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Beitr. Naturk. Oberösterreichs 9 469-472
2000
Erica tetralix L. und Lycopus europaeus L. ssp. mollis
(KERNER) SKALICKY aus dem Kreuzerbauernmoor (Oberösterreich)
O. STÖHR
Abstract: Erica tetralix L. and Lycopus europaeus L. ssp. mollis (KERNER)
SKALICKY
from the Kreuzerbauernmoor (Upper Austria).
Erica tetralix, so far not published to the flora of Upper Austria, and Lycopus
europaeus ssp. mollis were found in a fen in the district of Vöcklabruck. Besides of
some other floristic data concerning this fen, remarks on the distribution of the two
plants are made. Erica tetralix also grows in the periphery of a spruce forest in the
Böhmerwald (district of Rohrbach).
Key words: Erica
tetralix,
Lycopus
europaeus
ssp.
mollis;
Kreuzerbauernmoor,
Upper Austria.
Am linken Ufer des Redlbaches gelegen, befindet sich in der Gemeinde Pfaffing (Bezirk
Vöcklabruck), ca. lkm südlich von Fornach, das Kreuzerbauernmoor (ca. 520msm).
Früheren Beschreibungen zufolge bestand sein Hauptteil ursprünglich aus einem
Latschenhochmoor, das von einem Erlenbruch bzw. von Streuwiesen umrahmt wurde.
Letztere wurden im Laufe der Zeit - bis auf einen kleinen, artenreichen Rest im Norden -
mit Fichte aufgeforstet. Im Hochmooranteil zog der ehemalige Grundbesitzer im Jahre
1975 Entwässerungsgräben und traf Vorbereitungen zur Anlage einer Baumschule bzw.
einer Heidelbeerkultur (R. KRISAI, mündl. Mitt.). Diese wurden jedoch nie verwirklicht,
sodaß größere Teile der ehemaligen Hochmoorfläche stark verheideten
(KRISAI
&
SCHMIDT 1983). Erst im Jahre 1992 konnten 10,5ha als Naturschutzgebiet ausgewiesen
werden (AMT
DER
OÖ. LANDESREGIERUNG 1997).
Am 13.5.1999 konnte der Verfasser im Zuge einer Geländebegehung Erica tetralix und
Lycopus europaeus ssp. mollis in diesem Moor (Florenquadrant 7946/4) feststellen und
belegen.
Die Glocken-Heide wächst in wenigen Exemplaren am Rand des großen zentralen und
stark verheideten Hochmoorteils und wird in der Krautschicht von anderen Ericaceen
{Vaccinium uliginosum, Vaccinium vitis-idaea, Vaccinium oxycoccos, Andromeda
polifolia, Calluna vulgaris) und vom Pfeifengras begleitet.
Der Weiche Gemeine Wolfsfuß kommt hingegen mehrfach zusammen mit der ssp.
europaeus in einem, nunmehr stark verkrauteten, feuchten Waldschlag unweit des oben
erwähnten Streuwiesenrestes vor.
In der Exkursionsflora (ADLER et al. 1994) wird Erica tetralix in einer Anmerkung
bereits für Salzburg erwähnt. Demzugrunde liegen Funde aus dem Gasteiner Tal, die bei
WITTMANN
(1989) bzw.
STROBL
&
GRUBER
(1994) angeführt werden. Belege aus diesem
Gebiet wurden erstmals von M. GOTTHOLD (BRD) im Jahre 1988 gesammelt.
Zwei Jahre zuvor konnte der erste der bislang vier bekannten Nordtiroler Wuchsorte
© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at
470
aufgefunden werden (vgl.
POLATSCHEK
1999); in den Tiroler Schiefer- und Zentralalpen
wächst Erica tetralix an Forststraßenrändern (gleich wie im Gasteiner Tal), in Fichten-
Zirbenwäldern, Zwergstrauchheiden, Aufforstungen und aufgelassenen Almbereichen.
Eine weitere Lokalität aus Oberösterreich wurde von C. SCHRÖCK belegt; demnach
kommt die Glocken-Heide aktuell auch im Oberen Mühlviertel vor: Bezirk Rohrbach,
Gemeinde Schwarzenberg, Böhmerwald, 2500m NNW des Zwieselberges, 600m SWW
der Adalbert-Stifter-Quelle (E der Stiftsjagdhütte bei den Zwiesel-Wiesen), Rand eines
Fichtenwaldes, 1220msm, 29.5.1999, Florenquadrant 7249/1 (Finder: Revierförster W.
