosport. Dem Unternehmen Dassault (Rüstung, Luftfahrt, Elektronik) gehört die konservative Tageszeitung „Le Figaro“, die
nach „Le Monde“ und der Sportzeitung „L´Equipe“ die drittgrößte Auflage in Franzreich hat. Außerdem gehört dem Konzern
die Verlagsgruppe Socpresse (neben „Le Figaro“ auch 30 Prozent der regionalen Zeitungen, z.B. „Les Dernières Nouvelles
d´Alsace“, „Le Progrès“, „Le Dauphiné Libéré“ u.a.) an. Weitere Unternehmen, die auf dem Medienmarkt agieren sind Prisma
Presse (gehört zu Bertelsmann), Le Monde, Bayard Presse, Ouest-Presse und Groupe Sud Ouest
212
.
211
Vgl. Weber, Lars (2007): Die französischen Medien im Präsidentschaftswahlkampf, Frankreich-Info. Paris: Friedrich Ebert
Stiftung, 4.
212
Vgl. Bourgeois, Isabelle (2004): Medienangebot und Medienpolitik. In: Bundeszentrale für politische Bildung Online:
Gesellschaft im Wandel. Internetressource: http://www.bpb.de/publikationen/4A4ZQ0,6,0,Gesellschaft_im_Wandel.html,
überprüft am 31.12.2008.
78
Tab. 14: Größte Verlagshäuser (2007)
Verlag Gesamtauflage (000)
Quest France 793,790
Le Monde 358,655
Le Figaro 344,479
Le Parisien 342,396
L´Equipe 336,929
Sue Quest 318,872
La Voix du Nord 292,049
Le Journals du Dimanche 268,806
Le dauphiné Libéré 249,817
International Herald Tribune 241,740
Quelle: World Association of Newspapers – World Press Trends 2008; eigene Darstellung.
Tab. 15: Entwicklung der Anzahl überregionaler Tages- und Gratiszeitungen
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007
Gesamtzahl 85 85 85 94 94 93 95
Gesamtzahl kostenpflichtige
Tageszeitungen
85 85 85 85 85 85 85
Kostenpflichtige überregionale,
Tageszeitungen
24 24 24 24 24 24 24
Regionale und lokale kostenpflichtige
Tageszeitungen
61 61 61 61 61 61 61
Gesamtzahl Gratistageszeitungen - - - 9 9 8 10
Kostenpflichtige Sonntagszeitungen 32 32 32 32 33 34 37
Überregionale kostenpflichtige
Sonntagszeitungen
2 2 2 2 3 3 3
Regionale und lokale kostenpflichtige
Sonntagszeitungen
30 30 30 30 30 31 34
Quelle: World Association of Newspapers – World Press Trends 2008; eigene Darstellung.
4.2.4 Presserecht
Das französische Presserecht sieht vor, dass stille Partner in Zeitungsverlagen nicht geduldet werden und Anteilseigner im
Handelsregister veröffentlicht werden müssen. Als Verleger wird jeweils der Inhaber der Anteilsmehrheit eingetragen.
Ausländische Unternehmen oder Investoren dürfen nicht mehr als 20 Prozent des Kapitals eines Zeitungsverlages besitzen.
Kein Anteilseigner darf mehr als 49 Prozent des Kapitals oder der Stimmrechte verfügen.
Seit 1986 ist die Verflechtung von Printverlagen und Rundfunkunternehmen verboten. Um Verflechtungen zu verhindern, gibt
es auf nationaler bzw. auf regionaler und lokaler Ebene verschiedene Regelungen. Auf nationaler Ebene werden keine
Verflechtungen mit Printprodukten zugelassen, wenn der Antragssteller bereits über Fernsehlizenzen verfügt, die für einen
Verbreitungsraum mit mehr als vier Millionen Einwohnern gelten. Dies gilt ebenso für Radiolizenzen, deren Programme ein
Gebiet mit einer Bevölkerung von 30 Millionen Menschen abdecken. Außerdem untersagt werden Verflechtungen mit
Anbietern von Verteilservices, die einen Verbreitungsraum von sechs Millionen Menschen versorgen.
Auf regionaler und lokaler Ebene gelten strengere Regelungen – auch für Kabel- und Rundfunknetzbetreiber. Personen, die
in der betreffenden Region über Lizenzen für Fernsehprogramme verfügen, welche über terrestrischen Rundfunk verbreitet
79
werden, erhalten keine Bewilligungen für Beteiligungen oder Herausgabe von Printprodukten. Gleiches gilt für Inhaber einer
oder mehrerer Lizenzen von Radioprogrammen (sowohl national als auch regional), deren potentielle Hörerschaft zehn
Prozent der Gesamthörerschaft im jeweiligen Verbreitungsgebiet entspricht. Schließlich wird Inhabern einer oder mehrerer
Lizenzen zum Betrieb von Kabelnetzen, über die Rundfunkprogramme übertragen werden, die Herausgabe von
Printprodukten untersagt.
Anteilseigner an Verlagen dürfen nicht mehr als 49 Prozent des Kapitals oder der Stimmrechte (weder direkt noch indirekt)
eines TV-Senders halten, wenn das durchschnittliche Jahrespublikum des Unternehmens größer als 2,5 Prozent des
Gesamtpublikums ist.
Das Gesetz zur Freiheit der Kommunikation von 1986 verbietet außerdem Beteiligungen an Printunternehmen unter
falschem Namen. Die Teilhaber von Gemeinschaftsunternehmen müssen registriert und jeder Transfer verwaltungsrechtlich
erfasst werden. Handelt es sich beim jeweiligen Unternehmen nicht um eine juristische Person, dann müssen in jeder
Zeitungsausgabe die Namen der Herausgeber aufgeführt werden. Andernfalls müssen Sitz, Rechtsbehörde, Rechtsform und
den Namen des zuständigen Vertreters genannt werden.
Das Gesetz verbietet die Liquidierung, die Übernahme oder Führung einer der meinungsbildenden Tageszeitungen durch
eine andere Rechtseinheit oder eine Gruppe, wenn ein solcher Vorgang direkte oder indirekte Einflussnahme erlauben
würde. Dies gilt für Produkte mit einer Reichweite von mehr als 30 Prozent der Gesamtreichweite vergleichbarer
Printprodukte im jeweiligen Verbreitungsgebiet
213
.
4.2.5 Pariser Presse
Frankreich ist vor allem bekannt für seine profilstarken überregionalen Tageszeitungen „Le Monde“, „Le Figaro“ und
„Libération“. Am heimischen Markt erfolgreicher sind jedoch Wochenzeitungen und -zeitschriften wie „Le Canard enchaîné“,
„LÉxpress“ und „Le Poin“. Darüber hinaus gibt es 14-tägliche Publikationen, Monatsausgaben und Periodika mit
unregelmäßigem Erscheinungsdatum. Die überregionalen Zeitungen Frankreichs werden auch „Pariser Presse“ genannt, da
sie neben nationalen Nachrichten hauptsächlich lokale Nachrichten und solche aus Paris publizieren, dafür indes die
Regionalberichterstattung vernachlässigen. Neben der auflagenstarken Boulevardzeitung „Le Parisien“, der Pariser Ausgabe
von „Aujourd´hui en France“, besteht der Pariser Pressemarkt im Wesentlichen aus den in Paris ansässigen überregionalen
Zeitungen. Daneben gibt es einige große Regionalzeitungen, die hauptsächlich die Leserschaft außerhalb von Paris
bedienen, wie „Ouest-France“ (Frankreichs größte Regionalzeitung), „L´Indépendent“ oder „Les Dernières Nouvelles
d´Alsace“. Außerdem gibt es einen stark wachsenden Markt für Gratiszeitungen („20 Minute“, „Metro“)
214
.
