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Friederike
Braun,
Anja
Gottburgsen,
Sabine Sczesny,
Dagmar Stahlberg
Können
Geophysiker
Frauen
sein?
Generische Personenbezeichnungen
im
Deutschen
1.
Einleitung
2.
Das
generische
Maskulinum:
Diskussion
und
Stand
der
Forschung
3.
Die
empirischen Untersuchungen
3.1.
Experiment
I:
Der
Wissenschaftskongreß
3.2. Experiment
II: Das
Sportverbandstreffen
4.
Diskussion
und
Ausblick
5.
Literatur
1.
Einleitung
Ein
Jurastudent,
der
sein Studium durch Gelegenheitsarbeiten finanziert, fin-
det am
Schwarzen Brett
den
Aushang
Jobs
für
Studenten.
Er
freut
sich über
dieses
Angebot, schreibt
die
angegebene Telefonnummer
auf und
ruft
noch
am
selben Vormittag
an.
Eine Medizinstudentin
in
derselben Lage liest eben-
falls
den
Aushang,
sie
sieht sich jedoch
mit
Fragen konfrontiert,
die er
nicht
hat: Werden Männer gesucht,
die z. B. als
Möbelpacker arbeiten sollen? Oder
sind
bei der
Bezeichnung Studenten Frauen eingeschlossen?
Ob sie die
angege-
bene
Nummer
anruft,
wissen
wir
nicht.
Das
Problem,
um das es im
vorliegen-
den
Beitrag gehen soll,
ist mit
dieser Geschichte angerissen:
die
Verwendung
maskuliner Bezeichnungen
als
Allgemeinform
und
deren
Folgen.
Wir
unter-
suchten
das
generische Maskulinum
im
Vergleich
zu
anderen Formulierungs-
möglichkeiten
in
einer interdisziplinären Forschungsgruppe bestehend
aus
Sprachwissenschaftlerinnen
und
Psychologinnen.
2.
Das
generische Maskulinum: Diskussion
und
Stand
der
Forschung
Wenn
im
Deutschen
von
Personen
mit
unbekanntem Geschlecht
die
Rede ist,
wenn
das
Geschlecht
von
Personen nicht relevant
ist
oder eine allgemeine
Aussage gemacht werden soll, werden diese Personen traditionell
im
Maskuli-
num
bezeichnet:
Dieses Buch wird
den
Leser
nicht
enttäuschen.
Jeder
Deutsche trinkt durchschnittlich
l
,347
Liter
Bier
am
Tag.
Diese verallgemeinernde Verwendung
von
Maskulinformen
ist in der
linguisti-
schen
Frauenforschung
1
unter
der
Bezeichnung generisches Maskulinum
be-
kannt.
l
Zu
Ergebnissen
und
Tendenzen
der
aktuellen
linguistischen
Frauenforschung
vgl.
auch
Samel
(1995)
und
Braun/Pasero
(1997).
266
ZGL
26.1998,
265-283
Innerhalb
der
deutschen Linguistik
eröffnete
Senta
Trömel-Plötz
mit ih-
rem
1978 erschienenen Artikel „Linguistik
und
Frauensprache"
2
die
Diskus-
sion
um das
generische Maskulinum. Dabei lautet
die
zentrale Annahme
der
feministischen
Sprachkritik:
Es
besteht eine enge assoziative Bindung zwischen
grammatischem Genus
und
natürlichem Geschlecht,
weil
bei
Personenbezeich-
nungen
Genus
und
Geschlecht
meist übereinstimmen
(vgl.
z. B.
Hofstadter
1986,
Pusch 1984, Schoenthal 1989). Eine Bezeichnung
im
Maskulinum,
so
die
Argumentation, löst daher
die
Vorstellung einer männlichen Person aus.
Im
generischen Maskulinum bleiben Frauen sprachlich unsichtbar,
so daß bei
der
Rezeption
und
auch
bei der
Produktion solcher Äußerungen
weniger
an
Frauen
als an
Männer gedacht wird.
Die
sprachliche Unterrepräsentanz
von
Frauen wird
als
folgenreich ange-
sehen: Wenn Ministerinnen, Nobelpreisträgerinnen, Astronautinnen oder auch
Tischlerinnen durch
das
generische Maskulinum ausgeblendet sind,
werden
Frauen
weniger Identifikationsmöglichkeiten angeboten
als
Männern (vgl.
Trömel-Plötz 1982). Zusätzlich
zu den
realen Frauen-
und
Männeranteilen
z.
B. in
verschiedenen
Berufen
macht
es
auch
die
sprachliche Formulierung
Frauen
schwer, eine
Frau
oder
gar
sich selbst
in
solch einer Rolle
zu
sehen.
Von
diesen eher subtilen Wirkungen abgesehen,
hat das
generische Mas-
kulinum auch
für
konkrete Benachteiligungen
von
Frauen
gesorgt.
In der
Schweiz
z. B.
wurde Frauen
das
Wahlrecht
u. a. mit dem
Hinweis vorenthal-
ten,
daß im
Gesetz
von
Schweizern
und
nicht
von
Schweizerinnen
die
Rede
war
3
.
Ähnliche
Fälle,
in
denen männliche Formulierungen (oder sogar neu-
trale)
als
Legitimation
für den
Ausschluß
von
Frauen dienten, dokumentiert
eine Studie
zur
britischen
und
australischen Rechtsgeschichte (Scutt
1985).
Die
feministische Kritik
am
generischen Maskulinum
war und ist im
deutschsprachigen Raum
heftig
umstritten.
In der
Sprachwissenschaft
weisen
Vertreterinnen
und
Vertreter
wie
Stickel (1988), Lieb/Richter (1990) oder Leiss
(1994),
um nur
einige
von
vielen Namen
zu
nennen,
die
Argumente
der
femini-
stischen Linguistik entschieden zurück. Dabei wird
in der
Regel schon
die
Grundannahme bezweifelt,
daß es
eine assoziative Bindung zwischen Genus
und
Geschlecht gäbe.
Die
Debatte
um die
feministische Sprachkritik kann hier
nicht vollständig dargestellt werden (vgl. dazu Braun 1996).
Auffällig
ist je-
doch,
daß die
Diskussion zahlreiche Linguistinnen
und
Linguisten
in
Atem
hält, eine große Zahl
an
Veröffentlichungen
hervorgebracht
hat und in
politi-
schen
und
gesetzgeberischen Initiativen (vgl.
Grabrucker
1993:
263
ff.)
mün-
dete, obwohl
für das
Deutsche unseres Wissens erst wenige empirische Unter-
suchungen
zur
Überprüfung
der
Streitfrage vorliegen: Klein (1988),
Rummler
2
Auch abgedruckt
in
Trömel-Plötz (1982).
3
Ursa
Krattiger
im
Gespräch
mit
Senta Trömel-Plötz (Trömel-Plötz 1982:
210
f.).
F.
Braun
u.
a.,
Genetische
Personenbezeichnungen
im
Deutschen
267
(1995),
Scheele/Gauler (1993)
und
Irmen/Köhncke
(1996).
4
Im
folgenden sol-
len
diese vier Studien kurz zusammengefaßt
und
diskutiert werden.