PROKSCH).
Über die Ursachen für die z.T. überaus hohen Meereshöhen der Wuchsorte (Salzburg:
1360-1420msm; Tirol: 1620-1950msm) der in Europa atlantisch verbreiteten Pflanze soll
an dieser Stelle nicht spekuliert werden. Vielmehr ist kurz auf die Verbreitung in den
Nachbarländern Österreichs einzugehen: Erica tetralix wurde bereits mehrfach aus der
Tschechischen Republik (HEJNY &
SLAVIK
1990) und der Schweiz (WELTEN & SUTTER
1982) gemeldet. In Bayern sind bereits zahlreiche, v.a. eingebürgerte Bestände in den
verschiedensten Naturräumen vorhanden (SCHÖNFELDER & BRESINSKY 1990) und aus
Baden-Württemberg sind neben zahlreichen adventiven auch einige eingebürgerte Vor-
kommen bekannt
(SEBALD
et al. 1993).
Die jetzigen Fundmeldungen aus Österreich deuten deshalb daraufhin, daß sich nun das
Areal von Erica tetralix gegen das südöstliche Mitteleuropa ausdehnt, was eventuell eine
Folge der letzten milden Winter sein könnte. Es läßt sich jedoch nicht klar beweisen, ob
die österreichischen Bestände auf eine natürliche Ausbreitung oder eine Einschleppung
beruhen. Weiters bleibt abzuwarten, ob Erica tetralix ein fester Bestandteil der österrei-
chischen Flora wird. Die Ökologie des Standortes im Kreuzerbauernmoor deckt sich
jedenfalls sehr gut mit den Angaben von OBERDORFER (1994), der Erica tetralix für
Heidemoore, nährstoffarme und saure
Torf-
und Sandböden angibt.
Zu ergänzen bleibt schließlich, daß - ein paar Schritte vom Wuchsort im Kreuzerbauern-
moor entfernt - sich einige Sträucher einer nordamerikanischen, hochwüchsigen (über
Im) Heidelbeere befinden, welche wohl als Überbleibsel des ehemaligen Kultivierungs-
versuches anzusehen ist. Sie ist der Sektion Cyanococcus zuzuordnen, deren Sippen rund
um das bekanntere Vaccinium corymbosum einen schwierigen, noch unzureichend er-
forschten Komplex bilden
(GLEASON
& CRONQUiST 1991). Eine Verschleppung von
Erica tetralix mit dieser Heidelbeere erscheint nicht unmöglich, für den Falle, daß beide
Pflanzen aus einer Gärtnerei stammen. Die Glocken-Heide käme demnach bereits seit
über 20 Jahren im Kreuzerbauernmoor vor und müßte dann wohl als eingebürgert gelten.
Lycopus europaeus ssp. mollis läßt sich durch die dichte, lang-krause Stengelbehaarung
leicht von der ssp. europaeus unterschieden. Die Belege vom Kreuzerbauernmoor besit-
zen 2,3 bis 2,9 mal so lang wie breite Blätter, die unterseits v.a. auf den Nerven dicht,
dazwischen ± zerstreut lang behaart sind. Die Blattoberseite ist zerstreut langhaarig.
Lycopus europaeus ssp. mollis wird in der aktuellen Checkliste von STRAUCH (1997)
noch nicht für Oberösterreich genannt, obwohl unter dieser Sippe im Biologiezentrum
Linz zwei Herbarbelege mit folgender Aufschrift vorhanden sind:
Oberösterreich, „In der Au" (südwestlich Windischgarsten), am Rande eines Restes des
ehemaligen Auwaldes (neben der Autobahn) in der Nähe der Aumühle (jetzt Sägewerk),
mit ssp. europaeus vergesellschaftet, 28.9.1990, Florenquadrant 8251/4, leg. S. WAGNER;
Oberösterreich, Gleinker Au, auf Resten des ehemaligen Moores nördlich Zartl
(südwestlich des Garstner Ecks bei Windischgarsten), mit Lycopus europaeus ssp.
© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at
471
europaeus vergesellschaftet, 2.6.1990 und 8.8.1990, Florenquadrant 8251/4, leg. S.