213
World Association of Newspapers (2008): World Press Trends 2008. Paris: World Association of Newspapers, 378-379.
214
Vgl. ebd., 293-294.
80
Tab. 16: Überregionale Tageszeitungen Frankreich (08/2007 – 07/2008)
Titel Verkaufte Auflage Verkaufte Gesamtauflage Gesamtauflage
Aujourd´hui en France 189.543 192.776 193.711
Bilto 13.241 13.823 193.711
Les Echos
L´équipe Edition Générale 323.835 332.580 336.665
Le Figaro 322.482 332.920 339.236
La Croix 94.642 96.021 102.976
Libération 126.390 131.991 344.053
Le Monde 304.083 339.991 344.053
Le Parisien
L´Humanité 49.384 49.495 52.107
Paris Courses 35.022 37.716 37.716
Paris Turf 71.261 76.898 77.645
Tierce Magazine 23.539 25.267 25.267
La Tribune 76.535 77.457 82.023
Week-End 23.493 25.226 25.329
Quelle: Association pour le contrôle de la diffusion des médias: Presse Payante ; eigene Darstellung.
4.2.6 Zeitungsportraits (Auswahl)
Le Monde
„Le Monde“ ist eine überregionale französische Tageszeitung mit Sitz in Paris, die dem
Verlag Groupe de La Vie – Le Monde angehört. Sie erschien erstmals 1944. Die
Chefredakteure sind Laurent Greilsamer, Patrick Jarreau, Michel Kajman und Sylvie
Kauffmann und herausgegeben wird Le Monde von Eric Fottorino.
1944 von Hubert Beuve-Méry gegründet, gilt die linksliberale „Le Monde“ heute als eine der
wichtigsten meinungsbildenden Zeitungen Frankreichs. Le Monde gehört zu 53 Prozent
Angestellten und Mitarbeitern und 47 Prozent teilen sich Danone, die Bank BNP Paribas
und der Milliardär François Pinault
215
.
215
Vgl. LeMonde (2002) : Qui sommes nous? In: LeMonde.fr vom 05.02.2002. Internetressource: http://www.lemonde.fr/qui-
sommes-nous/article/2002/02/05/le-monde_261404_3386.html, überprüft am 31.12.2008.
81
Abb. 13: Auflage von „Le Monde“ in den Jahren 2004 – 2007
Le Monde
Verk aufte Auflage (FR)
300.000
305.000
310.000
315.000
320.000
325.000
330.000
335.000
2004 2005 2006 2007
Quelle: OJD ; eigene Darstellung
Le Figaro
Liberalkonservative, überregionale Tageszeitung mit Sitz in Paris, die 1826 gegründet
wurde und nach „Le Monde“ die wichtigste meinungsbildende Tageszeitung Frankreichs
darstellt. Die Zeitung gehört dem Socpresse-Verlag an, der im Besitz des Mischkonzerns
Groupe Dassault ist. Dassault ist der größte Konkurrent des Unternehmens Lagagère auf
dem Pressemarkt
216
.
Abb. 14.: Auflage von „Le Figaro“ in den Jahren 2004 -2007
Le Figa ro
Verk aufte Auflage (FR)
318.000
320.000
322.000
324.000
326.000
328.000
330.000
332.000
2004 2005 2006 2007
Quelle: OJD; eigene Darstellung
Libération
Linksliberale Pariser Tageszeitung, die 1973 vom französischen Philosophen Jean-Paul
Sartre gegründet wurde. Sie ist nach „Le Monde“ und „Le Figaro“ die wichtigste
überregionale Zeitungen Frankreichs. Die „Libération“ galt als Sprachrohr der 68-
Bewegung in Frankreich und hatte berühmte Mitarbeiter, darunter auch Michel Foucault.
Im Jahre 2005 verringerte der jahrelange Hauptaktionär, die Gewerkschaft Societeé civile
des personnels de Libéartion (SCPL), ihren Anteil an der „Libération“ von 39,4 Prozent auf
knapp 20 Prozent. Neuer Hauptaktionär wurde der Pferdestallbesitzer Edouard de
Rothschild, der mit 37 Prozent an der Zeitung beteiligt ist
217
.
216
Vgl. Ecole Supérieur de Journalisme de Lille (o.J.): Le Figaro. Internetressource: http://www.esj-lille.fr/spip.php?article257,
überprüft am 31.12.2008.
217
Vgl. Simons, Stefan (2006): Das letzte Gefecht der Libération“. In: Spiegel Online vom 03.12.2006. Internetressource:
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,451989,00.html, überprüft am 31.12.2008.
82
Abb. 15: Auflage von „Libération“ in den Jahren 2004 – 2007
Libé ratio n
Verk aufte Auflage (FR)
120.000
122.000
124.000
126.000
128.000
130.000
132.000
134.000
136.000
138.000
140.000
142.000
2004 2005 2006 2007
Quelle: OJD; eigene Darstellung
Le Parisien/Aujourd’hui en France
„Le Parisien ist die größte Boulevardzeitung Frankreichs und gehört zur
überregional erscheinenden Ausgabe „Aujourd´hui en France“. Gemeinsam haben
die Zeitungen eine Auflage von über 500.000 Exemplaren und die größte Reichweite
französischer Tageszeitungen. „Le Parisien gehört zur Mediengruppe Editions
Philippe Amoury. (E.P.A.)
218
.
Abb. 16: Auflage von Le Parisien/ Aujourd´hui en France in den Jahren 2004 -
2007
Le Pari sien + Auj ourd´hui en France
Verk aufte Auflage (FR)
485.000
490.000
495.000
500.000
505.000
510.000
515.000
520.000
525.000
530.000
2007 2006 2005 2004
Quelle: OJD; eigene Darstellung
4.2.7 Konzernportraits (Auswahl)
Lagardère Media
Die Lagardère-Gruppe ist ein milliardenschwerer Mischkonzern. Einerseits ist er in den Medienbereichen Presse, Verlage,
Pressevertrieb sowie Fernsehen, Radio und Multimedia aktiv. Dazu verbirgt sich hinter dem Geschäftsbereich
Hochtechnologie ein Anteil von 7,5 Prozent am europäischen Rüstungs-, Luft- und Raumfahrtkonzern EADS (dieser Bereich
wird im Folgenden nicht einbezogen). Lagardère Media ist in mehr als 40 Ländern vertreten und hat über 30.000 Mitarbeiter
in 235 Tochterfirmen.
218
Vgl. Ecole Supérieur de Journalisme de Lille (o.J.): Amaury Le Parisien L’Equipe. Internetressource : http://www.esj-
lille.fr/spip.php?article172, überprüft am 31.12.2008.