Klein
(1988) überprüfte
in
seiner Studie, welche Assoziationen
das
generi-
sche
Maskulinum
im
Vergleich
zur
Beidnennung auslöst: Versuchspersonen
(Vpn)
lasen generische Sätze
in
einer maskulinen oder Beidnennungsvariante
und
fügten
in
einem darauffolgenden Satz Namen
und
Anredeformen ein,
die
das
assoziierte Geschlecht erkennen lassen sollten. Diese Untersuchung
lieferte
einen
ersten Hinweis darauf,
daß das
generische Maskulinum
die
Assoziation
,männlich'
verstärkt, wobei allerdings
die
Alternativform
(Bürgerinnen/Bürger)
lediglich
weniger
„männerlastig"
war und
nicht grundsätzlich neutral verstan-
den
wurde.
Am
methodischen Vorgehen sind
vor
allem folgende Punkte
zu
kritisieren: Weil Klein
die in den
Stimulussätzen angesprochenen Bereiche
(z.
B.
Einkaufen, Verkehrsprobleme)
nur
introspektiv eher Frauen
oder
beiden
Geschlechtern zugeordnet hatte, waren Kontexteffekte nicht eindeutig
zu
kon-
trollieren.
Darüber hinaus vermischten sich innerhalb desselben Stimulus
ge-
nerische
und
spezifische Referenz
der
Personenbezeichnungen, indem
vom
Plural
zum
Singular
und
einmal sogar
vom
Präsens
in das
Präteritum gewech-
selt
wurde. Verstärkt wurde dieses Problem noch dadurch,
daß die Vpn ge-
zwungen
waren,
in
ihrer Reaktion
auf
spezifische Referenz umzuschalten,
in-
dem sie
Anredeform
und
Familiennamen
für ein
konkretes Individuum
einfü-
gen
sollten.
Rummler
(1995) untersuchte
die
Wirkung
des
generischen Maskulinums
bei
Grundschulkindern.
Sie
stellte
fest,
daß
Berufsbezeichnungen
im
generi-
schen
Maskulinum überwiegend
mit
Bildern männlicher Personen illustriert
und mit
männlichen Vornamen versehen wurden. Dies geschah auch dann,
wenn
die
Kinder nach eigenen Angaben mehr Frauen
als
Männer
in
einer
bestimmten Berufsgruppe erlebt hatten.
In
einer Vergleichsgruppe,
die den ei-
genen
Sprachgebrauch
der
Kinder dokumentieren sollte, ordneten
die Vpn
Bildern
Bezeichnungen
zu.
Obwohl
der von
Rummler verwendete methodische
Ansatz vielversprechend ist, läßt
die
Arbeit viele Fragen
offen.
Vor
allem
ist
zu
bedauern,
daß die
gewonnenen Daten nicht übersichtlich
und
vollständig
präsentiert werden (etwa
in
Form einer Tabelle). Auch bleibt unklar, welcher
4 Im
englischen Sprachraum dagegen
hat die
feministische Sprachkritik eine ganze
Reihe empirischer Studien
ausgelöst.
Die
methodischen Ansätze
der
mittlerweile
über
20
veröffentlichten Arbeiten lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Ver-
suchspersonen bekamen Texte
im
generischen Maskulinum präsentiert
und
sollten
dann
den
dort
beschriebenen Personen Namen geben, Bilder
von
ihnen zeichnen
oder
die
Frage
beantworten,
ob
sich
der
Text
auf
eine
Frau
beziehen
könne.
Ver-
gleichsgruppen
erhielten
Texte,
die
statt
des
generischen
he
z.
E. he or she
oder
they
enthielten.
Mit
großer
Übereinstimmung
deuteten
die
Ergebnisse
in
dieselbe
Rich-
tung:
Das
generische Maskulinum
war
semantisch
„männerlastig";
es
löste
überwie-
gend
die
Assoziation
,männlich
c
aus. Zwar waren auch
die
anderen Formulierungen
nicht immer völlig neutral, ließen aber eher
die
Vorstellung
zu, daß
eine
Frau
ge-
meint sein könnte (stellvertretend
sei
hier
auf
Hamilton
et
al.
1992, Hyde 1986,
MacKay/Fulkerson 1979 sowie Moulton
et al.
1978 verwiesen).
268
ZGL
26.1998,
265-283
Form
die
verwendeten Stimuli
und
Anweisungen waren
und ob
alternative
Formulierungen
—
wie z. B.
Beidnennung
—
einbezogen wurden. Insbesondere
stellt
sich
die
Frage
nach
der
Anweisung
im
Zusammenhang
mit der
Ver-
gleichsgruppe,
die
keine Berufsbezeichnung
als
Stimuli erhalten hatte, aber
ebenfalls
Bilder anfertigte.
Scheele/Gauler
(1993) verglichen, inwieweit
das
generische Maskulinum
und
verschiedene Alternativformen
jinännliche',
,
weibliche'
,androgyne'
oder
Unbestimmte*
Assoziationen auslösten.
Die
generischen
Formen,
die als
Sti-
muli
dienten, erschienen
in
zwei verschiedenen Satzrahmen,
die
Lücken ent-
hielten.
Die Vpn
füllten
diese Lücken
mit
frei
assoziierten
Begriffen,
die
erken-
nen
lassen sollten,
wie sie
sich
das
Geschlecht
der
genetisch
bezeichneten Per-
sonen vorstellten.
Als
Ergebnis stellten Scheele/Gauler
ein
männliches Bias
des
generischen Maskulinums
fest.
Jedoch
führten
nur die
Alternativformen,
die
Frauen
explizit nennen (das „große
I", die
Beidnennung),
zu
signifikant ande-
ren
Ergebnissen.
Die
Untersuchung enthält einen grundsätzlichen linguisti-
schen Fehler, indessen
sie als
„generisch
maskulinen"
Ausgangssatz
des
zwei-
ten
Satzrahmens
die
Form
die
Deutschen zugrundelegt. Diese
Form
muß je-
doch
als
genusneutral gelten,
da sie als
Plural
von der
Deutsche ebenso
wie
die
Deutsche dienen kann.
Die
Methode
der
Auffüllung
von
Lücken
mit
frei
assoziierten
Begriffen,
die zur
Erfassung
der
Geschlechtsvorstellungen heran-
gezogen wurde,
liefert
zudem
nur
indirekte Aufschlüsse.
Hat
eine
Vp, die das
Wort Stammkneipe
in
eine Lücke einsetzte, wirklich
und
ausschließlich
an
Männer gedacht,
wie
Scheele/Gauler festlegen?
Bei der
Auswertung wurden
zudem Interpretationen vorgenommen
(z.
B.,
daß mit
Freunde
„vermutlich
auch
Frauen
gemeint" seien),
die
gerade
im
Rahmen
der
untersuchten Frage-
stellung problematisch sind. Darüber hinaus
ist zu
kritisieren,
daß bei den
vorgegebenen
Rahmensätzen nicht geklärt worden war,
ob
diese
an
sich
,
weib-
lich*
oder
^ännlich'
assoziiert sind;
Effekte
des
Kontexts waren daher nicht
meßbar.
5
Irmen/Köhncke
(1996)
beschränkten sich
in
ihrer Untersuchung
auf die
Frage,
welchen Einfluß
das
generische Maskulinum
auf die
kognitive
Verfüg-
barkeit
der
Konzepte
,
weiblich'
und
männlich'
hat
bzw.
ob das
generische
Maskulinum
ein
Bias
in
bezug
auf die
mentale Repräsentation
der
Geschlech-
ter
bewirkt.