WAGNER;
auf diesem Herbarbeleg ist von der Sammlerin sogar vermerkt, daß die ssp.
mollis im Räume Windischgarsten nicht selten ist. Einige Funde von
WAGNER
um
Windischgarsten wurden in AUMANN (1993) publiziert.
Die Ökologie beider Unterarten scheint sich also zu überlappen, wie auch ein weiteres
gemeinsames Vorkommen aus der Flyschzone Oberösterreichs bestätigt: Bezirk Braunau,
Gemeinde Lochen, Laßberg, Tannberg, feuchter Zugweg oberhalb Quellbereich Fillgra-
benbach, ca. 700msm, 30.6.1999, Florenquadrant 8045/1 (vid. W.
STROBL,
Salzburg).
Im Zuge des 8. Oberösterreichischen-Südböhmischen Botanikertreffens im Jahre 1997
wurde ein weiterer Fundort der ssp. mollis ausfindig gemacht und belegt (G. KLEESADL,
mündl. Mitt.): Bad Ischl, nördlich von Engleiten, lichter Auwald über Traunalluvium,
475msm, Florenquadrant 8347/2, 27.7.1997.
Lycopus europaeus ssp. mollis fehlt nach ADLER et al. (1994) neben Oberösterreich in
den Bundesländern Wien und Niederösterreich und ist in Österreich gefährdet, was sich
auf die ältere Auflage der Roten Liste
(NIKLFELD
1986) beziehen dürfte. Denn in der
neueren Auflage (NiKLFELD 1999) scheint der Weiche Gemeine Wolfsfuß nicht mehr auf,
was heißt, daß er doch häufiger sein muß als zunächst vermutet und möglicherweise oft
nur übersehen bzw. nicht von der ssp. europaeus unterschieden wurde.
LAUBER
&
WAGNER
(1996) hingegen führen ihn in der Schweiz als stark gefährdet und weisen ihn
als südeuropäisch verbreitete Sippe aus. Auch im Bundesland Salzburg unterliegt er
aktuell keiner Gefährdung (WITTMANN et al. 1996) und für Deutschland wird von
ROTHMALER
(1994) nur ein Fund (Meileck bei Bad Reichenhall) gemeldet, der jedoch
bereits bei
VOLLMANN
(1914) aufscheint.
Abschließend nochmals kurz zurück zum Kreuzerbauernmoor und seiner Flora, die in
den letzten Jahrzehnten große Einbußen hinnehmen mußte und über die wir v.a. durch
RiCEK
(1971,
1973 und 1977) bzw. K.RISAI &
SCHMIDT
(1983) gut unterrichtet sind. Als
Ergänzungen wären folgende Rote Liste-Arten nachzureichen, über deren Vorkommen
noch nicht berichtet wurde: Polygala amarella, Carex dioica bzw. Ranunculus
auricomus agg. wachsen im Streuwiesenrest bzw. im Erlenbruchwald und Juncus
bulbosus kommt in einem Erlen-Fichtenbestand vor. Carex pulicaris bzw. Moneses
uniflora werden zwar bereits von RiCEK (1973 bzw. 1977) erwähnt, halten sich aber noch
immer im Streuwiesenrest bzw. in einem monotonen Fichtenforst am Nordende des
Moores.
Zusammenfassung
Erica telralix - in der Literatur bisher noch nicht aus Oberösterreich angegeben - und Lycopus
europaeus ssp. mollis wurden im Kreuzerbauemmoor (Bezirk Vöcklabruck) entdeckt. Neben
weiteren floristischen Anmerkungen zu diesem Moor werden Verbreitungshinweise für die beiden
Sippen gegeben. Erica telralix wächst auch am Rande eines Fichtenwaldes im Böhmerwald und
für
Lycopus europaeus
ssp.
mollis
werden weitere Fundorte aus Oberösterreich mitgeteilt.
Dank
Für die freundlichen Auskünfte und diversen Mithilfen bedanke ich mich bei den Herren tit. Ao.
Univ.-Prof.
Dr. R. KRISAI, Braunau, C. SCHRÖCK, Salzburg, sowie bei G.
BRANDSTÄTTER
und G.
KLEESADL, beide Biologiezentrum des Oberösterreichischen Landesmuseums, Linz.
© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at
472
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Anschrift des Verfassers: Mag. Oliver STÖHR
Henry-Dunantstraße
22
A-5020 Salzburg
© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at