83
Tab. 17: Ökonomische Basisdaten von Lagardère Media
2002
2003
2004
2005
2006
2007
Umsatz Gesamt 13.216
12.454
13.389
13.013
13.999
8.582*
Umsatz Medien 8.095
7.944
8.594
7.901
8.092
8.582
Gewinn Medien 37
334
390
431
270
151
Aktienkurs (in €, Jahresende) 38,71
45,77
53,1
65
61
51,26
Dividende (pro Aktie in €) 0,82
0,9
1
1,1
1,2
1,3
Beschäftigte (Medien) 27.147
26.239
30.786
30.863
31.528
32.810
*seit dem 1.1.2007 werden Umsatz/ Gewinn aus dem EADS-Anteil nicht mehr mit den Lagardère-Zahlen proportional konsolidiert. Der Konzernumsatz
entspricht nunmehr dem Umsatz aus dem Mediengeschäft.
Quelle: Institut für Medien- und Kommunikationspolitik; eigene Darstellung.
Tab. 18: Medienumsatz von Lagardère Media nach Geschäftsfeldern (in Mio. €)
2002
2003
2004
2005
2006
2007
Verlage 950
959
1.431
1.644
1.975
2.130
Presse 2.113
2.072
2.120
1.863
1.848
1.782
Pressevertrieb 4.464
4.333
4.366
3.773
3.679
3.721
Lagardère Active 568
580
677
621
590
509
Lagardère Sports 440
Gesamt 8.095
7.944
8.594
7.901
8.092
8.582
Quelle: Institut für Medien- und Kommunikationspolitik; eigene Darstellung.
Dassault Communication
Die Holding Dassault Communication ist eine Tochterfirma des Konzerns Groupe Industriel Marcel Dassault (GIMD) SA, der
ebenfalls Eigentümer des Socpresse-Verlags ist. Präsident ist Olivier Dassault, der außerdem als Abgeordneter der UMP in
Oise tätig ist. Das Unternehmen machte im Jahre 2004 einen Umsatz von ca. 27 Millionen Euro.
Dassault Communication ist Anteilseigner (33,33 Prozent) am Unternehmen Groupe Valmonde, die übrigen zwei Drittel
wurden an den Medienkonzern Sud communication verkauft.
Gegründet wurde das Unternehmen von Raymond Bourgine. Er war zunächst Unternehmenseigentümer und später
Aufsichtsratsvorsitzender. Bourgine übte dieses Amt bis zu seinem Tod im Jahre 1990 aus. Vorstandsvorsitzender ist derzeit
Pierre-Yves Revol, den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden hat Olivier Dassault inne. Der Umsatz des Unternehmens
betrug im Jahre 2005 rund 13 Millionen Euro.
1993 erwarb Dassault 49 Prozent des „Journal des Finances“ und verkaufte es danach mehrheitlich an das
Tochterunternehmen Le Figaro SA, das auch die Tageszeitung „Le Figaro“ und einige Supplements herausgibt. Direktor der
Groupe Figaro ist Francis Morel. Das Unternehmen machte im Jahre 2007 einen Umsatz von 547 Millionen Euro und
beschäftigte in selbigem Geschäftsjahr 2097 Mitarbeiter.
Die Société d’Edition de Médias d’Information Franciliens (SEMIF), ein Verlag für Regionalzeitungen und Wochenblätter,
wurde 2001 von France-Antilles an die Dassault-Gruppe verkauft und wird von Jean-Pierre Bechter geleitet. Die Zeitungen
„Le Républicain“ (Essonne), „Toutes les Nouvelles“ (Versailles) und „La Gazette du Val-d’Oise“ wurden im April 2005 an das
Unternehmen Ouest France verkauft
219
.
219
Vgl. Ecole Supérieure de Journalisme de Lille (o.J.): Dassault Communication. Internetressource: http://www.esj-
lille.fr/spip.php?article238, überprüft am 31.12.08.
84
4.3. Großbritannien/ London
4.3.1. Historische Entwicklung
Großbritannien besitzt eine vitale und traditionsreiche Presselandschaft. 2005 existierten 112 Tageszeitungstitel, acht von
ihnen waren Gratisblätter
220
. Zu diesen hinzu kamen noch 1176 Sonntags- und Wochenzeitungen sowie über 10.000
Zeitschriftentitel. 84 Prozent der Erwachsenen lesen eine Lokalzeitung und über die Hälfte liest eine national verbreitete
Zeitung. London, das unangefochtene wirtschaftliche, kulturelle und politische Zentrum Großbritanniens, nimmt in der
Presselandschaft eine herausragende Stellung ein. Alle überregionalen Zeitungen in Großbritannien haben ihren Sitz in
London. Von den zehn auflagenstärksten Zeitungen erscheinen neun in der Hauptstadt. Zudem nimmt der „London Evening
Standard“ den zweiten Platz in der Rangliste der Regionalzeitungen ein
221
. Bei den Gratiszeitungen erreicht die „Metro
London“ die höchsten Auflagenzahlen. Komplementär zur Londoner national verbreiteten Presse besteht aber eine durchaus
einflussreiche Regionalpresse, die einen wichtigen Werbemarkt darstellt. Regionale und lokale Zeitungen erscheinen in
Großbritannien häufig abends
222
. Die Zeitungsstadt London ist historisch eng verknüpft mit der Fleet Street, die noch immer
Synonym der hektischen Hauptstadtpresse ist. Allerdings haben die Redaktionen und Druckereien dort mittlerweile nicht
mehr ihren Sitz.
Das britische System des Pressevertriebs hat seine Wurzeln in der Tradition des Straßenverkaufs sowie im Vertrauen auf
Common Law und Marktkräfte. So besteht kein formelles Pressevertriebsrecht. Vorgaben ergeben sich aus Maßnahmen zur
Konzentrationskontrolle wie dem Fair Trading Act von 1973. Die Verteilung der Druckerzeugnisse erfolgt in vier Stufen: Die
Verlage beliefern Nationalvertriebe, diese beliefern verlagsunabhängige Grossisten, welche für die Verteilung der
Presseerzeugnisse an die Verkaufsstellen zuständig sind. Zeitungen werden im Unterschied zu Zeitschriften in der Regel
direkt an die Grossisten geliefert. Die drei größten von ihnen kommen zusammen auf einen Marktanteil von 78 Prozent bei
Zeitungen und 86 Prozent bei Zeitschriften: Surridge Dawson, John Menzies und W. H. Smith. Zu einer darüber hinaus
gehenden Marktkonzentration kommt es auf den letzten beiden Stufen der Vertriebskette. Grossist W. H. Smith besitzt
gleichzeitig die gleichnamige größte Presseverkaufskette, die auf 43 Prozent Marktanteil kommt. In Großbritannien existieren
insgesamt ca. 55.000 Verkaufsstellen, 8.300 davon in London
223
.
4.3.2 Konzentrationsprozesse
Der britische Pressemarkt unterliegt einer starken Unternehmenskonzentration. Drei Verlage kontrollieren zusammen über
drei Viertel des überregionalen Pressemarktes. Diese sind Rupert Murdochs News Corporation (37,2 Prozent; “The Times”,
“The Sun”), Trinity Mirror plc (20,5 Prozent; “The Mirror”) sowie Daily Mail and General Trust plc (18,7 Prozent; “Daily
Mail”).
224
220
World Association of Newspapers (2006): World Press Trends 2006. Paris: World Association of Newspapers 459.
221
Ebd., 462.