Ein
Vergleich
mit
Assoziationen,
die die von der
feministischen
Sprachkritik vorgeschlagenen Alternativformulierungen auslösen,
war
nicht
angestrebt. Interessant
ist das von den
Autorinnen gewählte methodische Vor-
gehen:
Die Vpn
sollten
im
Anschluß
an die
Darbietung
von
Stimulussätzen
nicht
nur die
Frage
beantworten,
ob es
sich
bei der
erwähnten Person
um
eine
Frau
(bzw. einen Mann) handeln könne, sondern zusätzlich
zur
Antwort
wurde
die von den Vpn für
ihre Reaktion benötigte Zeit erfaßt.
Als
Stimuli
fungierten
Sätze
mit
maskulinen Personenbezeichnungen,
die
teils generisch,
5 Für
weitere Kritik
vgl.
auch Irmen/Köhncke (1996).
F.
Braun
u.
a.,
Generische Personenbezeichnungen
im
Deutschen
269
teils spezifisch formuliert waren.
Für
einen Vergleich
der
Reaktionszeiten wur-
den den Vpn
darüber hinaus
feminine
Personenbezeichnungen
in
allgemeinen
Aussagen
dargeboten.
Die
Ergebnisse waren eindeutig:
In
Experiment
l
gaben
durchschnittlich
nur 20% der Vpn an, daß die mit dem
generischen Maskuli-
num
bezeichneten Personen Frauen sein können.
Um
einen Einfluß
des
kon-
trastierenden Stimulusangebots
(fern.-mask.)
auszuschließen,
führten
Innen/
Köhncke
das
zweite Experiment
mit
Versuchsgruppen durch,
die
jeweils
nur
einen
Stimulustyp angeboten bekamen.
Darüber
hinaus unterschied sich dieses
Experiment
vom
ersten darin,
daß die Vpn
anhand
von
Bildern,
die
eine
Frau
bzw.
einen Mann zeigten, eine Übereinstimmung
von
sprachlichem
Begriff
und
gezeigtem Geschlecht beurteilen sollten. Auch hier betrug
der
Anteil
an
Vpn,
die
Frauen
als
Instantiierung
für
generisch maskuline Personenbezeichnungen
gelten
ließen,
nur
49%.
Daß das
generische Maskulinum nicht geschlechtsneu-
tral interpretiert wurde, bestätigten auch
die
ermittelten Reaktionszeiten.
Sie
waren
deutlich kürzer, wenn
auf den
Stimulus generisch maskuline Personen-
bezeichnung
das
Antwortangebot
„Mann"
folgte. Obwohl
die
Autorinnen
Kontexteffekte
dadurch auszuschließen versuchten,
daß sie
eher
von
Frauen
oder beiden Geschlechtern ausgeübte
Berufe
auswählten, bezogen
sie den
Kontext nicht
als
unabhängige Variable
in
ihren Versuchsaufbau ein. Eine wei-
tere Schwierigkeit ergab sich
bei den
allgemein
femininen
Formulierungen,
da
nicht
klar
wurde,
ob sie für
weibliche
Personen
gelten sollten
oder
ob Ge-
schlechtsabstraktion angestrebt war.
Diese bislang
für das
Deutsche vorliegenden empirischen Untersuchun-
gen
stimmen
in
ihren Ergebnissen tendenziell überein:
Das
generische Masku-
linum
wird nicht geschlechtsneutral interpretiert, sondern verstärkt
die
Asso-
ziation
,männlich'.
Dennoch besteht unseres Erachtens weiterer Forschungs-
bedarf,
weil
bei
Irmen/Köhncke
etwa
der
Vergleich
mit
anderen generischen
Formen
fehlt
und die
anderen Studien methodisch nicht
auf
allen Ebenen
überzeugen.
Im
übrigen erscheint
es
sinnvoll,
die
Wirkung
des
generischen
Maskulinums
mit
möglichst vielen verschiedenen Methoden
zu
untersuchen.
Wie das
generische Maskulinum
im
Vergleich
zu
Alternativformulierungen
auf
die
gedankliche Einbeziehung
von
Frauen
wirkt, überprüften
wir
deshalb
in
zwei
Experimenten.
Als
„Alternativen" wurden dabei diejenigen Formen ein-
bezogen,
die in
offiziellen
Vorschriften
und
Empfehlungen
am
häufigsten
vor-
geschlagen wurden: Beidnennung
und
Neutralformen.
6
Keine Berücksichti-
gung fanden
in den
Experimenten daher Schrägstrich-
und
Klammerformen
oder
das
„große
I"
7
.
6
Vgl.
z. B. die
Bekanntmachung
des
Innenministers
von
Schleswig-Holstein
vom 9. 5.
1990,
abgedruckt
in
Braun (1991:
25
f.), sowie
die
Vorschläge
in
Müller/Fuchs
(1993).
7
Zum
„großen
I"
vgl.
auch
Ludwig (1989).
270
ZGL
26.1998,
265-283
3.
Die
empirischen
Untersuchungen
Die
zentrale unabhängige Variable
der
Untersuchungen
war die
sprachliche
Form
generischer Personenbezeichnungen. Dabei
war die
„maskuline Sprach-
version"
(Studenten bzw.
Sportler)
als
Form
mit
grammatikalisch maskulinem
Genus
definiert,
die
„Beidnennung" (Studentinnen
und
Studenten bzw.
Sportle-
rinnen
und
Sportler)
als
explizite Nennung
von
femininen
und
maskulinen
Be-
zeichnungen
und die
„neutrale Sprachversion"
(Studierende
bzw.
sportlich
Ak-
tive)
als
Form
mit
neutralem Genus oder
als
Pluralform,
bei der
keine Genus-
unterscheidung möglich ist.
Erwartet wurde
ein
kontinuierlicher Anstieg
der
gedanklichen Einbezie-
hung
von
Frauen
über
die
Sprachbedingungen hinweg:
der
geringste Wert
für
die
maskuline Sprachform
und der
höchste
für die
Beidnennung.
8
Dies ergibt
sich
aus dem
Grad
sprachlicher
„Präsenz
von
Frauen"
in den
verschiedenen
Formulierungen.
Das
Maskulinum
ist
identisch
mit der
Form,
die
männliche
Personen bezeichnet;
die
Möglichkeit weiblicher Referenz bleibt ohne forma-
len
Ausdruck.
In
neutralen Formen
ist
dagegen keines
der
Geschlechter
sprachlich hervorgehoben;
das
neutrale Genus stellt weder
zur
weiblichen
noch
zur
männlichen Referenz eine direkte Beziehung her.
Die
Beidnennung
schließlich weist durch
die
Nennung
des
Femininums explizit
auf
weibliches
Referenzpotential hin.
Zusätzlich
wurde
der
Einfluß
relevanter
Moderatorvariablen
untersucht:
das
Geschlecht
der Vpn
sowie
die
Geschlechtstypizität
des
Kontextes. Perso-
nenbezeichnungen sind
in
sprachlichen Äußerungen
in der
Regel
in
Kontexte
eingebettet. Diese bestehen
zum
einen
aus der
direkten sprachlichen Umge-
bung,
die im
folgenden
als
Kotext bezeichnet wird: „the
parts
of an
utterance
next
or
near
to a
linguistic unit (such
as a
word) which
is the
focus
of
atten-
tion"
(Crystal 1992: 82).
