Bei der heterotrophen Denitrifikation mit biologisch abbaubaren Kunststoffen dienen diese der im Reaktor wachsenden Biozönose als organisches Substrat und gleichzeitig als Aufwuchskörper. Da die bioabbaubaren Kunststoffe in Form eines festen Granulats vorliegen, das wasserunlöslich ist, müssen diese hydrolysiert werden, bevor sie für die Denitrifikation genutzt werden können. Es wurde angenommen, dass die Menge an freigesetztem "gelöstem Kohlenstoff" durch die Biozönose selbst reguliert wird, was die Gefahr einer Überdosierung deutlich begrenzen sollte.
Um die Vorteile, die bioabbaubare Kunststoffe bei der Denitrifikation bieten - gleichzeitig organisches Substrat und Aufwuchskörper - mit denen eines kontinuierlich betriebenen Systems zu verbinden, wurde als Reaktor ein Roto-Bioreaktor (RBR) ausgewählt. Dieser war mit einer ca. 60 L großen, in drei Kammern aufgeteilten Reaktortrommel ausgestattet.
Betrieben wurde der RBR hauptsächlich bei einer Drehzahl von 5 h-1 und einem Volumenstrom von 75 L/h. Bei dem im RBR kontinuierlich denitrifizierten Wasser wurde die entstehende überschüssige Biomasse selbstständig ausgetragen. Unterbrechungen des Betriebs, wie z. B. bei Festbettreaktoren zum Spülen der Schüttung notwendig, waren beim RBR nicht erforderlich.
Um den RBR an die kontinuierliche Denitrifikation mit einem in der Größe veränderlichen Granulat anzupassen und Verluste davon zu minimieren, wurde die ursprüngliche Spaltweite der Reaktorsiebe von 3,0 mm auf 1,5 mm verringert. Damit wurde erreicht, dass statt 42 % nur etwa 5 % des eingesetzten Polycaprolactons (PCL) als Partikel verloren ging.
Die für den Verbrauch von PCL erstellte Massenbilanz zeigte, dass über diesen Anteil an partikulärem Substrat hinaus auch bereits gelöstes Substrat ungenutzt aus dem Reaktor ausgeschleust wurde. Dieser unerwünschte Austrag schränkt den Einsatz von PCL in der Trinkwasseraufbereitung ein, da in diesem Fall ein weiterer Behandlungsschritt des denitrifizierten Wassers zur Entfernung dieser Stoffe notwendig wäre.
Anhand von simulierten Störungsszenarien, die beim Betrieb auftreten können, wurde festgestellt, dass sich die Denitrifikation am besten bei einer Drehzahl von 5 h-1 und 75 L/h einstellt. Die zu Anfang in falscher Reihenfolge angeordnete Kammersiebe führten, durch die im Verlauf der Reaktion kleiner werdenden Granulatkörner, vermehrt zu Verstopfungen und dadurch zu einem erhöhten Wartungsaufwand. Nach dem Vertauschen der Siebe verlängerten sich die Intervalle zwischen den Wartungen wieder. Es konnte so gezeigt werden, dass ein Betrieb des RBR mit einem größenveränderlichen Granulat prinzipiell möglich ist.
Ein Mehrnutzen von PCL gegenüber flüssigen organischen Substraten ergibt sich aus der Möglichkeit der Sorption von PBSM, die bereits für das Insektizid Endosulfan nachgewiesen wurde.
Um das Sorptionsvermögen für weitere PBSM zu erkunden, wurden elf PBSM ausgewählt und in den RBR dosiert. Für einige der ausgewählten PBSM schienen die ermittelten Kontaktzeiten zwischen PCL und PBSM im Reaktor zu gering, als dass eine deutliche Sorption an PBSM hätte erwartet werden können. Die für die untersuchten PBSM berechneten Wiederfindungsraten (z. B. ca. 74 % für Metolachlor) zeigten allerdings, dass für einzelne PBSM durchaus eine deutliche Konzentrationsminderung über Sorption möglich war.
Im Rahmen der PBSM-Analytik wurde im Wasser des Reaktorablaufs die unerwünschte Substanz Diisopropylanilin (DIPA) gefunden, für die die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) eine Begrenzung des Migrationswertes aus Lebensmittelverpackungen empfohlen hat (< 0,05 mg DIPA/kg Lebensmittel). Das in dieser Arbeit verwendete PCL (Capa 6500, Fa. Solvay), aus dem dieser Stoff freigesetzt wird, sollte in der Trinkwasseraufbereitung nicht zum Einsatz kommen.
Als Alternativen zu dem verwendeten PCL wurden vom Kooperationspartner MLU (TP V) verschiedene Biocompounds (Mischungen von PCL mit anderen bioabbaubaren Kunststoffen, EP 1 068 152 B1) hergestellt und mit dem analytischen Verfahren der Thermoextraktion auf potenziell mobilisierbare Stoffe untersucht.
Die Ergebnisse der Analysen zeigten, dass im Falle der Biocompounds die Verarbeitung während des Herstellungsprozesses einen wesentlichen Einfluss auf die im Kunststoff enthaltene Menge an DIPA hat. Die Fa. Solvay stellte - nachdem sie auf das Problem der DIPA-Kontamination hingewiesen worden war - eine DIPA-freie PCL-Charge zur Verfügung. Sowohl Biocompounds als auch PCL selbst lassen sich demnach DIPA-frei herstellen.
Sollen biologisch abbaubare Kunststoffe in der Trinkwasseraufbereitung verwendet werden, so ergibt sich die Notwendigkeit, dass entsprechende Mindestqualitätsforderungen an die Kunststoffe gestellt werden müssen. Insbesondere müssen Vorgaben gemacht werden, die die Gefahr von unerwünschten, ggf. sogar gesundheitsschädlichen Zusätzen, die potenziell aus abbaubaren Kunststoffen während des Denitrifikationsprozesses freigesetzt werden, minimieren.