ThesisPDF Available

Tätowierte Kuriositäten, Obszönitäten, Krankheitsbilder? Die Heidelberger Sammlung Walther Schönfeld unter besonderer Berücksichtigung von Tätowierungen und ihren tattoo narratives Tattooed Freaks, obscenities, medical symptoms? Walther Schönfeld's Heidelberg Collection, with an emphasis on tattoos and tattoo narratives

Authors:

Abstract

Abstract English Tattoos have always divided people. They may be liked or dismissed, but there are relatively few persons who are neutral about them. Although tattoos can no longer be associated with a specific social group, class or subculture, their overall public perception remains largely negative. These prejudices against tattoos have historical origins which will be investigated in this dissertation. This study is a contribution to the history of tattoo science and tattoo collecting. It shows how tattoos have become both collectible objects and objects of scholarly investigation and reveals the possibilities and limitations of these processes. A central focus of the study is to investigate the symbiotic relationship between the collector, the collection and the process of collecting and how their interrelation shapes research. Collecting and researching tattoos is not an easy task considering that their locus of collection is the human skin. It is because of this that the person of the collector becomes significant. The narratives of tattoo-related objects and archival records (tattoo narratives) pertain to much more than just the tattoo itself. They reveal the origin of a particular tattoo, the history of the collector as well as the history of its acquisition. The collector and his choice of objects as well as the impact of the collection on research and public opinion in turn influence the activity of collecting and the history of the collection. This dissertation investigates the (forgotten) Heidelberg Collection of dermatologist, venerologist and historian of medicine Walther Schönfeld (1888-1977). His collection, comprising of several thousand objects, is one of the most significant in the German-speaking world and formed the basis for Schönfeld’s research and publications. Schönfeld dedicated some 45 years of his life to the intensive study and collection of tattoos. His 1960 publication Körperbemalen, Brandmarken, Tätowieren (Body Painting, Branding, Tattooing) was considered a standard work for many years and together with his other publications shaped scientific and public discourse on the topic. Schönfeld witnessed the beginnings of scholarly engagement with tattoos in the German-speaking world, a time which coincided with the heyday of fairs and circuses. He also lived through the beginning of the criminalization and stigmatization of tattooed Germans, their discrimination and extermination during the Third Reich and even the advent of ‘tattooed rowdies’ in post-war Germany. His thoughts and ideas about tattoos influenced his collecting activities, his research results and his teaching. Schönfeld’s case illustrates well the entanglement of scientific and public discourse. Based on Walther Schönfeld’s important collection, his research and his personal history, this dissertation will explore the underlying tattoo narratives and illustrate the possibilities of processes of tattoo collection. In addition, it will consider how we can theoretically engage with the history of tattoo science and collection, revealing how the tattooed ‘other’ was constructed, shaped and popularized in this historical context. Current scientific discourse builds on predecessors like Walter Schönfeld and his collection, a fact which testifies to the contemporary relevance of this study. Abstract Deutsch Tätowierungen polarisieren. Für Viele gilt noch immer: Entweder man mag sie oder man lehnt sie ab. Sie lassen nur wenige kalt. Mittlerweile können sie nur noch sehr bedingt bestimmten Erfahrungen, Schichten oder Einstellungen zugeordnet werden. Dennoch sind Tätowierungen noch immer eher negativ(er) konnotiert. Vorurteile und auch Berührungsängste existieren trotz der großen Verbreitung von Tätowierungen noch immer in der Öffentlichkeit sowie in der Wissenschaft. Diese Vorurteile haben vorwiegend historische Ursachen. Die Ursprünge dieser Stereotype werden im Rahmen dieser Arbeit behandelt. Diese Dissertation liefert einen Beitrag zur Wissenschaftsgeschichte der Tätowierung. Es wird gezeigt, wie Tätowierungen zu Sammel- und Forschungsobjekten werden können, welche Bedingungen und Grenzen es dafür gibt und wie diese genutzt werden. Tätowierungen sind kein einfaches Sammel- und Forschungsobjekt: Direkt lassen sie sich nur auf – eigener oder fremder – Haut zusammentragen. Genau deshalb wird die Person des Kolligierenden bedeutender. Die sogenannten tattoo narratives bei Objekten und Archivalien zum Thema Tätowierung sind weitaus mehr als nur die Tätowierungen selbst. Sie beinhalten den Kontext der Entstehung, die Geschichte des Trägers der Tätowierung und ihre Akkumulierungs- und Erwerbungsgeschichte. Die Person des Sammlers, die Auswahl seiner Objekte, sowie die Wirkung seiner Sammlung für die Forschung und für die öffentliche Wahrnehmung beeinflussen auch die Geschichte der Sammlung selbst. Als Beispiel hierfür dient die lange vergessene Heidelberger-Sammlung des Dermatologen, Venerologen und Medizinhistorikers Walther Schönfeld (1888-1977). Sie ist eine der bedeutendsten im deutschsprachigen Raum und umfasst mehrere tausend Objekte. Schönfeld befasste sich etwa 45 Jahre intensiv mit dem Thema Tätowierungen. Fast genau so lange trug er Material zum Thema zusammen. Sein 1960 erschienenes Buch „Körperbemalen, Brandmarken, Tätowieren“ wurde für viele Jahre zum Standardwerk. Sein Buch und seine anderen Publikationen prägten den wissenschaftlichen und öffentlichen Diskurs nachhaltig mit. Er erlebte die Anfänge der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Tätowierungen, die Hoch-Zeit der Jahrmärkte und Schaubuden, den Beginn der Kriminalisierung und Stigmatisierung von Tätowierten, die Diskriminierung und Auslöschung im „Dritten Reich“ und sogar das Wiederaufkommen von Tätowierungen im Nachkriegsdeutschland. Anhand von Walther Schönfelds Sammlung, seinen Forschungen und auch seiner Person lassen sich deshalb die zugrunde liegenden tattoo narratives, sowie die Möglichkeiten des Sammelns von Tätowierungen veranschaulichen. Sie zeigen außerdem, wie Zuschreibungen über „Andere“ konstruiert, angepasst und überliefert werden. Der wissenschaftliche Diskurs ist (mit)geprägt durch diese Zuschreibungen. Walther Schönfeld und seine Sammlung sind dafür ein Beispiel.
A preview of the PDF is not available
Chapter
Tätowierungen erfüllen ein tiefes menschliches Bedürfnis. In den meisten Gruppen und Gesellschaften gab oder gibt es Tätowierungen. Ihre Verbreitung, Wertung und Bedeutung variierten jedoch stark. Heute sind Tätowierungen in der Gesellschaft angekommen, doch das war nicht immer so. Dieser kurze Überblick über Geschichte und Bedeutung von Tätowierungen liefert einen ersten Eindruck.
ResearchGate has not been able to resolve any references for this publication.