Zum
anderen wird
mit
Texten
und
Wörtern
(z. B.
Personenbezeichnungen) aber auch
auf
außersprachliche Wissensbestände
der
Sprachgemeinschaft
rekurriert,
die im
folgenden
mit dem
Begriff
Kontext
er-
faßt
werden. Vermutet wurde,
daß
sowohl
die
direkte sprachliche Umgebung
(Kotext)
als
auch
der
angesprochene
außersprachliche
Bereich (Kontext) einen
Einfluß
auf die
Deutung
von
Personenbezeichnungen bzw.
die
gedankliche
Einbeziehung
von
Frauen haben könnte.
So
gibt
es
Kontexte
und
Situationen,
die
mit
Frauen verbunden werden.
In
anderen scheinen eher Männer vorstell-
bar, wieder andere Kontexte werden dagegen
mit
Frauen
und
Männern glei-
chermaßen assoziiert
(vgl.
Eckes 1996).
In den
bisherigen Studien wurden
Kontexte eher intuitiv (vgl. Klein 1988) oder
in
vager Anlehnung
an
reale
Frauen-
bzw. Männeranteile
z. B. in
verschiedenen
Berufsfeldern
(vgl.
z. B.
Irmen/Köhncke
1996) einbezogen.
Die
Variable Kontext
war
somit nicht ein-
deutig operationalisiert.
Um in
unseren Untersuchungen
Kontexteffekte
syste-
8 Ein
vergleichbarer Anstieg (von
he
über
they
zu he or
she) wurde
in
einigen Untersu-
chungen
zum
Englischen
gefunden,
z. B.
Moulton
et
al.
(1978), Khosroshahi
(1989).
F.
Braun
u.
a.,
Generische Personenbezeichnungen
im
Deutschen
271
matisch
überprüfen
zu
können, wurde
in
Vortests geklärt, welche Bereiche
gesellschaftlich
als
weibliche oder männliche Domänen gelten.
Vpn
wurden
nach
der
Geschlechtstypizität verschiedener wissenschaftlicher Fachrichtungen
bzw.
Sportarten
gefragt.
Diese
von den Vpn als
„männlich", „weiblich" oder
„neutral" eingeschätzten Kontexte
fungierten
in den
Hauptuntersuchungen
als
Stimuli,
die in den
sonst gleichlautenden Kotext variierend eingefügt wurden.
Auf
diese Weise wurden „typisch weibliche", „typisch männliche"
und
„neu-
trale" Kontexte erzeugt.
Auch
das
Geschlecht
der Vpn ist
eine Variable,
die
Wirkungen
auf
ihre
Interpretation
von
Personenbezeichnungen haben kann. Hinweise
auf
solche
Wirkungen
liegen
in den
Untersuchungen
zum
Englischen vor,
vgl.
z. B. Ha-
milton (1988, 1991), Moulton
et
al.
(1978), Gastil (1990),
Sniezek/Jazwinski
(1986).
In
beiden Experimenten wurden
den Vpn
Texte,
die wie
Zeitungsartikel
gestaltet waren, über einen wissenschaftlichen Kongreß (Experiment
I)
bzw.
ein
Sportverbandstreffen (Experiment
II) in den
verschiedenen Formulierungs-
varianten vorgelegt.
Der
Text variierte hinsichtlich
der
Geschlechtstypizität
der
verschiedenen Kontexte
und der
Sprachversion,
d. h. der
sprachlichen
Be-
zeichnung
der
teilnehmenden Personen.
Die Vpn
(231 Frauen
und
231
Män-
ner)
sollten, nachdem
sie den
Text
in
einer seiner Versionen gelesen hatten,
den
Prozentsatz teilnehmender Frauen
und
Männer einschätzen.
3.1.
Experiment
I: Der
Wissenschaftskongreß
Experiment
I lag ein 2 X 3 X
2-faktorielles
Design
mit der
abhängigen Variablen
(AV)
„Geschätzter
Frauenanteil"
9
zugrunde: Kontext (typisch weiblich
vs. ty-
pisch männlich)
X
Sprachversion (maskulin
vs.
neutral
vs.
Beidnennung)
X
Vpn-Geschlecht
(weiblich
vs.
männlich).
Für die
Teilnahme
an der
Untersuchung konnten
in den
Cafeterien
und
Wohnheimen
der
Universität Kiel
192
Studierende
(96
Studentinnen
und 96
Studenten) unterschiedlicher Fachrichtungen gewonnen werden.
Ihr
Alter
lag
zwischen
19 und 32
Jahren (mittleres Alter
=
23,5
Jahre).
Alle
Vpn
nahmen
freiwillig
und
ohne materielle Vergütung
an der
Untersuchung teil.
Als
Coverstory wurde vorgegeben,
daß es
sich
bei der
Untersuchung
um
einen
linguistischen Test handelte,
der den
Informationsgehalt
von
Texten prü-
fen
sollte. Zunächst wurde
den Vpn der
kurze Text über einen wissenschaftli-
chen
Kongreß
zum
Lesen vorgelegt, dann
folgte
ein
Fragebogen.
Das Ge-
schlecht
der Vpn
wurde vorab zusammen
mit dem
Alter
und dem
Studienfach
erfragt.
9
Auf
eine Verrechnung
der von den Vpn
geschätzten
Männeranteile
wurde
aufgrund
der
Fragestellung
„Sichtbarkeit"
bzw.
gedankliche
Einbeziehung
von
Frauen
in den
verschiedenen Sprachversionen verzichtet.
Im
übrigen
ergibt
sich
der
Männeranteil
aus dem
geschätzten
Frauenanteil.
272
ZGL
26.1998,
265-283
Der
vorgelegte Text behandelte entweder Ökotrophologie
als
typisch
weibliche
Fachrichtung oder Geophysik
als
typisch männliches Fach. Diese
waren
in
einem Vortest
von 30
Studierenden entsprechend bewertet worden:
Die
Befragten beurteilten zehn Studienfächer
auf
einer siebenstufigen Skala
hinsichtlich ihrer Geschlechtstypizität
(-3 =
„typisch weiblich"
vs. +3 =
„ty-
pisch männlich"). Zusätzlich schätzten
sie den
Prozentanteil
von
Frauen
und
Männern
in
diesem Fach ein. Geophysik wurde dabei
mit
einer Einschätzung
von
M =
+1.7
auf der
Typizitätsskala
und
einem geschätzten Prozentsatz
von
M
= 24%
weiblichen Studierenden
als
typisch männliches
Fach
ausgewählt.
Als
typisch weibliches
Fach
erwies sich
die
Ökotrophologie (Typizität:
M :
—2.1,
Studentinnenanteil:
M =
78%).
Die
Bezeichnungen dieser beiden
Fächer wurden
als
Stimuluswörter
in den
Kotext eingefügt,
um auf
diese
Weise
einen typisch weiblichen bzw. typisch männlichen Kontext
als
unabhängige
Variable
zu
generieren.
An
fünf
Stellen
im
Text kamen Personenbezeichnungen entweder
im
gene-
rischen Maskulinum
(z. B. die
Wissenschaftler),
in
Neutralform
(z. B. die
wis-
senschaftlich
Tätigen)
oder
in
Beidnennung
(z. B.
