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Sicherheitspotenziale im höheren Lebensalter. Ein Projekt zur Förderung sicherheitsbezogenen Handelns im Alter und zur Prävention betrügerischer Vermögensdelikte an älteren Menschen.

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Abstract

Das Projekt „Sicherheitspotenziale im höheren Lebensalter“ wurde in den Jahren 2012 bis 2014 mit Förderung durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend durchgeführt. Das in zwei Module gegliederte Projekt widmete sich, wie der Untertitel besagt, der „Förderung sicherheitsbezogenen Handelns im Alter“ sowie der „Prävention betrügerischer Vermögensdelikte an älteren Menschen“. In beiden Bereichen wurden Daten zu den jeweils im Mittelpunkt stehenden Phänomenbereichen erhoben, präventive Ansätze entwickelt und in der Praxis erprobt. Im ersten der beiden Module stand die Selbstsorge älterer Menschen um ihre Sicherheit im Zentrum der Aufmerksamkeit. Das Modul ging – vor dem Hintergrund kriminalstatistischer Daten wie auch von Ergebnissen der Dunkelfeldforschung – davon aus, dass ältere Menschen Expertinnen und Experten in Fragen der eigenen Sicherheit sind und dass zugleich die diesbezüglichen Potenziale optimiert werden können. Ziel war es hier, alltägliches sicherheitsorientiertes Handeln älterer Menschen zu analysieren und durch ein Trainingsprogramm in einer Weise zu optimieren, die ein hohes Maß an Sicherheit vor Straftaten mit hoher Lebensqualität und aktiver Teilnahme am sozialen Leben vereinbar macht. In vier nach dem Grad der Urbanität und nach sozialstrukturellen Merkmalen differenzierten Sozial-räumen wurden – mittels Interviews und Gruppendiskussionen – subjektive Sicherheit, Kriminalitätserfahrungen und alltägliche Sicherheitsstrategien älterer Menschen untersucht. Bei einem insgesamt hohen Maß erlebter Sicherheit im eigenen Wohnumfeld zeigte sich, dass erlebte Bedrohungen teils mit Kriminalität im engeren Sinne (insbesondere Eigentums- und Vermögensdelikte), teils mit als verunsichernd erlebten alltäglichen Verhaltensweisen, insbesondere kollektivem Verhalten Jugendlicher im öffentlichen Raum verknüpft sind. Es wurde ein Trainingsprogramm entwickelt und in den vier Sozialräumen angeboten und umgesetzt, welches derartige Verunsicherungen aufgreift. Im Rahmen des Trainingsprogramms standen der Schutz vor Eigentums- und Vermögensdelikten, der sichere Umgang mit moderner Technik, Selbstbehauptung in alltäglichen Interaktionen sowie die Begegnung und der Erfahrungsaustausch mit Gruppen von Jugendlichen im Vordergrund. Das Trainingsprogramm wurde von den Teilnehmenden sehr positiv bewertet. Zugleich erwies sich die Gewinnung von Teilnehmerinnen und Teilnehmern zum Teil als aufwändig und die Zusammensetzung der Gruppen weist auf eine gewisse Selektivität in Richtung bürgerlicher Milieus mit hohem Bildungshintergrund hin. Daraus erwachsen Fragen hinsichtlich der Verbreitung der Nachfrage nach derartigen Trainings und der Erreichbarkeit weniger bildungsaffiner gesellschaftlicher Gruppen. Das zweite Modul rückte die besondere Gefährdung älterer Menschen durch Eigentums- und Vermögensdelikte und unseriöse Geschäftspraktiken in den Vordergrund. Während Ältere insgesamt seltener von Straftaten betroffen sind als jüngere Erwachsene (oder gar Jugendliche), zeigt sich in wenigen Deliktsfeldern ein hiervon abweichendes Bild. Dies gilt besonders für manche Eigentums- und Vermögensdelikte, die – in der Regel unter Zuhilfenahme von Täuschungen – an älteren Menschen begangen werden. Im Rahmen der Studie wurden unter Zuhilfenahme von Täuschungen begangene Eigentums- und Vermögensdelikte an älteren Menschen auf der Basis polizeilicher Daten, staatsanwaltschaftlicher Akten sowie von Interviews mit zahlreichen relevanten Akteuren (Geschädigte, Täterinnen/Täter, Polizei und Justiz, Verbraucherschutz, Kreditinstitute, Opferschutz, Betreuungswesen