222
Vgl. Quick, Amanda C. (Hg.) (2003): World Press Encyclopedia. A Survey of Press Systems Worldwide. Detroit: Thomson,
Gale, 997.
223
Vgl. Haller, Michael (2006): Informationsfreiheit und Pressevertrieb in Europa. Zur Funktionsleistung des Grosso-Systems in
ausgewählten Staaten der Europäischen Union. 2., aktualisierte Auflage. Baden-Baden: Nomos, 47-53.
224
Humphreys, Peter (2004): Das Mediensystem Großbritanniens. In: Hans-Bredow-Institut (Hg.) (2004): Internationales
Handbuch Medien 2004/2005. Baden-Baden: Nomos, 326-339, hier: 329.
85
Tab. 19: Die wichtigsten Akteure auf dem nationalen Tageszeitungsmarkt (Marktanteil in Prozent inkl.
Sonntagszeitungen)
News Corporation 37,2
Trinity Mirror PLC 20,5
Daily Mail and General Trust PLC 18,7
Northern and Shell 9,8
Telegraph Group 7,0
Guardian Media Group 3,3
Pearson Group 1,9
Independent News and Media 1,8
Quelle: Internationales Handbuch Medien 2004/2005; eigene Darstellung.
Tab. 20: Auflage und Verbreitung der auflagenstärksten Tageszeitungen in Großbritannien
Titel Verlag Auflage Reichw. Preis (£)
The Sun News International 3 263 000 8 869 000 0,30
The Daily Mail Associated Newspapers 2 374 000 5 665 000 0,40
Daily Mirror Trinity Mirror 1 728 000 4 734 000 0,35
The Daily Telegraph Telegraph Group 907 000 2 218 000 0,60
Daily Express Express Newspapers 875 000 2 089 000 0,40
Daily Star Express Newspapers 847 000 1 935 000 0,35
The Times News International 685 000 1 629 000 0,50
Daily Record – Scotland Trinity Mirror 456 000 1 241 000 0,50
Financial Times Financial Times 426 000 495 000 1,00
The Guardian Guardian Newspapers 375 000 1 027 000 0,60
Quelle: World Press Trends 2006; eigene Darstellung.
4.3.3 Presserecht
Das britische Presserecht fußt in erster Linie auf einer Selbstregulierung durch die 1991 gegründete Press Complaints
Commission (PCC). Diese wacht über die Einhaltung eines Verhaltenskodex für die Presse. Einschränkungen für die
Berichterstattung ergeben sich zudem aus Persönlichkeitsrecht und Datenschutz. Insbesondere die Berichterstattung der
Tabloids hatte zu wiederholter Kritik geführt, was schließlich zur Einführung des Kodex geführt hatte. Zuletzt war die
Selbstverpflichtung 1997 als Folge der Berichterstattung über den Tod Prinzessin Dianas verschärft worden.
225
4.3.4 Londoner Pressemarkt
Die Aufhebung der Pressefreiheitsrestriktionen wurden in England nach und nach erkämpft. Die ersten Nachrichtenblätter
waren zu Beginn des 17. Jahrhunderts aufgekommen. 1694 wurde die Vorzensur abgeschafft und 1792 wurden durch den
„Libel Act“ Urteile in Fragen der Ehrverletzung der richterlichen Entscheidung entzogen und in die Verantwortung von
Juryentscheidungen gelegt
226
. Steuern auf Papier, Druck und Werbeanzeigen wurden in den ersten Jahrzehnten des 19.
Jahrhunderts jedoch aufrechterhalten. Die so erreichte Verteuerung sollte die Arbeiterklasse vom Zeitungslesen und -
herausgeben abhalten. Die Folge dieser „Taxes on Knowledge“ war jedoch die Entstehung einer Fülle von illegal
hergestellten und distribuierten Arbeiterzeitungen, der so genannten „radical press“. Diese setzten sich mit dem politischen
225
Ebd., 327
226
Boston, Ray (1990): The Essential Fleet Street. London: Blandford, 56.
86
Geschehen auseinander und hatten aufgrund hoher, landesweiter Reichweiten einen enormen Einfluss auf das Entstehen
von Klassenbewusstsein und Gewerkschaftsbewegung. Der Widerstand gegen die Pressesteuern wurde letztendlich von
liberaler Seite organisiert. Man sah die Meinungsfreiheit in hohem Maße beeinträchtigt. Die Bewegung zur Abschaffung der
Steuern führte zu deren sukzessiver Aufhebung 1853-1861.
Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Londoner Presselandschaft revolutioniert: Verleger Alfred Harmsworth gilt als der
Prototyp eines Medientycoons und die von ihm geschaffene „Daily Mail“ als der Anfangspunkt der modernen Massenpresse.
In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts stieg der Konzentrationsgrad auf dem Londoner Zeitungsmarkt in Folge von
Übernahmen stark an. In den 30er Jahren dominierten vier Pressebarone die Zeitungslandschaft: Lord Beaverbrook, Lord
Rothermere, Lord Camrose und Lord Kemsley
227
.
Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurden Beschränkungen für die Presse eingeführt, die erst 1956 wieder abgeschafft
wurden. 1957 konnte in der Folge ein Spitzenwert der Gesamtauflage erreicht werden. Aufgrund veränderten Leseverhaltens
und des Aufkommens des Fernsehens nahm dieser in den folgenden Jahrzehnten jedoch kontinuierlich ab. In dieser Zeit
änderte sich auch die Besitzstruktur durch den Einstieg ausländischer Investoren in den Pressemarkt. Exemplarisch ist
hierfür die Besitzgeschichte der Tageszeitung „The Times“: Der gebürtige Kanadier Lord Thomson (The Thomson
Corporation) übernahm die „Times“ 1967, um sie Anfang der 80er Jahre an Rupert Murdochs News International, einem Teil
der News Corporation, weiter zu verkaufen. Murdoch läutete mit dem Umzug der Redaktion und dem Aufbau eines neuen
Druckhauses in den Londoner Docklands das Ende der Fleet Street als traditionsreiches Zentrum der britischen Presse ein.
1986 gelang es mit dem Start des Titels „The Independent“ zum ersten Mal seit 113 Jahren, eine neue Qualitätszeitung auf
dem Markt zu etablieren
228
.
Tabelle 21: Londoner Tageszeitungen nach Typus
Qualitäts-Tageszeitungen Guardian
The Times
The Independent
The Daily Telegraph
The financial Times
Boulevard/Tabloid Daily Mail*
Daily Express*
The Sun
Daily Star
Daily Mirror
Regionalzeitung London Evening Standard
Gratisblätter Metro London
City AM
The London Paper
London Lite
Quelle: Internationales Handbuch Medien, eigene Darstellung; Die *-gekennzeichneten Zeitungen ordnet die World Press Encyclopedia einer dritten
Kategorie zu, dem mid-market.
227
Quick, Amanda C. (Hg.) (2003): World Press Encyclopedia. A Survey of Press Systems Worldwide. Detroit: Thomson, Gale,
997-998.
228
Negrine, Ralph (1989): Politics and the Mass Media in Britain. London/New York: Routledge, 58.