Wissenschaftlerinnen
und
Wissenschaftler)
vor. Folgendes Beispiel zeigt
den
Text
in der
Bedingung Beid-
nennung/männlicher
Kontext:
Kampf
der
Geophysikerinnen
und
Geophysiker
gegen
das
Image einer Randwissenschaft
Der
1960
gegründete Verband
Deutscher
Geophysikerinnen
und
Geophysiker geht
angesichts seiner jüngsten internationalen Beachtung
und dem
geringen Interesse
zu
Haus
in die
Offensive. „Wir müssen
Maßstäbe
setzen,
so wie es die
heute
me-
dienträchtigen
Wissenschaften
getan
haben.
Wir
haben wissenschaftlich etwas
zu
bieten
und
müssen
das
auch
attraktiv
präsentieren",
forderten
die
Geophysiker
in-
nen
und
Geophysiker
im
Kampf gegen
das
Image
der
Rand
Wissenschaft.
Vor
zahl-
reichen Teilnehmerinnen
und
Teilnehmern
führten
sie
weiter aus: „Wir können nicht
nur
Seriosität
und
Kontinuität
für uns in
Anspruch nehmen,
wir
müssen neue Wege
gehen,
und da
darf
auch
eine
offensive Öffentlichkeitsarbeit
kein
Tabuthema
mehr
sein."
Dieser
Vorschlag fand
im
Rahmen
der
Jahrestagung
Deutscher
Geophysike-
rinnen
und
Geophysiker
in
Stuttgart
großen
Anklang.
Nachdem
die Vpn den
Text gelesen hatten, wurden ihnen
im
Fragebogen
verschiedene Fragen über
den
„Artikel" gestellt. Einige dienten
der
Glaubwür-
digkeit
der
Coverstory,
z. B. „Wo
fand
der
Kongreß
statt?",
andere
der
Erhe-
bung
der
abhängigen Variablen.
Um den
Frauenanteil
zu
erfassen,
den die
Vpn
bei dem
Kongreß vermuteten, wurde gefragt: „Wieviel Prozent waren
Frauen (bzw.
Männer)?"
Ergebnisse
Es
wurde eine dreifaktorielle Varianzanalyse über
die AV
„Geschätzter
Frauenanteil" gerechnet.
Als
Einzelvergleiche wurden t-Tests durchgeführt.
Die
ANOVA ergab zunächst Haupteffekte
für die
Faktoren Kontext
(F[l,180]
=
148.2,
p <
.001)
und
Sprachversion
(F[2,180]
-
3.76,
p =
.05). Tabelle
l
gibt
die
Mittelwerte wieder.
F.
Braun
u.
a.,
Generische Personenbezeichnungen
im
Deutschen
273
weibliche
Vpn
männliche
Vpn
„typisch
weiblicher" Kontext
maskuline
Sprach-
form
64.81
55.25
neutrale
Sprach-
form
43.75
51.88
Beid-
nennung
66.88
55.63
„typisch männlicher" Kontext
maskuline
Sprach-
form
17.06
23.56
neutrale
Sprach-
form
23.44
31.50
Beid-
nennung
33.13
27.63
Tabelle
l:
Mittelwerte
der AV
„Geschätzter
Frauenanteil"
(Anmerkungen: Angaben
in
Prozent, Zellenbesetzung
N =
16)
Der
Mittelwert
des
geschätzten Frauenanteils
für den
typisch weiblichen
Kontext
(M =
56.36%)
war
höher
als
derjenige
für den
typisch männlichen
(M =
26.05%). Dieser
Haupteffekt
bestätigt
die
erfolgreiche Manipulation
des
Kontextfaktors.
In der
Bedingung Beidnennung
(M =
45.8%) wurde
ein
signi-
fikant
höherer Frauenanteil geschätzt
als in der
Bedingung neutrale Sprach-
form
(M =
37.6%;
p <
.01).
Der
Wert
in der
Beidnennungsbedingung
über-
stieg tendenziell auch
den der
maskulinen Sprachform
(M =
40.2%;
p <
.10).
Zwischen
den
Faktoren Kontext
und
Sprachversion wurde eine Interak-
tion festgestellt
(F[2,180]
=
5.06,
p =
.01;
vgl.
Abb.
1). Im
typisch weiblichen
„typisch
weiblicher" Kontext
„typisch
männlicher" Kontext
70
10
maskuline
Sprachform
neutrale
Sprachform
Beid-
nennung
Abbildung
l:
Interaktion
Kontext
X
Sprachversion
274
ZGL
26.1998,
265-283
Kontext
war der
geschätzte Frauenanteil
in der
Bedingung neutrale Sprach-
form
(M =
47.81%) signifikant geringer
als in der
maskulinen
(M =
60.03%,
p <
.01)
und der
Beidnennung
(M =
61.25%,
p <
.002).
Im
typisch männli-
chen Kontext wurden
in der
Beidnennung
(M =
30.38%) sowie
in der
Neutral-
form
(M =
27.47%) signifikant höhere Frauenanteile geschätzt
als in der Be-
dingung maskuline Sprachform
(M =
20.31%,
p < .01
bzw.
p <
.05). Zwi-
schen
der
Beidnennung
und der
neutralen
Form
fand
sich kein
signifikanter
Unterschied.
Eine weitere Interaktion zeigte sich zwischen
den
Faktoren
Vpn-Ge-
schlecht
und
Sprachversion
(F[2,180]
=
3.68,
p =
.05;
vgl.
Abb.
2). Die
Ein-
schätzungen
der
weiblichen
Vpn in der
Beidnennungsversion unterschieden
sich deutlich
von
denen
in der
neutralen
und
maskulinen
Form:
Sie
schätzten
in der
Beidnennungsbedingung
(M =
50%)
den
Frauenanteil höher
ein als in
der
maskulinen
(M =
40.94%,
p <
.05)
und der
neutralen
(M =
33.59%,
p <
.01). Zwischen maskuliner
und
neutraler
Form
ergab sich
kein
signifikan-
ter
Unterschied,
obwohl
tendenziell
in der
neutralen
Form
ein
noch geringerer
Frauenanteil
angenommen wurde
als in der
maskulinen
(p <
.10).
Die
Ein-
schätzungen
der
männlichen
Vpn
wiesen über alle drei Sprachversionen keine
signifikanten
Unterschiede
auf.
—
—
weibliche
Vpn
—
D
—
männliche
Vpn
70 -
P 60 -
r
0
50-
z
n
40
t
30 -
20 -
mask
Sprac
5
T~l·
^^
I
1
uline
neutrale Beid-
tiform
Sprachform
nennung
Abbildung
2:
Interaktion
Vpn-Geschlecht
X
Sprachversion
Diskussion
Prognostiziert
worden
war ein
kontinuierlicher Anstieg
des
geschätzten Frauen-
anteils
über
die
Sprachbedingungen hinweg
vom
Maskulinum über Neutral-
formen
bis zur
Beidnennung. Diese Abstufung
trat
nicht
in
allen experimentel-
len
Bedingungen auf, konnte aber
für den
typisch männlichen Kontext bestä-
F.
Braun
u.
a.,
Generische Personenbezeichnungen
im
Deutschen
275
tigt
werden.
Im
typisch weiblichen Kontext dagegen wurde
der
Frauenanteil
in
der
Beidnennung
und im
Maskulinum höher eingeschätzt
als in der
Neutral-
form.