etc.) untersucht. Im Ergebnis wird deutlich, dass es auf der einen Seite in hohem Maße organisierte Formen von Kriminalität gibt, bei denen die Täter nach festen Skripts vorgehen und gezielt Vulnerabilitäten älterer und hochaltriger Menschen ausnutzen (Enkeltrickbetrug, Trickdiebstähle und weitere Formen). Auf der anderen Seite hat die Studie vielfältige Formen von Vermögensdelikten aufgezeigt, die aus bestehenden, im Einzelfall auch gezielt aufgebauten Beziehungen privater oder professioneller Art heraus begangen werden. Dazu gehören Diebstähle und Unterschlagungen ebenso wie der missbräuchliche Umgang mit Vollmachten und anderen Vermögensverfügungen. Im Rahmen der Studie wurde zudem deutlich, dass rechtliche Betreuungsverhältnisse einerseits vor Vermögensdelikten schützen und zur Aufdeckung begangener Taten beitragen können, dass sie aber zugleich Tatgelegenheiten bieten, die von entsprechend motivierten (professionellen wie ehrenamtlichen) Betreuerinnen und Betreuern genutzt werden können. Darüber hinaus zeigt die Studie, dass hochaltrige Menschen in hohem Maße auch Ziel von Geschäftspraktiken sind, die sich vielfach im Grenzbereich zwischen defizitärer Seriosität und strafbarem Unrecht bewegen. Um den Schutz älterer Menschen insbesondere vor betrügerischen Taten zu verbessern, wurde vor dem Hintergrund der Analysen des Deliktsfeldes ein Schulungsprogramm für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Kreditinstituten entwickelt und umgesetzt. Diese wurden über einschlägige Phänomene informiert und – unter Einbindung leitender Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter der jeweiligen Institute – im Hinblick auf den Umgang mit Verdachtssituationen geschult. Banken und Sparkassen können längst nicht bei allen Vermögensdelikten zum Nachteil Älterer eine präventive Funktion übernehmen, doch zeigen sich diesbezügliche Kapazitäten insbesondere bei Taten, bei denen – wie beim Enkeltrick – große Geldbeträge vom Opfer in der Filiale abgehoben werden oder bei denen auffällige Kontobewegungen Hinweise auf Fälle finanzieller Ausbeutung geben können. Das Schulungsprogramm wurde von den Teilnehmenden insgesamt in hohem Maße positiv bewertet. Insgesamt verdeutlicht das Projekt die differenzierte Sicherheitslage im Alter, die vor allem im sogenannten dritten Lebensalter durch ein insgesamt hohes Maß an messbarer und subjektiv erlebter Sicherheit gekennzeichnet ist und zugleich – dies vor allem in Bezug auf hochaltrige Menschen im „vierten Lebensalter“ – jedenfalls im Bereich der Vermögensdelikte etablierte, organisiert begangene Tatmuster und vielfältige, oft auch aufgrund der Nähe von Täterinnen/Tätern und Opfer im Verborgenen bleibende Tatgelegenheiten und Taten aufweist. Für die Prävention in Bezug auf Gefährdungen Älterer ergibt sich das Erfordernis einer jeweils auf spezifische Kriminalitätsbereiche ausgerichteten Entwicklung von Maßnahmen. Diese sollten über die unmittelbare Ansprache älterer Menschen hinaus stets auch die Frage der Sinnhaftigkeit einer Einbindung von Dritten prüfen, die als „Guardians“ zum Schutz insbesondere hochaltriger und durch die Einschränkungen des „vierten Lebensalters“ gekennzeichneter Menschen beitragen können.
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Zusammenfassung Der Beitrag gibt die Ergebnisse der letzten Bochumer Dunkelfeldstudie wieder, die 2016 durchgeführt wurde. Diese Studie (»Bochum IV«) ist einzuordnen in eine Reihe empirischer und kriminalgeografisch orientierter Studien, die erstmals in den Jahren 1975/1976 (»Bochum I«) durchgeführt wurden und in den Jahren 1986/1987 (»Bochum II«) sowie 1998/1999 (»Bochum III«) fortgesetzt worden sind. Im Fokus der Studie standen Viktimisierung und Kriminalitätsfurcht der Bochumer Bürger sowie deren Bewertung der Polizei.
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