87
Abb. 17: Verbreitung der auflagenstärksten Tageszeitungen in London (ohne Tabloids) in Tsd. Oktober 2006 bis
März 2007
Quelle: Newspaper Marketing Agency; eigene Darstellung
Abb. 18: Verbreitung von Tabloids in London in Tsd. Von April 2006 bis September 2006
Quelle: Newspaper Marketing Agency; eigene Darstellung
88
4.3.5 Zeitungsportraits (Auswahl)
The Times
Die dem konservativen Publikationsspektrum zugerechnete „Times“, die häufig in Abgrenzung
zu international bekannten Zeitungstiteln wie der „New York Times“ auch als „London Times“
bezeichnet wird, wurde im späten 18. Jahrhundert gegründet und entwickelte sich im Laufe der
folgenden 100 Jahre zu einem Flaggschiff des unabhängigen Journalismus, indem John Walter
Jr., der aufstrebende Sohn des Zeitungsgründers, offensiv auf Distanz zur politischen Kaste
und den Regierungsinstanzen setze und sich dadurch landesweite Reputation erarbeitete. Seit
1981 gehört die „Times“ zum australischen Medienkonzern Newscorp. und büßte unter dem
neuen, einmischungsfreudigen Hausherrn zahlreiche renommierte Redakteure ein, die das
Blatt aus Protest verließen. Heute hat die Tageszeitung eine Auflage von etwa 650.000
Exemplaren (2008) und erscheint seit 2004 im kompakten Tabloid-Format, um durch einen
handlicheren Umgang neue Leserschichten anzusprechen und zugleich Druckkosten zu
sparen.
The Daily Telegraph
Die konservative Tageszeitung „The Daily Telegraph“ erscheint seit 1855 im Herzen Londons.
Mit einer weitgehend konstanten Auflage von über 900.000 Exemplaren ist sie die
meistgelesene Zeitung Großbritanniens. Bekannt ist der „Daily Telegraph“ durch seine eher
nationalistisch und anti-europäisch ausgerichtete Berichterstattung. In der
Redaktionsorganisation jedoch setzt das britische Zeitungshaus auf ein innovatives
Kooperationskonzept, wodurch es seine Ressourcen in der Redaktionsarbeit in bestimmten
Bereichen mit anderen Medienunternehmen in Deutschland (Axel Springer), Frankreich
(LeFagaro) und Spanien (ABC) bündelt.
The Guardian
Die als liberal geltende Qualitätszeitung „Guardian“ wurde im Jahr 1821 gegründet und bis
1959 unter dem Titel „The Manchester Guardian“ veröffentlicht. Die Tageszeitung befindet sich
in Besitz der Guardian Media Group, die der Stiftung Scott Trust angehört, welche sich der
Pflege journalistischer Prinzipien verpflichtet hat. Mit einer Auflage von etwa 380.000
Exemplaren (2008) liegt der „Guardian“ an dritter Stelle hinter den großen nationalen
Zeitungstiteln „The Times“ und „The Daily Telegraph“. Im Jahr 2006 stieß Chefredakteur Alan
Rusbridger eine „Online-First“-Strategie für seine Zeitung an, deren Ziel es ist, Nachrichten auf
dem schnellsten Wege zum Leser zu bringen
229
.
229
Vgl. Rusbridger, Alan (2006): „Warum bis morgen warten, um zu erfahren, was heute geschehen ist?“ In: Spiegel Online
vom 27.6.2006. Internetressource: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,423745,00.html, überprüft am 27.11.2008.
89
The Sun
„The Sun“ ist eine Boulevardzeitung mit der höchsten Auflage englischsprachiger
Tageszeitungen (November 2008: 3.045.899 ). Das Blatt wurde 1964 als Ersatz für das
Gewerkschaftszeitung Daily Herald gegründet und richtete sich an die Arbeiterschaft.
Herausgegeben wird die Zeitung von News Group Newspapers der News International, einem
Tochterunternehmen von Rupert Murdochs News Corporation. Die Zeitung erscheint im
kompakten Tabloid-Zeitungsformat (30 x 36,5cm). „The Sun“ erwirtschaftet schätzungsweise
100 Millionen Pfund jährlich. Die Boulevardzeitung wird häufig aufgrund ihrer reißerischen
Titelgeschichten und ihrer unpräzisen Berichterstattung kritisiert.
The Independent
Die Tageszeitung „The Independent“ gehört zu den größten vier britischen
Qualitätstageszeitungen und wurde 1986 erstmal veröffentlicht. Sie hat eine Auflage von
201.113 Exemplaren (Stand: November 2008) und damit einen leichten Leserrückgang im
Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. „The Independent“ wird von Independent News und
Media PLC herausgegeben.
4.3.6 Konzernportraits (Auswahl)
News Corporation
Das Medienreich des australischen Unternehmers Rupert Murdochs umfasst auflagenstarke Boulevardblätter wie „The Sun“
in Großbritannien, Sport- und Nachrichtensender von China über Europa bis Lateinamerika, Filmproduktionen in Hollywood,
die Online-Community MySpace und seit 2007 den renommierten Dow Jones Verlag, der unter anderem das „Wall Street
Journal“ herausgibt. Eine wichtige Neuerung erlebte die News Corporation im Oktober 2004, als die Konzernzentrale von
Australien nach New York übersiedelte. Murdochs Ziel des Umzugs war es, in die Ratings der Börsenanalysten zu kommen:
Das Medienimperium ist seither an der New Yorker Börse hauptnotiert
230
.
Daily Mail and General Trust plc
Das britische Medienhaus Daily Mail and General Trust plc (DMGT) ist in den Feldern nationaler und regionaler Zeitungen,
Fernsehen und Radio aktiv. Obwohl DMGT international operiert, sind die wichtigsten Geschäftseinheiten in Großbritannien
angesiedelt. Zugpferd des Konzerns ist das Tabloid "Daily Mail", das erstmals 1896 publiziert wurde und Großbritanniens
zweit meist verkaufte Tageszeitung nach "The Sun" darstellt. Zunehmend bemüht sich DMGT daneben um vom
Zeitungsmarkt unabbängige Aktivitäten. 2007/ 08 stammten bereits 62% (Vorjahr: 53%) des operativen Ergebnisses aus
solchen Geschäftsfeldern, vor allem im Business-to-Business-Bereich.
231
230
Krönig, Jürgen/Barthel, Nadine/Wäscher, Till (2008): News Corp. Ltd. In: Mediendatenbank mediadb.eu. Internetressource:
http://www.mediadb.eu/datenbanken/internationale-medienkonzerne/news-corp-ltd.html, überprüft am 31.12.2008.
231
Grimberg, Steffen/Bartels, Christian (2008): Daily Mail & General Trust plc. In: Mediendatenbank mediadb.eu.
Internetressource:
http://www.mediadb.eu/datenbanken/internationale-medienkonzerne/daily-mail-general-trust-plc.html, überprüft am
31.12.2008.