Während
der
erstgenannte Unterschied hypothesenkonform ist,
war der
geringe
Frauenanteil
in der
neutralen
Sprachform
(weiblicher Kontext)
ein
unerwarteter
Effekt.
Auffallig
war
zudem,
daß der
Frauenanteil
im
weiblichen Kontext
in
kei-
ner
Sprachbedingung
die
Höhe erreichte,
die im
Vortest
für den
Frauenanteil
des
Faches Ökotrophologie
(M =
78%) ermittelt worden war. Eine Erklärung
könnte darin liegen,
daß die
Präsenz
von
Frauen
auf
einem wissenschaftlichen
Kongreß anders beurteilt wird
als der
Frauenanteil unter
den
Studierenden
des
Faches.
Im
männlichen Fach entsprechen
die
Schätzungen
in
etwa denen
des
Vortests.
Auch
das
Geschlecht
der Vpn
beeinflußte ihre Interpretation
der
Perso-
nenbezeichnungen:
nur bei den
weiblichen
Vpn
führte
die
Beidnennung
zu
höheren Schätzungen
des
Frauenanteils
als die
maskuline
und die
neutrale
Sprachversion. Neutralformen korrespondierten
mit dem
geringsten Frauen-
anteil.
Bei den
männlichen
Vpn
bewirkten
die
drei Sprachversionen keinen
signifikanten
Unterschied.
Daß nur
weibliche
Vpn auf die
sprachliche Formu-
lierung reagierten, könnte eventuell daraus resultieren,
daß
Frauen
daran
ge-
wöhnt
sind, sich
die
Frage
zu
stellen,
ob sie mit
einer generischen
Form
wie
dem
Maskulinum gemeint sind. Dies könnte
bei
ihnen eine größere Sensibilität
für
die
sprachliche Formulierung
zur
Folge haben.
Zusammenfassend
zeigen
die
Ergebnisse
des
ersten Experiments,
daß die
Wahl
der
Sprachform
bei
Personenbezeichnungen
im
Deutschen
auf den ge-
danklichen
Einschluß
von
Frauen wirken kann.
In den
Fällen,
in
denen derar-
tige
Wirkungen
auftreten,
scheint
die
Beidnennung
die
größte Chance
zu
bie-
ten,
die
Assoziation
,weiblich'
auszulösen.
Ob
aber dieser
Effekt
zustande
kommt, hängt
von der
Interaktion verschiedener Faktoren
ab.
3.2.
Experiment
II: Das
Sportverbandstreffen
Das
zweite Experiment unterschied sich
vom
ersten
in
zwei Aspekten:
1.
Es
wurde
statt eines wissenschaftlichen Kongresses
ein
Sportverbandstreffen
be-
schrieben,
um die in
Experiment
I
gefundenen
Effekte
für
einen weiteren
Lebensbereich
zu
überprüfen.
2.
Zusätzlich
zum
typisch weiblichen
und ty-
pisch männlichen Kontext wurde
ein
neutraler Kontext
als
dritte Versuchsbe-
dingung
aufgenommen
(eine Sportart,
von der Vpn
vermuteten,
daß sie von
ebenso vielen Frauen
wie
Männern ausgeübt wird).
Experiment
II lag ein 3 X 3 X
2-faktorielles
Design
mit der
abhängigen
Variablen „Geschätzter Frauenanteil" zugrunde: Kontext (typisch weiblich
vs.
neutral
vs.
typisch männlich)
X
Sprachversion (neutral
vs.
maskulin
vs.
Beid-
nennung)
X
Vpn-Geschlecht
(weiblich
vs.
männlich).
An
dieser Untersuchung nahmen
278 Vpn
teil,
die im
Rathaus
der
Stadt
Kiel
und in den
Cafeterien
der
Universität geworben wurden. Acht Personen
276
ZGL
26.1998,
265-283
wurden
von der
weiteren Auswertung ausgeschlossen,
weil
ihre Antworten
un-
vollständig waren oder weil eine Gleichbesetzung
der
Zellen herzustellen war.
Die
Stichprobe setzte sich
aus 184
Studierenden,
56
Berufstätigen sowie
30
Schülerinnen
und
Schülern zusammen
(135
Frauen
und
135
Männer).
Das
Alter
der Vpn lag
zwischen
15 und 60
Jahren (mittleres Alter
=
24,49 Jahre),
wobei
nur
fünf
Prozent
über
40
Jahre
alt
waren.
Als
Coverstory wurde wiederum vorgegeben,
daß es
sich
bei der
Untersu-
chung
um
einen linguistischen Test handelte. Analog
zum
Vorgehen
im
ersten
Experiment wurde
den Vpn ein
„Zeitungsartikel" über
ein
Sportverbandstref-
fen
vorgelegt.
Es
folgte
ein
kurzer Fragebogen. Geschlecht, Alter
und
Studien-
fach/Beruf
wurden vorab
erfragt.
Der
vorgelegte Text behandelte entweder Gymnastik
als
typisch weibliche
Sportart,
Hockey
als
typisch männliche
Sportart
oder Badminton
als
neutrale
Sportart.
Diese waren
in
einem Vortest
von 40
Studierenden entsprechend
bewertet worden:
Die
Befragten beurteilten zehn Sportarten
auf
einer sieben-
stufigen
Skala hinsichtlich ihrer Geschlechtstypizität
(-3 =
„typisch weiblich"
vs.
+3 =
„typisch männlich"). Außerdem schätzten
sie den
Prozentanteil
der
in
dieser Sportart aktiven Frauen ein. Hockey wurde dabei
mit
einer Einschät-
zung
von M =
4-1.97
auf der
Typizitätsskala
und
einem geschätzten Prozent-
satz
von M = 14%
aktiver Frauen
als
typisch männliche Sportart bewertet.
Als
neutral erwies sich Badminton (Typizität:
M =
0.00, Sportlerinnenanteil:
M
=
50%)
und als
typisch weiblich Gymnastik (Typizität:
M =
-1.3,
Sportle-
rinnenanteil:
M =
69%).
Die
Bezeichnungen
der
drei Sportarten wurden
als
Stimuluswörter
in den
Kotext
eingefügt,
um auf
diese Weise
die
unabhängige
Variable Kontext
zu
variieren.
Die
Sprachversion
-
Maskulinum, Neutralformen
und
Beidnenriung
-
war wie im
ersten Experiment
die
zweite unabhängige Variable.
Der
verwen-
dete Text entsprach
dem des
ersten Experiments.
Die
Personenbezeichnungen
wurden
an
denselben
fünf
Textstellen eingesetzt.
Zur
Erfassung
der
abhängigen Variablen „Geschätzter Frauenanteil
auf
dem
Sportverbandstreffen" wurde wiederum gefragt: „Wieviel Prozent waren
Frauen
(bzw.
Männer)?"
Ergebnisse
Die
abhängige Variable „Geschätzter Frauenanteil" wurde
mit
einer dreifakto-
riellen Varianzanalyse verrechnet.
Als
Einzel
vergleiche wurden t-Tests durch-
geführt.
Die
ANOVA ergab zunächst Haupteffekte
für die
Faktoren
Kontext
(F[2,252]
=
31,54,
p <
.001)
und
Sprachversion (F[2,252]
-
7.51,
p =
.001).
Einen Überblick über
die
Mittelwerte gibt Tabelle
2.