90
5. Schlussfolgerungen und medienpolitische Handlungsempfehlungen
Die Entwicklung des Berliner Pressemarktes ist in vielerlei Hinsicht beispiellos. Die Feststellung seines exzeptionellen
Ranges ist keinesfalls zu hoch gegriffen, hatte die Berliner Presse im Laufe ihrer Historie, auch im Vergleich mit anderen
Hauptstädten, gegen besonders schwierige politische und wirtschaftliche Widrigkeiten anzukämpfen. Besonders die Teilung
Deutschlands lastete schwer auf den Berliner Pressetiteln und hemmte ihre Entwicklung, vor allem nach der durch den Bau
der Mauer manifestierten Spaltung der Stadt in einen Ost- und einen Westteil. Der Sonderstatus Berlins, der aus seiner
Doppelrolle als ehemalige Exklave des Westens bzw. zentralistisch geführter Mittelpunkt des öffentlichen Lebens der DDR
resultiert, grenzt die deutsche Hauptstadt klar von den Regierungssitzen in den Ländern USA, Großbritannien oder auch
Frankreich ab, die mit teils einflussreicheren und wirtschaftlich tragfähigeren Zeitungstiteln von nationalem und
internationalem Rang aufwarten können. Für die weitere Entwicklung der Berliner Presselandschaft hat dieser Status
folgende Implikationen:
- Der Berliner Pressemarkt ist wie kein anderer gekennzeichnet von Diskontinuitäten und wurde nicht nur einmal
zum Schlachtfeld von prestigeträchtigen Presseprojekten, die jedoch meistens zum Scheitern verurteilt waren.
Herausgebildet hat sich vielmehr ein zwar nicht schwacher, aber auch nicht vitaler Lokalpressemarkt, der nur
langsam ein stabiles Fundament herausbildete. So gibt es nur zwei bundesweite Zeitungen aus Berlin von
bundesweiter Bedeutung: die linksorientierte und genossenschaftlich organisierte „tageszeitung“ und die als eher
konservativ geltende „Welt“ aus dem Axel Springer Verlag, die beide auf Basis ihrer jeweiligen Geschäftsstrukturen
schon immer mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten. Auch heute noch, so lässt sich anhand der
historischen und ökonomischen Analyse des Berliner Pressemarktes feststellen, hat sich die deutsche Hauptstadt
noch nicht von diesen Rückstand durch die 40 Jahre andauernde Staatenteilung erholt.
- Zweifellos hatte die Implementierung llig unterschiedlicher Pressesysteme seitens der Staatsführungen in der
Bundesrepublik und in der DDR nirgendwo solche nachhaltigen Auswirkungen wie im Berliner Stadtgebiet. Dass
sich vor allem die Leserschaft in Ost- und West-Berlin weiterhin zumindest habituell in ihrer Zeitungspräferenz
unterscheidet, zeigt sich an der Verbreitungsanalyse des traditionell im Westen gelesenen „Tagesspiegel“ und der
weiterhin im Osten bevorzugten „Berliner Zeitung“. Bis dato gelang es keinem der beiden Titel, sich zur führenden
Hauptstadtzeitung zu entwickeln, die beide Publika gleichermaßen an sich bindet.
- Wie die strukturelle Entwicklung der größten Berliner Presseverlage sowie die derzeitige Marktsituation belegen,
steht der Berliner Zeitungsmarkt weiterhin vor großen Herausforderungen. Trotz einer fehlenden Hauptstadtzeitung
von bundesweiter Ausstrahlung erweist sich Berlin als traditionell starker Regionalzeitungsmarkt mit einem Anteil
lokal ansässiger Titel von über 90 Prozent. Die seit Jahren stagnierenden oder teils rückläufigen Auflagenzahlen
der Berliner Tageszeitungen weisen darauf hin, dass neue Ideen bei der Zeitungsproduktion gefragt sind, welche
den Status der Zeitung als zentrales Informationsmedium untermauern
232
. Jedoch macht die sich dramatisch
verschärfende Medienkrise, die sich eindrucksvoll an den sinkenden Auflagenwerten der traditionsreichen
Zeitungstitel auch in London, Paris und Washington DC nachvollziehen lässt, deutlich, dass im gesamten
Printbereich künftig eher noch mehr Einsparungen als nachhaltige Investitionen in journalistische Qualität zu
erwarten sind.
- Auch wenn in jüngster Zeit entscheidende Geschäfte im Printsektor abgeschlossen worden sind, bedingt etwa
durch den Umzug der Redaktionen von „Bild“ und „Bild am Sonntag“ in die Hauptstadt (womit der Axel Springer
Konzern seine führende Marktposition vor Ort und gegenüber seinem Konkurrenten Georg von Holtzbrinck
ausbauen konnte), hat das jüngste Drama um den Berliner Verlag vor Augen geführt, dass Zeitungshäuser auf
dem globalisierten Medienmarkt latent gefährdet sind, durch profitorientierte Geschäfte internationaler
Finanzspekulanten, sich zuspitzende Konzentrationsprozesse und harsche Rationalisierungs-anstrengungen zur
Profitsteigerung auszubluten. Am Beispiel Mecom hat sich die Furcht vor ‚feindlichen’ Übernahmen multinationaler
Konzerne als berechtigt herausgestellt, führte das Engagement des europaweit operierenden Unternehmens doch
dazu, dass vor allem in den Redaktionen und damit an journalistischer Qualität gespart wurde. Dass es (bislang)
nicht zu einer Verschmelzung publizistischer Einheiten (bspw. durch die redaktionelle Zusammenlegung von
„Netzeitung“ und „Berliner Zeitung“) gekommen ist, bedeutet nicht, dass die Gefahr solcher Entwicklungen – sowie
232
Vgl. auch: Weichert, Stephan/ Kramp, Leif (2009): Das Verschwinden der Zeitung? Internationale Trends und
medienpolitische Problemfelder. Berlin: Friedrich-Ebert-Stiftung.
91
in letzter Konsequenz von Meinungs- und Informationskartellen – ausgeräumt ist. Vielmehr ist weltweit ein
besorgniserregender Trend festzustellen, der den Qualitätsjournalismus in seiner Kernbestimmung, glaubwürdige
und unabhängige Informationen zu vermitteln, konsequent zu unterwandern droht. Journalismus, das ist eine
Lehre aus dem Berliner Intermezzo der Mecom Group, ist in der Perspektive großer Konzerne nur noch ein
Produkt unter vielen, das künftig noch stärker den oftmals volatilen Marktbedingungen unterliegt.
- Wie dargestellt, wurde der Einstieg von Mecom in den Berliner Pressemarkt durch die Entscheidung des
Bundeskartellamts begünstigt, wonach es dem Holtzbrinck-Verlag untersagt wurde, den Berliner Verlag zu kaufen.
Holtzbrinck hätte im Falle einer Genehmigung sein Tageszeitungsportfolio um die „Berliner Zeitung“ und den
„Berliner Kurier“ erweitern und damit zur Axel Springer AG mit ihren drei lokalen Tageszeitungstiteln aufschließen
können. Letzere jedoch leistete erbitterten Widerstand und drohte gar öffentlich, bei einer zustande kommenden
Übernahme durch Holtzbrinck sein publizistisches Flaggschiff „Die Welt“ einzustellen. Das Engagement
ausländischer Investoren wurde in der Öffentlichkeit emotional diskutiert und teils heftig kritisiert. Vor allem die
ausgreifenden Rationalisierungsanstrengungen, darunter auch ein umfassender Personalabbau, bereiten vielen
Medienschaffenden anhaltende Sorgen. Die Strategien der Finanzplaner zur Rentabilitätssteigerung und
Gewinnmaximierung, so die Befürchtung, könnten Qualitätseinbußen zur Folge haben und die journalistische
Profilbildung gefährden. 2008 geht als Jahr der Unruhe und Ungewissheit in die Berliner Pressegeschichte ein:
Das Drama um den Berliner Verlag und sein Flaggschiff „Berliner Zeitung“, das einstmals ambitioniert als
„deutsche Washington Post“
233
in die Ära der „Berliner Republik“ gestartet war, sowie die „Netzeitung“ als vormals
innovatives Online-Only-Modell schadete auch dem Ruf beider publizistischer Einheiten als unabhängige und
zuverlässige Informationsquellen.
- Gerade auf einem so stark von freien Journalisten bevölkerten Pressemarkt wie Berlin, drohen Entlassungen von
festangestellten Mitarbeitern die Situation auf dem Arbeitsmarkt weiter zu verschärfen und die Erfolgschancen
arbeitssuchender Journalisten im Mittel zu verringern. Die zahlenmäßige Diskrepanz zwischen fest beschäftigen
und freischaffenden Journalisten ist ohnehin schon eklatant. Bei der Freisetzung hochqualifizierten Personals ist
die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich der Druck auf die Selbständigen erheblich vergrößern wird und sich
ebenfalls negativ auf die Zahl der in Berlin tätigen Journalisten auswirken könnte, was mittelfristig die Gefahr einer
Abwanderung journalistischen Personals in sich birgt. Die angespannte Lage auf dem Berliner Pressemarkt findet
auch Ausdruck in der regen Problematisierung des ökonomischen Schicksals des Berliner Verlags. Der Verkauf
des Verlags durch den britischen Medienkonzern Mecom nach einem harten Sparkurs, der nach Expertenmeinung
wenig gefruchtet hat, stellt, nach der geplatzten Übernahme des Berliner Verlags durch den Holtzbrinck Verlag,
wiederholt die Frage nach der Neuordnung des Berliner Pressemarktes. Anfang 2009 hat sich mit Du Mont
Schauberg mit Sitz in Köln und unter Federführung von Alfred Neven Du Mont überraschend ein Verlagshaus ohne
bisherige Präsenz in Berlin bei der Bieterschlacht um den Kauf des traditionsreichen Verlagshauses am
Alexanderplatz durchsetzen können. Damit besteht zweifellos die (erneute) Chance eines selbstbewussten
Presseengagements, das frischen Wind in die bislang schwierige Situation im Berliner Tageszeitungsgeschäft
verspricht.
Im Hinblick auf eine mögliche Förderung und nachhaltige Stärkung des gesamten Berliner Pressemarkts ergeben sich auf
Basis des Gutachtens folgende medienpolitische Handlungsempfehlungen:
- Die Entwicklung rund um das missglückte Engagement des Mecom-Konzerns auf dem Berliner Pressemarkt sowie
die dadurch zahlreich aufgeworfenen Probleme sollte nicht dazu führen, vorschnelle medienpolitische
Konsequenzen zu ziehen. Bevor Initiativen für eine generelle Lockerung der Pressefusionskontrolle oder eine
Revidierung des Medienkonzentrationsrechts angestrebt werden, müssen zunächst die tatsächlichen
Problemherde des internationalen Medien- und speziell des Pressegeschäfts identifiziert werden: Die zunehmende
Ökonomisierung und Globalisierung publizistischer Geschäftsmodelle aller Mediengattungen hat dazu geführt,
dass nicht nur auf nationalen Märkten, sondern besonders auf internationaler Ebene die Möglichkeiten
internationaler Machtkonglomerate zuungunsten der publizistischen Vielfalt und journalistischen Unabhängigkeit
wachsen. Daher wird einerseits eine neue Form der Medienregulierung empfohlen, die ihre Kriterien aus der
Beobachtung aller wesentlichen publizistischen Märkte (Presse, Rundfunk, Online, Entertainment) und deren
233
O.V. (1991): Andere Denke. In: Der Spiegel vom 11.03.1991, 94.
92
Konvergenzen gewinnt; andererseits muss das komplexe Kartellrecht vereinfacht und transparenter gestaltet
werden.
- Die aggressive Übernahme- und Sparpolitik international agierender Finanzinvestoren wie im Fall des Berliner
Engagements des britischen Private-Equity-Managers David Montgomery vom Oktober 2005 bis Januar 2009
machen auf die Notwendigkeit medienpolitischer Schutzschilde für qualitätsjournalistische Strukturen nicht nur,
aber in erster Linie im Pressesektor aufmerksam. Insbesondere der Vorrang wirtschaftlicher Interessen, also
überzogener Renditedruck und Gewinnmaximierung bei massivem Stellenabbau und gestiegenem Sparzwang
können als Hauptgründe genannt werden, aus denen sich gravierende Qualitätseinbußen etwa die
Einschränkung der Meinungsvielfalt im Hinblick auf die publizistische Leistungsfähigkeit der Presse – ableiten
lassen. Die daraus folgende Unterwanderung journalistischer Integrität durch Finanzinvestoren nimmt die
handelnde Politik in die Pflicht, neue Instrumentarien (der Selbstregulierung) gegen das ausgreifende Profitstreben
innerhalb der Medienszenerie zu entwickeln.
- Das geltende Wettbewerbsrecht ist den Realitäten des globalisierten und konvergierten Medienmarktes nicht mehr
gewachsen. Dennoch ist eine generelle Liberalisierung nicht angeraten, da die gesetzliche Regelung nach wie vor
einen wirksamen Schutz vor Konzentrationstendenzen ermöglicht und daher ein wesentliches Mittel zur Sicherung
der Pressevielfalt darstellt. Mittelfristig anzustreben ist jedoch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wettbewerb
und Regulierung, das den veränderten Strukturen einer multimedial verorteten und zunehmend auf multinationaler
Ebene operierenden Medienlandschaft Rechnung trägt. Eine Möglichkeit zur Anpassung besteht in der
schrittweisen Lockerung der Pressefusionskontrolle in enger Rücksprache mit Verlagsvertretern und unter
Gewährleistung umfassender Transparenz im Hinblick auf die jeweiligen Besitzverhältnisse der betreffenden
Unternehmen. Auf diese Weise werden inländische Verlage dazu befähigt, ihre Leistungsfähigkeit auf den
nationalen und regionalen Märkten zu steigern, um im globalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu bleiben.
- Eine Novellierung des Medienkonzentrationsrechts ist ebenfalls anzustreben, um künftig medienübergreifende
Fusionen im nationalen Rahmen zu erleichtern und Verlagen damit die Möglichkeit an die Hand zu geben, sich im
konvergierenden Medienfeld stärker zu positionieren. Hierzu müssen Regelungen getroffen werden, um eine
zunehmende Akkumulation von Medienmacht weiterhin wirksam zu verhindern sowie die Balance und
Chancengleichheit im Wettbewerb zu festigen. Die in den vergangenen Jahren stärker ausgeprägte
Ökonomisierung und Internationalisierung des Mediensektors machen Megafusionen mit global agierenden
Konzernen auch im deutschen Pressemarkt immer wahrscheinlicher. Daher gilt es, die gültigen Bestimmungen des
Medienkonzentrationsrechts diesen Tendenzen mittelfristig anzupassen.