Der
Mittelwert
des
geschätzten
Frauenanteils
für den
typisch weiblichen
Kontext
(M =
53.2%)
war
signifikant höher
als
derjenige
für den
neutralen
(M
=
39.11%)
und
derjenige
für den
typisch männlichen
(M =
33.66%,
p <
.05). Dieser Haupteffekt bestätigt
die
erfolgreiche Manipulation
des
Fak-
tors
Kontext.
F.
Braun
u.
a.,
Generische Personenbezeichnungen
im
Deutschen
277
weibl.
Vpn
männl.
Vpn
„typisch
männlicher"
Kontext
mask.
Sprach-
form
34,67
27,40
neutr.
Sprach-
form
24,33
37,07
Beid-
nen-
nung
36,00
42,47
„neutraler"
Kontext
mask.
Sprach-
form
37,67
33,67
neutr.
Sprach-
form
41,00
40,53
Beid-
nen-
nung
40,67
41,13
„typisch weiblicher"
Kontext
mask.
Sprach-
form
48,47
46,00
neutr.
Sprach-
form
53,33
46,80
Beid-
nen-
nung
51,00
73,60
Tabelle
2:
Mittelwerte
der AV
„Geschätzter
Frauenanteil"
(Anmerkungen: Angaben
in
Prozent, Zellenbesetzung
N = 16)
In
der
Beidnennung
(M =
47.48%) wurde
ein
signifikant höherer Frauen-
anteil
geschätzt
als in der
neutralen Sprachform
(M =
40.51%,
p <
.05)
und
der
maskulinen
(M =
37.98%,
p <
.05).
Die
Ergebnisse
in den
Bedingungen
neutrale
und
maskuline Sprachformen unterschieden sich dagegen nicht signi-
fikant
(p >
.10) voneinander.
Zwischen
den
Faktoren
Vpn-Geschlecht
und
Sprachversion trat eine
In-
teraktion
auf
(F[2,252]
=
4.05,
p <
.05;
vgl.
Abb.
3).
Während
die
Einschät-
zungen
der
weiblichen
Vpn
zwischen allen drei Bedingungen sehr geringe
Va-
riationen
aufwiesen
(maskuline Sprachform
M =
39.56%, neutrale Sprach-
form
M =
39.56%
und
Beidnennung
M =
42.56%; alle Einzelvergleiche
p >
.10), schätzten
die
männlichen
Vpn den
geringsten Frauenanteil
in der
Bedingung
maskuline Sprachform
(M =
35.69%), dann
folgte
die
neutrale
Sprachform
(M =
41.47%,
p<.10).
Die
höchste Schätzung wurde
in der
Beidnennung
(M =
52.40%) abgegeben. Dabei
war der
paarweise Vergleich
zwischen
der
maskulinen Sprachform
und der
Beidnennung
auf dem
5%-Ni-
veau
signifikant, während
der
zwischen Beidnennung
und
neutraler Sprach-
form
nur
tendenziell
auf dem
10%-Niveau
bedeutsam war.
Darüber hinaus ergab sich eine Interaktion zweiter Ordnung zwischen
den
drei unabhängigen Faktoren Vpn-Geschlecht, Sprachversion
und
Kontext
(F[4,252]
=
2,619,
p <
.05; vgl. Abb.
4). Die
Interaktion
war im
wesentlichen
darauf
zurückzuführen,
daß
sich
die im
Rahmen
des
Haupteffekts
Sprachver-
sion beschriebenen Unterschiede zwischen
den
Bedingungen Beidnennung
und
Maskulirium
bzw. Neutralformen
vor
allem
bei
männlichen
Vpn
zeigten,
die die
Frauenanteile
im
typisch weiblichen Kontext angeben sollten.
In
dieser Bedin-
gung wurde
im
Vergleich
zu
allen anderen Konstellationen
der
Frauenanteil
in
der
Beidnennung
(M =
73.6%)
signifikant
höher eingeschätzt
als in der
maskuli-
nen
(M =
46%,
p <
.05)
und
neutralen
Formulierung
(M =
46.8%,
p <
.05).
Diskussion
Der
postulierte Anstieg
des
geschätzten Frauenanteils über
die
Sprachbedin-
gungen hinweg konnte erneut bestätigt werden (Haupteffekt Sprachform):
Für
278
ZGL
26.1998,
265-283
weibliche
Vpn
männliche
Vpn
30
maskuline
Sprachform
neutrale
Sprachform
Beid-
nennung
Abbildung
3:
Interaktion
Vpn-Geschlecht
X
Sprach
version
die
maskuline Version wurde
der
geringste Frauenanteil geschätzt,
für die
Beidnennung
der
höchste. Jedoch überlagerten Interaktionen erster
und
zwei-
ter
Ordnung diesen
Befund
und
weisen
auf
komplexere Wirkungszusammen-
hänge hin.
Für die
männlichen
Vpn
ergab sich,
daß die
Beidnennung dann
zu
höhe-
ren
Schätzungen
des
Frauenanteils
führte
als
maskuline oder neutrale Sprach-
formen,
wenn
der
Kontext
als
typisch weiblich bezeichnet werden konnte.
Bei
den
weiblichen
Vpn
bewirkten
die
drei Sprachversionen hingegen
in
keiner
Bedingung signifikante Unterschiede.
Im
Gegensatz
zu
Experiment
I
zeigte
sich hier eine Wirkung
der
Sprachversionen
auf die
Männer
und
nicht
auf die
Frauen.
Bei
einem Vergleich
der
geschätzten Frauenanteile
mit
denen
des
Prätests
bestätigt sich
die
schon
in
Experiment
I
festgestellte „Unterschätzung"
für den
neutralen
und den
weiblichen Kontext.
Im
männlichen Kontext dagegen
kam
es
zu
einer „Überschätzung"
des
Frauenanteils. Grundsätzlich kann auch hier
angenommen werden,
daß die
weibliche Präsenz
auf
einem Sportverbandstref-
fen
anders beurteilt wird
als der
Frauenanteil unter
den
Aktiven
in
einer Sport-
art.
Die
Höherschätzung
des
Frauenanteils gerade
im
männlichen Kontext
wird
damit
jedoch
nicht
erklärt.
4.
Diskussion
und
Ausblick
Wie
die
vorliegenden Experimente bestätigen, haben sprachliche Formulierun-
gen
Effekte
auf die
Assoziationen
von
Rezipierenden. Dabei scheint
die
Beid-
F.
Braun
u.
a.,
Generische Personenbezeichnungen
im
Deutschen
279
II
11
C/3
ll
O
(N
l
280
ZGL
26.1998,
265-283
nennung
die
größte Chance
zu
bieten,
den
gedanklichen Einschluß
von
Frauen
zu
fördern. Diese Wirkung
trat
jedoch nicht über alle experimentellen Bedin-
gungen
und
alle
Vpn
hinweg auf.
Für
einen weitergehenden Vergleich
der
drei getesteten Sprachformen
wurden alle
Höchst-
und
Tiefstwerte geschätzter Frauenanteile (Mittelwerte),
zusammengefaßt über beide Experimente, geprüft. Abbildung
5
zeigt
die Er-
gebnisse.
2
23%
17%
gen
0 10 20
„generiscl
'%
Beidnennung
Neutralform
erisches
Maskulinum
ic
Achse"
74%
53%
65%
30 40 50 60 70 80 90 100
Abbildung
5:
Ermittelte Reichweite
der
verschiedenen Formulierungen
Über
die
Experimente hinweg evozierte
das
generische Maskulinum
Schätzungen
von 17% bis
65%.