- Berlin hat sich trotz der jüngsten Rezession im Pressesektor seinen Nimbus als Experimentierfeld für innovative
Presseerzeugnisse bewahrt. Seit Gründung der genossenschaftlichen „tageszeitung“, deren alternatives
Geschäftsmodell zwar einen latenten Finanzmangel nach sich zog, sich aber auf lange Sicht als tragfähig erweisen
konnte, hat konkret der Zeitungssektor zwar wesentliche Impulse vermissen lassen; umso lebhafter dagegen
geriert sich der konzernunabhängige Zeitschriftenmarkt, dessen Innovationen sich zwar meist als
massenuntauglich erweisen und auf Dauer ein Liebhaberdasein fristen müssen (Bsp. „Cicero“) . Gerade hier zeigt
sich jedoch eindrucksvoll, dass der Berliner Lesermarkt journalistischen Druckerzeugnissen noch längst nicht
abgeschworen hat – im Gegenteil: Entwicklungsbereitschaft, die marktführende Presseunternehmen allerdings nur
selten zeigen, wird goutiert. Hier kann die Medienpolitik ansetzen, um die Rahmenbedingungen für journalistische
Neugründungen zu verbessern.
- Zwar sind deutschen Pressetiteln allein schon aufgrund ihrer Sprachbarriere im Hinblick auf internationale
Reichweite Grenzen gesetzt. Dennoch zeigen Einzelkooperationen, wie zwischen der Berliner Tageszeitung „Die
Welt“ und dem Londoner „Daily Telegraph“, dass auch auf redaktioneller Ebene in spezifischen Feldern
zusammengearbeitet werden kann. Auch gehört zum Teil die Möglichkeit des Korrespondententauschs zum
Redaktionsalltag, wie im Fall des britischen „Times“-Reporters Roger Boyes, der zusätzlich regelmäßig für den
„Tagesspiegel“ schreibt. Internationale Kooperationsprogramme, wie der gegenseitige Austausch von Redakteuren
für eine bestimmte Zeitdauer oder ein verstärktes Angebot von Gasthospitanzen für ausländische
Nachwuchsjournalisten sind ebenso wünschenswert wie Stipendienprogramme.
- Der Berliner Pressemarkt wird auch zukünftig vor allem auf lokaler Ebene sein Kerngeschäft verortet sehen
(müssen) und zunächst allenfalls Potenziale entwickeln können, seine Position im Konzert der nationalen
93
Printmedien zu stärken. Handlungsbedarf seitens der Medienpolitik besteht auch hier: Zielführend für die Berliner
Medienpolitik muss die Verbesserung der Voraussetzungen für die Arbeit von Hauptstadtreportern und
Parlamentskorrespondenten sein: Der historisch gewachsene Nachteil Berlins als Zeitungsstadt zugunsten anderer
Verlagsstandorte wie Hamburg, Frankfurt und nchen, die bundesweiten Rang genießen, besteht nach der
Eingewöhnungsphase der Bundespolitik in der so genannten „Berliner Republik“ die große Chance, durch einen
geschliffenen und die Agenda bestimmenden Hauptstadtjournalismus weiterhin an Reputation und Expertise
gegenüber etablierten überregionalen Zeitungen wie „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und „Süddeutsche Zeitung“
zu gewinnen.
234
Hier halten „Der Tagesspiegel“ und auch die in ihrer Redaktionskapazität nach wie vor bedrohte
„Berliner Zeitung“ wegen ihrer lokalen Vernetzung bei der Themensetzung Trümpfe in der Hand, die beispielsweise
nicht durch wirtschaftliche Rationalisierungsmaßnahmen verspielt werden dürfen.
- Ein wesentliches Augenmerk sollte darüber hinaus auf den Online-Sektor gerichtet werden: Die gesamte
Medienbranche – national wie international – arbeitet mit Hochdruck an ertragsfähigen Geschäftsmodellen für
publizistische Angebote im Internet bzw. über digitale Verbreitungswege. Bisher mangelt es den Online-Angeboten
mit publizistischer Schwerpunktsetzung jedoch noch an verlässlichen Erlösmodellen, um sich auch in der
konvergierenden Medienlandschaft dauerhaft behaupten zu können. Berlin kann im Rahmen dieser Entwicklung
eine Schlüsselposition einnehmen, verfügt die Stadt doch bereits über ein starkes Profil im Hinblick auf junge,
experimentierfreudige Firmen im Medien- und Kommunikationssektor. Als europaweiter Anziehungspunkt für die
Kreativindustrie hat Berlin das Rüstzeug, das zur erfolgreichen Transformation des journalistischen
„Zeitenwechsels“
235
eingesetzt werden kann. Hier gilt es vor allem, mithilfe medienpolitischer Förderprogramme
und Einzelmaßnahmen entsprechende Ressourcen zu erschließen und gemeinsam mit Berlins Medienwirtschaft
weiter zu entwickeln.
- Angesichts des fortgeschrittenen Online-Engagements einiger Medienunternehmen auf dem Berliner Pressemarkt
sind vielseitige Ansatzpunkte denkbar, um mittels kooperativer Modelle zwischen Medienindustrie, Senat, vor allem
aber auch privaten Initiativen, beispielsweise aus dem Umfeld der Weblog-Community, den Standort Berlin als
Schmelztiegel eines neuen digitalen Qualitätsjournalismus zu entwerfen. Auf diese Weise könnten intra- und
intermedial notwendig Synergieeffekte erzielt werden, um beim Ausbau des multimedialen Online-Marktes mit
ausländischen Großunternehmen Schritt halten zu können. Denkbar ist etwa die Neupositionierung starker
journalistischer Marken, wie sie bereits in den USA mit dem in Washington DC ansässigen politischen Online-
Format „The Politico“ erfolgreich war. Als Regierungssitz mit national- und globalpolitischer Bedeutung hat Berlin
inmitten Europas einen wertvollen Standortvorteil und dadurch die Möglichkeit, seine Funktion als
Kristallisationspunkt innerhalb der öffentlichen Debattenkultur weiter auszubauen und nachhaltig zu stärken. Die
Nutzung neuer Technologien für einen allgemeinen Aufbruch ins Internet-Zeitalter, der auf absehbare Zeit alle
Gesellschaftsschichten in Deutschland folgen werden, erfordert eine Profilstärkung der Bundeshauptstadt als
journalistischer Standort von erstem Range. Konkrete medienpolitische Förderungs- und Regelungsmaßnahmen
des Berliner Senats unter Einbeziehung beratender Einrichtungen wie des Instituts für Medien- und
Kommunikationspolitik, das sich seit seiner Gründung 2005 als Think Tank der Medienpolitik profilieren konnte,
sind dabei unumgänglich.
234
Vgl. auch Kramp, Leif/ Weichert, Stephan (2008): Journalismus in der Berliner Republik. Wer prägt die Agenda in der
Bundeshauptstadt? Wiesbaden: Netzwerk Recherche.
235
Vgl. hierzu auch die Interviewserie des Instituts für Medien- und Kommunikationspolitik auf sueddeutsche.de: Kramp,
Leif/Weichert, Stephan (2008): Zeitenwechsel eine Serie zur Zukunft des Journalismus. In: sueddeutsche.de.
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Thesis (Ph. D.)--Columbia University, 2002. Includes bibliographical references (leaves 288-304). Department: Sociology.
Newsbranche Berlin-Brandenburg II. Online
  • Bernd Gäbler
Gäbler, Bernd (2007): Newsbranche Berlin-Brandenburg II. Online. Informationen zum Medienstandort Berlin-Brandenburg. Berlin: Medienboard Berlin-Brandenburg GmbH.