Die
Neutralform erreichte
als
niedrigsten Wert
23%
und als
höchsten 53%.
Bei
Beidnennung lagen
die
Schätzungen zwischen
27%
und
74%. Eine ideale generische
Form,
die für
eine Beurteilung dieser
Befunde
als
Orientierungspunkt dienen könnte, müßte grundsätzlich
zu
glei-
chen Teilen
an
Frauen
und
Männer denken lassen
und
somit
in
jedem
Fall
Schätzungen
von 50%
auslösen. Hierbei handelt
es
sich allerdings
um ein
theo-
retisches Konstrukt,
da in
realen Sprechsituationen
das
Alltagswissen
um un-
gleiche Geschlechterverteilungen immer eine Rolle spielt. Diese theoretische
generische
Form
schneidet
als
eine
Art
„generische
Achse",
in der
Abbildung
als
Senkrechte gezeigt,
den
50%-Punkt.
Deutlich wird dabei,
daß die
verschie-
denen sprachlichen Formulierungen keineswegs gleich große Reichweiten
rechts
und
links dieser Achse
aufweisen.
Links
von der
Achse liegen
die
Tiefst-
werte aller überprüften
Formen.
Im
„schlechtesten"
Fall
lösten also
alle
For-
men
männerlastige Assoziationen aus. Dabei
kam es zu der in der
Hypothese
vorhergesagten Abstufung:
Die
„schlechteste" Schätzung
des
Frauenanteils
lag
beim Maskulinum
am
niedrigsten,
bei
Neutralformen etwas höher
und bei
Beidnennung
am
höchsten.
Die
„besten"
Schätzungen
für
alle drei Formen
liegen
rechts
von der
Achse
und
somit
in
einem
frauenlastigen
Bereich. Auch
hier erweist sich
die
Beidnennung
am
erfolgreichsten,
die
Assoziation ,weib-
F.
Braun
u.
a.,
Generische
Personenbezeichnungen
im
Deutschen
281
lieh'
zu
evozieren.
Das
Maskulinum
bleibt zwar hinter
der
Beidnennung
zu-
rück,
liegt aber noch
vor den
Neutralformen,
die
überhaupt
nur
wenig
in den
frauenlastigen
Assoziationsbereich hineinreichen.
Die in der
Hypothese pro-
gnostizierte Abstufung wiederholt sich hier also nicht, obwohl
die
Beidnen-
nung
wiederum
„am
besten" abschneidet.
Was
die
vorliegenden Experimente deutlich zeigen, sind
die
großen
Schwankungen
im
geschätzten Frauenanteil
und
damit
die
große Bandbreite
der
Assoziation
,
weiblich',
die die
sprachlichen Formulierungen auslösten.
In-
nerhalb dieser selbstverständlich
nur im
Rahmen unserer Untersuchungen gül-
tigen
Assoziationsspielräume wirkten
nun die
Faktoren
Kontext
und
Vpn-Ge-
schlecht.
Dabei
hat
sich möglicherweise
mit der
Wahl eines wissenschaftlichen
Kongresses bzw. eines
SportverbandstrefFens
ein
weiterer Kontexteffekt „ein-
geschlichen",
der die
Assoziation
jinännlich'
verstärkt haben könnte,
da
Män-
ner
wohl eher repräsentative Funktionen wahrnehmen
als
Frauen.
Entspre-
chend wurden meist geringere Frauenanteile geschätzt
als in den
Prätests. Dar-
über hinaus
ist
nicht auszuschließen,
daß
weitere
von uns
nicht berücksichtigte
Größen
wie z. B. die
Geschlechtsrollenorientierung
der Vpn
oder ihre
z. B.
progressive oder konservative Einstellung sowie
die
gewählte Textsorte (Zei-
tungsartikel)
und die mit ihr
verbundenen Erwartungen einen Einfluß
auf die
Interpretation
der
Personenbezeichnungen hatten.
So
läßt
sich möglicherweise
der
überraschend niedrig geschätzte Frauenanteil,
den die
Neutralformen aus-
lösten, damit erklären,
daß
diese
als
Personenbezeichnungen
in
Zeitungstexten
eher
ungewöhnlich sind
-
schon gar, wenn
sie die
einzigen
in
einem Text
auftretenden
Formen
sind.
Die
Ergebnisse
der
vorgestellten Untersuchungen lassen folgende Schlüsse
für
die
Sprachpraxis
zu: Der
Verdacht
der
Sprachkritikerinnen,
daß das
gene-
rische
Maskulinum
männliche*
Assoziationen verstärkt,
hat
sich
in der
empiri-
schen
Überprüfung
als
berechtigt erwiesen. Dieser Zusammenhang sollte
je-
doch differenzierter formuliert werden,
da
diese Wirkung
nicht
in
jedem
Fall
und
nicht
bei
allen Rezipierenden auftritt. Immer wenn eine Wirkung festzu-
stellen
ist,
führt
die
Beidnennung
zu
einer stärkeren Einbeziehung
von
Frauen.
Eine
neutrale Formulierung stellt dagegen keine Alternative
zum
generischen
Maskulinum dar,
da sie
kaum eine Steigerung
der
Assoziation
,
weiblich'
be-
wirkt. Wenn
Sprache
als
Mittel
der
Gleichstellung
genutzt werden soll,
bietet
sich
demnach
die
Beidnennung
als
geeignete Strategie
an. Da
aber
ein
ständi-
ges
Wiederholen
von
feminin-maskulinen Bezeichnungspaaren
in der
Beidnen-
nung Texte
schwerfällig
und
schwer verständlich macht, sollte
mit
Entla-
stungsstrategien gearbeitet werden.
Wie
dies
in die
Praxis umzusetzen ist, zei-
gen
Handbücher
und
Leitfäden
zur
geschlechtergerechten Formulierung,
die
für
das
Deutsche bereits
in
großer
Zahl
vorliegen
(z. B.
Schweizerische Bun-
deskanzlei 1991, Müller/Fuchs 1993, Braun
199l).
10
10
Materialien
und
Vorschläge
für
eine
Bearbeitung
des
Themas
im
Schulunterricht
bieten
Linke/Voigt
(1995)
an.
282
ZGL
26.1998,
265-283
Mit
Blick
auf die
Sprachpraxis sollten
künftige
Studien
zur
Wirkung
ge-
nerischer
Formen auch solche Strategien einbeziehen,
die
bereits
in der
Sprachgemeinschaft
verbreitet sind,
so z. B.
Mischstrategien
wie
Beidnennung
im
Wechsel
mit
entlastenden Neutralformen. Aufschlußreich wäre insbeson-
dere
ein
Vergleich authentischer Texte
in
ihrer traditionellen
und
ihrer
ge-
schlechtergerechten Form. Darüber hinaus
ist das
„große
I"
(Sportlerinnen)
von
Interesse,
das im
Sprachgebrauch bereits eine gewisse Verbreitung
gefun-
den
hat.
Wie
unsere Untersuchung gezeigt hat, sind
im
Bereich
feministischer
Sprachkritik
und
sprachlicher Gleichstellung noch viele Fragen
offen.
Weitere
empirische
Forschung
ist
nötig,
um im
Streit
um
diese Fragen „vom Glauben
zum
Wissen
zu
gelangen" (Klein 1988:
310).
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